Fan-Roman MOND DES SATANS

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HOT
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Re: Fan-Roman MOND DES SATANS

Beitrag von HOT »

TCai hat geschrieben: Deine Fragen deuten im Grunde schon an, dass du weißt, was bei deiner Geschichte nicht funktioniert.
Ich habe große Probleme die Figuren auseinanderzuhalten. (Aber das habe ich in einigen der neuen Heftromane auch. :) ) Dennoch wäre es hilfreich, wenn du einen oder zwei feste Protagonisten handeln lassen würdest, statt in jedem Kapitel wieder neue Figuren einzuführen. Das könnte auch für spürbar mehr Sympathie für die Charaktere sorgen.
Ich hatte schon befürchtet, dass die Figuren zu blass bleiben, weil sie meine sind und ich sie zu gut kenne und ein differenzierteres Bild von ihnen habe und dadurch wohl vergesse, sie für den Leser näher zu beschreiben. Das wird sich beim MOND DES SATANS nicht ändern, werde ich aber "mitnehmen". Es kommen nun allerdings keine wesentlichen Protagonisten mehr dazu, allerdings folgen in der Story jetzt drei Abschnitte, die wieder völlig anders sind und diese erschließen sich dem Leser nicht sofort. Also bitte etwas Geduld für ein Urteil darüber, ob nix zusammenpasst und zuviele Leute handeln.
TCai hat geschrieben:Durch die Erzählperspektive klingt die Geschichte aber tatsächlich wie aus einem PR-Romanheft aus den 60ern.
Das ging aufgrund meiner Vorgeschichte dazu auch nicht anders.
TCai hat geschrieben: @HOT
Ich hoffe, dass du mir meine Offenheit nicht übel nimmst. Ich gebe hier nur meinen Eindruck wieder und letztendlich kann man als Autor nur von konstruktiver Kritik lernen.
Keinesfalls - wenn ich Dich richtig zugeordnet habe, hast Du auch in der SOL Kritik aushalten müssen. Ich kenne das von unseren Redaktionssitzungen der Geschichtswerkstatt - da hat jeder zwar Respekt vor der Leistung des anderen, aber auch gut was zu meckern.
Vivian-von-Avalon hat geschrieben:
Ein Autor ohne Kritik kann nur stagnieren!
Genau.
Vivian-von-Avalon hat geschrieben:
Für meine Geschichten habe ich ein paar Freunde, die die Romane lesen, bevor sie überhaupt ihren Weg zur Veröffentlichung gehen.

@HOT: Mal drüber nachdenken?
Die Freunde ohne großen PR-Bezug, die über die Jahre das Ding gelesen haben, mochten mich wohl nicht richtig kritisieren, denn negative Rückmeldungen bekam ich nicht. Mein Lektor GrufftiHH, dem ich die Geschichte gegeben habe, bevor ich sie bei der Fan-Edition einreichte, hatte einiges aber nix schlimmes zu kritisieren, bis auf eine Sache, die wird hier aber erst mal nicht verraten. Ihr sollt neutral da rangehen.
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HOT
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Re: Fan-Roman MOND DES SATANS

Beitrag von HOT »

Ohne Stoff wollte ich Euch trotzdem nicht lassen.

Hier der nächste Abschnitt - diesmal fast ohne wörtliche Rede.

Ach ja, die Frage, warum nicht Roi Danton: Ich habe mich an die Hauptcharaktere nicht so sehr rangetraut*), außerdem wollte ich meine eigenen Protagonisten erfinden und handeln lassen - der bunte Haufen der Freihändler war mir wichtig, im Gegensatz zu den ewigen Soldatentypen in der Frühzeit der Serie, die mir mit der Zeit auf die Nerven gingen.

*) Vorschau: Habe ich aber nicht ganz durchgehalten...
Spoiler:
4.

Ramsey sah seine beiden Begleiterinnen nur noch wie durch einen Nebel. Er taumelte und glaubte das gleiche auch bei den Frauen beobachten zu können. Auch der Briff, der in sein Blickfeld kam, schien zu taumeln. Tatsächlich, er knickte in den Beinen ein und kippte um. Ramsey hatte das Gefühl, als würde etwas versuchen seinen Schädel leer zu saugen. Dies war eine Täuschung. Es handelte sich nicht um die Gehirnmasse selber, sondern um dessen Bewusstseinsinhalt!
... „Pauke! Pauke!“
Ich zog meine Maschine hoch. Das Triebwerk röhrte noch lauter und in das Fadenkreuz meiner Zieloptik trieb tanzend der große Bomber. Selbstverständlich tanzte das große Fluggerät nicht, sondern der Effekt entstand durch die sich addierenden Bewegungen der beiden Maschinen. Meine Me-109 war ein Jäger und wesentlich wendiger, als der Ami-Bomber. Ich war stolz eine so großartige Maschine wie die Messerschmitt fliegen zu dürfen!
Plötzlich jedoch schlich sich ein Gedanke in mein Gehirn, der mich verwirrte. ...wackelige Blechkiste, primitives Vernichtungsinstrument des zwanzigsten Jahrhunderts... Wie zum Teufel kam ich auf solche Gedanken? Ich musste zugeben, dass die Me den amerikanischen Mustangs unterlegen war und ein Vernichtungsmittel war sie auch, aber was sollte unsereiner in der heutigen Lage machen? Er musste sich verteidigen! Er musste kämpfen. Auch wenn der immer wieder beschworene Endsieg für mich nur eine Phrase darstellte, so waren die amerikanischen „Fliegenden Festungen“ eine Realität, die es zu bekämpfen galt.
Jeder Bomber der durchkam bedeutete Tod und Verderben für viele Menschen. Die Städte im Deutschen Reich glichen Ruinenfeldern. Die Menschen waren eingezwängt zwischen den Parolen des Propagandaministers, der immer wieder an Vaterlandsliebe und Kampfgeist appellierte und den Strömen der Vernichtung bringenden Bomber der Alliierten.
…Saß der Feind nicht schon seit Jahren im Inneren und missbrauchte eine ganze Nation für seine verbrecherischen Ziele? Hatten nicht auch wir an unserer Karriere interessierten Jagdflieger willig mitgemacht, als es immer nur voran ging? Der Krieg kam doch gerechterweise nur an seinen Ursprungsort zurück…
Woher kamen diese Gedanken? Das war Hochverrat! War ich das noch selber?
Verdammt! Ich musste mich konzentrieren. Ich zog den Knüppel noch weiter an meinen Körper. Der Bomber spuckte aus seinem Heck-MG-Stand Blei. Zum Glück war der Amerikaner ein schlechter Schütze.
Was war das für ein Mensch, der Ami dort drüben in der Fliegenden Festung? Was dachte er von mir? Der Bomber wurde im immer größer. Die Entfernung wurde immer geringer. Ich visierte eines der Triebwerke an und drückte den Feuerknopf. Lautes Rattern quälte meine Ohren. Die Messerschmitt vibrierte.
Ich hatte getroffen! Aus dem inneren Motor der rechten Tragfläche schlugen Flammen! Flammenzungen leckten vom Wind gepeitscht über die Tragfläche. Dicker schwarzer Qualm hüllte den Motor ein. Eine zweite Garbe in nächste Triebwerk und der gleiche Effekt. Der silberne Vogel verlor an Höhe. Freude über den Beinahe-Abschuss stieg in mir auf, denn der Ami hatte keine Chance mehr seine tödliche Last gezielt abzuwerfen. Er war jetzt mit sich selbst beschäftigt.
Der Bomberpulk hatte seine hinterste Maschine verloren und rückte nun näher zusammen.
Geschosse aus fast allen Heck-MG-Ständen der übrigen Maschinen begleiteten mich, als ich abdrehte und einen Bogen flog, der mich in eine neue Angriffsposition bringen sollte.
Ich beobachtete wie der schwere Bomber abschmierte und sich viele kleine helle Fallschirme öffneten. Nicht alle schafften es rechtzeitig auszusteigen. Es krampfte mir den Magen zusammen. War ich nicht ein Mörder? Verdammt: Ich tue nur meine Pflicht!
Ich hatte hinter dem Bomberverband nun wieder vor mir. Der aus etwa fünfundzwanzig Fliegenden Festungen bestehende Pulk zog eine Vielzahl weißer Kondensstreifen hinter sich her, die sich vom tiefen Blau des Himmels malerisch abhoben.
Mein Kamerad, mit dem wir zu zweit diesen Angriff flogen, tauchte neben mir auf. Er war noch ein ganz junger Bursche, der nach einer Kurzausbildung an die Front geworfen wurde war. Mir dem Pilotennachwuchs stand es ausgesprochen schlecht. Die Kinder, die man uns als Ersatz für einen toten Kameraden schickte überlebten selten einige Feindflüge. Viele waren noch nicht einmal in der Lage einen richtigen Start zu bauen. Die Messerschmitt war zwar bekannt für ihr Ausbrechen beim Start, aber einen erfahrenen Flugzeugführer konnte das kaum erschüttern. Den Kücken wurde es aber oft zum Verhängnis.
Der Junge neben mir, der sich im Gegensatz zu anderen sehr passabel hielt, nickte mir zu. Sein Gesicht glänzte vor Schweiß. Sein Lächeln verunglückte zu einer Grimasse. Ihm war der Abschuss wesentlich mehr an die Nieren gegangen als mir.
Wir näherten uns erneut dem Verband. Einige nervöse Bordschützen schickten uns schon ihre Leuchtspurgarben entgegen. Die von einigen auch „Fliegende Festung“ genannten B-17 Bomber waren seltsam unförmig, aber sie glänzten wie Edelsteine in der Sonne. Die Amerikaner schienen viel Zeit und Möglichkeiten zu haben ihre Vögel blank zu wienern. Wir dagegen schoben unsere Mühlen in halb verfallene Hangars und hatten nur Zeit für das Nötigste zu sorgen. Oft war noch nicht einmal genügend Treibstoff vorhanden, um die Maschinen in die Luft zu bekommen. Hat man uns nicht immer wieder die Wunderwaffe versprochen?
Ich visierte eine Rechtsaußen fliegende Festung an, zog meine Maschine etwas höher und beobachtete das wütende Abwehrfeuer des Gegners. Ich musste schräg von rechts oben an den Gegner heran. Ich entging so dem größten Teil des Heckstandfeuers.
Ich drückte die Maschine herunter und bekam sie ins Fadenkreuz. Statt mich ausschließlich um den Angriff zu kümmern schaute ich mich nach meinem Rottenkameraden um. Als ich wieder nach vorn blickte war nicht mehr als eine Viertelsekunde vergangen, doch die Chance war vertan! Der Bomber hatte eine für ihn riskante Abwehrbewegung nach links unten gemacht. Ich drückte in blinder Wut auf den Feuerknopf, doch ich traf den fliegenden Giganten nicht mehr.
Ehe ich mich versah befand ich mich über den Bombern und den in ihren Kuppeln sitzenden MG-Schützen. Der tausendfache Tod spie mir entgegen!
Ich stöhnte auf. Ich hörte die knallenden Geräusche der einschlagenden Geschosse. Der Motor stotterte. Ich hatte längst schon abgedreht. Ich sah Wiesen und Wälder unter mir langsam näher kommen. Ich zerrte vergeblich am Knüppel, aber die Me zeigte keine Reaktion. Ich ächzte vor Anstrengung, aber die Maschine gehorchte mir nicht mehr.
Von der Kniekehle abwärts lief eine warme Flüssigkeit meine Unterschenkel herab. Unter der Motorhaube quoll Rauch hervor und bald beeinträchtigte dicker Qualm und Öl auf der Frontscheibe meine Sicht. Es wurde unerträglich heiß in der kleinen Kanzel. Verdammt, ich musste hier raus!
Ich fingerte am Öffnungsmechanismus der Glaskanzel. Vergeblich.
Ich kam mir unendlich schwach vor, doch plötzlich riss der Wind das Kanzeldach weg und peitschte mir scharf ins Gesicht. Ich versuchte mich hochzustemmen. Das verletzte Bein versagte seinen Dienst. Zwischen den Rauchschwaden erblickte ich einen blauen Streifen, der sich durch die grünbraune Landschaft zog,
Er kam rasend schnell näher.
Ich erkannte die flachen Wellen, prallte mit der Maschine in diesem Moment auf eine steinharte Fläche und wurde dann von weißer Gischt verschlungen.
Der Aufprall brach mir sämtliche Knochen und ich starb.
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TCai
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Re: Fan-Roman MOND DES SATANS

Beitrag von TCai »

HOT hat geschrieben:Es kommen nun allerdings keine wesentlichen Protagonisten mehr dazu, allerdings folgen in der Story jetzt drei Abschnitte, die wieder völlig anders sind und diese erschließen sich dem Leser nicht sofort. Also bitte etwas Geduld für ein Urteil darüber, ob nix zusammenpasst und zuviele Leute handeln.
Keine Sorge, ich werde die Geschichte weiterhin verfolgen. Der letzte Ausschnitt war schon besser, fand ich. :st:
HOT hat geschrieben:Keinesfalls - wenn ich Dich richtig zugeordnet habe, hast Du auch in der SOL Kritik aushalten müssen.
Korrekt. Obwohl ich eigentlich mit Schlimmerem gerechnet hatte, da ich die Geschichte bereits vor meinem Schreibseminar eingereicht hatte.
Wenn du magst, kannst du hier gern mal meine Stellungnahme dazu lesen. Der Kritiker hat sie auch nochmals kommentiert.
HOT hat geschrieben:Die Freunde ohne großen PR-Bezug, die über die Jahre das Ding gelesen haben, mochten mich wohl nicht richtig kritisieren, denn negative Rückmeldungen bekam ich nicht. Mein Lektor GrufftiHH, dem ich die Geschichte gegeben habe, bevor ich sie bei der Fan-Edition einreichte, hatte einiges aber nix schlimmes zu kritisieren, bis auf eine Sache, die wird hier aber erst mal nicht verraten. Ihr sollt neutral da rangehen.
Das mit den Freunden ist so eine Sache. Die meisten werden dir nie ins Gesicht sagen, dass sie deine Geschichte nicht gut finden. Und wenn doch, dann werden viele nicht wissen, was genau ihnen nicht gefällt, oder warum für sie die Geschichte nicht funktioniert. Ich musste auch erst ein Schreibseminar besuchen, bis ich das einschätzen konnte. Die besten Leser sind Leute die selbst schreiben. Mir hat zum Beispiel Tostan geholfen.
Dafür gibt es Foren wie dieses, um die Kontakte zu knüpfen und Testleser zu gewinnen. :)
»Denn Phantastik schreiben, heißt ja nicht, die Realität mit anderen Mitteln nachzuerzählen, sondern die Realität mit anderen, eben phantastischen Mitteln aufzubrechen.«
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HOT
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Re: Fan-Roman MOND DES SATANS

Beitrag von HOT »

TCai hat geschrieben:
Keine Sorge, ich werde die Geschichte weiterhin verfolgen. Der letzte Ausschnitt war schon besser, fand ich. :st:
Dann gibts hier gleich nochwas:
Spoiler:
5.

