Requien für ES

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Homer G Adams
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Re: Requien für ES

Beitrag von Homer G Adams »

@ Todd

Wandern
Nur zwei bis dreimal p r o Woche. Das ist ein Unterschied. Das mit der Kondition, ist gar nichts zu früher. Leider.

Schreiben
Ja durch das permanente Schreiben eine Stunde pro Tag bleibt man plotmäßig natürlich am Ball. Dabei kommen immer wieder neue Ideen bzw. Ergänzungen.

GA
Wusste nicht, dass du für die Galaktische Allianz immer noch schreibst. Hast in jedem Falle meinen Respekt dafür. :st:

Kampfsport und ‚miese Tricks’ :lol:
Der Trick hat es in sich. Dann müsstest du doch eigentlich ein Spezialist für Dagor sein. Atlan hat den höchsten Grad = Hochmeister. In Perrypedia müsste unter dem Begriff auch etwas über die Philosophie von Dagor zu finden sein. Ich glaube die ‚Erfinder’ von Dagor haben noch nie einen Kampfsport-Fight ausgetragen oder zugesehen. Die Erfinder waren lediglich Autoren. :lol:

Ja, ich kenne deine Akribie bei deinen Beschreibungen von Kampfszenen. Kann mich noch an ein beschriebenes Revolverduell erinnern… :unschuldig:

Story
Ja, erschaffe den Protagonisten in der Welt von Atlan und ES. Darauf wäre ich wirklich sehr gespannt. :st:

@ Elena + Sonnenwind + Todd

Freue mich darüber, dass ihr auch untereinander Posts austauscht. So muss ich nicht zu jedem Post meinen Sermon dazugeben und kann meine Schreibenergie auf die Storys konzentrieren.
Mein Ziel ist es durch nicht zu viele tägliche Bildschirmarbeit die sicherlich wieder kommende längere Schreibpause möglichst in die Zukunft zu verlegen.

Sorry deshalb wegen der oftmaligen Kürze meiner Antworten.
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Re: Requien für ES

Beitrag von sonnenwind »

@ Todd
Ich weiß ja seit Jahren, dass Du ein ganz lieber Zeitgenosse bist, aber Deine Kampfkunsttechniken klingen sehr martialisch. Dir kommt so leicht ( körperlich ) keiner krumm. :D
@ Homer
Wandern in freier Natur hält nicht nur körperlich fit, sondern macht auch den Kopf frei. Ich wünsche Dir eine langanhaltende stabile Gesundheit. :)
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Elena
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Re: Requien für ES

Beitrag von Elena »

Mach Dir keine Sorgen um uns, Homer. Wir wissen ja Bescheid.
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Todd
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Re: Requien für ES

Beitrag von Todd »

Elena hat geschrieben:Ah, ein Blick auf die Anfänge! Sehr kosmisch, sehr schön! :st:
Gilt für alle drei Teile. Bin gespannt, wie´s weitergeht, kann mich aber ja zum Glück hier noch eine Weile
"durchsuchten", bis auch ich weiterer Teile harren muss. :D :st:

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Re: Requien für ES

Beitrag von Todd »

Elena hat geschrieben:@Todd:
Der Trick ist ziemlich gut, aber ja, dummerweise merken die sich das für's nächste Mal. :lol:
Dank der Sparring-Ausrüstung können sie das ja auch. Der Trick ist übrigens nicht auf meinem M*** gewachsen, sondern
ich wurde durch die Sendung mit der Maus darauf gebracht, wo ein aufgewecktes Kind gefragt hatte, ob eigentlich auf allen
mittelalterlichen Burgen die Wendeltreppen Linksschrauben seien - und wenn ja warum.
Und da wurde dann erklärt, dass das in der Tat Absicht sei, weil bei einem Angriff der Verteidiger sich auf die Treppe zurückziehen
konnte und mehrere Vorteile hatte: Er konnte sich zur Treppe hin mit dem Schild decken und mit seinem rechten Arm
über das Geländer hinweg ausholen, währen der Angreifer, so er nicht Linkshänder war, mit seiner Waffe durch die Säule der Wendeltreppe ziemlich behindert wurde.

LG & Ad Astra

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Re: Requien für ES

Beitrag von Elena »

Todd hat geschrieben:
Elena hat geschrieben:@Todd:
Der Trick ist ziemlich gut, aber ja, dummerweise merken die sich das für's nächste Mal. :lol:
Dank der Sparring-Ausrüstung können sie das ja auch. Der Trick ist übrigens nicht auf meinem M*** gewachsen, sondern
ich wurde durch die Sendung mit der Maus darauf gebracht, wo ein aufgewecktes Kind gefragt hatte, ob eigentlich auf allen
mittelalterlichen Burgen die Wendeltreppen Linksschrauben seien - und wenn ja warum.
Und da wurde dann erklärt, dass das in der Tat Absicht sei, weil bei einem Angriff der Verteidiger sich auf die Treppe zurückziehen
konnte und mehrere Vorteile hatte: Er konnte sich zur Treppe hin mit dem Schild decken und mit seinem rechten Arm
über das Geländer hinweg ausholen, währen der Angreifer, so er nicht Linkshänder war, mit seiner Waffe durch die Säule der Wendeltreppe ziemlich behindert wurde.

LG & Ad Astra

Todd
Wow, ganz schön clever. Aber wieso hilft denn die Sparring-Ausrüstung beim Merken?
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Re: Requien für ES

Beitrag von Homer G Adams »

Teil 12

Ich zog eine Papyrusrolle aus der Faltentasche meines thessalischen Chitons und gab sie Sokrates. Er brach das Siegel, entrollte das Schriftstück und warf einen Blick drauf. Danach schüttelte er den Kopf.
"Ich kann dieses Geschenk Ihres Patrons nicht annehmen."

"Bitte nehmen Sie es! Mein Auftraggeber besteht darauf und glauben Sie mir, ich bleibe solange bei Ihnen bis Sie es akzeptieren. Ich soll ihnen sagen, dass Ihre philosophische und wissenschaftliche Arbeit für die Menschheit weit wichtiger ist, als ihre Bildhauerarbeit und jede Arbeit ihres Lohnes wert sei. Sie wissen doch, Jason wollte Ihnen eine Akademie einrichten, aber Sie lehnen jede diesbezügliche Idee ab."

Sokrates blickte mich immer wieder zweifelnd an und schüttelte den Kopf. Einen Augenblick befürchtete ich, dass er meine Maske durchschaute.

"Das Talent Silber nehme ich nur unter der Bedingung an, dass ich es als meine Rente betrachte. Wenn ich meine Bildhauerarbeit voll aufgebe, greife ich vielleicht darauf zurück. Im Moment arbeite ich noch etwa drei Tage in der Woche als Bildhauer. Dieses Wochenpensum reicht aus, um meine Familie und mich zu ernähren. Trotzdem wäre ich ein Narr, wenn ich das Geschenk total ablehnen würde. Wenn es Zeit ist, werde ich meinen alten Beruf ganz aufgeben und auf die Stiftung zurückgreifen. Sie ermöglicht meiner Familie und mir fast neun Jahre zu leben. Wenn ich nicht wüsste, dass Jason sein Vermögen regelrecht in den Schoß gefallen ist, würde ich es nicht annehmen. Ist dies so akzeptabel?"

"Ich werde meinem Patron darüber Bericht erstatten. Aber ich glaube, dass er Ihren Bedingungen zustimmt. Nur eines noch. Bitte halten Sie die Stiftung geheim und wenn die Leute sich später wundern sollten, von was sie leben - was spielt das für eine Rolle? Sie können immer noch behaupten, dass einige Gönner dieses Leben ermöglichen.

"Mir ist dies auch recht", stimmte Sokrates zu.

"Aber nun entschuldigen Sie mich bitte. Ich muss heute noch an einer Statue in meiner Werkstatt weiterarbeiten. Also bis heute Abend, zur sechsten Nachmittags-Stunde hier."
Sokrates nickte mir nochmals freundlich zu, steckte das Dokument immer noch kopfschüttelnd in eine Innentasche seines Chitons und verließ danach die Stoa. Ich konnte noch beobachten, wie einige seiner Anhänger ihn wieder umschwärmten, er wimmelte sie aber rasch ab. Ich selbst ruhte noch einige Zeit in der schattigen Halle und entschloss mich in der Nachbarstoa, der Königshalle, einem Gerichtsfall zuzuhören. Es ging um eine strittige Erbschaft und ich verlor bald das Interesse und verließ das Gebäude. Mein Ziel war das neuartige Badehaus.

Soviel ich wusste handelte es sich um das erste Bad dieser Art in Athen. Die Idee des Bades entstand in Kroton auf der italischen Halbinsel und breitete sich danach im südlichen italischen und sikilischen Griechenland immer mehr aus. Nun die Kolonisten verstanden es von jeher in einer höheren Wohnkultur, als die im hellenischen Mutterland, zu leben. Die Baupläne der neuen Villen, die sich neuerdings die Superreichen auf dem Musenhügel errichten ließen, stammten ursprünglich ebenfalls von dort.

Das neue Badehaus galt als teuer, bot allerdings einen Luxus den sich nur wenige Privatleute leisten konnten. Nach anfänglichem Zögern wurde es immer mehr von den Gutsituierten Bürgern benutzt und entwickelte sich langsam zu einem Treffpunkt, wie die Stoas oder die Agora.

Die neue Badeanstalt hatten die Stifter im Westen gleich hinter der Stoa Poikile erbauen lassen. Bei der Anlage handelte es sich um einen quadratischen Bau dessen Badebecken im offenen Innenhof lagen und von vier überdachten kleinen Säulenhallen begrenzt wurde. Es gab zwei Kaltwasser -, ein Warmwasserbecken und eine kuppelförmige Schwitzhalle. Die Umkleidekabinen und Massageräume lagen in den Säulenhallen. Unter dem großen Warmwasserbecken gab es mehrere riesige eiserne Heizkessel, die für das warme Wasser sorgten. Mehrere Sklaven hatten nur die Aufgabe, die Kesselöfen zu beheizen und die Warmwasserpumpe in das Becken zu bedienen.
Das kalte Wasser kam über eine Tonröhrenleitung aus dem nahen Brunnenhaus.

(Anmerkung Autor: Die Römer entdeckten diese Idee, unabhängig von den Hellenen, um 90 BC und entwickelten sie weiter zur Hypokaustheizung)


Infolge des ‚Untertauchens‘ von Jason konnte ich auf das Bad in seiner Villa auf dem Musenhügel nicht zurückgreifen und ich beschloss deshalb diese Anlage zu benutzen.
Als ich das Gebäude betrat, meinte ich als folge mir ein Schatten. Schon seit heute Morgen nach meinem 'Auftritt' vor dem Bouleuterion kam es mir so vor, als ob mich jemand beschattete. Ich beschloss vorsichtig zu sein.

Die Eintrittspreise waren ganz schön hoch, genau sieben Drachmen! Kein Wunder dass bei einem durchschnittlichen Tagesverdienst eines freien kleinen Handwerkers von etwa einer Drachme, sich diesen Luxus nur die Gutbetuchten leisten konnten. In diesem Preis war allerdings ein exklusiver Service enthalten. Meine Geldbörse hinterlegte ich an der Kasse in einen speziellen Safe. Anschließend schlenderte ich zu einer Umkleidekabine, zog mich aus, wickelte eines der bereitliegenden Badetücher um meine Lenden und legte meine Kleider in eines der Wäschefächer. Überall standen Badesklaven bereit ihre Hilfe anzubieten. Zuerst nahm ich das Angebot eines Masseurs wahr, der mich mit kundiger Hand bearbeitete, die Muskeln lockerte und entspannte.

Danach genoss ich zuerst das Bad im kalten Wasserbecken, dann im warmen und wechselte mehrmals die Becken. Es machte wirklich Spaß auf diese Art zu baden. Zum Schluss besuchte ich die Schwitzkuppel, die von einem riesigen Kachelofen erwärmt wurde. Die Hitze wurde über Hohlziegel die den Boden und die Wände bedeckten geleitet, während der Ofen von außen bedient wurde. Ein geniales Heizsystem. Im Innern des Raumes war es siedend heiß und um diese Zeit glücklicherweise noch ziemlich leer. Erst am Abend nach der Tagesarbeit strömten die Bürger und Metöken ins Bad, um sich noch kurz vor dem Deipnon oder Symposion, diesem luxuriösen Vergnügen hinzugeben. Ich setzte mich in eine Ecke auf einen Schemel mit dem Rücken zum Kachelofen und bald lief mir der Schweiß in Strömen den Körper hinab.

