Vivian-von-Avalon hat geschrieben:... und noch etwas fehlt mir in der Erstauflage, die nun schon über 2850 Bände "alt" ist:
Die Schilderung einer Situation, in der Perry Rhodan wirklich einmal zusammenbricht, nur Mensch ist, nicht mehr kann und sich gehen lässt. Es muss ja keine Situation in voller Öffentlichkeit sein, er kann ja gerne alleine sein dabei oder nur ein oder zwei seiner besten Freunde dabei.
Gar nicht so lange her. Nach Tekeners Tod flossen bei Rhodan, in Guckys Beisein, die Tränen.
Rhodan als Titelheld habe ich schon öfter als eher "farblos", weniger interessant im Vergleich zu anderen Figuren verurteilt gesehen und das nicht immer zu Unrecht. Was unterscheidet ihn zum Beispiel von Bully bzw. warum gilt dieser, behaupte ich jetzt einfach mal, als beliebtester der Unsterblichen? Bull ist ein Mensch mit Ecken und Kanten, der sich nicht scheut, seine Gefühle auch mal zu äußern und dem die Autoren auch die ein oder andere Charakterentwicklung zugestehen. Das Poltrige ist zwar als Stereotyp erhalten geblieben, aber mit Nuancen versehen. Zusätzlich erschien sein Liebesleben, auch wenn man die Auswahl seiner Partnerinnen betrachtet, "geerdeter", man nimmt ihm das Wechselbad der Gefühle, welches sich aus der ungünstigen Kombination Normalsterblicher - Unsterblicher zwangsläufig ergibt, problemlos ab. Weiterhin wurden auch schon mal dunkle Gemütsschwankungen aufgezeigt, wenn MMT in
2748 Bull sich eines Selbstmordversuches entsinnen läßt, ebenso in
1652 von Susan Schwartz, wo ähnlich auf depressive Tendenzen eingegangen wird. Die Folge ist, dass sich der Leser mit Bull leicht identifizieren kann, da dieser noch am ehesten als Normalmensch erscheint. Interessant, wie sich Bull von seiner anfänglichen Rolle als leicht dämlicher Sidekick und Rhodanbestauner lösen konnte. Bzw. gelöst wurde.
Bei Rhodan sieht die Sache halt anders aus. Seine Partnerinnen waren vielfach dem Menschlichen ähnlich entrückt wie er, siehe Mondra mit ihrer Langlebigkeit und ihrem Supersohn Delorian, von einer Gesil mal ganz zu schweigen. Des weiteren mußte er, da er ja immer staatstragende, repräsentative Funktionen innehatte, auch meist "angemessen" auftreten, soll heißen beherrscht, "cool", zurückhaltend - sprich auch etwas langweilig. Geäußerte Gefühlsregungen wirken bei so einer Person weniger glaubwürdig, als bei anderen, etwa Bull, oder seinen, an seinem Überschatten verzweifelnden Söhnen.
Hier wäre durchaus mal etwas Arbeit nötig, in dem Sinne, Rhodan auch dem normalen Menschen etwas näher zu bringen. Und dazu ist ein differenziertes Gefühlsleben unabdinglich. Beispielsweise, indem man Dorksteiger nicht auch unsterblich macht oder sonstwas, sondern sie einfach altern und irgendwann sterben läßt. Ein Rhodan, der sich aus dem öffentlichen Leben zurückzieht und sich in den letzten Jahren um seine Partnerin kümmert oder noch besser, ein Rhodan, der verbittert versucht, das Dahinwelken zu verhindern und sich dabei verrennt, wäre glaubhaft, lesenswert und würde der Figur mehr Leben einhauchen.
Gruß.