Sense of Wonder (SoW) in PR (und SF allgemein)

Aktuelle Erstauflage, zu Hintergründen und möglichen Entwicklungen.
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Pisanelli
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Re: Sense of Wonder (SoW) in PR (und SF allgemein)

Beitrag von Pisanelli »

Sense of wonder ist für mich immer etwas, was über uns selbst hinaus geht - aber das ist halt schwierig darzustellen. Ich verbinde damit vor allem immer die Figur Alaska Saedelaere - bei seinen Abenteuern konnte man immer den Sense of Wonder erwarten.
Sense of wonder ist für mich auch die Entwicklung der Protagonisten in etwas anderes - z. B. Julian Tifflor. Bei der langen Zeitspanne, die inzwischen vergangen ist seit sie ihre ZA bekommen haben, wundert es mich, dass einige von ihnen noch so "normal" sind. Eine auch körperliche (oder entstofflichte) Entwicklung ist eigentlich eine logische Folge, wenn man bedenkt, wie das ganze PR-Universum funktioniert - das Leben strebt dazu, sich letztlich in eine höhere Entität zu transformieren (SI, Kosmokraten), von daher können auch die Unsterblichen eigentlich auch nur in so eine Richtung gehen. Von daher müssen solche Entwicklungen zwangsläufig irgendwann erfolgen - siehe Delorian Rhodan, Julian Tifflor, auch Atlan kann man schon dazu zählen - nur der eine, um den sich alles dreht, scheint da außen vor zu sein, obwohl er eigentlich am meisten betroffen sein sollte: Perry Rhodan.
Das ganze Geschwurbel um die Jenzeitigen Lande gefällt mir auch nicht, vor allem nicht die Darstellung, die doch sehr menschlich gedacht ist, aber die Gedanken der Autoren, in diese Dimensionen und Räume vorzustoßen (es sogar zu müssen, weil alles andere praktisch abgearbeitet ist), kann ich nachvollziehen. Die Umsetzung gefällt mir halt überhaupt nicht, ich halte die Autoren bis auf ein, zwei Ausnahmen ehrlich gesagt, nicht für visionär genug und handwerklich geschickt genug, um das auch angemessen darstellen zu können. Ich denke, da wäre auch der Verlag gefragt, wirklich gute Autoren zu finden. Montillon und Thurner sind gerade federführend und sie haben eine Menge Phantasie, aber leider schwingt da meines Erachtens immer zuviel Spieltrieb mit, da fehlt mir häufig das erwachsene Element, wenn es gerade um die Neuschaffung von neuen Dimensionen geht. Ich weiß, dass hört sich arrogant an, ich könnte das ja auch nicht, aber ich weiß nicht, wie ich das sonst beschreiben soll. Es ist ein bißchen wie bei Fantasy-Serien: es gibt Unmengen von Schrott und bemühte Versuche, es richtig zu machen und es gibt "Das Lied von Eis und Feuer" und "Der Herr der Ringe" - und man weiß einfach, das eine ist auf seine Weise ordentlich, aber das andere ist eben genial. Das ist es vielleicht - bei PR fehlt ein Stück Genialität - aber das ist für den Preis vielleicht auch nicht zu erwarten.
Dragonchild
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Re: Sense of Wonder (SoW) in PR (und SF allgemein)

Beitrag von Dragonchild »

@ Pisanelli: Ich fände es traurig wenn die Autoren keinen Spieltrieb mehr haben dürften und die PR Serie sich selbst zu wichtig nehmen würde. Etwas Vespieltheit kann in unserer düsteren Welt doch nicht schaden?
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nanograinger
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Re: Sense of Wonder (SoW) in PR (und SF allgemein)

Beitrag von nanograinger »

@Plot Overdrive

Okay, du hast dich nun über die Serie ausge....sprochen, und ich fand es ganz vergnüglich, wie du eigentlich an fast nichts ein gutes Haar gelassen hast. Nur die Zyklen zwischen PR 300 und 650 hast du ausgelassen, aber ich schließe daraus mal nicht, dass diese Zyklen dir gefallen haben, wahrscheinlich hattest du nur keine Lust darüber zu schreiben.

Das Thema dieses Threads ist aber Sense of Wonder, und da finde ich nicht viel dazu in deinen Postings. Du gibst eigentlich nur zwei Beispiele: Der frühe Ernst Ellert und NATHAN. Bei Ernst Ellert scheint dir eher das imaginierte Potential zu gefallen, als das, was tatsächlich erzählt wurde. Bei NATHAN war es wohl zunächst die schiere Größe (?), neuerdings eher seine Entwicklung, die in letzter Zeit neue Dimensionen erreicht hat.

Aber zumindest mir wurde aus diesen Beispielen nicht wirklich klar, was du unter Sense of Wonder eigentlich verstehst. Würdest du das vielleicht noch etwas erläutern?
Pisanelli
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Re: Sense of Wonder (SoW) in PR (und SF allgemein)

Beitrag von Pisanelli »

Dragonchild hat geschrieben:@ Pisanelli: Ich fände es traurig wenn die Autoren keinen Spieltrieb mehr haben dürften und die PR Serie sich selbst zu wichtig nehmen würde. Etwas Vespieltheit kann in unserer düsteren Welt doch nicht schaden?
Ich spreche nicht davon, gar keinen Spieltrieb mehr haben zu dürfen. Aber eben auch nicht zuviel. Und wenn, dann auch an passender Stelle. Nicht falsch verstehen: ich freue mich immer über kleine Bonmots und witzige Anspielungen auf die Realwelt und ich finde, PR sollte eben unterhalten. Das tut es ja. Aber inzwischen stößt man eben in Welten und Dimensionen vor, da will ich nicht lesen, wie man in Fäkalien watet, während ich - ich weiß nicht - goldene Paläste zwischen den Sternen erwarte. Letzteres ist auch nur eine Analogie, ich erwarte eigentlich gar keine Paläste. Wesen wie die Kosmokraten sind in meinen Augen über eine solche Existenzform erhaben - die existieren eben irgendwie anders - und haben andere Bedürfnisse. Oder eben vielleicht auch keine mehr, jedenfalls nix, was mit menschlichen Bedürfnissen zu tun hat. Sie leben "jenseits der Materiequelle", sind also dem Materiellen nicht mehr unterlegen. Das ist nur ein Beispiel, wie gesagt, ich weiß ja auch nicht, wie man das darstellen kann - ich bin ja auch kein Genie :rolleyes: Zuviel Spieltrieb nimmt dem "Boah ey" jedenfalls an unpassender Stelle auf ganz schmerzhafte Art den Wind aus den Segeln - dann bin ich raus aus dem Lesevergnügen und habe dann meistens keine Lust mehr, wieder nach dem Besonderen in der Geschichte zu suchen und mich darauf einzulassen. Der Moment ist dann einfach verpasst.
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Tennessee
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Re: Sense of Wonder (SoW) in PR (und SF allgemein)

Beitrag von Tennessee »

nanograinger hat geschrieben:[...] Würdest du das vielleicht noch etwas erläutern?
Als der Theard-Starter, der du bist - würdest du das nicht selbst auch mal tun?

Als einer der damaligen PN-Diskussions-Beteiligten, der ich bin: Ich bin neugierig auf deine Ausführungen.

lg
Ten.
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„Die Frage ist“, sagte Alice, „ob du Worten so viele Bedeutungen geben kannst“.
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Re: Sense of Wonder (SoW) in PR (und SF allgemein)

Beitrag von Plot Overdrive »

Ich habe mit 12-14 Jahren angefangen, PR zu lesen, inzwischen bin ich Mitte 50. Ich lese seit ca. 20 Jahren nur noch ab und zu, vornehmlich aus Zeitgründen.

Im Großen und Ganzen habe ich (statistisch, bezogen auf mein ganzes Leben) ca. 2 Stunden pro Woche Lebenszeit an PR „verschenkt“, das geht eigentlich. Für Unterhaltungslektüre ist das OK.