Nach einer schweißtreibenden halben Tagesstunde, verließ ich die Schwitzkuppel und begab mich nochmals zur Abkühlung in das Kaltwasserbecken. Immer mehr Besucher strömten nun in das Bad, da der Feierabend begann. Ich verließ das Becken und trocknete mich ab. Der Kleiderdiener brachte meinen Chiton zusammen mit dem Himation und half mir beim Ankleiden.

Die Dienste dieses Bades konnten sich wirklich sehen lassen und als Arkonide genoss ich natürlich den höheren Hygienestandard besonders gerne. Aber bei den Preisen schien dieser Service auch angemessen zu sein. Beide Bedienstete begleiteten mich zum Safe und ich ließ mir meine Geldbörse aushändigen. Wie erwartet fehlte nichts und ich gab jedem von ihnen eine Drachme, die sie routiniert entgegennahmen. Wahrscheinlich waren sie Drachmen als Trinkgeld gewohnt.

Kurze Zeit später stand ich wieder draußen. Auch zu dieser frühen Abendstunde war die Agora noch sehr belebt, da immer noch einige Läden geöffnet hatten. Die Marktstände der fliegenden Händler oder Bauern dagegen durften nur am Morgen benutzt werden.

Nachmittags flanierte, diskutierte und philosophierte der Bürger und Metöke. An den Gerichtstagen wie heute, tagten die Volksgerichte bis zum frühen Abend und zogen in den Säulenhallen und Gerichtshöfen unzählige Neugierige an. Im Moment wurden die Sitzungen beendet. Die Agora erfüllte eine quirlige Betriebsamkeit und in der Luft hing ein Stimmengewirr, das wie das Summen eines Bienenschwarms klang.

Irgendetwas stimmte trotzdem nicht. Mein durch Dagor gestärkter Sinn für Gefahren meldete sich wieder.

Die Bürger um mich sah ich nicht als das Problem an, das spürte mein sechster Sinn. Konzentriert blickte ich mich um, aber ich vermochte nichts wahrzunehmen.

„Die Gefahr kommt vom Hephaiston-Tempel!“, schrie mein Extrasinn in meinen Ohren.

Ich sprang blitzschnell zur Seite und stieß dabei einen Passanten um. Plötzlich hörte ich ein Geräusch, wie wenn irgendein länglicher und dünner Gegenstand die Luft mit großer Geschwindigkeit durchschnitt. Dort, wo ich noch vor einem Augenblick gestanden hatte, fuhr ein Pfeil durch die Luft und traf einen anderen Passanten in die Schulter.

Der Aufprall des Geschosses war so stark, dass der Mann vor Schmerz und Schreck schreiend zu Boden stürzte.
Überall erhob sich jetzt ein ängstliches Geschrei als ein weiterer Pfeil sirrend durch die Luft schnitt. Aus den Augenwinkeln heraus erkannte ich oben auf dem Hügel des Hephaistontempels die Gestalt eines skytischen Bogenschützens. Abermals reagierten meine im Dagor geschulten Kampfreflexe und ließen mich einen Hechtsprung hinter die Brunnenmauern des Leokoreion machen. Trotzdem war ich zu langsam und der Pfeil streifte mich am Arm und prallte an der Brunnenmauer ab. Ich spürte ein stechendes Brennen an dem linken Oberarm, verkniff aber den Schmerz, um mich auf den feigen Attentäter zu konzentrieren, der mir ans Leder wollte. Ein weiterer Pfeil zischte über den Brunnen, und traf einen weiteren Passanten in den Fuß.

Mittlerweile glich die Agora einem totalen Chaos. Überall schrieen die Menschen um Hilfe und sprangen in Deckung oder warfen sich zu Boden, um so keine Ziele zu bieten. Die skytischen Wachen am Rathaus reagierten endlich und legten Pfeile in ihre Bögen. Bevor sie in Richtung des Hephaistonhügels ihre Geschoße gegen den eigenen Stammesgenossen losließen, verschwand dieser im Gassengewirr des anschließenden Metallhandwerker-Viertels. Überall erhoben sich die Menschen vom Boden und drei Ärzte, die ihre Praxis in der Nähe hatten kamen den beiden Verletzten und mir zu Hilfe. Einer der Mediker öffnete seine Verbandstasche entnahm daraus einige Utensilien, säuberte meine Fleischwunde am Arm mit Alkohol, schmierte eine Heilsalbe aus Kräuter darauf und verband sie mit einer sauberen Leinenbinde.

"Da haben sie noch nochmals Glück gehabt, Thessalier!" meinte er.
"Das hätte schlimmer ausgehen können. Übrigens, ich habe zufällig das Geschehen auf der Agora beobachtet und ihre Bewegungsabläufe bewundert. Wo haben Sie das gelernt. Sind Sie ein Spezialkämpfer? Haben sie eine Medjay- Ausbildung? Wer möchte Sie beseitigen?"
"Viele Fragen auf einmal, Heiler! Übrigens eine ausgezeichnete Arbeit. Sie verstehen Ihr Handwerk. Der Schmerz verschwindet bereits. Ihre Heilsalbe hat es in sich. Aus was besteht sie?"
Der Arzt lächelte nur stoisch.

"Nun, verzeihen Sie, das würde hier auf der Straße wohl zu weit führen. Wenn Sie meine Praxis besuchen wollen, dort drüben liegt sie. Mein Name ist Philomenes. Am besten ist es Sie lassen sich einen Termin geben, da meine Praxis zurzeit sehr begehrt ist, weil ich einen genialen Kollegen zu Besuch habe. Merken Sie sich den Namen: Hippokrates von Kos. Er übertrifft meine Fähigkeiten schon jetzt, obwohl ich ihm um zehn Jahre Praxis voraus bin."
Der etwa vierzig Jahre alte Arzt, blickte mich neugierig an. Ich grinste.

"Gut, ich melde mich an, falls ich Sie benötige."
"Es würde mich freuen. Hier haben Sie noch etwas Salbe und einige Binden zum wechseln. Falls die Wunde sich entzündet kommen Sie sofort zu mir."

Philomenes gab mir einige Leinenbinden und eine kleine tönerne Salbendose. Ich nahm das Verbandsmaterial und die Heilsalbe dankend an.

"Was bin ich Ihnen schuldig?"
"Betrachten sie meine Behandlung als kostenlose Nothilfe."
"Das kommt überhaupt nicht in Frage. Hier nehmen Sie das Geld!" Ich gab ihm eine Tetradrachme. Er nahm sie zögernd an.

"Normalerweise würde ich das Geld nicht nehmen. Da für Sie die Drachmen anscheinend keine Rolle spielen, nehme ich das Silber an und werde dafür einen weniger begüterten Hilfebedürftigen kostenlos behandeln. Aber entschuldigen Sie, meine Arbeit ist hier getan und die Praxis wartet wieder."

Er schien es plötzlich eilig zu haben und nickte mir abschließend zu und ich erwiderte den Gruß. Während der Mediker zurück in seine Praxis ging wurde ich von den Agora- Besuchern regelrecht mit Fragen überschüttet. Eine Traube von Neugierigen bildete sich um mich. Fragen, Antworten, Gegenfragen, Diskussionen - mir wurde es bald zu dumm.

"Hören Sie mir alle zu. Sie haben den feigen Attentäter selbst oben auf dem Hügel beim Hephaistontempel gesehen. Ich habe keine Ahnung, wieso mich einer der Wächter umbringen wollte!"
"Das ist doch offensichtlich!" rief ein dicker Passant spöttisch, der mir schon heute Morgen, am Bouleuterion unangenehm auffiel.

"Ihr Auftritt vor dem Rathaus hat dem Skythen sicher nicht behagt. Die Barbaren sind sehr hitzig und rachsüchtig. Sie haben sich mit der Beleidigung des Wächters seinen Zorn und Hass zugezogen. Nun, Thessalier, die Antwort haben Sie bekommen."

Er lachte hämisch und fuhr fort: "Das kommt davon wenn Barbaren als Wächter angestellt werden.“ Er wetterte weiter gegen die Politik von Perikles.

Die hasserfüllte sonore Stimme des dicken Bürgers konnte man weit vernehmen und lockte immer mehr Passanten an. Viele applaudierten und die Stimmung roch immer mehr nach Aufruhr. Seltsam, wie sich die soziale Lage in der Stadt zugespitzt hatte. Noch vor einigen Jahren war das anders gewesen. Zumindest vermittelte mir diese Informationen die Prägung auf Jason.

"Seid Ihr alle von Sinnen! Wer sorgt überwiegend für die Staatseinnahmen oder wer vergibt die Seedarlehen für den Getreidehandel, der den Brotpreis niedrig hält? Die Erträge eurer dürftigen Äcker oder Güter reichen nicht mehr aus, um eure gewachsenen Ansprüche oder euren Getreidebedarf zu befriedigen. Ohne metökische Mitbewohner, denen ihr die Bürgerschaft verwehrt und die Ihr ständig beschimpft, müsstet ihr wieder, wie in den viel beschworenen 'heroischen Zeiten', kleinere Brötchen backen und von euren maßlosen Weltherrschaftsansprüchen zurücktreten. Die Metöken und die beiden unteren Bürgerschichten sind es, die euer bequemes Wohlleben, mit ihrer Hände Arbeit ermöglichen. "

Ich wusste im Nachhinein nicht welcher Teufel mich geritten hatte auf der Agora diese Rede zu schwingen.

„Du Narr hast dich wieder zu sehr als Jason identifiziert. Die attische Gesellschaft steht kurz vor einem sozial bedingten Bürgerkrieg oder einem heißen Krieg mit Sparta. Und du gießt noch Öl ins Feuer!“, giftete der Extrasinn durchaus berechtigt in mir.

In jedem Fall führte meine Rede dazu, dass die eine Hälfte der Bürgerschaft begeisterten Beifall klatschte, die andere Hälfte zuerst verdutzt reagierte, sich dann aber in eine rasende Furie verwandelte. Wahrscheinlich war die bürgerkriegsähnliche Stimmung tatsächlich wie der Logiksektor vermutete, in der Bürgerschaft latent vorhanden und suchte nun nach einem Ventil.

Die wütenden Anhänger der Oligarchie rotteten sich zusammen und bildeten so was Ähnliches wie eine Phalanx ohne Waffen. Sie reagierten auf die Provokation militärisch, weil sie es nun mal als Bürger-Hopliten so gelernt hatten.

Attika, zeigte sich wiederum als eine wehrhafte Republik! Die Gegenreaktion der anderen Fraktion, bestehend hauptsächlich aus den beiden unteren Schichten der Bürgerschaft, verhielt sich ähnlich. Auch sie bildeten um mich eine Gegenphalanx. Bevor die beiden Rotten aufeinander losgehen konnten, traten die skytischen Polizisten in Aktion. Unter der Führung der Militär- Archonten und des Tagesvorsitzenden der Prytanie, Theseus, fächerten die Bogenschützen aus und umstellten die Bürgergruppen mit schussbereiten Bögen.
Die mächtige Stimme des Ratsvorsitzenden erfüllte den gesamten Marktplatz.

"Jeder der eine feindselige Bewegung macht, wird sofort von der Hundertschaft skytischen Polizei verhaftet und unter Kriegsrecht abgeurteilt. Ist das klar!?"
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Re: Requien für ES

Beitrag von Todd »

Elena hat geschrieben:
Todd hat geschrieben:
Elena hat geschrieben:@Todd:
Der Trick ist ziemlich gut, aber ja, dummerweise merken die sich das für's nächste Mal. :lol:
Dank der Sparring-Ausrüstung können sie das ja auch. Der Trick ist übrigens nicht auf meinem M*** gewachsen, sondern
ich wurde durch die Sendung mit der Maus darauf gebracht, wo ein aufgewecktes Kind gefragt hatte, ob eigentlich auf allen
mittelalterlichen Burgen die Wendeltreppen Linksschrauben seien - und wenn ja warum.
Und da wurde dann erklärt, dass das in der Tat Absicht sei, weil bei einem Angriff der Verteidiger sich auf die Treppe zurückziehen
konnte und mehrere Vorteile hatte: Er konnte sich zur Treppe hin mit dem Schild decken und mit seinem rechten Arm
über das Geländer hinweg ausholen, währen der Angreifer, so er nicht Linkshänder war, mit seiner Waffe durch die Säule der Wendeltreppe ziemlich behindert wurde.