Fürstin Bela-Alea Thor erging es nicht besser als Alfons Ramsey. Auch sie brach unter der Einwirkung des fremden Einflusses zusammen.

... „Ich trenne jetzt!“
Meine Stimme kam mir fremd vor. Als Fürstin eines Freihändlerschiffes.., Fürstin? Freihändlerschiff? Mein Name war Doreen Withehouse, Pilotin des Raumtransporters SHUTTLE-3/b.
„Verstanden: Guten Flug“, quakte die Stimme des Controllers. Dröhnen erfüllte das Raumfahrzeug und beim Trennen von der Muttereinheit, die wieder zur Erde zurückkehren sollte, ging ein Ruck durch den SHUTTLE, der mich in meinen Sitz presste. Meinem Kollegen Ben Hammond neben mir ging es auch nicht anders und die beiden Wissenschaftler, die sich in dem kleinen Laderaum des Transporters befanden, würde es ebenso ergehen.
Nach kurzer Zeit waren jedoch wieder normale Zustände eingetreten, Andruckkräfte, wie sie die STARDUST-Piloten durchzustehen haben, brauchen wir nicht auszuhalten. Der Risikopilot Major Rhodan hatte auf dem Mond ein Schiff der Arkoniden gefunden. Diese außerirdischen Lebewesen sollen degeneriert sein, aber überlichtschnellen Raumflug beherrschen. Um diese ganze Angelegenheit liegt ein Schleier des Geheimnisvollen. Fest steht, dass die so genannte „Dritte Macht“ in der Wüste Gobi über Mittel verfügt, gegen die einfach nicht anzukommen ist.
Man muss diesen Perry Rhodan schon bewundern, wie scheinbar lässig er mit Leuten zusammenarbeiten kann, die angeblich Lichtjahre weit von der Erde entfernt ein Imperium besitzen. Er hatte mit ihrer Hilfe einen Atomkrieg verhindert, der die ganze Menschheit hätte ausmerzen können.
„He, Doreen, träum nicht!“ klang die Stimme von Ben an mein Ohr.
Wir tauschten Daten mit der Bodenstation aus und nahmen einige Kurskorrekturen vor.
„So“, sagte ich und entspannte mich. "In drei Stunden können wir an ALPHA 12 andocken. Hoffen wir, die Wissenschaftler dort kommen mit ihren neuen Kollegen gut aus. Die Eierköpfe können manchmal ziemlich exzentrisch sein."
„Die kennen sich von früher“, meinte Ben. „Die haben in einem Forschungslabor schon zusammengearbeitet.“
„Bei über einhundert Tagen zusammen in der engen Raumstation kann es sehr schnell zu Konflikten kommen“, war meine Meinung dazu.
Wir hatten neue Lebensmittel und - was den Wissenschaftlern wichtiger erschien - neues Aufzeichnungsmaterial für Forschungsergebnisse an Bord. Mit Informationen bespieltes Material wurde von uns zur Auswertung zur Erde zurückgebracht.
Mich faszinierte der Gedanke an die Außerirdischen. Dass Ben mich fragte, ob ich Lust hätte, heute Abend mit ihm auszugehen, überhörte ich völlig. Ich dachte nur an die ungeheuerliche Entdeckung auf dem Mond.
Eine Stunde später trieben wir wortlos durch das All. Durch die kleinen Fenster sah man die Erde und das Leuchten ferner Sonnen. Ich beobachtete die weißen Wolkenquirle in der blau leuchtenden Atmosphäre. Seit den Geschehnissen der letzten Tage stand hundertprozentig fest, dass die Erde nicht der einzige Planet ist, auf dem sich intelligentes Leben entwickelt hatte. Den Gedanken an seine Einmaligkeit konnte der Mensch nun getrost ad acta legen.
Die deutschen Wissenschaftler, die zusammen im Laderaum des SHUTTLE mit ihren wissenschaftlichen Utensilien saßen, erwiesen sich für Ben als ebenso wortkarg wie ich. Auf seine Anfragen über die interne Verständigungsanlage bekam er nur zu hören, sie würden zu gegebener Zeit zu uns nach vorne kommen. Auf Bens Einwand, es würde dann hier sehr eng werden, gingen sie nicht ein.
Zwischendurch wurde das Schweigen nur unterbrochen, als sich die Erde meldete und wir nach einem regen Datenaustausch erneut unseren Kurs korrigieren mussten.
Kurze Zeit später öffnete sich das Schott, das den Laderaum von unserer mit Instrumenten voll gestopften, kleinen Kanzel trennte. Zwei hoch gewachsene Männer traten ein. Besser gesagt, sie zwängten sich hinein. Laut unseren Informationen handelte es sich um die beiden deutschen Wissenschaftler Dr. Franz Brettschneider, einem Geologen und Dr. E.C. Kortig, einem Mediziner. Beide Männer waren weißblond und hatten sich ihre Haare recht weit in die hohe Stirn gekämmt. Von der Kopfform hatten wir es mit echten Eierköpfen zu tun.
Arkoniden, wusste ich plötzlich. Schließlich bin ich selbst Arkonidin. Was war denn das für ein abwegiger Gedanke? Ich bin ein Mensch, kein Außerirdischer.
„Die Herren interessieren sich sicher für die technische Einrichtung des SHUTTLE?“ begrüßte Ben die beiden mit einer Frage.
In seiner Stimme klang eine gehörige Portion Arroganz mit, als der eine Mann mit einem widerlichen Akzent in der Stimme sagte: „Fliegen Sie zu ihrem Mond!“
„Den Gefallen kann ich Ihnen leider nicht tun“, antwortete ich irritiert aber betont freundlich. „Der Flug führt Sie zu Ihren Kollegen auf ALPHA 12.“
„Sie ändern sofort den Kurs und fliegen zum Erdmond!“ wiederholte der weisblonde Mann noch einmal. Ich war erstaunt, auf welche Weise er das Wort “Erdmond" betonte. Zu einem der Marsmonde könnten wir ihn, wenn wir wollten, erst recht nicht fliegen. Zum irdischen Mond aber ebenso wenig.
„Als aufgeklärte Wissenschaftler ist Ihnen sicher bekannt, dass ein Space-SHUTTLE nur die Verbindung zwischen der Erde und einer im Orbit befindlichen Raumstation aufrechterhalten soll und kann. Aber er ist nicht für Mondflüge konstruiert worden“, sagte ich und fühlte, wie mir der Schweiß auf die Stirn trat. Ich wusste aus irgendeinem Grunde geanau, was für Leute ich vor mir hatte.
Ben Hammond neben mir hielt alles für einen Scherz der beiden und lachte Tränen: „Der Witz ist gut! Mit einem SHUTTLE zum Mond. Das muss ich der Bodenzentrale mitteilen. Die lachen sich halb tot!“
„Nein“, sagte der zweite der beiden, der bisher kein Wort gesagt hatte. „Das verbiete ich Dir, Barbar.“
Ben verschluckte sich fast. „Barbar!“ krähte er. „Das ist köstlich!“
Ich aber wusste, dass ich es mit Wesen zu tun hatte die nicht auf dem Planeten Erde geboren waren. Einer der beiden zog ein revolverähnliches Ding aus der Tasche und richtete die Waffe auf Ben und mich. Ich war wie gelähmt. Ich fror und gleichzeitig war ich schweißnass.
Ein arkonidischer Strahler! sagte wieder diese seltsame Stimme in mir.
Ben hatte schließlich auch begriffen was gespielt wurde. Ihm waren die Vorfälle in der Wüste Gobi und auf dem Mond auch nicht verborgen geblieben. Ihm war nicht anzumerken, ob auch er so erschrocken war wie ich.
Mit einer Bärenruhe sagte er: „Meine Kollegin hat ihnen doch eben genau beschrieben, dass es unmöglich ist, mit einem Raumfahrzeug, wie diesem, zum irdischen Mond zu gelangen. Das geht auch mit Gewalt nicht.“
Die beiden Männer unterhielten sich angeregt in einer völlig unverständlichen Sprache. Für mich völlig unerwartet rief der Bewaffnete ärgerlich etwas und schoss einen gleißenden Energiestrahl in den Boden der Zentrale. Gleichzeitig erklang ein kreischendes Geräusch und ein kleines Loch entstand im Boden. Das Material schmolz, Rauch stieg auf und ein beißender Geruch erfüllte den kleinen Raum.
Ich schrie auf. Unter den dünnen Bodenplatten führten zahlreiche Leitungen!
„Verdammt!“ sagte Ben nur und wir beide checkten sofort alle wichtigen Kontrollinstrumente durch.
„Ihr blufft nur!“ schrie der Schütze. „Das kleinste Beiboot schafft den Weg bis zum Mond! Wir wissen das. Uns könnt Ihr nicht täuschen.“ Mit Schrecken erkannte ich, dass die Sauerstoffversorgung nicht mehr funktionierte. Nervös, aber routiniert, denn wir hatten diese Handgriffe schon tausendmal trainiert, arretierten wir die mit einer transparenten Sichtscheibe ausgestatteten Helme auf unseren Anzügen und schlossen uns an die Versorgungsaggregate der Anzüge an.
Ich dachte: Wenn die beiden Außerirdischen nichts unternehmen, werden sie ersticken. Ihre leichten Monturen machten nicht den Eindruck, unseren Raumanzügen zu entsprechen. Auf jeden Fall hatten beide keinen Helm. Ich wusste nicht, ob ich den Tod der beiden bedauern würde, oder ob ich mich freuen sollte, dass wir sie so loswurden.
Zu meinem Erstaunen beobachteten die Beiden uns mit Gelassenheit. Einer schaute zu einer Art Uhr an seinem Handgelenk und dann falteten beide volltransparente Kugelhelme aus einer Tasche an ihrem Kragen und stülpten sich diese über den Kopf.
Geringschätzig lächelnd betrachteten sie unsere erstaunten Gesichter. „Reparieren!“ befahl der Bewaffnete und fuchtelte mit der fremdartigen Waffe. Das bereits sehr sauerstoffarme Gas im SHUTTLE leitete den Schall noch fast ebenso gut wie Luft.

*

Die Explosion ereignete sich als Ben versuchte den Schaden zu beheben.
Er saß vornüber gebeugt und werkelte an einigen lädierten Leitungen. Neben ihm stapelten sich die Bodenplatten, die er an dieser Stelle entfernt hatte, um die schadhafte Stelle freizulegen.
Das Raumschiff vibrierte und Wolken von Qualm stiegen aus dem geöffneten Boden hervor. Die Scheiben zerplatzten und ich schrie: „Wir müssen hier raus;“
„Und zwar schnell! Jeden Augenblick kann der ganze Kahn in die Luft fliegen“, grölte Ben.
Einer der Arkoniden verschwand im Laderaum und kam kurz darauf mit vier flachen Tornistern wieder, die über Triebwerksdüsen verfügten. Flugapparate! Jeder von beiden schnallte sich einen davon um und ich sprengte das Notluk heraus. Es löste sich und torkelte sich überschlagend durch den Weltraum.
Die beiden Außerirdischen stießen sich ab und schwebten zuerst aus dem Luk, dann kamen Ben und ich. Sie nahmen uns in die Mitte und zogen uns - ihre Flugaggregate benutzend - mit sich vom Wrack des SHUTTLE-3/b. Ich war über ihre Hilfsbereitschaft verwundert. Als wir uns umsahen explodierte lautlos der Raumtransporter. Wir erlebten das Schauspiel aus sicherer Entfernung mit.
Die Arkoniden erwiesen sich als richtige „Milchreisbubis“. Es schien ihnen zwar nichts auszumachen, frei durch den Raum zu schweben, aber sie sprachen immer nur von Farbkompositionen auf Video-Schirmen, zu denen sie zurückwollten. Die Arroganz wich fast gänzlich und machte Unsicherheit und Trauer darüber Platz, dass sie nicht mehr zu ihrem Raumschiff auf den Mond zurück konnten.
Seltsam, dachte ich, diese Leute waren so mit dem Weltraum vertraut, das sie es für das simpelste der Welt hielten, zum Mond zu kommen und gleichzeitig benahmen sie sich wie Kinder, denen man ihr Lieblingsspielzeug weggenommen hat. Selbst die Leistung, mit ihren Funkhelmen problemlos auf unserer Frequenz zu senden, war wohl nur das Ergebnis einer Automatik.
Sie erzählten uns, dass sie den nahen Planeten, auf dessen Mond sie festsaßen, weil keiner die Energie aufbrachte das Schiff zu reparieren, erkunden wollten. Daher waren sie mit einem Zwei-Mann-Beiboot gestartet und hatten die Erde angeflogen. Da beide aus Unerfahrenheit bei der Landung einen Bruch gebaut hatten, ähnlich dem Mutterschiff auf dem Mond, und keine Möglichkeit gehabt hatten das Beiboot zu reparieren, hatten sie sich einfach mit Hilfe von speziellen Energieschirmen, die unsichtbar machten, in unsere Raumfähre geschlichen und die beiden Wissenschaftler überwältigt. Mit ihren Flug-Geräten kämen wir zwar niemals zum Mond, aber auf der Erde könnten wir mit ihnen landen.
Ich machte den Vorschlag, zu Rhodan in die Wüste Gobi zu fliegen, denn nur er würde in der Lage sein, sie zu ihren geliebten mir völlig unverständlichen Video-Farbspielereien zurückzubringen. Zwar waren weitere STARDUST-Expeditionen geplant, aber ich bezweifelte, dass man bei der derzeitigen Weltlage etwas Derartiges unternehmen würde.
Die Arkoniden stimmten zu. Das neue Ziel vor Augen starteten sie aus der Umlaufbahn heraus Richtung Erde, aber uns ließen sie völlig gedankenlos allein zurück. Ben und ich schrieen uns die Kehle wund, aber die Arkoniden hatten uns Barbaren wahrscheinlich schon vergessen.
In etwa 2.000 Kilometer Höhe lies ich die grausige Erkenntnis an mich heran, dass ich verglühen würde, wenn ich weiter so auf die Erde zurasen würde. Ich müsste genau wie ein Raumschiff in die Atmosphäre eintauchen. Ich sah mich um. Wo war Ben? Der Raum um mich war von erschreckender Leere. Unter mir auf der Erde lebten Milliarden von Menschen, aber ich hier oben in über tausend Kilometer Höhe war völlig allein.
Und ich raste immer noch schneller werdend auf die Erde zu! Ich fingerte an dem Flugagregat herum und konnte noch nicht einmal soetwas wie einen Knopf identifizieren. Ich schaffte es nicht meine Lage zu ändern und die Erdoberfläche kam immer schneller näher.
Bald wurde es mir heiß! Mein Raumanzug fing an zu glühen. Ich sah nur noch rot um mich herum.
Dann zog ich meine glühende Bahn über den Nachthimmel von Nordeuropa.
Vivian-von-Avalon

Re: Fan-Roman MOND DES SATANS

Beitrag von Vivian-von-Avalon »

HOT hat geschrieben:Keinesfalls - wenn ich Dich richtig zugeordnet habe, hast Du auch in der SOL Kritik aushalten müssen.
TCai hat geschrieben:Korrekt. Obwohl ich eigentlich mit Schlimmerem gerechnet hatte, da ich die Geschichte bereits vor meinem Schreibseminar eingereicht hatte.
Na, dann bin ich ja mal gespannt, wann mein FanEdition-Roman in der SOL dran ist. Den habe ich nämlich auch geschrieben und eingereicht VOR einem Schreibseminar, das für mich ebenfalls noch auf meiner Liste steht ...
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Alexandra
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Re: Fan-Roman MOND DES SATANS

Beitrag von Alexandra »

Bei den Testlesern gibt es noch eine Schiene: Es gibt Leute, die sehen das Technische, andere nehmen Sinnesfelder wahr, usw.
Wenn man diese Neigungen kennt, kann man sie gezielt anzusprechen versuchen, je nachdem, was einem fehlt und man kommt nicht drauf.
Natürlich kann es hemmen, wenn man Leute bittet, die ganz anders ticken als man selbst, und andererseits können gerade die unheimlich interessante Aspekte auftun.
Unterm Strich stimme ich jedoch zu: Die besten Gegenleser schreiben selber oder sind zumindest aktiv darin, anderen weiterzuhelfen.
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TCai
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Re: Fan-Roman MOND DES SATANS

Beitrag von TCai »

Vivian-von-Avalon hat geschrieben:Na, dann bin ich ja mal gespannt, wann mein FanEdition-Roman in der SOL dran ist. Den habe ich nämlich auch geschrieben und eingereicht VOR einem Schreibseminar, das für mich ebenfalls noch auf meiner Liste steht ...
Da musst du dich gedulden. So ein gutes halbes Jahr dauert es bei Thomas Harbach immer. Aber bevor seine Rezensionen in der SOL abgedruckt werden, erscheinen sie in der Buchecke von Robots & Dragons. Da lohnt es sich immer mal reinzuschauen.