Zu meiner Motivation: Ich denke bei jedem neuen Heft erst mal an die alten Geschichten – um dann, nach genauer Lektüre eben dieser alten Geschichten, festzustellen, dass die auch nicht immer das Wahre gewesen sind. PR ändert sich, und wir ändern uns mit ihm. Es ändert sich nur nicht alles immer in die selbe Richtung. Die Frage, was mir an PR (noch) gefällt und was nicht, lässt sich vielleicht beantworten, aber leider nicht in wenigen Worten. Immer dran denken: PR besteht aus der Serie und etlichen Nebenprodukten, das ganze ist 55 Jahre lang gewachsen, und eine differenzierte Beurteilung sollte man sich selbst und dem Rest der Welt gönnen. Als ich angefangen habe, PR zu lesen, war das „Schund“. Ich habe mich damals nicht vom Geschwätz der Leute beeindrucken lassen, genauso wenig wie heute.

Bevor ich in die Heftserie eingestiegen bin, habe ich einen großen Umzugskarton mit Planetenromanen geschenkt bekommen. Einige davon sind heute noch übrig, die meisten wurden Opfer von Zeit und Elementen.
Mit 12-14 (und noch ein paar Jahre später) hat man andere Vorlieben als als Erwachsener. Was mich jetzt begeistert, sind tatsächlich Überraschungen, wie z.B. Nathans weitere Entwicklung. Nach dem eher langweiligen Zyklus war DAS mal eine echte Überraschung - das habe ich den Autoren nicht mehr zugetraut.

Als kleiner Junge interessiert man sich für Technik, und jede Technik, die eine gewisse Größe erreicht, ist faszinierend. Das gilt für einen Braunkohlebagger genau so wie für ein Ultraschlachtschiff. Faszination durch Größe. Deswegen interessieren sich auch heute noch kleine Kinder für Dinosaurier.
Und was für die Technik in der Serie gilt, gilt erst recht für die Serie selbst: 1000 Hefte (oder kurz davor, in der Erstauflage), das war damals der Hammer. Da konnte nichts mithalten.
Die Frage ist nur, ob Größe immer als Argument reicht. Das haben sich wohl auch irgendwann (um Heft 600 herum) die Expokraten gefragt...
Und dann kam eben alles, was mir nicht gefallen hat. Als mehr oder weniger „organisierter“ Fan wusste ich: Die Meinung habe nicht nur ich. Trotzdem, fast alle, die ich damals kannte, sind noch jahrelang dabei geblieben. Ich schließlich auch.
Vor etwa einem Jahr habe ich dann beim Aufräumen einige ältere Hefte gefunden. Die waren irgendwie zwischen alte Computer – und HiFi-Zeitschriften gekommen. (Die meisten Menschen haben mehr als ein überflüssiges Hobby.)
War eigentlich ganz lustig, aber...
Was hat mir wirklich noch gefallen, oder besser gefragt, wie weit habe ich mich verändert, falls es mir nicht mehr gefallen sollte?
Experimente müssen ab und zu mal sein – also los. Ein paar Heftchen aus dem Kubikmeter großen Haufen... Durch Zufall einer Neu-Beurteilung unterzogen.

- Die Atomhölle von Gray Beast – immer noch so gut wie vor fast 40 Jahren.
Ich bekam damals übrigens noch einen 2. Umzugskarton geschenkt – voll mit alten Readers Digest Heften. Und da gab es so eine Artikelserie, die hieß „Drama im Alltag“. Das hat mir schon immer gefallen, sozusagen SoW im richtigen Leben. Und genau so war dieser Roman aufgebaut: Die Abfolge der Ereignisse, eventuelle Fehlentscheidungen der Charaktere... Das war schon fast realistisch. Perry als Chef einer Chemiefabrik und Terroristen anstatt Arkoniden – und schon würde der Roman in die heutige Zeit passen.
Wie die Story in den nächsten Heften weitergeht, und wie das Ganze in eine Ellert-Resteverwertung mündet – oh, oh.

- Rekruten für Arkon (und die beiden folgenden Hefte) – Ohgottogottogott. Habe ich das wirklich damals gelesen und gut gefunden? Alleine der Handlungsstrang, in dem ein Arkoniden-Admiral entführt und durch einen terranischen Sergeant ausgetauscht wird – inklusive tiefsinniger Gespräche in der Umkleidekabine – das ist heute bestenfalls noch unfreiwillig komisch. Und das Ende der Story: Atlan dreht durch und rettet die ganze Sache, inklusive einige Hefte später dann noch das ganze Solsystem... So schnell kann es gehen: Eben noch der Unterlegene, Untergang vor Augen – einen Absatz später: “Guten Morgen, Erhabener!“ (Und ich beschwere mich über das Ende vom Traitor-Doppelzyklus!)
Damals war das sicher Sense of Wonder (Wahnsinn, die Terraner schaffen den Robotregenten – ganz ohne Gewalt!), heute... Vergessen wir es.

- Robot-Patrouille - Wahnsinn, was die Siganesen schaffen. Bauen einen künstlichen Haluter, in dem man sogar wohnen kann. Natürlich ist das Ding zum Kämpfen da, was es auch ausgiebig tut. Da wird sogar ein strukturverhärteter Zweitkonditionierter mittels Beinschere geschreddert. Selbst direkten Intervallstrahler-Beschuss hält der Paladin aus, obwohl er nur einen HÜ-Schirm hat. Terraner (und ihre Kolonisten) können es eben, da kann kommen, wer will.
Der Roman war – nach heutiger Sicht der Dinge - ganz lustig. Damals bin ich aus dem Staunen nicht rausgekommen. Im Nachhinein kann man sagen: Ein typischer xx50er-Roman, in der Mitte vom Zyklus muss das Licht am Ende des Tunnels zu sehen sein. Meine damalige Hoffnung: Die Terraner & Siganesen bauen den Paladin als Massenprodukt und verpassen der Zeitpolizei die Tracht Prügel, die sie nie mehr vergessen. Sozusagen 100.000x Bud Spencer im Weltraum. Hätte mich damals amüsiert, heute wohl eher nicht mehr.

- Die Bestie erwacht – Na ja, wenn wir schon bei Prügeleien im Weltraum sind... Damals einer meiner Lieblingsromane. Heute irgendwie immer noch lustig, aber nicht so wirklich. Die Story ist simpel, die Ausgestaltung der Details macht's hier. Was mir in der heutigen Zeit übel aufgestoßen ist: Obwohl der Kahn schrottreif ist, einige Besatzungsmitglieder tot sind... An was denken die Handlungsträger? An das verpasste Schlachtfest.

- Menschheit im Zwielicht – Überraschend war hier nicht nur der Zeitsprung, sondern auch die relativ vielen Handlungsebenen (in einem Heft!). Wenn es irgendwann man zur Wahl der besten Zyklus-Eröffner kommen sollte: Der Roman wäre dabei. Man wird auf 62 Seiten sehr umfassend informiert, was in den letzten 1000 Jahren passiert ist, und was das für Folgen hat. Eine einheitliche und durchgehende Handlung ist zwar vorhanden, sie steckt aber zurück, was sich angesichts der vielen Informationen in diesem Roman nicht vermeiden lässt. Auch hier: Damals staunend gelesen, heute immer noch gut (im Kontext der Serie gesehen).

