Kommentar zu # 34: „Die Ehre der Naats“ von Gerry Haynaly
Nachdem ich sein Werk „Opis Erwan“ über Tatcher a Hainu und Dalaimoc Rorvic in der FanEdition-Ausgabe 12 gelesen haben, war ich entsprechend neugierig auf seinen Einstieg im NEOversum.
1) Die Story
a) Das Gespinst / der Wettkampf
Der Wettkampf diente in seiner ausführlichen Darstellung sowohl zur allgemeinen Darstellung des Naat´schen Ehrenkodex als Krieger als auch im besonderen zur weiteren Charakterisierung von Novaal.
Ich habe mich sehr an den Samurai-Kodex erinnert gefühlt sowie eine anschauliche Beschreibung vom Kickbox.
Schmunzeln musste ich bei der wütenden Aufforderung, die Wasserquellen in der Arean abzustellen, der die Matriarchin des Gespinst sofort nachkam.
Das war eine schöne subversive Aktion von Belinkhar!
Eine besonderheit des Charakters Novaal ist seine Sorge um seinen Sohn Sayoaard, die gegen Sitte und Tradition verstößt. Das macht ihn in gewisser Weise „menschlich“ und sympathisch. Allerdings, dadurch dass er nun am Anfang fast ständig an seinen Sohn denkt und quasi von seinen Sorgen bestimmt, zumindest doch schwer abgelenkt wurde, empfand ich diese etwas überstrapaziert und kratzte etwas an die Glaubwürdigkeit der Figur (Stichwört: „vermenschelung“).
b) Tatlira-System
Ohne zweifel ist die sich immer mehr zuspitzende Konfronation zwischen den topsidischen Truppen unter dem Kommando von Tresh-Takuhn einerseits und dem Geschwader der Naats unter dem Kommando von Novaal der Schwerpunkt des Romans.
Besonders gut herausgearbeitet fand ich die jeweiligen Positionen der jeweils gegnerischen Seiten: Beide werden glaubhaft beshrieben, wie sich als Befehlshaber in einer Situation hineingetrieben werden, deren Verhältnisse ihnen fremdbestimmt aufgezwungen werden; sei es durch die „rechte Hand des Imperators“ oder durch den „Despoten von Topsid“ - und sie sich durch ihre Position als auch Ehrenkodex nicht entziehen können.
Also wirklich sehr schön; bis zum Anschlag ausgelotet – auch hier (vielleicht) einen Zacken zu viel. Man wird nicht Befehlshaber eines Geschwaders, wenn man nicht davon ausgeht, als Instrument der (arkonidschen oder topsidischen) Politik benutzt / mißbraucht zu werden. Dieses in Frage zu stellen kann nur bis zu einem bestimmten Punkt gehen – ansonsten kann man wedere den Job machen noch wäre man bei soviel Zweifel jemals so hoch aufgestiegen.
Zur Raumschlacht selbst möchte ich kurz anmerken, dass man als geneigter Leser berücksichtigen sollte, woher der jeweilige Autor kommt und so macht. Ein Autor, der als Hobby Geschichte und speziell Militärgeschichte studiert und Militär-SF schreibt wie David Weber zum Beispiel ist natürlich ein ganz anderes Kaliber als ein Jungautor, der in einer Weltraum-Abenteuerserie schreibt.
Daher sollte man faierweise die Kirche im Dorf lassen.
Jedenfalls hat mich dieser Schwerpunkt der Weltraumschlacht stark beeindruckt und finde ich bemerkenwert beschrieben.
c) Topsid
Leider fand mein sehr guter Eindruck des Romans hier einen abrupten Dämpfer. Man kann es drehen und wenden wie man will, aber noch ein Fluchtversuch von Erik Manoli hat mich sehr ernüchtert.
Vor allem so völlig sinnlos!
Er hat bereits Kontakt zu Oric-Altan alias Rico - und nun wird noch ein künstlicher Konflikt aufgebaut durch ein aus dem Nichts herbeigezaubertes Mißtrauen.
Also ein Entwicklungsstrang, den man komlett ersatzlos streichen hätte können-sollen-müssen.
Und just dann schleicht so auch ein handwerklicher fehler ein, der mir zumindest unangenhm aufgestoßen ist. Fast zum Ende der Flucht beginnt nun auch noch der despotr Meg-Takarr auf Manoli zu schießen. Das ist zwar sehr dramatisch, bloß ziemlich hirnrissig – da er doch die ganze Zeit wollte, dass er zum einen die Funktion des Transmitter sicherstellt und zum anderen ihn auch zum Planeten der Unsterblichkeit begleiten sollte (quasi Geisel).