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Todd
Wow, ganz schön clever. Aber wieso hilft denn die Sparring-Ausrüstung beim Merken?
Naja, wenn man tot ist, ist die Merkfähigkeit höchstwahrscheinlich ziemlich eingeschränkt.
Und die Sparring-Ausrüstung sorgt eben dafür, dass man nach einem schweren Treffer auf den Kopf nicht tot ist. :)
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Re: Requien für ES

Beitrag von sonnenwind »

@ Homer
Teil 12 wieder toll! :st: Spannend das Attentat des Bogenschützen und die Folgen davon. Auch den Bezug zu Hippokrates von Kos klasse dargestellt bzw.die Einbeziehung historischer Persönlichkeiten, wie z.B. auch Sokrates gelingen Dir einfach super. :st:
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Re: Requien für ES

Beitrag von Homer G Adams »

sonnenwind hat geschrieben:@ Homer
Teil 12 wieder toll! :st: Spannend das Attentat des Bogenschützen und die Folgen davon. Auch den Bezug zu Hippokrates von Kos klasse dargestellt bzw.die Einbeziehung historischer Persönlichkeiten, wie z.B. auch Sokrates gelingen Dir einfach super. :st:
Danke für das Lob Sonnenwind. :D

Ja die Einbezugnahme der historischen Persönlichkeiten ist glatte Absicht. ;)

In der Jason-Handlungsebene kommen noch zwei bekannte Persönlichkeiten, die teilweise Teil der Handlungsebene werden.

Allerdings nicht nur Persönlichkeiten, sondern eben auch sozialhistorische Elemente. Beispielsweise der kommende ‚30.Jährige Krieg’ mit Sparta nur fünf Jahre später oder der momentane ‚Kalte Krieg’ mit Sparta, dann die wie im Rom der Alten Republik 500 BC – 25 BC der stetige vorhandene Konflikt der unterschiedlichen Klassen, die immer wieder zum Bürgerkrieg führen.

Diese ‚moderne’ Szenario war natürlich ständig vorhanden.
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Re: Requien für ES

Beitrag von Elena »

Todd hat geschrieben:
Elena hat geschrieben:
Todd hat geschrieben:
Elena hat geschrieben:@Todd:
Der Trick ist ziemlich gut, aber ja, dummerweise merken die sich das für's nächste Mal. :lol:
Dank der Sparring-Ausrüstung können sie das ja auch. Der Trick ist übrigens nicht auf meinem M*** gewachsen, sondern
ich wurde durch die Sendung mit der Maus darauf gebracht, wo ein aufgewecktes Kind gefragt hatte, ob eigentlich auf allen
mittelalterlichen Burgen die Wendeltreppen Linksschrauben seien - und wenn ja warum.
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konnte und mehrere Vorteile hatte: Er konnte sich zur Treppe hin mit dem Schild decken und mit seinem rechten Arm
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Wow, ganz schön clever. Aber wieso hilft denn die Sparring-Ausrüstung beim Merken?
Naja, wenn man tot ist, ist die Merkfähigkeit höchstwahrscheinlich ziemlich eingeschränkt.
Und die Sparring-Ausrüstung sorgt eben dafür, dass man nach einem schweren Treffer auf den Kopf nicht tot ist. :)
Ups, so war das gemeint. Ja, Tote sind nicht mehr lernfähig, da hast Du Recht! :devil:
Ein bisschen gesunder Menschenverstand, Toleranz und Humor - wie behaglich es sich dann auf unserem Planeten leben ließe.
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Re: Requien für ES

Beitrag von Elena »

Wow, tolle Geschichte, Homer. Ich hoffe mal, Atlan kommt nach dem Auftritt der Polizei da wieder heil heraus, obwohl ich mir da doch schon ziemlich sicher bin. :D
Ein bisschen gesunder Menschenverstand, Toleranz und Humor - wie behaglich es sich dann auf unserem Planeten leben ließe.
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Re: Requien für ES

Beitrag von Homer G Adams »

Elena hat geschrieben:Wow, tolle Geschichte, Homer. Ich hoffe mal, Atlan kommt nach dem Auftritt der Polizei da wieder heil heraus, obwohl ich mir da doch schon ziemlich sicher bin. :D
Moin Elena,

Da hast du wahrscheinlich Recht. :devil:
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Re: Requien für ES

Beitrag von Homer G Adams »

Teil 13


Bericht Jason von Acharnai
436 BC

Immer noch Gedankenversunken verließ ich die Tempelanlage durch die Propylen und spürte jeden Schritt, als hätte ich einen talentschweren Bleiklumpen an jedem Fuß.
Draußen sprach mich ein Jugendlicher von etwa fünfzehn Jahren an, der mich anscheinend erwartet hatte.

"Sind Sie Jason von Acharnai?"

Ich blickte den Jungen feindlich an, denn er wagte es mich aus meinem selbstvergessenen Zustand herauszuholen.

"Entschuldigen Sie, ich kann Ihr Misstrauen verstehen, aber ich heiße Aristophanes(https://de.wikipedia.org/wiki/Aristophanes) und soll Ihnen sagen, dass Athen nicht an einem Tag erbaut worden ist."

Langsam erwachte ich aus meinem tranceartigen Zustand und betrachtete den Jungen mit plötzlich wachen Augen genauer. Hoch gewachsen und mit schwarzen Haaren versehen trug er den Chiton wie fast alle Jugendlichen sehr kurz und leger. Er besaß muskulöse Beine und Arme und offenbarte den Sportler. Der junge Aristophanes hatte den Kode genannt, welcher ihn als Mitglied des hiesigen attischen Spionagedienstes der ‚Eulen’ auswies.

"Nein, Athen ist nicht an einem Tag erbaut worden, aber welcher Spruch prägte vor zehn Jahren der Pheidias?"
"Tausend Jahre sind wie ein Tag!"

"Gut, ich kann dir offensichtlich vertrauen. Dann walte deines Amtes und informiere mich über den momentanen Stand der Ermittlungen. Beantworte meine Frage, wieso ein so junger Mann wie du, mein Informant und mein lokaler Führer sein kann?"

Aristophanes lächelte mich spöttisch an. Langsam kehrte ich in die gewohnte Realität zurück. Ich spürte auch, wie die bleischwere Müdigkeit, die seit der Zerotraumreise (https://www.perrypedia.proc.org/wiki/Zerotr%C3%A4umer ) auf meinem Körper lastete, langsam wieder der gewohnten Spannkraft eines trainierten Kriegerkörpers in den besten Jahren wich.

"Ich bin der Sohn des Philippos von Kydathene. Mein Vater, der dem Ritterstand angehört, besitzt hier auf der Insel einige größere Güter und meine Aufgabe besteht zurzeit darin, diesen Besitz, na sagen wir mal 'kennen zu lernen'. Dabei hasse ich Landarbeit und schreibe in jeder freien Minute an meiner ersten Komödie."

"Du willst Komödiendichter werden?" fragte ich erstaunt und gleichzeitig voller Faszination. Ich verehrte schon immer die Jünger der Musen.

"Dies ist mein großes Ziel und ich möchte den von mir verehrten Kratinos (https://de.wikipedia.org/wiki/Kratinos) so schnell wie möglich mein erstes Werk zeigen. Aber als Sohn eines attischen Großgrundbesitzers ist dies nicht so einfach, schließlich wird in diesen Kreisen erwartet das Erbe der Väter weiterzuführen und wenn möglich zu mehren. Ich habe bei Perikles in dieser Sache vorgesprochen, mein Freund Alkibiades verschaffte mir einen Termin und bat den großen Strategen in der Volksversammlung ein Gesetz durchzubekommen, der es auch genial veranlagten Minderjährigen erlaubt, ein Theaterstück im eigenen Namen aufführen zu lassen.
Nun, Perikles schaute mich groß an, lachte dann und meinte, dass Alkibiades einen guten Vorschlag gemacht habe, indem ich während meines sechsmonatigen Aufenthalt auf Aigina als Spion des Perikles große Verdienste für Athinai erwerben könnte. Anschließend spräche man noch einmal über meinen Wunsch."

"Du bist ehrlich zu mir Aristophanes!“ Ich hatte Mühe nicht lauthals loszuprusten, aber ich wollte den jungen Mann nicht bloßstellen, immerhin schien er ein aufgeweckter Bursche mit großer Fantasie zu sein. Allein dieser Umstand machte ihn mir auf Anhieb sympathisch.
„Ich kann jetzt auch verstehen, wieso du mir als Mittelsmann dienst. Deine Bildung ist sicher sehr umfassend!"

Der Junge blickte mich geschmeichelt an, auf der anderen Seite konnte er sich nicht sicher sein, ob ich ihn auf die Schippe nahm.

"Ich danke dir für diese Worte Jason und weiß sie von einem Mann der längst zur Legende geworden ist, richtig einzuschätzen. Besonders deine jüngste Tat, mit dem Bogen gegen die Phantomtriere anzugehen, hat mich besonders beeindruckt."
"Was, du weißt schon davon?" fragte ich entgeistert. Der junge Dichter meinte lächelnd:
"Bevor ich dazu mehr sage, bitte ich dich mir zu folgen. Hier vor den Propylen des Aphaiatempels ist es mir zu riskant. Dort kommen die ersten Besucher und überall könnten uns die Dunklen Assassinen auflauern."

Aristophanes schulterte eine Provianttasche und marschierte los. Er folgte einem kleinen Bergpfad, der sich den Aphaia-Hügel hinunter wand. Wohl oder übel musste ich ihm folgen. Durch den nach Harz duftenden Pinienwald ging es in Serpentinen abwärts. Der Pfad erwies sich zwar als steil aber gut begehbar, zumal wir beide feste Wanderschuhe anhatten, die das Gehen erleichterten. Nachdem wir den Grund des schattigen Hügels erreicht hatten, wandte sich der Pfad wieder leicht aufwärts in Richtung des zentralen Hochplateaus. Er führte immer durch den umfangreichen stark duftenden Pinienwald.

Nach einiger Zeit erreichten wir abermals die Höhe des Hochlandes und hier ging der Wald in eine Mischlandschaft aus Pinien und Skinabüsche über, die sich mit kargen Bergwiesen abwechselten. Immer wieder kamen wir an Hirten vorbei, die sich um uns aber nicht weiter kümmerten.

Auf einer von einer Eiche gekrönten Anhöhe, von der wir weit in die Bergwiesen und Pinien oder die Buschlandschaft hinaussehen konnten, hielt Aristophanes zu einer Rast an. Bevor er sich den Schatten der Eiche niedersetzte und sich eine Vesperpause gönnte blickte er aufmerksam nach allen Richtungen. Auch ich sah mich um und musste feststellen, dass drei Männer in größerer Entfernung unserer Spur folgten, aber sofort in einer Senke unseren Blicken entschwanden, als sie erkannten, dass wir auf dem Hügel Ausschau hielten.

Der junge Athener schien aber nicht beunruhigt zu sein. In aller Ruhe packte er sein Vesper aus, das aus einigen Zutaten bestand und gab mir die Hälfte. Diese wurden üblicherweise in frische Weinblätter verpackt und danach nochmals in ein leinenes Vespertuch eingewickelt. So blieb das Vesper ziemlich lange frisch. Anschließend aß er das mit jetzt Ziegenkäse, Zwiebelscheiben, gehacktes und heute früh gegrilltes zu einem kleinen Fladen geformte Hammelfleisch
(Anmerkung Autor: Die Römer besaßen bereits Bouletten, die Hellenen sicherlich auch. Ich vermute es einfach mal :lol:)
und Knoblauch/Olivenpaste belegtes zu einer Teigtasche geformte Fladenbrot mit sichtlichem Genuss. Dazu trank er einige Schlucke mit leichtem Wein versetztes Wasser aus einem Ziegenleder-Schlauch. Auch ich formte das Brot mit Belag zu einer Teigtasche und ließ es mir schmecken, konnte allerdings meine Unruhe, wegen unserer Verfolger nicht ganz unterdrücken. Aristophanes beendete seelenruhig seine Mahlzeit und wandte sich aus dem Mund nach Knoblauch riechend an mich.
"Du wunderst dich über meine Ruhe hinsichtlich der Verfolger?"
Als ich gespannt nickte lächelte er nur. Wahrscheinlich stank auch ich nach dem Knoblauch. Aus der Zeit des Alten Romet-Reiches wusste ich, dass die Arbeiter, welche die Pyramiden unter meiner Anleitung bauten, hauptsächlich von Zwiebeln, Knoblauch und Fladenbrot lebten.

"Ich verlasse mich ganz auf deine Kampfkraft, schließlich bist du ein Weitgereister Abenteurer und großer Krieger. Wie ich sehe trägst du einen Dolch. Auch ich selbst besitze einen und kann mich gut verteidigen. Wieso also sollen mich drei Verfolger beunruhigen?"
"Hm", überlegte ich laut, " dein Vertrauen in unser Verteidigungsvermögen in allen Ehren Junge, aber die Verfolger scheinen sehr geschickt und erfahren zu sein. Nun wir werden sehen. Aber nun heraus mit der Sprache. Was wolltest du mir schon seit geraumer Zeit berichten?"

