Alexandras Spielplatz

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Alexandra
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Re: Alexandras Spielplatz

Beitrag von Alexandra »

Weiter geht's mit dem Yogaurlaub


Übungsraum mit Yogakatze

Spoiler:
Übungsraum mit Yogakatze
Auf dem Weg entlang der blau leuchtenden Wasser des Swimmingpools in Richtung des Übungsraums dachte Joachim über den Vorfall nach. Dieses Verschwinden, das war wie in einem schlechten Roman, dessen Autor logische Verknüpfungen umgehen wollte. Er schüttelte den Kopf. Nichtsdestotrotz genoss er die Ruhe.

Im großen, hellen Yogaraum erwartete sie die zierliche Blondine. Joachim war überrascht. „Ähm, Biagina?“, fragte er leise.
Die Frau wandte sich ihm nach kurzem Zögern zu.
„Wollte die sich nicht um die Kinder kümmern?“, erkundigte er sich.
Sie runzelte die Stirn. „Welche Kinder? Übrigens, ich heiße Lisa“, gab sie zurück und streckte ihm die Hand hin.
Sheela drehte sich nach ihnen um.
„Hoffentlich haben wir nicht mit der. Ich will ihn“, wisperte sie Lisa-Biagina zu.
„Oh ja, ich auch“, stimmte die zu, und beide kicherten.
„Ach, Margot, hast du eine zweite Zahnpastatube dabei? Ich hab' meine vergessen.“
„Ich tu dir welche in ein Schälchen“, versprach Sheena-Margot. Joachim schüttelte den Kopf, ehe ihm einfiel, dass die Trainer dies als Ablehnung ihrer Person missverstehen könnten. Beflissen reckte er den Kopf, um aufmerksamer zu wirken.

Alle versammelten sich nun in einem Halbkreis um die beiden Übungsleiter. „Willkommen hier in unserem Lupullia“, begann der muskulöse junge Mann. „Ich bin der Jonny und das ist die Tina“. Die Blondine winkte. „Wir sind eure Trainer und wollen gemeinsam mit euch diesen Kurs gestalten. Eine Aktive Auszeit, das ist unser Ziel. Gesundheit und Einkehr ins eigene Selbst. Und natürlich wollen wir Spaß haben und Zeit füreinander und uns entwickeln. Wir beginnen mit kleineren Gruppen. Diese Hälfte – seine Hand trennte den Halbkreis – kommt zu meiner Frau. Da sind natürlich die Männer dabei. Und die anderen sind bei mir. Los geht’s.“ Ein kichernder Schwarm folgte ihm in den hinteren Teil des Raumes.

Männer? Hoffnungsvoll spähte Joachim in die Runde, nur um den Blicken der Kursteilnehmerinnen zu begegnen, die gleichfalls nach Männern suchten und ihn von oben bis unten musterten. Reflexhaft zog er den Bauch ein. Auch Tina führte ihre Gruppe nun ein paar Schritte zur Seite, und ließ sie sich alle auf ihre Isomatten setzen. Im Schneidersitz. Joachim spürte, dass sein letzter Kurs eine ganze Weile zurücklag und er seine guten Vorsätze, jeden Tag zu üben und mäßig zu essen, nicht eingehalten hatte.

„So, wir beginnen mit einem Warm-Up“, verkündete Tina und begann mit Wiege-und Streckbewegungen. Bald waren die Teilnehmerinnen in Schweiß gebadet. Joachim auch.
„Also, es geht heute erst mal um die Taille und um die Bauchmuskulatur“, kündigte sie an, „schließlich wollen wir alle das Gefühl haben, etwas für uns selber zu tun.“ Sie stützte die Hände auf die Knie und begann ihren Brustkorb zu wiegen. „So, jetzt spüren wir schon ein wenig unsere Taillenmuskulatur.“ 75A. Joachim wiegte sich mit und spürte sein Fett. Er begann, Weihnachtsbraten, Ostereier, Geburtstagstorten und diverse gesellige Runden im Biergarten Revue passieren zu lassen. Jetzt eine Schweinshaxe...“
„...vier Mal“, riss ihn aus seinen Gedanken. „Und dann in genau derselben Haltung nach hinten und nach vorn mit dem Oberkörper, nach hinten und nach vorn.“