- Leticron, der Überschwere – Damals und heute immer noch ein guter Roman. Dabei macht es auch hier weniger die Handlung, sondern eher die Details am Rande, z.B. Sätze wie: „Ich möchte nicht, dass Leichen in meinen Räumlichkeiten herumliegen“ (aus dem Gedächtnis zitiert). Ein paar Sekunden vorher hat die Titelfigur einen USO-Spezialisten getötet. Nein, nicht erschossen – mit bloßen Händen das Genick gebrochen. Barbarisch. Trotzdem: Faszinierend.
Leticron hatte was vom Terminator an sich: Er geht seinen Weg. Er hat seine Bestimmung. Er macht es einfach, und er denkt nicht großartig nach. Der Anti-Rhodan übernimmt die Milchstraße und errichtet seine Schreckensherrschaft. Dunkelheit breitet sich im Perryversum aus... Ja, das war SoW, das Ende der heilen Welt war in Sicht, die Zukunft dunkel und ungewiss.

- Wächter des Ewigen – Ja, es wird dunkel. Duklelste Düsternis wartet auf uns. Eine Expedition zu einem alten Lemurer-Stützpunkt wird zum Horrortrip. Uralte Bio-Waffen werden wiedererweckt. Verschollene Explorer tauchen auf. Und ein gewisser Ganerc steckt da mit drin, keiner weiß damals, was der für die Serie später noch zu bedeuten hat. Ich habe den Roman damals mehr als 1x gelesen. Heute ist man, was SF-Horror angeht, schlimmeres gewöhnt – aber selbst heute ist der Roman noch gut. Besser als so manches, was neuerdings so in die Serie eingeführt wurde...

- Stätte der Vergessenen (oder generell 800-803) – Auch hier wieder ein Roman, der eigentlich nicht besonders zum Handlungsfortschritt eines Zyklus beiträgt, aber interessante Einblicke liefert. Nicht nur, dass am Ende eine ungewöhnliche Familienzusammenführung steht, wir erkennen auch, wie subtil die Methoden einer Superintelligenz sein können, wenn es um Rekrutierung von Hilfsvölkern geht.
Endlich mal eine andere Superintelligenz als der alte Lachsack, hier bekommt man wirklich mal den Eindruck, mit einem „höheren“ Wesen zu tun zu haben. Was SoW angeht, kann die immer wieder nachgeschobene Entwicklungsgeschichte von ES es nicht mit der kurz erwähnten Entwicklungsgeschichte der Kaiserin von Therm aufnehmen. Klasse ohne Masse, das hat mich damals begeistert – und besonders 803 auch heute noch. Absolut ätzend waren dagegen die später folgenden „Abenteuer“ der Terra-Patrouille, noch ätzender die dauernden Ergänzungen in der ES-Biographie.


Das war natürlich noch nicht alles. Nach rund 40 Jahren möchte ich nicht ein Fazit ziehen, wonach die Serie „gut“ oder „schlecht“ war. Vieles gefällt mir heute nicht mehr, aber das dürfte jedem Leser so gehen. Anderes hätte man „besser“ machen können. Ich denke, dass ich ungefähr 2 Jahre lang zuerst die Planetenromane gelesen habe, dann erst die Hefte, hat mich irgendwie „ungünstig geprägt“. In den Heften wird eine endlos lange Handlung vorangetrieben, die per Definition kein Ende haben kann, in den Romanen hat man nach ca. 200 Seiten die Lösung. Im Idealfall hieß das: Nach kurzer Aufwärmphase und mit wenig Aufwand kam nach kurzer Zeit das Aha-Erlebnis. Im Besten Fall: Fast-Food-Sense-of-Wonder. Ein großer Fehler, dass die Planetenromane eingestellt wurden.

Was mir bei der aktuellen Handlung (wobei „aktuell“ sehr weit gefasst ist) auf den Geist geht, ist der endlose Zustrom von irgendwelchen dubiosen Lebensformen, vorzugsweise von außerhalb aller Dimensionen, die den Überblick verloren haben, sich in das „Standard-Universum“ einnisten, dort den „niederen Lebensformen“ auf den Geist gehen, alles besser wissen, alles besser können, und am Ende nur Chaos hinterlassen. Und das ist ein generelles Problem, seit die erste Superintelligenz erfunden wurde: Wie kann man als Mensch etwas schildern, das jenseits der menschlichen Vorstellungskraft liegt? Das hat am Anfang der Serie nicht funktioniert, und die 100. Ergänzung im Lebenslauf von ES ändert da auch nichts mehr. Der Drops ist gelutscht.

Sollten sich die jetzigen Autoren an den Hinterlassenschaften klassischer Autoren der phantastischen Literatur halten, wird das die Serie nicht retten: Schon E.A.Poe schrieb in seiner „Philosophie der Komposition“, dass letztendlich alles nur konstruiert ist, und alles nur auf Effekten aufbaut, die den Leser in einer ganz bestimmten Art und Weise zufriedenstellen sollen.
So gesehen, ist die ganze Frage nach Sense of Wonder überflüssig: In der Matrix der Literatur-Produkte ist der Leser das Subjekt, durch dessen Geld das System am Leben erhalten wird. PR ist Teil des Systems; möge dieser Teil ewig weiterbestehen. Dafür gebe ich ab und zu gerne etwas Lebenszeit her, Geld auch, sofern der Verzicht auf Pseudo-Fantasy, Pseudo-Religion und Pseudo-Mittelalter Fortschritte macht. Insofern freue ich mich auf Band 3000, falls die nebulösen Andeutungen der PR-Macher nicht nur warme Luft waren.

Sense of Wonder entsteht im Kopf des Lesers. Barry Malzberg und Phillip K. Dick (und einige andere) haben es geschafft, das zu verstehen – und ich bezweifle nicht, dass die jetzigen PR-Autoren es auch schaffen können. So viel Phantasie habe ich noch, und meine Frage nach Sense of Wonder wird mit jedem neuen Heft irgendwie beantwortet. Leider nur irgendwie. Geht es nur mir so?
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Re: Sense of Wonder (SoW) in PR (und SF allgemein)

Beitrag von Plot Overdrive »

SoW-Killer in der Serie – eine unvollständige Aufzählung

Ich lese dieses Forum, seit es existiert. Vieles, was ich hier von mir gebe, hat auch schon andere Leser geärgert.
Schlimm ist es z.B., wenn Handlungselemente in größerem Stil immer wieder kopiert werden.
Atlans Wandergruppe in den jenzeitigen Landen ist so eine Sache. Atlan ist in etlichen Zyklen immer wieder unterwegs, kämpft sich von Etappe zu Etappe durch... Hier eine kleine, keineswegs vollständige Auswahl:

- Nach seiner Auszeit hinter den Materiequellen: Mit der SOL 20 Jahre (!) auf Kreuzfahrt, teilweise ganz unterhaltsam, aber die Anti-ES-Resteverwertung in dieser Zeit (Wöbbeking! Wer hat sich das nur ausgedacht!) war teilweise einfach nur schrecklich. Die Spoodie-Handlung zog sich auch sehr in die Länge.

- Endlose Armada: (auch) Atlan sucht den Frostrubin. Den Zyklus habe ich zu maximal 20% gelesen, denn endlos wie die Armada waren auch die Lückenfüller. Bei vielen Heften reichten die 2 Zeilen Untertitel, um der Handlung zu folgen. Sorry, liebe Autoren, aber hier wurde es eindeutig übertrieben, weniger wäre mehr gewesen.

- Im Tiefenland: Atlan auf der Wanderschaft mit Jen Salik und dem wiederverwerteten Tengri Lethos... Mehr muss man nicht sagen, die Stories dürften bekannt sein. „Atlans Wanderführer durch das Tiefenland“ wäre sicher eine genau so große Zierde für die Serie gewesen, wie damals der „PR-Weltraumatlas“ (Ja, auch den habe ich gekauft. Übrigens nur wegen den Texten. Der Verlag und manch ein Leser weiß schon, was ich hier meine!).

- Gänger des Netzes: Was von der damaligen Handlung hatte eigentlich einen tieferen Sinn, außer der Füllung von Heftseiten mit Text? Habe auch hier irgendwann aufgehört... Bis jetzt empfinde ich das nicht als Bildungslücke.

