Fanstory Weihnachtsgeschichte, von Alexandra

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Alexandra
Kosmokrat
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Fanstory Weihnachtsgeschichte, von Alexandra

Beitrag von Alexandra »

Weihnachtsüberraschung :D

Geschickt flocht Firiliizir Fütibiieritz eine weitere Strähne weißen Kunsthaares in den blauen Flaum seines Halses. Zwei Daumen hielten den Haarstrang fest, während der dritte glättend darüberstrich. „Fertig“, fiepte er. Nach einem Blick auf seinen neuen Partner, der nicht einmal aufsah, wiederholte er mit tieferer Stimme: „Fertig.“
Derwon Hüpdafon verzog das Gesicht. „Musst du so schrill sprechen“, brummte er missmutig. Das Trockenpulver hatte getan, was es tun sollte: Nur ein einfaches Einkneten hatten den feuerroten Bart und den wild wuchernden Haarschopf schneeweiß gefärbt, und gerade setzte er sich eine ebenso feuerrote Mütze mit Pelzrand auf und griff nach dem roten Mantel.
Der Jülziisch beobachtete ihn, während sein hinteres Augenpaar den Spiegel im Auge behielt, in dem er sich von hinten sah. In seine Mütze hatte er Augenlöcher gebastelt, damit er nicht halbblind durch die Gegend stolpern musste. Die Garderobe war so schäbig wie die Requisiten, also war sein Arbeitgeber geizig. So einer würde ihm den lädierten Gegenstand von den schäbigen 50 Galax abziehen, die er für diese vier Stunden Arbeit bekam. Aber Firiliizir war wild entschlossen, so schnell zu verschwinden, dass ihm gar keine Zeit blieb, um die Mütze zu überprüfen.
Er hatte seinen Auftraggeber nicht mal kennengelernt, ein Kellner hatte ihn im Café angesprochen und der Springer hatte Sachen und Sack mitgebracht. Aber was interessierte ihn das auch. Ein bisschen Geld musste her, damit das Leben weiterging, und dann ein wenig Erfolg, um heimkehren zu können. Das hier war ein Tiefpunkt, und die Mütze würde ihn nicht schlimmer machen. Der Chef musste Terraner sein. Ein Zweiäugiger würde gar nicht auf die Idee kommen, das Hinterteil einer Mütze zu checken. Und davon abgesehen: In diesem Einkaufszentrum war heute so viel los, dass ihm das Untertauchen leichtfallen müsste. Sobald er sein Geld hatte.
Der Mehandor deutete mit dem Kinn auf den weiten, wallenden Umhang, den Firiliizir noch anlegen musste, während er nach seinem Sack mit Werbegeschenken griff.
„Mach endlich!“, grollte er. Firiliizir folgte seiner Aufforderung und betrachtete sich dann von vorne und hinten in den eingedellten Spiegeln des schmalen Garderobenraums. Seine dünne, lange Gestalt wirkte durch den fließenden Stoff besonders mager.
„Weißt du, was das für Symbole sind?“, fragte er.
„Hm.“ Derwon kratzte sich am Kopf und rieb dann die Finger gegeneinander, um das Weiß wegzukrümeln. „Das eine ist ein Kreuz. Das ist eine von diesen terranischen Religionen. Irgendwas mit Kreuz tragen, keine Ahnung. Hilft gegen Insekten, glaube ich.“
„Glaubst du?“
„Nein. Aber die. Irgendwelche Blutsaugerdrachen.“
„Komische Ideen, der reine Aberglauben“, urteilte Firiliizir und sandte innerlich ein Dankgebet an die weiße Kreatur der Wahrheit, die sein Volk vor solchem Unsinn behütete.
„Das geschwungene Zeichen hier liest sich Om, das steht für Körper, Rede und Geist des Raumes oder so – was weiß ich, irgendwas. Gehen wir!“
Ein Blick auf die Uhr ließ sein Herz jagen. Noch 43 Minuten. Er atmete ein und aus, bis sein Puls wieder ruhiger pochte. Die Tarnung war narrensicher, und das lang aufgeschossene, blau beflaumte Schaf, das ihn begleitete, würde noch weiter von ihm ablenken.
Wenigstens die Ellipsen auf dem Umhang gefielen Firiliizir, die bedeuteten etwas, erinnerten an Fruchtbarkeit. Irgendetwas mussten die Völker der Galaxis ja auch gemeinsam haben über die gemeinsame Währung hinaus. Währung! 50 Galax, und in diesem Aufzug würde ihn keiner erkennen. Auch er schnappte sich seinen Sack, und das ungleiche Paar verließ die Garderobe, um durch einen Seitengang in die Einkaufsstraßen zu kommen.