Der junge Dichter ließ sich Zeit und genoss es wohl, mich, den er sicherlich aus den über meine Abenteuer kursierenden Gerüchten bewunderte, aber eindeutig zu hoch einschätzte, warten zu lassen. Zumindest was meine Abenteuer anging lag er falsch.

Viele wurden übertrieben dargestellt, aber so funktionierte nun mal eine gut organisierte Massengesellschaft. Sie liebte Geschichten über Andere, zumal wenn sie zu Lasten eines Außenseiter wie mich gingen, der sich selbst vom Aussehen her von der Norm unterschied. Vielleicht würde ich meine Abenteuer total falsch dargestellt, in irgendeiner Komödie eines Musendichters wieder finden. Aristophanes blickte mich zur Abwechslung einmal ernst an.

"Über die Struktur unserer Spionagezelle erzähle ich dir aus Gründen der Geheimhaltung nicht viel. Denn je weniger ein Spion von seiner Organisation weiß, desto weniger kann er im Falle einer Gefangennahme ausplaudern."
"Eigentlich wollte ich von dir keinen Anfängerunterricht über Geheimdienstmethoden hören", meinte ich langsam gelangweilt.

"Bei Athene! ich komme ja schon zum Wesentlichen. Wir haben herausbekommen, dass die Spartaner zusammen mit einer aiginetischen Geheimorganisation, eine regelrechte Verschwörung gegen Attika planen. Ein überraschender Angriff ist gegen den Peiraeus und Athen selbst geplant. "

"Ist das alles was Ihr herausbekommen habt? Wer steckt dahinter, was planen sie genau? Ist mein Großvater einer der Drahtzieher? Lasse dir doch nicht die Einzelheiten aus der Nase ziehen, Junge!" meinte ich langsam ungeduldig.

Der junge Aristophanes verlor sein Phlegma.

"Du lässt mich nicht ausreden. Was deinen Großvater angeht, so haben wir leider die Befürchtung, dass er tatsächlich einer der Hintermänner sein könnte."
"Das kann ich mir vorstellen!“ meinte ich grimmig. „Ist seine oligarchische Partei immer noch so mächtig und gegen die attische Demokratie eingestellt?"
"Leider hat dein Großvater seine Meinung nicht geändert und ist in der Tat noch antidemokratischer geworden. Auf jeder Bürger-Vollversammlung, wettert er vehement gegen die periklesische Politik und den athenischen Imperialismus."

"Nun", meinte ich. "Den letzten Punkt des Imperialismus kann ich sehr gut verstehen und stimme Periander voll zu. Ich habe diesen Punkt dem alten Strategen Perikles schon mehrmals unter die Nase gerieben. Leider verändert er seine Meinung nicht in dieser Angelegenheit. Er ist der Ansicht, dass nur so die staatlichen Finanzen in Ordnung gehalten werden können. Leider befürchte ich, dass dieser Imperialismus ganz Hellas in einen furchtbaren Krieg stürzt. Aber wir werden versuchen, dies solange wie möglich hinauszuzögern."

"Deine Meinung irritiert mich etwas", wunderte sich der junge Aristophanes.
"Perikles hat doch recht. Nur die Mitgliedszahlung an die Bundeskasse auf der Akropolis ermöglicht Athen seine dreihundert Trieren und dreizehntausend Hopliten zu finanzieren“.

"Junger Freund, oberflächlich gesehen hast du natürlich Recht. Alle Hellenen, ob Freund oder Feind, denken über dieses Thema ähnlich. Natürlich gönnt vor allem Sparta, Korinth und Theben, dem übermächtig gewordenen Athen, die riesigen Beiträge von jährlich fünfhundert Silber-Talenten nicht. Nun eigentlich verwundert es mich auch nicht, dass du so denkst. Du hattest sicher einen sophistischen Lehrer und diese sind nicht in der Lage, kritisch und langfristig zu denken. Sie vermitteln eine hohe Bildung gewiss, machen aus euch Jungen, hervorragende Rhetoriker und Politiker für die Agora, aber keine langfristigen, tief schauenden strategischen Denker!"

"Jason, entwickelt du dich etwa zu einem Anhänger von Sokrates?"

Ich grinste meinen jungen Freund nur wissend an.

"Wir sind nicht in einer Stoa auf der Agora und haben wahrlich andere Sorgen. Im Gegensatz zu euch Stoiker und Künstler bin ich ein Pragmatiker. Je älter ich werde und meine beiden Haarsträhnen immer silberner, desto mehr entwickele ich mich zu einem Pragmatiker neuen Stils. Also erzähle mir bitte alles, was du über unseren Auftrag sonst noch weißt."
"Du siehst mit deinem halben silbernen Haar und der Rottönung deiner Augen wirklich fremdländisch aus. Ob die Gerüchte wohl stimmen, dass dein Großvater wirklich dieser westliche Prinz gewesen sein könnte, der wie einige meinen, durchaus mit dem mysteriösen und geheimnisvollen Zeitenwanderer identisch sein könnte? Seit die Ägypter und wir Völker am Mittleren Meer eine Schrift haben, lassen sich seine Spuren sogar dokumentarisch verfolgen. In Naukratis sammeln hellenische Schriftgelehrte die Daten über ihn. Ägypten scheint er besonders oft besucht zu haben.“
„Aristophanes!“ drohte ich nur. Der gewitzte junge Mann zuckte zusammen, seufzte und fuhr fort:
„Wie gesagt, wir haben deinen angeblichen Großvater Periander in Verdacht der Hauptverschwörer auf der aiginetischen Seite zu sein. Unsere Vermutung wurde vor allem durch die Informationen, die Helena beigesteuert hat, begründet. Oh Verzeihung, ich wollte keine geheime Quellen nennen..."

"Welche Helena? Du meinst doch nicht...Moment, natürlich! Jetzt bemerke ich, dass ich mehr als acht Jahre Aigina nicht mehr besucht habe, Meine Wahlverwandte, das Mündel des Perianders müsste wohl anfangs zwanzig sein."

Aristophanes meinte spöttisch: "Genau mein Lieber! Sie ist exakt einundzwanzig Jahre alt und immer noch nicht verheiratet. Viele meinen, dass sie auf dich wartet..."
Ich wurde vor Verlegenheit rot. Der junge, altkluge angehende Dichter lachte meckernd.
Vor meinem geistigen Auge tauchte ein lockenköpfiges hübsches Mädchen auf, das einen mehr als zehn Jahre älteren Wahlverwandten, schwärmerisch bewunderte. Aber aus dem Mädchen, war eine 21-jährige junge Frau geworden!
"Wie, wie sieht sie aus...?" Aristophanes schien zu träumen.

"Heh ich habe dich was gefragt! Du siehst wohl schon einen Stoff für deine erste Komödie." Ich schlug ihm freundschaftlich aber hart mit meiner rechten Hand auf seine linke Schulter. Das zeigte Wirkung, denn er kam von seiner Rosawolke herunter.
"Hm, eine tolle Frau! Braunes, langes Haar, eine bewundernswürdige Figur, besonders...."
"Jetzt reicht es!" schimpfte ich lachend. " Du bist noch viel zu jung für solche Blicke und Gesten."
Jetzt sah mich der angehende Komödiendichter doch etwas merkwürdig an.
"Du bist tatsächlich an ihr interessiert. Nicht zu fassen!"

"Schluss jetzt! Wie kommt es, dass Helena für euch spioniert? Ich sage es gleich, das gefällt mir überhaupt nicht!"
Der junge Spion in Diensten Athens wurde ernst.

"Helena hat den gleichen Grund wie ich. Sie beabsichtigt so schnell wie möglich, Aigina, das permanent seiner grandiosen Vergangenheit nachtrauert, zu verlassen und in der Weltstadt Athen neu zu beginnen. Dein aristokratischer Großvater möchte sie andererseits ‚gewinnbringend’ nach Syrakusai unter die Haube bringen. Bislang biss er allerdings bei ihr auf Granit. Perikles sagte allen athenischen Topspionen zu, in Attika für eine neue Existenz zu sorgen. Auch Frauen!"
"Das fehlt gerade noch, dass sich der alte Schwerenöter um Helena kümmert, dann kommt sie nur vom Regen in die Traufe. Nein, ich kümmere mich um sie!"
Aristophanes blickte mich ernst an.

"Ich freue mich wirklich für Helena, dass du dich endlich um sie kümmern willst, aber was ist mit deinem, hm, Großvater?"
"Keine Sorge, sobald dieses Abenteuer hier beendet ist und der alte Fuchs, diese Verschwörung politisch und privat überleben sollte, dann werde ich mit ihm schon fertig werden. Aber was ist mit dir, würdest du dich nicht ebenfalls über einen athenischen Mentor hinsichtlich deiner Ambitionen als Komödiendichter, freuen? Vorausgesetzt, du lässt Helena in Ruhe und betrachtest sie als große Schwester?"

Aristophanes der so gerne Dichter werden wollte, allerdings von seinem Vater dazu nie die notwendigen finanziellen Mittel erhalten würde, blickte mich mit großen Augen an.
"Du meinst das ernst?"
"Natürlich! Immer vorausgesetzt, du informierst mich endlich weiter, über unseren Auftrag."
Der junge Mann fing sich schnell wieder und meinte locker:

"Da gibt es nicht mehr viel zu berichten. Auf dem Hellanion sollen wir einen Informanten treffen. Wir sind auf den Weg dorthin. Ab jetzt übernimmt der große Jason von Acharnai die Ermittlungen."

"Hm", meinte ich und überhörte den Spott, "das ist wirklich nicht viel. Aber Perikles sagte mir, dass die Ermittlung in diesem Fall noch im Anfangstadium sei. Er selbst nahm die Angelegenheit aber sehr ernst. Nun gut. Auf, junger Freund. Genug der Pause und des Plausches. Vielleicht können wir die Verfolger abhängen! Zeige mir mal wie gut du in Form bist. Also eile voran. Ich werde trotz meines Alters jedes Tempo mitgehen."

Aristophanes grinste, verstaute seinen jetzt leeren Proviantbeutel am Gürtel und schulterte das Ziegenleder mit Wein versetzte Wasser. Er blickte zu mir hinüber und bemerkte, dass ich bereit war. Danach begann er trotz der Hitze einen schnellen Trab. Ich lächelte in mich hinein und begann das Abenteuer langsam zu genießen. Mühelos folgte ich dem jungen Athener. Wir waren beide gespannt, ob unsere Verfolger unserem hohen Tempo folgen konnten.

Was jetzt begann entwickelte sich zu einem schnellen Marsch und immer wieder abwechselnd zu einem Lauf, quer über das Hochplateau in Richtung des höchsten Berges der Insel. Konnten wir anfangs noch kleine Pflanzungen mit Olivenbäumen sehen, so wurde dies bald anders. Die Landschaft wurde immer wilder und steiler. Gebüsch und ausgedörrte Bergwiesen ließ die Vegetation nur noch zu. Immer wieder warfen wir Blicke zurück und mussten zu unserem Leidwesen feststellen, dass uns die Verfolger hartnäckig auf den Fersen blieben. Sie hatten es längst aufgegeben sich verstecken zu wollen.

Langsam ließ auch unsere Kondition nach und unsere Pausen wurden immer länger. Ich fragte mich wie es die Athener Hopliten vor fünfundfünfzig Jahren geschafft hatten, mit voller Kampfausrüstung die lange Strecke zwischen Marathon und Athen in wenigen Stunden zu bewältigen. Aber es musste stimmen, denn mein attischer Lehrmeister hatte es mir bestätigt und auf seinen Vater verwiesen, der daran beteiligt war. Er meinte damals wir Jungen seien verweichlicht, infolge des großen Wohlstandes heutzutage...

Mittlerweile störte es uns nicht mehr, ob unsere Verfolger uns überfielen oder nicht. Wir provozierten regelrecht solche Gelegenheiten, aber die Unbekannten hielten immer einen gleichen Abstand. Schließlich passierten wir ein kleines Dorf auf einem Hochtal und genossen bei unserem Aufstieg zum Berg Hellanion hinauf einen herrlichen Ausblick über die Bucht von Marathona und den Saronikós Kolpós in Richtung Peloponnes.

Der Bergpfad wurde so schwierig, dass wir auf jeden Schritt achten mussten, um nicht abzustürzen. Der Weg wand sich etwa eine Meile steil nach oben. Nach einer Stunde erreichten wir endlich unser Ziel: das Gipfelplateau.