- Tarkan & große Leere & Segafrendo & Wassermal: Auch hier läuft sich Atlan einen Wolf auf der Suche nach dem Zyklus-Ende.

- Sternenozean: Perry und Atlan und jede Menge kreischende Weiber... Während die Kaffefahrt der Unterdrückten von Planet zu Planet reist und sich ab und zu mit Cyborg-Igeln kloppt, passiert im Solsystem das eigentlich Wichtige. Macht nichts, Perry kommt gerade noch rechtzeitig zurück, um ein weiteres obskures Wesen mit Dachschaden aufzuhalten.

- Im Traitor-Zyklus geht es durch Omega Centauri. Mag der Hyperschwall auch toben und die Hyperinkontinenz noch so schlimm sein: Atlan quetscht sich durch die kleinste Lücke, um per Sonnentransmitter letztendlich nach Hangay zu kommen...

- Operation Hathorjan. Atlan reaktiviert alte Sonnentransmitter in Andromeda, so wie man Klöße isst, einen nach dem Anderen. Und es gab viele alte Sonnentransmitter...

Ich möchte jetzt nicht sagen, dass all diese Dinge überflüssig waren. Dass man gewisse Handlungsstränge endlos in die Länge zieht, um den Zyklus pünktlich zum xx99-Heft zu Ende zu bringen, und dass Atlan notfalls 2-3 Planeten extra besuchen muss, von deren Bewohnern man hinterher nie mehr hört, ist aber auch schon anderen Lesern aufgefallen. Dass Atlan hier unnötig in Nebenhandlungen verschlissen wird, mag den Atlan-Fan ärgern. Dass andere interessante Handlungen weniger Spielraum bekommen, mag auch eine Nebenwirkung sein. Zu viel Atlan auf der Wanderschaft führt aber in letzter Zeit zu einer sehr vorhersagbaren Handlung: Jede Woche ein erneut erstaunter Atlan, auf einem neuen Planeten (oder in einer neuen unbegreiflichen Dimension), der dort unglaubliche Leute kennenlernt und unfassbar spannende Abenteuer erlebt...

Das ist wie beim Skispringen:
Es gehört jahrelanges Training dazu, sowas zu machen. Kondition, Mut, Konzentration vor dem Sprung... Für den Zuschauer kaum nachzuvollziehen. Wenn man aber den 200. Skispringer die Rampe herunter rutschen sieht, wird es langweilig. Tut mir leid, dass ich das sagen muss. Aber gerade bei Atlan habe ich den Eindruck, dass er immer dann auf Wanderschaft geschickt wird, wenn man ansonsten keine Ideen mehr hat. Und: NEIN, ich bin kein Atlan-Fan. Ich habe in einem Zeitraum von 40 Jahren gerade mal 5 Atlan-Hefte gelesen. Und nur eines davon hat mir gefallen. Ich finde aber, dass der Beuteterraner zu PR als Serie gehört, und dass man ihn nicht dauernd zum A*** des Universums und zurück schicken sollte, um Hefte mit Handlungen zu füllen. Das hat er einfach nicht verdient.

Es gibt noch mehr SoW-Killer, aber ich merke gerade, dass hier schon wieder zu viel Text angefallen ist...

Nur noch so viel: Ich würde mir diese Mühe, meine Gedanken hier auszuwalzen, nicht geben, wenn mir PR egal wäre oder ich die Serie an sich schlecht finden würde.
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Re: Sense of Wonder (SoW) in PR (und SF allgemein)

Beitrag von Plot Overdrive »

SoW- Evolution zum Guten, auch wenn sie nicht stattgefunden hat... (Eine Anregung)

Gehen wir wieder zurück zur Frühzeit der Serie, gegen Ende des M-87-Zyklus. Da haben wir die „Hyperregeneration“, die funktioniert aber nur (so wurde das damals erklärt) auf Monol, dem Spezial-Planeten der „Zentrumskonstrukteure“.
Das kam mir damals schon sehr abgehoben vor, ebenso wie die Technologie, auf verschiedenen „Energiniveaus“ zu produzieren und zu transportieren. Das war vielleicht Supertechnik, aber immerhin haben wir hier eine Zivilisation, die seit über 50.000 Jahren Galaxis-weiten technischen Fortschritt produziert hat. Das war fast schon zu viel für SoW, ich fand es damals einfach nur übertrieben. (Zumal die ach so überlegenen M-87-Obermacker einen Fehler nach dem anderen gemacht haben.)
In späteren Zeiten habe ich mir überlegt, warum man diese Ideen nicht weiter benutzt hat.
Man stelle sich vor, anno 2500 hätte man mit den Daten aus M-87 wenig anfangen können. Es gab auch andere Probleme (Wiederaufbau usw.) Aber gilt das auch anno 3500? oder zu noch späteren Zeiten? Und bitte bedenken: In der PR-Serie wird das freie Unternehmertum nur sehr selten reglementiert.
Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass man kurz nach dem M-87-Abenteuer gewisse Daten an private Unternehmer weitergegeben haben könnte. Meinetwegen durch Spionage, vielleicht auch, weil die Regierung sich nicht um alles kümmern kann.
Ist es vorstellbar, dass niemand im ganzen Perryversum die Hyperstrahlung und das ganze andere Hyper-Gedöhns, das auf Monol die Hyperregeneration möglich gemacht hat, irgendwie, mit all der Supertechnik, die sich z.B. in einem Jahrtausend entwickelt hat, imitieren konnte? Niemand interessierte sich dafür? Keine Experimente mit kommerziellen Hintergedanken?
Bitte, keine Frage, WARUM man das alles hätte tun sollen. Hyperregeneration als Lebensverlängerung für jeden – warum nicht? Oder auch als „alternative“ Heilmethode? Ist da wirklich kein Bedarf vorhanden?
Hier wurde tatsächlich etwas verschenkt, aus dem man sehr viel hätte machen können.
Das gilt natürlich auch für die anderen technischen Möglichkeiten der KdZ, hier wurde z.B. in der Festung von Truktan reichlich spioniert. Was hier an gesellschaftlichen Entwicklungen möglich gewesen wäre, die man einfach „vergessen“ hat... Da könnte man heute ganze Serien draus machen!
Und dann die große Frage: Wie funktioniert Hyperregeneration in Zeiten der Hyperinkontinenz? Gar nicht mehr? Oder haben die KdZ ein Hintertürchen entdeckt? Leute (und damit meine ich auch euch, die Expokraten), alleine die Frage, ob es so sein könnte, und ob man vielleicht mit den KdZ einen „Technologie-Austausch“ arrangieren könnte – das ist doch interessanter als irgendwelche Dauerpenner-Superintelligenzen (Schnarchetim & Co) und ihre großen Taten vor 20 Mio. Jahren! Und kommt mir nicht mit der riesigen Entfernung zu M-87. Wer „Kontextwandler“ und „Terranova-Schirme“ bauen kann, der kann doch auch ein Bisschen in M-87 spionieren (oder Handel / Diplomatie betreiben, oder wie man das nennen will)!
Wenn man schon aus alten Zyklen zitiert, was in letzter Zeit wieder in Mode kam – warum nicht mal sowas.
SoW, weil man eben doch keine Zellaktivator-verschenkenden Superintelligenzen braucht, um unsterblich zu werden?
Oder eine bis jetzt unbekannte Lösung zur Umgehung der Hyperinkontinenz mit „einfachen“ Mitteln?
Ja, warum nicht. Oder traut man sich einfach nicht, so ein Thema mit all den potenziellen Auswirkungen auf das komplette Perryversum anzufassen?
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Re: Sense of Wonder (SoW) in PR (und SF allgemein)

Beitrag von Elena »

Oder es liegt daran, dass man dann ein Problem am Hals hat, das man dann nicht mehr los wird! ;)
Ein bisschen gesunder Menschenverstand, Toleranz und Humor - wie behaglich es sich dann auf unserem Planeten leben ließe.
- William Somerset Maugham


Ich bin wie ich bin - Wise Guys

Immer für Dich da - Wise Guys
Frank Chmorl Pamo

Re: Sense of Wonder (SoW) in PR (und SF allgemein)

Beitrag von Frank Chmorl Pamo »

Plot Overdrive hat geschrieben:
Spoiler:
Ich habe mit 12-14 Jahren angefangen, PR zu lesen, inzwischen bin ich Mitte 50. Ich lese seit ca. 20 Jahren nur noch ab und zu, vornehmlich aus Zeitgründen.

