PROLOG: Damals
02.10.1463 NGZ
Das war es also?
Einfach so? Nach zehn Jahren?
Ein knappes »Ich werde unseren Ehekontrakt nicht verlängern«?
Keine Vorwürfe? Keine Szenen? Keine Tränen?
Seltsam, ich rege mich gar nicht darüber auf.
Vielleicht, weil ich es geahnt habe?
Vielleicht, weil sie Gesprächen über Kinder immer ausgewichen ist? Wir gehen beide auf die Vierzig zu, da mache ich mir langsam Gedanken über die Zukunft.
Vielleicht, weil der Stress im Job alles erstickt?
Ich habe das Gefühl, dass ich ersticke.
Muss raus …
03.10.1463 NGZ
Mann, bin ich gestern … heute morgen abgestürzt.
Nach Loreens Eröffnung hab ich es in unserer gemeinsamen Bude – noch! – nicht mehr ausgehalten. Ich hab Jennifer, Kurth und Ismail aus der Inneninstallationsgruppe angerufen, die einem Zug durch die Gemeinde nicht abgeneigt waren.
Von den Touren des InInst-Teams hatte ich ja schon gehört, aber dass das so ausartet …
Vielleicht ist das deren Art, mit dem Stress in dieser Drecksfirma umzugehen.
Hätte ich viel öfters machen sollen. Hatte aber immer Skrupel. Immerhin saß ja Frauchen zuhause und wartete auf mich.
Jetzt wartet niemand mehr.
Kurth und Ismail haben sich irgendwann verkrümelt – wusste gar nicht, dass die was miteinander haben, - und mich mit Jennifer sitzen gelassen.
Wir haben viel gelacht. Sie ist ›ein echter Kumpel‹. Das Niveau unserer Witze sank, wie unsere Hemmschwelle.
Irgendwann legte sie ihre Hand auf meinen Oberschenkel.
»Didi«, sagte sie, »keinen Beziehungsstress! Lass uns einfach Spaß haben!«
Den hatten wir … glaub’ ich … so weit ich mich erinnern kann.
16.10.1463 NGZ
Das ist definitiv nicht meine Woche.
Der Umbau der Werfplattform für diesen Möchtegern-Mehandor-Schnösel ist nicht mal ansatzweise abgeschlossen, da drückt uns die Geschäftsführung zwei neue Projekte aufs Auge.
Für einen Prospektor sollen wir eine demilitarisierte Korvette der Phobos-Klasse auf Fernerkunder und Materiallabor umrüsten. Und dieses abgehalfterte Starlet von Luna Leisure TriVi möchte ihre 300-Meter-Yacht in ein fliegendes Wellnesshotel umbauen.
Natürlich das alles „bis gestern“. Ich habe nichts gegen Stress und Arbeit. Aber irgendwann ist Schluss. In dem gesetzten Zeitrahmen kann mein Team das nicht schaffen.
Da hat die GF wieder Aufträge angenommen um des Annehmens willen.
PS.: Ich hab diesen Laden so satt.
PPS.: Loreen möchte in eine eigene Wohnung ziehen. So weit sind wir also schon.
3.11.1463 NGZ
Jetzt reicht’s! Ich glaub, ich sollte mir einen anderen Job suchen!
Heute hab ich mich mit Koifer angelegt. Hab ihm mein DataDisp vor die Füße geschmissen.
Gab einige böse Worte:
Ich hab schließlich die Verantwortung für mein Team. Tezlav geht vor Mehrarbeit schon auf dem Zahnfleisch.
Die Stimmung in der Firma ist gereizt wie nie. Wir hudeln nur noch. Für die notwendige Dokumentation der Umbaumaßnahmen haben wir gar keine Zeit mehr. Ich gehe jetzt schon hin und mache Photos! Bilder, um Umbauten zu dokumentieren! Da fasst man sich doch an den Kopf!
Die Technik für das Miniagravarium für die TriVi-Schnepfe ist vier Wochen zu früh geliefert worden und steht überall im Weg herum.
Vielleicht sollte ich das Agravarium in meiner Wohnung installieren. Platz genug ist ja da – jetzt, wo sie weg ist.
Bin stinksauer! Auf alles!
Und jeden.
Selbst auf mich.
9.11.1463 NGZ
Ich komme vor lauter Arbeit gar nicht mehr dazu, mein Tagebuch zu führen.
Was ist das für ein Leben?
Morgens früh aufstehen. Bis spät abends malochen. Während des Abendessens durch das TriVi zappen, dann wie tot ins Bett fallen.
Und keiner, der mich tröstet.
Fühle mich so ausgebrannt.
Zwar ist Jessica vorgestern mal wieder zu mir mit gekommen, aber das war nur Sex. Wissen wir beide.
Aber ein Spruch von ihr hat mir zu denken gegeben. Sie sagte: »Du hast innerlich gekündigt.«
War mir gar nicht bewusst. Aber sie hat recht.
12.11.1463 NGZ
Schluss! Aus! Sense!
Wen einen etwas stört, muss man es ändern. Wenn man das nicht ändern kann, muss man die Konsequenzen tragen.
Habe ich heute getan!
Ich habe mein Profil im JobNet geaddet.
Fühle mich gut dabei. Befreit.
Andererseits: Was mache ich, wenn ich keine ansprechenden Jobangebote bekomme?
Immer diese Selbstzweifel.
13.11.1463 NGZ
Na bitte geht doch!
Gleich acht Stellenangebote.
Raumschiffingenieure werden anscheinend immer noch gesucht.
15.11.1463 NGZ
Heute kam ein merkwürdiges Stellenangebot herein. Klingt alles etwas geheimnisvoll:
Teamleiter Umrüstung für ein Großbauprojekt (m/w/e)
Ist Dir kein Raumschiff zu groß?
Bist Du bereit, ein Team im Team zu führen.
Willst Du Teil eines Projektes sein, das Geschichte schreiben wird?
Ganz schön vollmundig. Aber alles ist besser als mein jetziger Job.
... und ab mit der Bewerbung!