„Ho ho ho ho!“, dröhnte Derwon und hob die klingende Glocke. „Fröhliche Weihnacht! Ho ho ho ho!“ Er erspähte ein Geschwisterpaar, deren Mutter sie vorsichtig beäugte. Auf sie ging er zu. „Ho ho ho, wart ihr auch brave Kinder?“
Der kleine Junge stellte sich mit ausgebreiteten Armen vor seine Schwester. „Nimm mich, verschone sie“, bot er heldenmütig an.
Derwon verschluckte sich und pustete weißen Staub. „Frohe Weihnachten“, knurrte er und drückte jedem der Bälger eine Schokoladenfigur in die Hand, die aussah wie er. Im Weiterstampfen notierte er, wie die stocksteif dastehenden Kinder ihre Figuren festhielten, während ihre Mutter sich über sie beugte. Der weißbärtige Jülziisch folgte ihm wie ein wehender Schatten. Von seiner Mütze bimmelte es.

„Wir müssen zur Halle vor dem Spielzeuggeschäft“, mahnte Firiliizir und zog den Mehandor am roten Ärmel. „Komm da lang.“
„He, das ist aber ein Umweg. Wir müssen...“
„...da lang. Da vorn stehen Gataser“, zischte Firiliizir und überholte den Humanoiden. „Beeil dich!“.
Dunkelblau uniformierte Wachleute kam ihnen entgegen und beäugten interessiert ihre Verkleidung. Wieder schlug Derwons Herz bis zum Halse.

Wenige hundert Schritte weiter erreichten sie das Podium vor dem Spielzeuggeschäft, das mit nachgeahmten Nadelbäumen voll glitzerndem Schnee bestückt war. Kleine, buschige Robottierchen kletterten auf ihnen herum, und handspannenlange humanoide Roboter, die aussahen wie beigehäutige Siganesinnen mit Blondhaar und Flügeln, sangen Weihnachtslieder samt Orchesterbegleitung. Zwei floureszierende Sessel warteten auf sie. Der weißbärtige Mehandor setzte sich breitbeinig in seinen Sessel, rückte die Mütze zurecht, und knüpfte den Sack auf, während der Jülziisch irritiert die Funkenregen versprühende Spitze des Christbaums direkt vor seinem Gesicht anstarrte. Dann wandte auch er sich dem Publikum zu, dem ihre Ankunft aufgefallen war. Erneut schwenkte Derwon seine Glocke. „Ho ho ho ho“, rief er. „Geschenke für alle.“
Schnell sammelten sich Kinder um das Podium, und auch Halbwüchsige. „Der sieht selber aus wie ein Weihnachtsbaum“, lachte ein pickeliger Bengel und deutete auf Firiliizir. Der tat, als bemerke er es nicht, und reichte ihm und seiner Freundin je eine Schokoladenkugel. Kein Geschenk.
Ein insektoides Kind mit grünlichen Antennen und einer blonden Lockenperücke nahm von Derwon sein Päckchen entgegen. Beim Auspacken entfaltete sich das schimmernde Werbeholo des Einkaufszentrum.
„Autsch.“ Die Freundin des pickeligen Großmauls spuckte die zerkaute Schokolade in die hohle Hand. „Da ist was drin.“
Derwon fluchte innerlich. Noch 17 Minuten.
„Das ist aus Metall“, wunderte sich das Mädchen. Ein Wachmann hielt plötzlich ein Detektorgerät in der Hand. „Das sendet Daten“, rief er seinem Begleiter zu. „Da geht was nicht mit rechten Dingen zu. Gerade jetzt, wo die Erste Terranerin im Haus ist.“ Aufgeregt sprach er in sein Armbandgerät.
Derwon Hüpdafon brach der Schweiß aus. Das konnte doch wohl nicht wahr sein. Er mimte weiter den Weihnachtsmann, während mehr Uniformierte vom Wachdienst erschienen, diesmal mit gezogenen Waffen. Mütter brachten ihre Kinder in Sicherheit, als Kunden zogen sich in die Geschäfte zurück. In den Türöffnungen erschienen schillernde Energieschirme. Ein leises Vibrieren in seinem Ohrläppchen bewies Derwon, dass der Informationstransfer gefährdet war. Er begann zu rechnen, dann entschied er, dass andere Probleme jetzt dringlicher waren.
Acht Bewaffnete erschienen und richteten ihre Strahler auf sie. Der Weihnachtsmann hob die Hände. Firiliizir Fütibiieritz fiepte schrill und hob ebenfalls die Hände. Seine sechs Daumen zitterten. „Was machen wir denn jetzt nur“, jammerte er, aber so schrill, dass ihn keiner hörte. Die Wachleute rissen ihnen die Säcke weg. Einige machten sich mit Geräten darüber her. Andere tasteten die beiden ab und untersuchten sie. „Der hat ein Gegengerät“, rief einer.
Als er Derwon die Hand auf die Schulter legte, tickte der Mehandor aus. Nicht nur, dass all die in die Körper der Kunden eingeschleuste teure Spionagehardware verloren war, die ihm unersetzliche Einblicke ins Kaufverhalten der hiesigen Konsumenten gegeben hätte. Oder dass er verklagt werden konnte. Sondern dass ein uniformierter Wichtigtuer seine Finger an ihn legte. Mit einem kräftigen Kinnhaken schickte er den Mann zu Boden und zog seine eigene Waffe, die er in der Manteltasche versteckt hatte.
„Keine Beweg-“, schrie er, dann traf ihn ein Ellbogen des panisch nach dem umfallenden Weihnachtsbaum greifenden Jülziisch an der Schläfe, und er verdrehte die Augen und brach zusammen.