Da fällt mir ein, dass ich deine FanEdition noch gar nicht habe, obwohl ich den Flyer dafür gemacht habe. :o(
Das muss ich auf dem GarchingCon unbedingt nachholen.

Ein Schreibseminar kann ich nur wärmstens empfehlen. Es kommt einer Offenbarung gleich. Ehrlich.
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Re: Fan-Roman MOND DES SATANS

Beitrag von GruftiHH »

TCai hat geschrieben: Ein Schreibseminar kann ich nur wärmstens empfehlen. Es kommt einer Offenbarung gleich. Ehrlich.
So war auch mein Start vor gut 15 Jahren. Danach haben wir eine Schreibgruppe gegründet, jede Menge Sachbücher gelesen und diskutiert. Aber rumgekommen ist leider nichts. Also muss man auch dranbleiben. Und schreiben, schreiben, schreiben. Das werde ich jetzt auch wieder tun.

Obwohl ich ein sehr guter Kumpel von HOT bin, habe ich als "Lektor" nicht vor den Berg gehalten. Die Story gefällt mir aber sehr gut (ich mag halt den alten Stil).
* Am Ende des Regensbogen sehen wir uns wieder. *
Vivian-von-Avalon

Re: Fan-Roman MOND DES SATANS

Beitrag von Vivian-von-Avalon »

Ich überlege gerade - da wir hier so schön in Gang sind ...

Vor ca. 9 Monaten habe ich meine erste Kurzgeschichte NACH meiner berufs- und lebensbedingten Schreibpause von zig Jahren hier im Forum eingestellt. Ist seitdem leider ein wenig nach hinten gerutscht ...

Was meint Ihr? Auch mal wieder hier neu einstellen? - War für mich auch sehr interessant, die nochmal zu lesen. Denn seitdem mache ich doch so das eine oder andere anders ... Es stimmt! Jeder, der schreibt, egal ob als Hobby oder als Beruf - entwickelt sich weiter! Und das teilweise recht schnell.

Im Moment überlege ich ernsthaft, ob ich das Schreiben ein wenig professioneller betreiben sollte ...
Vivian-von-Avalon

Re: Fan-Roman MOND DES SATANS

Beitrag von Vivian-von-Avalon »

TCai hat geschrieben: ...
Da fällt mir ein, dass ich deine FanEdition noch gar nicht habe, obwohl ich den Flyer dafür gemacht habe. :o(
Das muss ich auf dem GarchingCon unbedingt nachholen.
...
Tz tz tz - geht ja gar nicht! Dann bist Du es, die eine kleine Meinungsverschiedenheit mit dem Fehlerteufelchen hatte - kein Problem, passiert jedem mal ... nehme ich nicht übel ...

Zum Roman selbst: ganz anders als Deiner! Im Prinzip eine knallharte, psychologisch und empathisch ausgerichtete Story ... habe mich auch an die Aussage von MMT gehalten: man soll/darf seine Helden nicht schonen - aber lest selbst ...
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Re: Fan-Roman MOND DES SATANS

Beitrag von HOT »

Bevor ich mich bei der Fan-Edition bewarb kaufte ich mir erst mal ein paar Hefte und fand: Da kann ich mithalten.

Dann, als ich abgelehnt wurde guckte ich mal, wer da so statt meiner veröffentlicht wurde und war beeindruckt: Da konnte ich nicht mehr mithalten.

@Vivian & TCai:
Werde mir also mal Eure beiden Werke zulegen.

Nun geht es aber bei mir weiter:
Spoiler:
6.

Nach der seltsamen Begebenheit mit den kleinen dürren Männlein war Guzzi einigermaßen verwirrt sich hier oben in einem Raum wieder zu finden, der vom ersten Eindruck her schon auf einen technisch hoch stehenden Erbauer schließen ließ. Mit einem Mal hatte sie das Gefühl, als würde der Raum sich um sie herum drehen. Übelkeit stieg in ihr auf und sie fühlte sich ohne ersichtlichen Grund müde und schwach. Sie sah wohl noch alles klar und deutlich, aber die Frau hatte das Gefühl, als wenn ein wichtiger Teil der Informationen, die ihre Sinnesorgane aufnahmen, auf dem Weg zum Gehirn verloren gingen.
Ihren Kameraden schien es nicht anders zu gehen, denn Edelmann Ramsey stürzte zu Boden und riss die zierliche Frau ebenfalls um. Der Boden kam ihr jedoch nicht hart, sondern weich und flauschig vor.
Das merkwürdige Ziehen und Zerren in ihrem Gehirn bemerkte sie erst jetzt. Plötzlich hatte sie das Gefühl in einen tiefen Abgrund zu fallen!

... irgendetwas stimmte nicht!
Ich wusste es genau. Verrückterweise kam ich auf den Gedanken eine junge Frau zu sein. Zu blöde! Ich war schließlich einhundertachtunddreißig Jahre alt. Wesentlich älter, als ein normaler Terraner üblicherweise heutzutage wird. Zwar war 120 Jahre die errechnete Durchschnittslebenserwartung, aber viele Menschen schafften die Schwelle über die hundert hinaus nicht einmal, wenngleich es auch viele Leute gab, die einhundertfünfzig Jahre alt wurden. Aber das waren Ausnahmen, ebenso die Aktivatorträger.
Ich fand es unverständlich, dass die meisten Menschen die Aktivatorträger bewunderten. Wer, so fragte ich mich immer wieder, gab denen das Recht so lange zu leben? Rhodan zum Beispiel. Er war ein kluger Mann. Er hat die Menschheit zu dem gemacht, was sie heute ist: Zu einem beachtlichen Machtfaktor in unserer Galaxis. Die anderen mit relativer Unsterblichkeit ausgestatteten Menschen hatten ihm dabei geholfen. Aber war denn nicht einmal der Zeitpunkt gekommen, wo diese Herren abdanken sollten? Stammten sie denn nicht aus einer Zeitepoche, die dem heutigen Menschen ferner denn je war? Aus einer Zeit der Bruderkriege und der langsamen Vernichtung ihrer selbst durch unsinniges Vergiften des Planeten Terra?
Ich, Carloa Mönckebach, hatte diese Stadt, in der ich mich jetzt aufhielt mitgestaltet. Hamburg, wie es sich heute im Jahre 2273 darbot, war mein Werk. Ein Team von einigen hundert Architekten hatte unter meiner Leitung vor fast achtzig Jahren begonnen diese Stadt zu prägen.
Das Wirrwarr aus alten Gebäuden und supermodernen Wohnanlagen, die sich manchmal überhaupt nicht in die Landschaft und zwischen die alten Gebäude einfügen konnten, war unübersichtlich und an vielen Stellen hässlich. Aber viele Städte auf der guten alten Erde machten den gleichen Eindruck wie Hamburg. Außer natürlich Terrania-City, die von Anfang an gut durchgeplant und sich in vorzüglicher Weise in die künstliche aber nicht künstlich wirkende Parklandschaft der ehemaligen Wüste Gobi, einfügte. Außer dieser Stadt gab es kaum eine, die ihren Bewohnern optimale Verhältnisse, wie der heutige Terraner es erwartete, bieten konnte.
Nach den Sanierungen von Mumbay, Lagos, Addis Ababa und vielen anderen Städten kurz nach dem Wirtschafts- und Technologieboom, den der Kontakt mit nichtirdischen Intelligenzen verursachte, wurde nun auch an Städte gedacht, die im Allgemeinen viel auf ihre Tradition hielten: Moskau, viele Städte der ehemaligen USA und in Europa.
Europa machte die meisten Schwierigkeiten, da sich dort viele wirklich erhaltungswürdige Bauwerke und Baudenkmäler befanden.
Hamburg als Welthandelszentrum verlor seine Bedeutung nicht, aber die Seeschifffahrt, die seit Jahrhunderten das Gesicht und die Geschichte der alten Hansestadt mitbestimmt hatte, war bedeutungslos geworden. Lastengleiter übernahmen den Transport von Waren auf Terra, manchmal sogar Transmitterverbindungen, kleine Raumboote verkehrten im Sol-System und durch den großen Raumhafen von Schleswig-Holstein war auch eine Verbindung mit dem interstellaren Handel vorhanden.
Der ehemalige See-Hafen war halb Museum, halb Erholungszentrum, denn nach dem Abriss der alten Hafenanlagen war das Gebiet zwischen den Armen der Süder- und Norderelbe renaturiert worden und stellte ein ruhiges, landschaftlich schönes Gebiet dar.
Ich befand mich heute Vormittag in der Stadt selbst. Ich saß in einem der vielen kleinen Biergärten, die auf einem der großen, terrassenförmig angelegten Gebäude lagen. Man hatte von hier einen großartigen Blick auf das Innere der Stadt mit den beiden Alster-Seen. Segel blinkten zu mir herauf. Auf der Außenalster wurden schon seit Jahrhunderten Regatten gefahren. Eine der Traditionen, die man den Hamburgern auf keinen Fall hätte nehmen dürfen.
Die Stadt lag halbkreisförmig um das innere Gebiet mit der Alster und einem Park auf der Fläche der ehemaligen City. Dort standen viele Gebäude aus früheren Jahrhunderten, die teilweise aus anderen Teilen der ehemaligen Stadt stammend, wieder identisch aufgebaut waren. Irgendein ewig gestriger Traditionalist hatte das einmal als „Museumsdorf“ bezeichnet.
Von seinen höchsten Punkten am Außenrand fiel der hufeisenförmige großen Gebäudekomplex - zur Elbseite hin offen - terrassenförmig nach innen ab, und bildete den oben beschriebenen Innenraum, ähnlich wie die Trichterbauten der alten Arkoniden.
Die Oberflächen der Terrassen waren mit Büschen und Bäumen bepflanzt. Daher kam es, dass die Stadt nicht steril wirkte. Am Himmel war reger Flug-Gleiter-Verkehr in Richtung Raumhafen, obwohl der Strom der Waren und Menschen zum größten Teil unterirdisch verlief.
Diese Stadt war mein Werk und das meiner Architekten, von denen die meisten heute schon tot waren.
Die Leute um mich herum machten einen gelösten und entspannten Eindruck. Ab und zu einen Schluck aus ihrem Bierkrug nehmend, genossen sie das Panorama, das sich ihnen bot und lauschten der blechern klingenden Jazz-Musik, eine der vielen Musikformen, die im 20. Jahrhundert beliebt waren. Die Kapelle nannte sich denn auch „THE BAND OF THE GOLDEN 20TH CENTURY“ und sie kleideten sich auch so wie damals.
Die Herren trugen blaue verwaschene Hosen aus grobem Baumwollstoff und helle Hemden, die nicht etwa der übliche Magnetverschluss zusammenhielt, sondern kleine Kunststoffplättchen, die durch Löcher gesteckt wurden. Mit den schwarzen Melonen auf dem Kopf machten sie einen recht exotischen Eindruck auf mich.
Die Damen der Band trugen zwar auch diese hellblauen engen Hosen, aber ihr Oberkörper wurde von einem bunten Schal geziert, den sie sich um den Hals gelegt und dann - die Brust verdeckend - über dem Oberkörper gekreuzt und hinten zusammengebunden hatten. Die Haare waren naturfarben und nicht nach der herrschenden Mode zu vielen kleinen Zöpfen geflochten und an deren Spitzen howalgeniumgrün oder terkonidbläulich eingefärbt.
Meine Stimmung war heute depressiv. Das Lachen der Menschen um mich herum störte mich, wenn ich sah, was sie mir verdankten, und wer ich heute war: Eine alte Frau, unerkannt an einem Tisch, vor sich das schal gewordene Bier. Mich überkam Trauer. Ich musste die Tränen zurückhalten. Ich war alt! Verbraucht! Und ich wurde nicht mehr gebraucht! Hätte ich einen Zellaktivator, dann wäre ich noch so jung wie vor hundert Jahren. Dann würde ich einen der jungen Männer vom Nebentisch auffordern mit mir eine Runde zu tanzen, dann würden diese mich nicht mitleidig anlächeln: „Guck mal die Oma da drüben am Tisch“ Ich erkannte an ihren schlichten Uniformen, dass es Mitglieder der Solaren Flotte waren. Die Zeit der „großen Sausen“ war aber für mich schon lange vorbei. Was hatten ich und meine Studienkolleginnen vor einem langen Jahrhundert für Parties mit solchen Jungs gefeiert! Ich hatte damals sogar Reginald Bull kennen gelernt. Mehr als nur kennen gelernt!
Mit zitternden Fingern griff ich nach meiner Handtasche. Ich kramte ein altes 3-D-Foto heraus und betrachtete es. Auf dem Bild waren zwei Menschen zu sehen. Ein rothaariger und dazu noch stoppelhaariger Mann in einer bunten Freizeitkombi aus teurem Material und ein junges Mädchen mit langen dunkelblonden Haaren in einem knappen Badedress. Beide lachten in die Kamera, hielten sich umschlungen und waren ausgelassener Stimmung. Der Mann war Reginald Bull und das Mädchen war ich.
Ich legte das Bild auf den Tisch und griff nach einem der kleinen öffentlichen Terminals. Ich blätterte eine Weile in den aktuellen Daten herum und fand dann was ich suchte: „Staatsmarschall Bull weiht einen neuen Stützpunkt der Explorererflotte ein“ lautete die Überschrift. Der Artikel interessierte mich nicht im Geringsten. Wichtig war nur eins der Fotos: Der Staatsmarschall in Galauniform.
Ich legte das hundert Jahre alte Foto daneben und verglich die beiden. Einhundert Jahre lagen zwischen diesen beiden Aufnahmen! Reginald Bull hatte sich in keiner Weise verändert. Die gleiche Stoppelfrisur, die gleichen Lachfältchen, die gleiche stämmige Figur.
Aber ich hatte mich verändert.
Aus dem jungen, gut gewachsenen Mädchen auf dem Foto war eine alte, krumme Frau geworden, die dank einiger künstlicher Organe am Leben blieb. Mein Gesicht, das mir aus meinem hologafischen Schminkspiegel entgegenblickte, zeigte zwar noch meine starke Persönlichkeit, war aber trotz vieler Schönheitsoperationen grau und verbraucht.
Am liebsten hätte ich den Bierkrug genommen und gegen die Wand gefeuert, aber in meinem langen Leben hatte ich mich beherrschen gelernt. Einen Entschluss hatte ich aber gefasst: Ich wollte Reginald besuchen. Ich wollte ihn mit mir konfrontieren. Er sollte sehen, was aus mir geworden ist und wer er war: Ein Relikt aus alten Zeiten!
Eines hatte ich auch noch vor: Ich wollte das ewige Leben! Ich wollte jugendliche Spannkraft und Frische. Ich wollte dem Fossil den Zellaktivator abnehmen!

