Meine Geschichten

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GruftiHH
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Re: Meine Geschichten

Beitrag von GruftiHH »

Der Meteor

Teil 2 - Aus der Sicht des Meteors
Spoiler:
Er war schon Millionen von Lichtjahren unterwegs. Einst ein gewaltiger Planet, der aus seiner Bahn geworfen wurde, und nun nur noch ein Schatten seiner selbst. Ein kleiner - gut 10 Meter großer - Stein, der durch das Weltall rast. Er hatte gewaltige Sonnensysteme und Galaxien durchstreift. Einige Planetenbahnen durcheinander gebracht und weiter geeilt. Immer tiefer in die Schwärze des Alls.
Einmal sogar war er beinahe von einem Schwarzen Loch verzehrt worden, aber konnte noch in letzter Minute ausweichen, in dem er die Anziehungskraft eines kleinen Mondes ausnutzte, der jedoch wenige Augenblicke anstelle seiner von dem Loch erfaßt wurde.
Ein anderes Mal entkam er nur knapp einer Supernova. Dieses Ereignis hatte ihn damals ungefähr die Hälfte seiner Masse gekostet, die nämlich verglühte.
Er ist sogar an zwei Planeten vorbei geflogen, deren Bewohner sich mit Raumschiffen gigantische Schlachten lieferten. Eines der vierarmigen Wesen müßte eigentlich noch an einer Stelle auf ihm liegen, oder ist diese schon abgefallen?
Seit einiger Zeit jedoch spürt er einen Sog, der ihn unbarmherzig diesem merkwürdigen, bläulichen Planeten entgegen zieht. Er kann nichts mehr tun. Er ist nun in das Gravitationsfeld dieses Planeten geraten.
Da tritt er in die Atmosphäre ein und fängt an zu glühen. Ihm wird unerträglich heiß. Kleine Brocken fallen als Funkenregen herab und verlöschen. Aus einer dicken Wolkendecke tritt etwas Merkwürdiges heraus. So etwas hatte er noch nie gesehen - und wird auch nicht mehr darüber nachdenken können. Als er mit dem Objekt zusammenprallt vergeht er in einem Regen aus Stein, Metall und zerstümmelten Körpern.
* Am Ende des Regensbogen sehen wir uns wieder. *
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GruftiHH
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Re: Meine Geschichten

Beitrag von GruftiHH »

Da ich irgendwie nicht auf die nächste Woche warten kann hier schon die nächste Geschichte von mir: :)

Mein Beitrag zum Literaturwettbewerb Federwelt aus dem Jahr 2007.

Hat damals keinen Preis gewonnen. Ich habe leider auch nicht rausgefunden, warum?

Vielleicht zu kitschig?

KEIN SF

Was gibt es Schöneres als die Liebe?

Dieser Anfang war vorgegeben und man musste die Geschichte weiter erzählen:
Mit einem Ruck fuhr Lisa aus dem Schlaf hoch. Sie lauschte in die Stille, und obwohl sie nicht hätte sagen können, was sie geweckt hatte, brach ihr plötzlich der Schweiß aus.
„Lisa?“
Die Stimme ließ sie herumfahren.
Im Dämmerlicht, das durch die halb heruntergelassenen Jalousien fiel, erkannte Lisa einen Mann in der Ecke ihres Schlafzimmers.
„Johannes!“, entfuhr es ihr. „Was machst du hier?“
Und hier ist das, was ich daraus gemacht habe:
Spoiler:
Mit einem Ruck fuhr Lisa aus dem Schlaf hoch. Sie lauschte in die Stille, und obwohl sie nicht hätte sagen können, was sie geweckt hatte, brach ihr plötzlich der Schweiß aus.
„Lisa?“
Die Stimme ließ sie herumfahren.
Im Dämmerlicht, das durch die halb heruntergelassenen Jalousien fiel, erkannte Lisa einen Mann in der Ecke ihres Schlafzimmers.
„Johannes!“, entfuhr es ihr. „Was machst du hier?“
Im gleichen Augenblick schalt sie sich einen Narren.
Das konnte nicht sein. Johannes war tot! Vor einer Woche war seine Beerdigung – und jetzt stand er in der Ecke ihres Schlafzimmers.
Ihr Herz begann schneller zu schlagen, ihr Puls raste und pumpte das Blut durch ihren makellosen Körper.
„Lisa? Bist du wach?“ fragte der Schatten.
Jetzt fuhr Lisa hoch. Kerzengrade strecke sie ihren Oberkörper gen Decke. Dabei fiel eine Seite der Bettdecke ihre Schulter hinab und entblößte einen Teil ihrer Brust. Lisa merkte es gar nicht. Langsam nahm der Schemen Gestalt an.
Sie meinte ein kleines Schmunzeln um dessen Mundwinkel ausmachen zu können. Die Augen blieben aber in der Dunkelheit verborgen.
Die junge Frau konnte ihren Blick nicht abwenden. Wie eine Maus, die nicht vor der Schlange floh, sondern wie hypnotisiert ihrem Tod entgegensah, warte auch Lisa ab. Sie schloss die Augen. Sie zitterte am ganzen Leib.
Da spielt jemand ein übles Spiel mit mir, dachte Lisa.
Sie hatte ihren geliebten Johannes letzte Woche beigesetzt. Und nun gab so ein perverser Wüstling sich für ihren Verlobten aus. Es musste so sein.
Das Zittern wurde stärker, und sie konnte ihre Furcht nicht länger unterdrücken.
Da berührte sanft eine Hand ihre Schulter.
„Meine Elfe“, hauchte Johannes und fing vorsichtig an, die Schulter seiner Verlobten zu massieren – so wie es Lisa zu seinen Lebzeiten gern gehabt hatte.
Obwohl sehr schön, und sie spürte, dass es kein Traum war, wollte die junge Frau es nun genau wissen. Vorsichtig blinzelte sie in das Gesicht ihres toten Verlobten. Eigentlich war es so wie immer. Seine sanften Augen, sein spitzbübisches Grinsen – und doch war etwas nicht so wie es sein sollte. Gut sie wurde von einem Toten gestreichelt – aber das war es nicht!
Es war der Glanz in seinem Gesicht. Es schien so als würde es von Innen erleuchtet. Ja genau. Johannes hatte etwas Erhabenes an sich. Er strahlte die gesamte Weisheit und Güte des Universums aus.
Langsam fuhren die Hände ihre Schultern entlang um sich am Rückgrad zu treffen. Mit etwas mehr Druck begannen sie immer mehr vom Körper der jungen Frau für sich zu beanspruchen. Die Massage ließ die Anspannungen der letzten Tage vergessen; den Stress abgleiten.
„Selbst als Toter weißt Du noch, was mir gut tut und bringst mich um den Verstand“, flüsterte Lisa.
Ein leises Lachen war die Antwort.
„Elfe. Schön das Du dich nicht verändert hast. Leider habe ich es schon.“
Lisa antwortete: „Nein hast Du nicht, großer starker Krieger. Du bist auch noch so wie vorher.“
Die Frau konnte ihre Tränen nicht mehr zurückhalten.
Sanft drehte Johannes sie zu sich herum.
Lisa hatte gar nicht gemerkt, dass er hinter ihr auf dem Bett lag.
Johannes sah sie traurig an und wischte vorsichtig die Tränenspuren aus ihrem Gesicht.
„Bis auf die Tatsache, dass ich tot bin“, meinte er sarkastisch.
„OK. Aber dafür siehst du noch ganz proper aus!“
Beide fielen sich lachend in die Arme. Lisa war glücklich. So glücklich wie lange nicht mehr. Die Tränen waren am versiegen.
Wieder schloss die Frau die Augen.
Aber da waren sie wieder. Immer noch geisterten die schrecklichen Bilder vom Unfall in ihrem Kopf herum. Der Weg im Leichenschauhaus. Der Gestank von Spiritus und Desinfektionsmittel hing noch immer in ihrer Nase. Nein und auch die Überreste von Johannes waren kein schöner Anblick gewesen. Das einst schöne, ebenmäßige Gesicht zerschmettert. Knochen gebrochen und überall durch das Fleisch ragend. Sie hatte ihn an seinem Muttermal am Bauchnabel erkannt. Die Stelle, die sie so häufig geküsst hatte, bevor sie mit dem Kopf auf ihr liegend eingeschlafen war – von den ruhigen Atemzügen des Mannes in Traumwelten entführt.
„Lisa, schläfst Du?“
Die Frau nickte. „Nein“, antwortete sie gedehnt. „Ich träume. Ich träume von uns und unserer Liebe.“
„Eine Liebe, die über den Tod hinaus Bestand hat“, fiel Johannes ihr ins Wort.
„Genau. Wir werden immer durch die weiten Wälder streifen. Die natürliche Elfe und Ihr starker Krieger.“
Die beiden blieben noch die ganze Nacht so liegen und ließen die Vergangenheit auferstehen.
Beim ersten Sonnenstrahl, der die Dunkelheit der Nacht verdrängen wollte, löste sich Johannes von seiner Verlobten.
Langsam stand der Geist auf, ging zum Fenster, öffnete es und drehte sich noch einmal um.
„Meine geliebte Elfe, ich muss jetzt leider gehen. Ich kann auch nicht zurückkehren. Mir war nur diese eine letzte Nacht gewährt worden…… aber ich werde immer über Dich wachen. Wachen wie es nur ein verliebter Krieger tun kann.“
Mit den letzten Worten begannen sich die Konturen des Geistes aufzulösen um sich mit dem Morgennebel zu vereinen.
Lisa stand auf, streifte sich den Morgenmantel über ihre Schultern und schritt zum Fenster. Im Nebel meinte sie noch einmal das Gesicht von ihrem Johannes zu sehen.
„Ja, die Liebe ist stärker als der Tod…….. Du bist immer in meinem Herzen, mein Krieger.“
Der Wind umspielte ihr Haar als sie noch lange so da stand um den Morgen zu begrüßen.
ENDE
* Am Ende des Regensbogen sehen wir uns wieder. *
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Elena
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Re: Meine Geschichten

Beitrag von Elena »

Ich mag solche mysteriösen Geschichten, aber eine typische Liebesgeschichte ist das nicht. Das ist wahrscheinlich der Grund, warum sie nicht berücksichtigt wurde.
Ein bisschen gesunder Menschenverstand, Toleranz und Humor - wie behaglich es sich dann auf unserem Planeten leben ließe.
- William Somerset Maugham


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GruftiHH
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Re: Meine Geschichten

Beitrag von GruftiHH »

Könnte sein Elena. :unsure:
* Am Ende des Regensbogen sehen wir uns wieder. *
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Alexandra
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Re: Meine Geschichten

Beitrag von Alexandra »

Eventuell könnte auch eine letzte Liebesnacht mit einem Toten doch ein wenig zu...unkonventionell sein, um auf breite Zustimmung zu stoßen.
Ich weiß nicht, du kennst die Kommission wahrscheinlich nicht mal.
Schick' sie einfach woanders hin, vielleicht gewinnt sie dort was.

Vor Stil her: "des Universums" und das "Ja..." gegen Ende sind mir einen Tick zu bombastisch.