Auf dem Hellanion, dem höchsten Berg Aiginas, soll der ferne Vorfahre des Perianders, König Aiakos, nach einer langen Dürreperiode Zeus um Regen gebeten haben. Der Göttervater erhörte die Bitte und aus Dankbarkeit baute Aiakos ein Heiligtum zu Ehren des Gottes. Nach dem Untergang der Achaier verfiel der Tempel und heutzutage gab es hier oben nur einen kleinen Altar der von Säulen umgeben und überdacht war. Auch in unseren Tagen beteten die Pilger und vor allem die Nachkommen des Aiakos, die Aiakoniden, zu der auch der Gen meines Großvaters gehörte, zu dem legendären Vorfahren und zu Zeus Hellanios.

Ich fragte mich allerdings spöttisch, wie die Nachkommen des Aiakos überlebt hatten, zumal die Insel nach dem Fall der alten Achaischen Burgstädte nach dem Trojanischen Krieg, eine Zeitlang unbewohnt blieb. Nun, die Aiakoniden hatten auch darauf eine Antwort. Die alten Überlieferungen, Dokumente gab es damals noch nicht, verkündeten in Lieder, dass die letzten Aigineten nach Epidavros auswanderten. Nachdem die hellenische Völkerwanderungen der Dorer, Ionier und Äoler zu Ende ging, die Insel neu besiedelten. Ihre Anführer seien wieder die Aiakoniden gewesen. Eine schöne Geschichte, aber ob sie wahr war, wer konnte das heutzutage noch sagen? Die führenden adeligen Geschlechter der Insel bezogen sich halt gerne auf den sagenhaften König.

„Vielleicht der Zeitenwanderer, von dem die Sagen berichten“, meinte Meta spöttisch in meinem Kopf. „Ob du es wahr haben möchtest oder nicht. Von der Logik her, ist der westliche Prinz dein wahrer Großvater und nach Abwägung aller mir vorliegenden Daten ist er wirklich der unsterbliche Zeitenwanderer. Spätestens nach der zweiten Schulungsphase zum Medjay des Ordens auf der Tabora, wirst du es genau wissen, Hellene.“
„Der mysteriöse Zeitenwanderer ist nur ein Mythos“, ärgerte ich mich. Irgendwie hätte ich Periander gerne als Großvater. Er war greifbar, im Gegensatz zu dem weißhaarigen Liebhaber meiner halbägyptischen Großmutter.

„Natürlich ist er kein Mythos, Hellene“, ätzte Meta in mir, den ich manchmal auch Logiksektor, Zweitbewusstsein oder Extrasinn nannte. Diese Begriffe tauchten in mir immer wieder auf. Nun denn…

Auf dem Hochplateau gab es die Reste eines Wachtturms. Nachdem das attische Reich Aigina erobert hatte, bestand der Sieger im Friedensvertrag auf der Schleifung des Turms. Denn von hier aus hatte man bei klarem Wetter einen unvergleichlichen Blick über den gesamten Kolpós, bis zu den Berghängen des Peloponnes, Akrokorinth, Peiraeus und Kap Sounion. Als adoptiertes Mitglied des Gens der Aiakoniden kam ich meiner religiösen Pflicht nach und betete vor dem kleinen Altar zu dem legendären Urahnen und zu Zeus Hellanios.

„Wieso betest du immer noch zu den Göttern, obwohl du genau weißt, dass sie höchstens paramentale mit Bewusstsein oder KI beseelte Artefakte von Entitäten sind, die uns lediglich in der Weisheit und im Wissen voraus sind“, monierte Meta in meinen Gedanken.
„Das verstehst du nicht, künstliches Mentalkonstrukt! Etwas Spiritualität ist immer gut. Außerdem könnte es noch eine zweite Bewusstseinsevolution geben, die der Natur. Indische Sagen und Weisheitslehren berichten davon. Sie nennen sie die Devas.“

Ein Todesschrei beendete meine Andacht und unseren mentalen Dialog. Wahrscheinlich entging ich so einem weiteren sarkastischen mentalen Kommentar von Meta. Er hatte ja Recht. Meine erste Ausbildungsstufe auf der Tabora dieser ‚Insel’ in der Raumzeitfalte machte mich bereits zu einem wissenschaftlich denkenden Menschen, der allerdings der Spiritualität durchaus noch Raum im Denken ließ.
Ich hörte Aristophanes nach mir rufen.

"Jason, komm sofort!" Ich sprang auf und rannte mit hoher Geschwindigkeit in Richtung des Schreis. Etwas unterhalb des höchsten Punktes des Plateaus gab es einen Olivenbaumhain. Dort lag ein blutüberströmter Mann. Er musste tot sein. Offensichtlich handelte es sich um einen Krieger, denn er trug unter der Wanderkleidung ein persisches Kettenhemd und ein attisches Kurzschwert in der Hand. Aber dies hatte ihm alles nichts geholfen, denn die tödliche Klinge war ihm in den Hals gefahren. Aristophanes selbst verteidigte sich gegen drei Männer, die ihn gerade in tödliche Bedrängnis gebracht hatten. Ohne Überlegung griff ich die Angreifer an. Wieder bemerkte ich, wie etwas Fremdes ein Daimon in meinem Bewusstsein die Oberhand gewann und mich in einen gnadenlosen Kämpfer verwandelte.

„Das ist das Dagor, du Narr!“ höhnte Meta wispernd in meinen Ohren. „Nach der zweiten Schulung zum Medjay des Ordens auf der Tabora wirst du ein Großmeister in dieser meditativen Kampfsportart sein.“
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Re: Requien für ES

Beitrag von sonnenwind »

Teil 13 :st:
Der junge Spion Aristophanes gefällt mir und auch Jasons Disput mit Meta, seinem "Extrasinn", über Spiritualität.
Und nun mal abwarten, wie der Kampf von Jason und Aristophanes mit ihren Verfolgern ausgehen wird. ;)
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Elena
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Re: Requien für ES

Beitrag von Elena »

Ich kann mich sonnenwind da nur anschließen, frage mich aber auch, wer diese Verfolger/Angreifer denn eigentlich sind.
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Re: Requien für ES

Beitrag von Homer G Adams »

@ Elena und Sonnenwind

Danke für das Lob und die Kommentare :D

Ob wir im nächsten Teil schon raus finden werden, wer die geheimnisvollen Verfolger + die Angreifer sind? Mal abwarten :D

Sonnenwind deine Frage bzgl. Spiritualität…

Nun, ursprünglich sollte der Hellas-Roman ein stark angehauchter spiritueller Roman werden. Jason sollte ein spirituell interessierter und erlebender ‚Decius Caellius Metellus werden (Siehe SPQR-Reihe von Maddox https://www.buechertreff.de/buchreihe/1 ... ihenfolge/)

Allerdings nicht spielend im ersten Jahrhundert BC in Rom zur Zeit Caesars, sondern halt im 5. Jahrhundert BC in Hellas.

Ergo machte ich halt Jason zum Enkel von Atlan und ließ diesen im Perryversum agieren. Aus Spiritualität mache ich Psionik und geistige Entitäten, verweise aber immer wieder darauf, dass wie der Autor selbst davon überzeugt ist, dass wir von Spiritualität umgeben sind. Ich mache halt aus der Anderswelt den Hyperraum.
:devil:
Schauen wir mal, wie das Ganze weitergeht :rolleyes:
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Re: Requien für ES

Beitrag von sonnenwind »

Homer G Adams hat geschrieben: Sonnenwind deine Frage bzgl. Spiritualität…

Nun, ursprünglich sollte der Hellas-Roman ein stark angehauchter spiritueller Roman werden. Jason sollte ein spirituell interessierter und erlebender ‚Decius Caellius Metellus werden (Siehe SPQR-Reihe von Maddox https://www.buechertreff.de/buchreihe/1 ... ihenfolge/)

Allerdings nicht spielend im ersten Jahrhundert BC in Rom zur Zeit Caesars, sondern halt im 5. Jahrhundert BC in Hellas.

Ergo machte ich halt Jason zum Enkel von Atlan und ließ diesen im Perryversum agieren. Aus Spiritualität mache ich Psionik und geistige Entitäten, verweise aber immer wieder darauf, dass wie der Autor selbst davon überzeugt ist, dass wir von Spiritualität umgeben sind. Ich mache halt aus der Anderswelt den Hyperraum.
:devil:
Schauen wir mal, wie das Ganze weitergeht :rolleyes:
Dass Du überhaupt Spiritualität / die geistige Welt u.ä. in Deine Erzählungen einfügst, finde ich sehr gut. Das verleiht Deinen Erzählungen Tiefe. :st:
Du weißt, in derartigen Dingen sind wir gleicher Meinung. :st:
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Re: Requien für ES

Beitrag von Homer G Adams »

sonnenwind hat geschrieben:
Homer G Adams hat geschrieben: Sonnenwind deine Frage bzgl. Spiritualität…
Dass Du überhaupt Spiritualität / die geistige Welt u.ä. in Deine Erzählungen einfügst, finde ich sehr gut. Das verleiht Deinen Erzählungen Tiefe. :st:
Du weißt, in derartigen Dingen sind wir gleicher Meinung. :st:

Wieso soll ich nicht Spiritualität reinbringen. Im PR-Jargon gab man ihr halt einen anderen Namen in einer Pseudowissenschaft.

Dies machte ja den jahrzehntelangen Erfolg von PR aus, weil sie die unterschiedlichsten Leute in der Serie halten konnte. Auch die, welche einen ganzheitlich spirituellen Anspruch des Seins gelten lassen.

Dieser Aspekt geht leider immer mehr in der EA verloren. Den negativen Höhepunkt erlebte es, indem die Expokraten auch noch die ES-Ebene in ein Paralleluniversum verschoben. In dem EA-Versum existiert ES wahrscheinlich nicht mehr. Nur eine Art von Erbe.

Deshalb ja auch dieser Thread. :lol:
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Re: Requien für ES

Beitrag von sonnenwind »

@ Homer
Das war ja auch der Sinn meines Postings! :D
Wenn ES u.ä. in der EA vernachlässigt werden, ist es schön wenigstens in Deinen Erzählungen davon zu lesen. Eine "besondere Note" sozusagen, obwohl ich über die jetzige EA nicht den Stab brechen will und kann. B-)
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Re: Requien für ES

Beitrag von Homer G Adams »

Moin Sonnenwind,

Ja, ich habe den Sinn deines Postings schon verstanden. :D

Diese ‚besondere Note’ ist für mich das Grundsätzliche. Alles andere nur Beiwerk.

Nun von der laufenden EA lese ich nur noch die Atlanromane und falls der letzte ‚Ritter der Tiefe’ auch noch seine kosmokratische Ritteraura verlieren sollte, dann endgültig Tschüss EA. :o(

Echt, wenn ich nochmals alle meine Atlanromane auf Kindle lesen möchte, angefangen bei den Blaubänden, nach dem Untergang von Atlantis, bis zu allen Atlan-Miniserien oder gar nochmals die separate Atlanserie, alle bei Kindle zu haben, dann brauche ich nichts mehr Anderes zu lesen, bis hin zu jener gigantischen Bewusstseinsveränderung, Tod genannt.
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Re: Requien für ES

Beitrag von Homer G Adams »

Um die Handlung voranzubringen, gleich nochmals einen Atlan-Teil.

Teil 14


Nach diesen Worten herrschte eine Totenstille. Auch die übrigen Passanten, die sich nicht in die gegnerischen Gruppen eingereiht hatten, verdrückten sich in die Säulenhallen und wagten kein offenes Wort mehr. Wieder hörten wir die eindrucksvolle Stimme des Prytanen.

"Da arbeitest du den ganzen Tag wie verrückt für das Wohl der attischen Demokratie und am Abend verfällt die gesamte auf der Agora versammelte Bürgerschaft dem Fieber eines Bürgerkrieges. Seid ihr alle Irre geworden? Sparta und alle attischen Feinde können zukünftig lachend daneben stehen, wenn wir uns gegenseitig die Köpfe einschlagen. Was ist das für eine Zeit? Da werden angesehene Wissenschaftler und Philosophen wegen 'Gotteslästerung' angeklagt und die Gefährtin unseres großen Vorbildes Perikles, mit Hure beschimpft! Ich habe dafür nur eine Geste übrig!"

Theseus spuckte tatsächlich vor den beiden feindlichen Gruppen aus und wandte sich demonstrativ ab. Er trat hinter die Reihe der skytischen Bogenschützen. Beschämung kam unter den Bürger auf. Die Phalangen lösten sich schneller auf als sie sich gebildet hatten und die Männer, die sich kurz vorher noch die Köpfe einschlagen wollten, bildeten kleine diskutierende Grüppchen, wobei sich 'Freund' und 'Feind' wieder friedlich vermischte, als wäre nichts geschehen. Auch die Gruppe um mich löste sich auf. Theseus gab den Bogenschützen einen Wink und in militärischer Formation marschierten die skytischen Polizisten unter der Führung ihrer Offiziere wieder in Richtung der Kaserne. Theseus blieb zurück und kam auf mich zu.