„Da ist er.“ Firiliizir Fütibiieritz erschrak zu Tode. Er drehte sich von den Polizisten weg, denen er ausführlich und aufgeregt zu erklären versucht hatte, wie er in dieses Kostüm kam und in diese Gesellschaft . Seit dem ersten „Wo ist denn ihr Arbeitsvertrag“ hörte er seine eigene Stimme schrill und unglaubwürdig daherreden, ohne Überzeugungskraft. Derwon war samt seiner Spionagegeräte abtransportiert worden, und er fühlte sich so fehl am Platze, dass er sich selbst nicht geglaubt hätte. Nicht diese Geschichte.
Oh nein, das waren Reporter. Und dann stand diese kleine Figur in der Halle, eine dunkelhaarige, jugendliche Terranerin, deren Gesicht jeder kannte, sogar er: Cai Cheung. Die Einkaufsbox einer teuren Parfümerie schwebte hinter ihr her. Die Umstehenden bildeten eine Gasse, und sie kam direkt auf ihn zu.
Firiliizir war sprachlos. Die Terranerin betrachtete ihn prüfend und verzog die Mundwinkel. Reporter umringten sie. „Du bist also der Jülziisch-Weihnachtsmann, der die gefährliche Situation durch sein schnelles Eingreifen entschärft hat“, sagte sie. Firiliizir brauchte einige Sekunden, um die Worte zu verstehen. Dann ging ein großes, freundliches Licht in seinem Herzen auf. „Ja, der bin ich“, erwiderte er.
Und da brach auch schon der Ansturm der Reporter los. Sie fotografierten ihn und Cai Cheung von allen Seiten und zeichneten sein unzusammenhängendes Gestammel auf, um passende Erwiderungen für die Nachrichten daraus zu machen. Vor allem sein Gesicht in der Weihnachtsmannmaske wurde fotografiert. Und mit einem Mal fühlte er echten Mut. Er nahm die Mütze ab, und vorsichtig setzte er sie auf Cai Cheungs Kopf. Mit einer schnellen Handbewegung überprüfte sie den Sitz, und die nächste Fotorunde ging los.
Firiliizir war glücklich. Dies war zweifellos ein Erfolg, und er würde diese eine blöde Geschichte vergessen machen. Ihm würde schon was einfallen, um die Maskerade zu erklären. Jetzt konnte er heimkehren.
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Hofnarr
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Re: Noch eine Weihnachtsgeschichte

Beitrag von Hofnarr »

:D Eine lustige Geschichte :clap:
Meanwhile in Manchester:
Rost-Jogoretten mit Fell-Kartoffeln in Senf-Terrine.
Rettet den Ulmer Stammtisch
"Amateure bauten die Arche, Profis die Titanic"
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Meiner Einer
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Re: Noch eine Weihnachtsgeschichte

Beitrag von Meiner Einer »

When the snow falls wunderbar

When the snow falls wunderbar
And the children happy are,
When the Glatteis on the street
And we all a Glühwein need,
Then you know, es ist soweit:
She is here, the Weihnachtszeit.