Im Großen und Ganzen habe ich (statistisch, bezogen auf mein ganzes Leben) ca. 2 Stunden pro Woche Lebenszeit an PR „verschenkt“, das geht eigentlich. Für Unterhaltungslektüre ist das OK.

Zu meiner Motivation: Ich denke bei jedem neuen Heft erst mal an die alten Geschichten – um dann, nach genauer Lektüre eben dieser alten Geschichten, festzustellen, dass die auch nicht immer das Wahre gewesen sind. PR ändert sich, und wir ändern uns mit ihm. Es ändert sich nur nicht alles immer in die selbe Richtung. Die Frage, was mir an PR (noch) gefällt und was nicht, lässt sich vielleicht beantworten, aber leider nicht in wenigen Worten. Immer dran denken: PR besteht aus der Serie und etlichen Nebenprodukten, das ganze ist 55 Jahre lang gewachsen, und eine differenzierte Beurteilung sollte man sich selbst und dem Rest der Welt gönnen. Als ich angefangen habe, PR zu lesen, war das „Schund“. Ich habe mich damals nicht vom Geschwätz der Leute beeindrucken lassen, genauso wenig wie heute.

Bevor ich in die Heftserie eingestiegen bin, habe ich einen großen Umzugskarton mit Planetenromanen geschenkt bekommen. Einige davon sind heute noch übrig, die meisten wurden Opfer von Zeit und Elementen.
Mit 12-14 (und noch ein paar Jahre später) hat man andere Vorlieben als als Erwachsener. Was mich jetzt begeistert, sind tatsächlich Überraschungen, wie z.B. Nathans weitere Entwicklung. Nach dem eher langweiligen Zyklus war DAS mal eine echte Überraschung - das habe ich den Autoren nicht mehr zugetraut.

Als kleiner Junge interessiert man sich für Technik, und jede Technik, die eine gewisse Größe erreicht, ist faszinierend. Das gilt für einen Braunkohlebagger genau so wie für ein Ultraschlachtschiff. Faszination durch Größe. Deswegen interessieren sich auch heute noch kleine Kinder für Dinosaurier.
Und was für die Technik in der Serie gilt, gilt erst recht für die Serie selbst: 1000 Hefte (oder kurz davor, in der Erstauflage), das war damals der Hammer. Da konnte nichts mithalten.
Die Frage ist nur, ob Größe immer als Argument reicht. Das haben sich wohl auch irgendwann (um Heft 600 herum) die Expokraten gefragt...
Und dann kam eben alles, was mir nicht gefallen hat. Als mehr oder weniger „organisierter“ Fan wusste ich: Die Meinung habe nicht nur ich. Trotzdem, fast alle, die ich damals kannte, sind noch jahrelang dabei geblieben. Ich schließlich auch.
Vor etwa einem Jahr habe ich dann beim Aufräumen einige ältere Hefte gefunden. Die waren irgendwie zwischen alte Computer – und HiFi-Zeitschriften gekommen. (Die meisten Menschen haben mehr als ein überflüssiges Hobby.)
War eigentlich ganz lustig, aber...
Was hat mir wirklich noch gefallen, oder besser gefragt, wie weit habe ich mich verändert, falls es mir nicht mehr gefallen sollte?
Experimente müssen ab und zu mal sein – also los. Ein paar Heftchen aus dem Kubikmeter großen Haufen... Durch Zufall einer Neu-Beurteilung unterzogen.

- Die Atomhölle von Gray Beast – immer noch so gut wie vor fast 40 Jahren.
Ich bekam damals übrigens noch einen 2. Umzugskarton geschenkt – voll mit alten Readers Digest Heften. Und da gab es so eine Artikelserie, die hieß „Drama im Alltag“. Das hat mir schon immer gefallen, sozusagen SoW im richtigen Leben. Und genau so war dieser Roman aufgebaut: Die Abfolge der Ereignisse, eventuelle Fehlentscheidungen der Charaktere... Das war schon fast realistisch. Perry als Chef einer Chemiefabrik und Terroristen anstatt Arkoniden – und schon würde der Roman in die heutige Zeit passen.
Wie die Story in den nächsten Heften weitergeht, und wie das Ganze in eine Ellert-Resteverwertung mündet – oh, oh.

- Rekruten für Arkon (und die beiden folgenden Hefte) – Ohgottogottogott. Habe ich das wirklich damals gelesen und gut gefunden? Alleine der Handlungsstrang, in dem ein Arkoniden-Admiral entführt und durch einen terranischen Sergeant ausgetauscht wird – inklusive tiefsinniger Gespräche in der Umkleidekabine – das ist heute bestenfalls noch unfreiwillig komisch. Und das Ende der Story: Atlan dreht durch und rettet die ganze Sache, inklusive einige Hefte später dann noch das ganze Solsystem... So schnell kann es gehen: Eben noch der Unterlegene, Untergang vor Augen – einen Absatz später: “Guten Morgen, Erhabener!“ (Und ich beschwere mich über das Ende vom Traitor-Doppelzyklus!)
Damals war das sicher Sense of Wonder (Wahnsinn, die Terraner schaffen den Robotregenten – ganz ohne Gewalt!), heute... Vergessen wir es.

- Robot-Patrouille - Wahnsinn, was die Siganesen schaffen. Bauen einen künstlichen Haluter, in dem man sogar wohnen kann. Natürlich ist das Ding zum Kämpfen da, was es auch ausgiebig tut. Da wird sogar ein strukturverhärteter Zweitkonditionierter mittels Beinschere geschreddert. Selbst direkten Intervallstrahler-Beschuss hält der Paladin aus, obwohl er nur einen HÜ-Schirm hat. Terraner (und ihre Kolonisten) können es eben, da kann kommen, wer will.
Der Roman war – nach heutiger Sicht der Dinge - ganz lustig. Damals bin ich aus dem Staunen nicht rausgekommen. Im Nachhinein kann man sagen: Ein typischer xx50er-Roman, in der Mitte vom Zyklus muss das Licht am Ende des Tunnels zu sehen sein. Meine damalige Hoffnung: Die Terraner & Siganesen bauen den Paladin als Massenprodukt und verpassen der Zeitpolizei die Tracht Prügel, die sie nie mehr vergessen. Sozusagen 100.000x Bud Spencer im Weltraum. Hätte mich damals amüsiert, heute wohl eher nicht mehr.

- Die Bestie erwacht – Na ja, wenn wir schon bei Prügeleien im Weltraum sind... Damals einer meiner Lieblingsromane. Heute irgendwie immer noch lustig, aber nicht so wirklich. Die Story ist simpel, die Ausgestaltung der Details macht's hier. Was mir in der heutigen Zeit übel aufgestoßen ist: Obwohl der Kahn schrottreif ist, einige Besatzungsmitglieder tot sind... An was denken die Handlungsträger? An das verpasste Schlachtfest.

- Menschheit im Zwielicht – Überraschend war hier nicht nur der Zeitsprung, sondern auch die relativ vielen Handlungsebenen (in einem Heft!). Wenn es irgendwann man zur Wahl der besten Zyklus-Eröffner kommen sollte: Der Roman wäre dabei. Man wird auf 62 Seiten sehr umfassend informiert, was in den letzten 1000 Jahren passiert ist, und was das für Folgen hat. Eine einheitliche und durchgehende Handlung ist zwar vorhanden, sie steckt aber zurück, was sich angesichts der vielen Informationen in diesem Roman nicht vermeiden lässt. Auch hier: Damals staunend gelesen, heute immer noch gut (im Kontext der Serie gesehen).

