Die Olfaktoren . eine NON-PR-Fangeschichte

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Schnurzel
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Die Olfaktoren . eine NON-PR-Fangeschichte

Beitrag von Schnurzel »

Letztes Jahr hat mich Roi Danton überredet, eine bzw. mehrere Geschichten zu den "Galaktischen Chronisten" beizusteuern. Ich hatte vorher schon eine Geschichte begonnen, in einem eigenen Universum (ohne eigentlich genau zu wissen, was ich mit dieser Geschichte anfange), aber durch ein paar Kniffe, nicht zuletzt dank Rois Unterstützung, siedelte ich sie im GCversum an, ohne viel umschreiben zu müssen.

Seit Oktober 2013 erschienen so insgesamt 9 Kapitel. Die Story heißt die DIE OLFAKTOREN. Es geht dabei u.a. um eine Alien-Rasse, deren Hauptwahrnehmungssinn der Geruchssinn ist. Hauptperson ist allerdings ein menschlicher Junge, geboren und aufgewachsen auf einem Planeten, der Anemoi heißt.

Um Weihnachten herum hat sich Roi jedoch entschlossen, die "Galaktischen Chronisten" komplett aufzugeben und mich gebeten, nichts mehr im GCversum zu schreiben und zu veröffentlichen. Ich habe der Bitte entsprochen. Mehr dazu im mittlerweile gelockten GC-Thread.

Da ich aber bereits viel Herzblut und Zeit in diese Geschichte hineingesteckt habe, werde ich sie nicht einfach aufgeben, sondern in einem eigenen Thread weiter erzählen und beenden (*). Der einzige Zusammenhang mit Rois GCversum in den ersten 9 Kapiteln besteht in den "Dunklen Würfelschiffen" in Kapitel 2, die jetzt zu "blitzenden bizarren Formen" geworden sind, die die Liga von Tara verheeren. Der Feind war in der ursprünglichen Fassung mal eine insektoide Schwarmintelligenz gewesen, die mit den Terranern Krieg führt. Da dies mit dem GCversum nicht zusammen passte, haben Roi und ich die "Liga von Tara" eingeführt, eine isolierte menschliche Enklave, ca. 3000 LJ von Terra entfernt. Da ich aber keinerlei Bock habe, dies wieder umzuschreiben, habe ich die Liga von Tara gelassen, und nur die Dunklen Würfelschiffe geändert.

Diejenigen, die die ersten neun Kapitel bereits gelesen haben, verpassen nichts, wenn sie sie nicht noch einmal lesen. Die Änderungen sind (außer diesen ominösen Raumschiffen) nicht inhaltlicher, sondern eher stilistischer Natur und das eher moderat (ich habe vor allen Dingen versucht, allzu schwülstige Passagen etwas zu vereinfachen). Allen anderen wünsche ich viel Spaß. Kritik (und auch Lob) ist jederzeit willkommen. Dies ist immerhin erst meine dritte Arbeit (nach zwei Stories im NEO-Fanstories-Thread) - ich bin also blutiger Amateur. Aber wenn Kritik, dann bitte sachlich und konstruktiv.

Ich möchte noch darauf hinweisen, dass diese Geschichte durchaus Jugendbuchcharakter hat, da sie aus der Sicht eines 12- bzw. 16-Jährigen erzählt wird. Einige werden dies vielleicht nicht mögen.


(*) ob ich Fortsetzungen schreibe, weiß ich noch nicht. Eine direkte Fortsetzung habe ich zwar schon angefangen (die ersten sieben Seiten zumindest), aber da dort der direkte Zusammenhang mit den "Galaktischen Chronisten" hergestellt wird, muss ich einiges umschreiben und mir eine neue Storyline ausdenken. Kommt auf meine Lust an, ob ich das weiter verfolge.


Hier also Kapitel 1-3 meiner Non-PR-Story, aufgeteilt in drei Posts im Laufe des Tages. Die anderen Kapitel dann etwa im Wochenabstand. Die letzten zwei oder drei Kapitel sind noch nicht fertig geschrieben, daher brauche ich diesen Vorlauf. Oder ich stelle die anderen bisher geschriebenen Kapitel auch gleich rein und ihr müsst trotzdem einige Wochen auf Kapitel 10 warten. Sucht's euch aus.



Wer mehr zur Vorgeschichte der Story wissen möchte, der möge dies lesen:

viewtopic.php?f=11&t=4547&start=100 , eine Art "Werkstattbericht" (zum 12. Okt., 6:30 Uhr scrollen)
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Schnurzel
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Re: Die Olfaktoren . eine NON-PR-Fangeschichte

Beitrag von Schnurzel »

1. PARADISO, ANEMOI, 72 n.V. (nach dem Vergessen)

An seinem zwölften Geburtstag sah Joshua Duncan zum ersten Mal Galadriels Schleier mit eigenen Augen.

Vater war heimgekehrt. Anstatt die übliche Geburtstagsfeier im Hause der MacAillans zu organisieren, buchte er einen Flug zur Ferieninsel Paradiso. Seinem Sohn gegenüber erwähnte er zunächst nichts davon, aber als am Morgen seines Geburtstages gepackte Koffer vor der Tür seines Zimmers standen, ahnte Joshua, dass heute ein ganz besonderer Tag war.

Mutter hatte klammheimlich all seinen Freunden, die üblicherweise zu seiner Geburtstagsfeier gekommen wären, verkündet, die Familie werde eine Reise unternehmen und das Fest aus diesem Grund verschoben werden. Mutter hatte seine Freunde darum gebeten, Diskretion zu wahren, dicht zu halten, wie sie ihrem Sohn mit einem Augenzwinkern erklärte. Joshua fragte sich, wie sie dies geschafft hatte, denn wie die Plappermäuler, als die seine gleichaltrigen Freunde bekannt waren, über mehrere Tage dicht halten konnten, entpuppte sich als eines der vielen Mysterien im Leben eines Zwölfjährigen. Es zu enträtseln war für Joshua eine harte Nuss, eine sehr harte Nuss, wie er verdrießlich zugeben musste. Als Joshua im Flieger saß und mit der Hand am Kinn und dem Ellbogen auf der Lehne auf die unendliche Wasserfläche des Großen Ozeans weit unter ihm starrte, konnte er sich an bestimmte Seitenblicke seiner Freunde erinnern. War es Neid gewesen? Im Nachhinein schien es so. Vielleicht vermuteten sie, sein Vater würde ihn ins All mitnehmen. Danio und Muddy waren schon im Süden gewesen und hatten keinen Grund, wegen Paradiso neidisch auf ihn zu sein. Aber ins All?

Joshua wünschte sich, es wäre so gekommen. Aber selbst über siebzig Jahre nach dem Vergessen war es nach wie vor nur Privilegierten vorbehalten, mit den Shuttles von der Oberfläche des Planeten zur Orbitalstation zu reisen und darüber hinaus, zu den Gasriesen am Rande des Sonnensystems und ihren unzähligen Monden.

Obwohl er wusste, dass mittlerweile Tausende von Menschen im All lebten und arbeiteten, war von all den Leuten, die er kannte, seine Eltern die einzigen, die schon mal im All gewesen waren, mit Ausnahme von Vaters Freunden, aber die zählten nicht, weil das alles Berufskollegen waren. Und natürlich die Angehörigen des Clans seines Vaters, der den Vorstand des staatlichen Konsortiums kontrollierte, das all die Asteroiden auf Erze und Mineralien zum Wohle Anemois ausbeutete. Hm, eigentlich kannte er doch eine ganze Menge Leute, die bereits im All waren.

Auch seine Eltern hatten anfangs auf der Orbitalstation gelebt, aber als Mutter schwanger wurde, hatte sie sich entschlossen, zur Oberfläche zurückzukehren. Das Leben im All war immer noch von einem Pioniersgeist erfüllt, rau, hart und bisweilen gefährlich. Ein Kind zu erziehen war auf Anemoi sehr viel einfacher, erst recht im Schoß des Clans seiner Mutter. Der MacAillan-Clan hatte nie zu den Bedeutendsten gehört, war aber sehr wohlhabend, wohl aus der Tatsache heraus, dass sich die MacAillans im Gegensatz zu anderen Clans stets aus politischen Dingen herausgehalten hatten und an dem Handel mit allen gut verdienten. Zwar wurde die Versammlung der Clans aufgelöst, seit es die Zentralregierung gab (obwohl sie sich immer noch inoffiziell trafen) und auch ihre Handelsprivilegien wurden seit dem Ende des Vergessens eingeschränkt, aber die Clans wussten ihren Einfluss zu wahren, indem sie Mitglieder ins Parlament schickten und das betrieben, was Vater Lobbyismus nannte. Was das genau war, würde er noch herausfinden.

Vater hingegen nahm seine Berufung sehr ernst, und so entschloss er, sich ihr weiterhin zu widmen und blieb im All, forschte zunächst als Astrophysiker in der Orbitalstation oder an Bord von Raumschiffen im Orbit anderer Planeten oder Monde, bis er schließlich "Karriere machte", wie man sagte, indem er zum politischen Koordinator aller wissenschaftlichen oder ökonomischen Projekte außerhalb Anemois aufstieg. Kurz gesagt: er war der ranghöchste Regierungsvertreter im All, sogar noch mit mehr Vollmachten ausgestattet als der Vorstandsvorsitzende des Konsortiums, ebenfalls ein Duncan.

Nichts anderes wurde von ihm erwartet als Mitglied des mächtigen Duncan-Clans. Zwar nur das vierte Kind des dritten Kindes des Clanältesten, so fiel doch die Karriere von Russ Duncan sehr zum Wohlgefallen des greisen Reginald Duncan aus, eines alten aber doch sehr stattlichen Mannes mit einer kalten Aura, an den sich Joshua nur ungern erinnerte. Joshua sah ihn nur selten; nicht, dass ihm das fehlte.

Die Entscheidung seines Vaters wirkte sich allerdings nachteilig für Joshua aus: Vater war sehr selten zuhause, vielleicht drei bis viermal im Jahr, meistens für nur wenige Tage, selten auch eine Woche oder zwei.

Joshuas Mutter Carlotta kam mit diesem Umstand sehr gut zurecht. Wenn sie darüber unglücklich war, so zeigte sie es nicht. Der Wohlstand der MacAillans sorgte dafür, dass sie sich ganz der Erziehung ihres Sohnes widmen konnte. Die MacAillans galten als warmherzige Leute, die, traditionsbewusst wie andere alteingesessene Clans auch, immer noch in den Höhlen an den Nordhängen des Beliosari-Canyons lebten. Mitunter etwas zugig in den Wintern (obwohl sein Urgroßonkel Donald, der Clanälteste der MacAillans, stets behauptete, dies sei nichts als Einbildung), waren die in den Anfängen des Vergessens in den Canyon getriebenen Höhlen doch alles in allem eine wohlige Heimstatt für einen Elfjährigen … nein, jetzt Zwölfjährigen. Daran musste er sich gewöhnen.

Viele andere hatten sich jedoch seit dem Niedergang der Sekte und dem damit verbundenen Ende des Vergessens entschlossen, den sicheren Höhlen den Rücken zu kehren und ihre Häuser auf dem Grund des Canyons oder anderswo zu errichten, vor allem kleinere Clans, aber auch unzufriedene Mitglieder größerer Clans. Was dazu führte, dass nach der Etablierung einer Zentralregierung und –verwaltung vor neunundsechzig Jahren immer mehr Wohn- und Verwaltungsgebäude, Forschungsstätten, Einkaufszentren, Restaurants und was auch immer im Canyon selbst entstanden. Im Laufe der Jahrzehnte wuchs so eine neue, lebendige Stadt.

Der Blick aus dem großen Wintergarten der MacAillans war prachtvoll und spektakulär: hunderte Meter tiefer, unten im Tal die Hauptstadt Fontaine mit ihren anderthalb Millionen Einwohnern und den glänzenden Hochbauten der Unterstadt und den grünen Parks der Oberstadt. Die braunen Wassermassen des Sundance River, die sich majestätisch durch die Hochebene wälzten und die an den Blauen Klippen, die Ober- und Unterstadt voneinander trennten, in einer rauschenden Kaskade hundert Meter in die Tiefe donnerten, sich in einem großen Becken, dem See der Gerechten, sammelten und schließlich wieder majestätisch in Richtung des Großen Ozeans flossen, mitten durch das Regierungsviertel, und sich in der Ferne und im Dunst der fruchtbaren Tiefebenen verloren. Und gegenüber im Süden, in etwa dreißig Kilometer Entfernung, schimmerten am Tage weiß und rot, wenn die Sonne über dem Mount Fillmore aufging, die mächtigen Steilhänge der Vassara Berge. Ein Anblick, der jeden Tag aufs Neue wert war, sich an ihm zu ergötzen.

Selbst von den Wintergärten einflussreicherer Clans aus war der Blick nicht annähernd so eindrucksvoll. Außer bei den Duncans, natürlich.

All das ging Joshua durch den Kopf, als er im Shuttle saß, das sie nach Paradiso bringen sollte. Unten glitt die unendliche Wasserfläche des Großen Ozeans konturlos dahin. Das Shuttle flog so hoch, dass weder einzelne Wellen noch irgendwelche Schiffe oder Lebewesen zu erkennen waren. Das eine oder andere Mal glaubte Joshua zwar winzige Punkte auf der sonnenüberfluteten Wasseroberfläche zu sehen, aber bevor er sie fixieren konnte, waren sie wegen der hohen Geschwindigkeit, mit der das Shuttle flog, schon vorüber. Für einen Zwölfjährigen war dies gelinde gesagt langweilig, aber Joshua wusste, dass es noch ein aufregender Tag werden würde. So seufzte er und versuchte sich vorzustellen, dass die winzigen Punkte riesige Herden von spielfreudigen Pelzwalen waren, die sich, glitzernd vor Nässe im Sonnenlicht, in den Fluten des Großen Ozeans tummelten.

Anemoi war ein Planet, dessen Landmasse sich hauptsächlich auf die Nordhalbkugel des Planeten konzentrierte. Die Südhalbkugel wurde von dem Großen Ozean dominiert. Lediglich ein paar mehr oder weniger unfruchtbare Inseln ragten wie winzige Pilzköpfe aus der Wasserwüste, von denen die größte, etwa achttausend Quadratkilometer groß, die Insel Paradiso war, nackter Fels überzogen mit Eis, ohne nennenswerte Fauna und Flora, sah man von den großen Vogelkolonien an der Küste ab, die sich aber hauptsächlich aus dem Ozean ernährten. Ursprünglich, in den ersten Tagen der Kolonisten, war sie lediglich eine Forschungsstation gewesen, aber bereits nach kurzer Zeit etablierte sie sich als beliebtes Ausflugziel für die Vorfahren, denn Galadriels Schleier war nur von der Südhalbkugel aus zu sehen. Während des Vergessens war sie unbewohnt, die Einrichtungen waren im Laufe der Jahrhunderte verfallen, wurden aber vor siebzig Jahren wieder aufgebaut. Wer dieser Insel allerdings den Namen Paradiso gegeben hatte, das fragte sich Joshua schon.

Das Shuttle sank schließlich tiefer und setzte nach etwa zwei Stunden Flugzeit zum Landeanflug an. Die Flugbahn des Shuttle war so gewählt, dass es zunächst parallel zur Insel dahinschwebte, um schließlich in einer weiten Rechtskurve über ein mächtiges Gebirge in Richtung Inselmitte zu gleiten, dort, wo sich Landebahn und Tourismuszentrum befanden. Obwohl sämtliche Passagiere den Landeanflug auf den großen 3D-Bildschirmen vor oder über sich bequem verfolgen konnten, drückte sich Joshua am Fenster die Nase platt, um jede auch nur erdenkliche Einzelheit des Landeanfluges in sich aufzunehmen. Vater hatte gute Plätze gebucht und ihm den Fensterplatz überlassen; schließlich war er das Geburtstagskind und ihm stand dieses Privileg zu.

Der ewige Wind zerrte an dem Shuttle, so dass es kurz bockte, aber das war nichts, was einen Anemoianer beunruhigen konnte.

Als ein besonderer Höhepunkt eines jeden Landeanfluges erwies sich das überwältigende Panorama des Denubayn-Gletschers, der sich in Jahrmillionen von einem Hochgebirge auf der gegenüberliegenden Seite fast über die gesamte Länge der Insel durch die unwirtliche Landschaft gefressen hatte und an der Ostspitze von Paradiso in den Großen Ozean ragte. Joshua hätte schwören können, die in den Ozean ragende Steilwand wäre nur wenige Meter hoch, aber ein Ausflugsdampfer, der in sicherem Abstand zum Gletscher in den seichten, kalten Wellen des Ozeans vor sich hin dümpelte, vermittelte ihm einen Vergleich, der seinen Atem stocken ließ. Er hatte keinerlei Ahnung, wie groß genau der Ausflugdampfer war, aber er wirkte vor der Steilwand nur wie Spielzeug. Der Gletscher mochte hundert, vielleicht zweihundert Meter hoch sein (tatsächlich waren es zweihundertdreißig, wie er später erfuhr). Es war die Jahreszeit, in der der Gletscher verstärkt kalbte. Bevor das Shuttle langsam nach rechts einschwenkte, sah er, wie sich ein riesiger Brocken kalt und bläulich glimmenden Eises, vielleicht hundert Meter hoch und dreißig breit, sich von dem Gletscher löste und wie in Zeitlupe in einer hohen Fontäne in den Ozean krachte. Das Hologramm vor ihm vermittelte keinerlei Geräusche und auch durch die druckdichten Fenster war nichts zu vernehmen, aber Joshua glaubte den infernalischen Lärm geradezu zu hören, den dieses Naturschauspiel zweifellos auslöste.

Er ließ erst von der Scheibe ab, als eine Frauenstimme ankündigte, dass die Landung in wenigen Minuten stattfinden würde.



Fortsetzung folgt....
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Re: Die Olfaktoren . eine NON-PR-Fangeschichte

Beitrag von Schnurzel »

2. PARADISO, ANEMOI, 72 n.V.

Nachdem Joshua und seine Eltern ihre Zimmer bezogen und man zu Abend gegessen hatte, entschuldigte sich seine Mutter. Joshua und sein Vater begaben sich in die gut besuchte aber nicht überfüllte Beobachtungskuppel, wo sein Vater bereits im Voraus gute Plätze reserviert hatte.

Joshua spürte, wie Blicke sie verfolgten. Vater war zwar bei weitem nicht so bekannt, wie so manch anderer Politiker, aber dennoch eine Person des öffentlichen Lebens. Sie wurden allerdings nicht angesprochen und gar nicht erst belästigt, wofür Joshua sehr dankbar war.

Sie setzten sich in die bequemen Liegesessel, die etwas abseits vom Trubel standen und ließen den Anblick der Struktur am Nachthimmel schweigend auf sich einwirken. Bei Galadriels Schleier handelte es sich um einen sogenannten Emissionsnebel, dessen Staube und Gase das Licht naher, junger Sterne in den verschiedensten Farben emittierte, je nachdem welche Elemente vorherrschten. Rot in allen Schattierungen war dominierend: zinnoberrot, scharlachrot, weinrot, karminrot, aber auch Nuancen von ultramarinblau, azurblau, cyanblau über türkis, blaugrün, smaragdgrün und hellgrün bis hin zu zitronengelb, goldgelb und orange.

Bei einer Entfernung von nur 236 Lichtjahren füllte Galadriels Schleier große Teile des südlichen Himmels aus. Schleierartige Gebilde, Schlieren gleich und Lichtjahre lang, die sich, wie die Stränge einer DNS, umeinander wanden. Die unzähligen Farbschattierungen verschmolzen zu einer einzigartigen Symphonie, die die Sinne verwirrte. Der Nebel schien dabei wie ein lebender Organismus zu wabern, was aber nichts als pure Einbildung war. Vielleicht taten dies die Schleier tatsächlich, aber wenn, dann in einer Geschwindigkeit, dass ein Mensch Jahrzehnte oder Jahrhunderte damit verbringen konnte, um auch nur eine Bewegung als solche zu erkennen.

Eine Weile saßen sie nur da. Joshua starrte gebannt auf die Lichtgestalt am Himmel, während sein Vater nachdenklich an seinem Drink nippte. Vater hatte nicht zu viel versprochen. Joshua hatte schon oft Holos von Galadriels Schleier gesehen, aber der Anblick des Nebels am Nachthimmel war schlichtweg majestätisch und unvergleichlich. Er trank seine Schönheit in sich hinein.

Schließlich fragte sein Vater: „Woran denkst du?"

„Wer war sie?" Vater hob fragend eine Augenbraue. „Galadriel, meine ich."

„Keine Ahnung." Vater zuckte mit den Achseln. „Dieses Wissen ging im Vergessen verloren. Es existieren keine Aufzeichnungen darüber. Vielleicht war sie eine Königin oder eine Prinzessin aus den Zeitaltern, als die Menschen noch glaubten, die Erde sei der Mittelpunkt des Universums."

„Als sich die Menschen noch auf den Rücken von Pferden über die Welt bewegten", flüsterte Joshua, nicht ohne vor Ehrfurcht zu erschauern.

Sein Vater musste unwillkürlich lachen. „Mein Sohn, hier gibt es auch Pferde, vergiss das nicht! Du hast selbst mal auf einem gesessen. Auf Naomis Farm, weißt du noch?"

Als die ersten Siedler vor mehr als sechshundert Jahren auf Anemoi landeten, brachten sie auch Tiere von Tara mit, vor allem Tiere, die ursprünglich von der Erde stammten. Dies erwies sich anfangs als nicht unproblematisch, denn obwohl Anemoi der Erde in allen Belangen sehr ähnelte, sogar noch mehr als Tara, stellte sich heraus, dass einige Tier- und Pflanzenarten hier nicht heimisch wurden. Das Pferd aber, eines der ältesten Weggefährten des Menschen, hatte sich aber durchgesetzt. Vor allen Dingen in den dunkelsten Epochen des Vergessens dienten Pferde als effektives Fortbewegungsmittel. Heute gab es immer noch einige Pferdefarmen auf Anemoi, vor allem im Süden des Nordkontinents, in der Tiefebene von Miramar, eine ansonsten dünn besiedelte Steppenlandschaft, wo hohe Gräser im Wind wogten.

„Erzähle mir von Tara und von dem Feigen Überfall", verlangte Joshua schließlich. Sein Vater seufzte. Trotz der langen Zeit, die das Vergessen angedauert hatte, gab es noch genügend Aufzeichnungen vom Ursprungsplaneten der Menschen, der Erde, der Liga von Tara, dreieinhalbtausend Lichtjahre von der Erde entfernt, und dem Feigen Überfall - unbekannte blitzende Raumschiffe in bizarren Formen, die ohne Vorwarnung über die Ligaplaneten herfielen. Viele der damaligen Aufzeichnungen gingen zwar während des Vergessens verloren, das was übrig blieb konnte aber zumindest ein grobes Bild darüber abgeben, was vor ungefähr sechshundert Jahren geschehen war. Joshua kannte diese Geschichten alle, zumindest diejenigen Aufzeichnungen, die der Öffentlichkeit zugänglich und nicht unter Verschluss waren. Er hatte sie bestimmt hundertmal gehört oder gesehen. Aber es war wie ein Ritual. Sie sahen sich ziemlich selten und Joshua genoss es sichtlich, wenn sein Vater die wenigen Male im Jahr zuhause war. Wie oft saßen sie in der Abenddämmerung im Wintergarten und starrten zunächst schweigend auf das Lichtermeer von Fontaine herab. Und dann begann sein Vater mit seiner ruhigen, sonoren Stimme Geschichten zu erzählen von seinen Fahrten im All bis zu den fernen Gasriesen, Geschichten aus seiner Jugend, die er zu einem großen Teil auf den Pferdefarmen der Duncans verbracht hatte und von der Geschichte der Menschheit bis hin zum Feigen Überfall, der schließlich das Vergessen brachte. Nur das Vergessen selbst ließ er meist aus, denn niemand auf Anemoi erinnerte sich gerne an diese dunkle Epoche.

Diese Abende endeten meistens damit, dass Joshua in seinen Armen irgendwann einschlief und sein Vater ihn vorsichtig, ohne ihn zu wecken, zu Bett brachte. Er glaubte allerdings nicht, dass dies heute auch geschehen würde, denn er war zu aufgekratzt dafür. Wahrscheinlich würde Vater ihn ins Bett zwingen müssen. Oder er ließ ihn gewähren und so lange schlafen, dass er das Frühstück verpasste.

„Niemand weiß genau, wie dieser Konflikt endete." Nachdenklich blickte sein Vater auf Galadriels Schleier, als ob sich dahinter ein dunkles Geheimnis verbarg. „Vielleicht dauert er sogar noch an, nach all den Jahrhunderten. Fünfhundert Jahre Krieg. Wer kann sich das schon vorstellen. Aber das ist unwahrscheinlich: damals deutete alles auf eine verheerende Niederlage hin, auf den Untergang der Liga. Die Flotte war den Angreifern nicht gewachsen."

Er deutete auf den Nebel.

„Das galaktische Zentrum liegt ziemlich genau hinter Galadriels Schleier, etwa zwanzigtausend Lichtjahre in diese Richtung." Vater deutete auf einen cyanblauen Fleck auf der rechten Seite der Nebelstruktur.