Also das war einfach nicht wirklich durchdacht!
d) Perry Rhodan
Mir ist völlig klar, dass ich in der Fangemeinde eine Minderheitsmeinung vertrete; dennoch: ich finde die Figur sehr glaubwürdig und sympathisch beschrieben. Der astronaut Rhodan befindet sich als gefangener isoliert von seiner sozialen umgebung unter fremden Bedingungen und inmitten feindlichen Aliens und muss sich irgendwie zurechtfinden, eine orientierung suchen und sich behaupten. Er ist kein ausgebildetere Überlebenskämpfer und kein Soldat. Nichts von dem hat er sich gewünscht.
Wer sich Nachts in Tanger wiederfindet, weil er seinen Flug verpasst hat und nun fremd durch die Straße ohne Sprach- und Ortkenntnis herumirrt, hat vielleicht ansatzweise einen Hauch von Ahnung, wie es den armen Perry geht.
Und mit Messer und Gabe an einen Schott zu scheitern, unterstreicht den verzweifelten Fluchtplan; zwar Willens zu sein, seine Situation zu ändern, dieses aufgrund der nun mal gesetzten Bedingungen nicht zu können.
Sehr schön.
Und dann kommt ja wohl – endlich – ein Teleporter angesprungen.
Warum die wohl solange gebraucht haben?
e) Atlan
Nun also... endlich … ist er da: unser (zweiter) Held?!
Man kann angesichts der Kürze noch nicht viel sagen.
Nur soviel: Unser Entwicklungshelfer in Sache terranische Zivilisation hat offenkundig mehr zu tun, als zwischen den verschiedenen Epochen der Menschheitsgeschichte Däumchen zu drehen – sprich: in der Tiefkühlbox zu liegen - , nämlich im Auftrag von ES hier und da an Brennpunkten den Feuerwehrmann zu spielen. Oder war es bei Topsid das erste mal? Wer weiß? Vielleicht ist er in seiner neuen Charakterisierung bereits ein vorweggenommener „Ritter der Tiefe“. Zumindest ein „Ehrenwerter“.
Das Atlan nun auch gleichzeitig auch Scharfauge ist, war ja zu erwarten... zu befürchten.
Jedenfalls wird die Storyline noch weiter ausdifferenziert:
Es kommen nun neben den Strang von Ernst Ellert (wo und was) , jetzt noch Atlan und Erik (Topsid als handlungsebene bleibt) sowie Rico und Megh-Takarr (Wanderer?) hinzu
Insgesamt eine hervorrangenes Debüt, welches durch die Manoli-Ebene letzlich immer noch ein schönes GUT ist.
2) Schreibstil
Gerry Haynaly schreibt schnörkellos und zielorientiert. Das gefällt mir.
Allerdings hatte ich den Eindruck, dass er entweder sich unsicher war, ob das, was er ausdrücken möchte, wirklich auch so rüber kommt; oder es mag sogar ein Stilmittel sein: er wiederholt oft bestimmte Gedankengänge oder Positionen. Also das Novaal sich um seinen Sohn Sorgen macht, habe ich zumindest bereits beim zweiten Mal verstanden, und gewiss auch bei der dritten Erwähnung nicht vergessen. Aber fünf Mal oder mehr …?
Und das die beiden Kommandanten keine kriegsgeilen Eiferer sind, sondern durchaus ihre schwierige Situation kritisch betrachten, hatte ich – gerade weil so gut beschrieben – bereits beim ersten mal verstanden.
Dazu bedarf es kein zweites oder gar drittes Mal.
Also insgesamt viel Redundanz – und da läßt sich gewiss noch etwas dran feilen.
Eigentlich GUT, aber vielleicht auch OK? Mmh...
3) Was hat das Heft für die Staffel gebracht?
Eine Fülle – randvoll.
Jepp, es geht voran.
Sehr gut.
Schlußbemerkung:
An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich
Frank Borsch loben!
Dieses Mal hat der Expokrat einen Einstiegautor fett Futter gegeben.
Solche schwierige Aufgabe wie eine Weltraumschlacht ist ein heftiges Kaliber.
Aber dann - als „Sahnehäubchen“ - ihn eine der langerwarteten, tragenden Figur wie Atlan da Gonozal zur formalen Einführung zu geben, ist eine wirklich sehr nette Geste.
HH