- Leticron, der Überschwere – Damals und heute immer noch ein guter Roman. Dabei macht es auch hier weniger die Handlung, sondern eher die Details am Rande, z.B. Sätze wie: „Ich möchte nicht, dass Leichen in meinen Räumlichkeiten herumliegen“ (aus dem Gedächtnis zitiert). Ein paar Sekunden vorher hat die Titelfigur einen USO-Spezialisten getötet. Nein, nicht erschossen – mit bloßen Händen das Genick gebrochen. Barbarisch. Trotzdem: Faszinierend.
Leticron hatte was vom Terminator an sich: Er geht seinen Weg. Er hat seine Bestimmung. Er macht es einfach, und er denkt nicht großartig nach. Der Anti-Rhodan übernimmt die Milchstraße und errichtet seine Schreckensherrschaft. Dunkelheit breitet sich im Perryversum aus... Ja, das war SoW, das Ende der heilen Welt war in Sicht, die Zukunft dunkel und ungewiss.

- Wächter des Ewigen – Ja, es wird dunkel. Duklelste Düsternis wartet auf uns. Eine Expedition zu einem alten Lemurer-Stützpunkt wird zum Horrortrip. Uralte Bio-Waffen werden wiedererweckt. Verschollene Explorer tauchen auf. Und ein gewisser Ganerc steckt da mit drin, keiner weiß damals, was der für die Serie später noch zu bedeuten hat. Ich habe den Roman damals mehr als 1x gelesen. Heute ist man, was SF-Horror angeht, schlimmeres gewöhnt – aber selbst heute ist der Roman noch gut. Besser als so manches, was neuerdings so in die Serie eingeführt wurde...

- Stätte der Vergessenen (oder generell 800-803) – Auch hier wieder ein Roman, der eigentlich nicht besonders zum Handlungsfortschritt eines Zyklus beiträgt, aber interessante Einblicke liefert. Nicht nur, dass am Ende eine ungewöhnliche Familienzusammenführung steht, wir erkennen auch, wie subtil die Methoden einer Superintelligenz sein können, wenn es um Rekrutierung von Hilfsvölkern geht.
Endlich mal eine andere Superintelligenz als der alte Lachsack, hier bekommt man wirklich mal den Eindruck, mit einem „höheren“ Wesen zu tun zu haben. Was SoW angeht, kann die immer wieder nachgeschobene Entwicklungsgeschichte von ES es nicht mit der kurz erwähnten Entwicklungsgeschichte der Kaiserin von Therm aufnehmen. Klasse ohne Masse, das hat mich damals begeistert – und besonders 803 auch heute noch. Absolut ätzend waren dagegen die später folgenden „Abenteuer“ der Terra-Patrouille, noch ätzender die dauernden Ergänzungen in der ES-Biographie.


Das war natürlich noch nicht alles. Nach rund 40 Jahren möchte ich nicht ein Fazit ziehen, wonach die Serie „gut“ oder „schlecht“ war. Vieles gefällt mir heute nicht mehr, aber das dürfte jedem Leser so gehen. Anderes hätte man „besser“ machen können. Ich denke, dass ich ungefähr 2 Jahre lang zuerst die Planetenromane gelesen habe, dann erst die Hefte, hat mich irgendwie „ungünstig geprägt“. In den Heften wird eine endlos lange Handlung vorangetrieben, die per Definition kein Ende haben kann, in den Romanen hat man nach ca. 200 Seiten die Lösung. Im Idealfall hieß das: Nach kurzer Aufwärmphase und mit wenig Aufwand kam nach kurzer Zeit das Aha-Erlebnis. Im Besten Fall: Fast-Food-Sense-of-Wonder. Ein großer Fehler, dass die Planetenromane eingestellt wurden.

Was mir bei der aktuellen Handlung (wobei „aktuell“ sehr weit gefasst ist) auf den Geist geht, ist der endlose Zustrom von irgendwelchen dubiosen Lebensformen, vorzugsweise von außerhalb aller Dimensionen, die den Überblick verloren haben, sich in das „Standard-Universum“ einnisten, dort den „niederen Lebensformen“ auf den Geist gehen, alles besser wissen, alles besser können, und am Ende nur Chaos hinterlassen. Und das ist ein generelles Problem, seit die erste Superintelligenz erfunden wurde: Wie kann man als Mensch etwas schildern, das jenseits der menschlichen Vorstellungskraft liegt? Das hat am Anfang der Serie nicht funktioniert, und die 100. Ergänzung im Lebenslauf von ES ändert da auch nichts mehr. Der Drops ist gelutscht.

Sollten sich die jetzigen Autoren an den Hinterlassenschaften klassischer Autoren der phantastischen Literatur halten, wird das die Serie nicht retten: Schon E.A.Poe schrieb in seiner „Philosophie der Komposition“, dass letztendlich alles nur konstruiert ist, und alles nur auf Effekten aufbaut, die den Leser in einer ganz bestimmten Art und Weise zufriedenstellen sollen.
So gesehen, ist die ganze Frage nach Sense of Wonder überflüssig: In der Matrix der Literatur-Produkte ist der Leser das Subjekt, durch dessen Geld das System am Leben erhalten wird. PR ist Teil des Systems; möge dieser Teil ewig weiterbestehen. Dafür gebe ich ab und zu gerne etwas Lebenszeit her, Geld auch, sofern der Verzicht auf Pseudo-Fantasy, Pseudo-Religion und Pseudo-Mittelalter Fortschritte macht. Insofern freue ich mich auf Band 3000, falls die nebulösen Andeutungen der PR-Macher nicht nur warme Luft waren.

Sense of Wonder entsteht im Kopf des Lesers. Barry Malzberg und Phillip K. Dick (und einige andere) haben es geschafft, das zu verstehen – und ich bezweifle nicht, dass die jetzigen PR-Autoren es auch schaffen können. So viel Phantasie habe ich noch, und meine Frage nach Sense of Wonder wird mit jedem neuen Heft irgendwie beantwortet. Leider nur irgendwie. Geht es nur mir so?
Schöne Schilderung, der ich mich gerne anschließe.
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Re: Sense of Wonder (SoW) in PR (und SF allgemein)

Beitrag von ParaMag »

SOW und Spannung erzeugen hat auch was mit Kopfkino zu tun. Bewusstes weglassen von großartigen Erklärungen bis ins kleinste Detail, Andeutungen, hier ein Hinweis dort... Es gibt/gab einiges z.B. fremde Wesensheiten, Artefakte, die versiegelten Zonen, was wurde aus der Explorerflotte? Grundlage einiger Planeten Taschenbücher.
Was nicht bedeuten soll das aufgebaute Rätsel nicht früher oder später aufgelöst werden sollen, nur eben nicht alles. Für Spannung und SOW braucht es z.B. kein Thez dieses Thema ist mMn. zu abgehoben.
Natürlich muss der Leser, da nehm ich mich nicht aus :unschuldig: , auch darauf einlassen.
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Roland_W
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Re: Sense of Wonder (SoW) in PR (und SF allgemein)

Beitrag von Roland_W »

Sense of wonder in einem Roman entsteht für mich, wenn der Autor von der Gattung der Erzähler ist. Diese lassen für den Leser immer wieder geschickt kleine oder größere Türen offen, in die man mit seiner eigenen Fantasie in die Erzählung treten und weiter ausfüllen kann. Der Leser hat also selbst einiges an Fantasiearbeit zu tun, aber als Lohn ist er eben auch in der Geschichte drinnen. Die Kunst des Erzähl-Autors besteht also darin, sich an diesen Türen dezent zurückzuziehen.
Die andere Autorengattung bezeichne ich als Beschreiber. Diese wollen ihre Geschichte alleine und komplett bis ins Kleinste beschreiben. Sie wollen nicht, dass der Leser etwas eigenes hinzugügt. Kann auch ein guter Roman sein, aber für mich liest sich das dann kaum anders, als ein Polizeibericht. Sense of wonder entsteht bei mir so nicht.