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Re: Fan-Roman MOND DES SATANS

Beitrag von TCai »

Vivian-von-Avalon hat geschrieben: Tz tz tz - geht ja gar nicht! Dann bist Du es, die eine kleine Meinungsverschiedenheit mit dem Fehlerteufelchen hatte - kein Problem, passiert jedem mal ... nehme ich nicht übel ...
Ähhm! Ich stehe jetzt irgendwie auf dem Schlau. Erhelle meinen Geist! Was hab ich falsch gemacht? :unsure:
»Denn Phantastik schreiben, heißt ja nicht, die Realität mit anderen Mitteln nachzuerzählen, sondern die Realität mit anderen, eben phantastischen Mitteln aufzubrechen.«
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HOT
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Re: Fan-Roman MOND DES SATANS

Beitrag von HOT »

Ich hoffe Ihr merkt, dass meine Häppchen immer so einen kleinen Cliffhanger haben .... nun geht's auch hier weiter.

Spoiler:
Ich bewegte mich auf meinem Anti-Grav-Sessel durch die Korridore der östlichen Stadtteile. Die in Gruppen oder auch paarweise langsam schlendernden Menschen umflog ich mit riskanten Schleifen und Kurven. Einige schimpften laut hinter mir her, wenn ich sie anstieß oder sie sich bedrängt fühlten.
Ich hatte es plötzlich sehr eilig, denn ich glaubte zu wissen, dass nur heute noch eine Chance bestand mein Vorhaben zu verwirklichen. Ich glaubte, dass ich sterben würde, wenn ich den Zellaktivator nicht noch heute in meinen Besitz bekommen würde.
Mein Weg führte mich zu einer der Tiefgaragen und zwar zu der, wo ich meinen Gleiter geparkt hatte. Ich schwebte in einen der Vorräume, hob die Hand mit meiner Registrierungskarte und der Garagenrobot lies mein Fahrzeug auf einem Leitstrahl in den Raum schweben. Die Garage selber wurde nie von einem der Kunden betreten. Dort hingen die Fahrzeuge Platz sparend übereinander und nur durch Gänge getrennt in ihren Halterungen. Die Garage war einbruchsicher und konnte einige tausend Fahrzeuge auf kleinstem Raum beherbergen.
Ich öffnete die Tür meines Gleiters und lenkte den Sessel vor die Steuerungskonsole. Der Sessel wurde auf dem Boden verankert, ich startete und fuhr los.
So schnell es die automatische Verkehrskontrolle zuließ raste ich durch die Tunnel, die in Richtung Asien aus Hamburg herausführten. Es herrschte reger Verkehr auf der breiten Überlandpiste, die ich bald erreichte. Nur die äußere Überholspur benutzend, entfernte ich mich von der Stadt. Ich zog an allen anderen Fahrzeugen vorbei und befand mich bald in einem Geschwindigkeitsbereich, der es mir verbot länger auf der festen Piste zu bleiben.
Ich holte von der Verkehrsleitstelle die Erlaubnis ein, abheben zu dürfen. Nachdem ich mein Ziel - Terrania City - genannt hatte, teilte man mir eine der einige tausend Meter breiten und ebenso hohen Luftstrassen zu. Meinem Bordcomputer war der Verlauf dieser Luftwege bekannt und ich überließ es von nun an dem Autopiloten, mich ans Ziel zu bringen.
Mit einem mehrfachen der Schallgeschwindigkeit näherte ich mich der Hauptstadt des Solaren Imperiums.
Nach weniger als einer Stunde und dreißig Minuten informierte mich die Verkehrsleitzentrale Urumtschi über reges Verkehrsaufkommen im Gebiet von Terrania City. Ich folgte widerstrebend den Anweisungen und reduzierte meine Geschwindigkeit. Mit nur etwas mehr als fünfhundert km/h näherte ich mich nun der riesigen Stadt. Ich brachte für die Stecke Urmumtschi - Terrania City fast genauso viel Zeit, wie von Hamburg bis Urmumtschi.
Nervös und ärgerlich über die in meinen Augen unfähige Verkehrsleitzentrale von Terrania City landete ich auf einer der Gleiterpisten, die durch Tunnels unter der Riesenstadt hindurch an die Gestade des Goshun-Sees führten. Ich übersah in meinem Missmut, dass die Hauptstadt des Solaren Imperiums das größte Verkehrsaufkommen Terras und die größte Verkehrsleitzentrale des Imperiums besaß. Auf der Gleiterstrasse, die in das Villengebiet führte, war nur wenig Verkehr. Hier war, da es sich um eine ausgesprochene Erholungs- und Wohngegend handelte, ein Tempolimit festgesetzt.
Als mir aus der entgegen gesetzten Richtung, nämlich aus der Nähe, in der Reginald Bull und die anderen „Grossen Tiere“ des Imperiums wohnten, ein Gleiter mit einem Höllentempo entgegen kam, hatte ich Angst, dass es vielleicht der von allen so liebevoll „Bully“ genannte Reginald Bull war, der dort seinen Bungalow an See verließ. Der Fährstil passte zu ihm und auch nur die ersten Männer des Imperiums hatten die Erlaubnis im Erholungsgebiet Goshun-See so zu rasen. Natürlich nur, wenn ein dringender Grund vorhanden war. Für den Mausbiber Gucky war ein solcher Grund, wenn es irgendwo in Terrania City ein Sonderangebot Mohrüben zu ergattern gab. Rechtzeitig fiel mir ein, dass ein Teleporter wie der Ilt in einem solchen Fall keinen Gleiter benötigte.
Reginalds Haus lag direkt am See. Ich erinnerte mich, dass es damals, als ich mit ihm befreundet war, einen kleinen Sandstrand besaß.
Ich parkte meinen Gleiter und schwebte mit Hilfe meines Anti-Grav-Sessels zur Gartenpforte hinüber. Unbewusst ordnete ich meine Haare und legte die beiden Zöpfe zurecht. Ich war mir bewusst, dass ich von versteckten Kameras beobachtet wurde. Das Haus wurde natürlich von Robotern scharf bewacht.
Ich drückte auf die Klingel. Sofort summte der Öffner, ich stieß die Pforte auf und flog in den Vorgarten. An der Seite führte ein Pfad zum See hinunter. Vor der Eingangstür hielt ich den Sessel an und wartete. Ich erwartete nicht von Reginald persönlich begrüßt zu werden. Ein Dienstroboter würde an die Tür kommen.
Tatsächlich stand kurze Zeit später ein Robot vor mir. „Sie wünschen?“ fragte er nach einer kurzen Begrüßungsformel.
„Ich möchte gerne Reginald Bull sprechen“, antwortete ich mit etwas Zittern in der Stimme. Ich war nervös.
„Wen darf ich melden?“ setzte die Maschine stur die Fragerei fort, „Sagen Sie ihm, eine gute alte Bekannte möchte ihn mal wieder besuchen.“
Unwillkürlich hatte ich die Maschine gesiezt. Die Bioplastverkleidung wirkte aber auch verteufelt echt! Man hatte das Gefühl, einen Menschen vor sich zu haben.
„Tut mir leid, meine Dame,“ fuhr die Imitation eines Menschen fort, „allein auf diese magere Information hin kann ich es nicht verantworten, Sie einzulassen. Die Sicherheitsbestimmungen verbieten es. Ich bin untröstlich, meine Dame."
Ich musste über die Ausdrucksweise des Roboters lachen. Eine Maschine ist untröstlich! Reginald Bull umgab sich mit katastrophal programmierten Wächtern. Der unvoreingenommene Besucher ließ sich leicht davon täuschen, aber ich wusste, dass die Maschine im Notfall, z.B. einem Attentatsversuch schnell und folgerichtig handeln konnte.
Leider war der Robot unbestechlich. Ich wollte trotzdem Reginald Bull gegenübertreten ohne, dass er vorher darüber informiert war, wer ich bin.
„Mein Name ist Carola Mönckebach“, sagte ich schließlich. „Bitte schau in Deinem Speicher nach, ob ich als bekannt und berechtigt eingespeichert bin.“ Ich konnte nicht hundertprozentig damit rechnen, das Reginald mich noch nicht gelöscht hatte.
„Jawohl, meine Dame“, sagte der Roboter prompt. „Sie sind als Carola Mönckebach, Architektin. Ihr letzter Besuch wurde am 25. August 2169, registriert. Bitte einzutreten!“
Bull hatte mich noch nicht aus dem Robotspeicher gelöscht! Ich war freudig erregt.
„Bitte melde mich bei Reginald nicht an!“ rief ich, nachdem ich eingeschwebt war und der Roboter Anstalten machte mich zu melden. „Ich möchte ihn überraschen. Bitte erwähne vor ihm meinen Namen nicht;“
„Geht in Ordnung, meine Dame“, sagte der Roboter. Sein Kunststoffmund verzog sich zu einem Lächeln. Roboter mit Sinn für Humor konnte nur Reginald Bull besitzen. Vor hundert Jahren gefiel mir seine Art, heute ekelte sie mich an!
Die Maschine öffnete die Tür zu Bulls Wohnraum und ich trat ein. Der rothaarige Mann, der weiter hinten im Raum stand und sich einen Whiskey einschenkte sah zu mir herüber.
„Nanu“, sagte er. „Wer kommt denn da zu Besuch? Je schöner der Tag, desto interessanter die Gäste.“
Der Roboter verließ schweigend den Raum und Bull kam auf mich zu.
„Kenne ich Sie?“ fragte er verbindlich lächelnd. „Nehmen Sie es mir bitte nicht übel, gnädige Frau, aber ich kann beim besten Willen nicht alle Menschen erinnern, die mir mal über den Weg gelaufen sind.“ Er lachte entschuldigend und rieb sich verlegen die Brust. Seine Freizeitkombi stand bis zum Gürtel offen. Auf der Brust baumelte der eiförmige Zellaktivator.
„Ich bin Dir nicht nur mal kurz über den Weg gelaufen, Reginald“, antwortete ich. Die Nervosität war von mir abgefallen. „Ein halbes Jahr waren wir zusammen, Reginald und dann hast Du mich eiskalt abserviert.“
Ich sah, dass dem Mann etwas mulmig wurde. Diese Situation schien ihm richtig unangenehm zu sein.
„Nach einem halben Jahr eiskalt abserviert…“, wiederholte er flüsternd.
„Für einen relativ Unsterblichen nur ein kurzes Über-den-Weg-laufen", pflichtete ich ihm bei.
„Nein“, sagte er etwas zu laut in die entstandene angespannte Stille. „Sie...äh … Du musst mich verstehen. Ich habe kein fotografisches Gedächtnis wie Homer G. Adams oder wie Atlan. Der alte Arkonide hätte Sie nach tausenden von Jahren wieder erkannt. Ich verfüge nicht über einen solchen Gehirnteil. Ich bin jetzt zweihundertfünfunddreißig Jahre alt und...“
„...und ein lebendes Fossil!“ brach es aus mir heraus. „Ich bin hundert Jahre jünger und alt und verbraucht!“
Reginald Bull hatte nicht erwartet, dass ich so reagieren würde. Er war für einen Augenblick sprachlos. Ich nutzte diese Zeit und fingerte das alte Foto aus meiner Tasche. Ich feuerte es vor ihn auf den Teppichboden. Bull stellte sein Glas auf einen kleinen Tisch, bückte sich und hob das Bild auf. „Carola“, sagte er dann. „Das ist Carola Mönckebach.“ Er blickte mich an. "Sie... Du bist Carola?"
„Ja, Reginald“, sagte ich leise.
Er ging zu einem dunkelbraunen Ledersessel und ließ sich hineinfallen. Beherrscht sagte er: „Es tut mir leid, Carola, dass ich Dich nicht mehr erkannt habe. Es ist schon lange her, aber ich hätte Dich erkannt! Du hast Dich nur so verändert.“
Bei den letzten Worten bebte seine Stimme.
„Reginald, es ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, dass eine kleine Gruppe von Menschen ewig leben darf, während der Rest verfallen und sterben muss. Als ich noch jung, schön und erfolgreich war, da war das Leben lebenswert. Du bist unsterblich! Wie willst Du das vor Dir und Deinen Mitmenschen verantworten?“
„Nenn mich nicht immer Reginald! Ich bin Bully. Du weißt, meine Beziehungen zu Frauen waren nie …“
„Du lenkst nur ab, Reginald“, unterbrach ich ihn. „Du willst nicht daran denken, wie es der übrigen Menschheit ergeht, die nicht von irgendeiner Superintelligenz das Privileg bekommen hat ewig zu leben!“
„Verdammt noch mal!“ fluchte Bull ungeniert. „Tag und Nacht, Jahr für Jahr, ja, man kann sagen Jahrhundert für Jahrhundert plage ich mich für die Menschheit ab. Perry, ich, wir alle, wir arbeiten für die Menschheit. Unser Handeln ist bestimmt von den Wünschen der Menschen. All unser Denken bezieht sich darauf, der Menschheit einen guten Platz in der Völkergemeinschaft Milchstrasse zu reservieren, damit wir in Freiheit und Frieden leben können!“
„Damit Ihr Unsterblichen Jahrhunderte leben könnt!“ schrie ich aufgebracht. „Damit ihr teuren Whiskey saufen könnt, alle halbe Jahre eine frische Terranerin nehmen und dem Volk die großen Wohltäter mimen könnt.“
Als ich diese Worte aussprach war ich mir nicht bewusst, wie ungerecht ich war. Ich war verblendet von der Möglichkeit ewig leben zu dürfen.
„Ich glaube“, sagte Reginald Bull unnatürlich ruhig, "Du solltest über Deine Worte erst einmal nachdenken, bevor Du sie aussprichst. Ich gebe zu, es ist kein schönes Gefühl alt zu werden und dabei zu verfallen und andere in alter Frische zu erleben.
Wenn Du nun die Zeitspanne von zweihundert Jahren bedenkst, dann ist diese doch herzlich wenig gegenüber den zehntausend Jahren, die Atlan nun schon alt ist. Das alles muss man relativ sehen und im kosmischen Maßstab ist sogar herzlich wenig. Glaube ja nicht, dass es schön ist, alte Freunde, mit denen man aufgewachsen ist, alt werden und sterben zu sehen. Ich lerne täglich neue Leute kennen, doch die alten Freunde von damals, die sind eben schon hundert Jahre tot. Ich gebe zu, mein bester Freund, Perry, lebt noch, genau wie ich und ich habe auch viele neue Freunde im Laufe der Zeit dazu gewonnen. Du kannst es Dir aber nicht vorstellen, wie schmerzlich es ist, Freunde altern und sterben zu sehen. Die Unsterblichkeit ist hauptsächlich eine Last!"
Ich war kurz irritiert. Von dieser Seite hatte ich das Problem noch nicht betrachtet. Bull war trotzdem im Vorteil! Er hatte gut reden, denn er hatte ja den Zellaktivator.
„Wie lange willst Du überhaupt leben? Millionen von Jahren?“ fragte ich ihn. Ich sprach von einem Zeitraum, von der ich keinerlei Vorstellung besaß.
„Das wird keiner von uns schaffen“, sagte Bull nachsichtig lächelnd. „Das Leben hängt von so viel verschiedenen und komplizierten Gegebenheiten ab. Kein Atemgas mehr, ein gut gezielter Schuss aus einem Strahler, oder jemand klaut mir den Aktivator. Das sind alles Dinge, die schnell passieren können und dann ist es aus mit der schönen Unsterblichkeit.“
„Jawohl, Reginald! Es ist Schluss mit der schönen Unsterblichkeit!“ rief ich triumphierend und hielt ihm den kleinen Strahler, den ich blitzschnell aus der Tasche gezogen hatte, entgegen. Es war ein Fehler von seinem Roboter mich einfach einzulassen. Man hatte mich ganz bestimmt mit Röntgenstrahlen kontrolliert, aber einem Freund des Hauses war es erlaubt bewaffnet einzutreten. „Gib den Aktivator rüber!“
Er schaute mich fassungslos an. „Nein“, sagte er schließlich. „Das wäre mein Todesurteil. In zweiundsechzig Stunden würde ich abrupt altern und sterben. Würdest Du das zulassen wollen, Carola?“
In seiner Stimme schwangen Unglauben über die Situation und Beschwörung mit. Ich lachte. Es würde mir Freude bereiten, ihn als Greis zu sehen. Plötzlich merkte ich, dass meine Kräfte schwanden. Ich hatte mich in den letzten Stunden zu sehr verausgabt. Zu sehr für eine alte Frau.
„Gib den Aktivator rüber!“ wiederholte ich entschlossen. Die Vorstellung, dass bald der frische Strom des Aktivators durch meine absterbenden Zellen fließen würde, verlieh mir neue Kraft.
Ein mir unbekanntes Geräusch und ein kurzer Luftzug irritierten mich. Ich erstarrte vor Schreck, als neben Bull ein kleines, pelziges Wesen aus dem Nichts entstand. Gucky der Mausbiber.
„Na, endlich, Kleiner“, schnaufte Reginald Bull. „Hast Du etwa gepennt?“
„Klar, Dicker“, gab der Mausbiber zu. "Wer schläft, der sündigt nicht."
„Verschone mich mit Deinen alten Weisheiten“, sagte Bull. „Sieh lieber zu, dass die Arme mich nicht noch umbringt.“
„Keine Sorge“, versicherte das Pelzwesen. "Ich habe sie schon im telekinetischen Griff."
Die bedauernden, aber auch verständnisvollen Blicke meiner beiden Gegenüber waren das Letzte, was ich wahrnahm. Dann starb ich an Überanstrengung und Altersschwäche.
Vivian-von-Avalon