Weiter ging es, man legte sich auf den Rücken und hob die Beine, senkte sie, hob sie.
„Das ist gut für den Beckenboden“, oder?“, fragte eine Teilnehmerin, deren Kraushaar nass ins Gesicht hing.“
„Natürlich. Das ist das allerbeste, was wir für unseren Beckenboden tun können“, versicherte Tina und lächelte Joachim strahlend an. „Und wir wissen alle, wie wichtig der Beckenboden für unser Wohlbefinden ist.“
Allgemeines Gekicher umgab Joachim. Der Kurs war gut gelaunt.
„Und diese Muskeln halten auch den Busen in Form“, ergänzte eine dunkelhaarige Frau und demonstrierte, wie das aussah. Joachim suchte ein Objekt, nach dem er gucken konnte, und fand die Katze.

Die Mieze hatte es sich unter einem Blumenhocker mit einem riesigen blühenden Fensterblatt gemütlich gemacht. Sie räkelte sich auf dem Rücken, zeigte die Tigerstreifen und die länglichen Punkte ihres Bauchfells und die schwarzen Pfotenunterseiten. Unter halbgeschlossenen Lidern beobachtete sie die Neuankömmlinge.
Inmitten der Frauen entstand Bewegung. Margot lächelte Tina an und fragte: „Wir sind doch alle schon Fortgeschrittene. Können wir die Krähe machen?“
„Au ja, die Krähe“, riefen die Frauen durcheinander. Die Katze drehte sich geschmeidig auf den Bauch. Grüne Augen musterten die Anwesenden. Die Zunge lugte zwischen spitzen Zähnen hervor.
„Natürlich können wir die Krähe machen“, entschied Tina. „Es macht halt jeder so weit, wie er kann.“

Joachim kannte diese Yogafigur und hatte sie schon geübt. Vor ein paar Jahren, und damals war er zwanzig Kilo leichter gewesen. Aber er würde es sicher trotzdem schaffen, sicherlich sogar besser bewältigen als viele von diesen Frauen, die doch nur mit der Figur des Trainers beschäftigt waren, statt sich ordentlich auf die Yogafígur zu konzentrieren und dadurch die Übungszeit möglichst gründlich zu nutzen.

Nur mit einem Ohr hörte er Tinas Anleitung zu und vergegenwärtigte sich den Ablauf. Er setzte die Handflächen auf. Die Arme etwas stärker beugen, sagte er sich, dann die Innenseiten der Beine auf die Oberarme schieben, bis hoch zu den Achseln. Jedenfalls nahe an die Achseln, so nah wie es ging. Es fiel ihm deutlich schwerer als damals, so weit er sich erinnern konnte, was sicherlich mit der Gewichtszunahme zusammenhing, die zu bekämpfen er hergekommen war und die ihm jetzt mehr als er er sich wünschte im Weg stand. Schweiß lief ihm über die Stirn, den er nicht wegwischen konnte und der in einem ersten Tropfen, auf die Matte fallend, einen nassen Kreis malte. Die Zehenballen sollten jetzt am Boden immer enger zusammenrutschen, und nun kam der alles entscheidende Moment, in dem er das Gewicht nach vorne gab, wobei er darauf achten musste, dass er nicht vornüber fiel.

Vielleicht hätte er sich eine Decke unterlegen sollen. Aber jetzt ging das nicht mehr und es hätte auch den anderen Teilnehmern und vielleicht sogar den Trainern gegenüber den Eindruck erweckt, als mangele es ihm an Selbstvertrauen, und sie hätten dies zum Anlass genommen, an seiner Charakterstärke zu zweifeln oder an seiner Eignung für diesen Kurs überhaupt, was ihm im Endeffekt sicherlich ihre Verachtung und jede Art von Nachteilen eingebracht hätte. Wobei er sich über die Meinung solch schwacher und abhängiger Personen nicht viel Sorgen machen musste. Er sah um sich. Manche schwebten schon auf den Händen, andere mühten sich. Tina war aufgestanden, um zu helfen. Die Katze hatte die Vorderpfoten aufgesetzt und ihre Pupillen zu einem schmalen Schlitz verengt.