Kennst du "Eisbären" von Marie Luise Kaschnitz?
Aus dem Netz gefischt:
Spoiler:
Marie Luise Kaschnitz: Eisbären
Endlich, dachte sie, als sie hörte, wie sich der Schlüssel im Türschloss drehte. Sie hatte schon geschlafen und war erst von diesem Geräusch aufgewacht; nun wunderte sie sich, dass ihr Mann im Vorplatz kein Licht anmachte, das sie hätte sehen müssen, da die Tür zum Vorplatz halb offen Stand. Walther, sagte sie, und fürchtete einige Minuten lang, es sei gar nicht ihr Mann, der die Tür aufgeschlossen hatte, sondern ein Fremder, ein Einbrecher, der jetzt vorhatte, in der Wohnung herumzuschleichen und die Schränke und Schubladen zu durchsuchen. Sie überlegte, ob es wohl besser sei, wenn sie sich schlafend stellte, aber dann könnte ihr Mann heimkommen, während der Einbrecher noch in der Wohnung war, und dieser könnte aus dem Dunkeln auf ihn schießen. Darum beschloss sie, trotz ihrer großen Angst, Licht, zu machen und nachzusehen, wer da war. Aber gerade, als sie ihre Hand ausstreckte, um an der Kette der Nachttischlampe zu ziehen, hörte sie die Stimme ihres Mannes, der in der Türe stand.
Mach kein Licht, sagte die Stimme.
Sie ließ ihre Hand sinken und richtete sich ein wenig im Bett auf. Ihr Mann sagte nichts mehr und rührte sich auch nicht, und sie fragte sich, ob er sich vielleicht auf den Stuhl neben der Türe gesetzt hatte, weil er zu erschöpft war, um ins Bett zu gehen.
Wie war es, fragte sie.
Was, fragte ihr Mann.
Alles heute, sagte sie. Die Verhandlung. Das Essen. Die Fahrt.
Davon wollen wir jetzt nicht sprechen, sagte ihr Mann.
Wovon wollen wir sprechen, fragte sie.
Von damals, sagte ihr Mann.
Ich weiß nicht, was du damit meinst, sagte sie. Sie versuchte vergeblich, die Dunkelheit mit ihren Blicken zu durchdringen, und ärgerte sich über ihre Gewohnheit, die Fensterläden ganz fest zu schließen und auch noch die dicken blauen Vorhänge vorzuziehen. Sie hätte gerne gesehen, ob ihr Mann da noch in Hut und Überzieher stand, was bedeuten konnte, dass er die Absicht hatte, noch einmal fortzugehen, oder dass er getrunken hatte und nicht mehr imstande war, einen vernünftigen Entschluss zu fassen. Ich meine den Zoo, sagte der Mann. Sie hörte seine Stimme immer noch von der Tür her, was - da sie eine altmodische Wohnung und ein hohes großes Schlafzimmer hatten - bedeutete, von weit weg. Den Zoo, sagte sie erstaunt. Aber dann lächelte sie und legte sich in die Kissen zurück. Im Zoo haben wir uns kennen gelernt.
Weißt du auch wo, fragte der Mann. Ich glaube schon, dass ich es noch weiß, sagte die Frau. Aber ich sehe nicht ein, weshalb du dich nicht ausziehst und ins Bett gehst. Wenn du noch Hunger hast, bringe ich dir etwas zu essen. Ich kann es dir ins Bett bringen, oder wir setzen uns in die Küche und du isst dort. Sie schlug die Decke zurück, um aufzustehen, aber obwohl es für ihren Mann genauso dunkel sein musste wie für sie selbst, schien er doch gesehen zu haben, was sie vorhatte. Stell nicht auf, sagte er, und mach das Licht nicht an. Ich will nicht essen und wir können im Dunkeln reden. Sie wunderte sich über den fremden Klang seiner Stimme und auch darüber, dass er, obwohl er doch sehr müde sein musste, nichts anderes im Sinne hatte als von den alten Zeiten zu reden. Sie waren jetzt fünf Jahre lang verheiratet, aber jeder Tag der Gegenwart schien ihr schöner und wichtiger als alle vergangenen Tage. Da ihm aber so viel daran zu liegen schien, dass sie seine Frage beantwortete, streckte sie sich wieder aus und legte ihre Hände hinter ihren Kopf. Bei den Eisbären, sagte sie. Die Fütterung war gerade vorbei. Die Eisbären waren von ihren Felsen ins Wasser geglitten und hatten nach den Fischen getaucht. Jetzt standen sie wieder auf ihren Felsen, schmutzig weiß, und –
Und was, fragte ihr Mann streng.
Du weißt doch, was die Eisbären machen, sagte sie. Sie bewegen ihren Kopf von der einen Seite zur anderen, unaufhörlich hin und her. Wie du, sagte ihr Mann. Wie ich, fragte sie erstaunt und begann für sich im Dunkeln die Bewegung nachzuahmen, die sie soeben beschrieben hatte. Du hast auf jemanden gewartet, sagte ihr Mann. Ich habe dich beobachtet. Ich kam von den großen Vögeln, die ganz ruhig auf ihren Ästen sitzen und sich dann plötzlich herabstürzen und einmal im Kreis herumfliegen, wobei sie mit ihren Flügelspitzen die Gitter streifen. Bei den Eisbären, sagte die Frau, gibt es keine Gitter. Du hast auf jemanden gewartet, sagte ihr Mann. Du hast den Kopf bald nach dieser, bald nach jener Seite gedreht. Der, auf den du gewartet hast, ist aber nicht gekommen. Die Frau lag jetzt ganz still unter ihrer Decke. Sie hatte das Gefühl, auf der Hut sein zu müssen, und sie war auf der Hut.
Ich habe auf niemanden gewartet, sagte sie. Als ich dich eine Weile lang beobachtet hatte, sagte ihr Mann, bin ich auf dem Weg weitergegangen und habe mich neben dich gestellt. Ich habe ein paar Späße über die Eisbären gemacht und auf diese Weise sind wir ins Gespräch gekommen. Wir haben uns auf eine Bank gesetzt und die Flamingos betrachtet, die ihre rosigen Hälse wie Schlangen bewegten. Es war nicht mehr so heiß und es war sogar ein Hauch von Spätsommer in der Luft.
Damals habe ich angefangen zu leben, sagte die Frau. Das glaube ich nicht, sagte ihr Mann. Zieh dich doch aus, sagte die Frau, oder mach das Licht an. Sitzt du wenigstens auf einem Stuhl? Ich sitze und stehe, sagte der Mann. Ich liege und fliege. Ich möchte die Wahrheit wissen.
Die Frau fing an, in ihrem warmen Bett vor Kälte zu zittern. Sie fürchtete, dass ihr Mann, der ein fröhlicher und freundlicher Mensch war, den Verstand verloren habe. Zugleich aber erinnerte sie sich auch daran, dass sie an jenem Nachmittag im Zoo wirklich auf einen anderen gewartet hatte, und es erschien ihr nicht ausgeschlossen, dass ihr Mann diesen anderen heute getroffen und von ihm alles mögliche erfahren hatte.
Was für eine Wahrheit, fragte sie, um einen Augenblick Zeit zu gewinnen. Ich habe dich, sagte ihr Mann, damals nach Hause gebracht. Wir sind noch ein paar Mal zusammen spazieren und auch einige Male abends ausgegangen. Jedes Mal habe ich dich gefragt, ob du an jenem Nachmittag im Zoo auf einen anderen Mann gewartet hast und ob du vielleicht immer noch auf ihn wartest und ihn nicht vergessen kannst. Du hast aber jedes Mal den Kopf geschüttelt und nein gesagt. Das war die Wahrheit, sagte die Frau. Es mochte sein, dass draußen der Morgen schon anbrach, vielleicht hatten sich ihre Augen auch endlich an die Dunkelheit gewöhnt. Jedenfalls tauchten jetzt ganz schwach die Umrisse des Zimmers vor ihr auf. Sie sah aber ihren Mann nicht und das beunruhigte sie sehr. Das war nicht die Wahrheit, sagte der Mann. Nein, dachte die Frau, er hat Recht. Ich bin mit ihm spazierengegangen und abends tanzen gegangen und jedes Mal habe ich mich heimlich umgesehen nach dem Mann, den ich geliebt habe und der mich verlassen hat. Ich habe Walther gern gehabt, aber ich habe ihn nicht aus Liebe geheiratet, sondern weil ich nicht allein bleiben wollte. Sie war plötzlich sehr müde und es kam ihr in den Sinn, alles das zuzugeben, was sie so lange geleugnet hatte. Vielleicht, wenn sie es zugäbe, würde ihr Mann aus dem Dunkeln herüberkommen und sich zu ihr auf den Bettrand setzen. Sie würde ihm sagen, wie es gewesen war, und wie es jetzt war, dass sie jetzt ihn liebte und dass ihr der andere Mann vollständig gleichgültig geworden war. Sie zweifelte nicht daran, dass es ihr, wenn sie nur ihre Arme um seinen Hals legen konnte, gelingen würde, ihn davon zu überzeugen, dass es so etwas gab, dass eine Liebe erwachen und jeden Tag wachsen kann, während eine andere abstirbt und am Ende nichts ist als ein Kadaver, vor dem es einem graut. Walther, sagte sie, nicht Schatz, nicht Liebling, sie nannte nur seinen Namen, aber sie streckte im Dunkeln ihre Arme nach ihm aus.
Aber ihr Mann kam nicht herüber, um sich zu ihr auf den Bettrand zu setzen. Er blieb, wo er war und wo sie nicht einmal die Umrisse seiner Gestalt wahrnehmen konnte. Ich war, sagte er, damals noch nicht lange in München. Es war dein Vorschlag, dass ich die Stadt erst einmal richtig kennen lernen sollte. Weil wir noch keinen Wagen hatten, fuhren wir jeden Sonntag mit einem anderen Verkehrsmittel in eine andere Richtung, stiegen an der Endstation aus und gingen spazieren. Immer ist es mir vorgekommen, als ob du auf diesen Spaziergängen jemand suchtest. Immer hast du deinen Kopf nach rechts und nach links gewendet wie die Eisbären, die die Freiheit suchen, oder etwas, von dem wir nichts wissen, und ich habe dich oft meinen Eisbären genannt.
Ja, sagte die Frau mit erstickter Stimme. Sie erinnerte sich daran, dass ihr Mann ihr in den ersten Monaten ihrer Ehe diesen Namen gegeben hatte. Sie hatte geglaubt, er täte das in Erinnerung an ihr erstes Zusammentreffen im Zoologischen Garten, oder weil sie so dicke weißblonde Haare hatte, die ihr manchmal wie eine Mähne auf der Schulter hingen. Es war aber, wie sich jetzt herausstellte, kein Kosewort, sondern ein Verdacht. Später, sagte sie, als wir den Wagen hatten, sind wir am Sonntag ins Freie gefahren. Wir sind durch den Wald gelaufen und haben auf einer Wiese in der Sonne gelegen und geschlafen, du mit deinem Kopf auf meiner Brust. Wenn wir aufgewacht sind, waren wir ganz benommen von der Sonne und dem Starken Wind. Es ist uns schwer gefallen, die richtige Richtung einzuschlagen, und einmal haben wir viele Stunden gebraucht, um den Wagen wieder zu finden. Weißt du das noch, fragte sie.
Aber ihr Mann ging auf diese Erinnerung nicht ein. Wir sind ihm einmal begegnet, sagte er. Ach, hör doch auf, sagte die Frau plötzlich ärgerlich. Geh etwas essen oder lass mich Licht anzünden und aufstehen und dir etwas zu essen bringen. Es ist noch ein halbes Hähnchen im Kühlschrank und Bier. Aber während sie das sagte, wusste sie schon, dass ihr Mann auf ihren Vorschlag nicht eingehen würde. Sie überlegte, womit sie ihn von seinen Gedanken abbringen könnte und es fiel ihr nichts ein. Du hast morgen einen schlimmen Tag, sagte sie schließlich, du musst bis zum Abend die Abrechnungen fertig haben und wenn du nicht ausgeschlafen bist, wird dir alles noch schwerer fallen.
Wir sind ihm einmal begegnet, sagte ihr Mann wieder. Die Frau krallte ihre Hände in die Bettdecke und wusste nicht, was sie noch sagen sollte. Wenn es nur hell wäre, dachte sie. Ihr Mann hatte ihr zu Weihnachten einen Toilettetisch geschreinert mit einem Kretonnevorhang und einer Glasplatte, und sie hatte ihm einen Lampenschirm gebastelt und diesen mit den Gräsern und Moosen, die sie im Sommer gesammelt und gepresst hatten, verziert. Sie war überzeugt davon, dass diese Dinge, wenn man sie nur sehen könnte, ihr beistehen würden, ihren Mann davon zu überzeugen, dass sie ihn liebte und dass auch er selbst seinen alten Argwohn längst vergessen hatte.
Wir sind, sagte ihr Mann zum dritten Mal, ihm einmal begegnet, und er sagte es mit seiner Stimme von heute Abend, die so eintönig und merkwürdig klang. Wir sind die Ludwigstraße hinuntergegangen auf das Siegestor zu, es war ein schöner Abend und es war eine Menge Leute unterwegs. Du hast niemanden besonders angeschaut, es ist auch niemand stehen geblieben und es hat dich auch niemand gegrüßt. Ich hatte aber meinen Arm in den deinen gelegt und plötzlich habe ich gemerkt, dass du angefangen hast, am ganzen Körper zu zittern. Dein Herz hat aufgehört zu schlagen und das Blut ist aus deinen Wangen gewichen. Erinnerst du dich daran?
Ja, ja, wollte die Frau rufen, ich erinnere mich gut. Es war das erste Mal, dass ich meinen ehemaligen Liebhaber wieder gesehen habe, und es war auch das letzte Mal. Mein Herz hat wirklich aufgehört zu schlagen, aber dann hat es wieder angefangen und so, als wäre es ein ganz anderes Herz. Während das schöne kalte Gesicht meines ehemaligen Liebhabers in der Menge verschwunden ist, hat es sich in Nichts aufgelöst, und ich habe mich später an seine Züge nie mehr erinnern können.
Das alles wollte die Frau ihrem Mann sagen und ihn auch daran erinnern, dass sie sich damals auf der Straße an ihn gedrängt hatte und versucht hatte, ihn zu küssen. Sie zweifelte aber plötzlich daran, dass ihr Mann ihr glauben würde. Sie halte das Gefühl, als stände hinter seinen Worten eine Unruhe, die sie nicht würde stillen, und eine Angst, die sie ihm nicht würde ausreden können, jedenfalls nicht in dieser Nacht. Ich erinnere mich an unseren Spaziergang, sagte sie und versuchte ihrer Stimme einen gleichgültigen Klang zu geben. Ich habe keinen Bekannten gesehen. Ich habe so etwas wie einen Schüttelfrost gehabt, eine kleine Erkältung, und am Abend habe ich auch Fieber bekommen. Ist das wahr, fragte der Mann. Ja, antwortete die Frau.
Sie war traurig, dass sie nicht die Wahrheit sagen durfte, die doch viel schöner war als alles, was ihr Mann von ihr hören wollte. Sie war jetzt sehr müde und hätte gerne geschlafen, aber vor allem lag ihr daran zu wissen, was in ihren Mann gefahren war und warum er kein Licht anzünden und nicht zu Bett gehen wollte...
Dann ist also auch das andere wahr, sagte der Mann, mit einem Schimmer von Hoffnung in der Stimme. Was, fragte die Frau.
Das vom Zoo, sagte der Mann. Dass du auf keinen anderen gewartet hast. Ich habe auf dich gewartet, sagte die Frau. Ich habe dich nicht gekannt, aber man kann auch auf jemanden warten, den man noch nie gesehen hat.
Du hast mich, sagte der Mann, also nicht genommen, weil du von einem andern Mann im Stich gelassen worden bist. Du hast mich geliebt.
Noch einmal dachte die Frau, wie schmählich es von ihr war, dass sie hier lag und ihren .Mann anlog, und noch einmal richtete sie sich auf und wollte die Wahrheit sagen. Es kam aber von der Tür her ein merkwürdiges Geräusch, das wie ein tiefes verzweifeltes Stöhnen klang. Er ist krank, dachte sie erschrocken, und legte sich wieder in die Kissen zurück und sagte laut und deutlich: Ja. Dann ist es gut, sagte der Mann. Er flüsterte jetzt nur noch. Vielleicht hatte er auch die Schlafzimmertür von außen zugezogen und war im Begriff, die Wohnung wieder zu verlassen. Die Frau sprang aus dem Bett, sie riss an der Kette der Nachttischlampe und gerade, als habe sie damit eine Klingel in Bewegung gesetzt, begann es vom Flur her laut und heftig zu schellen. Das Zimmer war hell und leer, und als die Frau auf den Vorplatz lief, sah sie ihren Mann auch dort draußen nicht.
Obwohl das Haus, in dem die jungen Eheleute wohnten, ein altmodisches Haus war, gab es seit kurzem in allen Wohnungen Drücker, mit deren Hilfe man die Haustüre öffnen konnte. Walther, sagte die Frau unglücklich. Sie drückte auf den Knopf und öffnete zugleich schon die Wohnungstür und horchte hinaus. Sie wohnten fünf Stockwerke hoch, und fünf Stockwerke lang hörte sie die schweren Schritte, die die Treppe heraufkamen und die, wie sich herausstellte, die Schritte von Polizeibeamten waren. Ihr Mann, sagten die Männer, als sie der Frau auf dem Treppenabsatz gegenüberstanden, sei bei der Ausfahrt von der Autobahn mit einem anderen Wagen zusammengestoßen und schwer verletzt worden. Und als sie das gesagt und eine Weile in das erstaunte Gesicht der Frau geschaut hatten, fügten sie hinzu, dass der Verunglückte sich jetzt auf dem Weg ins Krankenhaus befände, dass aber die Sanitäter, die Ihn in den Wagen getragen hätten, der Ansicht gewesen seien, dass er den Transport nicht überleben würde. Das kann nicht sein, sagte die Frau ganz ruhig, es muss sich um eine Verwechslung handeln. Ich habe mit meinem Mann noch eben gesprochen, er ist in der Wohnung, er ist bei mir. Hier, fragten die Männer überrascht, wo denn, und gingen in die Küche und gingen ins Wohnzimmer und drehten überall die Lampen an. Da sie niemanden fanden, redeten sie der Frau gut zu, sich anzuziehen und sie ins Krankenhaus zu begleiten, und die Frau zog sich auch an, bürstete ihre langen weißblonden Haare und ging mit den Polizisten die Treppe hinunter. Auf der Fahrt saß die Frau zwischen den Männern, die versuchten, freundlich zu sein, und deren schwere Wollmäntel nach Regen rochen. Sie hatte ihren Spaß daran, dass der Fahrer das Martinshorn gellen ließ und alle roten Lichter überfuhr. Schneller, sagte sie, schneller, und die Polizisten glaubten, dass sie Angst habe, ihren Mann nicht mehr am Leben zu finden. Aber sie wusste gar nicht, warum sie in dem Wagen saß und wohin es ging. Die Worte „schneller, schneller“ sagte sie ganz mechanisch, und ganz mechanisch drehte sie ihren Kopf von links nach rechts und von rechts nach links, wie es die Eisbären tun.
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Re: Meine Geschichten