Re: Fan-Roman MOND DES SATANS

Beitrag von Vivian-von-Avalon »

TCai hat geschrieben:
Vivian-von-Avalon hat geschrieben: Tz tz tz - geht ja gar nicht! Dann bist Du es, die eine kleine Meinungsverschiedenheit mit dem Fehlerteufelchen hatte - kein Problem, passiert jedem mal ... nehme ich nicht übel ...
Ähhm! Ich stehe jetzt irgendwie auf dem Schlau. Erhelle meinen Geist! Was hab ich falsch gemacht? :unsure:
In der 4. Zeile (links von meinem Foto) heißt es: "Mit Fünfzehnjährige schrieb sie schon ..." - Es müsste doch sicherlich heißen: "Als Fünfzehnjährige schrieb sie schon ..."

Und in der letzten Zeile von mir vor Beginn des Grafikers: "... erkennt Perry Rhodan, das ihm die Rolle ..."

Wenn mich nicht alles täuscht, kommt da auch in der neuen Rechtschreibung (die ich immer noch nicht mag ...), ein Komma und dann ein "dass". Müsste also heißen: "erkennt Perry Rhodan, dass ihm die Rolle ..."

Ist aber nicht schlimm. Ich kenne das. Je länger man auf einen Text raufschaut, desto leichter übersieht man Fehler ...
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Re: Fan-Roman MOND DES SATANS

Beitrag von TCai »

HOT hat geschrieben:@Vivian & TCai:
Werde mir also mal Eure beiden Werke zulegen.
Dann bestelle dir auch gleich noch die FanEdition 14 von Ben Calvin Hary. Der Roman hat mich emotional umgehauen. Ehrlich, ich hab noch nie so viel bei einem Buch geheult wie bei dem. Außerdem trifft er den Ton der frühen Heftromane sehr gut.

@Vivian-von-Avalon:
Oh je, du hast völlig recht. Das ist mir jetzt ein bisschen peinlich. :o( Das kommt davon, wenn man die Sachen nicht noch mal ausdruckt. Blöd!
Aber ich habe es korrigiert und gleich an die PRFZ weitergeleitet. Die haben es auch nicht bemerkt. Wahrscheinlich weil alle im Stress waren, wegen des PR-Tages in Osnabrück. Trotzdem darf es nicht passieren, zumal ich mich selbst immer über sowas ärgere.

@HOT:
Hast du deine Geschichte zufällig als PDF? Ich bin ab morgen im Urlaub und weiß nicht genau, ob ich dort online sein kann. Wäre schön, wenn du mir deine Geschichte per Email schicken könntest. Die Kontaktadresse findest du auf meiner Homepage (siehe unten).
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Re: Fan-Roman MOND DES SATANS

Beitrag von Vivian-von-Avalon »

HOT hat geschrieben:Ich hoffe Ihr merkt, dass meine Häppchen immer so einen kleinen Cliffhanger haben .... nun geht's auch hier weiter.