„Man kann es von hier nicht sehen. Den letzten Menschen, denen es vergönnt war, um Galadriels Schleier herum zu fliegen und einen Blick auf das Zentrum zu werfen, lebten vor dem Vergessen. Selbst wenn wir das Geheimnis des Überlichtfluges wieder entdeckt hätten, würde ein solcher Flug ungefähr zweieinhalb Jahre und zurück noch mal genauso lange dauern. Selbst dann würden wir nicht sehr viel sehen, nur eine Ansammlung von Sternen, deren Abstände zueinander in Richtung Zentrum immer geringer werden. In der Mitte der Galaxie sitzt unsichtbar ein riesiges Schwarzes Loch und verschlingt pausenlos Gase, Staub und selbst Sterne, so wie eine Grasorchel Nüsse verschlingt und nie genug davon haben kann."

Er grinste bei dem Vergleich und deutete wieder auf den blassen Fleck. „Nochmal dreißigtausend Lichtjahre hinter dem galaktischen Zentrum liegen die Planeten der Liga von Tara. Mit dem schnellsten Raumschiff, das es damals gab, hätte man ungefähr fünfhundertsiebzig Jahre benötigt, um in den Bereich der Liga zu gelangen, vielleicht sogar das eine oder andere Jahrzehnt mehr, denn dieses Raumschiff hätte um den galaktischen Kern herumfliegen müssen, weil es nicht mitten hindurch kann. Eine sehr lange Zeit. Wenn es das Wurmloch nicht gegeben hätte."

„Das Wurmloch gibt es nicht mehr, nicht wahr?"

Sein Vater nickte. „So ist es. Es ist im Chaos, das auf den Feigen Überfall folgte, kollabiert. Es war stabil, das einzige, das die Liga je entdeckt hatte. Es brachte die Raumschiffe innerhalb von Sekunden über einen Abgrund von fünfzigtausend Lichtjahren." Er dachte nach. „Vielleicht hat man es ja absichtlich kollabieren lassen, um uns zu schützen.“

Er schwieg wieder und sah hoch zu Galadriels Schleier. Joshua folgte seinem Blick und starrte ebenfalls auf das unglaubliche Gebilde aus Staub und Gasen, bis seine Augen brannten. Schließlich begann er schläfrig zu werden, seine Augenlider flatterten.

Joshua schrak hoch, als der Kom seines Vaters piepste. Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war. Minuten, Stunden? Er blickte sich um. Die Beobachtungskuppel war leerer geworden, niemand mehr in ihrer unmittelbaren Nähe. Vater stellte den Kom auf „laut“.

„Russ!" Es war die Stimme von einem von Vaters Leuten, gleichzeitig ein alter Freund, den Joshua vor einigen Monaten kennengelernt hatte, als sein Vater das letzte Mal auf der Oberfläche gewesen war. Wie hieß er noch? Joshua konnte sich nicht mehr erinnern, schon gar nicht in diesem schläfrigen Zustand. Wie er aussah, wusste er komischerweise noch: groß, kräftig, vielleicht ein paar Pfunde zuviel, mit einem warmen Blick und einem jungenhaften Lächeln, obwohl er doch viel älter war als sein Vater, fünfzig, vielleicht sechzig. Joshua mochte ihn auf Anhieb. Erst recht, als er ihm eines Abends, als sie bei seiner Familie zum Essen eingeladen waren, Geschichten aus dem Zeitalter des Vergessens erzählte, Geschichten, die selbst sein Vater nicht kannte (oder nicht erzählen wollte). Er argwöhnte zwar, sie könnten erfunden sein, so unglaublich hörten sie sich an, aber letztendlich war dies Joshua auch egal, solange er in diese warmen, grauen Augen blickte und diese so sehr seinem Vater ähnelnde tiefe sonore Stimme hörte, der er gebannt lauschen konnte. Er hätte sich diesen Mann durchaus als Großvater vorstellen können.

Diese Stimme klang nun ziemlich aufgeregt, ganz anders, als er sie in Erinnerung hatte. Joshua versuchte seine Schläfrigkeit abzuschütteln und sich in seinem Sessel aufzurichten. Der Name, verflixt noch mal, wie war noch mal der Name?

„Ja, Georgio, was gibt es?" brummte sein Vater. Joshua sah, dass auch sein Vater Mühe gehabt hatte wach zu bleiben und wie er versuchte, die Schläfrigkeit abzuschütteln. „Du weißt, ich habe ein paar Tage Urlaub, mein Sohn feiert heute seinen Geburtstag, ich bin mit meiner Familie auf Paradiso und wir genießen den Anblick von Galadriels Schleier." Er grinste und unterdrückte ein Gähnen.

Ja, natürlich, Georgio aus dem Clan der Tocacellis, fiel Joshua ein. Die Tocacellis gehörten zu den kleineren, unbedeutenderen Clans, sesshaft an den unteren Südhängen des Beliosari-Canyons, außer bei Sonnenauf- und -untergang in tiefem Schatten, im Einflussbereich des mächtigen Buntazeande-Clans, der bedeutende Leute hervorgebracht hatte, vor allem im letzten Jahrhundert des Vergessens und auch noch heute. Joshua erinnerte sich, Medikia Buntazeande öfter in den Nachrichten gesehen zu haben, als Sprecher der Regierung. Von den Tocacellis hingegen hatte es niemand zu irgendetwas gebracht, außer Georgio, der der erste Tocacelli war, der je in den Weltraum vorstieß. Er war einer von Vaters Stellvertretern an Bord der Orbitalstation Stolz des Nordens, die in einem Orbit schwebte, der in kurzen Abständen genau über den Beliosari-Canyon hinweg führte. Joshua ertappte sich dabei, senkrecht in den Himmel zu blicken, bis ihm einfiel, dass er sich Tausende Meilen südlich seiner Heimat auf Paradiso befand. In einer klaren Nacht konnte man die Station vom Wintergarten der MacAillans aus bisweilen als kleinen, über den Nachthimmel huschenden Punkt sehen, wenn man ihn in dem Sternengewimmel nicht gleich wieder aus den Augen verlor.

„Ich werde mich bitter rächen", fuhr sein Vater fort und hatte Mühe, seine gespielt ernste Miene aufrecht zu erhalten, "das weißt du, mein Freund, sollte es nicht sehr wichtig sein, wie zum Beispiel..." Es war spaßig gemeint, stellte Joshua fest, aber genau in der Sekunde, in der sein Vater den Satz jäh beendete, veränderte sich seine Miene, als hätte er etwas Ungeheuerliches ausgesprochen.

„Wir haben Kontakt!", rief Georgio, die Stimme kurz vor dem Überschnappen. Es war Joshua nicht klar, ob er lachte oder weinte. Vielleicht beides. „Wir haben den ersten Kontakt!"

Sein Vater, der inzwischen aufgestanden war, ließ sich wieder schwer in den Sessel sinken. Seine Miene drückte nichts anderes als Fassungslosigkeit aus. „Zu früh, viel zu früh. Wie ist das möglich?", murmelte er.

Joshua konnte die Fassungslosigkeit seines Vaters nachvollziehen, denn er hatte ihm viel von seiner Arbeit erzählt. Seit zweiundzwanzig Jahren sandte man pausenlos Signale ins All hinaus, um Kontakt mit den beiden anderen Planeten aufzunehmen, die vor dem Vergessen in diesem Raumsektor von Menschen besiedelt worden waren. Dieser Kontakt war in den ersten Wirren des Vergessens abgebrochen. Man vermutete, dass die Sekte auch diese Welten unter ihre Kontrolle gebracht hatte.

Die nächste Welt, Thetys, war zwanzig Lichtjahre entfernt in Richtung der galaktischen Ebene. Der fernere dieser Planeten hieß gemäß den alten Aufzeichnungen Desidera, in Richtung des galaktischen Randes etwa zweiundsiebzig Lichtjahre entfernt. Die damalige Zentralregierung hatte beschlossen, mit starken Sendern aus dem Orbit Kontakt zu diesen Kolonien aufzunehmen. Die Funksprüche rasten nun seit der Zeit vor seiner Geburt mit Lichtgeschwindigkeit durch das All. Sie waren auf die Kolonien gerichtet, damit möglichst niemand, der unbefugt war, Notiz von ihnen nehmen konnte, erst recht nicht Der Feind, obwohl man bezweifelte, dass er hier in diesem fernen Raumsektor nach so langer Zeit überhaupt anzutreffen war.

Niemand wusste, was in den fünfhundert Jahren des Vergessens aus den beiden Kolonien geworden war, ob sie überhaupt noch existierten. Aber es gab auch niemanden, der zur Zeit eine Antwort erwartete, denn die Funksprüche brauchten im Fall Thetys zwanzig Jahre in die eine und dieselbe Zeit in die andere Richtung. Noch achtzehn Jahre, sollte Thetys ohne zu zögern geantwortet haben. Und sollten sie technologisch dazu in der Lage sein, dachte Joshua. Die Antwort aus der anderen Kolonie würde vielleicht nicht einmal er zu Lebzeiten erleben, so weit entfernt war sie.

Doch was bedeutete es, dass sie bereits nach zweiundzwanzig Jahren Antwort bekamen? Waren es ... andere? War es gar doch Der Feind? Joshua schauderte.

„Wir haben Kontakt mit einer Delegation von Thetys", hörte er Georgio Tocacellis erregte Stimme aus dem Kom. Also nicht Der Feind, stellte Joshua erleichtert fest. Aber er kapierte nicht recht, wieso Thetys schon so früh antwortete. Sein Vater schwieg und machte einen sehr nachdenklichen Eindruck.

„Ich weiß, ich weiß, alter Freund", ertönte Georgios Stimme von neuem, „du denkst, der alte Georgio sei reif für ein Bad im Gletschersee, nicht wahr? Nein, vor genau einer Stunde ist das alles tatsächlich so passiert, ich schwöre es. Zuerst habe ich die Präsidentin informiert, nun dich. Von ihr soll ich dir ausrichten, dass du sofort deine Sachen packen und zur Stolz aufbrechen sollst. Wir brauchen dich hier. Dringend!"

„Erkläre mir eins", fand sein Vater schließlich seine Stimme wieder. Sie klang rau. „Wie...". Er brach ab. Joshua sah, dass es hinter seiner Stirn arbeitete. Er wusste, sein Vater hatte sich bereits die eine oder andere Möglichkeit überlegt, erkannte aber auch an seiner Miene, dass ihm nicht alles davon gefiel.

„Ich habe dir ein ausführliches Memo auf deinen Kom geschickt. Die Präsidentin hat außerdem vor, sich in etwa zwei Stunden an die Öffentlichkeit zu wenden. Zuviel ist schon durchgesickert, als dass es sich noch länger geheim halten ließe, obwohl es erst eine Stunde her ist. Nur soviel: Der Funkspruch kommt nicht von Thetys, ich sag’s nochmal: er kommt nicht von Thetys!“

Georgio Tocacelli machte eine Pause, entweder um Luft zu holen, oder um seinem Freund und Vorgesetzten die Gelegenheit zu geben, die Information zu verdauen. Er fuhr fort:

„Ein Raumschiff mit Thetyanern an Bord fliegt gerade mit fünf Prozent Lichtgeschwindigkeit in unser System ein. In neun Tagen, Russ, in neun Tagen, werden sie in einen Orbit um Anemoi einschwenken und wir werden uns Angesicht in Angesicht gegenüber stehen. Wir hatten sowohl Audio- als auch Videokontakt. Mach dich auf ziemliche Überraschungen gefasst und sieh zu, dass du deinen Hintern hierher bewegst. Georgio, Ende!"

Sein Vater klappte den Kom zu und blickte seinen Sohn schweigend an. In seinen Augen stand Entschlossenheit, aber auch Bedauern.

Zwei Stunden später war er unterwegs zur Orbitalstation, ließ zurück, was er immer zurückließ, wenn es soweit war, ins All zurückzukehren. Aber diesmal war alles anders.

Irgendwie ahnte Joshua, dass er gerade einer Zeitenwende beiwohnte. Der Verstand eines Zwölfjährigen war noch nicht so geschult, um zu realisieren, welche Auswirkungen dieses Ereignis auf Politik und Gesellschaft haben mochte, aber Änderungen würde es geben, das spürte er. Zum Guten oder zum Schlechten, dies würde sich noch herausstellen.



Fortsetzung folgt ...
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Re: Die Olfaktoren . eine NON-PR-Fangeschichte

Beitrag von Schnurzel »

3. FONTAINE, ANEMOI, 76 n.V.

An seinem sechzehnten Geburtstag stand Joshua an der Plexiplastscheibe des großen Wintergartens der MacAillans und starrte versonnen nach Süden. Die andere Seite des Canyons lag etwa fünf Kilometer entfernt in tiefem Schatten; Konturen waren nur wenige zu erkennen. Genau vier Jahre waren es nun schon her, seit sich die Weltsicht der Menschen auf Anemoi radikal verändert hatte. Und eine dieser Veränderungen befand sich gerade mal zwei Meter von ihm entfernt.

Verstohlen schaute er nach rechts, wo Dala stand, die schöne Thetyanerin. Sie trug wie immer einen hautengen Einteiler, diesmal in der Grundfarbe lindgrün, auf dem sich in allen anderen Farben des Regenbogenspektrums Kreise drehten, Blitze zuckten und Wellen schlängelten; die Figuren wirkten an den Rändern zerfasert oder verschwommen, dass einen schwindelte, wenn man sie länger betrachtete. Vielleicht war das ja Absicht, überlegte Joshua. Der Einteiler ging bis zum Halsansatz und endete an den Handgelenken, ließ aber die Fußknöchel frei. Ihre Füße steckten in einer Art Mokassin. Diese sich auf der Kleidung bewegenden Figuren waren der letzte Schrei auf Thetys, wie Dala beteuert hatte.

Die Älteren, vor allem aus der Generation, die noch während des Vergessens aufgewachsen war, hielten diese Art der Bekleidung für unschicklich, aber Joshua gefiel, was er an weiblichen Rundungen sah. Er errötete bei dem Gedanken, der Schweiß brach ihm plötzlich aus und er wandte sein Gesicht ab. Mein Gott, sie war schon achtzehn! So viel älter!

Joshua fragte sich, ob Dala roch, was ihm gerade durch den Kopf ging. Es hieß, die Zed’hä könnten die Gefühle von Menschen riechen, aber bei Dala war er sich da nicht so sicher. Jedenfalls hatte sie diese Fähigkeiten bisher noch nicht zu erkennen gegeben, nicht in seiner Anwesenheit.

Auf ihrer Schulter saß ein rabengroßer, rot-schwarz gefiederter Vogel, Keyshea, die Tierschwester von Dala, die Joshua, wie meist, misstrauisch beäugte.

Dala und Keyshea konnten mit Hilfe neuraler Biochipimplantate auf empathischer Basis lautlos miteinander kommunizieren. Wie genau sich das abspielte, das erschloss sich Joshua nicht und auch sonst keinem Anemoianer. Die Thetyaner machten ein großes Geheimnis daraus, was manche misstrauisch werden ließ. Der Zentralregierung gefiel dies zwar auch nicht, aber sie versuchte es zu ignorieren, denn der Aufbau eines Vertrauensverhältnisses zum Schwestervolk war nach fast sechshundert Jahren Trennung wichtiger als Dinge, die Misstrauen fördern konnten.

Jedenfalls waren die Thetyaner wahre Meister in Biotechnologie und Gentechnik, geboren aus der Notwendigkeit, ihre Bevölkerung ernähren zu müssen. Aber nicht nur ihre wissenschaftlich-technologische Entwicklung war seit Beginn der Isolation der Eastside-Kolonien anders verlaufen. Während die Anemoianer, wie damals die alten Taraner, noch immer beinharte Terra-Nostalgiker waren, hatten sich die Thetyaner auch gesellschaftlich in eine etwas andere Richtung entwickelt. Irgendwie waren sie lockerer drauf, fand Joshua.

Dala war die Tochter von Menusan Zanodi, einer der Betreuer der Zed’hä. Die Fremden und ihre Betreuer wohnten normalerweise im neu errichteten Botschaftsgebäude, dessen meisten Räumlichkeiten auf die Bedürfnisse der Zed’hä zugeschnitten waren, aber da die Bauarbeiten noch nicht komplett abgeschlossen waren, hatte man Menusan und Dala Zanodi sowie Selya, Dalas Mutter, eine gewöhnliche Thetyanerin, vorläufig bei den MacAillans einquartiert.

Als Betreuer besaß Menusan Zanodi einen operativ verbesserten Geruchssinn. Dala hatte diese Fähigkeit auch, sogar noch ihrem Vater überlegen, denn ihr Geruchssinn war noch in der befruchteten Eizelle genetisch optimiert worden. Sie befand sich allerdings noch in der Ausbildung zur Betreuerin. Optisch verliehen die übergroßen Nasen von Menusan und Dala ihren Fähigkeiten Ausdruck. Ein Anblick, für Joshua zwar immer noch gewöhnungsbedürftig, der aber Dalas Schönheit keineswegs in Frage stellte. Ein Blickfang in jeder Beziehung.

Doch so sehr ihr Geruchssinn dem eines normalen Menschen überlegen war, so war er doch rudimentär im Vergleich zu dem eines Zed’hä. Aber es half, sich mit den Zed’hä besser zu verständigen und sie besser zu begreifen.

Hinter ihr stand das kleine Grüppchen Zed’hä, fünf an der Zahl aus der Großfamilie, die sich entschlossen hatte, die diplomatischen Aufgaben auf Anemoi wahrzunehmen. Diese Großfamilie nannte sich Mik’zäntik, oder so ähnlich; in Wirklichkeit klang ihr Name weitaus abenteuerlicher, aber menschliche Zungen vermochten diesen unaussprechlichen Namen nicht korrekt zu artikulieren. Selbst Dala und ihren Vater misslang dies, obwohl sie tagtäglich mit diesen Wesen zu tun hatten. Wenigstens beherrschten beide die Sprache der Zed’hä soweit, dass sie verstanden wurden.

Die drei Kinder des Ersten Ehepaares waren anwesend, ein Botschaftsangestellter (ein hohes Tier, wenn es Joshua richtig verstanden hatte, dessen Name er sich allerdings nicht merken konnte) sowie jemand, der sich der „Künstler“ nannte, was auch immer die Zed’hä unter einem Künstler verstanden. Sicherlich nicht das, was Menschen darunter verstanden, dachte Joshua. Jedenfalls war dieser Künstler einer von wenigen Zed’hä, die ganz passabel die Sprache der Menschen sprachen, so gut jedenfalls, wie es seine Sprechwerkzeuge erlaubten.

Die Zed’hä ähnelten Riesenfaultieren mit relativ kurzen Gliedmaßen, zwei Arme und zwei Beine, die, soweit es die Arme betraf, in Händen mit sechs feingliedrigen Fingern endeten. Ihre Physiognomie ähnelte der eines Nagetieres. Herausragend, im wahrsten Sinne des Wortes, waren die überdimensionierten Nasen, das Hauptwahrnehmungsorgan der Zed’hä. Diese Nasen endeten in zwei Hautlappen, die äußerst beweglich waren und als Greiforgane dienten, eine dritte Hand gewissermaßen, wenn auch nicht so fingerfertig wie die eigentlichen Hände.

Joshua blickte auf sie herab. Er hatte noch keinen Zed’hä gesehen, der größer als ein Meter fünfzig gewesen wäre.

Die Zed’hä trugen Kontaktlinsen wegen des grellen Sonnenlichtes. Ihre Heimat war ein erdgroßer Mond im Orbit um einen Gasriesen, eine warme, feuchte, nebelverhangene Welt im ewigen Dämmerlicht, auf der Sichtweiten über dreißig Meter eine Rarität waren. Diese Randbedingungen hatten ihre olfaktorischen Fähigkeiten begünstigt und ihren optischen Wahrnehmungssinn in den Hintergrund treten lassen.

Sie trugen ebenfalls spezielle leichte Anzüge, die ihre Haut feucht hielten, denn das Klima auf Anemoi war ihnen zu trocken und windig. Einige Stunden ungeschützt im Sonnenlicht oder Wind konnte bei einem Zed‘hä einen Kreislaufkollaps hervorrufen. Auf ihrer Welt, die ebenfalls einen unaussprechlichen Namen trug, von den Menschen allerdings salopp Lavadero genannt wurde (was in einer der Alten Sprachen so viel wie „Waschküche“ bedeutete), trugen die Zed’hä lediglich schmucklose leichte Gewänder, vergleichbar mit menschlichen Nachthemden.

Leichte Atemmasken, die sie über ihre Rüsselnasen stülpen konnten, sorgten dafür, dass sie das richtige Luftgemisch atmeten, wenn ihnen danach war, denn der Anteil an Kohlendioxid in der Atmosphäre ihrer Heimatwelt lag deutlich höher als auf Anemoi. Aber im Moment baumelten die Masken unbenutzt von ihren Schultern. Da diese Masken ihren olfaktorischen Wahrnehmungssinn behinderten und die handwerklichen Fähigkeiten ihrer Rüssel einschränkten, benutzten die Zed’hä sie nur, wenn es unbedingt sein musste. Normalerweise war die für sie dünne Atemluft auf Anemoi kein Problem.

Insgesamt wirkten diese Wesen doch recht humanoid, wenn man die Fremdartigkeit der Flora auf ihrer Heimatwelt bedachte.

In dem Raum hielten sich noch Donald auf, der Clanälteste der MacAilians, sowie Dalas Vater, in seiner Eigenschaft als Betreuer, mitsamt seinem Tierbruder, einer echten Hauskatze (von der es hieß, dass sie keinem der vielen Klonprogramme der Thetyaner entstammte, sondern ihren Stammbaum sogar bis nach Terra zurückverfolgen konnte) und Joshuas Mutter Carlotta. Sein Vater befand sich, wie meist, im All.

Der letzte in ihrer Runde war ein Mann mit einem wettergegerbten, verschlossenen Gesicht. Er trug den Namen Migel Onyali.

Reginald, das langjährige Clanoberhaupt der Duncans, verstarb Anfang des Jahres im sagenhaften Alter von einhundertundvier Jahren und da seine Kinder selbst schon jenseits der siebzig waren und sich zu alt für die Aufgabe fühlten, leitete nun sein Enkel Robert, der älteste Sohn von Dylan, die Geschicke des Clans. Die Duncans hatten ihre Finger wie schon immer in vielerlei Dingen, und so leitete Roberts Schwester Naomi (und somit die Cousine seines Vaters) einer der größten Pferdefarmen des Planeten, etwa dreihundert Kilometer entfernt in den Grassteppen von Miramar. Onyali war ihr Verwalter und hatte den Auftrag, die Reisegesellschaft flussabwärts zu begleiten und sie während ihres Aufenthaltes auf der Farm zu betreuen. Aufgrund seiner Verdrießlichkeit glaubte Joshua zu erkennen, dass ihm die Aufgabe nicht behagte, aus welchen Gründen auch immer. Vielleicht lag es an den Zed’hä. Nicht jeder mochte sie.

Joshua rümpfte die Nase. Das konnte ja heiter werden. Ihm war Onyali vom ersten Augenblick an unsympathisch, er musste sich aber mit ihm arrangieren, wollte er die nächsten Monate überstehen, denn während nach der Besichtigung der Farm alle anderen wieder nach Fontaine zurückkehren würden, würde er bleiben und ein mehrmonatiges Praktikum auf der Farm seiner Großcousine antreten, gewissermaßen unter den Fittichen von Migel Onyali.

Sie alle hatten sich bereits einander vorgestellt, aber nach dem Austausch erster Höflichkeiten war nun Schweigen eingekehrt.

Joshua räusperte sich schließlich und sagte zu Dala, auf ihre leichten Mokassins deutend: „Während der Reise wirst du allerdings anderes Schuhwerk brauchen.“ Er wollte noch auf den Einteiler zu sprechen kommen, unterließ es aber im letzten Moment, wieder leicht errötend.

Dala lachte glockenhell. „Keine Sorge, Joshua. Ich besitze auch Kleidung, die dem Anlass angemessen ist. Alles schon gepackt.“

Soeben betrat ein weiterer Mann den Raum und Donald MacAillan bat mit einer unwirschen Handbewegung in Richtung der beiden Jugendlichen um Ruhe.

„Der Duncan-Clan hat Sie alle eingeladen, seine große Pferdefarm im Süden zu besichtigen. Im Normalfall hätten Sie einen Gleiter bestiegen und wären in spätestens anderthalb Stunden auf der Farm gewesen.“ Er schnaubte verächtlich. „Pffft. Wie langweilig!“

Er wies auf den Neuankömmling. „Dies ist Kapitän Rashita. Er führt eines der letzten dampfbetriebenen Passagierschiffe auf diesem Planeten voller Gleiter, Raumschiffe, Fusionsmeiler und weiterer hochmoderner Errungenschaften. Das Schmuckstück heißt Liemba. Sie ist sogar noch älter als ich. Und ich hoffe, sie hält länger durch.“ Er seufzte. „Ein Ort romantischer Erinnerung an alte Tage, vielleicht nicht besser als die heutigen, aber unbeschwerter. Die Liemba wurde einem prähistorischen Dampfschiff auf Terra nachempfunden und diente während des Vergessens viele Jahrzehnte dem Fähr- und Frachtdienst zwischen dem Canyon und den Farmen. Ich als Clanältester der MacAillans bin stolz, Ihnen dieses Schiff für eine unvergessliche Flussreise zur Verfügung zu stellen. Genießen Sie die Schönheit unseres Planeten. Zumindest für die nächsten dreihundert Kilometer beziehungsweise zwanzig Stunden. Einschließlich eines etwa achtstündigen Aufenthaltes nach etwa der Hälfte der Strecke, während einer hoffentlich lauen Nacht, in der die Liemba vor Anker geht und Ihnen ein Festmahl unter dem Licht der Sterne serviert wird.“ Er räusperte sich. „Peitschenharzlaternen gibt es natürlich auch.“ Kerzenlicht war tabu, denn die Zed’hä mieden offenes Feuer, auch wenn es nur eine Kerzenflamme war.