Ist natürlich alles eine Sache des persönlichen Geschmacks.
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dandelion
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Re: Sense of Wonder (SoW) in PR (und SF allgemein)

Beitrag von dandelion »

Auf ein gutes Beispiel für das SoW-Gefühl, das ich in der Jugendzeit empfunden habe, bin ich gerade beim Lesen der Nr. 202 gestoßen. Die Besatzung des leichten Kreuzers RUHR entdeckt auf dem Weg zur Hundertsonnenwelt im Leerraum zwischen den Milchstraßen ein unbekanntes Raumschiff, das anscheinend seit Millionen Jahren unterwegs ist und mindestens noch die gleiche Wegstrecke vor sich hat, um eine Art Saatgut in eine entfernte Galaxie zu bringen.

Genauere Erkennnisse, etwa über Herkunft und Identität der Erbauer, können nicht gewonnen werden. Auch die Motivation für das rätselhafte Tun bleibt mehr oder weniger im Dunkeln. Es bleibt aber die Gewißheit, das es in den Tiefen des Alls, auch jenseits der gerade ins Blickfeld gerückten Nachbargalaxie Andromeda Leben und Geheimnisse zu entdecken gibt.

Den Begriff "sense of wonder" kannte ich damals nicht, aber die Faszination dieses und ähnlicher Vorkommnisse war ungeheuer. Ein wenig davon spüre ich auch heute noch, auch wenn mir klar ist, das es sich um einen typischen Darltonschen Seitenfüller handelt. Oder ist diese Geschichte doch irgendwann noch aufgegriffen worden?
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Kardec
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Re: Sense of Wonder (SoW) in PR (und SF allgemein)

Beitrag von Kardec »

"Jugendzeit" ist das Stichwort. SoW hat für mich meist was mit Staunen zu tun - und das ist wohl eher ein Privileg der Jugend (noch) staunen zu können.

Je älter und routinierter man als Leser ist, umso schwieriger ist es wohl zum Staunen gebracht zu werden.
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R.B.
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Re: Sense of Wonder (SoW) in PR (und SF allgemein)

Beitrag von R.B. »

Kardec hat geschrieben:"Jugendzeit" ist das Stichwort. SoW hat für mich meist was mit Staunen zu tun - und das ist wohl eher ein Privileg der Jugend (noch) staunen zu können.
Je älter und routinierter man als Leser ist, umso schwieriger ist es wohl zum Staunen gebracht zu werden.
Ja, da gebe ich dir unbedingt recht.

So hat Thez beispielsweise für mich absolut nichts mit SOW zu tun. Das ist jetzt keine Wertung und macht schon gar keine Aussage darüber, ob ich die Handlung gut finde oder nicht. Vieles von dem, was mich früher gepackt hat, sehe ich jetzt anders. Vor 40 Jahren hätte ich nicht so reagiert. Aber heute? Vielleicht wird man im Laufe der Jahre und Jahrzehnte zu rational denkend. Ich nehme mal an, dass geht vielen anderen genau so und genau das ist die Schwierigkeit der heutigen Autoren & Expokraten.

Eine Generation, die von einem 10.000 Jahre alten Atlan geprägt war und die zusammen mit PR das Universum kennengelernt hat, lernte alleine durch ca. 2900 Bände soviel Tolles, Fantastisches und Wunderliches kennen, dass es immer schwieriger wird, die Begeisterung für SOW neu zu entfachen. Dazu kam sicherlich noch ein Sack voller SF Romane von außerhalb des Perryversums. Zudem definiert das ja jeder für sich: Zum Beispiel war die Gehirn - Odyssee für mich schon damals absolut nichts wundersames, schon gar nichts begeisterndes und ich war froh, dass es vorbei war. Ich hoffe heute noch. dass wir dem nie wieder begegnen werden.

SOW tauchte für mich zum ersten Mal in Band eins auf: 7. Kapital, Seite 35: "Nein - nein, das nicht, das nicht...!" kam Bully Stöhnen über die Sprechanlage. (.......................) Seine (Rhodans) Augen saugten sich an dem titanische Gebilde fest.
Danach kam ES, die Galaxis wurde besiedelt, Andromeda, der negative Rhodan (der hatte es mir angetan), und, und, und.

Heute? Schwer. Ungewöhnliche Lebensformen mit einem ungewöhnlichen Blick auf unsere Welt. Superintelligenten? Eher nicht (mehr). Da gab es auch schon zu viele von. Dann vielleicht eher Raumschiffe wie die RT, die genau wie früher BASIS und heute noch die SOL das Potenzial dafür hat. Auch wenn jemand in einem anderen Thread schrieb, die RT kann sowas wie ein guter Bekannter werden - mitsamt ihrer Besatzung. Man freut sich, wenn man sie ab und zu wiedersieht.
Bleck vun dä Schäl Sick op unsere schöne Dom: Sankt Peter und Maria mit Hohenzollernbrücke
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Re: Sense of Wonder (SoW) in PR (und SF allgemein)

Beitrag von Kardec »

Dabei hatte der vergangene Großzyklus das Potential für SoW wie kein anderer Zyklus davor - und ich befürchte die danach.
Gut - es waren schon schöne Momente dabei, aber im Grunde wurde die Story um Atlans Rückkehr, das AT und die JZL unter Wert verramscht.
Schade drum!
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Re: 2900 Bände

Beitrag von Plot Overdrive »

Das Thema ist sehr ergiebig, gerade auch, wenn man die "alte Serie" mit den letzten 200 Bänden vergleicht.
Oder:
SoW-Selbstzerstörungs-Zeitbomben, gestern und heute.

Lange ist es her, da habe ich den Heftroman „Die drei Deserteure“ gelesen. Der fiel mir bei den „zeitlosen Klassikern“ leider zu spät ein, allerdings habe ich ihn seit jahrzehnten nicht mehr gelesen.
Was macht bei so einer einfachen Story Sow aus? Kein spiritueller Überbau, keine hoen Mächte... Aber dafür Dinge, die die Menschheit leider auch ausmachen: Verrat (Position der Erde an Robotregenten) aus persönlichem Profitdenken; Schurken, denen der Rest der Menschheit vollkommen egal ist; und ein Held, der das Schlimmste verhindert.
SoW kommt hier also aus der Handlungs-Struktur selbst, die typisch menschliche Unvollkommenheit, Dummheit und Gier (glaubt hier einer, der Robotregent hätte drei terranischen Verrätern einen Koffer voller Geld gegeben?) mit einer Handlung vereint, die wir z.B. auch schon aus diversen „Stirb langsam“-Filmen kennen. Die Handlung ist zeitlos. Verrat ist immer ein beliebtes Motiv. Heldentum auch.
Selbst wenn das Ende reichlich konstruiert wirkt (der Held ist schwer verletzt und ohne Raumanzug auf einem kochendheißen Planeten mit fast keinem Sauerstoff in der Atmosphäre unterwegs, kann aber trotzdem die Schurken fertigmachen) – An sich ist die Story gut. Es gibt eine Menge gute Stories wie diese unter tausenden von PR-Produkten.