Spoiler:
Ich bewegte mich auf meinem Anti-Grav-Sessel durch die Korridore der östlichen Stadtteile. Die in Gruppen oder auch paarweise langsam schlendernden Menschen umflog ich mit riskanten Schleifen und Kurven. Einige schimpften laut hinter mir her, wenn ich sie anstieß oder sie sich bedrängt fühlten.
Ich hatte es plötzlich sehr eilig, denn ich glaubte zu wissen, dass nur heute noch eine Chance bestand mein Vorhaben zu verwirklichen. Ich glaubte, dass ich sterben würde, wenn ich den Zellaktivator nicht noch heute in meinen Besitz bekommen würde.
Mein Weg führte mich zu einer der Tiefgaragen und zwar zu der, wo ich meinen Gleiter geparkt hatte. Ich schwebte in einen der Vorräume, hob die Hand mit meiner Registrierungskarte und der Garagenrobot lies mein Fahrzeug auf einem Leitstrahl in den Raum schweben. Die Garage selber wurde nie von einem der Kunden betreten. Dort hingen die Fahrzeuge Platz sparend übereinander und nur durch Gänge getrennt in ihren Halterungen. Die Garage war einbruchsicher und konnte einige tausend Fahrzeuge auf kleinstem Raum beherbergen.
Ich öffnete die Tür meines Gleiters und lenkte den Sessel vor die Steuerungskonsole. Der Sessel wurde auf dem Boden verankert, ich startete und fuhr los.
So schnell es die automatische Verkehrskontrolle zuließ raste ich durch die Tunnel, die in Richtung Asien aus Hamburg herausführten. Es herrschte reger Verkehr auf der breiten Überlandpiste, die ich bald erreichte. Nur die äußere Überholspur benutzend, entfernte ich mich von der Stadt. Ich zog an allen anderen Fahrzeugen vorbei und befand mich bald in einem Geschwindigkeitsbereich, der es mir verbot länger auf der festen Piste zu bleiben.
Ich holte von der Verkehrsleitstelle die Erlaubnis ein, abheben zu dürfen. Nachdem ich mein Ziel - Terrania City - genannt hatte, teilte man mir eine der einige tausend Meter breiten und ebenso hohen Luftstrassen zu. Meinem Bordcomputer war der Verlauf dieser Luftwege bekannt und ich überließ es von nun an dem Autopiloten, mich ans Ziel zu bringen.
Mit einem mehrfachen der Schallgeschwindigkeit näherte ich mich der Hauptstadt des Solaren Imperiums.
Nach weniger als einer Stunde und dreißig Minuten informierte mich die Verkehrsleitzentrale Urumtschi über reges Verkehrsaufkommen im Gebiet von Terrania City. Ich folgte widerstrebend den Anweisungen und reduzierte meine Geschwindigkeit. Mit nur etwas mehr als fünfhundert km/h näherte ich mich nun der riesigen Stadt. Ich brachte für die Stecke Urmumtschi - Terrania City fast genauso viel Zeit, wie von Hamburg bis Urmumtschi.
Nervös und ärgerlich über die in meinen Augen unfähige Verkehrsleitzentrale von Terrania City landete ich auf einer der Gleiterpisten, die durch Tunnels unter der Riesenstadt hindurch an die Gestade des Goshun-Sees führten. Ich übersah in meinem Missmut, dass die Hauptstadt des Solaren Imperiums das größte Verkehrsaufkommen Terras und die größte Verkehrsleitzentrale des Imperiums besaß. Auf der Gleiterstrasse, die in das Villengebiet führte, war nur wenig Verkehr. Hier war, da es sich um eine ausgesprochene Erholungs- und Wohngegend handelte, ein Tempolimit festgesetzt.
Als mir aus der entgegen gesetzten Richtung, nämlich aus der Nähe, in der Reginald Bull und die anderen „Grossen Tiere“ des Imperiums wohnten, ein Gleiter mit einem Höllentempo entgegen kam, hatte ich Angst, dass es vielleicht der von allen so liebevoll „Bully“ genannte Reginald Bull war, der dort seinen Bungalow an See verließ. Der Fährstil passte zu ihm und auch nur die ersten Männer des Imperiums hatten die Erlaubnis im Erholungsgebiet Goshun-See so zu rasen. Natürlich nur, wenn ein dringender Grund vorhanden war. Für den Mausbiber Gucky war ein solcher Grund, wenn es irgendwo in Terrania City ein Sonderangebot Mohrüben zu ergattern gab. Rechtzeitig fiel mir ein, dass ein Teleporter wie der Ilt in einem solchen Fall keinen Gleiter benötigte.
Reginalds Haus lag direkt am See. Ich erinnerte mich, dass es damals, als ich mit ihm befreundet war, einen kleinen Sandstrand besaß.
Ich parkte meinen Gleiter und schwebte mit Hilfe meines Anti-Grav-Sessels zur Gartenpforte hinüber. Unbewusst ordnete ich meine Haare und legte die beiden Zöpfe zurecht. Ich war mir bewusst, dass ich von versteckten Kameras beobachtet wurde. Das Haus wurde natürlich von Robotern scharf bewacht.
Ich drückte auf die Klingel. Sofort summte der Öffner, ich stieß die Pforte auf und flog in den Vorgarten. An der Seite führte ein Pfad zum See hinunter. Vor der Eingangstür hielt ich den Sessel an und wartete. Ich erwartete nicht von Reginald persönlich begrüßt zu werden. Ein Dienstroboter würde an die Tür kommen.
Tatsächlich stand kurze Zeit später ein Robot vor mir. „Sie wünschen?“ fragte er nach einer kurzen Begrüßungsformel.
„Ich möchte gerne Reginald Bull sprechen“, antwortete ich mit etwas Zittern in der Stimme. Ich war nervös.
„Wen darf ich melden?“ setzte die Maschine stur die Fragerei fort, „Sagen Sie ihm, eine gute alte Bekannte möchte ihn mal wieder besuchen.“
Unwillkürlich hatte ich die Maschine gesiezt. Die Bioplastverkleidung wirkte aber auch verteufelt echt! Man hatte das Gefühl, einen Menschen vor sich zu haben.
„Tut mir leid, meine Dame,“ fuhr die Imitation eines Menschen fort, „allein auf diese magere Information hin kann ich es nicht verantworten, Sie einzulassen. Die Sicherheitsbestimmungen verbieten es. Ich bin untröstlich, meine Dame."
Ich musste über die Ausdrucksweise des Roboters lachen. Eine Maschine ist untröstlich! Reginald Bull umgab sich mit katastrophal programmierten Wächtern. Der unvoreingenommene Besucher ließ sich leicht davon täuschen, aber ich wusste, dass die Maschine im Notfall, z.B. einem Attentatsversuch schnell und folgerichtig handeln konnte.
Leider war der Robot unbestechlich. Ich wollte trotzdem Reginald Bull gegenübertreten ohne, dass er vorher darüber informiert war, wer ich bin.
„Mein Name ist Carola Mönckebach“, sagte ich schließlich. „Bitte schau in Deinem Speicher nach, ob ich als bekannt und berechtigt eingespeichert bin.“ Ich konnte nicht hundertprozentig damit rechnen, das Reginald mich noch nicht gelöscht hatte.
„Jawohl, meine Dame“, sagte der Roboter prompt. „Sie sind als Carola Mönckebach, Architektin. Ihr letzter Besuch wurde am 25. August 2169, registriert. Bitte einzutreten!“
Bull hatte mich noch nicht aus dem Robotspeicher gelöscht! Ich war freudig erregt.
„Bitte melde mich bei Reginald nicht an!“ rief ich, nachdem ich eingeschwebt war und der Roboter Anstalten machte mich zu melden. „Ich möchte ihn überraschen. Bitte erwähne vor ihm meinen Namen nicht;“
„Geht in Ordnung, meine Dame“, sagte der Roboter. Sein Kunststoffmund verzog sich zu einem Lächeln. Roboter mit Sinn für Humor konnte nur Reginald Bull besitzen. Vor hundert Jahren gefiel mir seine Art, heute ekelte sie mich an!
Die Maschine öffnete die Tür zu Bulls Wohnraum und ich trat ein. Der rothaarige Mann, der weiter hinten im Raum stand und sich einen Whiskey einschenkte sah zu mir herüber.
„Nanu“, sagte er. „Wer kommt denn da zu Besuch? Je schöner der Tag, desto interessanter die Gäste.“
Der Roboter verließ schweigend den Raum und Bull kam auf mich zu.
„Kenne ich Sie?“ fragte er verbindlich lächelnd. „Nehmen Sie es mir bitte nicht übel, gnädige Frau, aber ich kann beim besten Willen nicht alle Menschen erinnern, die mir mal über den Weg gelaufen sind.“ Er lachte entschuldigend und rieb sich verlegen die Brust. Seine Freizeitkombi stand bis zum Gürtel offen. Auf der Brust baumelte der eiförmige Zellaktivator.
„Ich bin Dir nicht nur mal kurz über den Weg gelaufen, Reginald“, antwortete ich. Die Nervosität war von mir abgefallen. „Ein halbes Jahr waren wir zusammen, Reginald und dann hast Du mich eiskalt abserviert.“
Ich sah, dass dem Mann etwas mulmig wurde. Diese Situation schien ihm richtig unangenehm zu sein.
„Nach einem halben Jahr eiskalt abserviert…“, wiederholte er flüsternd.
„Für einen relativ Unsterblichen nur ein kurzes Über-den-Weg-laufen", pflichtete ich ihm bei.
„Nein“, sagte er etwas zu laut in die entstandene angespannte Stille. „Sie...äh … Du musst mich verstehen. Ich habe kein fotografisches Gedächtnis wie Homer G. Adams oder wie Atlan. Der alte Arkonide hätte Sie nach tausenden von Jahren wieder erkannt. Ich verfüge nicht über einen solchen Gehirnteil. Ich bin jetzt zweihundertfünfunddreißig Jahre alt und...“
„...und ein lebendes Fossil!“ brach es aus mir heraus. „Ich bin hundert Jahre jünger und alt und verbraucht!“
Reginald Bull hatte nicht erwartet, dass ich so reagieren würde. Er war für einen Augenblick sprachlos. Ich nutzte diese Zeit und fingerte das alte Foto aus meiner Tasche. Ich feuerte es vor ihn auf den Teppichboden. Bull stellte sein Glas auf einen kleinen Tisch, bückte sich und hob das Bild auf. „Carola“, sagte er dann. „Das ist Carola Mönckebach.“ Er blickte mich an. "Sie... Du bist Carola?"
„Ja, Reginald“, sagte ich leise.
Er ging zu einem dunkelbraunen Ledersessel und ließ sich hineinfallen. Beherrscht sagte er: „Es tut mir leid, Carola, dass ich Dich nicht mehr erkannt habe. Es ist schon lange her, aber ich hätte Dich erkannt! Du hast Dich nur so verändert.“
Bei den letzten Worten bebte seine Stimme.
„Reginald, es ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, dass eine kleine Gruppe von Menschen ewig leben darf, während der Rest verfallen und sterben muss. Als ich noch jung, schön und erfolgreich war, da war das Leben lebenswert. Du bist unsterblich! Wie willst Du das vor Dir und Deinen Mitmenschen verantworten?“
„Nenn mich nicht immer Reginald! Ich bin Bully. Du weißt, meine Beziehungen zu Frauen waren nie …“
„Du lenkst nur ab, Reginald“, unterbrach ich ihn. „Du willst nicht daran denken, wie es der übrigen Menschheit ergeht, die nicht von irgendeiner Superintelligenz das Privileg bekommen hat ewig zu leben!“
„Verdammt noch mal!“ fluchte Bull ungeniert. „Tag und Nacht, Jahr für Jahr, ja, man kann sagen Jahrhundert für Jahrhundert plage ich mich für die Menschheit ab. Perry, ich, wir alle, wir arbeiten für die Menschheit. Unser Handeln ist bestimmt von den Wünschen der Menschen. All unser Denken bezieht sich darauf, der Menschheit einen guten Platz in der Völkergemeinschaft Milchstrasse zu reservieren, damit wir in Freiheit und Frieden leben können!“
„Damit Ihr Unsterblichen Jahrhunderte leben könnt!“ schrie ich aufgebracht. „Damit ihr teuren Whiskey saufen könnt, alle halbe Jahre eine frische Terranerin nehmen und dem Volk die großen Wohltäter mimen könnt.“
Als ich diese Worte aussprach war ich mir nicht bewusst, wie ungerecht ich war. Ich war verblendet von der Möglichkeit ewig leben zu dürfen.
„Ich glaube“, sagte Reginald Bull unnatürlich ruhig, "Du solltest über Deine Worte erst einmal nachdenken, bevor Du sie aussprichst. Ich gebe zu, es ist kein schönes Gefühl alt zu werden und dabei zu verfallen und andere in alter Frische zu erleben.
Wenn Du nun die Zeitspanne von zweihundert Jahren bedenkst, dann ist diese doch herzlich wenig gegenüber den zehntausend Jahren, die Atlan nun schon alt ist. Das alles muss man relativ sehen und im kosmischen Maßstab ist sogar herzlich wenig. Glaube ja nicht, dass es schön ist, alte Freunde, mit denen man aufgewachsen ist, alt werden und sterben zu sehen. Ich lerne täglich neue Leute kennen, doch die alten Freunde von damals, die sind eben schon hundert Jahre tot. Ich gebe zu, mein bester Freund, Perry, lebt noch, genau wie ich und ich habe auch viele neue Freunde im Laufe der Zeit dazu gewonnen. Du kannst es Dir aber nicht vorstellen, wie schmerzlich es ist, Freunde altern und sterben zu sehen. Die Unsterblichkeit ist hauptsächlich eine Last!"
Ich war kurz irritiert. Von dieser Seite hatte ich das Problem noch nicht betrachtet. Bull war trotzdem im Vorteil! Er hatte gut reden, denn er hatte ja den Zellaktivator.
„Wie lange willst Du überhaupt leben? Millionen von Jahren?“ fragte ich ihn. Ich sprach von einem Zeitraum, von der ich keinerlei Vorstellung besaß.
„Das wird keiner von uns schaffen“, sagte Bull nachsichtig lächelnd. „Das Leben hängt von so viel verschiedenen und komplizierten Gegebenheiten ab. Kein Atemgas mehr, ein gut gezielter Schuss aus einem Strahler, oder jemand klaut mir den Aktivator. Das sind alles Dinge, die schnell passieren können und dann ist es aus mit der schönen Unsterblichkeit.“
„Jawohl, Reginald! Es ist Schluss mit der schönen Unsterblichkeit!“ rief ich triumphierend und hielt ihm den kleinen Strahler, den ich blitzschnell aus der Tasche gezogen hatte, entgegen. Es war ein Fehler von seinem Roboter mich einfach einzulassen. Man hatte mich ganz bestimmt mit Röntgenstrahlen kontrolliert, aber einem Freund des Hauses war es erlaubt bewaffnet einzutreten. „Gib den Aktivator rüber!“
Er schaute mich fassungslos an. „Nein“, sagte er schließlich. „Das wäre mein Todesurteil. In zweiundsechzig Stunden würde ich abrupt altern und sterben. Würdest Du das zulassen wollen, Carola?“
In seiner Stimme schwangen Unglauben über die Situation und Beschwörung mit. Ich lachte. Es würde mir Freude bereiten, ihn als Greis zu sehen. Plötzlich merkte ich, dass meine Kräfte schwanden. Ich hatte mich in den letzten Stunden zu sehr verausgabt. Zu sehr für eine alte Frau.
„Gib den Aktivator rüber!“ wiederholte ich entschlossen. Die Vorstellung, dass bald der frische Strom des Aktivators durch meine absterbenden Zellen fließen würde, verlieh mir neue Kraft.
Ein mir unbekanntes Geräusch und ein kurzer Luftzug irritierten mich. Ich erstarrte vor Schreck, als neben Bull ein kleines, pelziges Wesen aus dem Nichts entstand. Gucky der Mausbiber.
„Na, endlich, Kleiner“, schnaufte Reginald Bull. „Hast Du etwa gepennt?“
„Klar, Dicker“, gab der Mausbiber zu. "Wer schläft, der sündigt nicht."
„Verschone mich mit Deinen alten Weisheiten“, sagte Bull. „Sieh lieber zu, dass die Arme mich nicht noch umbringt.“
„Keine Sorge“, versicherte das Pelzwesen. "Ich habe sie schon im telekinetischen Griff."
Die bedauernden, aber auch verständnisvollen Blicke meiner beiden Gegenüber waren das Letzte, was ich wahrnahm. Dann starb ich an Überanstrengung und Altersschwäche.
@HOT:
Puuh - darf ich mal eine indiskrete Frage stellen - wenn Du nicht antworten möchtest, kann ich das sehr gut verstehen!

Für mich beinhaltet dieser Teil ein Grundproblem, das uns Menschen immer wieder begegnet und beherrscht - bei meiner Arbeit habe ich fast täglich damit zu tun: Die Endlichkeit des Lebens ... Hattest Du einen bestimmten Grund dafür? Weil - dieser Teil Deiner Story wirkt auf mich viel realistischer, lebendiger als die vorhergehenden Teile.
Autoren - egal ob Hobby oder Profi - sind Menschen - zum Glück! Und es liegt in der Natur des Menschen, über Dinge, die er/sie versteht, die zum Leben gehören, lebendiger schreiben zu können als über Themen, in die man sich hineindenken bzw. einbarbeiten muss ...

Sorry, nicht übel nehmen die direkte Frage ... bin auch bereit, mir dafür den Kopf abreißen zu lassen! ;)
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Re: Fan-Roman MOND DES SATANS

Beitrag von HOT »

Vivian-von-Avalon hat geschrieben: @HOT:
Puuh - darf ich mal eine indiskrete Frage stellen - Die Endlichkeit des Lebens ... Hattest Du einen bestimmten Grund dafür?
Andersherum: Mir geht es insbesondere bei der dritten Story (die könnte ja in Grunde für sich stehen) um das Gegenteil:

Sterblich sind wir alle, nur die Aktivatorträger nicht. Das wurde damals - jedenfalls in den Heften, die ich kannte - nie thematisiert. Es ist ein alter Allmächtigskeit-Traum unsterblich zu sein, aber wenn dann plötzlich eine Hand voll Leute Zellaktivatoren haben: Wie würde sich das auf die Gesellschaft auswirken? Mittlerweile gab es ja Jagden nach Aktivatoren, die Kämpfe um Unsterblichkeit - auch wenn ich bis dato darüber persönlich nichts gelesen habe. Die Hefte, die ich damals kannte, stellten das überhaupt nicht in Frage. Und Bully und Gucky lasse ich da ja auch sehr flapsig damit umgehen, so wie Darlton sie darstellte. Das war Kritik an der real existierenden Serie - heute möglicherweise überholt.

Mich persönlich erstaunt an meinem Text, dass meine 94jährige Mutter ihr Altsein und eingeschränkt am Gehwagen schlurfen müssen, mit gleichzeitiger Erinnerung an Zeiten als junge Radfahrerin, grade ähnlich frustriert, wie meine Protagonistin.... die ich mir 1977 ausgedacht habe.
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Re: Fan-Roman MOND DES SATANS

Beitrag von HOT »

TCai hat geschrieben: @HOT:
Hast du deine Geschichte zufällig als PDF? Ich bin ab morgen im Urlaub und weiß nicht genau, ob ich dort online sein kann. Wäre schön, wenn du mir deine Geschichte per Email schicken könntest. Die Kontaktadresse findest du auf meiner Homepage (siehe unten).
Wie lange bist Du weg? Da ich die Teile, die ich reinstelle, immer noch einmal durchlese und Kleinigkeiten korrigiere entsteht grade die Version.2015 - die würde ich die gerne zukommen lassen, ist aber leider noch nicht fertig - entsteht grade Häppchen für Häppchen. Sorry. :unsure:
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Re: Fan-Roman MOND DES SATANS

Beitrag von HOT »

Ach so, Ihr wollt ja sicherlich weiterlesen:
Spoiler:
7.