Er blickte Joshua an, seine Augen glänzten warm. „Sozusagen ein Geburtstagsmahl für meinen Urgroßneffen Joshua. Herzlichen Gluckwunsch, Junge! Schade, dass ich nicht dabei sein kann, aber Sie wissen ja, das Alter! Und die Geschäfte!“

Er machte wieder einen seiner typischen ausladenden und oft theatralischen Gesten und wies auf den Schiffer. „Bitte nach Ihnen, Kapitän! Genießen Sie den Ausflug, meine Damen und, äh, meine Herren.“ Einen Moment war er sich wohl nicht schlüssig, welchem Geschlecht die Zed’hä angehörten, aber die fünf Fremden waren allesamt männlich. Joshua grinste. Manchmal benahm sich sein Urgroßonkel etwas tüddelig. Kein Wunder, er war immerhin neunzig Jahre alt!

Donald MacAillan wartete ab, bis der Künstler seine Rede für seine Artgenossen übersetzt hatte, dann setzte sich der Tross unter seiner Führung in Richtung des Liftes in Bewegung.



Fortsetzung folgt....
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Schnurzel
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Re: Die Olfaktoren . eine NON-PR-Fangeschichte

Beitrag von Schnurzel »

Es macht doch Sinn, gleich Kapitel 4 dranzuhängen, anstatt nach eine Woche zu warten:


4. SUNDANCE RIVER, ANEMOI, 76 n.V., gleicher Tag, abends

Das große Festmahl war vorüber und die Dunkelheit der mondlosen Nacht über das Land und das Schiff hereingebrochen. Joshua unterdrückte einen Rülpser und kämpfte gegen das Völlegefühl an. Sein Urgroßonkel hatte sich nicht lumpen lassen. Eine halbe Stunde nachdem sie am Ufer geankert hatten, war vor der untergehenden Sonne ein Gleiter am Horizont erschienen, an Bord der Chefkoch des Fünf-Sterne-Restaurants „Zum Zerbrochenen Krug“ mit reichlich Köstlichkeiten im Gepäck: Pochierte Eier der Krustenechse auf gesalzenen Scharlachbeerenplätzchen, ein feiner, leichter Sommersalat, garniert mit karamellisierten Turi-Nüssen und Spänen von geräuchertem Wildziegenkäse, butterweich geschmortes Steppenrennerfleisch vom Schenkel auf einem Bett von Zwiebeln und Wildknoblauch, frittierte und gezuckerte Larven des Vierkreuzflüglers und eine süß-saure Creme von verschiedenen Waldbeeren aus dem fernen Westen – das hatte Joshua jedenfalls gegessen, nur ein Teil dessen, was aufgetischt wurde. Alles abgestimmt auf den Gaumen und natürlich die Nase der Zed’hä. Dieses Volk bestand aus wahren Feinschmeckern, das musste man ihnen lassen. Oder sollte man Feinriecher sagen? Auf jeden Fall wurde die Kunst der Essenszubereitung bei den Zed’hä hoch geschätzt und ein Festessen galt als ein besonderes gesellschaftliches Ereignis, da es nicht nur ihren Geschmackssinn ansprach, sondern mehr noch ihren Geruchssinn.

Joshua sah sich um.

Überall hingen kleine Laternen herum, die das Vorderdeck in ein helles, aber warmes Licht tauchten. In ihnen wurde das Harz der mächtigen Peitschenbäume aus dem Westen verbrannt. Dieser Brennstoff war heute nur noch schwer zu bekommen, obwohl noch während des Vergessens ein ganzer Industriezweig davon lebte, dieses in getrocknetem Zustand gut brennbare Harz zu gewinnen und zu verkaufen. Damals waren solche Laternen weit verbreitet. Donald MacAillan galt als ein unverbesserlicher Nostalgiker, der auf noch so kleine Details achtete. Das Licht war nicht nur angenehm, das Harz roch auch gut. Würzig irgendwie. Joshua fragte sich, wie die Zed’hä diesen Geruch empfanden.

Er blickte sich um und entdeckte seine Mutter, Menusan Zanodi sowie den Künstler an der Reling sitzend. Sie unterhielten sich leise. Die anderen Zed’hä hatten sich nach dem Mahl in ihre Kabinen zurückgezogen, genau wie Dala, die sich nur rasch frisch machen wollte. Onyali war ebenso wenig zu sehen. Konversation schien nicht seine Stärke zu sein, wie er bereits beim Dinner bewiesen hatte.

Kapitän Rashita stand schweigend und wie in Bronze gegossen auf dem Kommandodeck, die Arme vor der Brust verschränkt, und starrte in die Dunkelheit.

Ein Mannschaftsmitglied bot auf einem Tablett Verdauungsschnäpse an. Joshua lehnte dankend ab. Es war unklug, sich unter den Augen seiner Mutter einen zu genehmigen. Er nahm stattdessen einen herrenlosen Stuhl und näherte sich der kleinen Gruppe.

Als Joshua in Hörreichweite kam, sagte der Künstler gerade: „Wort Weite bei uns nicht bekannt, nein nein. Erst seit Erforschung von Kosmos. Kosmos weit, sehr weit. Kunstwort, ja ja. Aber nicht für Steppe. Vergleichbares wie Steppe nicht auf unserer Welt, auch nicht auf Thetys. Keine Weite, nein nein.“

Joshua hatte Schwierigkeiten, ihn zu verstehen, denn der lippenlose Mund eines Zed’hä hatte so seine Probleme, ein „o“ oder ein „u“ zu artikulieren. Die Form der Zunge war dafür verantwortlich, dass das „l“ zu einem Schnalzlaut wurde, so wie viele andere Zisch-, Schnalz- und Klicklaute die Rede des Künstlers begleiteten. Vom Fehlen des „r“ ganz zu schweigen, da den Zed’hä das Zäpfchen im Rachen fehlte, was sie durch einen geschnalzten, kehligen Laut wettzumachen versuchten. Joshua musste sich daran erst gewöhnen, und auch seine Mutter kniff die Augen angestrengt zusammen, um den Worten des Künstlers zu folgen.

Thetys war eine warme und feuchte Welt, bedeckt mit endlosen Wäldern. Irgendein Mittelding zwischen Lavadero und Anemoi, dachte Joshua. Nur auf den Ozeanen von Thetys gab es so etwas wie eine endlose Weite, aber Joshua ging nach den Bemerkungen des Künstlers davon aus, dass er sie noch nicht bereist hatte. Wenn die Steppe die Zed’hä schockiert hatte, so würde es der Ozean erst recht tun. Ozeane gab es auf Lavadero nicht; die einzigen Wasserflächen waren kleine und meist sehr flache Seen.

Als Thetys kolonisiert wurde, hatte man große Waldflächen für Städte und die Landwirtschaft gerodet, sich aber in die Wälder zurückgezogen, als der Feige Überfall drohte, auf die menschliche Enklave jenseits des galaktischen Zentrums überzugreifen, und die freien Flächen wieder dem Wald überlassen, der sie sich innerhalb kürzester Zeit zurückholte. Es hieß, rief sich Joshua aus dem Unterricht in Erinnerung, dass die Thetyaner vor dem Feind besser verborgen gewesen waren, als die Anemoianer, denn Anemoi war ein Planet der Winde und der endlosen, vom Orbit aus gut einzusehenden Grassteppen. Lediglich der Canyon hatte Schutz geboten, sowie einige zugängliche Gebiete im Gebirge, die Wälder im Westen und die Roten Klippen an der Südküste. Die großen Weizenfelder und endlosen Viehherden hatte man aber nicht aufgeben können, schließlich war eine große Bevölkerung zu ernähren gewesen. Dieses Risiko war man gezwungenermaßen eingegangen. Die Thetyaner hatten das Ernährungsproblem im Schutz der Wälder und Elektropilze eleganter gelöst. Was den Anemoianern ihre Viehherden, waren den Thetyanern ihre Klontanks, in denen großindustriell Muskelfleisch gezüchtet wurde. Joshua schüttelte sich vor Abscheu.

Die Klontanks benötigten zwar elektrische Energie, aber da sie sich tief unter der Erde verbargen und die von ihnen ausgehende elektromagnetische Strahlung zudem noch von den auf Thetys heimischen Elektropilzen maskiert wurde, war eine Entdeckungsgefahr aus dem All gering.

Der Künstler fuhr in seiner holprigen Art fort: „Ergriffen ich bin von Schönheit Steppe, ja ja. Der Geruch: kein Vergleich mit Geruch von Wäldern, nein nein. Gras riecht trocken, riecht weit, riecht gefährlich. Feuer, Gefahr! Schockierend! Aber auch faszinierend, ja ja. Neue Erfahrung für Augen, diese Weite. Und Ohren, dies Pfeifen von Wind, ständig, ohne Pause. Neue Erfahrung, ja ja. Aber nicht gut begreifen in Geist.“ Er tippte mit einem seiner filigranen Finger in einer typisch menschlichen Geste an die Stirn.

Joshua konnte sich vorstellen, wie die optische und akustische Reizüberflutung auf die Zed’hä wirkte. Er selbst hatte einmal in einem Feld voller Tandiras gestanden und war schier betäubt von dem schweren Duft, den die Blüten verströmten. Ihm war schwindelig geworden, sein Herz hatte gerast. Erntehelfer benötigten Atemmasken, um nicht schon nach kurzer Zeit benebelt umzufallen.

Er erinnerte sich an den vergangenen Tag. Zunächst war die Reisegesellschaft mit Jeeps zum östlichen Ausgang des Canyons gefahren, an dem der Sundance nach Süden abknickte. Die Liemba wartete dort auf sie, denn der Fluss war im Canyon selbst nicht schiffbar, jedenfalls nicht für solch große Schiffe. Sie waren dann den ganzen Nachmittag den Sundance flussabwärts Richtung Süden getuckert, gemächlich mit zwanzig bis dreißig Knoten. Die Sonne hatte vom Himmel gebrannt, der Wind blies von Osten und brachte die Geräusche und Düfte der ewig wogenden Gräser mit sich, die hier bis an das Ufer heranreichten. Die anderen Zed’hä hatten sich unter einen Baldachin zurückgezogen, der ihnen Schutz vor Licht und Wind bot, nur der Künstler hatte die ganze Zeit fast unbeweglich an der Reling gestanden, zwar geschützt durch einen großen Sonnenhut und seinen Spezialanzug, aber seine Rüsselnase hatte sich unablässig bewegt, sog alles ein. Selbst Joshua konnte einige Gerüche voneinander unterscheiden: der typische Duft der Gräser und der frische Duft des Wassers, das hier nicht mehr so braun und aufgewühlt war wie im Canyon, sondern ruhig und klar dahinfloss. Am späten Nachmittag hatte der Geruch von verbranntem Gras in der Luft gehangen. Irgendwo im Osten musste ein Buschfeuer ausgebrochen sein, das im Regelfall aber durch die Buschfeuerwehr rasch unter Kontrolle gebracht wurde, um das wertvolle Vieh oder die Pferde zu schützen. Die Zed’hä jedenfalls waren sofort unruhig geworden. Obwohl sie wahrscheinlich das erste Mal in ihrem Leben verbranntes Steppengras rochen, brachten sie diesen Geruch instinktiv mit dem so verhassten Feuer in Verbindung.

„Unser Planet heißt nicht ohne Grund Anemoi“, sagte seine Mutter leise mit ihrer weichen, angenehmen Stimme und unterbrach Joshuas Überlegungen. „Die Anemoi galten in der Mythologie eines prähistorischen Volkes auf dem Ursprungsplaneten der Menschen als die Götter des Windes“. Sie lächelte versonnen. „Der Name allein klingt schon wie Poesie, aber das Wispern und Flüstern des Windes im Gras und sein gleichförmiges Wogen bis zum Horizont, das ist Poesie pur…“

Der Künstler ließ nicht erkennen, was er über Carlottas Worte dachte, denn er schwieg und hatte sich der undurchdringlichen Dunkelheit jenseits der Reling zugewandt, die Rüsselnase ausgestreckt, witternd. Joshua glaubte nicht, dass er Carlottas Worte nachvollziehen konnte. Schon das Wort „Horizont“ war für einen Zed’hä schwer begreiflich. Für den Künstler bestand Poesie aus Gerüchen, nicht aus wisperndem Gras, stampfendem Vieh, krächzenden Steppenrennern und der endlosen Weite in Grün und Grau.

In der Ferne stieß ein nächtlich jagender Raubvogel einen Schrei aus. Joshua fragte sich, wie der Künstler den Vogel wahrnahm: durch das Geräusch oder den Geruch. Wahrscheinlich ersteres, denn auch den olfaktorischen Fähigkeiten der Zed’hä waren Grenzen gesetzt, denn der Vogel klang sehr weit entfernt.

Joshua sah aus den Augenwinkeln einen dunklen Schatten auf sich zuhuschen und bevor er auch nur reagieren konnte, befand sich ein haariges und schnurrendes Etwas auf seinem Schoß und drückte den kleinen Kopf in seine Armbeuge.

Menusan Zanodi lächelte. „Offenkundig mag er dich.“ Im Gegensatz zu Dalas komischen Vogel, dachte Joshua verdrossen. Er begann, den Kater sanft im Nacken zu kraulen, was dieser mit noch lauterem Schnurren kommentierte.

Im Norden sank ein kleiner Lichtpunkt gemächlich der Oberfläche entgegen. Wahrscheinlich ein Passagier- oder Frachtshuttle aus dem Orbit. Oder eines der kleinen, schlanken Plastikraumschiffe der Fremden. Naja, nicht direkt Plastik, dachte Joshua, aber es war nur sehr wenig Metall in diesen Schiffen. Nicht, dass ihr Mond arm an Metallen wäre, aber die Zed’hä nutzten Feuer und Hitze nur, wenn es sich nicht umgehen ließ. Der Pflanzenbrei einiger Bäume auf Lavadero, versetzt mit speziellen Chemikalien, wurde zu allen Formen gegossen und geformt, die man sich vorstellen konnte, und das ohne jegliche Zufuhr von Wärme. Bestimmte Mischungen erreichten dabei Eigenschaften, die jene der besten Metalllegierungen der Menschen sogar übertrafen. Vor allem waren sie leichter. Metalle wurden daher für nur wenige Dinge benötigt. Die Bezeichnung „Plastikraumschiff“ hatte sich allerdings eingebürgert.

Mit einem solchen Schiff waren vor vier Jahren die ersten Thetyaner auf Anemoi gelandet. Die Thetyaner besaßen keine eigenen Raumschiffe, nicht einmal für planetare Raumfahrt. Ihre Qualitäten lagen auf anderen Gebieten.

Wie gesagt, mieden die Zed’hä das Feuer. Zwar hatten sie bereits früh in ihrer Entwicklungsgeschichte gelernt, dass tierische Produkte gegart bekömmlicher waren als roh, aber pflanzliche Kost wurde mit wenigen Ausnahmen ausschließlich roh verspeist (was sie allerdings nicht daran hinderte, gegartes Gemüse der Menschen als kulinarischen Genuss zu lobpreisen). Das Garen von Speisen fand traditionell ausschließlich außerhalb ihrer Behausungen statt und wurde immer noch von speziellen Köchen durchgeführt, von denen es mindestens einen in jeder Großfamilie gab. Auch wenn seit Jahrtausenden keine Speisen mehr am offenen Feuer gegart wurden, sondern in ofenähnlichen Geräten, hatte sich dieser Brauch gehalten.

Das Wenige, das die Zed‘hä an Metallen verarbeiteten, ging ohne extrem hohe Temperaturen allerdings nicht. Metallherstellung war bei ihnen ein seltener und hoch angesehener Beruf. Nur wenige Großfamilien widmeten sich ihm und auch nur wenige Familienmitglieder waren psychisch dazu in der Lage, ihn direkt und vor allem dauerhaft auszuüben. Der Rest der Großfamilie kümmerte sich um Verwaltung, Handel, Versorgung und solche Dinge.

Die Angst vor dem Feuer resultierte aus ihrer Entwicklungsgeschichte. Die Gezeitenkräfte des Gasriesen, die auf den Mond Lavadero wirkten, verursachten heftige tektonische Aktivitäten, die sich unter anderem in häufigen Erdbeben und Vulkanausbrüchen äußerten. Die Zed‘hä hatten, als sie noch primitive Lebewesen waren, einen Sinn entwickelt (ähnlich dem sechsten Sinn, der manchen irdischen Tieren nachgesagt wurde), solche verheerenden geologischen Ereignisse vorauszuahnen und rechtzeitig die Flucht zu ergreifen. Da dieser Sinn von allen Lebewesen auf Lavadero bei den Zed’hä am ausgeprägtesten war, hatten sie sich damals auch zur dominierenden Rasse auf ihrer Welt entwickelt. Trotzdem waren in prähistorischer Zeit viele Zed’hä in Lavaströmen oder klaffenden Felsspalten umgekommen, verbrannt vor allem in Lavaströmen, die zudem ganze Landstriche in Flammen aufgehen ließen.

Die jetzigen Siedlungsgebiete der Zed’hä, die Stabilen Zonen, erstreckten sich über etwa ein Drittel der Mondoberfläche, was wenig klang, aber im Vergleich zu Anemoi wiederum recht viel war, wenn man bedachte, dass beide Oberflächen fast gleich groß waren und die Landfläche von Anemoi auch nur rund vierzig Prozent der Gesamtfläche betrug.

Die Gezeitenheizung von Lavadero hatte allerdings auch ihr Gutes: die Bildung neuer organischer Stoffe mittels Photosynthese war wegen des Dämmerlichtes nur sehr eingeschränkt möglich, also holten sich die Pflanzen die notwendige Energie aus der durch die Gezeitenheizung erzeugten Wärme, die in geothermen Schichten nahe der Oberfläche gespeichert wurde. Das was den anemoianischen Pflanzen ihre Blätter, waren den lavaderischen Pflanzen ein sehr effektives Wurzelsystem, das hinunter bis in diese Schichten führte. Die Pflanzenwelt auf Lavadero erschien demzufolge ziemlich fremdartig.

Seit die Zed’hä sich auf die Stabilen Zonen beschränkten, hatte sich dieser spezielle Sinn im Laufe der Jahrzehntausende evolutionär etwas zurückentwickelt. Allerdings hatten es die Zed’hä geschafft, Geräte zu entwickeln, die diesen Sinn adäquat nachahmten. Diese Geräte waren ein großer Renner im Handel zwischen Menschen und Zed’hä. Obwohl Erdbeben und erst recht Vulkanausbrüche auf Anemoi recht selten vorkamen, dachte doch jeder an das Große Beben im Canyon vor rund dreihundertachtzig Jahren, als weite Teile der in den Fels gehauenen Höhlen zusammenstürzten und die Zahl der Verschütteten in die Zehntausende ging. Es war allerdings das einzig bekannte Beben in der Region gewesen, seit Anemoi besiedelt worden war und auch die Geologen fanden keinen Hinweis auf weitere Beben in den letzten zehntausend Jahren. Was nicht bedeutete, dass…

In Wirklichkeit waren auch die Stabilen Zonen auf Lavadero nicht hundertprozentig sicher, denn auch hier konnte es zu Erdbeben kommen, nur nicht in der Häufigkeit und Heftigkeit wie im Reich des Feuers, wie die Zed’hä den Rest der Mondoberfläche nannten.

Joshua hing eine Weile seinen Gedanken nach. Mort, der Kater von Menusan Zanodi, war des Kraulens inzwischen überdrüssig geworden und wieder lautlos mit der Dunkelheit verschmolzen. Die Unterhaltung zwischen den Erwachsenen drehte sich mittlerweile darum, wie die Zed’hä, die lange Zeit keinerlei Kenntnis von dem sie umgebenden Universum hatten, überhaupt eine überlichtschnelle Raumfahrt entwickeln konnten.

Lavadero war ein Trabant, der in gebundener Rotation den Gasriesen umkreiste, den die Menschen fantasielos Titan nannten, was bedeutete, dass Lavadero Titan immer die gleiche Seite zuwandte. So wurde die planetenabgewandte Seite von der Sonne direkt beschienen, während die andere Seite das von Titan reflektierte Sonnenlicht abbekam. Die Helligkeitsunterschiede waren minimal, da die dichte Atmosphäre das wenige Licht, das sie durchließ, gleichmäßig streute (auch Temperaturunterschiede waren wegen des Treibhauseffektes kaum spürbar), aber die Dunkelheit, die sich einstellte, wenn Lavadero in den Schatten des Gasriesen eintrat, war deutlich von den Helligkeitsphasen zu unterscheiden. Diesen Dunkelperioden wohnte eine Regelmäßigkeit inne, die von den Zed’hä erst erkannt wurde, als sie begannen, Aufzeichnungen zu machen und die Fähigkeit erlangten, diese Perioden in mathematischen Formeln zu beschreiben. Die Schlussfolgerungen daraus waren einfach und gleichzeitig epochal. Da draußen, jenseits der undurchdringlichen Atmosphäre, musste etwas sein! Nur was, das blieb lange Zeit ein Geheimnis und die Quelle zahlloser Theorien.

Die Zed‘hä galten als ein Volk, das zwar Konflikte, aber kaum Gewalt gegenüber Artgenossen kannte. Die Konflikte wurden in Konferenzen oder Symposien auf geistiger Ebene ausgetragen, was zu einer rasanten geistigen Entwicklung ihrer Rasse führte. Hinzu kam die hohe Beweglichkeit ihrer Finger, die sie im Zusammenspiel mit der Greiffunktion ihrer Rüsselnase dazu befähigte, Geräte und Werkstücke von seltener Eleganz und hoher Effizienz zu erschaffen, trotz des Mankos eines eher unterentwickelten optischen Wahrnehmungssinnes. Kurzum: sie waren begnadete Mechaniker. Die Rasanz ihrer technologischen Entwicklung ging daher mit ihrer geistigen einher.

So war es folgerichtig, dass irgendwann die erste unbemannte Rakete mit zahlreichen Sensoren an Bord startete und die dichte Treibhausatmosphäre durchbrach. Was sich ihnen plötzlich darbot, nämlich ein nahezu unendliches Universum voller Planeten, Sterne und Galaxien, war für die Zed’hä so unerwartet und zugleich atemberaubend, dass es nicht lange dauerte, bis auch bemannte Expeditionen ins eigene Sonnensystem vorstießen und, nachdem der Überlichtantrieb, dem Warpantrieb der Menschen ähnelnd, entwickelt wurde, auch in andere Sternensysteme. Dies war umso erstaunlicher, weil die Zed’hä das Universum nicht direkt mit ihrem Hauptsinn wahrnehmen konnten.

Auf eine dieser Expeditionen wurde der Planet Thetys entdeckt. Das war etwa dreißig Jahre her und für die Zed’hä der erste Kontakt mit einer anderen intelligenten Spezies. Die Thetyaner wurden zunächst nur heimlich beobachtet, sehr lange und intensiv. Auch biochemische Untersuchungen mussten heimlich durchgeführt werden, ohne die Thetyaner auf sich aufmerksam zu machen. Nachdem alle Untersuchungen positiv ausgefallen waren, landete schließlich vor etwa fünfundzwanzig Jahren das erste Plastikraumschiff auf Thetys, was zunächst zu einem großen Aufruhr führte, denn Der Feind war auch hier nicht vergessen. Die Missverständnisse konnten gottseidank nach kurzer Zeit ausgeräumt werden. Weshalb es dann so lang dauerte, bis eine gemeinsame Expedition von Zed’hä und Thetyanern nach Anemoi unternommen wurde, die vor vier Jahren ihr Ziel erreichte, das war eine andere Geschichte.

Joshua sah Dala auf das Vorderdeck kommen. Sie sah atemberaubend aus, wie immer: athletisch gebaut, aber schlank, mit einer dunkelblonden ungebändigten Löwenmähne, Sommersprossen auf der langen Nase und blauen Augen, so klar wie ein Gletschersee im Gebirge. Ihr blasser Teint, typisch für Thetyaner, die im Schatten der Baumriesen lebten, hatte durch den stundenlangen Aufenthalt auf dem Vorderdeck etwas Farbe angenommen. Den obligatorischen Einteiler hatte sie im Gepäck gelassen und trug nun Jacke, Hose und Stiefel in ocker, aus einem Material geschneidert, das wie Wildleder aussah. Ihr Vogelvieh hatte sie entweder in der Kabine gelassen oder es flatterte irgendwo herum.

Dala nahm nur kurz Notiz von der Gruppe um den Künstler und schlenderte stattdessen an die gegenüberliegende Reling. Sie hatte den Gang einer Katze; insofern hätte Mort besser zu ihr gepasst als dieser blöde Vogel, was Joshua sympathischer gewesen wäre.

Da das Gespräch zwischen den Erwachsenen Joshua mittlerweile zu langweilen begann, gab er sich einen Ruck und erhob sich. Die Gelegenheiten, sich mit Dala zu unterhalten, waren bisher rar gewesen und im nächsten halben Jahr würde es keine geben, da er auf der Farm festsaß. Joshua war Realist genug, nicht daran zu glauben, dass Dala nur seinetwegen den weiten Weg den Fluss herunter auf sich nehmen würde.