Beitrag von GruftiHH »

Eine kürzere Fassung habe ich für einen Schreibworkshop eingereicht (8 Standardseiten), jetzt habe ich sie rund geschliffen und erweitert.

Largo 1 - Der Turm
Spoiler:
Die Sonne stand hoch am Firmament. Brennend heiß stach sie vom Himmel herab. Die kleine Truppe von Abenteurern, die unter ihr die Wüste durchquerten, zollten ihr jedoch keinen Respekt. Ihnen stand nicht einmal Schweiß auf der Stirn.
Es war schon eine merkwürdige Gruppe, die dort auf ihren Pferden durch die Wüste Xergan, im tiefen Süden von Largo, unserem Land, ritten.
Ein Zwerg in voller Kriegsrüstung, ein Halbling, der sich kaum auf dem für ihn riesigen Pferd halten konnte, eine Schwertkämpferin, deren weibliche Züge nur noch erahnt werden konnten, sowie ein Magier, der schon bessere Tage gesehen hatte wurden von einem Schwarzen mit nur einem Arm begleitet. Die Spitze des Trupps wurde von einem hünenhaften, muskelbepackten Barbaren beherrscht, der jetzt seinen Arm erhob und somit den Trupp zum Stehen brachte.
Sein Blick streifte den Horizont und die ersten Sorgenfalten bildeten sich auf seinem Gesicht.
"Ich weiß, was du denskt. Liron ist bis jetzt immer wiedergekommen," flüsterte die Frau, die sich leise zu ihm gesellt hatte, dem Barbaren zu.
Ihre Augen trafen sich und Morgana sah eine für einen Barbaren eigentlich undenkbare Gefühlsregung:
Angst.
Der Krieger senkte die Schultern.
"Ich kenne Liron so gut wie du. Aber ich mache mir jetzt doch ernsthafte Sorgen. Er ist noch nie so spät von einem Erkundungsritt wiedergekommen."
Der Blick Chrons suchte wieder vergeblich den Horizont nach der schlanken Silhouette des Elfen ab.
Eigentlich war der Scout und Waldläufer mit seinen zwei Meter zwanzig nicht zu übersehen. Aber hier in der gefährlichsten aller Wüsten nützt die Größe und Gewandtheit wenig. Schon viele haben in Xergan
ihr Leben gelassen.
Zu seinen Kameraden gewandt rief der Barbar: "Last uns dort unter der Düne im Schatten eine Rast einlegen und auf Liron warten. Er müsste eigentlich jeden Augenblick wiederkommen..."
Und an Morgana gerichtet vollendete er den Satz mit dem Wort: "... hoffentlich."
*
Liron war schon eine ganze Weile von seinen Freunden weg. Aber es hat sich eigentlich noch immer ausgezahlt vorsichtig zu sein. Keiner konnte sagen, ob hinter der nächsten Düne nicht ein Sandteufel, eine Gruppe Heron, die Nomaden und eigentlichen Beherrscher der Wüste, oder gar ein Basilisk auftauchen konnte. Also noch eine Düne weiter ...
Auf einmal sah der Elf ein pulsierendes, grünes Licht, das den ganzen Horizont einnahm. Neugierig ließ er sein Pferd antraben.
Das Licht wurde stärker und Liron hatte den Eindruck, daß es gegen das Licht der Sonne ankämpfe - und je näher er kam, auch besiegte. Bald darauf war der Waldläufer in ein Meer von grünlichem Licht getaucht.
Vor Liron ragte ein kleines, aus Ebenholz und Stein erbautes Gebäude aus dem Sand. Die Eingänge schienen, nachdem der Scout das Gebäude umrundet hatte, nur aus zwei ovalen Fenstern zu bestehen.
"Demnach muß es ein Gebäude sein, das von der Wüste im Laufe der Jahre wieder zurück erobert
wurde. Mit Sand überdeckt."
Verrostete Rüstungen, Waffen und andere Gebrauchsgegenstände bildeten, zum Teil halb im Sand gebettet, einen Ring um das Bauwerk.
"Bevor ich die anderen hole, werde ich noch nachschauen, ob das der geeignete Ort ist, um die Nacht zu
verbringen" flüsterte der Elf seinem Pferd zu, das jedes Wort von ihm verstand und nickte.
Waldmensch und Pferd hatten sich durch zahlreiche Abenteuer zu einer Einheit entwickelt. Das ist zwar eigentlich wider der Natur - aber Freundschaft geht manchmal seltsame Wege.
Liron betrat das Gebäude und sackte sofort einige Zentimeter in den Sand, der den Boden bedeckte.
Er wollte noch durch das Fenster zurückspringen, wurde jedoch durch eiserne Klauen an den Beinen festgehalten.
Der Sand um ihn herum begann wie das Meer zu wogen und zu brodeln. Mühsam befreiten sich zahllose Skelette aus der Umklammerung des Sandes und kamen auf den Elfen zu.
Liron merkte nicht einmal mehr wie sein Kopf gegen die Fensterumrandung schlug und fiel bewußtlos zu Boden.
*
Die Dämmerung setzte ein und unsere Helden bereiteten alles für die Nacht vor.
Barnabas, der Schwarze, den Chron vor einiger Zeit aus der Sklaverei befreit hatte und seit dem nicht mehr von der Seite des Barbaren gewichen war, hielt die erste Wache. Chron erinnerte sich immer noch gerne - mit einem Lächeln - an die anstrengende Zeit, in der er Barnabas erklären mußte, daß er nicht sein neuer Herr sei sondern sein Freund.
Der Farbige konnte oder wollte das nicht verstehen. So mußte der Barbar aus dem hohen Norden, der eigentlich ungern zur Waffe griff oder Befehle erteilte, wohl oder übel in die Rolle eines Sklavenhalters
schlüpfen. Aber im Laufe der Zeit wurde aus diesem Verhältnis eine Freundschaft, die durch nichts zu erschüttern war.
Chron saß am Lagerfeuer und sein Blick war glasig und starr in die Flammen gerichtet. Seine Gesichtszüge hatten sich verhärtet und zeigten eine rauhe Schale über einem weichen Kern. Die Freunde kannten diesen Ausdruck nur zu gut und wußten, daß der Barbar nicht gestört werden wollte. Viele Menschen
halten sich Abseits um allein zu sein. Nicht so der Krieger. Er blieb in dem Kreis seiner Freunde sitzen und vermittelte so den Eindruck, bei ihnen zu sein und sie nicht auszustoßen.
"Chron, du mußt etwas essen. Liron wird schon wieder auftauchen. Aber wenn ihm etwas zugestoßen sein sollte, mußt du für den Kampf gerüstet und gestärkt sein," sprach der Zwerg auf ihn ein.
Arnon, einst ein gefeierter Goldschmied und Kämpfer, nun nur noch in den Augen seines Volkes ein alter Mann, kam zu der Gruppe als er Chron in einer Taverne unter den Tisch trank. Das hatte bis zu diesem Zeitpunkt noch keiner geschafft, und nach dem darauffolgenden Handgemenge nahm Chron nur zu gerne den Zwerg auf. Denn Arnon beherrschte den Umgang mit seiner Axt immer noch - und daß mit einem
Geschick, das Chron allen Respekt abverlangte und dem Alter des Zwerges Lügen strafte.
Die Zwerge hatten kein Recht Arnon so zu verletzen. Er hatte nichts von seinen Fertigkeiten verlernt! Die schönen Goldringe und Ketten um Morgana waren seine Handschrift. Doch mit 250 Jahren war der Weg von Arnon zum Tod nun einmal näher als zu seiner Geburt.
Chron nahm das Essen an, das der Zwerg ihm hinhielt, denn er wußte, daß die Worte seines Gefährten ihre Richtigkeit hatten. Nur mühsam rang er sich ein paar Bissen ab; den anderen ging es aber nicht anders. Jeder machte sich Sorgen um den Elfen.
Nach dem Essen legten sich die Freunde zum Schlafen nieder und Barnabas setzte sich an den Rand des Lagers auf einen Felsen. Seine Augen waren feucht. Er hatte schon vieles mit dem Elfen erlebt. Auch wenn sie sich öfters stritten, mochten sie sich im Grunde ihres Herzens. Jeder in dieser Gruppe hatte diese Gedanken. Denn in ihr hatten sich Wesen zu einer Familie zusammengefunden, die sonst keine hätten. Traurige, einsame Individuen.
Barnabas ließ seinen Blick schweifen. Nun war dem satten Rot der untergehenden Sonne, die rabenschwarze Nacht gefolgt. Ein Ruf einer Schlangenschwinge, einer fliegenden Schlange, hallte durch die Finsternis und riß den ehemaligen Sklaven aus seinen Gedanken. Im gleichen Augenblick schoß das Tier auch schon aus dem Himmel herab und hielt direkt auf den Farbigen zu. Barnabas zog das Schwert und rief den Alarm aus. Das war jedoch nicht notwendig, denn die anderen hatten ebensolche scharfe Sinne wie er.
Die Schlange hatte nun Barnabas erreicht und vollendete den Angriff. Das Schwert traf mit voller Wucht die Seite des Tieres, das taumelte und zu Boden viel. Sofort stürzte sich Arnon auf die Schlangenschwinge, hatte jedoch nicht mit deren Schnelligkeit gerechnet und erhielt einen Biß in die linke Schulter.
Der Zwerg rollte sich zur Seite, ließ seine Streitaxt fallen und hielt sich die blutende Schulter. Dabei rollte er sich zur Seite um den anderen den Weg frei zu machen. Chron stürzte über Dangobar, den Halbling,
der auch seinen Beitrag zu dem Kampf leisten wollte, und auf das Tier zuging. Leider hatte er nicht damit gerechnet, daß man ihn in dem allgemeinen Kampfgetümmel leicht übersehen konnte. So traf Chrons Schwert nicht die Schlangenschwinge sondern nur den Sand.
Morgana hatte mehr Glück. Gerade als die Schlange sich auf Chron stürzen wollte, drehte sie der Schwertkämpferin den Rücken zu und diese nutzte den Vorteil erbarmungslos aus. Der wuchtige Hieb trennte den Kopf des Tieres vom Rumpf. Der Körper sackte zusammen, und nur noch die Nerven begannen ihr seltsames zuckendes Spiel. Morgana ließ sich wenig Zeit und drehte sich sofort zu dem Zwerg um, dem ihre Sorge galt. Denn wenn ein Biß einer Schlangenschwinge nicht innerhalb von einer Minute behandelt wird, ereilt das Opfer unweigerlich der Tod.
Mit Freude bemerkte sie, daß sich Garibel, der Magier, schon das dem Zwerg angenommen hatte und einen Heilspruch murmelte. Für sie war es immer wieder ein Erlebnis, wenn blaue Flammen und Blitze
aus den Händen des Magiers hervortraten und ihr gutes oder tödliches Werk vollendeten. Es braucht nicht erwähnt zu werden, daß von den Wunden nichts mehr zu sehen war.
Im Hintergrund hörte sie, wie der Barbar den Halbling anbrüllte. So gut wie Dangobar als Dieb im Schlößerknacken war, so schlecht war er im Kampf. Der kleine Kerl versuchte immer seinen Freunden
zu helfen, erreichte aber meistens das Gegenteil. Ein Lächeln umspielte die Lippen der Kämpferin. Keiner
konnte Dangobar länger als fünf Minuten böse sein. So war seine Natur.
"Das nächste Mal paßt du bitte besser auf, Arnon. Du weißt, daß so eine Heilung viel Kraft erfordert..." sagte der Magier gerade, als Morgana sich zu ihm und dem Zwerg gesellte.
Der Zwerg vollendete schlagfertig den Satz:" ... ,die sich bei einem solchen alten Mann natürlich nicht mehr so schnell erneuert. Nicht war?"
Dabei kniff er ein Auge zu und alle drei begannen herzhaft zu lachen.
Für einen Augenblick war die Anspannung von ihnen gewichen.
Hier möchte ich noch einmal von der Gesichte abschweifen, um Euch einige Neuigkeiten zu berichten.
Es gibt nur sehr wenige kleinwüchsige Menschen wie unseren Freund Dangobar in Largo. Wir nennen sie hier Halblinge. Dieser Begriff stammt übrigens von den Barbaren, denen diese Menschen nämlich nur bis zu dem Bauchnabel gehen, also ungefähr die Hälfte der Körperlänge der Barbaren besitzen. Daher ist der Name treffend gewählt, oder?
Wie mir erst vor Kurzem berichtet wurde, ist es einem Mitglied der Akademie des Wissens zu Burgasen, der Kaiserstadt, gelungen, die Herkunft dieser Mitbewohner unseres Landes etwas zu lüften.
Die Halblinge sind das Resultat eines genetischen Experimentes! Durch Magie, so der Forscher, wurden die Strukturen im Aufbau des Körpers verändert. Es sei hier die Bemerkung angebracht, daß die ehrwürdige Akademie des Wissens zu Burgasen nichts mit diesem Experiment zu tun hat. Vielmehr will man in der Akademie, die ja in unserem Land vor allem durch die Heilkunde bekannt ist, versuchen, diesen Menschen zu helfen.
Wohl hat auch unser ehrwürdiger Kaiser sie beauftragt den Halblingen auf den Grund zu gehen, denn die Wesen eignen sich hervorragend als Mitglieder der Diebesgilden unseres Landes - wenn ihr versteht, was ich meine.
*
Die Gefährten machten sich schon früh am Morgen auf den Weg, um ihren Freund zu suchen. Liron war auch in der Nacht nicht aufgetaucht, und so galt es als sicher, daß ihm irgend etwas zugestoßen sein mußte.