„Wir haben den zweiten Transmitterschock auch angemessen“, meldete die Ortungszentrale. „Die Reise unserer Kameraden endete auf dem Mond des zweiten Planeten.“
Jey Makumbu dankte für die Meldung und lehnte sich in seinem Sessel zurück. Auf der Panoramagalerie zog die urweltliche Landschaft von Carina vorüber. Auf dem Mond des zweiten Planeten also, dachte er bei sich. „Was halten Sie davon, Haig?“ fragte er den durchtrainierten Mann mit den schwarzen Locken neben sich. Schlome hatte zusammen mit seinem Freund Alfons Ramsey in der Solaren Flotte gedient. Er war der Waffenmeister der HARUMI OKADA und hielt seinen Befehlsstand im Auge.
„Der Mond von AV-2 ist ähnlich beschrieben worden, wie der terranische, wenn er auch nur zwei Drittel so groß ist. Ich wüsste nicht, wer sich dort ansiedeln würde, wenn es im selben Sonnensystem eine Welt wie diese, wie Carina, gibt“, antwortete der ehemalige Raumsoldat ernst.
„Genau meine Überlegungen“, stimmte der schwarze Terraner zu und strich sich über sein extrem kurz gehaltenes graues Kraushaar. „Nur wäre die Situation verständlich, wenn wir es bei diesem System mit einer Falle zu tun hätten. Viele Ödwelten und eine Bewohnbare. Am Unauffälligsten wäre es dann, sich in einem kleinen, unscheinbaren Mond zu verstecken.“
„Nur, warum? Wer will uns in eine Falle locken? Oder wer hat uns vielmehr schon in eine Falle gelockt? Arkonidenabkömmlinge sicher nicht“, vermutete Haig und griff nach seinem Becher Kaffee.
Schlome Haig nahm einen Schluck und drehte sich beim Trinken im Sessel der sich öffnenden Tür der Zentrale zu. Was er dort sah verwunderte ihn derart, dass ihm die Augen aus den Höhlen quollen und er sich verschluckte. Er verschüttete den heißen Kaffee über Hemd und Hose, stieß einen gurgelnden Laut aus und deutete auf die Tür.
Edelmann Makumbu musste seinen Sessel erst herumschwenken um die Tür in sein Blickfeld zu bekommen. Was er sah verwunderte ihn zwar ebenso wie Haig, jedoch ließ er sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen.
Ein kleines dürres Männlein schritt durch die Tür herein. Seine schwarze Kleidung hing an ihm herab und schlotterte bei jedem Schritt um seinen Körper. Sein Gesicht wurde durch eine riesige, aber schmale Nase beherrscht. Der dünnlippige Mund unter ihr verzog sich zu einer Art Lächeln, dann öffnete er sich und eine tiefe, sonore Stimme klang an die Ohren der beiden Freihändler: „Schlome Haig, ich habe die Ehre und die Freude, Sie umbringen zu dürfen“,
Jey Makumbu war sprachlos.
„… die Ehre und die Freude ... “, wiederholte Schlome Haig. „Wie komme ich zu der Ehre?“
Der dürre Gnom wedelte mit ein paar Geldscheinen in der Luft herum, als wenn das eine Antwort wäre. Edelmann Makumbu bemerkte sofort, das es sich um terranische Solar handelte. Das konnte nur ein Hinweis auf die Fürstin und ihre Begleiter sein. Andererseits hätte der Kleine sie auch im Schiff stehlen können.
„Du bist dafür bezahlt worden, dass Du ihn umbringst?“ fragte Makumbu den Zwerg ruhig.
„Ja, natürlich!“
Makumbu spürte, dass man dem Männlein alle Würmer einzeln aus der Nase ziehen musste.
„Von wem bist Du bezahlt worden?“ fragte er eindringlich,
„Von Yamaha Kuramoti und Bela-Alea Thor“, sagte der Zwerg betont freundlich.
„Aber warum, zum Teufel?“ schrie Haig mit sich überschlagender Stimme.
„Warum schon?“ war die Antwort. "Warum nicht? Regen Sie sich doch nicht auf. Niemand will ihnen etwas zuleide tun. Ich will Sie doch bloß umbringen."
„...bloß umbringen;“ echote Haig verständnislos.
Der Vertreter Bela-Alea Thors redete beruhigend auf Haig ein. „Haig, regen Sie sich doch nicht so auf. Bleiben Sie ruhig.“
Der Interkom summte und Makumbu betätigte einen Knopf. Er wurde von dem schwarzgekleideten Gnom nicht daran gehindert. Wie ihm schien, spielte er für den Fremden nur eine kleine Nebenrolle. Hauptperson war Haig. Er kniete vor dem Gnom und bettelte um Gnade, Tamar Bisom erschien auf dem kleinen Bildschirm.
„Edelmann, die beiden Patienten gebärden sich wie wild. Sie schreien und winseln in Todesangst!“
Stumm gab der Edelmann die Optik des Interkoms frei, indem er zur Seite trat. Dr. Bisom konnte nun Schlome Haig beobachten, wie dieser vor dem Fremden kniete und um Gnade flehte. Der ertrusische Arzt biss sich auf die Unterlippe und presste den gebräuchlichsten terranischen Fluch hervor, der ein menschliches Abfallprodukt beim Namen nannte.
„Ich werde handeln“, versprach er und trennte die Verbindung.

*

Dr. Tamar Bisom kam zu dem Schluss, dass es sich bei dem Eindringling um einen Teleporter handeln müsste. Er konnte sich zwar irren, aber man sollte in einem solchen Fall immer das Schlimmste annehmen. Er wählte mit seinem Interkom das Waffen- und Ersatzteillager an. Die zuständige Bereitschaftswache erschien auf dem Schirm. Es war eine junge Frau mit dunklen Haaren und einer Stupsnase.
„Können Sie mir einen Paratron-Schutzschirm-Projektor mit Bedienungsmannschaft besorgen?“ fragte der Ertruser ohne Umschweife.
„Wozu brauchen Sie den denn?“ fragte die Frau erstaunt,
„In die Zentrale ist ein unbekannter Teleporter eingedrungen“, informierte er sie kurz. „Um einen so paranormal Begabten festzusetzen braucht man doch einen Paratron-Schirm. Sehe ich das richtig?“
„Durchaus“, bestätigte die Arsenalswache. Dr. Bisom instruierte die Frau entsprechend und wählte dann die Funkzentrale an. Er unterrichtete Bulitt über die Situation und bat ihn, ein Bild der Zentrale auf den Interkomschirmschirm zu leiten, der neben dem Eingang in die Hauptzentrale angebracht war.
„Dieses Bild soll zur Orientierung für die Leute mit dem Projektor dienen. Es muss daher genau aus dem Sichtwinkel aufgenommen werden, aus dem man von der Tür aus blickt.“
„Das lässt sich machen“, antwortete Heavy Bulitt.
„Danke. Ich mache mich auf den Weg“, schloss Dr. Tamar Bisom.

*

Edelmann Makumbu war auf dem Sprung. Er beobachtete die Tür, denn nur von dort musste Hilfe zu erwarten sein.
Er sah zu Schlome Haig hinüber, der mit dem Fremden in eine Diskussion über Sinn und Unsinn der Tötung verstrickt war.
Der ehemalige Raumsoldat hatte gar nichts mehr von einem gestandenen Kämpfer. Der stellvertretende Kommandant konnte es sich nur so erklären, dass die Panikstrahlung auf Haig fixiert war, um ihn aus dem seelischen Gleichgewicht zu bringen.
Makumbu merkte, dass der Zwerg ungeduldig wurde. Er zückte ein Messer. Schlome, der der dem kleinen Wesen körperlich weit überlegen war, wich erschrocken zurück. Wenn Dr. Bisom einen Energie-Schirm-Projektor einsetzen würde, dann bestand die Gefahr, dass er Schlome und den Gnom zusammen unter dem Schirm bekam und das würde den Irren vermutlich nicht an seinem Mord hindern.
Makumbu drängte sich innerlich unsicher, aber äußerlich fest entschlossen wirkend zwischen Schlome und den Schwarzgekleideten. „Du wirst Haig nicht angreifen, Kleiner. Sonst bekommst Du es mit mir zu tun!“
Der Fremde stieß einen ärgerlichen Schrei aus und hob die Waffe zum Stoß. Er sprang auf den großen Freihändler zu, wurde von dem aber mitten im Schwung gestoppt und zurück geworfen. Der Gnom fiel hintenüber und rutschte über den Boden.
Schlagartig entstand eine Energiewand zwischen den beiden Menschen und dem Gnom. Schlome Haig hörte schlagartig auf zu wimmern und war still.
Die Tür der Zentrale öffnete sich und etwas verzerrt durch die flimmernde Energiewand des Projektors sah der Edelmann Dr. Bisom und einen auf Prallfeldern schwebenden Projektor mit Mannschaft. Bela-Alea Thors Stellvertreter atmete auf.
„Was?“ hörte er die Stimme von Schlome Haig hinter sich. „Vor dem Knirps habe ich mich gefürchtet? Der schafft es doch noch nicht mal einen terranischen Hasen ernsthaft zu gefährden.“
„Ich habe eine Vermutung“, klang die kräftige Stimme von Dr. Bisom auf. „Ich hatte Ihnen doch gemeldet, das meine beiden von der Panikstrahlung beeinflussten Patienten, verrückt spielen. Ganz bestimmt war daran unser Freund hier schuld.“
Er deutete auf den Fremden, der innerhalb des Paratronschirmes herumtobte und sich mit seiner Gefangenschaft nicht abfinden konnte
Der Freihändler nickte nur und schaute an sich herab. Der Kaffee hatte hässliche braune Spuren auf seiner hellen Kleidung hinterlassen.
„Ich danke Ihnen für diese prompte Hilfe, Dr. Bisom“, sagte Jey Makumbu und schüttelte dem Arzt die Hand.
Haig verwischte mit einer Hand den Schweiß auf seiner Stirn. Da er die Hand mit Kaffee in Berührung gebracht hatte, entstand darauf ein brauner Streifen.
„Geben Sie sich keine Mühe, Haig“, lachte Makumbu. "Meinen Teint erreichen Sie nie!"

*

„Es steht fest, dass sich die Fürstin mit Ihren Begleitern auf dem Mond des zweiten Planeten befindet. Der Gnom, der mit dem Auftrag Schlome Haig zu töten zu uns kam, beherrscht zwar Interkosmo, ist aber nicht bereit irgendeine Aussage zu machen. Für uns sehe ich nur die Möglichkeit, selber auf Mysterio nach dem Rechten zu sehen“, eröffnete Edelmann Makumbu die kleine Konferenz. Sie fand praktischer Weise in der Zentrale statt und nicht in einem der Konferenzräume des Schiffes.
„Mysterio?“ fragte Schlome Haig.
„Ich habe mir erlaubt den Mond so zu nennen, denn schließlich beherbergt er ein Mysterium, ein Geheimnis also“, erklärte Makumbu bereitwillig. „Ich schlage vor, sämtliche Drei-Mann-Zerstörer und Ein-Mann-Jäger, die wir haben, loszuschicken, um in den unterirdischen Stützpunkt auf Mysterio einzudringen. Unsere Leute müssen herausgeholt werden!“
„Warum nehmen wir nicht die Space-Jet mit Vanessa van Vloten?“ fragte Schlome Haig.
„Wir müssen uns diesen Weg offen lassen. Die Space-Jet bewacht weiterhin die unterseeische Kuppel. Es kann gut möglich sein, dass uns der Weg über die Transmitter noch nützlich sein könnte.“
„Schön“, meinte Schlome Haig. „Ich möchte allerdings zu bedenken geben, dass die Ein-Mann-Jäger wirklich nur für eine Person ausgelegt sind. Es ist beim besten Willen nicht möglich jemanden zu transportieren
„Aber die Drei-Mann-Zerstörer?“ fragte der Edelmann.
„Sicher“, gab Haig zu, „das würde gehen. Aber es ist ein erhöhtes Risiko mit Unterbesatzung zu fliegen. Wir müssen ja die Plätze für unsere Leute freihalten.“
„Na schön“, seufzte Makumbu. "Was also schlagen Sie vor?"
„Ist doch klar“, meldete sich German Bulitt zu Wort. "Wir schicken die Space-Jet gesteuert von Vanessa mit einer Kampfgruppe nach Mysterio, oder wie Sie die große Klamotte auch immer nennen wollen. In der Jet ist genug Platz für alle. Die Unterwasserkuppel wird von zwei Drei-Mann-Zerstörern bewacht. Das diese mit Unterbesatzung fliegen ist auf einem Planeten nicht so wichtig, wie im All. Diese Zerstörer also können zur Not unsere Leute aufnehmen, wenn diese überhaupt dort entlang kommen. Die Transmitterstrecke ist meiner Meinung nach eine Einbahnstrasse."
„Bulitt hat völlig Recht“, stimmte Schlome zu. „Edelmann, was meinen Sie?“
„Nett, dass auch ich nach meiner Meinung gefragt werde“, antwortete der grauhaarige Edelmann schmunzelnd. „Ich stimme dem Vorschlag zu. Das Beste, was eine einsame Führungskraft haben kann, sind doch Mitarbeiter mit guten Ideen.“
Kurz nachdem der Beschluss gefasst war, wurden die erwähnten Drei-Mann-Zerstörer auf den Weg geschickt und Vanessa van Vloten wurde benachrichtigt, dass sie abgelöst werden sollte.
Einige Stunden später startete sie mit einer fünfzehn Mann starken Einsatzgruppe unter Schlome Haig in Richtung Mysterio.
Niemand hatte eine Vorstellung, was sie dort erwarten würde.

*
Vivian-von-Avalon

Re: Fan-Roman MOND DES SATANS

Beitrag von Vivian-von-Avalon »

HOT hat geschrieben: ...
Mich persönlich erstaunt an meinem Text, dass meine 94jährige Mutter ihr Altsein und eingeschränkt am Gehwagen schlurfen müssen, mit gleichzeitiger Erinnerung an Zeiten als junge Radfahrerin, grade ähnlich frustriert, wie meine Protagonistin.... die ich mir 1977 ausgedacht habe.
Es gibt Dinge im Leben, d.h. zwischen Himmel und Erde, die sich unserem normalen Verstand entziehen. Diese begreifen wir erst, wenn es so sein soll, wir also "reif" dafür sind - oder manchmal auch gar nicht ...
Das scheint so etwas zu sein bei Dir.

Ich habe gelernt, dass diese Dinge zwischen Himmel und Erde durchaus nicht zu unterschätzen sind ...

Vielleicht war das der Sinn, dass Du Dir damals diese Protagonistin ausgedacht hast, dass Du heute Deine Mutter verstehen und ihre Gefühle akzeptieren kannst. ... Dass Höhere Mächte Dich dafür vorbereitet haben ...
Vivian-von-Avalon

Re: Fan-Roman MOND DES SATANS

Beitrag von Vivian-von-Avalon »

TCai hat geschrieben: ...
Dann bestelle dir auch gleich noch die FanEdition 14 von Ben Calvin Hary. Der Roman hat mich emotional umgehauen. Ehrlich, ich hab noch nie so viel bei einem Buch geheult wie bei dem. Außerdem trifft er den Ton der frühen Heftromane sehr gut.
...
Ich habe auch schon gehört, dass der Roman echt super sein soll. Aber gerade wegen der Thematik werde ich ihn nicht lesen - hat sehr private Gründe ...

Nach dem, was mir gesagt worden ist, rate ich Euch auch zu, ihn zu lesen!
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Re: Fan-Roman MOND DES SATANS

Beitrag von HOT »

Guten Abend, liebe LeserInnen. Es geht weiter im Text:

Spoiler:
8.