Nur: wie das Gespräch beginnen? Seine Erfahrungen mit dem weiblichen Geschlecht waren, gelinde gesagt, überschaubar.

Er entschloss sich, den unterbrochenen Dialog aus dem Wintergarten der MacAillans fortzusetzen. „Hallo!“ sagte er zaghaft. „Störe ich?“

Dala drehte sich um und zog die Augenbrauen hoch, erwiderte aber nichts.

„Aus welchem Material sind denn deine Klamotten?“ fragte er hastig, bevor die entstandene Pause peinlich zu werden begann und wollte schon die Hand ausstrecken, um den Stoff zu befingern, besann sich aber rechtzeitig.

Dala musterte ihn von oben bis unten, mit mildem Spott in den Augen an, wie es Joshua schien. „Keine Sorge, junger Mann. Wenn du befürchtest, der Stoff sei von getöteten Tieren, kann ich dich beruhigen: gezüchtete Tierhäute, sieht echt aus und fühlt sich auch so an.“

Sie streckte ihm den rechten Arm entgegen. „Fühl mal!“ Joshua errötete wieder, was in Dalas Anwesenheit ärgerlicherweise zur Gewohnheit zu werden schien, und war dankbar, dass er im Halbschatten der Peitschenharzlampen stand.

Er nahm ein Stück Ärmel zwischen zwei Fingerspitzen und rieb daran. Tatsächlich, es fühlte sich ziemlich echt an. Aber gezüchtete Tierhäute? Ekel überkam ihn plötzlich, als er an andere Züchtungen der Thetyaner dachte, von denen er wusste. Er zog die Hand hastig zurück.

„War nicht ganz billig, aber ich hab’s ja nicht zu bezahlen brauchen. Ein Geburtstagsgeschenk von Papa zum Siebzehnten“, sagte sie im Plauderton. Währenddessen verdüsterte sich Joshuas Miene. Was ihn an Dala störte, war ihre etwas herablassende Art ihm gegenüber, was daraus resultieren mochte, dass er zwei Jahre jünger war und von einem Hinterwäldlerplaneten stammte, wie die Thetyaner Anemoi bisweilen milde verspotteten. Dies und die Tierhäute brachten ihn auf.

„Sag mal, müsst ihr eigentlich alles heranzüchten, was ihr so braucht?“ fragte er aufbrausend. „Wenn ich nur an euer gezüchtetes Muskelfleisch denke, kommt es mir echt hoch!“ Er versuchte nicht an die im Moinet kursierenden Filmaufnahmen zu denken: große Tanks, in denen es ständig blubberte und in denen die Nahrung der Thetyaner heranwuchs, eine kontur- und farblose Masse, die schließlich, aufgepeppt mit Farbstoffen und anderen Chemikalien und in eine ansprechende Form gebracht, auf den Tellern ihrer Erzeuger landete.

Dala zog einen Flunsch. „Mir schmeckt’s“, sagte sie schnippisch. „Und immer noch besser, als das Fleisch von Tieren zu essen, die man eigens dafür züchtet und tötet. Oder noch schlimmer: Tiere zu züchten und zu töten, um ihnen das Fell über die Ohren zu ziehen, es zu gerben und dann anzuziehen. Für mich ist das ekelhaft!“ Sie schüttelte sich theatralisch. Ja, Joshua fiel ein, dass sie sich beim großen Festmahl ausschließlich vegetarisch ernährt hatte. Es schien aber kein typisches Verhalten für Thetyaner zu sein, denn ihr Vater hatte bei den Fleischgerichten herzhaft zugegriffen. Oder Menusan Zanodi war einfach nur höflich gewesen.

„Und überhaupt: Du hast gefragt, und ich habe geantwortet. Also beschwere dich nicht!“ Sie warf den Kopf nach hinten und funkelte ihn an.

Joshua seufzte innerlich. Kaum hatte er mal Gelegenheit, mit ihr allein zu reden, schon stritten sie sich. Er schalt sich einen Idioten und hoffte, dass es nicht zur Gewohnheit wurde, ständig in Fettnäpfchen zu treten.

Er hörte das Schlagen von Flügeln und seufzte wieder, diesmal unüberhörbar. Zu allem Überfluss musste dieser bescheuerte Vogel ausgerechnet jetzt auftauchen! Er rauschte, wahrscheinlich in boshafter Absicht, so dicht an seinem Kopf vorbei, dass Joshua zurückzuckte. Nachdem er auf Dalas Schulter gelandet war, keckerte er – geradezu vor Spott triefend - und beäugte ihn misstrauisch, nicht zum ersten Mal.

„Keyshea mag dich nicht, wie mir scheint. Vielleicht ist da ja was dran!“ sagte sie, warf den Kopf erneut in den Nacken und machte den Abgang in Richtung der Kabinen.

Gut gemacht, Joshua, beglückwünschte er sich selbst. Sein Kopf hatte mittlerweile eine Röte angenommen, die sogar den zehn Meter entfernten Erwachsenen auffallen musste. Was jetzt? Die Unterhaltung der Erwachsenen interessierte ihn nicht mehr, und die Unterhaltung mit Dala war gehörig in die Hose gegangen. Wie spät es momentan war, wusste er nicht, aber es war ihm egal. Der beste Ort, der ihm einfiel, den Rest der Nacht zu verbringen, war seine Kabine, am besten mit dem Kopf unter dem Kopfkissen anstatt darauf. Und das an seinem Geburtstag.



Fortsetzung folgt....

Mit Kap. 5 beginnt ein neuer Handlungsabschnitt. Der kann jetzt eine Woche oder so warten.
Slartibartfast
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Re: Die Olfaktoren . eine NON-PR-Fangeschichte

Beitrag von Slartibartfast »

Darf ich mich reinschmuggeln?
Faden ist gespeichert, noch nicht gelesen, bin in Hektik, dennoch möchte ich danke und :respect: sagen!
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Schnurzel
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Re: Die Olfaktoren . eine NON-PR-Fangeschichte

Beitrag von Schnurzel »

5. ENAMENA-FARM, ANEMOI, 76 n.V., drei Tage danach, abends

Drei Tage waren vergangen und übermorgen sollten die Zed’hä, die beiden Betreuer und Carlotta Duncan nach Fontaine zurückkehren, diesmal auf Wunsch der Zed’hä in einem Gleiter. Joshua hatte am ersten Tag noch das Besichtigungsprogramm mitgemacht, aber nachdem ihm Dala auch da die kalte Schulter gezeigt hatte, verlor er das Interesse an weiteren Ausflügen. Lieber Pferdeställe ausmisten, als Dalas gerümpfte Nase ertragen.

Ein weiterer Grund, das Besichtigungsprogramm abzubrechen, war ein Mädchen namens Ilaria Tocacelli, eine Verwandte von Georgio Tocacelli, die dank Joshuas Vater eine Praktikumsstelle auf der Farm erhalten hatte. Sie war ein Jahr jünger als Dala und somit ein Jahr älter als er.

Ilaria war das genaue Gegenteil von Dala: eine ätherische Schönheit mit langen blonden Haaren, die nun zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden waren, einem schmalen Gesicht, das von großen, grünen Augen und einem vollen Mund beherrscht wurde und einem Lachen, das eher einem hellen Kichern glich und hochansteckend war. Sie war einen Kopf kleiner als Dala und hatte eine eher knabenhafte Figur, mit schmalen Hüften und kleinen Brüsten, aber Joshua hatte bereits im Pferdestall erlebt, dass sie durchaus zuzupacken verstand. Kurzum: sie beeindruckte Joshua sehr. Wer war Dala?

Wenn Joshua mit Ilaria zusammen war, schien es, als schwebte er mindestens einen Zentimeter über dem Boden. Carlotta quittierte dies mit einem nachsichtigen Lächeln. Dieses Verhalten kannte sie noch von Russ, als er in Joshuas Alter gewesen war.

Joshua und Ilaria hatten ihre karge Freizeit heute zu einem kurzen Ausritt genutzt, von dem sie nun zurückkehrten. Es war etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang und das Abendessen stand bevor. Wie er von Ilaria wusste, verstand seine Großcousine Naomi keinerlei Spaß, was das unpünktliche Erscheinen beim Abendessen anging, so dass sie ihren Ausritt lieber eine halbe Stunde zu früh als zu spät beendeten.

Joshua saß noch recht ungelenk auf seinem Pferd, einer gutmütigen rot-weiß-gescheckten Stute. Sein Hintern tat ihm bereits weh, obwohl sie nur eine Stunde unterwegs gewesen waren. Im Canyon hatte er keinerlei Gelegenheit gehabt, auf einem Pferd zu sitzen und auf der Enamena-Farm war er auch erst zum zweiten Mal. Das erste Mal war schon eine Weile her und seine Erfahrung im Umgang mit Pferden beschränkte sich daher auf eine halbe Stunde auf einem kleinen Pony, das von Naomi Duncan longiert wurde.

Das große Eingangstor der Farm war noch etwa zwei Kilometer entfernt, als aus einem Busch ein leises, gepresstes „Hey!“ erklang. Joshua zügelte sein Pferd und blickte sich suchend um. Aus dem Busch schälte sich die Gestalt von Peter, einem weiteren Praktikanten, einem Duncan, ein Cousin dritten oder vierten Grades zu Joshua, er wusste es nicht genau. Es interessierte ihn auch nicht sonderlich, denn wegen der begehrlichen Blicke, mit denen er Ilaria ständig musterte, mochte er ihn nicht. Die Antipathie beruhte allerdings auf Gegenseitigkeit. Peter war, soviel er wusste, siebzehn Jahre alt und von großer, stattlicher Gestalt, noch einen halben Kopf größer als Joshua.

So wie er Peter die letzten Tage kennengelernt hatte, erwartete er das hochmütige Duncan-Grinsen (Joshua stritt stets ab, es zu haben, denn er fühlte sich mehr wie ein MacAillan, obwohl er Duncan hieß) und die bescheuerten Blicke, mit denen er Ilaria am liebsten ausgezogen hätte. Doch die Blicke von Peter wanderten diesmal unstet hin und her, als ob jeden Augenblick etwas Bedrohliches aus den Büschen hervorkäme. Joshua fühlte sich plötzlich unbehaglich.

Auch Ilaria hatte eine besorgte Miene aufgesetzt und stieg von ihrem Pferd. Obwohl knapp zwei Köpfe kleiner als Peter und von zierlicher Gestalt, packte sie ihn an den Schultern und schüttelte ihn kräftig durch. „Was ist los, Peter? Sag schon!“

Peter lehnte sich schwer gegen einen Baumstamm. Sein Gesicht war von Schweiß und Staub verschmiert und Spuren von Tränen hatten sich durch die Schmiere gebahnt. Joshuas Unbehagen wuchs.

Es dauerte einige Sekunden, bis Peter antwortete, denn er kämpfte gegen einen weiteren Weinkrampf an. Schließlich sprudelte es aus ihm heraus:

„Wir wurden überfallen! Geschrei, dann Schüsse! Und überall Blut! Ich sah Reggie, er lag einfach da, lag da mit toten Augen und überall war sein Blut!“

Er schluchzte und holte tief Luft, was in einem Hustenanfall endete. Joshua lief es eiskalt den Rücken herunter. Anemoi kannte zwar Verbrechen, auch Morde, aber von einem Überfall auf eine Farm hatte er noch nie gehört.

Peter wollte weitersprechen, doch Ilaria schnitt ihm mit einer resoluten Handbewegung das Wort ab. „Warte! Zunächst müssen wir von hier verschwinden. Wir sind viel zu nah an der Farm.“ In ihrem Blick lag eine Entschlossenheit, die Joshua ihr nie zugetraut hätte.

Auch Joshua stieg von seinem Pferd ab und möglichst geräuschlos entfernten sie sich wieder von der Farm. Sie schwiegen, bis sie einen von Bäumen und dichtem Buschwerk bedeckten Hügel erreichten, von der sie zwar nicht die Farm sehen konnten, aber das Gelände im Umkreis von etwa einem halben Kilometer, so lange es noch hell war. Niemand konnte sich ihnen ungesehen nähern, sofern sie aufmerksam blieben. Die Pferde banden sie auf der der Farm abgewandten Seite des Hügels an einen Baum.

„Jetzt erzähle!“ forderte Ilaria Peter auf. Sie hatte ungefragt die Führung der kleinen Gruppe übernommen, und Joshua und Peter akzeptierten dies klaglos.

Peter berichtete, schon etwas gefasst, aber noch ziemlich erschöpft, davon, wie er im tiefen Schatten eines der Kakanussbäume saß, deren mächtige Baumkronen die Farmgebäude für Beobachter aus der Luft verbarg, seinen Gedanken nachhing und genüsslich an einem Grashalm kaute, als plötzlich Geschrei laut wurde und kurz danach erste Schüsse fielen, im Stakkato, Schnellfeuerwaffen also. Von seinem Versteck aus sah er vor Schreck erstarrt Gestalten in Tarnanzügen über den Hof huschen, hier und da blitzte Mündungsfeuer auf und gleichzeitig fielen Leute um, der Zureiter Reggie in seiner unmittelbaren Nähe. Er sah seine Augen, die blicklos und gebrochen waren, so tot wie die Kieselsteine ringsum. Er sah auch andere Personen, die einfach nur da lagen, einige in ihren Blutlachen. Wer sie waren, konnte er nicht erkennen, auch nicht, ob sie noch lebten. Peter selbst blieb wie durch ein Wunder unentdeckt. Als sich die Kampfhandlungen in die Gebäude verlagerten und er seine Schockstarre überwunden hatte, schlich er aus dem Farmgelände hinaus. Als er wieder einigermaßen klar denken konnte, waren Joshua und Ilaria aufgetaucht. Der Überfall war eine knappe Stunde her.

Je mehr Peter erzählte, desto mehr sackte Joshua in sich zusammen. Auch Ilaria machte nicht mehr den forschen Eindruck von vor einer Viertelstunde. Als Peter seinen Bericht schließlich beendete, schwiegen sie eine Weile. Das Gesagte mussten sie erst einmal verdauen. In Joshua jagten sich die Gedanken. Was war mit seiner Mutter? Was war mit Naomi, mit den Zanodis und den Zed’hä? Er fragte Peter danach.

„Soviel ich weiß, sind sie etwa eine halbe Stunde vor dem Überfall von dem Ausflug zurückgekommen und befanden sich gerade im Hauptgebäude, als es passierte. Was aus ihnen geworden ist, weiß ich nicht.“

Joshuas Besorgnis konnte größer nicht sein. Am liebsten wäre er aufgesprungen und zur Farm gerannt, um nach seiner Mutter zu sehen, aber niemand hatte etwas davon, wenn er ebenfalls in Gefangenschaft geriet oder gar getötet wurde. Ilaria schien seine Gedanken zu erraten, denn sie legte sacht eine Hand auf seinen Arm. Als er sie anblickte, sah er tiefe Linien in ihrem Gesicht, das vor einer Stunde noch so jung, frisch und fröhlich gewesen war.

„Meiner Meinung nach ist der Zeitpunkt des Überfalls kein Zufall“, sagte Ilaria nach einer Weile des Nachdenkens. „Entweder ging es um die Thethyaner oder um die Zed’hä. Oder um beide. Deswegen glaube ich nicht, dass sie tot sind. Was hätten die Täter davon, sie zu töten? Und selbst wenn sie tot wären: was hätten die Täter dann davon, noch länger auf der Farm zu bleiben?“ Sie blickte um sich. „Wir müssen unbedingt nachschauen, so oder so. Aber erst morgen früh. Es wird dunkel. Zunächst sollten wir versuchen, etwas zu schlafen.“

Ihre Analyse war kühl und sachlich, aber Joshua drehte sich der Magen herum, wenn er nur daran dachte, seine Mutter könnte ermordet worden sein. Er sprang auf und rannte in die Büsche, wo er sich lautstark übergab. Danach fühlte er sich allerdings noch schlechter als vorher. Er fragte sich, ob es mehr psychische Erschöpfung überhaupt gab. Als er wieder zu Ilaria und Peter zurückkam, sagte Peter gerade:

„Hast du nicht einen Kom bei dir? Rufen wir doch Hilfe!“

„Daran habe ich auch schon gedacht“, entgegnete Ilaria, „Ich habe es vorhin auch schon versucht, als wir hierher gewandert sind, aber ich bekomme keinen Empfang. Nicht mal ins Moinet komme ich.“ Sie blickte düster in die Steppe, deren Konturen nun mit der Dunkelheit zu verschmelzen begannen. „Entweder einer der üblichen Aussetzer oder irgendein Störfeld. Das war kein spontaner Überfall von irgendwelchen kleinen Gaunern, sondern lange vorbereitet. Und mit Sicherheit gut ausgekundschaftet. Sie wissen sicher auch, dass sie einige Leute nicht erwischt haben. Dass sie im Moment nicht nach ihnen suchen, könnte bedeuten, dass sie sie für keine Gefahr halten. Wenn es sich um eine Geiselnahme handelt, dann werden das die Behörden schon früh genug mitbekommen, dann nämlich, wenn sich die Geiselnehmer bei ihnen melden.“

„Wenn die Behörden nicht schon längst Bescheid wissen. Einige von uns Praktikanten nehmen jeden Abend Kontakt mit Familie oder Freunden auf“, sagte Peter, der sich mittlerweile etwas gefangen hatte. „Wenn die Anrufe ausbleiben, gibt es hoffentlich jemanden, der zwei und zwei zusammenzählen kann.“

Joshua war sich da nicht so sicher. Zwar war die anemoianische Menschheit innerhalb eines Dreivierteljahrhunderts bis an die Grenzen des Sonnensystems vorgestoßen, aber die Telekommunikation in der Wildnis war immer noch von gelegentlichen Aussetzern geprägt. Er glaubte nicht, dass sich jemand gleich Sorgen machen würde, wenn einmal keine Verbindung zustande käme. Joshua wusste, dass der Duncan-Clan schon seit vielen Jahren eine Überlandverbindung per Kabel durch die Wildnis nach Fontaine plante, dies aber bisher an den hohen Kosten scheiterte.

Er schwieg zu alledem. Vor Sorge um seine Mutter war er nicht in der Lage, auch nur ein Wort herauszubringen. Die beiden anderen hatten gut reden: Iliaria hatte keinerlei Verwandte auf der Farm und Peter „nur“ entfernte Verwandte, wie Naomi, ihren Mann oder die Kinder der beiden. Joshua fragte sich, wie Ilaria und Peter reagieren würden, wäre ein Elternteil von ihnen auf der Farm gewesen, als der Überfall stattfand.

„Wie auch immer“, sagte Ilaria. „Unternehmen können wir frühestens bei Tagesanbruch etwas. Lasst uns schlafen.“ Die Dunkelheit war mittlerweile fast undurchdringlich geworden, man konnte buchstäblich nicht mehr die eigene Hand vor Augen sehen.

Joshua drehte sich auf die Seite und fiel vor Erschöpfung fast übergangslos in einen Schlaf, der, obwohl sich seine Gedanken jagten, tief und traumlos war.



Fortsetzung folgt....
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Re: Die Olfaktoren . eine NON-PR-Fangeschichte

Beitrag von Roi Danton »

Schnurzel hat geschrieben:Letztes Jahr hat mich Roi Danton überredet, eine bzw. mehrere Geschichten zu den "Galaktischen Chronisten" beizusteuern. Ich hatte vorher schon eine Geschichte begonnen, in einem eigenen Universum (ohne eigentlich genau zu wissen, was ich mit dieser Geschichte anfange), aber durch ein paar Kniffe, nicht zuletzt dank Rois Unterstützung, siedelte ich sie im GCversum an, ohne viel umschreiben zu müssen.

Seit Oktober 2013 erschienen so insgesamt 9 Kapitel. Die Story heißt die DIE OLFAKTOREN. Es geht dabei u.a. um eine Alien-Rasse, deren Hauptwahrnehmungssinn der Geruchssinn ist. Hauptperson ist allerdings ein menschlicher Junge, geboren und aufgewachsen auf einem Planeten, der Anemoi heißt.

Um Weihnachten herum hat sich Roi jedoch entschlossen, die "Galaktischen Chronisten" komplett aufzugeben und mich gebeten, nichts mehr im GCversum zu schreiben und zu veröffentlichen. Ich habe der Bitte entsprochen. Mehr dazu im mittlerweile gelockten GC-Thread.

Da ich aber bereits viel Herzblut und Zeit in diese Geschichte hineingesteckt habe, werde ich sie nicht einfach aufgeben, sondern in einem eigenen Thread weiter erzählen und beenden (*). Der einzige Zusammenhang mit Rois GCversum in den ersten 9 Kapiteln besteht in den "Dunklen Würfelschiffen" in Kapitel 2, die jetzt zu "blitzenden bizarren Formen" geworden sind, die die Liga von Tara verheeren. Der Feind war in der ursprünglichen Fassung mal eine insektoide Schwarmintelligenz gewesen, die mit den Terranern Krieg führt. Da dies mit dem GCversum nicht zusammen passte, haben Roi und ich die "Liga von Tara" eingeführt, eine isolierte menschliche Enklave, ca. 3000 LJ von Terra entfernt. Da ich aber keinerlei Bock habe, dies wieder umzuschreiben, habe ich die Liga von Tara gelassen, und nur die Dunklen Würfelschiffe geändert.

Diejenigen, die die ersten neun Kapitel bereits gelesen haben, verpassen nichts, wenn sie sie nicht noch einmal lesen. Die Änderungen sind (außer diesen ominösen Raumschiffen) nicht inhaltlicher, sondern eher stilistischer Natur und das eher moderat (ich habe vor allen Dingen versucht, allzu schwülstige Passagen etwas zu vereinfachen). Allen anderen wünsche ich viel Spaß. Kritik (und auch Lob) ist jederzeit willkommen. Dies ist immerhin erst meine dritte Arbeit (nach zwei Stories im NEO-Fanstories-Thread) - ich bin also blutiger Amateur. Aber wenn Kritik, dann bitte sachlich und konstruktiv.

Ich möchte noch darauf hinweisen, dass diese Geschichte durchaus Jugendbuchcharakter hat, da sie aus der Sicht eines 12- bzw. 16-Jährigen erzählt wird. Einige werden dies vielleicht nicht mögen.


(*) ob ich Fortsetzungen schreibe, weiß ich noch nicht. Eine direkte Fortsetzung habe ich zwar schon angefangen (die ersten sieben Seiten zumindest), aber da dort der direkte Zusammenhang mit den "Galaktischen Chronisten" hergestellt wird, muss ich einiges umschreiben und mir eine neue Storyline ausdenken. Kommt auf meine Lust an, ob ich das weiter verfolge.


Hier also Kapitel 1-3 meiner Non-PR-Story, aufgeteilt in drei Posts im Laufe des Tages. Die anderen Kapitel dann etwa im Wochenabstand. Die letzten zwei oder drei Kapitel sind noch nicht fertig geschrieben, daher brauche ich diesen Vorlauf. Oder ich stelle die anderen bisher geschriebenen Kapitel auch gleich rein und ihr müsst trotzdem einige Wochen auf Kapitel 10 warten. Sucht's euch aus.



Wer mehr zur Vorgeschichte der Story wissen möchte, der möge dies lesen:

viewtopic.php?f=11&t=4547&start=100 , eine Art "Werkstattbericht" (zum 12. Okt., 6:30 Uhr scrollen)


Sorry Schnurzel: Bemerke erst jetzt, dass du die Olfaktoren-Story hier weiter postet. Das begrüße ich sehr, und hoffe, dass deine Bemühungen die Leser honorieren und hin und wieder einer einen Kommentar abgibt. :st: :st:
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Re: Die Olfaktoren . eine NON-PR-Fangeschichte

Beitrag von Schnurzel »

6. ENAMENA-FARM, ANEMOI, 76 n.V., am nächsten morgen

Als Joshua erwachte, war es bereits hell. Er stöhnte auf, als er sich erheben wollte. Ihm tat jeder Knochen weh, denn das Schlafen auf nackter Erde war er nicht gewohnt. Wenigstens war die Nacht warm gewesen.

Peter schnarchte noch vor sich hin, aber Ilaria hockte mit angezogenen Knien am Rand des Hügels im Schatten eines Busches und zeichnete gedankenverloren mit einem Stock Figuren in den Sand. Joshua ließ sich neben sie nieder.

„Was nun?“ fragte er müde. Die Nacht war alles andere als erholsam gewesen, trotz des tiefen Schlafes. Er dachte wieder an seine Mutter.

Ohne aufzublicken, antwortete sie: „Das Kom funktioniert immer noch nicht. Wir müssen unbedingt etwas unternehmen. Einen oder zwei Tage halten wir vielleicht noch durch, aber wir haben weder etwas zu essen noch etwas zu trinken. Zwar könnten wir Feuchtigkeit aus den Kaktusbäumen gewinnen, aber weißt du, welche Beeren oder Wurzeln essbar sind und welche nicht?“

Endlich blickte sie in an, direkt ins Gesicht. Ihre wunderschönen grünen Augen schimmerten feucht. Auch Ilaria schien nun ebenfalls am Ende ihrer Kräfte zu sein. Wahrscheinlich war es gestern Abend nur das Adrenalin gewesen, was sie hatte das Kommando über ihren kleinen Trupp übernehmen lassen. Nach dieser Nacht war sie wieder nur ein normaler Teenager, der nichts weiter als Angst hatte. Joshua suchte ihre Hand und sie erwiderte seinen Händedruck dankbar.