Sie wußten, in welche Richtung ihr Scout am Vortag gegangen ist, und so geschah es, daß die Sonne den Trupp nun gen Süden gehen sah.
Plötzlich rief Dangobar aus: "Da! Dort drüben ist das Pferd von Liron."
Der kleine Kerl hüpfte bei diesem Aufruf aufgeregt auf dem Pferd herum, so daß Morgana Angst bekam, er würde hinunter fallen.
Doch der Halbling war flink. Er hielt sich sehr gut im Sattel. Barnabas nahm sich dem Pferd an und führte es am Zügel als die Gruppe sich wieder auf den Weg machte.Nach einiger Zeit wurde der Horizont vor Ihnen immer grünlicher. Sie waren an dem Ort des Verschwindens angelangt. Chron, der sehr vorsichtig geworden war, ließ erst einmal die Gruppe ausschwärmen und die Gegend erkunden. Doch außer verrotteten Rüstungen und anderen Gegenständen fanden sie nichts.
Merkwürdig, dachte der Barbar, irgendwo muß Liron ein Zeichen gemacht haben. Er würde immer versuchen, uns den Weg mitzuteilen. Es sei denn, er wurde überrumpelt.
"Geht behutsam vor. Das Licht ist nicht von dieser Welt. Ich spüre eine magische Aura, die diesen Ort umgibt" raunte Garibel.
Dangobar war wie immer vorschnell. Er ließ sich von seinem Pferd zu einem der Fenster tragen und stieg hinauf. Im Rahmen blieb er stehen und blickte in das Innere des Gebäudes. Plötzlich viel er rückwärts in den Sand.
"Das kann nicht sein. So nicht. Bei allen Göttern" stammelte er.
Morgana stieg ab und nahm den Freund in den Arm.
"Was ist los? Was hast du gesehen?" fragte sie.
Doch Dangobar war zu keiner Antwort fähig. Das Entsetzen war ihm ins Gesicht gebrannt.
Chron zog sein Zweihänder und ging auf das grünlich schimmernde Gebäude zu.
Garibel folge ihm dicht auf und sicherte den Freund. Seine Hände schimmerten gefährlich rot - tödlich rot.
Wenn sie jetzt angegriffen werden - würde der Magier todbringende Flammengeschosse schleudern. Der Barbar erklomm das ehemalige Fenster und erschauerte bei dem Anblick, dem ihm der Raum bot: An der gegenüber liegenden Wand hing der Elf - oder vielmehr das, was von ihm übrig geblieben war. Die Überreste trugen das Gewand des Scouts, das sah Chron sofort, aber wollte es nicht wahrhaben.
Mit einem Schrei auf den Lippen sprang er in den Sand und lief zu Liron.
Garibel sicherte seinen Freund immer noch von außerhalb des Raumes. Das war auch gut so, denn wie zu erwarten war, begann der Sand um den Barbaren zu wogen und waben. Wieder quälten sich die Skelette und ehemaligen Opfer des Gebäudes aus dem Boden.
Chron wirbelte herum und schlug um sich. Wo das Schwert auf die Knochen traf zerfielen diese zu Staub.
Jedem "getöteten" Skelett entwich unter Geschrei eine Seele, so als ob diese sich freut endlich von den Qualen erlöst worden zu sein.
Die Kameraden schlossen sich dem Barbaren an, und schon bald war der ganze Raum mit dem Geschrei
der Seelen erfüllt.
Es war ein ungleicher Kampf, denn den Geschossen des Magiers konnten die Skelette nichts entgegen stellen. Mit jedem Schuß vergingen drei von Ihnen.
Nicht lange und es war alles vorbei.
Kein Skelett war mehr vorhanden - nur ihren Freund hatten sie verschont. Alle blickten auf Liron, der immer noch aus leeren Augenhöhlen auf sie hinab blickte.
Chron rammte sein Schwert in den Boden und kniete vor dem Elfen.
"Warum? Bei allen Göttern! Warum?" rief er. Sein Blick ging gen Himmel, doch kein göttliches Zeichen war die Antwort sondern eine gebrochene, abgehackte Stimme aus der Richtung des anderen Fensters.
"Das nützt dir nichts, mächtiger Chron, Sieger zahlloser Schlachten, Befreier von Chrochmolog und Bezwinger von Wirangoch, dem schwarzen Drachen."
Unsere Freunde fuhren herum. Verdammt, dachte Dangobar, wie konnten wir nur unsere Sicherheit vergessen.
Nun waren sie überrumpelt worden. Auf dem Fenster stand ein alter Priester und lächelte sie an.
Auf einen Stock gestützt sah er nicht gerade gefährlich aus.
"Es ist wirklich sehr schon euch zu sehen, edler Chron." sagte er. "Lange habe ich auf diesen Tag gewartet. Nur ihr könnt dem Ort den Frieden geben, den er so lange ersehnt."
Chron ging auf den Mann zu.
"Die sprichst in Rätseln, alter Mann. Wie kann ich diesen Ort befreien ? Ich bin nur ein Krieger."
Der Priester stieg auf den Boden des Raumes hinab und schlurfte dem Barbaren entgegen.
Mißtrauisch wurde er dabei von Garibel beobachtet, dessen Hände nun jedoch gelb schimmerten, nicht mehr tödlich rot.
Morgana blickte zu ihm hin. Gelb, also, dachte sie. Garibel will ihn nicht töten, sondern nur betäuben, falls es notwendig sein sollte.
Auch der Priester hatte die Veränderung bemerkt und überging sie jedoch. Ob wissentlich oder nicht konnte Morgana nicht entscheiden.
"Einst war dieser Ort ein Tempel Zoas, der Göttin des Lebens. Doch dann kamen schwarze Männer, wie Euer Gefährte da, und brachten den Tod." flüsterte der Priester. Seine Hand deutete noch immer auf Barnabas. "Aus dem Tempel, der einst Leben spendete und Heilung, ist ein Ort des Todes geworden. Ich bin der letzte der Priester und Bewacher der heiligen Zoa."
Barnabas lief auf den Mann zu und viel vor ihm auf die Knie. "Ich nichts Böses." rief er. "Ich immer guter Mensch. Wird Göttin mich nun bestrafen?" Die Augen des Schwarzen quollen angsterfüllt aus den Höhlen.
Arnon trat neben den Einarmigen und legte seine Hand auf dessen Schulter. "Beruhige dich mein Freund.
Wenn sie das gewollt hätte, wärst du jetzt nicht mehr hier, sondern dort oben, neben Liron."
Barnabas war noch nicht beruhigt und seine Augen wanderten unstet zwischen dem Priester, Liron und dem Zwerg hin und her.
Ich muß nun einwerfen, daß Barnabas nie eine Schule besucht hatte und als Sklave kaum Bildung erlangte. Sprechen war unter Strafe verboten. Daher schwieg er meistens - und auch nach seiner Befreiung durch Chron. Wenn er etwas zu sagen hatte, kamen nur die abgehackten Sätze dabei heraus. Ohne mich jetzt loben zu wollen, aber etwas habe ich auch dazu beigetragen. Bei den zahlreichen Besuchen in meinem Heim haben wir uns immer mit der Sprache beschäftigt. Ich habe Barnabas auch das Lesen beigebracht. Na ja, ganze Schriftrollen kann er nicht verstehen, aber so einige Sätze oder Schilder stellen für ihn kein Problem mehr da. So nun zurück zu unserer Geschichte.
"Dich trifft keine Schuld, mein Sohn." sagte er. "Das geschah vor 40 Jahren. Seit dem ist der Ort verflucht. Jeder der von dem Licht angelockt wird, muß sterben und seinen Platz im Sand einnehmen. Doch ihr habt den Armen Seelen ihren Frieden gegeben."
Plötzlich verdunkelte sich der Himmel, die Pferde wieherten und zogen an ihren Zügel. Der Wind heulte. Blitze zuckten und Donner durchdrang die Luft und ließ die Grundmauern erzittern. Aus den Wolken formte sich ein Gesicht - grausam und böse.
Eine Stimme, so tief wie das Weite Meer, erscholl: "Niemand darf mir meine Seelen rauben! Kein
Sterblicher hat es jemals gewagt, mich ,Agimar, so herauszufordern."
Der Priester zitterte am ganzen Leib und auch unseren Freunden war nicht ganz geheuer.
"Ich werde dir folgen, Chron, und werde dich bald vernichten!"
Die Stimme verklang und das Unwetter zog ab.
Das war die erste Begegnung mit Agimar, dem Mächtigsten aller Zauberer, die je unser Land beherbergt hat.
"Agimar, schon bei dem Gedanken an ihn läuft es mir eiskalt den Rücken hinunter." flüsterte der Priester. " Einst war er ein Zauberer des Guten. Er lebte glücklich in Burgasen, unserer Hauptstadt, und studierte viel und eifrig. In seiner spärlichen Freizeit zog es ihn immer wieder zu den Elendsvierteln der Stadt, um dort die Not zu lindern. Seine Heilsprüche waren berühmt und wurden von ihm immer weiter verbessert."
Bei diesen Worten nickte Garibel. "Das stimmt. Agimar ist eine Legende unter uns."
Der Priester fuhr fort: "Nun, eines Tages trafen ihn viele Schicksalsschläge, die den armen Mann innerlich zerstörten. Seine Frau starb, kurz darauf sein Sohn. Eines seiner Experimente schlug fehl und die Versuchsperson, die sich freiwillig meldete, starb unter Qualen. Von da an verging der Stern des Agimar.
Er wurde aus der Gilde der Zauberer hinausgeworfen und aus der Stadt gejagt.
Keiner - nicht einmal die Armen, denen er immer so sehr geholfen hatte - hielt zu ihm und sein Herz zerbrach. Es wurde schwarz. Von dem Zeitpunkt an haßte er alle Menschen."
Chron unterbrach den Alten. "Du brauchst nicht weiter zu erzählen, Priester. Die grausamen Taten seiner Herrschaft kennen wir alle. Aber bis jetzt habe ich eigentlich geglaubt, daß er nur eine Legende ist. Daß der Zauberer noch leben soll. Unwahrscheinlich."
Garibel ging auf den Barbaren zu. "Nein, nicht unmöglich. Er muß einen Bund eingegangen sein, denn kein Sterblicher unter der Sonne könnte neben den Zwergen über 200 Jahre alt werden."
Der Priester nickte.
"Zweihundert Jahre," flüsterte Chron und schüttelte den Kopf. Seine Faust umschloß den Griff des Schwertes so fest, daß die Knöchel hervortraten.
Morgana unterbrach das Gespräch der Männer.
"Wenn du der Diener Zoas bist, kannst du deiner Göttin nicht um Beistand bitten und Liron wieder Leben schenken?"
Tränen traten ihn die Augen der Kämpferin. Tränen, der Trauer um einen Freund.
"Ich weiß nicht, ob ich den Zauber von Agimar brechen kann. Er ist mit dem Bösen im Bunde, und das Böse ist im Augenblick sehr mächtig in Largo. Ich kann nicht."
Morgana zog das Schwert. "Warum nicht? Ist das Leben eines Elfen nichts wert? Ist deine Göttin so grausam, daß sie nur ihren Kindern das Leben schenkt, keinen Fremden?"
"ICH KANN NICHT!" schrie der Priester.
Garibel hatte sich in aller Ruhe auf den Boden zu den Füßen des Elfen gesetzt. Seine Baß durchdrang plötzlich die Stille. "Darg na jeck. Nock narga, nor gier." rief er aus. Uralte Rituale und Worte formten
sich zu dem mächtigsten Zauber, den unsere Welt je gesehen hat - Der Zauber der Transformierung.
Totes wird wieder lebendig.
Dunkelblaue Strahlen schossen aus den Händen des Zauberers und hüllten die Überreste des Scouts ein.
Mit weiten Augen sahen die Gefährten auf das Schauspiel. Muskeln, Sehnen, Knorpel begannen sich um die bleichen Knochen über ihnen zu formen, sie zu umschließen. Die Organe setzten sich zusammen und das Herz begann wieder zu schlagen. Doch dann kamen die Vorgänge ins Stocken. Garibel begann am ganzen Körper zu zittern, Schweiß trat aus seinen Poren und benetzte den Sand. Der alte Zauberer verausgabte sich gänzlich.
Der Streit mit dem Priester war vergessen. Sorgenvoll blickten die kleine Gruppe nun auf Garibel.
Da trat der Priester an die Seite des Zauberers und rief Zoa an. Aus dem Körper des Mannes schoß weißes Licht in Richtung des Elfen und vereinte sich dort mit dem Blauen des Zaubers. Man konnte den Priester in dem Licht nicht mehr erkennen, doch jetzt ging die Verwandlung des Körpers schneller vonstatten und schon bald war Liron regeneriert.
Alle waren glücklich und freuten sich, als sie den Scout in die Arme schließen konnten. Besonders Barnabas konnte die Tränen nicht unterdrücken.
Doch als sich unsere Freunde bei dem Priester bedanken wollten, war an der Stelle, wo er einst gestanden hatte, nur noch seine Robe übrig.
"Das war es also," sagte Garibel. "Er hat sich für Liron aufgelöst. Er ist für seine Göttin gestorben."
Chron legte seine Hand auf die Schulter des Zauberers und meinte: "Nein, er hat Leben geschenkt."
So, meine Freunde, hier beende ich erst einmal die Geschichte. Doch weitere Abenteuer sollen Euch nicht verborgen bleiben.
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Re: Meine Geschichten