"Immer wenn wir uns begegnen, Euridemos von Larissa, ist etwas los! Ich habe bei Ihnen jetzt zwei Gefallen gut!"

Der Ehemann von Helena sprach meinen Decknamen gedehnt aus lächelte mich freundlich an.

"Ihre Gefallen sind notiert, Prytane! Ich habe ein schlechtes Gewissen wegen dieses Aufruhrs, den wohl meine Rede ausgelöst hat. Irgendein Dämon muss mich offensichtlich geritten haben. Aber diese unterschwellige Aggression in den athenischen Bürgern ist schon seltsam. Habe ich mit einem Verfahren zu rechnen?"

"Sie haben Recht. In der Bürgerschaft liegen die Nerven blank. Der permanente kalte Krieg gegen Sparta, der jederzeit in einen heißen umschlagen kann und die wieder aufkommenden sozialen Spannungen zwischen den beiden unteren Gruppen der Bürgerschaft gegenüber der Ersten und Zweiten Klasse sind kein gutes Zeichen. Ich habe leider die Befürchtung, dass wir auf schlimme Zeiten zusteuern.

Die dritte und vierte Klasse möchte noch mehr Privilegien und die Oberschicht stöhnt, wegen den finanziellen Lasten durch die Liturgien, die immer umfangreicher werden. Das soziale Klima ist kalt geworden und schlägt immer wieder in Hass aufeinander um. Ihre Frage, ob sie einen Prozess erwarten dürfen, kann ich noch nicht beantworten. Wir werden dieses Thema in der nächsten Bürgerversammlung behandeln. Aber keine Sorge, ich werde Perikles dazu bringen, in dieser Angelegenheit meinen Standpunkt einzunehmen und der steht auf Ihrer Seite. Sorgen Sie sich nicht, Thessalier."

Wieder betonte er dieses Wort so seltsam. Ob er mich doch verdächtigte, Jason von Acharnai zu sein? Unsinn!

"Übrigens, Euridemos, ich kam gerade aus dem Sitzungssaal und wollte den Heimweg antreten, als ich den Angriff des beleidigten Skythen auf Sie bemerkte und gleich die Polizei alarmierte. Wieder bewunderte ich ihre Kampfreflexe. Jason muss wirklich ein guter Lehrmeister gewesen sein."
Ich ging auf den letzten Satz nicht ein.

"Glauben Sie an einen Racheakt des Skythen oder vermuten Sie, dass ich als Mitarbeiter meines Patrons das Ziel des Anschlags war?"

"Eine klare Antwort, Thessalier. Natürlich handelte es sich hier um den Anschlag eines sich beleidigt fühlenden Barbaren. Alles andere halte ich für rein spekulativ! Aber nun müssen Sie mich entschuldigen, Helena wartet. Die Einladung gilt. Also bis Morgen."

Theseus winkte mir zu und schlenderte umgeben von einem Schwarm begeisterter Anhänger in Richtung seines Hauses am Musenhügel.

Mein Blick wanderte über die Agora und stellte fest, dass sie wieder so aussah, als wäre der Aufruhr nur ein Spuk gewesen. Ich schüttelte den Kopf und bemerkte, wie Sokrates auf mich zukam.
"Ein neuer netter Auflauf, den Sie da mit verursacht haben, Euridemos."
Sokrates grinste mich schelmisch an.

"Hm, ja. Mein neuerliches Auftauch...äh, ich verstehe auch nicht, wieso meine Auftritte immer so ausarten und oft mit Gewalt verbunden sind."
Sokrates blickte mich mit großen Augen an, lächelte still vor sich hin und meinte:

"Nun, wie ich sehe sind Sie frisch gebadet und für das Deipnon gerüstet."
"Ja, ich habe heute Morgen bereits ein kleines Geschenk für unsere Gastgeberin gekauft."
Sokrates nickte und wirkte sehr nachdenklich. Entgegen seiner sonstigen Art, jedermann den er traf in einen Dialog zu verwickeln, schien er über etwas nachzudenken. Ich rechnete damit dass er meine Maske durchschaut hatte. So wanderten wir durch Athen, in das Viertel wo Perikles und Aspasia wohnten. Die Straßen waren voll von Bürgern, die von der Arbeit oder von der Agora nach Hause zurückkehrten, entweder zum familiären Deipnon, zu dem höchstens noch einige enge Freunde geladen wurden oder zum offiziellen Symposion, den ein Gastgeber veranstaltete. Fast kein athenischer Bürger aß allein zu Abend.

Der Weg zum Hause der Aspasia war nicht weit. Bald standen wir vor einem der üblichen gehobenen dreistöckigen Bürgerhäuser. Alle Zimmer öffneten sich in den Innenhof, wo ein Brunnen und ein Altar standen. Im zweiten und dritten Stockwerk wurden üblicherweise die Schlafzimmer und Gästeräume untergebracht. In einem wesentlichen Punkt unterschied sich allerdings dieses Haus von anderen. Es gab weder ein separates Andron noch ein Gynaikeion im üblichen Sinne, alles war zusammengebaut. Wenn ein durchschnittlicher athenischer Bürger dieses Haus der Frauenrechtlerin und Gefährtin des Perikles betrat, dann würde er allein durch die Lage der Räumlichkeiten darauf schließen, dass hier eine Nicht-Athenerin wohnte.

Aspasia kam allein als Tochter des Axiochos aus Milet vor fünfzehn Jahren nach Athen. Und vom ersten Augenblick an, wurde sie ein Hauptgegenstand des Stadtklatsches. Die Ursache dafür gründete sich darin, dass sie vor etwa 13 Jahren, den gerade von seiner ersten Frau frisch geschiedenen Perikles kennen lernte und sie prompt ein Liebespaar wurden. Die Gerüchte um Aspasia kochten schon vorher über, weil sich die Mileterin von Anfang an nicht an die alten traditionellen athenischen Normen des Zusammenlebens von Mann und Frau hielt. Immer wieder gingen Gerüchte um, dass sie ihren Lebensunterhalt in Milet als Edelhetäre verdient haben soll. Auch in Athen soll sie angeblich diesem Gewerbe nachgegangen sein.

Ja, schlimmer noch! Nach den Gerüchten zu urteilen, war sie gar die Besitzerin einer Truppe von Edelhetären. Die Komödiendichter bezeichneten sie als Hure. Eine von der oligarchischen Partei gestartete Schmutzkampagne gegen Aspasia und Perikles sollten dem 'Olympier' schaden und ihn zu Fall bringen. Auch das Privatleben des Perikles wurde erbarmungslos durch den Dreck gezogen.

Mit immer neuen unwahren 'Enthüllungen', über das illustre Paar wurde vom politischen Gegner versucht, aus den Gerüchten Kapital zu schlagen. Nun, eine emanzipierte, gebildete, unabhängige, geheimnisvolle und Gutaussehende Fremde, war das ideale Medium für Komödiendichter, Hetzer und Böswillige, um Perikles zu schaden. Was wurde ihm nicht alles unterstellt: er wäre Aspasia sexuell ergeben, er stehe unter dem politischen Einfluss der geistvollen Frau und sei ein Pantoffelheld. Aber nicht nur Perikles sollte politisch getroffen werden, sondern auch der Versuch der Aspasia, ein neues Frauenvorbild zu schaffen. Niemand in der oligarchischen Partei wollte der Frau mehr Bewegungsfreiheit zubilligen. Dies war nur das Ziel eines kleinen Kreises von Idealisten.

(Anmerkung Autor: Hier sollte jetzt ein Symposium geschildert werden. Dies erfolgt jetzt im Jason-Teil. Der Atlan-Teil soll endlich vorankommen, nach dieser langwierigen Schilderung des hellenisch-attischen Lokalkolorits :lol: )

Als ich dann vom Symposion zu Hause ankam, mein Versteckspielen hatte ich satt, erreichte mich die Nachricht von Riancorus, dass Helena von wahrscheinlich der Dunklen Bruderschaft entführt worden sei. Sie wollten den prominentesten Anhängern von Perikles, wie Theseus und Jason von Acharnai, schaden. Auch der Angriff auf mich sei von der Bruderschaft organisiert worden. Manche söldnerische Bogenschützen taten für Silber und Gold Alles. Dazu bedurfte es nicht einmal eines Assassinen.

Also holte mich Riancorus alias Rico mit dem getarnten Gleiter aus Athen ab und brachte uns nach Naukratis. Dort unterhielten wir neuerdings einen kleinen getarnten Stützpunkt. Wir dirigierten unsere Sonden, Robotspione in Tierform und menschlichen Spione um. Künftig galt es alles Mögliche über die global und natürlich auch galaktisch agierende Dunkle Bruderschaft herauszufinden. Rico und seine Subrobots waren zudem dabei in einem unzugänglichen ursprünglichen d.h. noch wilden Teil des Libanongebirges, in einem Berg mit Blick auf das Mittlere Meer bei Byblos, einen größeren Stützpunkt einzurichten. Dieser neue Stützpunkt lag strategisch günstig und sollte auch einen Transmitter aus einem der arkonidischen Flottensilos auf Larsaf III erhalten. Falls die Hypertechnik ausfiel konnte der Stützpunkt in einigen Tagen zu Fuß oder mit Maultieren auch von der Hafenstadt Byblos aus leicht erreicht werden.

Apropos Hypertechnik. Seit einigen Jahrzehnten traten offensichtlich vermehrt extrem starke Hyperstürme auf, welche auch die Hypertechnik in der Kuppel mehrfach lahm legten. Aber den Stützpunkt hatten die Erbauer so angelegt, dass er auch mit verminderten Funktionen weiter arbeitete, wenn die Hypertechnik ausfiel. Auch die Tiefschlafzellen funktionierten weiter.

Ich schlüpfte wieder in die Rolle des Jason von Acharnai. Die Paraprägung auf diese Person hielt noch an, lief allerdings langsam aus. Rico begleitete mich als Riancorus. Meine Fragen nach dem Aufenthalt des originalen Jasons beantwortete er mir immer noch nicht.

PS. Der nächste Atlan-Teil spielt bereits im Nil-Delta. Zwei Handlungsebenen in Hellas, ist selbst für einen ‚Phil-Hellenen’ zuviel des Guten :D
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Homer G Adams
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Re: Requien für ES

Beitrag von Homer G Adams »

Teil 15

Bericht Jason von Acharnai
436 BC


Das Blut toste durch meine Adern, aber ich bekam es unter meine mentale Kontrolle und erreichte den Zustand des Dagor, d.h. die totale geistige Konzentration, die Vereinigung aller Sinne und Kräfte, gebündelt auf ein Ziel: mir die Kraft der Gegner selbst zunutze zu machen, sie in meine Energien zu verwandeln.

Die Feinde kamen sehr dicht heran. Ich spürte jede ihrer Bewegungen im Voraus. Meine geistigen Sinne geschärft im Dagor weit geöffnet, waren mehr als die plumpen rein körperlichen Sinne. Ich spürte die Urkraft, das Prana um mich, wie es die indischen Yogi bezeichneten und nutzte es zu meinen Gunsten.

Der eine Angreifer blieb stehen und bereitete sich vor, ein starker Kämpfer, mir im Normalzustand sicher überlegen, aber nicht im Zustand des Dagor!
Meine sensibilisierten erweiterten Sinne zeigen mir mit jeder winzigen bewussten oder unbewussten Bewegung was der Feind vorhatte.

Er sprang direkt auf mich zu. Ich sah es nicht nur mit den Augen, auch mit meinen mentalen Sinnen spürte ich und sah gleichzeitig seine mentale Aura. Das Dagor ließ mich automatisch handeln. Ein blitzschneller Schritt nach vorne und ich stand neben ihm, eine halbe Drehung und ich fand den Punkt. Aus dem Stand sprang ich mit beiden Beinen in die Luft, nutzte dabei das allgegenwärtige Prana um mich, zapfte es regelrecht an, stieß zu, machte einen Saldo und kam wieder auf die Füße. Das Dagor neutralisierte die Schwerkraft nicht, aber das durch den Allkampf aktivierte Para, das jedem bewussten Wesen zu Eigen war, schien die Gravitation teilweise zu manipulieren.

Mein Feind wurde vom eigenen Schwung und meinem Handkantenschlag in ein Flugobjekt verwandelt und landete tödlich getroffen an einem Felsen. Er war bereits tot, als er schwer auf dem Boden aufschlug. Die beiden anderen besiegte ich in ähnlicher Weise, nur wenige Augenblicke später lagen sie tot auf dem Boden.