Ramsey nahm verschwommen wahr, wie sein Geist wieder in das Gehirn zurückkehrte. Er fühlte, dass er einen Körper hatte.
Er versuchte sich zu erinnern: Er war mit seinen Kameraden in diesen Raum gekommen, dann hatte sein Ego den Körper verlassen. Er war plötzlich jemand anderer gewesen: Ein Jagdflieger des Zweiten Terranischen Weltkrieges. Er hatte sich mit diesem Menschen für einige Zeit so stark identifiziert, dass er meinte, dieser zu sein. Doch dann wurde seine Maschine abgeschossen und beim Aufprall auf die Wasseroberfläche eines Flusses trennte sie der Tod.
Sein Bewusstsein hatte den Körper des Fliegers verlassen und nun anscheinend wieder einen neuen Körper gefunden.
Er schlug die Augen auf. Um ihn herum hatte sich nichts verändert. Edelmann Alfons Ramsey erhob sich. Auch seine beiden Kameraden und der Briff versuchten wieder auf die Beine zu kommen.
Guzzi blieb auf dem Fußboden sitzen und lehnte sich mit dem Rücken gegen eine Wand des Zimmers.
Ramseys Blick wanderte von der Terranerin suchend durch das Zimmer und blieb auf dem Mann hängen, der vor ihm stand. Der Freihändler erstarrte. Sein Gegenüber war etwas kleiner als er, hatte einen runden, kahlen Schädel und verfügte über einen großen Schnurrbart, dessen Spitzen traurig herunterhingen. Alfons Ramsey stand seinem Ebenbild gegenüber!
Die Erkenntnis ließ ihn schwanken und er musste sich an einem der Pulte abstützen, um nicht zu fallen.
„Vorsicht, Fürstin!“ rief sein Ebenbild und trat auf ihn zu, um ihn zu stützen.
„Fürstin?“ fragte Ramsey erstaunt und wandte den Kopf.
Seine Stimme irritierte ihn. Sie klang irgendwie fremd. Er räusperte sich und wagte sein Abbild zu fragen: „Wo ist Fürstin Thor? Ich sehe sie nicht.“
Seinem Gegenüber musste die Antwort einen Schock versetzt haben. Er wich zurück und stammelte: „Sie, ...aber Sie sind doch Fürstin Bela-Alea Thor.“
Ehe der maßlos erstaunte Freihändler noch etwas antworten konnte, erklang die zarte Stimme von Yamaha Koramoti.
„Ich“, erklärte sie. "Ich bin Bela-Alea Thor"
Ramsey fühlte sich entsetzlich unwohl. Sein Ebenbild wandte sich der Sprecherin zu und stieß einen lauten Schrei aus. „Nein!“ presse sein Doppelgänger entsetzt heraus. „Ich… ich...“ Er sprach nicht weiter, sondern stürzte auf die junge Frau zu und riss sie hoch. Er schüttelte sie und weinte.
„Verdammt noch mal, lass das Mädchen in Ruhe!“ brüllte Ramsey mit sich überschlagender Stimme. Er stutzte wieder. Es war nicht seine Stimme, mit der er sprach. Obwohl die Gefahr bestand, dass sein Doppelgänger, der immer wieder Yamaha schüttelte und gegen die Wand stieß, diese ernsthaft verletzen könnte, schaute er an sich herab.
Zwei Wölbungen zeichneten sich unter der engen Kombi auf seiner Brust ab, die vorher noch nicht da gewesen waren. Er tastete seinen Körper ab. Warum, dachte er, gibt es hier keinen Spiegel! Er fasste sich auf den Kopf und fühlte Haare. Er wusste genau, dass er seit etlichen Jahrzehnten kahl war. Er faste unter seine Nase, um den Schnurrbart zu zwirbeln, wie er es immer tat, wenn er nervös war und nicht wusste, wo er seine Hände lassen sollte. Er hatte keinen Bart mehr.
Die Erkenntnis, dass sein Bewusstsein sich im Körper Bela-Alea Thors befand erschlug ihn fast.
„Nein“, flüsterte er. "Das ist unmöglich. Das ist ein Alptraum!" Er ohrfeigte sich. Er kniff sich in Arme und Beine. Vielmehr tat er das mit dem Körper der Fürstin, aber dieser war im Augenblick identisch mit seinem. Es änderte sich nichts. Es war kein Traum. Er war die Fürstin!
Das konnte nur bedeuten, dass sein vermeintlicher Doppelgänger nicht nur sein Ebenbild, sondern eben er selbst war. Zumindest sein Körper, denn seine Persönlichkeit befand sich in der Freihändlerfürstin, „Aufhören! Beruhigt Euch!“
Der Freihändler hatte Mühe Guzzis Körper, in der sich die Fürstin befand, und seinen Körper, der von Guzzi beherrscht wurde zu trennen. Bela-Aleas Körper war sportlich nicht so trainiert, wie sein eigener. „Beruhigt Euch doch!“
Endlich hatte er die beiden sich wie wahnsinnig gebärdenden getrennt. „Ich weiß, was geschehen ist“, keuchte die Fürstin in Guzzis Körper. „Unsere Bewusstseine sind vertauscht worden.“
„Das ist verrückt!“ schrie Guzzi. „Ich will meinen Körper wieder haben. Es war nicht einfach für Alfons und die Fürstin die junge Freihändlerin in Ramseys Körper zu beruhigen.
„Wir müssen uns erst einmal mit der gegebenen Lage abfinden“, sagte die Fürstin ruhig. Guzzis Stimme klang merkwürdig, wenn sie von der Kommandantin benutzt wurde.
„Auf keinen Fall ist das hier alles alleine und durch Zufall passiert“, erklärte Ramsey. „Wir müssen den Verursacher aufspüren. Wenn er unsere Bewusstseine vertauscht hat, dann kann auch nur er das wieder rückgängig machen.“
„Wenn er das überhaupt will“, wandte Yamaha Kuramoti unter Tränen ein. Sie hatte sich mit der Situation am wenigsten abgefunden.
Ramsey trat auf die Anlagen zu, die ich in dem Raum befanden. „Dies hier sieht einem Telekom nicht unähnlich“, meinte er an die beiden anderen gewandt. Die Fürstin trat neben ihn.
„Versuchen wir eine Kontaktaufnahme“, schlug sie vor.
Ramsey streckte die Hand aus und tippte mit dem Zeigefinger seines neuen Körpers auf eine der Erhöhungen auf dem Gerät, die er für eine Art Knöpfe hielt.
Im Gesichtsausdruck seines Gegenübers erkannte er, dass es der Frau unheimlich war sich selbst gegenüberzustehen und ihn aus sich reden zu hören. Ihm war es nicht weniger unheimlich.
„Wo haben Sie hier ihr Taschentuch versteckt, Edelmann?“ fragte Yamaha leise. "Ich muss mich schnäuzen. Ihr verrückter Rotzfänger juckt entsetzlich an meiner Nase."
Ramsey musste lachen. „Er kitzelt an meiner Nase, wenn er schon juckt, was ich als Täuschung ansehe. Es ist ihnen nur ungewohnt.“
Die Fürstin musste ebenfalls lachen und Guzzi bekam wenigsten ein Lächeln zustande. Aber es lachte noch jemand. Alle wandten sich entsetzt dem Bildschirm zu. Der Knopfdruck Ramseys hatte ein Aufleuchten des Schirmes verursacht und ein wirres Farbenmuster, das im Rhythmus des Lachens zuckte, leuchtete auf ihm. Die drei Menschen konnten nichts als undefinierbare Farbmuster erkennen.
„Wer auch immer Du bist“, begann Bela-Alea Thor. "Gib uns unsere Körper wieder! Wir wollen nicht in fremden Körpern leben."
Ein erneutes Lachen war die Antwort. Die Farbmuster auf dem Bildschirm verschwammen und stabilisierten sich dann wieder.
„Ich will nicht im Körper eines Mannes leben!“ schrie Guzzi mit der rauen Stimme des Edelmannes.
„Mann und Frau“, erklang eine mechanisch klingende Stimme. Die Modulation drückte Abfälligkeit aus. „Was ihr Frau nennt, ist nur die eine organische Komponente, um ein materielles Gehäuse für den Geist zu produzieren. Was ihr Mann nennt ist nur eine zweite, weit unwichtigere Komponente.“
„Unwichtiger“, stöhnte Ramsey.
„Richtig“, war die Antwort des Fremden. „Haluter kommen ohne die männliche Komponente aus. Sie produzieren automatisch vor ihrem organischen Tod einen Nachfahren.“
„Jeder weiß, dass Haluter Züchtungen der Konstrukteure des Zentrums sind und deshalb nicht als Vorbild für normale organische Wesen dienen können“, wandte die Fürstin ein.
Wieder erscholl dieses Lachen. Ramsey dachte an das Kollektivlebewesen ES. Der Edelmann selbst hatte mit diesem sagenhaften Freund Rhodans noch keinen eigenen Kontakt gehabt, wusste aber, dass auch dieser sich gern auf diese Weise äußerte. Er hatte sich das Lachen des Wesens von Wanderer immer freundlich vorgestellt. Das Gelächter des Unbekannten, mit dem sie es hier zu tun hatten, klang jedoch hinterhältig und schmutzig.
„Die Konstrukteure des Zentrums hatten sich selbst zum Vorbild genommen. Baut ihr denn nicht auch Maschinen, wie Robotter, nach Eurem Vorbild?“
Ramsey spürte, das die Erklärung nicht ganz korrekt war, aber sie klang einleuchtend.
„Wir möchten in unsere Körper zurück“, wiederholte Guzzi leise die Forderung, die sie an den Fremden gestellt hatten.
„Ihr amüsiert mich“, stellte der Fremde nur fest.
„Es amüsiert Dich, wenn wir uns quälen?“ fragte diesmal der Edelmann. Er betrachtete konzentriert seine lackierten Fingernägel. Es waren die Finger Bela-Ales Thors.
„Ja“, war die knappe Antwort. Ramsey seufzte. Wo waren sie da nur hineingeraten? In die Hände eines Sadisten, der sich über ihre Lage freute?
„Wer bist Du? Und: Wo sind wir?“ fragte die Fürstin sachlich.
„Ich bin Kain, der seinen Bruder ermordete. Nero, der Rom anstecken ließ. Ich bin ein Folterknecht der Inquisition, Jack the Ripper, Adolf Hitler und Thomas Cardiff.“
„Alles in einer Person? Das muss eine Lüge sein“, Guzzi brüllte es. Es musste eine Lüge sein, hämmerte es immer wieder in ihrem Gehirn. Was hatten sie zu erwarten, wenn diese Behauptung stimmte?
„Ich bin immer wieder neu geboren worden, wie ihr alle“, war die neue Behauptung des Fremden.
„Das ist eine Lüge!“ schrie Yamaha Kuramoti wieder. „Und wenn das Bewusstsein unsterblich wäre, so würde sich doch jeder an sein voriges Leben erinnern können, wenn er neu geboren wird.“
Sie strapaziert meine Stimmbänder ganz schön, dachte Alfons Ramsey.
Einige Zeit war Stille. Die drei Freihändler überlegten, was sie von der Sache halten sollten. Den Briff schien das hier alles nichts anzugehen. Er wanderte zwar seit einiger Zeit nervös auf und ab, aber ernstliche Sorgen schien er sich um seine Freunde nicht zu machen, denn sein Fell leuchtete in zufriedenem Blau.
„Ich hatte geträumt“, erzählte Guzzi in Ramseys Körper plötzlich, "ich wäre eine alte Frau, die Reginald Bull den Zellaktivator stehlen wollte um weiterzuleben."
„Was?“ fragte Bela-Alea atemlos. „Ich erinnere mich. Ich hatte das Gefühl eine junge Frau zu sein, die in der Zeit lebte, als Großadministrator Perry Rhodan und sein Freund Reginald Bull ihren ersten Mondflug absolvierten. Dort hatten sie ja ein Schiff der Arkoniden gefunden.“
Sie erzählte die Geschichte, die sie erlebt zu haben glaubte. Auch Ramsey erzählte von seinem Erlebnis als Jagdflieger.
Das fremde Wesen hatte sich lange Zeit nicht mehr in das Gespräch eingemischt. Der leuchtende Bildschirm zeugte jedoch von seiner Anwesenheit.
„Das waren meine Beweise“, sagte es nun. „Ihr habt Dinge aus einem Eurer früheren Leben erlebt. Es waren Eure eigenen Erlebnisse. Ich habe sie aus Eurem Unterbewusstsein geholt und sie Euch bewusst gemacht. Es waren die letzten wichtigen Ereignisse vor einem Eurer Tode!“
„Ich glaube ihm kein Wort“, flüsterte Alfons Ramsey. „Er mag sich unserer Kollektiverinnerungen bemächtigt haben, um uns zu quälen. Wenn er den Buddhismus studiert hätte, würde er wissen …“
Das verrückt klingende Lachen unterbrach ihn. „Ich kann Menschen mit hypnotischen Befehlen beeinflussen. Auf fast unbegrenzte Entfernung."
„Und mir hast Du befohlen, dieses System hier anzufliegen“, stellte Bela-Alea Thor fest. „Denn ich wüsste kein Argument, das es rechtfertigen würde ansonsten hierher zu kommen."
„Stimmt“, stellte der Fremde nur kurz fest.
„Natürlich“, sagte Ramsey erregt. “Ich wusste genau, als Sie befahlen dieses System hier anzufliegen, dass etwas nicht stimmte. Sie brüllten herum und brachten das schwache Argument mit dem Unglück der SAKIS." Ramsey lachte. „Dieses System hier als Testfall. Geradezu lachhaft.“
„Dank eures autoritären Führungsystems, war es mir leicht möglich, Euch hierher zu locken“, erläuterte der Unheimliche. „Die Strahlung, die ein paar von euch beeinflusste ließ euch dann neugierig werden und ihr kamt ganz freiwillig zu mir.“
„Und unser Bewusstseinstausch?“ sprach Guzzi ihr Hauptproblem wieder an.
„Das lässt sich immer ändern“, erläuterte der Fremde lachend. „Aber nur, wenn ich es will. Ich habe Euch in der Hand, doch sobald ich Euch loslasse, federn Eure Egos in ihren Stammkörper zurück."
„Du sagtest doch sinngemäß, das Bewusstsein und Körper verschieden sind. Dass das Bewusstsein den Körper nur als Hülle benutzt und dass der Geist selber immer wieder neu geboren werden kann. Wie verträgt sich das mit Deiner letzten Behauptung?“ fragte Bela-Alea Thor
Es erfolgte keine Antwort, sondern der Bildschirm erlosch und der Raum wurde bis auf die Geräusche von unten totenstill.
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Schnurzel
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Re: Fan-Roman MOND DES SATANS

Beitrag von Schnurzel »

Also, mir gefällt die Story recht gut. Mit deinem Stil habe ich aber hin und wieder meine Schwierigkeiten. Mitunter liest er sich sehr statisch.

Beispiel:

Er versuchte sich zu erinnern: Er war mit seinen Kameraden in diesen Raum gekommen, dann hatte sein Ego den Körper verlassen. Er war plötzlich jemand anderer gewesen: Ein Jagdflieger des Zweiten Terranischen Weltkrieges. Er hatte sich mit diesem Menschen für einige Zeit so stark identifiziert, dass er meinte, dieser zu sein. Doch dann wurde seine Maschine abgeschossen und beim Aufprall auf die Wasseroberfläche eines Flusses trennte sie der Tod.


Ich versuche, gleiche Satzanfänge bei meinen Geschichten immer zu vermeiden.
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Re: Fan-Roman MOND DES SATANS

Beitrag von HOT »

Schnurzel hat geschrieben:Ich versuche, gleiche Satzanfänge bei meinen Geschichten immer zu vermeiden.
UUps, mache ich das öfter? Liest sich tatsächlich etwas unschön.
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Re: Fan-Roman MOND DES SATANS

Beitrag von Schnurzel »

Unschön würde ich das jetzt nicht nennen, das wäre ein wenig zu hart. Es fällt aber halt auf. Lass dich nicht beirren!
!
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