Beitrag von Alexandra »

GruftiHH hat geschrieben:Eine kürzere Fassung habe ich für einen Schreibworkshop eingereicht (8 Standardseiten), jetzt habe ich sie rund geschliffen und erweitert.
Schreibe doch lieber, worauf du bei der Überarbeitung den Schwerpunkt hattest oder was dich besonders daran interessiert.
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Re: Meine Geschichten

Beitrag von GruftiHH »

Alexandra hat geschrieben:
GruftiHH hat geschrieben:Eine kürzere Fassung habe ich für einen Schreibworkshop eingereicht (8 Standardseiten), jetzt habe ich sie rund geschliffen und erweitert.
Schreibe doch lieber, worauf du bei der Überarbeitung den Schwerpunkt hattest oder was dich besonders daran interessiert.
Im Schreibworkshop wurde kritisiert, dass es zu viele Personen sind, die eingeführt werden, dass es Szenen gibt, die überhaupt nichts miteinander zu tun haben etc.

Ich habe den "Endkampf" ausgeweitet, und auch die Personen besser beschrieben. Mir kam es darauf an, dass die Heldentruppe zwar eine typische Rollenspiel / Fantasy Truppe ist, die Personen aber doch anders. Der Barbar ist nicht dumb und gewalttätig etc - sprich von ihrer Art nicht typisch.

Man merkt ja schon, dass ich gerne erzähle. Ich stelle mir dann immer vor, dass man am Lagerfeuer sitzt und einfach die Geschichte wiedergibt.
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Re: Meine Geschichten

Beitrag von Alexandra »

Diese Typisierung in der Fantasy liegt mir nicht, also, mir persönlich nicht, aber dass du die Typen aufgreifen und dann vertiefen wolltest, das habe ich schon erkannt. Zur Mitte hin wurde es mir aber ein zu großer Haufen Text.
Vielleicht könntest du das "Foregrounding" erstärken - kürzere Textabschnitte, deren Beginn jeweils den Fokus auf genau das Element richtet, dass du jeweils betonen möchtest.
Dadurch hättest du erstens die Übersichtlichkeit und zweitens die Abwechslung.
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Re: Meine Geschichten

Beitrag von Alexandra »

Ich hoffe, das klang jetzt nicht zu negativ.
Das mit dem Erzählen am Lagerfeuer passt schon. :D
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Beitrag von GruftiHH »

Nee, alles gut. Ich bin nur noch immer am googlen mit "Foregrounding" - so ein neumodischer Kram. :rofl:
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Re: Meine Geschichten

Beitrag von Alexandra »

Ach so. Mein Anglistikprof liebte das Wort.
Es heißt einfach, dass du eine klare, übersichtliche Oberflächenstruktur schaffst aus Elementen, die der Leser sofort aufschnappt.
Wobei diese natürlich der Tiefenstruktur, Atmosphäre, Aussage usw. entsprechen müssen, damit diese den Text dann weiter anschieben und eben vertiefen. Bei guten Texten jedenfalls.
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Re: Meine Geschichten

Beitrag von GruftiHH »

Das bedeutet also, kürzere, knappere Sätze, die Beschreibungen z.B. der Räumlichkeiten aufteilen. Aha. Wie beim Video: Früher waren wie Musikvideo-abschnitte länger, heute ziemlich kurz und mit vielen Schnitten versehen.

Das werde ich dann bei der Perry Geschichte berücksichtigen.

Siehste. DAS ist konstruktive Kritik.

Danke.
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Re: Meine Geschichten

Beitrag von GruftiHH »

Eigentlich wollte ich ja nur Wochenweise hier was reinschreiben. Aber die ist gerade an diesem Wochenende fertig geworden. Und da wollte ich mal was "neues" reinstellen. Vielleicht gibt es ja schon Veränderungen zu meinen früheren Werken. (Hoffe ich :unsure: )

Dieses Jahr ist ja 70 Jahre Kriegsende des 2. Weltkrieges..... und ich habe mir gedacht, das Krieg zu allen Zeiten schrecklich war. Und das Eltern und ihre Kinder so ihre Sorgen miteinander hatten. Auch um das Jahr 1806 herum.