Ich atmete schwer als mich das Dagor verließ und ich wieder die volle Schwere des Körpers spürte. Den Tod meiner Feinde bedauerte ich. Aber sie hatten mir keine andere Wahl gelassen. Das Fremde in mir war verschwunden, als hätte es nie existiert. Ich konnte mich nicht erinnern, irgendeinmal so gekämpft zu haben.

Sicherlich ich war vor dem Aufenthalt auf der Tabora ein herausragender Hoplit gewesen, aber dies hier? Wer hatte meinen Körper so trainiert? Was geschah in den zehn relativen Jahren auf der geheimnisvollen Insel im Andersraum oder Hyperraum? Wer waren die Geheimnisvollen? Anders gefragt, wer waren die Auftraggeber, die hinter der Tabora steckten? Der ‚Orden des Lichts’? Sicherlich. Aber in wessen Auftrag handelte er?
Unzählige Fragen, auf die ich keine Antworten hatte.

Irgendwie meinte ich eine Art von Homerisches Gelächter in mir zu vernehmen.
„Menta?“ Mein Zweitbewusstsein schwieg und das Lachen verklang, hinterließ in mir allerdings seltsam zwei gespaltene Gefühle. Als wäre dasjenige, das hinter dem Gelächter stand, sich selbst nicht einig. Wenn die Götter nicht einig waren, wie sollten wir Sterbliche es sein? Während das eine Gelächter freundlich klang und positive Emotionen in mir anregte, tat das andere Gelächter das Gegenteil. Es hinterließ eine extreme Kälte in mir.

„Götter?“ meldete sich Menta unvermittelt sarkastisch in mir. „Es sind offenbar nur zwei gegensätzliche paramental rein geistig existierende Super-Entitäten, dessen Garroda-Figuren wir sind“.

Seltsamerweise wusste ich, was die einem Hellenen eigentlich fremden Begriffe bedeuteten.

„Sind wir lediglich vierdimensionale Handlungspuppen zweier sich bekämpfender Super-Entitäten?“ fragte ich mental mit einem bitteren gedanklichen Nachgeschmack.
„Es sieht so aus, Hellene. Wie ich dich kenne, hättest du mit freiem Willen, die Gegner nur im Notfall getötet. Als Tote können wir sie nicht mehr nach den Hintermännern ausfragen“, stellte Menta in einem gleichfalls bitteren Tonfall fest.

Aristophanes hatte mit offenem Mund und vor Aufregung tränenden Augen den Kampf verfolgt und zitterte noch am ganzen Leib, wahrscheinlich aus Furcht über das Unbekannte, den Daimon, in mir. Der ‚Hellene’ oder irdische Barbar in mir, nannte die sich negativ anfühlende Beeinflussung trotz meines besseren Wissens immer noch so. Ich hörte weitere Kampfgeräusche und folgte ihnen.

„Eine negative Para-Entität mit ‚Daimon’ zu betiteln, finde ich nicht einmal unpassend“, wisperte Meta in mir.

Weiter unten auf dem Bergpfad bekämpften sich zwei weitere Gruppen. Etwa sechs Männer beharkten sich. Die eine Gruppe waren unsere geheimnisvollen Verfolger, die uns quer über die Insel folgten. Sie hatten die aus offensichtlich sechs Männern bestehende Meuchelmörderbande, welche unseren Kontaktmann ermordeten, sofort angegriffen. Wahrscheinlich retteten sie so das Leben von Aristophanes und auch meines, denn gegen sechs Kämpfer hätte auch mein ‚Daimon’ nicht bestehen können. Unsere geheimnisvollen 'Beschützer', die wir fälschlicherweise als Feinde betrachtet hatten, gewannen unten auf dem Kampfplatz die Oberhand. Ein Strauchdieb beendete eben dieses Leben, während ein weiterer schwer verwundet wurde und der Dritte floh. Jetzt wollte ich doch wissen wer unsere Mitstreiter sein mochten.
"Heh, ihr dort unten. In welchem Auftrag handelt ihr?"
Natürlich folgte keine Antwort. Also eilte ich den Pfad hinunter. Die drei 'Wächter' bemerkten mein Herannahen und rannten mit hoher Geschwindigkeit den Bergpfad hinunter. Da ich eine weitere Kräfteraubende Hetzjagd quer über die Insel vermeiden wollte, kehrte ich zu Aristophanes oben auf dem Berggipfel zurück. Der junge Mann hatte inzwischen seine Fassung wieder gefunden und die Mörder, sowie den Getöteten untersucht. Er brachte mir eine Papyrus-Rolle, auf der die Küste der Peloponnes in Richtung Aigina eingezeichnet war. Ferner erkannte ich ein Symbol, was wohl die Küstenregion darstellen sollte. Aufgeregt übergab er mir die geheimnisvolle Karte.

„Das ist alles was ich gefunden habe. Der Getötete hatte nur diese Schriftrolle bei sich. Vielleicht können wir sie entziffern. Aber sage mir, wo hast du das Kämpfen gelernt? Ich habe nur den Schemen eines fliegenden Menschen gesehen. Für mein Auge war diese Kampfweise einfach zu schnell. Unheimlich! Hast du einen Daimon in dir?"
Nachdenklich betrachtete ich den jungen Mann, der sich so hervorragend bewährt hatte.
"Das wüsste ich selbst gerne. Dagor existiert nicht, um grundsätzlich zu töten. Wenn ein Daimon zeitweise in mir ist, verhinderte dieser, dass wir die Feinde hätten verhören können.
„Sei es wie es ist, wir haben ein neues Ziel. Wir werden über einen anderen steilen Abstieg in die Bucht hinab, Zeit gewinnen und in Marathona zwei Pferde mieten und so noch vor dem Abend die Stadt erreichen. Danach konsultieren wir eine Badeanstalt und statten meinem Großvater Periander einen offiziellen Besuch ab. Ich habe so das Gefühl, daß wir unser Versteckspielen, sowieso vergessen können. Diese Karte muss der Schlüssel sein und wir müssen nur noch das passende Schloss finden."
„Das kann ja heiter werden, sich in die Höhle des Löwen zu wagen.“

Ich hatte den Worten meines jungen Freundes nichts mehr hinzuzufügen.
Auch ich war gespannt darauf meinen Adoptiv-Großvater und Helena wieder zutreffen.

* * *


Die Sonne ging im westlichen Teil des Golfes in einem farbenprächtigen Schauspiel unter, als Aristophanes mir half meine Festkleidung anzulegen. Er verhielt sich etwas nervös, weil er ständig an das Gastmahl bei meinem ‚Großvater’ dachte, denn dieser sah in mir einen Verräter an der aiginetischen Sache. Wir hatten einen Boten mit einer Bitte, um eine Einladung zu Periander geschickt und einen positiven Bescheid bekommen.
Den Rückweg vom Hellanion nach Marathona und schließlich zur Stadt Aigina hatten wir ohne weitere Probleme geschafft. Aristophanes hatte sich als ein erstaunlich guter Reiter herausgestellt. Zu meiner Medjay- Ausbildung gehörte selbstverständlich auch Reitunterricht.

In der Polis angekommen, kauften wir für mich noch passende Kleidung bei einem Tuchhändler an der Hafenstraße. Danach hatten wir beide eines der öffentlichen Bäder aufgesucht, denn mit unserem Tagesschmutz am Leib konnten wir unmöglich zu einem aristokratischen Symposium gehen.

Aristophanes half mir eben den olivgrünen verzierten Umhang aus Leinenstoff über meinen mittellangen Chiton zu legen. Das Drapieren des Chlaina war nicht einfach und ich kam nach der langen Abwesenheit aus Hellas ein wenig aus der Übung. Während der letzten 18 Monate seit meiner Heimkehr hatte mir bei dieser Arbeit immer ein gemieteter speziell ausgebildeter Diener geholfen, wenn es zu solchen aristokratischen Festmählern ging. Heute übernahm Aristophanes diese Arbeit. Trotz seiner Nervosität ging ihm die Arbeit geschickt von der Hand und er bewies Eleganz dabei. Die elitären Teilnehmer an einem Symposion des Periander aus dem Gen der Aiakoniden bewerteten nach dem drapieren der Chlaina, den Stil und die Eleganz des Trägers. Ich wollte mich nicht blamieren!

Wir bedeckten mit dem Chlainastoff zuerst meinen Rücken und die Schultern, sodass die Ecken des rechtwinkligen Stoffes vorne hingen; dann legte Aristophanes das Tuch über meinen ausgestreckten rechten Arm und liess die Falten zur linken Schulter und Arm hinüber laufen. Abschließend wurde die Stoffbahn so gesetzt, dass sie über den Rücken hinunterging. Der junge Mann trug heute ausnahmsweise keinen kurzen, sondern einen mittellangen Chiton. Darüber hatte er einen kurzen Umhang, den Himation, gelegt. Er war sichtlich mit seiner Arbeit an mir und sich zufrieden.
Danach verließen wir meine Pension und unsere Wirtin blickte uns mit großen und neugierigen Augen hinterher.

Anmerkung Autor: Hier ein Link https://www.youtube.com/watch?v=CoERMGX3SMg
:lol: )

Wir schritten über die Hafenstraße und Aristophanes genoss sichtlich, dass uns weniger gut gekleidete Passanten manchmal neidische Blicke nachwarfen. Ich selbst hatte heute Abend für das Treiben auf der mit großen Öllaternen beleuchteten Promenade kein Auge, sondern war mit meinen Gedanken bei dem Symposion des Perianders und bei Helena. Würde ich sie heute Abend sehen können? Bei dionysischen Gastmählern hatten Frauen normalerweise nichts zu suchen, es sei denn als Dienerinnen, Tänzerinnen oder als Hetären. Wir erreichten das große Haus meines Großvaters, das nicht allzuweit von dem Hafen und der Agora entfernt lag.

Ich flüsterte Aristophanes ins Ohr: "Du musst so schnell wie möglich ein heimliches Treffen mit Helena arrangieren. Am besten noch morgen, denn wer weiß wo wir übermorgen sind. Hast du mich verstanden, das ist ein Befehl!"
Aristophanes hielt sich sein Hörorgan und maulte mich an:

"Du braucht mir nicht in das Ohr hinein zu schreien. Ich habe auch so verstanden. Dich muss es schlimm erwischt haben. Deine 'Diskussion' drehte sich also hauptsächlich, um dieses Thema. Das hätte ich mir denken können."

Er wollte noch weiter meckern aber in der Tür erschien Periander und deshalb nickte mir Aristophanes nur zu, was soviel hieß, dass er alles versuchen würde, um meinen 'Befehl' auszuführen. Mein ‚Großvater’ begrüßte Aristophanes äußerst undiplomatisch.

"Du verdankst es allein deiner Aufgewecktheit und deines Schreibtalents, dass du heute mein Gast bist.
"Werter Periander, es ist mir eine Ehre, in meinem Alter zu einem Symposion von Ihnen eingeladen zu werden. Ich werde mich bemühen, dieser Würdigung gerecht zu werden und etwas zu der Unterhaltung beizutragen. Im Kopf habe ich schon das Gerüst einer Komödie und werde wenn es gewünscht wird, daraus zitieren."
Mein Großvater nickte ihm freundlich zu und schritt voraus.

Wir folgten ihm durch einen Säulenvorraum in das Andron. Der Gastraum im Hause des Perianders stellte sich als sehr geräumig heraus und besaß entlang den Wänden zwölf Klinais oder Ruhebetten. Die Decke bestand aus weißem Stuck und die Wände hatten der Gastgeber mit Gemälden aus mythischer Vergangenheit verzieren lassen. Die Gäste hatten alle Klinais bis auf drei an der dem Eingang gegenüberliegenden Seite, belegt. Diese Ruhebetten wurden immer vom Hausherrn und seinen neuen oder Ehrengästen belegt. Eine große Ehre für uns.

Von den neun männlichen Gästen, allesamt Freunde des Periander und führende Mitglieder der oligarchischen Partei Aiginas, mochten die meisten zwischen vierzig bis siebzig Jahre alt sein. Nur drei Gäste gehörten zu meiner Generation. Sie alle trugen ihr Gewand, also den Chiton und den Himation oder den Chlaina im traditionellen Stil. Die Jüngeren bevorzugten den Himation und die Älteren den Chlaina. Als wir eintraten und die freien Ruhebetten belegten, konnten sie ihre Neugier auf uns kaum zügeln. Natürlich wussten sie wer heute Abend als Ehrengäste kommen würden und sie wollten den inzwischen bekannten Enkel des Periander und ein hoffnungsvolles dichterisches Talent, wie Aristophanes, näher beschnuppern. Unsere gegensätzlichen politischen Ansichten spielten heute Abend keine Rolle.