Er wollte entgegnen, dass sie doch so lange warten könnten, bis die Behörden auftauchten und sich ihnen dann zu erkennen geben, aber die Ungewissheit um seine Mutter ließ ihn das herunterschlucken. Ja, sie mussten etwas unternehmen. War nur die Frage, was.

Sie lehnte ihren Kopf an seine Schultern und er strich mit seiner Hand sanft über ihr weiches blondes Haar, was sie geschehen ließ. Ein intimer Moment, ein Moment, von dem er die letzten drei Tage geträumt hatte, aber jetzt, mitten in der Wildnis der Miramar-Tiefebene, bedeutete diese Geste nichts, außer etwas Trost, den sie einander spenden konnten.

So saßen sie eine Weile da, jeder hing seinen Gedanken nach und Peter schnarchte noch immer vor sich hin, als ein Geräusch erklang, das Joshua bekannt vorkam.

Das schnelle Schlagen von Flügeln und das typische Krächzen. Joshua blickte so hastig auf, dass Ilaria erschrak. Ein rot-schwarzes Etwas flog über sie hinweg. Das war Keyshea, Dalas Tierschwester! Was suchte die hier?

Gleichzeitig vernahm er vom Rand des Hügels eine schnelle Bewegung. Ein dunkler Schatten hastete die Steigung herauf. Mort!

Adrenalin jagte durch Joshuas Blutbahnen. Das gemeinsame Auftreten beider Tiere konnte kein Zufall sein. Da steckten sicher Dala und ihr Vater dahinter. Das hieß: sie mussten noch leben! Und wenn sie lebten, war die Wahrscheinlichkeit, dass auch seine Mutter noch lebte, bis ins Unendliche gestiegen!

Er konnte bei weitem nicht behaupten, dass er nun wieder aufblühte, aber das Auftauchen der beiden Tiere gab ihm eine Hoffnung zurück, von der er noch vor Minuten geglaubt hatte, sie verloren zu haben.

Ungeniert hockte sich Mort wieder auf seinen Schoß. Keyshea hatte weniger Zutrauen in die Nähe zu Joshua und landete zwei, drei Meter entfernt auf dem dürren Ast eines Strauches, der sich bedenklich durchbog. Der Vogel krächzte protestierend und suchte sich einen neuen Standort, den er in einem stabileren Ast fand.

Ilaria blickte die beiden Tiere fassungslos an, als wären sie von einem anderen Stern. Was sie streng genommen auch waren, dachte Joshua amüsiert.

„Das sind die Tiergeschwister der Zanodis“, rief er begeistert aus. „Darf ich vorstellen: Keyshea und Mort.“

Er wies auf seine beiden Begleiter. „Und das sind Ilaria - und Peter!“ Peter, durch den Lärm wach geworden, rieb sich gerade den Schlaf aus den Augen.

Vollkommen fasziniert streckte Ilaria zaghaft die Hand aus und fing an, Mort zu streicheln. „Ich habe von den Tiergeschwistern der Thetyaner immer nur gehört“, flüsterte sie andächtig, „aber sie noch nie in Aktion erlebt.“ Sie sah Joshua an. „Meinst du, wir können über sie mit den Zanodis kommunizieren?“

Joshua zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich nicht so, wie du es dir vorstellst. Ich glaube nicht, dass sie einen gesprochenen Satz eins zu eins Dala oder ihrem Vater übermitteln können, wenn sie seinen Sinn überhaupt verstehen. Aber dass die Tiere uns gefunden haben, ist sicher mit der Absicht verbunden gewesen, uns zu suchen. Unser Fehlen ist sicher aufgefallen. Meine Mutter und Naomi müssten wissen, dass wir zum Zeitpunkt des Überfalls nicht auf der Farm gewesen sein konnten. - Lass mich etwas ausprobieren.“

Er blickte misstrauisch zu dem Vogel herüber, der den Blick nicht minder misstrauisch erwiderte. Auch wenn er Keyshea nicht ausstehen konnte, so hielt er den Vogel doch für das intelligentere Tier von beiden. Er streckte seinen Arm aus.

„Komm, Keyshea, komm zu mir“, lockte er. Er biss sich auf die Unterlippe. Hörte Dala im Moment genau mit? Wenn ja, was dachte sie gerade? Theoretisch könnte sie ihm einen Streich spielen und Keyshea genau das Gegenteil machen lassen. Auch wenn das kontraproduktiv wäre.

Aber Keyshea erhob sich tatsächlich flatternd von dem Ast, umkreiste Joshua zweimal, wie, um die Lage zu checken und landete schließlich auf seinem ausgestreckten Arm. Die kleinen Krallen bissen in seine Haut, als Keyshea versuchte, sicheren Halt auf seinem Arm zu bekommen. Joshua verzog das Gesicht. Er fragte sich, wie Dala den Vogel auf ihrer Schulter aushielt, aber so viel er wusste, war die Schulterpartie ihrer Kleidung entsprechend gepolstert. Wie das wohl war, wenn sie nackt war? Joshua errötete bei der Vorstellung, was aber glücklicherweise von Ilaria nicht bemerkt wurde.

„Sag Dala, dass es uns gut geht“, flüsterte Joshua. Wie zur Bestätigung stieß Keyshea ein lautes Keckern aus und erhob sich von seinem Arm, als sei der Tuchfühlung Genüge getan. Sie flog schnurstracks in eine bestimmte Richtung, leicht seitlich zur Farm, drehte nach hundert Metern um, überflog sie in großer Höhe und näherte sich ihnen von hinten im Tiefflug, so dass alle drei, auch die kleinere Ilaria, sich duckten. Dieser Vorgang wiederholte sich zweimal.

Joshua wusste nicht, was der Vogel von ihnen wollte. Er fühlte sich fast wieder so hilflos wie vor dem Auftauchen der Tiergeschwister. Schließlich sagte Peter lakonisch: „Ich schätze mal, dass wir ihm folgen sollen.“

Natürlich! Das war die Erklärung für das seltsame Verhalten. „Ihr“, sagte er, ganz in Gedanken versunken.

„Ihr?“ echote Peter verständnislos.

„Ihr! Keyshea ist ein Mädel, genauso wie ihre Menschenschwester. Mort ist ein „er“, weil er zu Dalas Vater gehört. Du weißt, wovon ich rede? Oder muss ich es dir erklären?“ Er grinste unverschämt. Als auch Ilaria anfing zu grinsen, lief Peter rot an. Er ballte seine Hände zu Fäusten.

„Ich muss mir doch nicht von einem nichtsnutzigen MacAillan…“, fauchte er, wurde aber von Ilaria unterbrochen, die sich zwischen sie stellte.

„Friede, ihr zwei Streitorchel“, sagte sie beschwichtigend. Nachwievor grinste sie, aber es war nun ein anderes Grinsen als Sekunden vorher, denn sie war sich durchaus dessen bewusst, dass Joshua und Peter Rivalen um ihre Gunst waren und gefiel sich in dieser Rolle. Wohl ein typischer Wesenszug des weiblichen Geschlechtes, dachte Joshua verdrießlich und ärgerte sich, Peter überhaupt herausgefordert zu haben. Sie waren in einer extremen Situation und mussten zusammenhalten und irgendwelche Kalamitäten untereinander auf später verschieben.

„Entschuldige, Peter, war nicht so gemeint“, sagte er schließlich kleinlaut, mit einem raschen Seitenblick zu Ilaria, die zufrieden nickte. Peter entspannte sich etwas, aber seine funkelnden Augen verrieten Joshua, dass in dieser Angelegenheit noch nicht das letzte Wort gesprochen war, wann auch immer das sein würde. Die Antipathie, die zwischen beiden von Anfang an geherrscht und nun für einige Stunden pausiert hatte, brach wieder durch.

„Ich denke, Peter hat recht“, sagte Ilaria. „Folgen wir ihr.“ Sie betonte das letzte Wort besonders. Joshua wusste nicht recht, ob sie jetzt ihn oder Peter verspottete. Aber solange ihr Spott gutmütig und nicht verletzend war, war ihm das egal.

„Die Pferde lassen wir aber zuerst frei. Mit ihnen fallen wir zu sehr auf. Entweder sie finden in freier Wildbahn ihr Futter oder wenn nicht, finden sie den Weg auch alleine zurück auf die Farm. Sollen sich die Terroristen doch einen Reim aus zwei herrenlosen Pferden machen.“

Terroristen. Joshua überlief es eiskalt bei diesem Wort. Er dachte an eine Gruppierung, die sich Die Wächter Anemois nannte und in der Bevölkerung spöttisch als Möchtegern-Terroristen beschimpft wurde. Ihre fremdenfeindlichen Parolen richteten sich sowohl gegen die Thetyaner als auch gegen die Zed’hä, gegen letztere in besonderem Maße. Ihr Ziel war es, beide Völker für immer von Anemoi zu vertreiben. Bisher hatten sich ihre Aktionen allerdings auf Flugblätter, Parolen im Moinet als auch auf gelegentliche Demonstrationen beschränkt. Letztere endeten meist damit, dass die Teilnehmer verhaftet wurden, aber nach kurzer Zeit wieder freikamen, weil ihnen nichts Illegales vorgeworfen werden konnte; die Demonstrationen waren in der Regel friedlich. Das Ärgerliche an der Sache war, dass sich die Presse auf diese Vorkommnisse stürzte wie ein Steppenrenner auf eine Grasorchel und den Wächtern so kostenlose Publicity verschaffte. Sagte jedenfalls seine Mutter. Joshua erinnerte sich an den Gründer und Führer der Wächter, dessen Gesicht in den Medienberichten immer wieder in schöner Regelmäßigkeit auftauchte. Der Name fiel ihm nicht mehr ein, aber das Gesicht hatte er sich gemerkt. Sollte er an dem Überfall beteiligt sein, würde er ihn sofort erkennen.

Ilaria fand noch zwei halb aufgeweichte Vitaminriegel in ihrem kleinen Rucksack, in dem sie auch das nutzlos gewordene Kom verstaut hatte, und teilte sie durch drei. Ihren Durst stillten sie notdürftig, indem sie Äste von einem Kaktusbaum abbrachen und an den Bruchstellen mühsam den bitteren Baumsaft heraussaugten.

Nachdem sie die Pferde freigelassen hatten, machten sie sich auf den Weg. Keyshea wies ihnen die Richtung, indem sie hundert Meter voraus flog, auf einem Ast wartete, bis die Menschen aufgeschlossen hatten und dann wieder weiterflog. Mort trabte währenddessen neben ihnen her. Joshua schätzte, dass sie etwa fünf bis sechs Kilometer von den Farmgebäuden entfernt waren, so dass sie mindestens anderthalb Stunden für die Wegstrecke benötigen würden, eher sogar mehr, da sie jede nur mögliche Deckung auszunutzen gedachten. Keyshea geleitete sie zudem noch in eine Richtung, die, würden sie ihr in gerader Linie folgen, sie knapp an der Farm vorbeiführen würde.

Sie nutzten jeden Busch und jeden Baum, der ihren Weg kreuzte, als Deckung. Zwar nahmen sie an, dass von Seiten der Terroristen keine Suchaktionen nach ihnen stattfanden (dafür waren sie wahrscheinlich zu unwichtig und harmlos), aber dass sie einem dieser Leute rein zufällig in die Arme liefen, das wollten sie unbedingt vermeiden. Eines war von vornherein klar: Das Farmgelände selbst mit dem großen Eingangstor, dem Haupt- und den vielen Nebengebäuden würde scharf bewacht werden. Wie sie da hineingelangen sollten, darüber hatten sie noch keinen Plan, falls sie je einen fanden. Und falls sie tatsächlich irgendwie hineingelangen sollten: wie ging es dann weiter? Die Befreiung der Geiseln? Das war der helle Wahnsinn, fand Joshua, mal abgesehen davon, dass sie gar nicht wussten, wo sie gefangen gehalten wurden. Aber untätig herumsitzen konnten sie auch nicht. Also schlichen sie weiter durch die Buschlandschaft. Blinden Aktionismus nennt man sowas, dachte Joshua mit verkniffenem Gesicht. Die Sorge um seine Mutter ließ aber nicht zu, dass er auch nur eine Sekunde in seinem Bemühen nachließ.

Nach etwa zwei Stunden (gefühlt waren es mindestens vier) sahen sie etwa dreißig Meter entfernt eine menschliche Gestalt im Staub sitzen, gegen den Stamm eines Baumes gelehnt. Sie bewegte sich nicht.

Ilaria bedeutete ihnen mit einer Handbewegung, in Deckung zu bleiben und legte den Zeigefinger der anderen Hand an die Lippen. Joshua kniff angestrengt die Augen zusammen. Die Gestalt saß im Schatten, so dass sie nicht erkennen konnten, um wen es sich handelte.

Keyshea sabotierte jedoch ihre Vorsichtsmaßnahme, indem sie zu der Gestalt hinflatterte, sie mehrfach umkreiste und aufgeregt krächzend zu den Jugendlichen zurückflog. Auch Mort sah es als nicht notwendig an, in Deckung zu bleiben, und eilte auf die Gestalt zu.

Joshua seufzte. Die Tiere (respektive Dala und/oder ihr Vater) hatten von vornherein vorgehabt, sie zu dieser Gestalt zu führen, wer auch immer das war. Ilaria war auf den gleichen Gedanken gekommen, denn sie stand auf und rannte zu der Gestalt hin.

Als sie näher kamen, erkannten sie sie.

„Onyali!“ keuchte Peter überrascht. Migel Onyalis Gesicht schweißbedecktes Gesicht hatte eine eine wächserne Farbe angenommen und eine Sekunde später erkannte Joshua auch, weshalb: eine Schusswunde. Sein rechter Oberschenkel war nur notdürftig mit Streifen, die er sich aus seinem linken Hosenbein gerissen hatte, verbunden, die nun blutdurchtränkt waren.

Onyali schlief entweder oder war ohnmächtig. Joshua beugte sich über ihn und zuckte erschrocken zurück, als sich seine Augen plötzlich öffneten.

„Aha, die Kavallerie“, flüsterte Onyali, nachdem er die drei Jugendlichen gemustert hatte. Er unterdrückte ein Stöhnen. „Zwei Bengel und eine Göre. Das kann ja heiter werden.“

Joshua verzog sein Gesicht. Onyalis Worte waren die Bestätigung dafür, warum er diesen Mann nicht mochte. Auch die Mienen von Peter und Ilaria ließen darauf schließen, dass sie den Verwalter nicht zu ihren bevorzugten Personen zählten.

Ungeachtet dessen zog Peter sein Hemd aus und zerriss es in Streifen. Sein schweißbedeckter muskulöser Oberkörper glänzte im Sonnenlicht. Ilaria schien zu gefallen, was sie da sah. Eifersucht regte sich in Joshua. Mit seiner Hühnerbrust konnte er da nicht ganz mithalten.

Peter nahm den alten „Verband“ ab und erneuerte ihn notdürftig. Onyali biss die Zähne zusammen, ertrug die Behandlung aber klaglos.

„Sie benötigen unbedingt einen Arzt“, sagte Peter schließlich. „Wenigstens ist die Kugel nicht im Oberschenkel stecken geblieben. Glatter Durchschuss.“

„Woher einen Arzt nehmen?“ presste Onyali zwischen den Zähnen hervor. Auf seinem wettergegerbten Gesicht glänzten dicke Schweißtropfen.

„Was ist passiert?“ fragte Ilaria.

„Ich war gerade bei den Garagen, als es losging. Zehn bis fünfzehn Männer in Tarnanzügen stürmten das Gelände und schossen wahllos um sich. Verletzte, Tote, keine Ahnung wie viele. Die Männer waren unmaskiert. Eines dieser Gesichter kenne ich aus den Nachrichten: Folkan Adamedu!“ Er spie die Worte geradezu aus. Joshua nickte. Diesen Namen hatte er heute Morgen gesucht. Der Anführer der Wächter Anemois.

„Ich wusste, dass dieser reaktionäre Drecksack irgendwann mal eine Grenze überschreitet. Aber ausgerechnet auf der Enamena-Farm? Hinter was die Typen her sind, liegt auf der Hand. Unsere Gäste aus dem All.“

Er sah sehr besorgt aus. „Mich traf ein wahrscheinlich verirrter Schuss ins Bein, wie ihr seht. Die Terroristen haben mich aber nicht bemerkt und erst recht nicht erkannt, denn ich war einigermaßen gut in Deckung bei den Garagen. Nachdem sie meine im Freien befindlichen Leute eliminiert hatten“, er spie auch dieses Wort aus, „sind sie ins Haus gestürmt. Ich habe zugesehen, dass ich davonkam, denn gefangen oder tot nütze ich niemandem etwas.“ Er blickte die Jugendlichen an, insbesondere Joshua.

„Ich kann nur hoffen, dass die sie alle noch am Leben sind, nicht nur die Thetyaner und Zed‘hä. Lebend ist auch die Ehefrau des Koordinators Russ Duncan und die Schwester des Clanoberhauptes den Wächtern Anemois von unschätzbarem Wert. Wir… ihr müsst sie allerdings befreien. Ich befürchte nämlich das Schlimmste, wenn die Behörden kommen, drauflosballern und die Situation eskaliert!“

Joshua überlief es wieder eiskalt. Mit Fanatikern, wie sie die Wächter Anemois zu sein schienen, war nicht zu spaßen.

„Ich habe einen Plan“, sagte Onyali und zog seinen Kom aus der Hosentasche. „Den könnt ihr haben, denn er ist im Moment nutzlos. Bis auf eine Kleinigkeit.“

Er grinste freudlos und begann mit seinen blutverschmierten Fingern auf seinem Kom zu tippen. Sofort baute sich ein kleines würfelförmiges Holo mit einer Kantenlänge von etwa zwanzig Zentimetern vor ihnen auf. Joshua kniff die Augen zusammen und versuchte zu erkennen, um was es sich handelte. Leider waren diesen kleinen Wundergeräten auch Grenzen gesetzt. Größere Holos konnten sie nicht generieren.

„Das sind die Baupläne der Farmgebäude in 3D“, sagte Onyali. Er brachte ein Grinsen zustande. „Die gibt es offiziell auch im Moinet. Was es da aber nicht gibt, sind die vielen Geheimgänge, die während des Vergessens entstanden sind, entweder für Schmuggel oder um die Sekte auszutricksen oder um eine Fluchtmöglichkeit vor rivalisierenden Clans zu haben. Ich habe sie dem offiziellen Holo hinzugefügt. Nur Naomi, Diego und ich verfügen über diese Zusatzinformation, vielleicht noch ihre Kinder. Und nun ihr. Ihr werdet sie noch brauchen. Schaut her!“

Er stach mit Daumen und Zeigefinger in das Hologramm und vergrößerte mit einer Handbewegung einen Ausschnitt des Bauplanes.

„In diesem Kellerraum im Hauptgebäude werden die Geiseln gefangen gehalten. Keinerlei Fenster, nur ein Zugang, im hintersten Winkel des Kellers. Wenn man da ausbricht, muss man durch das komplette Kellergewölbe, alles verwinkelte Gänge aus den Anfangstagen des Vergessens. Wenn ein kluger Anführer, wie Adamedu sicherlich einer ist, hier, hier und hier Leute postiert“, er zeigte nacheinander auf die entsprechenden Stellen, „dann ist ein Ausbruch von vornherein zum Scheitern verurteilt. Es gibt nur diesen einen Weg ins Erdgeschoss und von dort in die Freiheit. Dieser Kellerraum ist als Verlies daher eine ausgezeichnete Wahl. Wenn der gute Mann allerdings wüsste, dass sich hinter dieser Wand im Nachbarraum“, wieder stach ein blutverschmierter Finger in das Holo, „ein gut verborgener Geheimgang befindet…“

Er machte eine Kunstpause. „Adamedu müsste zu der optimalen Bewachung, so wie ich sie wählen würde, allerdings genug Personal haben. Wenn ich es richtig beobachtet habe, hat er nicht allzu viele Leute dabei. Warum sollte er also drei oder vier Leute in den Keller abstellen, nur um ein paar hilflose Gefangene zu bewachen? Ich an seiner Stelle würde daher einen einzigen Mann am Zugang zur Kellertreppe postieren, eine strategische günstige Stelle. Oder direkt vor diesem Raum. Die meisten seiner Leute wird Adamedu benötigen, das weitläufige Gelände rings um die Gebäude abzusichern, falls die Polizei kommt oder Arbeiter von draußen zurückkehren.“

„Woher wissen Sie eigentlich, dass die Geiseln genau da gefangen gehalten werden?“ fragte Joshua zweifelnd.

Onyali lachte humorlos auf. „Junger Mann, ich weiß, dass du nicht allzu viel von mir hältst“, Joshua errötete, „aber auf den Kopf gefallen bin ich nun wirklich nicht. Die Tiere haben mich gefunden, keine Ahnung, wie genau. Da ich aber weiß, dass sie irgendwie mit den Zanodis kommunizieren, habe ich zwei und zwei zusammengezählt und einfach mal mein Glück probiert. Ich habe das Holo vor ihnen aufgebaut und die Tiere beziehungsweise die Zanodis haben mir, nachdem wir einen Kode vereinbart hatten - einmal Krächzen oder Miauen bedeutete „ja“ und zweimal „nein“ - den Weg gewiesen. War eine mühsame Angelegenheit, aber herausgekommen ist dieser Kellerraum!“ Sein blutverschmierter Zeigefinger stach wieder in das Holo hinein, dass es anfing zu flackern.

„Wo ist der Eingang zu diesem Geheimgang?“ fragte Ilaria.

„Leider von hier aus gesehen auf anderen Seite der Farm.“ Er gab einen neuen Befehl ein und sofort baute sich ein Lageplan der näheren Umgebung der Farm auf. Er zeigte auf die entsprechende Stelle.

„Den Weg dorthin solltet ihr in etwa drei Stunden schaffen. Bis dahin ist es Mittag, also noch Zeit genug, vor Einbruch der Dunkelheit die Geiseln zu befreien.“ Er räusperte sich. „Peter sollte allerdings am Eingang zurückbleiben. Ihr anderen zwei müsstet genügen, um die Geheimtür aufzubekommen. Sie könnte etwas klemmen.“

Geheimtür. Bisher dachte Joshua, sowas käme nur in alten Schauergeschichten oder Holospielen vor.

„Und weshalb soll ich draußen warten?“ fragte Peter unwirsch.

„Der Gang ist ziemlich eng an einer Stelle. Du müsstest dich mit deiner Statur mühsam hindurchzwängen und würdest so unnötig Zeit vergeuden. Ihr braucht bei der Flucht wahrscheinlich jede Sekunde. Es reicht, wenn Menusan Zanodi sich da hindurchzwängen muss.“

„Engstelle?“ fragte Joshua. „Ich dachte, der Gang sei unter anderem für Schmuggler gegraben worden. Die brauchten doch sicher einen entsprechend breiten Gang für ihr Schmuggelgut, oder?“

„Du Bengel bist ein ganz schöner Schlaumaier, weißt du das?“ brummte Onyali, aber es klang nicht unsympathisch. „Natürlich ist der Gang breit genug. Nur an einer Stelle ist er irgendwann eingestürzt. Das ist die Engstelle, die ich meine, kapiert?“

„Aber der Gang ist doch sicher, oder?“

„Ich denke schon. Ich war schon ein paarmal drin. Und Leichtsinn gehört nicht gerade zu meinen favorisierten Eigenschaften. Hundertprozentig sicher bin ich mir allerdings nicht. Bei einem Erdbeben würde ich mein Leben nicht darauf verwetten, dass der Gang nicht weiter einstürzt. Aber haben wir eine andere Wahl, als diesen Gang zu benutzen?“

Joshua nickte grimmig, Okay, dachte er. Soviel dazu. Weiter. „Also einfach die eine Tür raus und durch die andere Tür rein? Was ist, wenn eine Wache vor der Tür steht? Was ist, wenn die Türen verschlossen sind?“

„Was die Wache angeht: dann seid ihr wohl geliefert. Was die Schlüssel angeht – hier!“ Er fingerte an seiner Gürteltasche herum und zog einen Schlüssel hervor. „Ein Generalschlüssel. Damit bekommt ihr jede Tür auf der Farm auf. Falls die Terroristen eigene Schlösser mitgebracht haben, dann habt ihr Pech gehabt. Aber warum sollten sie?“

„Und wenn wir Glück haben und die Geiseln befreit haben?“

„Dann flieht ihr“, entgegnete Onyali so ungerührt, als gäbe es nichts Einfacheres.

Toll, dachte Joshua. „Und wohin, bitte schön?“ fragte er schnippisch. Soweit er wusste, war die Enamena-Farm das einzige Zeichen von Zivilisation weit und breit. Die nächste Farm war wenigstens hundert Kilometer entfernt. Dazwischen lag nichts als Wildnis, in der sich niemand von ihnen auskannte, auch Peter und Ilaria nicht, von den Geiseln ganz zu schweigen. Mutter vielleicht, aber dann fiel ihm ein, dass sie als Jugendliche zwar einige Monate in der Steppe verbracht hatte, aber auf einer anderen Farm. Onyali wäre der perfekte Führer gewesen, aber mit seiner Verletzung konnten sich sie sich das abschminken.