Mutter und Sohn
Spoiler:
Das entfernte Donnern von Kanonenschüssen drang an das Ohr der Frau, die gerade für den Jungen am Tisch Abendessen zubereitete. Mit jedem Schuss zuckte die Frau zusammen. Ihr Sohn am Tisch bemerkte davon nichts. Er sah mit glasigem Blick hinaus aus dem Fenster. Dort unten auf der Straße marschierte gerade ein Trupp Soldaten, mit sauberen Uniformen und gewichsten Stiefeln, die ein monotones Trommeln auf dem Asphalt verursachten, und aufgezogenen Bajonetten, und der Junge blickte voller Sehnsucht auf sie herab.
Seine Augen füllten sich mit Tränen und die Stimme zitterte als er sprach: „ Warum darf ich nicht mit den da unten gehen?“
Darauf hatte seine Mutter nur gewartet. Bevor sie ihrem Sohn antwortete ging sie zur Spüle, wusch sich die Hände und blickte in den verblassenden Spiegel. Die Frau, die sie aus dem Spiegel mit tief geränderten Augen ansah, konnte unmöglich sie sein. Die Frau dort war mindestens 50 Jahre oder älter und musste eine Menge durchgemacht haben.
Mit einem Seufzer drehte sie sich um und sah ihren Sohn traurig an. Es musste ja eines Tages so weit sein, dachte sie. Jürgen ist jetzt 16 Jahre alt und meint erwachsen zu sein.
„Dafür bist du noch viel zu jung,“ antwortete sie und setzte sich zu ihrem Sohn.
Ihre Blicke trafen sich und beide sahen in zwei traurige Augen, jedoch nicht aus dem selben Grund.
„Bin ich nicht,“ kam es prompt zurück. „Klaus aus dem Nachbarhaus ist schon fort und viele meiner Klassenkameraden auch.“
„Klaus ist schon achtzehn,“ sagte die Mutter,“ und außerdem zwei mal in der Schule nicht versetzt worden.“
Jürgen blickte wieder hinaus aus dem Fenster und sah gerade noch, wie der letzte Soldat um die Ecke „Wilhelmstr.“ / „Kastanienweg“ bog. Die Augen seiner Mutter folgten dem Sohn und beide vergaßen für einen Augenblick das Gespräch um sich zu sammeln. Seit dieser Franzose Napoleon Kaiser geworden ist und den Krieg angefangen hatte, war das Leben nicht mehr so wie Früher. Es war alles anders geworden. Die Franzosen waren jetzt schon über den Rhein und auf dem Weg, daß ganze Land zu erobern.
„Thomas ist auch bei den Soldaten.“
Die Worte drangen an ihr Ohr und führten zu einem fahlen Nachgeschmack im Mund.
„Das ist richtig. Aber wir wissen nicht, was aus ihm geworden ist.“
Ihr Sohn, bei den Soldaten. Kanonier wollte er werden und es den Franzosen zeigen.
„Wir haben schon seit Monaten keine Nachricht erhalten.“
Jürgen stand auf und haute mit der Faust auf den Tisch.
„Genau!“, brüllte er. „Und deshalb muss ich dort hinaus!“ Der Junge deutete mit der anderen Hand auf das Fenster während er seine Worte mit dem Trommel der anderen Handfläche auf der Tischplatte unterstützte. „Glaubst du etwa, ich denke nicht an Thomas. Ich vermisse ihn genauso wie du. Aber ich kann doch nicht zusehen, wie alle meine Freunde ins Feld ziehen und den Feind bekämpfen, nur ich nicht.“
Er ist ebenso wie du gealtert, Hermine, dachte die Mutter. Da bist du nicht der einzige. Aus dem Mund deines Sohnes spricht kein 16jähriger. Die Frau zuckte schluchzend zusammen.
„Schrei nicht so...“ flüsterte sie. „Es reicht schon, wenn ich dieses Gedonner aus der Ferne hören muss. Im Übrigen, so spricht man nicht mit seiner Mutter.“
Das war klar. Es fängt wieder an, dachte Jürgen und verdrehte die Augen. Immer die gleiche Leier.
„Wenn Vater noch leben würde, hätte er dir schon längst den Hosenboden strammgezogen.....“
„... und dann währst du ohne Abendessen ins Bett.“ vollendete Jürgen den Satz. „Ich weiß, Mutter.“ Seine Stimme tropfte vor Hohn und sein Blick sprach Bände.
Plötzlich brach seine Mutter am Tisch weinend zusammen, und Jürgen bereute seine Worte schon wieder.
„Weine nicht, Mutter,“ sagte er und legte seinen Arm um die Schultern von Hermine. „Versteh‘ mich doch bitte. Ich muss Vater rächen und Thomas finden. Willst du denn nicht wissen, was aus ihm geworden ist.“
„Ich will dich nicht verlieren! Du bist doch alles, was ich habe. Dieser Krieg, dieser verdammte Krieg.“ Die letzten Worte waren nur ein Hauch klein und drangen nur schwer an das Ohr des Jungen.
Dieser sah‘ seine Mutter nicht an. Fast schien es so, als habe er Angst davor, seine Mutter jetzt so zu verletzen. Doch es musste sein.
„Ich werde gehen!“ rief Jürgen aus und stürmte in sein Zimmer. Die Tür flog zu und die Frau am Küchentisch war allein.
Wir sind wirklich im Krieg, dachte Hermine als sie mit gebeugtem Rücken vom Tisch aufstand. Nur bekämpfen wir uns gegenseitig und nicht die Franzosen. Mit Worten zwar, aber irgendwie ist es ein Kampf.
Währenddessen öffnete Jürgen seinen Schrank und entnahm ihm einen Sack mit Wäsche, den er schon vorbereitet hatte. Er war fest entschlossen. Diesmal würde es klappen. Der Junge hatte es sich schon mehrmals vorgenommen, und das Gespräch vorhin war auch bei Weiten nicht das Erste gewesen, dass vom Weggehen handelte.
Mutter ist verbittert und lebt in der Vergangenheit. Diesmal wird sie mich nicht aufhalten.
Aus der Küche hörte er das klappern von Töpfen das Geraune seiner Mutter. Von der Straße aus drangen wieder die schweren Stiefel auf dem Asphalt an sein Ohr. Jürgen ging zum Fenster. Er öffnete es und beugte sich hinaus, so dass er den Blick frei auf die Soldaten hatte.
Jürgen winkte den Soldaten zu und rief: „Zeigt es den Franzosen!“ Er lächelte und fuchtelte mit den Armen. Für einen kurzen Augenblick war er dort unten in seiner schicken Uniform und mit gewichsten Stiefeln.
Doch die Traumwelt wurde durch einen Geruch unterbrochen. Der Hauch drang tief ihn seine Nase und seine Gedanken ein. Jürgen schloss die Augen. Es war die Kohlsuppe seiner Mutter, die ihn zurückholte. Wie mechanisch öffnete er die Schranktür, legte den Sack hinein und machte sie wieder zu. Nein er konnte Mutter noch nicht verlassen. Noch nicht. Er öffnete die Tür und Hermine sah ihn lächelnd an.
Jetzt hat sie wieder gewonnen, dachte ihr Sohn und sah sie trotzig an. Doch das Lächeln verschwand nicht.
„Jürgen, setzt dich mal bitte und nimm dir Suppe,“ sagte Hermine und lächelte noch immer. Dieses Lächeln und der Glanz in ihren Augen machten Jürgen nervös, und er spürte wie wieder der alte Ärger ihn ihm aufzusteigen begann.
Sie weiß es, diese elende, weiß es, dass sie gewonnen hat.
„Ich habe mir überlegt, dass du nächstes Jahr die Schule beendet haben wirst,“ nahm Hermine den Faden ihres Gespräches wieder auf; die erste Kelle Suppe auffüllend.
„Danach kannst du meinetwegen in den Krieg ziehen.“ Die zweite Kelle wurde aufgefüllt.
Jürgen blickte seine Mutter mit großen Augen an.
„Wie kommst du denn jetzt darauf,“ stammelte er.
Hermine schmunzelte: „Ich kann dich nicht mehr lange an mich binden, dass ist mir klar. Du bist älter geworden, wir alle sind durch den Krieg älter geworden. Darum schlage ich dir diesen Kompromiss vor.“
Jürgen sprang auf, die dritte Kelle schwappte auf den Tisch, und umarmte seine Mutter herzlich.
„Aber drei Bedingungen habe ich noch...“ meinte Hermine.
Ihr Sohn sah sie fragend an.
„Erstens: Mach einen guten Schulabschluss. Zweitens: Finde deinen Bruder. Und Drittens: Iß deine Suppe, sie wird sonst kalt.“
Jürgen lachte auf und schon bald entlud sich die Spannung ihm Raum in einem gemeinsamen Lachen, dass jedoch nicht befreit klang, eher wie ein Hilfeschrei........
*
Auf der Straße hörte ein Soldat das Lachen und dachte: Warum muss ich ihn den Krieg ziehen und kann nicht so sein wie der Junge eben. So befreit lachend und fröhlich.... und bei seinen Eltern.
* Am Ende des Regensbogen sehen wir uns wieder. *
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Re: Meine Geschichten

Beitrag von Alexandra »

GruftiHH hat geschrieben:Das bedeutet also, kürzere, knappere Sätze, die Beschreibungen z.B. der Räumlichkeiten aufteilen. Aha. Wie beim Video: Früher waren wie Musikvideo-abschnitte länger, heute ziemlich kurz und mit vielen Schnitten versehen.

Das werde ich dann bei der Perry Geschichte berücksichtigen.

Siehste. DAS ist konstruktive Kritik.

Danke.
Weiß ich gar nicht.
Die langen Sätze machen schon paar Leuten Probleme.
Und bei vielen Schnitten kann man auch ziemlich wirr werden.
Manche Autoren verwenden Satzrhythmen zur Rhythmisierung des Textes, die binden den Leser, vermitteln Stimmung.
Da wären dann noch Leitmotive oder Wortfelder, die kann man z.B. an eine schnell erfassbare Position bauen.
Oder Attribute, die die Personen immer haben. Essen, begehrenswerte Gegenstände...was von den schnelleren Teilen des Gehirns erfasst wird.
Vom Analysieren her weiß ich das gleich, das Selberbauen ist aber ein anderes Paar Schuhe.
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Re: Meine Geschichten

Beitrag von Alexandra »