Was man dagegen wirklich bemängeln muss, ist der organisierte Raumschiff-Klau bei den Terranern in ihrer Frühgeschichte. Hierzu komme ich nochmal am Ende meiner Ausführung, im (vor-) letzten Zyklus ging es ja auch nicht ohne.
Nicht nur die „Stardust II“ wurde geklaut, auch die „Titan“, die „Ganymed“, die Jäger in der Venusbasis... Und auch die allererste „Good Hope“ bekam Perry nur, weil die Arkoniden mit dem Ding nichts mehr anfangen konnten (was ich damals als Begründung ziemlich blödsinnig fand).
Und am Ende von Band 1 klaut Perry die „Stardust“ seiner eigenen Regierung. Hätten die Macher von „Neo“ Eier in der... (sorry), wäre aus Neo-Perry ein Chinese geworden.
Raumschiff- und Technologie-Klau ist eine beliebte Methode, wenn man sich selbst die Mühe nicht machen kann oder will, ein Raumschiff ab einer gewissen Größe zu bauen. Ein guter Robotregent (Transmitter-Konstrukteur, Uleb, Kolonnen-Geschäftsführer, Atopischer Richter) weiß das, und er wird auf keinen Fall zulassen, dass seine Raumschiffe oder seine Technologie irgendwelchen Dieben in die Hände fallen.
Denken wir mal nach:
Mindestens 10.000 Jahre betreiben Arkoniden Raumfahrt (zu Anfang der Serie).
In dieser Zeit ist es z.B. noch nie einem Springer in den Sinn gekommen, einen arkonidischen Kreuzer zu klauen? Alleine der Materialwert sollte enorm sein, von der Hochtechnologie ganz zu schweigen.
(Wir erinnern uns: Als der Robotregent komplett abgeschaltet wurde, haben die Springer massenhaft Arkon-Robotraumer geklaut und als Schrott verwertet.)
Selbst wenn in so einem langen Zeitraum nicht EIN EINZIGES Arkon-Raumschiff geklaut worden wäre – ein guter Imperator oder Robotregent denkt an sowas!
Die Raumschiff-Klau-Aktionen der Terraner in ihrer Frühzeit haben mich in jungen Jahren natürlich begeistert – wurde hier doch einem übermächtigen Gegner mittels Intelligenz und Raffinesse ein Nadelstich verpasst.
Heute muss ich leider sagen: Es ist offensichtlich einfacher, ein arkonidisches (Super-) Schlachtschiff zu klauen wie ein Smartphone im Computerladen um die Ecke. Na ja – vielleicht produzier(t)en die Arkoniden dermaßen viele Raumschiffe, dass die geballte Elektronik-Industrie der Erde weder mit Laptops, noch mit Handys dagegenhalten kann. Wenn mal eines bei der Inventur fehlt... Was solls.
Fazit: SoW für diese art der Handlung vor 40 Jahren: 100 Punkte, SoW heute: Vielleicht noch 5?

Oder – aus dem beliebtesten Zyklus überhaupt – die Transmitter-Fallen-Story.
Die Terraner sind kaum 400 Jahre in der Galaxis unterwegs, und schon finden sie den ersten alten Sonnentransmitter.
Um nochmal die Arkoniden zu bemühen: Die haben das Ding in 10.000 Jahren nicht gefunden? Also wirklich!
Die Haluter waren noch länger in der Galaxis unterwegs, meinetwegen mag es da religiös verbrämte Tabu-Zonen gegeben haben, aber ob ein Haluter mit erhöhtem Drangwäsche-Druck sich noch an sowas hält, wage ich zu bezweifeln.
Springer haben eher kommerzielle Interessen, Blues sind mit sich selbst beschäftigt... Mehr große raumfahrende Völker fallen mir zur Handlungszeit von Band 200 nicht ein.
Aber die Sonnentransmitter gibt es seit 50.000 Jahren – und kein Wesen hat sie seitdem erforscht? Alles geriet in Vergessenheit?
Was wäre, wenn die Arkoniden den Sonnentransmitter zuerst gefunden hätten?
Immer dran denken: Wir haben entweder noch einigermaßen fähige Imperatoren, oder den Robotregenten. Und ein so riesiger Transmitter, das wäre doch ein ideales Objekt, um die Galaxis noch wirkungsvoller zu beherrschen!
Sicher hätte man sehr schnell festgestellt, dass es sich um einen Transmitter handelt. Dass es einer mit extremer Reichweite sein muss, sicherlich auch. Selbst ein durchschnittlich begabter Robotregent hätte also Spezialschiffe mit gigantischen Hypersendern durch die Transmitterstrecke geschickt, um dann eine Positions-Rückmeldung zu bekommen. So hätte man problemlos herausgefunden, wohin die Reise geht. Wir würden es heute nicht anders machen.
Selbst wenn ganze Flotten verloren gegangen wären: Kein Problem für die (damals als sehr üppig geschilderten) Produktionskapazitäten der Arkoniden.
Man stelle sich vor, auf Horror würden im Laufe von wenigen Jahren 10.000 arkonidische Robotraumer materialisieren... Die Anlage ist uralt, wer weiß, ob die MDI überhaupt noch Ersatzteile bekommen, wenn die Falle wegen Überlastung kollabiert.
Und die Haluter? Selbst ein 3,5mm großer Haluter ist noch ein sehr gefährlicher Gegner. Gerade weil er so klein ist. Wenn im Laufe der Zeit ca. 100 geschrumpfte Haluter auf Horror angekommen wären, hätten sie den Planeten trotzdem noch auseinander nehmen können. Mit einigen tausend Jahren Lebenserwartung, funktionierendem Planhirn und halutischem Forschergeist hätten sie die Potenzialverdichter-Station von innen heraus zerstört. Lass es 1000 Jahre dauern – irgendwann stehen sie vor der Tür, und dann wird es sehr unangenehm!
Fazit: SoW vor 40 Jahren: 100 Punkte, SoW heute: 30 Punkte, das aber nur wegen der Menge an Fallen und den technischen Grundlagen, die in der Serie damals einmalig waren und auch heute noch faszinieren.

Zurück zur aktuellen Handlungszeit: Die Atopen, THEZ, oder wer sonst auch immer aus diesem Verein sitzt am Ende der Zeit und weiß also, was alles in diesem Universum passiert ist. Sollte er nicht auch wissen, dass Terraner gerne Raumschiffe klauen? Kein Problem, mit einem Richterschiff können sie nichts anfangen, der Pilot muss ja „hinter den Materiequellen“ gewesen sein. Und da haben wir Atlan. Sollte nicht jeder, der in dem Atopen-Club in halbwegs verantwortlicher Position ist, genau wissen, dass man NIEMALS, UNTER KEINEN UMSTÄNDEN einen Terraner an Bord nimmt, erst recht keinen Beute-Terraner namens Atlan? Alleine schon wegen dem, was passieren KÖNNTE? (Und was dann auch passiert!)
Natürlich kommt Atlan sogar mehrfach auf Richterschiffe, er muss sich noch nicht mal mit irgendwelchen Tricks Zugang verschaffen!
Oder war das wieder ein „Langzeitplan“, von wem auch immer, vielleicht sogar von THEZ selbst...?
Oder war THEZ nur der Strohmann?
Es ergeben sich hier wieder mal interessante Möglichkeiten zur Spekulation. Den Expokraten stehen dadurch viele Hintertürchen offen. (Für alle Hoffnungsvollen: Sie werden trotzdem lieber ein Loch in die Wand sägen und eine neue Tür einbauen. Wenn man in neue Handlungs-Räume vordringen will, gibt es garantiert immer eine Tür zu wenig!)
Die Logik, und sei es nur die eines Wesens aus den Niederungen, wird bei solchen Handlungen arg strapaziert. Da ich mich zu diesen Wesen zähle, wurde mir in den letzten 200 Heften mal wieder demonstriert, wie macht- und hilflos ich bin. Aber es gibt Hoffnung: Durch Klau & Lug & Trug kann man selbst die Allermächtigsten und Allwissendsten austricksen. Da hat sich seit den Anfängen menschlicher Phantasie nichts geändert. Deswegen nehme ich es gerne auf, auch wenn es in der Serie schon etliche Male so war...

Fazit: Im Heftchen nichts Neues.
i'm plotting my life away...
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