„In Richtung Norden. Dreißig Kilometer von hier fangen die ersten Ausläufer der Vassara-Berge an, die wir hier die Anhöhen nennen, die durchsetzt sind mit hunderten von Höhlen, die noch nicht einmal ich alle kenne, und ich kenne mich hier vielleicht besser aus als Naomi Duncan, die hier aufgewachsen ist. Es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn sie euch dort finden würden. Und wenn ihr Glück habt, befinden sich auch Naomi, Diego, Leon und Debbie unter den Geiseln. Die wissen den Weg.“

„Und wenn die Terroristen mit Infrarotspürern oder Nachtsichtgeräten ausgerüstet sind?“

„Dann hättet ihr Pech gehabt. Da hat auch Naomi trotz ihrer Ortskenntnis nicht den Hauch einer Chance. Einzig in einer Höhle wärt ihr sicher. Aber ihr müsst erst einmal dahin kommen.“

Toll, dachte Joshua zum wiederholten Mal. Plan A hatte also seine Macken. Es wäre daher klug, gleich mit Plan B zu beginnen. Nur: sie hatten keinen Plan B.

„Was ist, wenn die Gefangenen angekettet sind?“ fragte Ilaria, die lange geschwiegen und sich wohl in der Zwischenzeit ihre Gedanken gemacht hatte.

Onyali zuckte die Schultern. „Pech“, wiederholte er.

„Gibt es irgendwo im Gebäude Werkzeuge, mit denen man dann die Geiseln befreien könnte?“

„Es gibt eine Werkstatt, die vollgepfropft ist mit geeignetem Werkzeug. Aber die ist in einem der Nebengebäude. Ihr müsstet also wieder den Geheimgang zurück und einen anderen Gang nehmen, der in die Nähe der Werkstatt führt. Vom Ausgang dieses Ganges bis zur Werkstatt sind es denn etwa zehn Meter über den Flur hinweg. Hoffentlich sind dort keine Wachen aufgestellt, sonst könnt ihr es vergessen.“

Er zeigte auf den Plänen, wo der zweite Geheimgang begann, wo er endete und wo sich die Werkstatt befand und setzte jeweils einen Marker an die entsprechenden Stellen.

„Das könnt ihr aber heute nicht komplett schaffen. Wenn die Geiseln tatsächlich angekettet sind, würde ich würde euch raten, bis morgen früh zu warten, um nicht in die Dunkelheit fliehen zu müssen.“

„Was ist, wenn sie den Zed’hä ihre Schutzanzüge abgenommen haben?“ stellte Ilaria gleich die nächste Frage.

„Dann hättet ihr in der Tat ein Problem.“ Onyali schürzte die Lippen. „Ich habe überhaupt keine Ahnung, inwieweit die Fremden in dem klammen, feuchten Kellerraum ihre Anzüge überhaupt brauchen. Wenn Adamedu nicht riskieren will, seine wertvollen Geiseln an den Rand eines Kreislaufkollapses zu bringen, wird er ihnen die Anzüge gelassen haben. Wenn nicht, dann könnt ihr die Fremden gleich da lassen, denn die Flucht würde sie umbringen. Es sei denn…“ Er wiegte nachdenklich den Kopf. „Die Wettervorhersage hat für die nächsten Tage regnerisches Wetter angekündigt; die Sonne wird sich da wohl nicht oft blicken lassen. Ihr könntet es also bis zu einer dieser Höhlen schaffen. Aber es ist ein Risiko, das gebe ich zu. Vielleicht wirkt das Störfeld in dreißig Kilometern nicht mehr. Ihr könntet also um Hilfe rufen und euch abholen lassen.“ Er grinste. „Wäre schön, wenn ihr dabei auch an mich denken würdet.“

„Womit wir bei Ihnen wären“, sagte Ilaria. „Welche Pläne haben Sie für sich?“

„Am liebsten würde ich natürlich mitkommen, einen besseren Führer würdet ihr nirgendwo finden, aber ich würde euch nur behindern. Also versuche ich, an diesem gemütlichen Ort zu bleiben und hoffe, dass ihr Erfolg habt, nicht zuletzt mit einem Anruf bei den Behörden. Meine Koordinaten sind euch ja jetzt bekannt.“ Er deutete auf das Kom. „Ich hoffe natürlich auch, dass mich die Terroristen nicht vorher finden.“

„Wie kommen Sie an Nahrung und Flüssigkeit?“

Er lachte rau. „Ich bin ja nicht so behindert, dass ich keinen Schritt gehen könnte. Hier stehen genug Kaktusbäume herum, dass ich schon nicht verdurste. Und ohne Essen komme ich schon drei, vier Tage aus, keine Sorge. Danach wird es allerdings kritisch.“ Er blickte Ilaria fest in die grünen Augen. „Habt ihr euch eigentlich schon mal überlegt, wie ihr an Nahrung gelangt, falls die Duncans nicht unter den Geiseln sind?“

Als die Jugendlichen schwiegen, fuhr er fort: „Ich werde euch noch ein paar Tricks verraten, bevor ihr aufbrecht. Verhungern werdet ihr auf eurer Flucht nicht, wenn ihr meine Anweisungen befolgt, richtig satt werden allerdings auch nicht. Und kulinarische Genüsse wie auf der Liemba kann ich euch schon gar nicht versprechen. Aber wie ich schon sagte: wenn sich Naomi, Diego oder die Kinder ebenfalls in dem Kellerraum befinden, braucht ihr euch um diese Dinge keine Gedanken zu machen. Dann seid ihr in guten Händen.“

„Haben Sie denn von den Tieren keine Hinweise darauf bekommen, wer sich alles in dem Kellerraum befindet?“

„Die Kommunikation mit den Tieren hat ihre Grenzen“, brummte Onyali. „Ich bin mir ja noch nicht einmal sicher, ob Carlotta oder die Fremden mit den Zanodis zusammengesperrt sind, geschweige denn die Duncans. Vielleicht werden sie ja getrennt gefangen gehalten.“

„Ich frage mich, ob wir es zulassen können, Sie hier alleine zurückzulassen“, mischte sich Peter ein. „Wäre es eine Option, wenn einer von uns bei Ihnen zurückbliebe?“ Während er das sagte, fixierte er Joshua mit starrem Blick.

Na klar, dachte Joshua, ich kann mir auch vorstellen, warum du so scharf darauf bist, mich loszuwerden.

„Vergiss es“; sagte Joshua heftig. „Du glaubst doch nicht, dass ich hier tatenlos herumsitze und Däumchen drehe, während meine Mutter dort unten in diesem Kellerverlies vermodert? Warum bleibst du nicht hier? Schließlich stammt der Vorschlag von dir, nicht?“

Peters braune Augen funkelten wütend und wieder ballte er die Fäuste. Er sah aus, als würde er sich in der nächsten Sekunde auf Joshua stürzen. Joshua machte sich darauf gefasst, dass er diesmal wirklich eine Abreibung erhielt. Körperlich war er Peter nicht gewachsen.

„Einen Moment!“ rief Onyali und versuchte sich zu erheben, sackte aber stöhnend wieder zurück. „Ich kann gut selbst auf mich aufpassen. Ihr geht alle drei, damit das klar ist! - Peter, komm mal her zu mir, sofort!“ Peter beugte sich auf einen herrischen Wink zu Onyali hinunter, sein Ohr dicht an Onyalis Mund.

„Peter Duncan, du bist ein verdammter Idiot!“ hörte Joshua Onyali noch zischen, bevor sein Monolog zu einem Flüstern wurde. Joshua fühlte sich zwiegespalten: auf der einen Seite sah er mit Genugtuung, wie Peter eine Standpauke erhielt, auf der anderen Seite war er sich sicher, dass diese Standpauke nur so lange anhielt, wie Onyali in Sichtweite war. Er glaubte zwar nicht, dass Peter Ärger machen würde, solange die Geiseln nicht befreit waren, aber danach rechnete er mit irgendwelchen fiesen Aktionen. Joshua hoffte nur, dass Ilaria, wie immer die Geschichte ausging, die richtigen Schlüsse aus Peters Verhalten zog.

Peter fügte sich, die Blicke, die er aber Joshua zuwarf, waren nicht vertrauenserweckend.

Migel Onyali gab den Jugendlichen noch ein paar Tipps, Tricks und Anweisungen mit auf den Weg, dann trennten sie sich.



Fortsetzung folgt....
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Beitrag von Schnurzel »

7. ENAMENA-FARM, ANEMOI, 76 n.V., am gleichen Tag, mittags

Mit aller gebotenen Vorsicht liefen sie um die Farm herum, ohne aber auf eine weitere Menschenseele zu treffen. Die Wächter schienen ihre Kräfte tatsächlich darauf zu konzentrieren, die Geiseln und die Farm zu bewachen, als sie auf eine sinnlose Suche nach irgendwelchen Teenagern zu verschwenden. Ob ihnen bewusst war, dass sich Onyali nicht unter den Toten oder Verletzten befand, konnte Joshua natürlich nicht beurteilen.

Sie schwiegen die meiste Zeit. Peter bildete das Schlusslicht und Joshua meinte seine bohrenden Blicke im Rücken zu spüren. Ilaria hatte die Führung übernommen. Es mochten tatsächlich etwa drei Stunden gewesen sein, denn die Sonne stand hoch am Himmel, als sie die Stelle erreichten, wo der Eingang zum Geheimgang sein musste. Kritisch musterte Ilaria eine Gruppe von Sträuchern. „Dort!“ sagte sie.

Sie begannen zu suchen und tatsächlich entdeckten sie nach kurzer Zeit ein etwa mannshohes Loch, das in eine allesumfassende Dunkelheit führte. Joshua nickte anerkennend. Der Geheimgang war gut getarnt und konnte unter normalen Umständen nur durch Zufall gefunden werden.

Sie hockten sich in einem engen Dreieck zusammen und hielten Kriegsrat.

„Peter, du bliebst hier und schiebst Wache“, flüsterte Ilaria. „Am besten bleibt Keyshea auch hier. Ich denke nicht, dass ein enger dunkler Gang die richtige Umgebung für einen Vogel ist. Mort kommt mit. Vielleicht kann er uns mit seiner Nachtsicht von Nutzen sein.“

„Apropos Dunkelheit“, sagte Joshua und deutete auf das nachtschwarze Loch. „Ein bisschen zu dunkel für unsere Augen, meinst du nicht? Ich habe wenig Lust, mit zwei Dutzend blauen Flecken, aufgeschlagenen Knien und Platzwunden an der Stirn hier wieder rauszukommen.“ Als er den verächtlichen Blick von Peter sah, ergänzte er: „Nicht, dass mich das davon abhält, meiner Mutter zur Hilfe zu kommen!“

Ilaria lächelte, griff in ihren Rucksack und holte eine kleine Taschenlampe hervor. „Unterschätze nie, was eine Frau alles in ihrem Handtäschchen oder Rucksäckchen rumträgt.“ Sie knipste die Taschenlampe kurz an. „Für den Fall, dass ich mich während eines Reitausfluges mal verirre und in die Dunkelheit hineinkomme. Nicht sehr lichtstark, aber für den Gang wird es reichen.“

Joshua nickte und fragte sich, was für Überraschungen der kleine Rucksack sonst noch barg.

Er wandte sich Keyshea zu, die etwa zwei Meter entfernt auf einem Ast saß. „Du – bleibst – hier – hast – du – verstanden?“ sagte er langsam und klar akzentuiert, kam sich dabei aber wie ein Idiot vor. Keyshea drehte den Kopf mit typischen ruckartigen Vogelbewegungen von einem zum anderen und nickte dann, ob aus eigenem Antrieb oder von Dala eingetrichtert, das vermochte Joshua nicht zu sagen. Joshua fragte sich sowieso, in welcher Ausführlichkeit Dala und ihr Vater die Vorkommnisse der letzten Stunden verfolgt hatten.

„Viel Glück“, flüsterte Peter, schaute dabei aber nur Ilaria an.

Ilaria und Joshua drangen in die Dunkelheit vor. Mort eilte ihnen voraus. Der Schein der Taschenlampe war tatsächlich nicht sehr stark, aber er reichte aus, Vorsprüngen oder hervorstehenden Balken auszuweichen. Es roch muffig und modrig, was Joshua allerdings nichts ausmachte, im Gegensatz zu den vielen Spinnweben, die sie pausenlos mit den Händen wegwischten. Joshua hasste Spinnen wie die Pest. Er schluckte seinen Ekel herunter und dachte an seine Mutter.

Die Stelle, an der der Gang eingestürzt war, passierten sie ohne Schwierigkeiten. Die Lücke, die übrig geblieben war, wäre auch groß genug für Peter gewesen, aber selbst die kleine, geschmeidige Ilaria brauchte eine halbe Minute, um über das lose Geröll zu klettern. Je weniger Leute sie auf dem Rückweg waren, umso schneller kamen sie durch diese Engstelle. Mort wartete geduldig auf der anderen Seite und setzte sich wieder in Führung.

Als sie über irgendwelche Dinge stolperte, fluchte Ilaria zweimal heftig in einer Sprache, die Joshua nicht verstand. Italienisch, dachte er. Diese Sprache hatten die Tocacellis vor hunderten von Jahren von Tara mitgebracht, und davor von Terra, und sie sprachen sie heute immer noch untereinander. Tradition, nannte man sowas. Auch im MacAillan-Clan gab es noch einige Ältere, die Englisch sprachen. Einiges verstand er, denn das Anglatara leitete sich aus dem Englischen ab, aber Italienisch verstand er kein Wort. Joshua wagte allerdings nicht, Ilaria um eine Übersetzung der Flüche zu bitten.

Nach insgesamt zwölfhundert Metern gelangten sie an eine Wand, die künstlich aussah. „Die Geheimtür“, hauchte Joshua. Sie mussten noch einige Steine beiseite räumen, da die Tür von ihnen aus gesehen nach innen aufging, aber dann hatten sie auch dies geschafft. Gemäß der Anweisung von Onyali bewegte sie drei Steine in der Wand in der richtigen Reihenfolge. Nachdem sie einander aufmunternd angeblickt hatten, zogen sie gemeinsam mit aller Kraft an einem Knauf. Die Tür öffnete sich einen Spalt und knarrte wie schlecht geölt.

„Cazzo!“ fluchte Ilaria leise, wenig damenhaft. „Hoffentlich hört man das nicht auf dem Flur.“

Deine Flüche oder das Knarren? dachte Joshua, traute sich aber nicht, es laut auszusprechen. „Haben wir eine Wahl?“ flüsterte er stattdessen.

Sie zogen weiter an dem Knauf und waren froh, dass die Tür weniger Geräusche verursachte, je weiter sie sich öffnete.

Im Schein der Taschenlampe sahen sie einen fensterlosen dunklen Raum, in dem mehrere Regale standen, auf denen allerlei Krimskrams lag. Joshua wollte schon zur Tür zum Flur eilen, als Ilaria ihn aufhielt. „Warte! Auf die paar Minuten kommt es jetzt auch nicht an.“

Sie suchte methodisch die Regale ab und stopfte das eine oder andere (Joshua konnte nicht genau erkennen, was) in ihren Rucksack, der sich bedenklich ausbeulte. „Vielleicht können wir das mal gebrauchen“, grinste sie.

Joshua ging nun zur Tür und betätigte vorsichtig die Klinke. „Abgeschlossen!“ Ilaria zog den Schlüssel hervor und steckte ihn ins Schloss. Vorsichtig öffnete Joshua die Tür, gottseidank geräuschlos, lugte durch einen Spalt und schloss die Tür sofort wieder.

„M***, eine Wache sitzt vor der anderen Tür auf einem Stuhl“, flüsterte er so leise, dass Ilaria ihr Ohr an seinen Mund legte. Er roch ihren Schweiß und auch, dass sie gestern oder vorgestern ihr Haar mit einem Shampoo mit einer Tandira-Duftnote gewaschen haben musste. „Er scheint vor sich hinzudösen, aber was wir auch tun, wir kommen ungesehen nicht an ihm vorbei!“

Ilaria ging zum Regal zurück und wog einen Prügel in der Hand, eine Art Kantholz, etwa achtzig Zentimeter lang. „Wir brauchen ein Ablenkungsmanöver“, sagte sie entschlossen. Joshua staunte. Er hätte dem kleinen, resoluten Persönchen vor noch nicht einmal vierundzwanzig Stunden zwar so einiges zugetraut, aber Gewalttätigkeiten?

Er kaute auf seiner Unterlippe und überlegte, ob er nicht Morsezeichen mit den Fingerknöcheln an die gemeinsame Wand zum Verlies klopfen könnte, aber er wusste erstens nicht, ob dort jemand diese uralten Zeichen überhaupt verstand und zweitens war er davon überzeugt, dass das Klopfen von der Wache bemerkt werden würde.

Er blickte Mort an und überlegte, ob er ihre Absichten nicht durch den Kater an Menusan Zanodi übermitteln konnte. Vielleicht konnten die Gefangenen für Ablenkung sorgen. Kaum hatte er an dem Gedanken Gefallen gefunden, wurde ihm die Entscheidung, es mit Mort zu versuchen, abgenommen.

Aus dem Verlies vernahmen sie mehrere laute Stimmen. Was sie riefen, konnte Joshua nicht verstehen, aber er hörte, wie draußen auf dem Flur der Stuhl gerückt wurde.

Der Wärter fluchte und forderte die Gefangenen auf, Ruhe zu geben. Wieder eine laute Stimme aus dem Verlies, die Menusan Zanodi gehören musste. Joshua verstand auch dieses Mal nicht, was er sagte. Was er aber verstand, war, dass es sich um die Ablenkung handelte, die sie brauchten. Natürlich! Mort und sein Menschenbruder befanden sich keine fünf Meter voneinander entfernt, nur durch eine Wand getrennt. Es hätte Joshua gewundert, wenn Menusan nicht gewusst hätte, was hier lief.

Ilaria schien zu dem gleichen Schluss zu kommen. Schweigend übergab sie ihm den Prügel. Obwohl es ihm an Ilarias Entschlossenheit mangelte, so war es doch wahrscheinlicher, dass Joshua aufgrund seiner Muskelkraft den Wächter eher mit einem Schlag außer Gefecht setzen konnte als Ilaria. Joshua wog den Prügel in der Hand und schluckte. Der erste Schlag musste sitzen! Zu einem zweiten würde es wahrscheinlich nicht kommen.

„Ich komme rein!“ hörten sie die Wache rufen. „Wehe, ihr verarscht mich!“

Joshua öffnete die Tür vorsichtig wieder einen Spalt und sah, wie der Wärter die Gefängnistür öffnete. Gottseidank richtete sich dessen Aufmerksamkeit nicht auf den Nachbarraum. Als die Wache den Raum betrat und aus Joshuas Sichtfeld verschwand, öffnete Joshua die Tür vollends und huschte zur Nachbartür. Sein Herz schlug bis zum Hals und plötzlich hatte er Angst vorm Versagen.

Als er schließlich im Türrahmen stand und den Rücken des Terroristen keinen Meter entfernt vor sich sah, kehrte gottlob ein Rest von Entschlossenheit zurück. Er holte weit aus.

Die Gefangenen versuchten auf Joshuas Erscheinen nicht zu reagieren, um den Wärter nicht auf ihn aufmerksam zu machen, doch das gelang wohl nicht ganz, denn der Wärter begann sich alarmiert umzudrehen. Es war aber zu spät. Der Schlag des Prügels traf ihn voll an der Schläfe und ohne einen Laut fiel er wie ein gefällter Baum zu Boden. Das einzige Geräusch war der Aufprall von Holz auf Knochen, ein hässlicher Laut, der das Blut in Joshua gefrieren ließ. Rot sickerte es aus einer Wunde. Joshua hoffte, ihn nicht getötet zu haben, obwohl er es sicherlich verdient hatte.

„Joshua!“ hauchte seine Mutter. Er blickte sich hastig um. In dem kleinen Raum befanden sich zwölf Personen: seine Mutter, die beiden Zanodis, die fünf Zed’hä, sowie die vier Duncans, Naomi, ihr Mann Diego (der auch Duncan hieß, obwohl er einem anderen Clan abstammte, aber Duncans legten ihren Namen niemals ab, vielmehr nahmen ihre Lebenspartner diesen Namen an), sowie die beiden schon erwachsenen Kinder Deborah und Leon. Er nickte zufrieden. Die Anwesenheit der Duncans würde ihr weiteres Vorgehen erleichtern.

Ilaria kam in den Raum gelaufen und legte sanft eine Hand auf seine Schulter, voller Stolz, wie es Joshua schien. Unsinn, dachte er, wie konnte eine einfache Berührung mit der Hand Stolz ausdrücken? Aber sich dies einzubilden, tat gut.

Er erkannte, dass die Gefangenen angekettet waren und biss sich auf die Unterlippe. Menusan Zanodi interpretierte seine Blicke richtig und flüsterte: „Der Wärter hat die Schlüssel. Schnell!“

Ohne zu zögern, beugte sich Ilaria zu dem Wärter hinab und durchsuchte seine Hosentaschen. Die nächsten Minuten liefen für Joshua wie ein Film ab. Sein Adrenalin baute sich im Blut ab und er war eine Weile wie betäubt. Schließlich waren alle Gefangenen befreit. Menusan Zanodi untersuchte den Wärter. „Er ist bewusstlos. Gehirnerschütterung, wenn nichts schlimmeres. Es wäre am besten für ihn, wenn er in ein Krankenhaus käme.“ Aber darauf konnten sie im Moment keine Rücksicht nehmen.

Carlotta Duncan fiel ihrem Sohn mit einem Schluchzen in die Arme. Normalerweise wäre Joshua eine solche Zurschaustellung von mütterlichen Gefühlen peinlich gewesen, aber in diesem Fall ließ er es geschehen. Er barg sein Gesicht im dichten Haar seiner Mutter und schämte sich nicht seiner Tränen.

Dala nickte ihm nur zu, voller Respekt, wie er sich einbildete.

Mort war an seinem Menschenbruder hochgesprungen und rieb, auf der Schulter sitzend, den kleinen Kopf an seiner Wange. „Gut gemacht, Mort“, flüsterte Zanodi.

Joshua musterte die Zed’hä. Man hatte ihnen ihre Spezialanzüge ausgezogen und die Atemmasken abgenommen. Das war schlecht. Wenigstens hatte man ihnen die Kontaktlinsen gelassen.

Naomi Duncan übernahm sofort das Kommando. „Weg von hier“, sagte sie nur.

Die Zed’hä fingen an, heftig in ihrer zungenbrecherischen Sprache miteinander zu diskutieren. Nach einer halben Minute drehte sich der Künstler um. „Ja ja, mit euch gehen“, entschied er. Naomi nickte stumm. Die Angst vor der Gewalt durch die Terroristen war wohl größer als die Angst vor einem Kreislaufkollaps, Atemnot oder Schlimmeren.

So verschlossen sie die Tür zum Verlies von außen und schließlich die Tür im Nachbarraum von innen, immer darauf achtend, keine Spuren zu hinterlassen. Sollten die Wächter erst einmal darauf kommen, dass sie in diesen Raum geflüchtet waren. Um es den Terroristen noch schwerer zu machen, investierten sie eine Minute, das bisschen Dreck und Schutt, der vom Geheimgang in den Kellerraum geraten war, sorgfältig zu beseitigen. Da die Befreiung nicht lautlos von statten gegangen und bisher noch keine Reaktion darauf erfolgt war, gingen sie davon aus, dass die Wache auf dem Stuhl tatsächlich der einzige Terrorist im Kellergewölbe gewesen war. Joshua konnte kaum fassen, wie viel Glück sie bisher gehabt hatten.

Der Rückweg durch den Geheimgang dauerte eine knappe halbe Stunde. Peter und Keyshea empfingen sie erleichtert und endlich erlaubten sie sich, einmal tief durchzuatmen.

Nachdem Ilaria berichtet hatte, was den drei Jugendlichen - und Onyali - wiederfahren war, erzählte Naomi ihre Sicht der Dinge. Die Farm wurde von ungefähr fünfzehn Terroristen im Handstreich genommen, so dass keinerlei Gelegenheit blieb, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Wer es dennoch versuchte, wurde kurzerhand niedergeschossen. Wer von den etwa zwanzig Bediensteten den Überfall überlebt hatte und wo die Überlebenden festgesetzt wurden, wusste Naomi nicht. Das nagte an ihr und machte sie sehr wütend. Sie war jedenfalls so klug gewesen, sich sofort zu ergeben und so das Leben ihrer Familie und ihrer Gäste zu retten - vorläufig. Die Zanodis waren gottseidank geistesgegenwärtig genug, dass die Tiere noch flüchten konnten. Naomi erfuhr bei der Gelegenheit, dass es sich um Folkan Adamedus Wächter Anemois handelte, die vorher nie durch militante Aktionen aufgefallen waren. Sie konnte sich vorstellen, um was es diesen Terroristen ging: kurz- bis mittelfristig die Vertreibung von Thetyanern und Zed’hä von Anemoi. Als sei die Sekte wieder auferstanden, nur dass den Wächtern Anemois abgesehen von einer verschwindend kleinen Minderheit niemand mehr auf den Leim ging, wie der Sekte vor mehreren hundert Jahren. Aber die Randbedingungen waren damals andere gewesen.