[quote="GruftiHH"]
Mutter und Sohn
Spoiler:
Das entfernte Donnern von Kanonenschüssen drang an das Ohr der Frau, die gerade für den Jungen am Tisch Abendessen zubereitete. Mit jedem Schuss zuckte die Frau zusammen. Ihr Sohn am Tisch bemerkte davon nichts. Er sah mit glasigem Blick hinaus aus dem Fenster. Dort unten auf der Straße marschierte gerade ein Trupp Soldaten, mit sauberen Uniformen und gewichsten Stiefeln, die ein monotones Trommeln auf dem Asphalt verursachten, und aufgezogenen Bajonetten, und der Junge blickte voller Sehnsucht auf sie herab.
Seine Augen füllten sich mit Tränen und die Stimme zitterte als er sprach: „ Warum darf ich nicht mit den da unten gehen?“
Darauf hatte seine Mutter nur gewartet. Bevor sie ihrem Sohn antwortete ging sie zur Spüle, wusch sich die Hände und blickte in den verblassenden Spiegel. Die Frau, die sie aus dem Spiegel mit tief geränderten Augen ansah, konnte unmöglich sie sein. Die Frau dort war mindestens 50 Jahre oder älter und musste eine Menge durchgemacht haben.
Mit einem Seufzer drehte sie sich um und sah ihren Sohn traurig an. Es musste ja eines Tages so weit sein, dachte sie. Jürgen ist jetzt 16 Jahre alt und meint erwachsen zu sein.
„Dafür bist du noch viel zu jung,“ antwortete sie und setzte sich zu ihrem Sohn.
Ihre Blicke trafen sich und beide sahen in zwei traurige Augen, jedoch nicht aus dem selben Grund.
„Bin ich nicht,“ kam es prompt zurück. „Klaus aus dem Nachbarhaus ist schon fort und viele meiner Klassenkameraden auch.“
„Klaus ist schon achtzehn,“ sagte die Mutter,“ und außerdem zwei mal in der Schule nicht versetzt worden.“
Jürgen blickte wieder hinaus aus dem Fenster und sah gerade noch, wie der letzte Soldat um die Ecke „Wilhelmstr.“ / „Kastanienweg“ bog. Die Augen seiner Mutter folgten dem Sohn und beide vergaßen für einen Augenblick das Gespräch um sich zu sammeln. Seit dieser Franzose Napoleon Kaiser geworden ist und den Krieg angefangen hatte, war das Leben nicht mehr so wie Früher. Es war alles anders geworden. Die Franzosen waren jetzt schon über den Rhein und auf dem Weg, daß ganze Land zu erobern.
„Thomas ist auch bei den Soldaten.“
Die Worte drangen an ihr Ohr und führten zu einem fahlen Nachgeschmack im Mund.
„Das ist richtig. Aber wir wissen nicht, was aus ihm geworden ist.“
Ihr Sohn, bei den Soldaten. Kanonier wollte er werden und es den Franzosen zeigen.
„Wir haben schon seit Monaten keine Nachricht erhalten.“
Jürgen stand auf und haute mit der Faust auf den Tisch.
„Genau!“, brüllte er. „Und deshalb muss ich dort hinaus!“ Der Junge deutete mit der anderen Hand auf das Fenster während er seine Worte mit dem Trommel der anderen Handfläche auf der Tischplatte unterstützte. „Glaubst du etwa, ich denke nicht an Thomas. Ich vermisse ihn genauso wie du. Aber ich kann doch nicht zusehen, wie alle meine Freunde ins Feld ziehen und den Feind bekämpfen, nur ich nicht.“
Er ist ebenso wie du gealtert, Hermine, dachte die Mutter. Da bist du nicht der einzige. Aus dem Mund deines Sohnes spricht kein 16jähriger. Die Frau zuckte schluchzend zusammen.
„Schrei nicht so...“ flüsterte sie. „Es reicht schon, wenn ich dieses Gedonner aus der Ferne hören muss. Im Übrigen, so spricht man nicht mit seiner Mutter.“
Das war klar. Es fängt wieder an, dachte Jürgen und verdrehte die Augen. Immer die gleiche Leier.
„Wenn Vater noch leben würde, hätte er dir schon längst den Hosenboden strammgezogen.....“
„... und dann währst du ohne Abendessen ins Bett.“ vollendete Jürgen den Satz. „Ich weiß, Mutter.“ Seine Stimme tropfte vor Hohn und sein Blick sprach Bände.
Plötzlich brach seine Mutter am Tisch weinend zusammen, und Jürgen bereute seine Worte schon wieder.
„Weine nicht, Mutter,“ sagte er und legte seinen Arm um die Schultern von Hermine. „Versteh‘ mich doch bitte. Ich muss Vater rächen und Thomas finden. Willst du denn nicht wissen, was aus ihm geworden ist.“
„Ich will dich nicht verlieren! Du bist doch alles, was ich habe. Dieser Krieg, dieser verdammte Krieg.“ Die letzten Worte waren nur ein Hauch klein und drangen nur schwer an das Ohr des Jungen.
Dieser sah‘ seine Mutter nicht an. Fast schien es so, als habe er Angst davor, seine Mutter jetzt so zu verletzen. Doch es musste sein.
„Ich werde gehen!“ rief Jürgen aus und stürmte in sein Zimmer. Die Tür flog zu und die Frau am Küchentisch war allein.
Wir sind wirklich im Krieg, dachte Hermine als sie mit gebeugtem Rücken vom Tisch aufstand. Nur bekämpfen wir uns gegenseitig und nicht die Franzosen. Mit Worten zwar, aber irgendwie ist es ein Kampf.
Währenddessen öffnete Jürgen seinen Schrank und entnahm ihm einen Sack mit Wäsche, den er schon vorbereitet hatte. Er war fest entschlossen. Diesmal würde es klappen. Der Junge hatte es sich schon mehrmals vorgenommen, und das Gespräch vorhin war auch bei Weiten nicht das Erste gewesen, dass vom Weggehen handelte.
Mutter ist verbittert und lebt in der Vergangenheit. Diesmal wird sie mich nicht aufhalten.
Aus der Küche hörte er das klappern von Töpfen das Geraune seiner Mutter. Von der Straße aus drangen wieder die schweren Stiefel auf dem Asphalt an sein Ohr. Jürgen ging zum Fenster. Er öffnete es und beugte sich hinaus, so dass er den Blick frei auf die Soldaten hatte.
Jürgen winkte den Soldaten zu und rief: „Zeigt es den Franzosen!“ Er lächelte und fuchtelte mit den Armen. Für einen kurzen Augenblick war er dort unten in seiner schicken Uniform und mit gewichsten Stiefeln.
Doch die Traumwelt wurde durch einen Geruch unterbrochen. Der Hauch drang tief ihn seine Nase und seine Gedanken ein. Jürgen schloss die Augen. Es war die Kohlsuppe seiner Mutter, die ihn zurückholte. Wie mechanisch öffnete er die Schranktür, legte den Sack hinein und machte sie wieder zu. Nein er konnte Mutter noch nicht verlassen. Noch nicht. Er öffnete die Tür und Hermine sah ihn lächelnd an.
Jetzt hat sie wieder gewonnen, dachte ihr Sohn und sah sie trotzig an. Doch das Lächeln verschwand nicht.
„Jürgen, setzt dich mal bitte und nimm dir Suppe,“ sagte Hermine und lächelte noch immer. Dieses Lächeln und der Glanz in ihren Augen machten Jürgen nervös, und er spürte wie wieder der alte Ärger ihn ihm aufzusteigen begann.
Sie weiß es, diese elende, weiß es, dass sie gewonnen hat.
„Ich habe mir überlegt, dass du nächstes Jahr die Schule beendet haben wirst,“ nahm Hermine den Faden ihres Gespräches wieder auf; die erste Kelle Suppe auffüllend.
„Danach kannst du meinetwegen in den Krieg ziehen.“ Die zweite Kelle wurde aufgefüllt.
Jürgen blickte seine Mutter mit großen Augen an.
„Wie kommst du denn jetzt darauf,“ stammelte er.
Hermine schmunzelte: „Ich kann dich nicht mehr lange an mich binden, dass ist mir klar. Du bist älter geworden, wir alle sind durch den Krieg älter geworden. Darum schlage ich dir diesen Kompromiss vor.“
Jürgen sprang auf, die dritte Kelle schwappte auf den Tisch, und umarmte seine Mutter herzlich.
„Aber drei Bedingungen habe ich noch...“ meinte Hermine.
Ihr Sohn sah sie fragend an.
„Erstens: Mach einen guten Schulabschluss. Zweitens: Finde deinen Bruder. Und Drittens: Iß deine Suppe, sie wird sonst kalt.“
Jürgen lachte auf und schon bald entlud sich die Spannung ihm Raum in einem gemeinsamen Lachen, dass jedoch nicht befreit klang, eher wie ein Hilfeschrei........
*
Auf der Straße hörte ein Soldat das Lachen und dachte: Warum muss ich ihn den Krieg ziehen und kann nicht so sein wie der Junge eben. So befreit lachend und fröhlich.... und bei seinen Eltern.
Wir sind vom Klassik-Thread her schon ein wenig aufeinander eingespielt, deshalb gebe ich dir meine Anmerkungen als Notizen.
Also:
Die Geschichte ist meines Erachtens bisher deine beste.
Wobei die mit dem Barbaren schon auch Stimmung hat, aber mit diesen Fantasy-Stereo-Typen kann mich keiner hinterm Ofen vorlocken.
Höchstens Terry Pratchett...und der ist tot.
Die 50 würde ich rausnehmen, damals alterten die Leute schneller. Beschreibe lieber die grauen Strähnen, die Tränensäcke unter den Augen, die scharf gewordenen Falten...
16 ist gut.
„jedoch nicht aus demselben Grund“ - umformulieren.
„Wilhelmstr.“ / „Kastanienweg“ ohne Gänsefüsschen, unbedingt ausschreiben.
Das Brüllen kommt mir zu unvermittelt.
„nicht die einzige“, oder?
„Die Frau zuckte schluchzend zusammen.“ - überarbeiten
„ Mit Worten zwar, aber irgendwie ist es ein Kampf. „ - „irgendwie“ ist ein ganz modernes Wort. Genauer!
„Währe“ - wäre
„...er den Blick frei auf die Soldaten hatte“ Im I-Net gibt es Material, beschreibe die feschen Uniformen anschaulicher. Dann versteht man gleich, was er empfindet.
„diese elende“, - Namenwort
Sehr gut die Struktur mit den beiden Dreierreihen!!
„Jürgen lachte auf und schon bald entlud sich die Spannung ihm Raum in einem gemeinsamen Lachen, dass jedoch nicht befreit klang, eher wie ein Hilfeschrei........ „ - subtiler formulieren.
Gut die perspektivische Brechung gegen Ende!
Grüße,
Alexandra
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GruftiHH
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Re: Meine Geschichten

Beitrag von GruftiHH »

Hallo Alexandra,

danke für die Tipps. Ich werde die Geschichte nach der Bearbeitung hier noch einmal reinstellen.

:)
* Am Ende des Regensbogen sehen wir uns wieder. *
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Klaus N. Frick
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Re: Meine Geschichten

Beitrag von Klaus N. Frick »

GruftiHH hat geschrieben:Eigentlich wollte ich ja nur Wochenweise hier was reinschreiben. Aber die ist gerade an diesem Wochenende fertig geworden. Und da wollte ich mal was "neues" reinstellen. Vielleicht gibt es ja schon Veränderungen zu meinen früheren Werken. (Hoffe ich :unsure: )

Ich habe leider nicht die Zeit, mich intensiv um die Texte zu kümmern, möchte mich aber ab und zu beteiligen. Hier einfach mal ein Satz herausgegriffen, der nicht viel spoilert. Du schreibst:

Seine Augen füllten sich mit Tränen und die Stimme zitterte als er sprach: „ Warum darf ich nicht mit den da unten gehen?“

Da würde ich einfach mal die Satzzeichen korrekter setzen – und schon ist er besser:

Seine Augen füllten sich mit Tränen, und die Stimme zitterte, als er sprach: „ Warum darf ich nicht mit den da unten gehen?“

Gehe ich dann näher an diesen Satz ran, möchte ich das Wort »sprach« kritisch betrachten. Wenn jemand »spricht«, hat das immer einen »höheren« Wert, es klingt wie bei einer Rede oder einer Ansprache. Hier solltest Du das Wort »sagte« verwenden, das ist passender. Die »als«-Konstruktion brauchst Du m.E. ebenfalls nicht. Ich schlage Dir mal einen neuen Versuch des Satzes vor:

Seine Augen füllten sich mit Tränen. »Warum darf ich nicht mit den da unten gehen?«, fragte er mit zitternder Stimme.
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HOT
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Re: Meine Geschichten

Beitrag von HOT »

Wow, GrufftiHH, gefällt mir sehr gut!
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Re: Meine Geschichten

Beitrag von GruftiHH »

Ich habe mir die Kritik von Alexandra und Klaus zu Herzen genommen und die Geschichte aufgearbeitet. Hier das Resultat. Ich hoffe sie gefällt Euch.
Spoiler:
Das entfernte Donnern von Kanonenschüssen drang an das Ohr der Frau, die gerade für den Jungen am Tisch Abendessen zubereitete. Mit jedem Schuss zuckte die Frau zusammen. Ihr Sohn am Tisch bemerkte davon nichts. Er sah mit glasigem Blick hinaus aus dem Fenster. Dort unten auf der Straße marschierte gerade ein Trupp Soldaten, mit sauberen Uniformen und gewichsten Stiefeln, die ein monotones Trommeln auf dem Asphalt verursachten, und aufgezogenen Bajonetten, und der Junge blickte voller Sehnsucht auf sie herab.
Seine Augen füllten sich mit Tränen. »Warum darf ich nicht mit den da unten gehen?«, fragte er mit zitternder Stimme.
Darauf hatte seine Mutter nur gewartet. Bevor sie ihrem Sohn antwortete ging sie zur Spüle, wusch sich die Hände und blickte in den verblassenden Spiegel. Die Frau, die sie aus dem Spiegel mit tief geränderten Augen ansah, konnte unmöglich sie sein. Die Frau dort hatte wirre, ergraute Haare und einen gehetzten Blick, vom Krieg gezeichnet.
Mit einem Seufzer drehte sie sich um und sah ihren Sohn traurig an. Es musste ja eines Tages so weit sein, dachte sie. Jürgen ist jetzt 16 Jahre alt und meint erwachsen zu sein.
„Dafür bist du noch viel zu jung,“ antwortete sie und setzte sich zu ihrem Sohn.
Ihre Blicke trafen sich und beide sahen in zwei traurige, tränengefüllte Augen, deren Ursprung unterschiedliche nicht sein konnten.
„Bin ich nicht,“ kam es prompt zurück. „Klaus aus dem Nachbarhaus ist schon fort und viele meiner Klassenkameraden auch.“
„Klaus ist schon achtzehn,“ sagte die Mutter,“ und außerdem zweimal in der Schule nicht versetzt worden.“
Jürgen blickte wieder hinaus aus dem Fenster und sah gerade noch, wie der letzte Soldat um die Ecke Wilhelmstrasse / „Kastanienweg“ bog. Die Augen seiner Mutter folgten dem Sohn und beide vergaßen für einen Augenblick das Gespräch um sich zu sammeln. Seit dieser Franzose Napoleon Kaiser geworden ist und den Krieg angefangen hatte, war das Leben nicht mehr so wie Früher. Es war alles anders geworden. Die Franzosen waren jetzt schon über den Rhein und auf dem Weg, daß ganze Land zu erobern.
„Thomas ist auch bei den Soldaten.“
Die Worte drangen an ihr Ohr und führten zu einem fahlen Nachgeschmack im Mund.
„Das ist richtig. Aber wir wissen nicht, was aus ihm geworden ist.“
Ihr Sohn, bei den Soldaten. Kanonier wollte er werden und es den Franzosen zeigen.
„Wir haben schon seit Monaten keine Nachricht erhalten.“
Jürgens Gedanken schweifen ab. Er sieht eine Blut befleckte die Uniform, die um eine unförmige Masse Fleisch lag.
Jürgen stand auf und haute mit der Faust auf den Tisch.
„Genau!“, brüllte er. „Und deshalb muss ich dort hinaus!“ Der Junge deutete mit der anderen Hand auf das Fenster während er seine Worte mit dem Trommel der anderen Handfläche auf der Tischplatte unterstützte. „Glaubst du etwa, ich denke nicht an Thomas? Ich vermisse ihn genauso wie du. Auch hoffe ich, dass er noch lebt. Aber ich kann doch nicht zusehen, wie alle meine Freunde ins Feld ziehen und den Feind bekämpfen, nur ich nicht.“
Er ist ebenso wie du gealtert, Hermine, dachte die Mutter. Da bist du nicht die Einzige. Aus dem Mund deines Sohnes spricht kein 16jähriger.
Ihre Schultern sackten nach unten.
„Schrei nicht so...“ flüsterte sie. „Es reicht schon, wenn ich dieses Gedonner aus der Ferne hören muss. Im Übrigen, so spricht man nicht mit seiner Mutter.“
Das war klar. Es fängt wieder an, dachte Jürgen und verdrehte die Augen. Immer die gleiche Leier.
„Wenn Vater noch leben würde, hätte er dir schon längst den Hosenboden strammgezogen.....“
„... und dann währst du ohne Abendessen ins Bett.“ vollendete Jürgen den Satz. „Ich weiß, Mutter.“ Seine Stimme tropfte vor Hohn und sein Blick sprach Bände.
Plötzlich brach seine Mutter am Tisch weinend zusammen, und Jürgen bereute seine Worte schon wieder.
„Weine nicht, Mutter,“ sagte er und legte seinen Arm um die Schultern von Hermine. „Versteh‘ mich doch bitte. Ich muss Vater rächen und Thomas finden. Willst du denn nicht wissen, was aus ihm geworden ist.“
„Ich will dich nicht verlieren! Du bist doch alles, was ich habe. Dieser Krieg, dieser verdammte Krieg.“ Die letzten Worte waren nur ein Hauch klein und drangen nur schwer an das Ohr des Jungen.
Dieser sah‘ seine Mutter nicht an. Fast schien es so, als habe er Angst davor, seine Mutter jetzt so zu verletzen. Doch es musste sein.
„Ich werde gehen!“ rief Jürgen aus und stürmte in sein Zimmer. Die Tür flog zu und die Frau am Küchentisch war allein.
Wir sind wirklich im Krieg, dachte Hermine als sie mit gebeugtem Rücken vom Tisch aufstand. Nur bekämpfen wir uns gegenseitig und nicht die Franzosen. Mit Worten als Waffen.
Währenddessen öffnete Jürgen seinen Schrank und entnahm ihm einen Sack mit Wäsche, den er schon vorbereitet hatte. Er war fest entschlossen. Diesmal würde es klappen. Der Junge hatte es sich schon mehrmals vorgenommen, und das Gespräch vorhin war auch bei Weiten nicht das Erste gewesen, dass vom Weggehen handelte.
Mutter ist verbittert und lebt in der Vergangenheit. Diesmal wird sie mich nicht aufhalten.
Aus der Küche hörte er das klappern von Töpfen das Geraune seiner Mutter. Von der Straße aus drangen wieder die schweren Stiefel auf dem Asphalt an sein Ohr. Jürgen ging zum Fenster. Er öffnete es und beugte sich hinaus, so dass er den Blick frei auf die Soldaten hatte.
Diese schnicken Uniformen in Blau und Grau. Dazu die schwarzen Großen Mützen, die weißen Gürtel und die Gewehre mit Bajonett, bereit für die Franzosen.