Every Parkhaus is besetzt,
Weil die people fahren jetzt
All to Kaufhof, Media-Markt,
Kriegen nearly Herzinfarkt.
Shopping hirnverbrannte things
And the Christmasglocke rings.

Merry Christmas, merry Christmas,
Hear the music, see the lights,
Frohe Weihnacht, frohe Weihnacht
Merry Christmas allerseits…

Mother in the kitchen bakes
Schoko-, Nuss- and Mandelkeks.
Daddy in the Nebenraum
Schmücks a Riesen-Weihnachtsbaum.
He is hanging of the balls,
Then he from the Leiter falls…

Finally the Kinderlein,
To the Zimmer kommen rein.
And es sings the family,
Schauerlich: “Oh, Christmastree!”
And the jeder in the house,
Is packing the Geschenke aus.

Mama finds unter the Tanne
Eine brandnew Teflon-Pfanne.
Papa gets a Schlips and Socken,
Everybody does frohlocken,
President speaks in TV,
All arround is Harmonie.

Merry Christmas, merry Christmas,
Hear the music, see the lights,
Frohe Weihnacht, frohe Weihnacht
Merry Christmas allerseits!!!

N.N.
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Troll Incorporation
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Re: Noch eine Weihnachtsgeschichte

Beitrag von Troll Incorporation »

Eine Weihnachtsgeschichte von mir findet ihr hier hinter dem Türchen mit der Nummer "6".
https://www.1001buch.net/files/html/wei ... 01buch.php
(auf die "6" klicken!)

Sie heißt "Höllisches Fest" - was durchaus wörtlich zu nehmen ist.
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Lord Valium
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Re: Noch eine Weihnachtsgeschichte

Beitrag von Lord Valium »