Naomi rechnete nicht mit einer unblutigen Befreiung durch die Behörden, denn niemand hatte auf Anemoi mehr Erfahrung mit Terrorakten, so dass sie die erstbeste Gelegenheit beim Schopf gepackt hatte, zu fliehen, auch wenn der Erfolg der Flucht ungewiss war und es ihr gehörig gegen den Strich ging, ihre Bediensteten im Stich zu lassen, sofern sie überlebt hatten. Sehr erleichtert zeigte sie sich darüber, dass ihr Verwalter Onyali überlebt hatte, wenn auch verletzt.

Naomi berichtete weiter, dass sie insofern Glück hatten, dass sie das Mittagessen erst vor kurzem erhielten und das Abendessen noch eine Weile auf sich warten ließ. Es sei denn, Adamedu wollte jemanden vorher verhören oder die Wachablösung würde vorher stattfinden. Wie auch immer, sie durften sich hier nicht allzu lange aufhalten. In einigen Stunden, vielleicht schon vorher, würde in unmittelbarer Nähe der Farm die Hölle los sein.

Sie musterte die Menschen und Zed’hä.

„Unsere Gruppe ist zu groß. Wir müssen uns trennen. Die größere Gruppe geht mit mir nach Norden, zu den Höhlen in den Anhöhen. Sollen sie uns da erstmal finden“, sagte sie grimmig.

„Mit von der Partie sind unsere Freunde von den Sternen, sowie Leon, Joshua und Ilaria. Die andere Gruppe, kleiner und mobiler, besteht aus Diego, Carlotta, Peter und Debbie. Ihr geht nach Osten und eilt Migel zur Hilfe.“ Sie blickte ihre Tochter an. „Debbie hat eine medizinische Ausbildung und kann mit Dingen, die sie in der Natur findet, wahre Wunder vollbringen. Versucht, Onyali aus der Gefahrenzone heraus in Sicherheit zu bringen. Er ist ein verdammt guter Mann. Ich möchte ihn nicht verlieren.“

Peter machte ein fassungsloses Gesicht. „Ich möchte aber nicht zurück zu Onyali, sondern mit nach Norden gehen“, protestierte er.

Naomi war eine drahtige Mittfünfzigerin, einen Kopf kleiner als Peter und dreißig Pfund leichter, aber allein ihr durchdringender Blick genügte, um Peter zum Schweigen zu bringen. „Was hast du von dem, was ich gerade sagte, nicht verstanden?“

Peter senkte den Blick und brummte etwas Unverständliches in seinen nicht vorhandenen Bart.

Da er Peter zutraute, auch im Beisein der Chefin auszurasten, wenn er nur genug provoziert wurde, unterdrückte Joshua mühsam das Grinsen, das sich auf seinem Gesicht einstellen wollte. Es freute ihn jedenfalls, dass er Peter erst einmal los war.

Joshua und Carlotta umarmten einander noch kurz. Er wusste seine Mutter bei Diego und Debbie in guten Händen, außerdem hatte sie genug Steppenerfahrung, auch wenn sie diese auf einer anderen Farm erworben hatte.

Die beiden Gruppen brachen schließlich auf, jede in eine andere Richtung. Noch etwa sechs Stunden bis zum Sonnenuntergang, Zeit genug für Naomis Gruppe, bis an den Rand der Grassteppe zu gelangen.



Fortsetzung folgt....
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Beitrag von Schnurzel »

8. TIEFEBENE VON MIRAMAR, ANEMOI, 76 n.V., am gleichen Tag, abends

Zur Erleichterung der Zed’hä waren in der Zwischenzeit von Westen her dichte Wolken aufgezogen, und die Sonne verbarg sich die meiste Zeit dahinter. Es war trotzdem hart für diese Wesen, ohne ihre üblichen Schutzvorrichtungen durch eine ihnen vollkommen fremde Wildnis zu fliehen, womöglich verfolgt von feindseligen Terroristen.

Sie schienen die Anstrengungen aber klaglos zu ertragen. Jammern schien kein Wesenszug der Zed’hä zu sein, überlegte Joshua. Oder sie waren immer noch verstört über diesen Akt der Gewalt, der für die Zed’hä, wahrscheinlich die friedliebendsten Wesen des Universums, ohne Beispiel war. Joshua fragte sich, was die politischen Konsequenzen dieses Terroraktes sein mochten. Aber darüber sollten sich andere, schlauere Leute als er den Kopf zerbrechen.

Naomis Sohn Leon, Mitte zwanzig und aufgewachsen in der Steppe, ließ sich hin und wieder zurückfallen, um die Lage zu sondieren, aber er konnte keine Verfolger ausmachen. Einmal meinte er das Bellen eines Hundes zu vernehmen, aber das konnte auch Einbildung gewesen sein. Entweder hatten die Terroristen ihre Flucht noch nicht bemerkt oder sie suchten in einer anderen Richtung. Auf jeden Fall schienen sie sich nicht sonderlich gut in der Steppe auszukennen. „Alles Städter“, sagte Leon verächtlich, leise zwar, aber Joshua hörte es trotzdem. Es versetzte ihm einen leichten Stich.

Dala wagte nicht, ihren Vogel zum Spähen auszuschicken, denn das rot-schwarze Gefieder war einmalig in der Steppe und den Terroristen sicherlich bekannt, wenn sie sich gut genug über ihre Geiseln informiert hatten. Mort war als Späher sicher besser geeignet, da er sich besser verbergen konnte, der Kater war aber auch kein Dauerläufer und jetzt schon erschöpft. Oft saß er auf Zanodis Schulter. Bei jeder längeren Pause rollte er sich zusammen und schlief sofort ein.

Sie mussten öfter Rast machen, als ihnen lieb war. Die kurzen Beine der Zed’hä machten dies notwendig, sie schienen nicht die beste Kondition zu besitzen. Naomis Gesicht wirkte missmutig, aber was konnte sie schon daran ändern.

Sie kamen schließlich in ein Gebiet, in dem der Bewuchs an Bäumen und Sträuchern nachließ. Als bis zum Horizont nur noch wogende Gräser zu sehen waren, von den Anhöhen, ihrem Ziel, etwa sieben oder acht Kilometer entfernt, einmal abgesehen, blieb Naomi stehen, sog tief die Luft ein und breitete die Arme aus, wie ein Prediger, der vor seiner Gemeinde stand.

„Hier beginnt das Reich des Steppenrenners“, sagte sie, an niemand bestimmten gerichtet.

„Steppenrenner, ach ja?“ sagte Dala wenig begeistert und stemmte die Arme in die Hüften. „Hinter uns die Terroristen und vor uns die Steppenrenner. Und was kommt sonst noch?“ Keyshea pflichtete ihr krächzend bei.

„Keine Sorge. Die Steppenrenner sind zwar riesig und sehen gefährlich aus, sind aber an sich harmlos“, sagte Joshua beflissen und im Brustton der Überzeugung, obwohl er noch keinem Steppenrenner leibhaftig gegenüber gestanden hatte, lediglich im Zoologischen Garten von Fontaine, aber durch Zäune von ihm getrennt. „Es sei denn, man nähert sich ihren Gelegen, dann werden sie rasend und man macht sich besser aus dem Staub.“

Er sah aus den Augenwinkeln, wie Ilaria ihn interessiert musterte und amüsiert die Mundwinkel verzog. Himmel, in welches Fettnäpfchen war er denn jetzt wieder getreten?

Die Sonne stand schon tief, so dass sie gezwungen waren, sich einen einigermaßen geschützten Lagerplatz für die Nacht zu suchen. Es fing zu allem Überfluss leicht an zu nieseln, was die Zed’hä wieder etwas aufblühen ließ, ihn aber nicht. Das Anzünden eines Feuers verbot sich von selbst. Mal abgesehen von der Entdeckungsgefahr hätten dies die Zed’hä sicher nicht mitgemacht.

Unterwegs hatten sie Beeren gesammelt, die als karges Abendessen dienten. Das Störfeld wirkte immer noch. Ilaria nestelte im Halbstundentakt an dem Kom, jedes Mal vergeblich. Und die Behörden hatten wohl immer noch keine Ahnung, was hier vorging, denn die Flüchtenden waren noch nicht so weit von der Farm entfernt, als dass der Anflug von Polizeigleitern von Norden oder Nordosten her unbemerkt geblieben wäre.

Es würde eine ungemütliche Nacht werden. Selbst für die Zed’hä. Zwar war es feucht, aber auch kälter, als sie es von ihrer Heimatwelt gewohnt waren. Und der Regen wurde immer heftiger.



Fortsetzung folgt.....
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Roi Danton
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Re: Die Olfaktoren . eine NON-PR-Fangeschichte

Beitrag von Roi Danton »

Also ehrlich, ein KG-Thread hierher verschoben ist wie ....

Die Story hätte mehr Aufrufe verdient!

Schnurzel, geht es weiter? Bei mir läuft es mit der History wieder mit neuen Geschichten aus dem 19. Jahrhundert hervorragend mit großer Freude, als ein Teil der erst wohl in ferner Zukunft zu publizierenden SF+ History-Serie: Die Chroniken der Tiras.
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Schnurzel
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Re: Die Olfaktoren . eine NON-PR-Fangeschichte

Beitrag von Schnurzel »

Hallo Roi,
geht weiter... Kapitel 9 spätestens Mittwoch. Kapitel 10 und 11 sind auch schon geschrieben, die kommen also auch noch, etwa im Wochenabstand. Wie es danach weitergeht, weiß ich noch nicht. Mir ist hier zu wenig Feedback. Ach was: null Feedback! Im GC-Thread waren es wenigstens du und Jedi Equester, die mich zum Schreiben motiviert haben. Letzterer hat sich scheinbar aus dem Forum wieder verabschiedet und von dir erwarte ich nicht, dass du dich zu den bisherigen Kapiteln äußerst. Das hast du bereits im GC-Thread und per PN zur Genüge getan, wofür ich dir dankbar bin.

Auf deine Chroniken bin ich auf jeden Fall gespannt.
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Roi Danton
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Re: Die Olfaktoren . eine NON-PR-Fangeschichte

Beitrag von Roi Danton »

Schnurzel hat geschrieben:Hallo Roi,
geht weiter... Kapitel 9 spätestens Mittwoch. Kapitel 10 und 11 sind auch schon geschrieben, die kommen also auch noch, etwa im Wochenabstand. Wie es danach weitergeht, weiß ich noch nicht. Mir ist hier zu wenig Feedback. Ach was: null Feedback! Im GC-Thread waren es wenigstens du und Jedi Equester, die mich zum Schreiben motiviert haben. Letzterer hat sich scheinbar aus dem Forum wieder verabschiedet und von dir erwarte ich nicht, dass du dich zu den bisherigen Kapiteln äußerst. Das hast du bereits im GC-Thread und per PN zur Genüge getan, wofür ich dir dankbar bin.

Auf deine Chroniken bin ich auf jeden Fall gespannt.

Bin schon gespannt auf die Fortsetzungen, die ich nicht kenne. Die Zugriffe für all diese Mühen sind beschämend. Dies motiviert niemand weiter zu schreiben. Mein GA Sohn des Minos geht auch bald zu Ende. Gibt trotzdem mehr als 50. Teile.

Sobald meine neuen historischen Teile für die CvT stehen - kann allerdings noch dauern - lasse ich dich probelesen. :rolleyes: :unschuldig:
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Re: Die Olfaktoren . eine NON-PR-Fangeschichte

Beitrag von Hideo »

Hi Schnurzel,

ich hab deine Geschichte bisher selber noch nicht gelesen, aber auch aus den zwei Gründen, das ich sie erst im Rahmen der Fan-Story-Suche erst entdeckt habe und weil ich gerade so große Geschichten lieber in einem E-Book-Reader lese. Sobald ich die Geschichte in MOBI übertragen habe, werd ich sie mir durch lesen und dir ein Feedback geben.
Auf jedenfall aber: Respekt vor der ganzen Schreibarbeit! Ich weiß aus eigener Erfahrung, wieviel Arbeit das ist und dafür einfach mal :st:

PS: Das Problem mit dem mangelnden Feedback bei Fan-Storys kenne ich selber aus eigener Erfahrung und es kann einem die Lust am Schreiben ganz schön verleiden. Lass dich davon nicht runterziehn und mach weiter!
Alles hier gepostete ist meine eigene Meinung und auch als solche zusehen. Sollte sich jemand davon angegriffen fühlen, so kann er es gerne sagen.
Noch besser wäre es dann aber, in sich hinein zu horchen, um festzustellen, wieso...


Ein bisschen Lesestoff? Bödde: Vimes für's Kindle oder Vimes Thread

Mehr Stardust?
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Schnurzel
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Re: Die Olfaktoren . eine NON-PR-Fangeschichte

Beitrag von Schnurzel »

Hideo hat geschrieben:Hi Schnurzel,

ich hab deine Geschichte bisher selber noch nicht gelesen, aber auch aus den zwei Gründen, das ich sie erst im Rahmen der Fan-Story-Suche erst entdeckt habe und weil ich gerade so große Geschichten lieber in einem E-Book-Reader lese. Sobald ich die Geschichte in MOBI übertragen habe, werd ich sie mir durch lesen und dir ein Feedback geben.
Auf jedenfall aber: Respekt vor der ganzen Schreibarbeit! Ich weiß aus eigener Erfahrung, wieviel Arbeit das ist und dafür einfach mal :st:

PS: Das Problem mit dem mangelnden Feedback bei Fan-Storys kenne ich selber aus eigener Erfahrung und es kann einem die Lust am Schreiben ganz schön verleiden. Lass dich davon nicht runterziehn und mach weiter!
Danke für eure Posts, Roi und Hideo.

Was mich ja am meisten ärgert an dem geringen Feedback ist die Tatsache, dass vollkommen unsinnige und total bescheuerte Spam-Threads wie "Warum ist das Bier teurer?" zigfach mehr besucht werden. Da purzeln die Posts nur so. Manchmal fühle ich mich wie im Kindergarten. Wenn sich aber Leute wirklich Mühe machen mit Geschichten, ist tote Hose. Das wirft doch (auch) ein bezeichnendes Licht auf das Forum.
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Re: Die Olfaktoren . eine NON-PR-Fangeschichte

Beitrag von Schnurzel »

PS: Bevor mich jemand der Lüge bzw. der Heuchelei überführen möchte: ich gucke auch mal in diese Spam-Threads rein, einfach aus reiner Neugierde (es gibt kaum einen Thread, in dem ich nicht schon drin gewesen wäre) und ab und zu poste ich was, aber zu 99 % eher bissige oder spöttische Kommentare.

Daher bleibe ich dabei: es wird im Forum soviel Blödsinn gepostet (Welche Schuhgröße hat Atlan? Meine Güte, wenn es sonst keine Probleme gibt auf der Welt), dass es mich ärgert, das "unsere" Fäden so spärlich besucht werden, obwohl wir so viel Herzblut reinstecken, vor allem Roi, der eine gute Geschichte nach der anderen raushaut (dazu gehören auch deine GC-Stories, Roi! Ob du es wahrhaben willst oder nicht!).
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Re: Die Olfaktoren . eine NON-PR-Fangeschichte

Beitrag von Roi Danton »

Schnurzel hat geschrieben:PS: Bevor mich jemand der Lüge bzw. der Heuchelei überführen möchte: ich gucke auch mal in diese Spam-Threads rein, einfach aus reiner Neugierde (es gibt kaum einen Thread, in dem ich nicht schon drin gewesen wäre) und ab und zu poste ich was, aber zu 99 % eher bissige oder spöttische Kommentare.

Daher bleibe ich dabei: es wird im Forum soviel Blödsinn gepostet (Welche Schuhgröße hat Atlan? Meine Güte, wenn es sonst keine Probleme gibt auf der Welt), dass es mich ärgert, das "unsere" Fäden so spärlich besucht werden, obwohl wir so viel Herzblut reinstecken, vor allem Roi, der eine gute Geschichte nach der anderen raushaut (dazu gehören auch deine GC-Stories, Roi! Ob du es wahrhaben willst oder nicht!).
Das ist halt so wegen der Resonanz von Herzblut-Storys. Eigentlich bin ich mit etwa durchschnittlich 500 Aufrufe nach jedem 'Sohn des Minos' im GA-Thread zufrieden.

GC-Storys. Ich hatte halt mein 'Damascus-Erlebnis' und werde keinen totalen Fantasie-Unsinn ala, sorry, PR, Startrek etc. mehr schreiben, sondern nur noch super recherierte History, gewürzt mit Phantastik + SF, die ich verantworten kann, also keine Alienflut, wo sind sie denn? Die Faktoren welches ein Leben wie wir es uns vorstellen können, also auf Kohlenstoffbasis ermöglichen, sind so von 'Zufall' geprägt, welche die Verhältnisse in unserem Solsystem und der Erde erst ermöglichen, ist extrem unwahrscheinlich.
Da spiele ich doch lieber mit der Phantastik und der Mythologie, die es ermöglicht hat, dass das Tirasvolk, eine extrem seltene Mutation des Cro Magnon vor 15000 Jahren parallel zu unserem bekannten Homo Sapiens sich entwickelte, als diese Flut von Aliens.

Sorry, auch kein Psiquatsch mehr, sondern nur eine Tirastechnologie, die der unseren um etwa fünfhundert bis 1000 Jahre voraus ist. Reicht doch aus.

Mach weiter Schnurzel

Man liest sich.
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Todd
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Re: Die Olfaktoren . eine NON-PR-Fangeschichte

Beitrag von Todd »

Schnurzel hat geschrieben:PS: Bevor mich jemand der Lüge bzw. der Heuchelei überführen möchte: ich gucke auch mal in diese Spam-Threads rein, einfach aus reiner Neugierde (es gibt kaum einen Thread, in dem ich nicht schon drin gewesen wäre) und ab und zu poste ich was, aber zu 99 % eher bissige oder spöttische Kommentare.

Daher bleibe ich dabei: es wird im Forum soviel Blödsinn gepostet (Welche Schuhgröße hat Atlan? Meine Güte, wenn es sonst keine Probleme gibt auf der Welt), dass es mich ärgert, das "unsere" Fäden so spärlich besucht werden, obwohl wir so viel Herzblut reinstecken, vor allem Roi, der eine gute Geschichte nach der anderen raushaut (dazu gehören auch deine GC-Stories, Roi! Ob du es wahrhaben willst oder nicht!).
Hi Schnurzel,

bei mir ist es noch nicht so lange her, dass ich diesen Thread überhaupt gefunden habe, weil ich ja nur bei NEO unterwegs war.
War mehr ein Zufallszreffer, als ich mal dem Link vom Slarti gefolgt bin. Ich habe also Deine Stories hier noch nicht gelesen.
Mach ich aber noch und dann schreib ich auch was dazu, mach ich andernorts ja auch. Wer freute sich denn nicht über Resonanz?
Und wenn einer ´ne Story nicht so prickeln findet, kann er seine Kritik ja in eine PN packen, damit könnte ich durchaus auch leben.
Aber gar nichts als die Zahl der Klicks ist in der Tat gewöhnungsbedürftig...

Zugegebenermaßen ist ein Posting im Spam-Thread mal en passant gemacht, eine Kritik hingegen stellt schon etwas höhere Ansprüche. :unsure:

Anyway, schreib einfach weiter!

LG

Todd
shikin haramitsu daikômyô
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Schnurzel
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Re: Die Olfaktoren . eine NON-PR-Fangeschichte

Beitrag von Schnurzel »

Danke für den Zuspruch, Todd. Wir werden sehen. Hier erst einmal Kapitel 9:



9. TIEFEBENE VON MIRAMAR, ANEMOI, 76 n.V., am nächsten Vormittag

Es hatte endlich zu regnen aufgehört. Joshua und Dala hatten von Naomi den Auftrag erhalten, die Wurzeln einer bestimmten Pflanze zu suchen. Sie schmeckten zwar bitter, waren aber nahrhaft. Sie entfernten sich daher etwas von der Gruppe. Joshua suchte alleine den Boden ab, während Dala etwa hundert Meter entfernt die Suche aufgenommen hatte.

Joshua blickte nachdenklich zu der Stelle, wo Dala sein musste, allerdings verborgen von den Gräsern. Er hatte am gestrigen Abend beobachtet, wie sie und der Künstler ihre Köpfe zusammengesteckt und der Künstler in seiner Sprache auf sie eingeredet hatte. Ihr Vater hatte daneben gesessen und am Ende stumm genickt, als Dala ihn fragend anblickte. Daraufhin waren Dala und der Künstler für etwa zwanzig Minuten zwischen den Gräsern verschwunden. Als sie wieder auftauchten, machte Dala einen benommenen Eindruck. Sie torkelte leicht, wie vor Erschöpfung, und hatte einen glasigen Blick. Joshua fragte sie besorgt nach ihrem Befinden, aber Dala schwieg. Merkwürdig. Die anderen hatten diese Begebenheit entweder nicht bemerkt oder maßen ihr keine weitere Bedeutung zu.

Joshua, tief in Gedanken versunken, erschrak, als es plötzlich raschelte. Alarmiert blickte er auf. Ein Steppenrenner? Da musste er vorsichtig sein. Keine hastigen Bewegungen. Er staunte jedoch nicht schlecht, als er eine bekannte Stimme hörte.

„Hallo, Joshua. Lange nicht gesehen.“ Vor ihm stand Peter Duncan, den er eigentlich mindestens zwanzig Kilometer weit weg vermutet hatte. Peters Kleidung hatte gelitten und war schlammverkrustet, wie seine eigene Kleidung und die der anderen auch. Er sah erschöpft aus, aber sein Blick war grimmig, ja sogar hasserfüllt, und er strahlte eine Entschlossenheit aus, die Joshua schaudern ließ. Das alte Hemd, das Ilaria auf dem Regal im Kellerraum gefunden und in ihren Rucksack gestopft hatte, stand vorne offen, weil es zu klein war. Er sah Peters Brustmuskeln zucken.

„Hast du geglaubt, du wärst mich losgeworden, du dreckiger MacAillan? Nein, nicht mit mir! Jetzt bekommst du erst einmal die Abreibung, die du dir verdient hast. Und solltest du Ilaria in Zukunft weiterhin anschmachten, kommt da noch mehr, das kann ich dir schon jetzt versprechen.“

Peter ballte die Fäuste und kam langsam auf ihn zu. Joshua blickte hastig um sich, aber da war nichts, was er als Deckung oder Waffe hätte nutzen können. Nur Gras. Er bewegte sich langsam rückwärts und schrie erschrocken auf, als er über eine Wurzel stolperte und rücklings auf dem matschigen Boden landete. Peter grinste triumphierend.

„Jetzt habe ich dich“, murmelte er.

In diesem Moment hörte er ein Flattern und ein rot-schwarz gefiedertes Etwas flog so dicht an Peters Kopf vorbei, so dass er erschrocken aufschrie und zurückfuhr. Sekunden später teilte sich das Gras und Dala sprang geschmeidig wie eine Katze hervor. Sie war etwa gleich groß wie Joshua und womöglich leichter als er, was sie aber nicht daran hinderte, dem körperlich überlegenen Peter entgegenzutreten.

Das Überraschungsmoment war zudem auf ihrer Seite. Sie packte den verblüfften Peter und ehe er sich versah, landete er auf dem Hosenboden. Joshua war beeindruckt, denn dass Dala eine Kampfsportart beherrschte, und das wohl ziemlich perfekt, hatte er nicht gewusst.

Peter schrie wütend auf. Sein Ego war verletzt. Von einem Mädchen zu Boden geworfen zu werden, passte nicht in sein Weltbild. Das sollte diese Schlampe jetzt büßen, denn das Überraschungsmoment war vorbei. Er sprang auf und stürmte in blinder Wut auf Dala zu. Dies hätte er allerdings nicht tun sollen. Dala hatte lauernd nur auf diese Attacke gewartet, packte Peter erneut, aber anstatt ihn zu Boden zu werfen, rammte sie ihr Knie mit voller Wucht in Peters Unterleib. Er schrie vor Schmerzen auf und sackte in sich zusammengekrümmt in den Schlamm, wo er stöhnend liegenblieb.

Autsch! dachte Joshua und verzog das Gesicht, als hätte er die Schmerzen am eigenen Leib erlitten.

Dala stand schwer atmend da, mehr vor Aufregung als vor Anstrengung, und hatte die Arme auf ihre Oberschenkel gestützt. Sie grinste dreckig, als sie Joshua anblickte. „Das steht in keinem Handbuch, aber nur so kriegst du jeden Kerl klein.“

Ups, dachte Joshua. Dass er nur nie Ärger mit Dala bekam! „Danke“, sagte er nur.

Dala nickte. Sie wandte sich Peter zu und ihre blauen Augen blitzten. Ihre Haare waren mittlerweile getrocknet und hatten wieder ihr volles Volumen angenommen. Sie sah wahrhaftig aus wie die Göttin der Rache aus den Holospielen. Peter hatte zu stöhnen aufgehört, lag aber immer noch in sich zusammengekrümmt, beide Hände im Schritt, auf dem Boden.

„Du kommst jetzt mit!“ sagte sie mit einem drohenden Unterton. „Soll Naomi entscheiden, was mit dir geschehen soll. Aber eins sage ich dir: ein falscher Ton von dir und ich schlage dir deine Kronjuwelen so grün und blau, dass du eine Woche lang nicht laufen kannst, ohne an mich zu denken!“

Der Ausdruck in Peters Augen ließ darauf schließen, dass er sich fügen würde. Vorläufig.

Sie machten sich schweigend auf den Weg zurück ins Lager. Joshua und Dala sammelten die Wurzeln wieder ein, die sie bis dahin ausgegraben hatten.