Jürgen winkte den Soldaten zu und rief: „Zeigt es den Franzosen!“ Er lächelte und fuchtelte mit den Armen. Für einen kurzen Augenblick war er dort unten in seiner schicken Uniform und mit gewichsten Stiefeln.
Doch die Traumwelt wurde durch einen Geruch unterbrochen. Der Hauch drang tief ihn seine Nase und seine Gedanken ein. Jürgen schloss die Augen. Es war die Kohlsuppe seiner Mutter, die ihn zurückholte. Wie mechanisch öffnete er die Schranktür, legte den Sack hinein und machte sie wieder zu. Nein er konnte Mutter noch nicht verlassen. Noch nicht. Er öffnete die Tür und Hermine sah ihn lächelnd an.
Jetzt hat sie wieder gewonnen, dachte ihr Sohn und sah sie trotzig an. Doch das Lächeln verschwand nicht.
„Jürgen, setzt dich mal bitte und nimm dir Suppe,“ sagte Hermine und lächelte noch immer. Dieses Lächeln und der Glanz in ihren Augen machten Jürgen nervös, und er spürte wie wieder der alte Ärger ihn ihm aufzusteigen begann.
Sie weiß es, diese elende, weiß es, dass sie gewonnen hat.
„Ich habe mir überlegt, dass du nächstes Jahr die Schule beendet haben wirst,“ nahm Hermine den Faden ihres Gespräches wieder auf; die erste Kelle Suppe auffüllend.
„Danach kannst du meinetwegen in den Krieg ziehen.“ Die zweite Kelle wurde aufgefüllt.
Jürgen blickte seine Mutter mit großen Augen an.
„Wie kommst du denn jetzt darauf?“ stammelte er.
Hermine schmunzelte: „Ich kann dich nicht mehr lange an mich binden, das ist mir klar. Du bist älter geworden, wir alle sind durch den Krieg älter geworden. Darum schlage ich dir diesen Kompromiss vor.“
Jürgen sprang auf, die dritte Kelle schwappte auf den Tisch, und umarmte seine Mutter herzlich.
„Aber drei Bedingungen habe ich noch...“ meinte Hermine.
Ihr Sohn sah sie fragend an.
„Erstens: Mach einen guten Schulabschluss. Zweitens: Finde deinen Bruder. Und Drittens: Iss deine Suppe, sie wird sonst kalt.“
Als Jürgen sich über den Teller beugte fingen seine Schultern plötzlich an zu zittern. Seine Mutter schaue ihn fragend an. Und dann lachten beide, die Spannung im Raum verflog. Doch es war irgendwie nicht befreiend, eher wie ein Hilfeschrei.
*
Auf der Straße hörte ein Soldat das Lachen und dachte: Warum muss ich ihn den Krieg ziehen und kann nicht so sein wie der Junge eben. So befreit lachend und fröhlich.... und bei seinen Eltern.
* Am Ende des Regensbogen sehen wir uns wieder. *
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Re: Meine Geschichten

Beitrag von Croco »

Hallo GruftiHH!

Also, mir gefällt die Fantasy-Geschichte sehr gut. Du hast - finde ich - einen schönen Erzählstil. Abgesehen davon, dass ich zum Lesen natürlich meine Augen benutze, lese (und schreibe, falls es mal dazu kommt, würde mich echt jucken) ich doch eher mit meinem Bauch als mit meinem Hirn, wenn Du verstehst, was ich meine.

Ich könnte nie so treffend analysieren wie Alexandra, drum lass ich dass dann auch. Aber gefühlsmässig kann ich mich sehr schön in die Szenen hineinversetzen. Da entsteht wirklich Kopfkino. Auch die Beschreibung der Umgebung, der Landschaft etc. find ich absolut okay (sonst wär's Essig mit Kopfkino).

Die Geschichte selbst ist vielleicht ein wenig zu positiv, aber das ist wohl Ausdruck Deines Charakters, ich glaube, Du bist auch ein positiv denkender Mensch. Chron ist viel netter als Conan, Kane oder auch Raven, auch die anderen Protagonisten könnte ich mir sehr gut auch beim Blumenpflücken vorstellen. Wie weit sie sich mit mächtigen bösen Magieren einlassen sollten, weiß ich nicht. Aber vielleicht gewinnen sie mit der Kraft ihrer Herzen, und das wäre ja eine schöne Botschaft!

Hast Du eigentlich die Geschichte (also die Vita) der Protagonisten in Deinem Hinterkopf? Ich glaube, dass viele Geschichten, die es zu Helden zu erzählen gäbe, niemals geschrieben werden sondern nur in den Köpfen der Autoren existieren und dazu dienen, die Figur zu formen. Wie gesagt, sind keine Geschichten, die erzählt werden. Sie sind einfach da. Ich kann mich aber auch täuschen... :unsure:

Wie gesagt, mir hat die Geschichte um Chron und seine Kameraden sehr gut gefallen, da war Atmosphäre drin. Ich konnte fast den Wüstensand riechen...

Und die Schar ist schön bunt zusammengewürfelt. Sowas macht doch Lust auf mehr! :st:

Ich hoffe, Du schreibst weiter!

Ich jedenfalls warte schon...

Liebe Grüße aus Wien!
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Re: Meine Geschichten

Beitrag von Alexandra »

Ich finde die jetzt auch viel anschaulicher. Hat richtig viel mehr Kraft jetzt. Schön!!!

In der zweiten Zeile klingt es besser, wenn du davon und nichts vertauscht.
Und du hast paar blöde Tippfehler drin.
Druck' das doch aus, geh' mit dem Rotstift drüber, tippe es ein und schick den optimierten Ganztext per PN an Slarti, der tauscht das in Nullkommanix aus.
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Re: Meine Geschichten

Beitrag von GruftiHH »

Jawoll. Wird am Wochenende erledigt. :bet:
;)
* Am Ende des Regensbogen sehen wir uns wieder. *
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Re: Meine Geschichten

Beitrag von Alexandra »

Ach - und sag' Slarti nicht, dass du den Tipp von mir hast. :unsure:

Zu oft mach' ich's auch nicht.
Er braucht den exakten Link.
Und wenn man den ganzen verbesserten Text schickt statt einzelner Abschnitte oder so, dann ist das anscheinend auch leichter.
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Re: Meine Geschichten

Beitrag von GruftiHH »

Hintergrund: In einem Schreibworkshop, an dem ich 2001 teilgenommen habe, hatten wir in Gruppenarbeit die Person der Margarete erschaffen und folgenden Sachverhalt als Aufgabe erhalten:

Margarete Schneider-Hansen, 59, stämmig, Landwirtin, verwitwet, 5 Kinder. Hobby: erotische Geschichten im Internet schreiben. Besondere Eigenschaften: fast vorurteilsfrei. Sie findet eine Leiche in ihrem Vorgarten und 1 Mio. Euro. Dann klappt die Tür zu.

Und hier ist meine Geschichte:
Spoiler:
Da lag sie nun. Die Leiche eines Mannes und verschandelte ihren Vorgarten. Das Gras, geknickt durch das Gewicht des Körpers färbte sich rot. Oh Gott, dachte Margarete Schneider-Hansen und schüttelte den Kopf.

Man gut, dass Hermann dieses nicht mehr erleben muss – oder drehte er sich gerade im Grabe um?

Die Bäuerin aus dem schönen Schleswig-Holstein war vor 5 Minuten aus Ihrem Haus in der Nähe von Leck, einer Ortschaft zwischen Niebüll und Flensburg gelegen, getreten und stand dieser Leiche gegenüber.
Nun ja – die Leiche lang und Margarete stand.
Um die Frau herum war nur das Geschnatter der Gänse und Hühner, das Muhen der Kühe und das entfernte Bellen eines Hundes.
Das Geräusch der zuklappenden Tür durchdrang wie ein Fremdkörper die natürlichen Laute.

„Margarete, Du darfst nicht immer die Hintertür offen lassen, wenn Du die Vordertür aufmachst, “ sagte sie zu sich.“ Das zieht doch, mein Kind.“

Rasch blickte sich die Bäuerin um, trat an die Leiche des Mannes heran und beugte sich herab. Oh je, Oh je. Was mache ich jetzt bloß, dachte die Landwirtin. Am Liebsten säße sie jetzt an ihrem PC um erotische Geschichten zu schreiben. Auch könnte sie mal wieder als „Margi185“ im Chat-Room auf Männerfang gehen. Die Kerle dachten immer sie sei 23 und nicht 59, Witwe und Mutter von 5 Kindern.
Die Bäuerin lächelte.
„Schluss jetzt!“ sagte Margaret zu sich. „Das ist eine ernste Sache!“

Ihr Blick blieb wieder an der Leiche haften. Gut sah er aus, der Mann der so vor ihr lag. Könnte einer der Hauptpersonen in einem Ihrer Geschichten sein. Noch einmal der rasche Blick nach allen Seiten absichernd. Dann die Tasche aufgemacht, die neben dem Mann lag.
Margarete schrie auf: Vor ihr lagen ein großer Stapel von Banknoten gebündelt. Das dürften einige Tausend Euro sein, dachte sie. Ein weiterer absichernder Blick folgte dieser Entdeckung.

Och, dachte die Bäuerin, das Geld könnte ich gut gebrauchen.
Wenn sie nur an das Dach der Scheune dachte, das eigentlich nur noch mit gutem Willen zusammengehalten wurde, oder an den Kamin. Mit ein paar Bündeln konnte man schon was anfangen.

Rasch nahm sie die Tasche mit dem Geld, ging zu einer Tonne im Garten und verstaute diese dort. Dann eilte sie zurück zu der Leiche. Die war nun nicht so leicht zu verstecken. Da blitzten Ihre Augen auf. Natürlich, das war die Möglichkeit. Rasch war ein Plan gefasst, der sofort in die Tat umgesetzt wurde.

Die stämmige Landwirtin holte eine Schubkarre, die sorgfältig mit einem Sack ausgelegt war, hievte die Leiche darauf und fuhr mit ihr über den Hof. Kurze Zeit später – nach einem sehnsüchtigen Blick aus Margaretes Augen – versank die Leiche in der Güllegrube.

Übrigens, der Bauernhof unserer Margarete sieht wieder sehr schnieke aus und ist eine Bereicherung unseres Ortes.
Die beiden Dozentinen, jetzt angesagte Krimi Autorinnen, hat besonders der schwarze Humor gefallen.
* Am Ende des Regensbogen sehen wir uns wieder. *
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