Alexandra hat geschrieben:Weihnachtsüberraschung :D
Spoiler:
Geschickt flocht Firiliizir Fütibiieritz eine weitere Strähne weißen Kunsthaares in den blauen Flaum seines Halses. Zwei Daumen hielten den Haarstrang fest, während der dritte glättend darüberstrich. „Fertig“, fiepte er. Nach einem Blick auf seinen neuen Partner, der nicht einmal aufsah, wiederholte er mit tieferer Stimme: „Fertig.“
Derwon Hüpdafon verzog das Gesicht. „Musst du so schrill sprechen“, brummte er missmutig. Das Trockenpulver hatte getan, was es tun sollte: Nur ein einfaches Einkneten hatten den feuerroten Bart und den wild wuchernden Haarschopf schneeweiß gefärbt, und gerade setzte er sich eine ebenso feuerrote Mütze mit Pelzrand auf und griff nach dem roten Mantel.
Der Jülziisch beobachtete ihn, während sein hinteres Augenpaar den Spiegel im Auge behielt, in dem er sich von hinten sah. In seine Mütze hatte er Augenlöcher gebastelt, damit er nicht halbblind durch die Gegend stolpern musste. Die Garderobe war so schäbig wie die Requisiten, also war sein Arbeitgeber geizig. So einer würde ihm den lädierten Gegenstand von den schäbigen 50 Galax abziehen, die er für diese vier Stunden Arbeit bekam. Aber Firiliizir war wild entschlossen, so schnell zu verschwinden, dass ihm gar keine Zeit blieb, um die Mütze zu überprüfen.
Er hatte seinen Auftraggeber nicht mal kennengelernt, ein Kellner hatte ihn im Café angesprochen und der Springer hatte Sachen und Sack mitgebracht. Aber was interessierte ihn das auch. Ein bisschen Geld musste her, damit das Leben weiterging, und dann ein wenig Erfolg, um heimkehren zu können. Das hier war ein Tiefpunkt, und die Mütze würde ihn nicht schlimmer machen. Der Chef musste Terraner sein. Ein Zweiäugiger würde gar nicht auf die Idee kommen, das Hinterteil einer Mütze zu checken. Und davon abgesehen: In diesem Einkaufszentrum war heute so viel los, dass ihm das Untertauchen leichtfallen müsste. Sobald er sein Geld hatte.
Der Mehandor deutete mit dem Kinn auf den weiten, wallenden Umhang, den Firiliizir noch anlegen musste, während er nach seinem Sack mit Werbegeschenken griff.
„Mach endlich!“, grollte er. Firiliizir folgte seiner Aufforderung und betrachtete sich dann von vorne und hinten in den eingedellten Spiegeln des schmalen Garderobenraums. Seine dünne, lange Gestalt wirkte durch den fließenden Stoff besonders mager.
„Weißt du, was das für Symbole sind?“, fragte er.
„Hm.“ Derwon kratzte sich am Kopf und rieb dann die Finger gegeneinander, um das Weiß wegzukrümeln. „Das eine ist ein Kreuz. Das ist eine von diesen terranischen Religionen. Irgendwas mit Kreuz tragen, keine Ahnung. Hilft gegen Insekten, glaube ich.“
„Glaubst du?“
„Nein. Aber die. Irgendwelche Blutsaugerdrachen.“
„Komische Ideen, der reine Aberglauben“, urteilte Firiliizir und sandte innerlich ein Dankgebet an die weiße Kreatur der Wahrheit, die sein Volk vor solchem Unsinn behütete.
„Das geschwungene Zeichen hier liest sich Om, das steht für Körper, Rede und Geist des Raumes oder so – was weiß ich, irgendwas. Gehen wir!“
Ein Blick auf die Uhr ließ sein Herz jagen. Noch 43 Minuten. Er atmete ein und aus, bis sein Puls wieder ruhiger pochte. Die Tarnung war narrensicher, und das lang aufgeschossene, blau beflaumte Schaf, das ihn begleitete, würde noch weiter von ihm ablenken.
Wenigstens die Ellipsen auf dem Umhang gefielen Firiliizir, die bedeuteten etwas, erinnerten an Fruchtbarkeit. Irgendetwas mussten die Völker der Galaxis ja auch gemeinsam haben über die gemeinsame Währung hinaus. Währung! 50 Galax, und in diesem Aufzug würde ihn keiner erkennen. Auch er schnappte sich seinen Sack, und das ungleiche Paar verließ die Garderobe, um durch einen Seitengang in die Einkaufsstraßen zu kommen.

„Ho ho ho ho!“, dröhnte Derwon und hob die klingende Glocke. „Fröhliche Weihnacht! Ho ho ho ho!“ Er erspähte ein Geschwisterpaar, deren Mutter sie vorsichtig beäugte. Auf sie ging er zu. „Ho ho ho, wart ihr auch brave Kinder?“
Der kleine Junge stellte sich mit ausgebreiteten Armen vor seine Schwester. „Nimm mich, verschone sie“, bot er heldenmütig an.
Derwon verschluckte sich und pustete weißen Staub. „Frohe Weihnachten“, knurrte er und drückte jedem der Bälger eine Schokoladenfigur in die Hand, die aussah wie er. Im Weiterstampfen notierte er, wie die stocksteif dastehenden Kinder ihre Figuren festhielten, während ihre Mutter sich über sie beugte. Der weißbärtige Jülziisch folgte ihm wie ein wehender Schatten. Von seiner Mütze bimmelte es.

„Wir müssen zur Halle vor dem Spielzeuggeschäft“, mahnte Firiliizir und zog den Mehandor am roten Ärmel. „Komm da lang.“
„He, das ist aber ein Umweg. Wir müssen...“
„...da lang. Da vorn stehen Gataser“, zischte Firiliizir und überholte den Humanoiden. „Beeil dich!“.
Dunkelblau uniformierte Wachleute kam ihnen entgegen und beäugten interessiert ihre Verkleidung. Wieder schlug Derwons Herz bis zum Halse.