Mein Großvater hielt eine kurze Ansprache und begrüßte mich als Verwandten und Aristophanes als Dichtertalent. Die Gäste spendeten höflichen Beifall. Zwischendurch machte ein Diener mit einem Wasserbecken die Runde und wir wuschen uns alle die Hände, denn die kommenden Speisen wurden alle außer den flüssigen Teile des Gastmahls, für die Holzlöffel, benutzt wurden, mit den Fingern gegessen.

Das Menü wurde serviert. Männliche Bedienstete brachten zwölf kleine mit verschiedenen mundfertigen Gerichten beladene Tische herein und stellte je eins vor eines der Ruhebetten. Es gab gebratenen Fisch, frisch gegrilltes Ferkelfleisch dazu verschiedene Gemüse- und Salatplatten. Natürlich wurden auch die obligatorischen runden Weizenbrote und Käseplatten herumgereicht.

Aristophanes und meine Wenigkeit griffen herzhaft zu, denn der heutige Tag hatte uns hungrig gemacht. Die kleinen flachen Tische vor mir und Aristophanes glänzten bald vor Leere. Die übrigen Gäste konnten mit unserem Hunger offensichtlich nicht mithalten. Während des Mahles unterhielten sich die Männer leise nur mit ihren unmittelbaren Nachbarn. Zwischendurch reinigten wir unsere Hände mit Brotkrumen und warfen die Reste durch die offene Tür. Dort im offenen Säulenvorraum balgten sich Hunde um die Reste. Nach dem Essen wurden die Tische hinausgetragen und ein Diener brachte das Wasserbecken zum Händewaschen und ging reihum. Ein anderer Bediensteter offerierte Girlanden aus Lorber, ein Becken mit Rosenwasser, sowie drei große Karaffen mit edlen Wein. Periander bestimmte den Jüngsten, also Aristophanes dazu, jedem Gast eine Girlande auf das Haupt zu setzen und mit Rosenwasser zu bespritzen.
Gerne kam Aristophanes dieser Tätigkeit nicht nach, zumindest bemerkte ich das, aber er tat es trotzdem. Die Diener brachten währenddessen die mit Weintrauben, getrockneten Obst, kleinen Käsebrothäppchen, Weinpokalen und Wasserkrater bedeckten Tische wieder herein. Die männlichen Angestellte wurden durch speziell ausgebildete weibliche Dienerinnen aus Syrien, Aigyptos und Kypros ersetzt, die nicht nur für den Wein zuständig, sondern auch für andere Dienste zu haben waren, meistens dann wenn der Rebensaft des Dionysos schon reichlich geflossen war. Ständig wurden die Pokale mit etwas Wein von jeder Sorte, dem Diphilos, Kallias und Hermogenes gefüllt.

Einer der jungen Gäste griff nach einer Flöte und spielte eine Weise zu Ehren des Gottes Dionysos, dem Gott des Weines. Wir Anbeter des Gottes sangen das Lied mit. Nach dem Flötenspiel und dem Gesang leerten seine Jünger, zu seinen Ehren, den noch ungemischten Wein mit einem Zug. Im weiteren Verlauf des Symposions wurde der Wein, nur noch mit Wasser aus den Kratern gemischt, getrunken. Der Gastgeber stand auf und sagte:
"Wie es uns die Tradition befiehlt, wählen wir begeisterten und treuen Anhänger des Dionysos, einen 'Symposionskönig'. Ich frage euch also, wer soll heute der Basileus sein?"
Alle sahen mich an. Ich winkte ab.
"Nein, oh ihr Jünger des Dionysos, ich bin der Ehre nicht wert. Meine Talente sind leider nicht musischer Art und ich schlage dafür unseren jungen Bruder Aristophanes vor. Er sagt, dass er ein Dichter werden möchte und kann uns sicher mit einigen Kostproben ergötzen!"
Die anderen sahen sich an, grinsten und riefen alle im Chor, bereits in einem weinseligen Zustand:

"So sei es! Aristophanes junger Diener des Dionysos, sei für heute abend unser König und beglücke uns mit deiner Kunst!"

Der Geehrte wurde rot, sah zuerst mich böse an, dann blickte er trotzig allerdings entschlossen in die Runde, bemerkte die grinsenden Gesichter und dachte wohl bei sich, dass er diesen Banausen zeigen würde, was er schon an Dichtkunst auf Lager hatte. Ich konnte meine Schadenfreude nur oberflächlich unterdrücken, insgeheim bewunderte ich aber den jungen Burschen, der sich anscheinend der Situation gewachsen fühlte.

"Es ist mir eine Ehre für heute eueren König des Symposions zu sein und versuche dem gerecht zu werden. Es lebe unser Gott Dionysos!"

Die übrigen Gäste waren begeistert über die Worte und ließen ihren 'Abendkönig' durch das Heben der inzwischen wieder gefüllten Weinpokale hochleben. Danach wurden die Kelche mit einem Zug geleert.

"Sagt oh, Weinkönig, woher kommt die Komödie? Ist sie der Weisheit des Apolls entsprungen?" fragte Theron einer der älteren Gäste.
Ich war gespannt, was unser Basileus, darauf antwortete, war es doch eine Frage, deren Antwort jeder gebildete Hellene kannte. Alles nur eine Probe, ob der Bildung unseres jungen 'Königs'.
"Lieber Theron und ihr anderen Untertanen der heutigen Majestät, hört was eurer König zu sagen hat!"
"Hört, hört!" erscholl es im Chor.

"Einst wurde Dionysos nach einer neuen Unterhaltung bei Symposien in den ewigen Gefilden des Olymps gefragt. Alles war schon vorhanden, die trunkene Sangesfreude, das orgastische Weingelage, Rätsel, Spiele, geistreiche Diskussionen, mystische und tragödische Erzählungen. Unser Gott grübelte und fragte Apoll, auch der wusste keine Lösung, dann fragte er Pallas Athene, aber auch die jungfräulich Weise wusste die Antwort nicht. Dann trank Dionysos zuerst den Diphilos, dann den Kallias und zum Schluss den Hermogenes. Unser Gott bekränzte sich mit einer Girlande aus Lorber und bespritzte sich mit Rosenwasser. Danach war er endlich in dionysischer Laune und hatte die zündende Idee:

die Komödie!

Dies war ein weiterer Aspekt unserer Gottheit. Die ausgelassene Freiheit des Denkens, mit dem er das private und öffentliche Treiben in der Gesellschaft geißelte und lustvoll darstellte, ist wahrlich die Krönung der Dichtkunst!"

"Hört, hört!" liess sich wieder Theron vernehmen. "Du willst doch nicht diese Dichtung, die in Kratinos ihren Höhepunkt findet, mit den großen Tragödien eines Aischylos, Sophokles und Euripides vergleichen?"

Jetzt setzte eine heftige Debatte über den Vorzug der Tragödien oder der attischen Komödie ein, wobei auch hier eine Spaltung der Meinungen festzustellen war.

Die Älteren mehr konservativen Gäste traten für Theron und die Tragödien in den Ring und die Jüngeren mehr für die attische Komödie eines Kratinos, deren Seite vor allem Aristophanes mit viel Witz und Argumente vertrat. Der etwa 25 Jahre alte Ariston, aus dem Gen des letzten aiginetischen Königs Kodros, hörte mit begeisterter Zustimmung, dem etwa zehn Jahre Jüngeren zu. Auch wollte er alles von mir über meine Erlebnisse auf jener geheimnisvollen Insel wissen. Ariston war ein Mitglied der Organisation meines Großvaters, zeigte mir gegenüber aber immer mehr seine Sympathie für die attische Demokratie. Er war ein guter Hoplit und bot seine Hilfe gegen die Verschwörer an. Ich wollte bei Bedarf darauf zurückkommen.

Ariston selbst sollte später als der Vater des Platons berühmt werden. Nun ich möchte den Schicksalmächten, den Moiren, nicht vorgreifen. Doch zurück zum Symposion. Aristophanes mit seinen fünfzehn Jahren vermochte bereits das Gemüt und die Phantasie seiner Zuhörer, mit seinem ausgelassenen Humor und seinem souveränen Witz zu packen.

Die Argumente gegen die Komödie lösten sich wie Nebel in der Mittagssonne auf. Unser 'Abendkönig', wurde wirklich ein Herrscher der Unterhaltung. Zum Schluss vermochte er das hemmende und beengte Denken, selbst seiner Debattengegner, im Feuerwerk seines Witzes und seiner gewinnenden Fröhlichkeit, zu lösen und eine ausgelassene Fröhlichkeit in das Symposion zu zaubern. Er deutete schon in seinen jungen Jahren den humorvollen und spöttischen Geist an, die seine Werke, später prägten. Vor allem an den Sophisten liess er schon heute kein gutes Haar, hatten ihn doch Lehrer, welche diese Philosophie vertraten, ausgebildet. Diese Erzieher jedoch waren nicht fähig gewesen, die geistige Überlegenheit ihres Schülers anzuerkennen. So geisselte er die 'Fähigkeit' der Sophisten, das Recht und Unrecht mit Hilfe überlegener Rhetorik ins Gegenteil zu verkehren. Ein Zug vor allem an den politischen Führer aller hellenischen Staaten, die jeder Bürger sofort erkannte und sich köstlich darüber amüsierte.

In jedem Falle erlebte das Symposion im Hause des Periander aus dem Gen der Aiakoniden, die 'Geburt des Komödiendichters Aristophanes'. Nach dem heutigen Abend würde der junge Dichter, trotz seiner Jugend, ein gerngesehener Gast, bei jedem Symposion, ob in Aigina oder Athen sein. Der Auftritt des jungen 'Abendkönigs' würde sich in den führenden Kreisen sehr schnell herumsprechen. Wir beendeten den Abend, indem wir unseren Basileus, frenetisch feierten. Es war ihm gelungen, auch die Gegner der attischen Komödie, selbst in Aigina, zu überzeugen und sie zumindest zu Anhängern von Tragödien und Komödien, zu machen.

Wir verabschiedeten uns von den Gästen, die heute Abend zumindest ihre Feindseligkeit gegen uns Athener vergaßen und als Freunde schieden. Wieder einmal bewies der freie hellenische Geist, seine Überlegenheit über Kleinkariertes politisches Polis- oder Stammesdenken! Wir Attiker gehörten nämlich dem Stamm der Ionier und die Aigineten den Dorer an.

Periander gab mir zum Abschluss die Hand und drückte vor allem die von Aristophanes. Ich wusste dass der angehende Dichter ab heute, einen heimlichen Mentor finden würde, denn nichts verehrte mein Großvater, ein echter Hellene, mehr als überlegenes, geistreiches, humorvolles Denken. Später sollte ich von Aristophanes erfahren, dass Periander in seinen jungen Jahren, sich selbst an einer Komödie versucht aber aufgrund seines fehlenden Talents, aufgegeben hatte. Umso mehr verehrte er wirkliche Könner und mit Aristophanes wuchs ein Genie heran. Das erkannten wir alle in diesem Symposion im Hause des Perianders.

Mit schweren Füßen und von 'dionysischen Nebeln' umrauschten Kopf ging jeder nach Hause.

Ariston begleitet mich noch einige Zeit und bot nochmals seine Hilfe gegen die Verschwörer an. Ich versprach ihm fest, dass ich vielleicht schon in Kürze auf sein Angebot zurückkäme, er solle doch bitte eine Mannschaft von etwa zehn Kämpfern zusammenstellen, die auch ein kleines Boot lenken könnten. Für Übermorgen machten wir einen Treffpunkt aus, dann verabschiedeten wir uns und jeder begab sich nach Hause, auch Aristophanes, der wortlos unserem Gespräch gefolgt war. Ich begab mich in mein Pensions-Zimmer, da ich das Angebot meines Großvaters abgelehnt hatte heute Abend in einem Gästezimmer zu schlafen. Der Grund war einfach, ich wollte mich nicht der Kontrolle des Periander unterziehen. Noch immer hoffte ich, dass es Aristophanes gelingen würde, morgen für ein heimliches Stelldichein, mit Helena zu sorgen.
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Re: Requien für ES

Beitrag von Homer G Adams »

Frage: Soll ich künftig die Teile im Spoilerformat bringen?
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Re: Requien für ES

Beitrag von Elena »

Warum, Homer?

Sorry, dass ich mich so lange nicht geäußert habe, hatte leider viel zu tun. Hab die beiden letzten Geschichten jetzt aber auch gelesen und fand sie, wie immer, super und spannend und freue mich auch wieder auf die Fortsetzung.
Ein bisschen gesunder Menschenverstand, Toleranz und Humor - wie behaglich es sich dann auf unserem Planeten leben ließe.
- William Somerset Maugham


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