Als im Lager ankamen, wurde der Blick von Naomi Duncan düster, als sie Peter sah. Ihre Miene verhieß nichts Gutes. Dala berichtete, was vorgefallen war.

Nur mühsam beherrschte Naomi ihre Wut. Niemand sonst wagte zu sprechen.

„Am liebsten würde ich dich am nächsten Baum festbinden, aber das geht nicht“, sagte sie heftig. „Ich möchte nicht die Steppenrenner vergiften, die sich an dir gütlich tun wollten.“

Peters Gesicht wurde blasser, als es ohnehin schon war.

„Eines ist klar: sobald diese Sache hier vorüber ist, wirst du sofort nach Hause geschickt und dein Vater bekommt einen Anruf von mir mit entsprechenden Empfehlungen, darauf kannst du dich verlassen. So lange wirst du hier keinen Mucks tun, ohne dass ich es dir vorher sage. Hast du verstanden?“

Peter nickte schweigend, mit gesenktem Kopf. Naomi wollte sich schon abwenden, als Peter eingeschüchtert hinzufügte: „Darf ich noch was sagen?“

„Was!“ bellte Naomi. Es klang wie ein Pistolenschuss.

Peter berichtete mit stockender Stimme, wie er sich heimlich von Diegos Gruppe abgeseilt und die Verfolgung von Naomis Gruppe aufgenommen hatte. Während er noch versuchte den Vorsprung aufzuholen, wäre er beinahe einer Gruppe von fünf Terroristen über den Weg gelaufen, die Hunde mit sich führten.

„Hunde!“ rief Naomi überrascht. „Wo haben sie die denn her? Unsere können es nicht sein, die würden ihnen nicht gehorchen!“

Aus einem sicheren Versteck heraus beobachtete Peter die Terroristen eine Weile. Einer der Terroristen schien Folkan Adamedu persönlich zu sein, denn er kam ihm bekannt vor. Die Hunde benahmen sich merkwürdig, was aber nicht alleine damit erklärt werden konnte, dass die Spuren der Verfolgten im strömenden Regen im wahrsten Sinne des Wortes verwässert wurden.

Der Künstler trat einen Schritt nach vorn. „Liegt an uns, ja ja“, klackte und schnalzte er. „Hunde auch auf Thetys. Ich weiß, sie Zed’hä-Geruch nicht mögen. Verwirrt sie, ja ja. Terroristen das nicht wissen, nein nein.“

Er produzierte eine Reihe von Klick- und Schnalzlauten, was Joshua als Lachen interpretierte. „Bin Künstler, ja ja. Kann Geruch machen, Hunde noch weniger mögen. Kunst das ist. Nur wenige Zed’hä das können, ja ja.“

Menusan Zanodi erklärte, dass jeder Zed’hä über eine Drüse eine Art Pheromon absonderte, das zur Identifizierung untereinander diente. Jeder der hunderte von Millionen Zed’hä hatte einen eigenen individuellen Geruch, der einer bestimmten Person eindeutig zugeordnet werden konnte, so wie ein Fingerabdruck oder das Retinamuster einem bestimmten Menschen, wofür die Menschen aber besondere Geräte benötigten, um diese Muster zu erkennen. Den Zed’hä genügten ihre Nasen. Diese Fähigkeit war so ausgeprägt, dass nie ein Zed’hä den Geruch eines Artgenossen vergaß. Kein Mensch konnte sich so viele Gesichter oder Stimmen merken.

Nur wenige Zed’hä konnten diese Pheromone in einer Quantität und Qualität produzieren, dass daraus Kunst wurde. So, wie es nur wenige erstklassige Opernsänger oder Gitarrenspieler unter den Menschen gab. Zwar waren auch Musikkonzerte auf Lavadero bekannt, denn das Gehör der Zed’hä war ähnlich gut wie das der Menschen, aber Geruchskonzerte waren in der Regel wesentlich beliebter und besser besucht. Schauspiele hingegen gab es auf Lavadero so gut wie gar nicht, denn die mimischen Fähigkeiten der Zed’hä waren doch sehr beschränkt, weil sie sie aufgrund ihrer Sehschwäche nicht benötigten.

Nach einem kurzen Frühstück, was nichts anderes hieß, als an den bitteren Wurzeln zu knabbern, setzten sie ihre Flucht fort. Naomi setzte sich wieder an die Spitze, ihr Sohn sicherte nach hinten ab. Auch der Künstler ließ sich zurückfallen und tat... was immer er tat. Joshua konnte nichts erkennen und auch nichts riechen, aber er war sicher, dass der Künstler versuchte, die Hunde weiter zu verwirren und ihre Spur zu verwischen.

Joshua fiel auf, dass Peter Dala geflissentlich aus dem Weg ging und ziemlich sauer darauf zu sein schien, dass ausgerechnet Ilaria neben Dala herging. Joshua grinste schadenfroh und schloss sich den beiden Mädchen an. Im Moment fühlte er sich als König der Welt, auch wenn sein Magen knurrte und seine Beine schmerzten.


Fortsetzung folgt....


Das nächste Kapitel ist auch im GC-Thread noch nicht erschienen, also komplett neu.
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Re: Die Olfaktoren . eine NON-PR-Fangeschichte

Beitrag von Roi Danton »

Auf das neue Teil bin ich wirklich gespannt! :st: :st:
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Re: Die Olfaktoren . eine NON-PR-Fangeschichte

Beitrag von Schnurzel »

Nachdem ich einige Wochen lang hier lediglich Kapitel reingestellt habe, die bereits im GC-Thread erschienen sind, hier ein neues:


10. TIEFEBENE VON MIRAMAR, ANEMOI, 76 n.V., am gleichen Tag, Mittagszeit bis abends

Bei der nächsten Rast, der hoffentlich letzten vor den Anhöhen, fragte Joshua: „Sag mal, Dala, kannst du mit deiner Nase eigentlich die Zed’hä am Geruch voneinander unterscheiden, so wie sie sich selbst und uns Menschen?“

Dala nickte. „In einem geschlossenen Raum schon. Meistens jedenfalls. Aber in freier Wildbahn habe ich da so meine Schwierigkeiten. Zu viele andere Gerüche um mich herum. Das nasse Gras, der Schlamm, Blütenpflanzen, wir Menschen, Keyshea, Mort, andere Tiere… Ich rieche schon, dass Zed’hä anwesend sind, aber voneinander unterscheiden kann ich sie hier nicht.“ Sie blickte ihn direkt an und in ihren blauen Augen blitzte der Schalk. „Übrigens, Joshua, habe ich gelernt, dich abzuriechen! Wenn ich die Augen geschlossen hätte, wüsste ich, wer neben mir sitzt. Außerdem rieche ich, was du gerade denkst!“

Joshuas Gesicht wurde übergangslos rot. „Wirklich?“ fragte er entsetzt. Er fühlte sich ertappt. Wenn Dala in Erfahrung gebracht hatte, was… Joshua versank vor Scham fast im Boden.

„Nein!“ lachte Dala. „Natürlich nicht! Ein Scherz! Das können nicht mal die Zed’hä. Sie können gerade mal riechen, welche Gefühle dich gerade beherrschen, und das auch nur, wenn sie dich einigermaßen gut kennen, denn auch jeder Mensch riecht verschieden und sie müssen dich erst einmal abriechen, eine Weile studieren, bevor sie deine Gefühle lesen können. Gefühle – nicht Gedanken.“

Der Künstler, der neben Dala saß, bewies, dass den Zed’hä Humor nicht unbekannt war. „Habe dich schon abgerochen, ja ja. Aber ohne Sorge, junger Mensch, ich nicht verrate, welche deine Gefühle sind, nein nein.“ Und wieder diese Kombination von Klicken und Schnalzen. Joshua war sich jetzt ziemlich sicher, dass dies nur das Zed’hä-Äquivalent eines Lachens sein konnte.

Iliaria, die zugehört hatte, stimmte in das Lachen ein, mit ihrem hellen ansteckenden Kichern. Joshua wurde wieder rot, was ein Dauerzustand in Dalas oder Ilarias Nähe zu sein schien, konnte aber verhindern, ebenfalls in Lachen auszubrechen. Es tat gut.

Naomi widmete ihnen einen verweisenden Blick, was sie jäh verstummen ließ. Peter Duncan saß mit verkniffenem Gesicht abseits.

Mort hatte während dieser Rast nicht geschlafen, sondern war seinen Bedürfnissen nachgegangen und kehrte offensichtlich zufrieden zurück. Die kleine Zunge schleckte unablässig über das Katzenmaul.

„Horcht!“ sagte Leon plötzlich alarmiert. In der Ferne erklang Hundegebell und gleichzeitig sagte Dala mit monotoner Stimme: „Keyshea hat sie gesehen! Dort!“

Sie zeigte mit ausgestrecktem Arm in eine Richtung, nicht hinter ihnen, sondern seitlich von ihnen. Mort fauchte.

„Sie wissen nicht, wo wir sind und überholen uns gerade“, flüsterte Naomi. „Sie sind schneller als wir. Sie werden eher an den Anhöhen sein. Wir müssen aufpassen, wenn wir dort ankommen. Nicht, dass wir ihnen in die Arme laufen.“

Sie blickte die Jugendlichen streng an. „Ab sofort wird weder laut geplappert noch gelacht.“

Schweigend nahmen sie ihre Wanderung wieder auf. Eine halbe Stunde später kreuzten sie den Weg eines Steppenrennerpärchens. Diese Laufvögel waren im Schnitt zwei Meter fünfzig hoch und hatten scharfe Krallen und gewaltige Schnäbel, mit denen sie Menschen ernsthaft verletzen, ja sogar töten konnten. Naomi bedeutete ihnen schweigend, nur keine hastigen Bewegungen zu machen. Wenn sich das Gelege der beiden in der Nähe befand, konnte es durchaus sein, dass sie aggressiv wurden, aber die zwei kalten Augenpaare funkelten die Menschen und Zed’hä nur kurz an, dann verschwanden die Steppenrenner zwischen den Gräsern. Das Stampfen ihrer krallenbewehrten Füße verklang zwischen dem Rauschen der Gräser und dem Singen des Windes. Joshua atmete auf, wie wohl jeder von ihnen. Sie hätten keine Chance auf ein Entkommen gehabt, denn die Beschleunigung des Steppenrenners war so legendär, dass selbst ein Rennpferd einen komfortablen Vorsprung benötigte, um ein Laufduell gegen den Laufvogel zu gewinnen. Wenn Joshua die muskelbepackten Schenkel der Vögel sah, glaubte er es aufs Wort. Wenigstens schmeckten die Schenkel gut, dachte er und versuchte magenknurrend nicht an das Festmahl auf der Liemba zu denken.

Schließlich erreichten sie ohne weiteren Zwischenfall die Anhöhen und standen am Fuß einer Felswand, die etwa im Winkel von sechzig Grad mindestens zehn Meter in die Höhe führte. Es sah steil aus, aber selbst für ungeübte Kletterer dank der vielen kleinen Vorsprünge, an denen Hände und Füße Halt fanden, zu schaffen.

Naomi hob die Hand. „Wartet“, flüsterte sie. „Wenn wir hier hochklettern, sind wir wie auf dem Präsentierteller! Folgt mir.“

Sie führte sie etwa fünfzig Meter nach rechts, wo sie auf einen zirka zwei Mann breiten und fünf Meter tiefen Spalt im Fels stießen. Joshua versuchte, im ewigen Schatten des Spaltes Einzelheiten zu erkennen. Der Anstieg schien steiler und mit weniger Möglichkeiten zum Festhalten oder als Auftritt. Das kann ja heiter werden, dachte er ernüchtert. Obwohl in einem Canyon großgeworden, war Klettern noch nie seine Stärke gewesen.

„Hier hinauf“, sagte Naomi knapp. „Hier kann uns keiner sehen, es sei denn, er steht direkt davor.“

Dala und ihr Vater gingen zuerst, scheinbar geübte Kletterer. Die Zed’hä folgten behende. Joshua staunte. Diese Wesen waren zwar schlechte Läufer, aber sie stiegen die Wand hoch wie Bergziegen. Joshua folgte auf Peter. Ilaria, Naomi und Leon würden den Schluss bilden.

Der Fels war zwar durch den Regen etwas rutschig, aber es ging leichter als gedacht. Alles halb so wild, dachte er, aber sein Übermut ließ ihn unachtsam werden.

Joshua rutschte mit dem rechten Fuß auf dem glitschigen Fels ab und drohte, in die Tiefe zu stürzen. Er ruderte wild mit einem Arm und versuchte, sein Gleichgewicht wiederzufinden. Es sah nicht aus, als würde ihm das gelingen. Ilaria direkt unter ihm schrie unterdrückt auf.

Da wurde Joshua von einer kräftigen Hand gepackt. Peter Duncan grinste gehässig. „Ich kann doch nicht zulassen, dass du dir das Genick brichst, MacAillan“, flüsterte er so leise, dass es nur Joshua hören konnte. „Wen hätte ich denn dann zum Verprügeln?“

Joshua verzichtete auf eine Antwort, größtenteils weil ihm noch der Schreck tief in den Gliedern saß. „Danke“, murmelte er nur, obwohl im klar war, dass dies Peter nicht versöhnlich stimmen würde.

Endlich standen sie alle unversehrt oben auf einem kleinen Plateau. Der nächste Anstieg wartete aber schon auf sie. Und der übernächste. Und noch einer.

Kurz vor Sonnenuntergang schließlich fanden sie eine Höhle, in der sie Nacht verbringen wollten. Kein Anzeichen von den Terroristen bisher. Das war zwar positiv, aber Ilaria hatte immer noch keinen Empfang mit dem Kom. Im Innern der Höhle hob Naomi das „Redeverbot“ auf.

Joshua blickte zurück Richtung Süden, wo in etwa zwei Kilometer Entfernung und etwa hundert Meter unter ihnen die Steppe begann. Von links fiel das rötliche Licht der untergehenden Sonne in die Tiefebene ein und verlieh dem grüngrauen Gras einen überirdischen Schimmer. Die hohen Grashalme wogten im Wind wie ein einziger riesiger Organismus. Der ehrfurchtgebietende Anblick erinnerte ihn an jenen Tag vor einigen Jahren, an dem Anemoi vom Schwestervolk und den Fremden erfuhr, als er Galadriels Schleier zum ersten Mal mit eigenen Augen sah.

Sein Blick wandte sich den Zed’hä zu. Sie hatten sich eng aneinander gekauert und wirkten erschöpft. So erging es allerdings auch den Menschen, er zumindest spürte mittlerweile jeden Muskel. „Alles in Ordnung mit euch?“ fragte Joshua den Künstler.

„Ja ja, nein nein“, schnalzte der Künstler orakelhaft. „Erschöpft, ja ja. Bald keine Kraft mehr. Luft dünn. Keine Sonne, gut ist. Aber immer zuviel Wind, ja ja.“

Der Künstler schaute Joshua lange an. Sein Blick war unergründlich, schon allein wegen der Kontaktlinsen. Und die Mimik der Fremden ließ gemeinhin keine Emotionen erkennen. Schließlich klopfte der Künstler in einer sehr menschlichen Geste mit der Hand auf den Boden neben sich.

„Setzen!“, sagte er bestimmt, aber es klang nicht wie ein Befehl, sondern wie eine Bitte. Sein Sitznachbar – einer der Söhne? - machte sofort Platz. Joshua hockte sich dicht neben den Künstler. Er roch… merkwürdig, aber nicht unangenehm. Joshua fehlten die Erfahrungswerte, um diesen Geruch beschreiben zu können.

„Warum Mensch böse?“

Joshua stöhnte innerlich auf. Zwar hatte er sich in den letzten Tagen auch schon gefragt, weshalb Menschen wie Adamedu so böse sein konnten, aber er war zu keinem befriedigenden Ergebnis gekommen. Das Konzept von Gut und Böse war für ihn noch nicht greifbar, vielleicht für einen in Philosophie Bewanderten, aber nicht für einen gerade mal Sechzehnjährigen mit relativ wenig Lebenserfahrung. Da er aber den Künstler weder verärgern noch frustrieren wollte, musste er sich wohl oder übel auf diese Diskussion einlassen, auch wenn er nicht viel dazu beitragen konnte.

„Ich habe mich nie näher mit dem Thema befasst“, sagte er zögerlich, „aber ich vermute einmal, die Menschen sind von Grund auf gut und böse. Je nachdem, welche Erziehung sie besitzen oder welchem gesellschaftlichen Stand sie angehören, und aufgrund vieler anderer Faktoren, werden sie vorwiegend gut oder böse. Aber nie nur gut oder nur böse.“ Er zuckte die Schultern. „Mehr weiß ich auch nicht.“

„Böse, Wort nicht existiert bei Zed’hä, nein nein. Nur existiert bei Menschen. Wir Zed’hä sagen …..“, es folgte ein Wort in ihrer Sprache, dies auszusprechen Joshua einen Knoten in der Zunge einbringen würde, „was meint: entspricht nicht unserer Art.“ Der Künstler suchte verzweifelt nach einem anderen Begriff. Schließlich sagte er: „Nicht artspezifisch, ja ja. Aber Ausnahmen es gibt, auch bei Zed‘hä…“

Mehr als diese Andeutung gab er jedoch nicht preis. Wahrscheinlich war dieses Thema bei den Zed’hä mit einem Tabu belegt.

Joshua musste höllisch aufpassen, um den Faden nicht zu verlieren, erstens weil er des Künstlers Ausführungen verstandesgemäß zu begreifen versuchte und zweitens wegen dessen gewöhnungsbedürftiger Aussprache und Grammatik.

Die Zed’hä hatten es im Lauf ihrer Evolutionsgeschichte nie nötig gehabt, Gewalt anzuwenden. Anders als die Menschen waren sie seit jeher Sammler gewesen und hatten ihre tierische Nahrung nie jagen müssen; entweder sie sammelten die Lavadero-Äquivalente von Maden oder Insekten oder aßen die Leichen umgekommener Tiere höherer Ordnung. Letztere lernten sie mit der Zeit zu domestizieren, hielten sie zwar in Gefangenschaft, hegten und pflegten sie aber und ließen sie letzten Endes friedlich verenden, um sie erst danach zu verwerten. Aasfresser, dachte Joshua leicht angewidert, fragte sich aber gleichzeitig, ob deren Methode nicht humaner war als die der Menschen, wenn man im Zusammenhang mit den Zed’hä überhaupt den Begriff human gebrauchen durfte.

Durch Züchtungen hatten die Zed’hä aber die natürliche Lebensspanne ihrer Nutztiere verkürzt, um sie so früher der Verwertung zuführen zu können. Was daran allerdings human war, das fragte sich Joshua schon.

War das Schlachten von Tieren auf Anemoi, auch wenn sie vorher betäubt wurden, human?

Vielleicht hatte Dala ja Recht und die einzig humane Methode, tierische Proteine zu sich zu nehmen, war deren Züchtung in Klontanks.

„Adamedu also nicht komplett böse?“ unterbrach der Künstler Joshuas Gedanken.

Joshua sah ihn etwas ratlos an und zögerte mit der Antwort. „Ich kenne Adamedus Herkunft nicht“, sagte er schließlich. „Wie er früher war, als Kind oder als Jugendlicher. Was in seinen Gedanken vorging, bevor die Zed’hä und die Thetyaner vor vier Jahren kamen. Wer weiß das schon von seinen Mitmenschen. Ich jedenfalls bin davon überzeugt, dass auch in Adamedu ein guter Kern steckt, stecken muss, wie tief auch immer. Nur böse wäre gegen die menschliche Natur.“

„Adamedu riecht anders als andere Menschen, ja ja“, warf der Künstler ein.

Joshua schaute überrascht auf. Ihm kam spontan ein absurder Gedanke. „Weil er nur böse ist oder weil er kein Mensch ist?“

Der Künstler schwieg mit nach wie vor undurchdringlichem Gesicht, wahrscheinlich weil er die Antwort selbst nicht wusste.

Das Schweigen zog sich in die Länge. Der Künstler erhob sich schließlich und machte Anstalten, die Höhle zu verlassen. „Erleichtern!“ erklärte er knapp. Joshua dachte sich nichts dabei, erst als Dala etwa eine Minute später die Höhle ebenfalls verließ. Diesmal dauerte es etwas länger, bis beide zurückkehrten, allerdings im Minutenabstand getrennt und Dala in einem körperlich besseren Zustand, als am Abend zuvor. Joshua sah Dala fragend an, aber entweder sah sie sein Gesicht nicht im Halbdunkel oder sie ignorierte ihn schlicht und einfach. Wortlos verschwand sie im Dunkel der Höhle.

Ein wenig später saß er zusammen mit Naomi, Leon und Ilaria am Höhleneingang. Die Sonne war fast untergegangen, nur noch eine Andeutung rötlich leuchtender Wolken war am westlichen Horizont zu sehen, als ein Summen und Zischen ertönte, immer lauter wurde und ein dunkler Schatten mit blinkenden Positionslichtern hoch über sie hinweg flog. Heute Nachmittag hätte die Reisegruppe nach Fontaine zurückkehren sollen. Da dies nicht geschehen war, hatte man wahrscheinlich die Farm angefunkt und keine Antwort erhalten. Nun schickte man wohl einen Gleiter, um nachzusehen. In der Dunkelheit konnte Joshua Naomis Gesicht nicht erkennen, aber er konnte sich vorstellen, wie es in ihr arbeitete.

Etwa eine halbe Stunde später, man konnte mittlerweile die eigene Hand nicht mehr vor Augen sehen, sahen sie Richtung Süden einen Lichtblitz, der rasch wieder verblasste.

Sie alle schwiegen betreten. Joshua vermutete, dass der Gleiter aus Fontaine explodiert war. Wahrscheinlich hatte die ahnungslose Besatzung keine Chance gehabt, denn wer rechnete schon in diesen friedlichen Zeiten mit dem Überfall auf eine Farm inklusive Geiselnahme. Er hoffte nur, dass die Behörden die richtigen Schlüsse zogen, wenn auch der Gleiter sich nicht mehr meldete. Er biss sich auf die Unterlippe, als er daran dachte, dass die Gleiterbesatzung noch leben könnte, wenn sie nicht die Geiseln befreit hätten, denn dann hätte Folkan Adamedu sicher längst schon Kontakt mit den Behörden aufgenommen und seine Forderungen gestellt. Und der Gleiter wäre nicht in sein Verderben geflogen.

Gequält von Selbstvorwürfen dauerte es eine Weile, bis er endlich einschlief.


Fortsetzung folgt....
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Roi Danton
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Re: Die Olfaktoren . eine NON-PR-Fangeschichte

Beitrag von Roi Danton »

Toll diese Fortsetzung, Schnurzel! Besonders gefallen hat mir natürlich der Ansatz von Philosophie. Wer bei den Geiern ist nun jetzt Adamju?
Bin wirklich gespannt auf die Fortsetzung! :st:

Hoffentlich rufen jetzt endlich mehr Besucher diesen Thread auf. :o(

Ach ja, die Steppenrunner. Hast du diese Idee von World of Warcraft? :-= Habe diese Viecher damals vor zehn Jahren auch virtuell gejagt in den riesigen Steppengebieten :o( :D
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Schnurzel
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Re: Die Olfaktoren . eine NON-PR-Fangeschichte

Beitrag von Schnurzel »

Roi Danton hat geschrieben:Toll diese Fortsetzung, Schnurzel! Besonders gefallen hat mir natürlich der Ansatz von Philosophie. Wer bei den Geiern ist nun jetzt Adamju?
Bin wirklich gespannt auf die Fortsetzung! :st:

Hoffentlich rufen jetzt endlich mehr Besucher diesen Thread auf. :o(

Ach ja, die Steppenrunner. Hast du diese Idee von World of Warcraft? :-= Habe diese Viecher damals vor zehn Jahren auch virtuell gejagt in den riesigen Steppengebieten :o( :D
Wo steht was von Adamju? Ich kenne nur Adamedu. Und das ist der Anführer der Wächter. Erste Erwähnung in Kap. 6.

Ich kenne WoW nicht. Die Idee stammt von 10.000 BC bzw. von einem dieser Dinosaurier-Dokus, in dem solche Laufvögel als deren "Nachfolger" vorgestellt wurden.
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Roi Danton
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Re: Die Olfaktoren . eine NON-PR-Fangeschichte

Beitrag von Roi Danton »

Schnurzel hat geschrieben:
Roi Danton hat geschrieben:Toll diese Fortsetzung, Schnurzel! Besonders gefallen hat mir natürlich der Ansatz von Philosophie. Wer bei den Geiern ist nun jetzt Adamju?
Bin wirklich gespannt auf die Fortsetzung! :st:

Hoffentlich rufen jetzt endlich mehr Besucher diesen Thread auf. :o(

Ach ja, die Steppenrunner. Hast du diese Idee von World of Warcraft? :-= Habe diese Viecher damals vor zehn Jahren auch virtuell gejagt in den riesigen Steppengebieten :o( :D
Wo steht was von Adamju? Ich kenne nur Adamedu. Und das ist der Anführer der Wächter. Erste Erwähnung in Kap. 6.

Ich kenne WoW nicht. Die Idee stammt von 10.000 BC bzw. von einem dieser Dinosaurier-Dokus, in dem solche Laufvögel als deren "Nachfolger" vorgestellt wurden.
Achja von 10.000 BC.
Meinte natürlich Adamedu. Weiß natürlich dass er ein Wächter ist. Aber da du ja jetzt alles umschreibst, hört sich das doch geheimnisvoll an. :unschuldig:
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