Wenige hundert Schritte weiter erreichten sie das Podium vor dem Spielzeuggeschäft, das mit nachgeahmten Nadelbäumen voll glitzerndem Schnee bestückt war. Kleine, buschige Robottierchen kletterten auf ihnen herum, und handspannenlange humanoide Roboter, die aussahen wie beigehäutige Siganesinnen mit Blondhaar und Flügeln, sangen Weihnachtslieder samt Orchesterbegleitung. Zwei floureszierende Sessel warteten auf sie. Der weißbärtige Mehandor setzte sich breitbeinig in seinen Sessel, rückte die Mütze zurecht, und knüpfte den Sack auf, während der Jülziisch irritiert die Funkenregen versprühende Spitze des Christbaums direkt vor seinem Gesicht anstarrte. Dann wandte auch er sich dem Publikum zu, dem ihre Ankunft aufgefallen war. Erneut schwenkte Derwon seine Glocke. „Ho ho ho ho“, rief er. „Geschenke für alle.“
Schnell sammelten sich Kinder um das Podium, und auch Halbwüchsige. „Der sieht selber aus wie ein Weihnachtsbaum“, lachte ein pickeliger Bengel und deutete auf Firiliizir. Der tat, als bemerke er es nicht, und reichte ihm und seiner Freundin je eine Schokoladenkugel. Kein Geschenk.
Ein insektoides Kind mit grünlichen Antennen und einer blonden Lockenperücke nahm von Derwon sein Päckchen entgegen. Beim Auspacken entfaltete sich das schimmernde Werbeholo des Einkaufszentrum.
„Autsch.“ Die Freundin des pickeligen Großmauls spuckte die zerkaute Schokolade in die hohle Hand. „Da ist was drin.“
Derwon fluchte innerlich. Noch 17 Minuten.
„Das ist aus Metall“, wunderte sich das Mädchen. Ein Wachmann hielt plötzlich ein Detektorgerät in der Hand. „Das sendet Daten“, rief er seinem Begleiter zu. „Da geht was nicht mit rechten Dingen zu. Gerade jetzt, wo die Erste Terranerin im Haus ist.“ Aufgeregt sprach er in sein Armbandgerät.
Derwon Hüpdafon brach der Schweiß aus. Das konnte doch wohl nicht wahr sein. Er mimte weiter den Weihnachtsmann, während mehr Uniformierte vom Wachdienst erschienen, diesmal mit gezogenen Waffen. Mütter brachten ihre Kinder in Sicherheit, als Kunden zogen sich in die Geschäfte zurück. In den Türöffnungen erschienen schillernde Energieschirme. Ein leises Vibrieren in seinem Ohrläppchen bewies Derwon, dass der Informationstransfer gefährdet war. Er begann zu rechnen, dann entschied er, dass andere Probleme jetzt dringlicher waren.
Acht Bewaffnete erschienen und richteten ihre Strahler auf sie. Der Weihnachtsmann hob die Hände. Firiliizir Fütibiieritz fiepte schrill und hob ebenfalls die Hände. Seine sechs Daumen zitterten. „Was machen wir denn jetzt nur“, jammerte er, aber so schrill, dass ihn keiner hörte. Die Wachleute rissen ihnen die Säcke weg. Einige machten sich mit Geräten darüber her. Andere tasteten die beiden ab und untersuchten sie. „Der hat ein Gegengerät“, rief einer.
Als er Derwon die Hand auf die Schulter legte, tickte der Mehandor aus. Nicht nur, dass all die in die Körper der Kunden eingeschleuste teure Spionagehardware verloren war, die ihm unersetzliche Einblicke ins Kaufverhalten der hiesigen Konsumenten gegeben hätte. Oder dass er verklagt werden konnte. Sondern dass ein uniformierter Wichtigtuer seine Finger an ihn legte. Mit einem kräftigen Kinnhaken schickte er den Mann zu Boden und zog seine eigene Waffe, die er in der Manteltasche versteckt hatte.
„Keine Beweg-“, schrie er, dann traf ihn ein Ellbogen des panisch nach dem umfallenden Weihnachtsbaum greifenden Jülziisch an der Schläfe, und er verdrehte die Augen und brach zusammen.

„Da ist er.“ Firiliizir Fütibiieritz erschrak zu Tode. Er drehte sich von den Polizisten weg, denen er ausführlich und aufgeregt zu erklären versucht hatte, wie er in dieses Kostüm kam und in diese Gesellschaft . Seit dem ersten „Wo ist denn ihr Arbeitsvertrag“ hörte er seine eigene Stimme schrill und unglaubwürdig daherreden, ohne Überzeugungskraft. Derwon war samt seiner Spionagegeräte abtransportiert worden, und er fühlte sich so fehl am Platze, dass er sich selbst nicht geglaubt hätte. Nicht diese Geschichte.
Oh nein, das waren Reporter. Und dann stand diese kleine Figur in der Halle, eine dunkelhaarige, jugendliche Terranerin, deren Gesicht jeder kannte, sogar er: Cai Cheung. Die Einkaufsbox einer teuren Parfümerie schwebte hinter ihr her. Die Umstehenden bildeten eine Gasse, und sie kam direkt auf ihn zu.
Firiliizir war sprachlos. Die Terranerin betrachtete ihn prüfend und verzog die Mundwinkel. Reporter umringten sie. „Du bist also der Jülziisch-Weihnachtsmann, der die gefährliche Situation durch sein schnelles Eingreifen entschärft hat“, sagte sie. Firiliizir brauchte einige Sekunden, um die Worte zu verstehen. Dann ging ein großes, freundliches Licht in seinem Herzen auf. „Ja, der bin ich“, erwiderte er.
Und da brach auch schon der Ansturm der Reporter los. Sie fotografierten ihn und Cai Cheung von allen Seiten und zeichneten sein unzusammenhängendes Gestammel auf, um passende Erwiderungen für die Nachrichten daraus zu machen. Vor allem sein Gesicht in der Weihnachtsmannmaske wurde fotografiert. Und mit einem Mal fühlte er echten Mut. Er nahm die Mütze ab, und vorsichtig setzte er sie auf Cai Cheungs Kopf. Mit einer schnellen Handbewegung überprüfte sie den Sitz, und die nächste Fotorunde ging los.
Firiliizir war glücklich. Dies war zweifellos ein Erfolg, und er würde diese eine blöde Geschichte vergessen machen. Ihm würde schon was einfallen, um die Maskerade zu erklären. Jetzt konnte er heimkehren.
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Ich bin nicht wie die Anderen...
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Alexandra
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Re: Noch eine Weihnachtsgeschichte

Beitrag von Alexandra »

Da sieht man mal wieder, wie schnell der Markt reagiert. Expansion in die Eastside.
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wepe
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Re: Fanstory Weihnachtsgeschichte, von Alexandra

Beitrag von wepe »

Alexandra,
ich habe den Threadtitel wie gewünscht abgeändert - und dich auch direkt als Autorin dahintergesetzt.
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GruftiHH
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Re: Fanstory Weihnachtsgeschichte, von Alexandra

Beitrag von GruftiHH »

Hallo Alexandra,

eine wundervolle Geschichte - mit einem schönen Dreh. Hat mich sehr gut unterhalten. :st:
* Am Ende des Regensbogen sehen wir uns wieder. *
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nanograinger
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Re: Fanstory Weihnachtsgeschichte, von Alexandra

Beitrag von nanograinger »

Schöne Geschichte, Alexandra.

Aber in Sachen Probabilität musst du noch arbeiten :D Denn warum sollte der Mehandor Derwon eine Waffe mitführen, wenn er doch nur das Konsumverhalten der Beschenkten ausspionieren will? Vielleicht hättest du statt dessen auf die Knecht Ruprecht-Rute zurückgreifen sollen. Und warum sollte Derwon so eine Abneigung gegen Anfassen von Wachleuten haben? Das ist nicht genügend motiviert, denn das passiert ihm wohl nicht gerade selten.

Oder soll es doch ein Attentat werden? Aber was sollte dann die Konsumentenspionage? Vielleicht habe ich die Geschichte doch falsch verstanden... :unsure:
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Alexandra
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Re: Fanstory Weihnachtsgeschichte, von Alexandra

Beitrag von Alexandra »

Du musst einfach mehr Glühwein trinken.

Aber im Ernst: Er liebt in ganz hohem Maße seine Unabhängigkeit und ist bisschen empfindlich mit Fremdautorität. Das ist alles.
Haufenweise Amerikaner haben aus keinem anderen Grunde jederzeit Waffen dabei.
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