„Unsere Yogakatze“, rief Tina, die seinem Blick folgte, und mehrere der Yoginis nutzten die willkommene Gelegenheit, sich aus den mühsamen Krähenübung zu befreien und die Katze zu streicheln, welche die ungeteilte Aufmerksamkeit vieler Menschen gewöhnt zu sein schien und zu schnurren begann.

Joachim versuchte, den rechten Fußballen und die Zehenspitzen vom Boden zu lösen und in einen sicheren Stand zu kommen, was die Grundlage bildete, um auch den zweiten Fuß heben zu können. Er hob ihn ein wenig und tippte immer wieder auf dem Boden auf, um sich zu stabilisieren. Plötzlich gab es einen schweren Schlag und ihn verblüffte die veränderte Perspektive, von der aus er die Halle sah. Die Holzdecke befand sich unter ihm und er fühlte sich wie ein Käfer, der auf dem Rücken lag und mit Armen und Beinen ruderte, ohne hochzukommen. Einige Frauen schrien, und Tina kam gelaufen,um ihm aufzuhelfen.
„Geht es dir gut?“, fragte sie mitfühlend. „In deinem Alter muss man solche Figuren langsam angehen. Wir machen jetzt erst mal was Einfaches. Hast du dir auch wirklich nicht wehgetan?“

Joachim verneinte, wobei er sich nicht sicher war, ob ihm der Fall oder die fehlerhafte Einschätzung der jungen Frau mehr zu schaffen machte. Mit einem Mal erschien sie ihm unangenehm dürr und unreif. Sie richtete sich auf und klatschte in die Hände. „So, meine Lieben, wir machen jetzt erst mal den Baum. Das ist ein ganz wichtiges Asana.“ Alle stellten sich in einen Keis.
„Der Baum hilft uns körperlich, indem er den Gleichgewichtssinn stärkt, den man bei den schwereren Übungen braucht.“ Mehrere Frauen sahen zu ihm hinüber, und Joachim fühlte Zorn und Scham in sich aufsteigen.

„Seelisch stabilisiert und harmonisiert er uns. Er hilft uns, Bestimmtheit und Zielorientiertheit zu entwickeln“, erklärte Tina weiter und begann, sich mit geschlossenen Füßen gerade hinzustellen. Die Frauen machten es nach. Sie begannen, tief ein- und auszuatmen.
„Nun müssen wir die Arme seitlich ausstrecken und das Gewicht auf das rechte Bein verlagern, dann den linken Fuß anheben. Achtet bitte darauf, das Knie so weit wie möglich nach außen zu drehen, um ins Gleichgewicht zu kommen“. Tina sah sich um, und Joachim auch. Einige konnten die Übung so gut, dass sie bereits den Fuß oben an die Innenseite des Oberschenkels gelegt hatten. Er war noch mit der Verlagerung des Gewichts beschäftigt.
„Nun winkeln wir die Arme leicht an, ganz leicht, so wie ich es vormache, schließen die Hände, indem wir sie über dem Scheitelpunkt unseres Kopfes zusammenlegen, und wir spannen den Bauch an.“ Sie machte es vor, und Joachim machte es nach, wobei er sich fühlte wie ein Baum im Sturm, der in heftigen Böen hin- und herschwankte. Der Herr der Ringe fiel ihm ein und die Reise der Hobbits auf den Schultern des Ent. Etwas Kleines mit spitzen Nadeln an den Pfoten umfasste sein Bein, dann seine Seite, hing sich mit ungeteilter Entschlossenheit an ihn, umklammerte ihn und kletterte an ihm hoch. Er fühlte Pelz an der Wange.

„Bauhaus, nein“, rief jemand und Joachim taumelte auf beide Füße, eine kleine schwarze Katze in der Hand.
„Oh, ist die süß“, „Wie lieb!“ „Oh, wo kommt die denn her“, riefen die Frauen durcheinander, während sie ihn umdrängten und dann, als eine von ihnen die Katze erbeutet hatte, unbeachtet stehenließen. Unwillkürlich empfand er einen Stich, Neid kroch in ihm hoch. So würde er auch gerne mal gekrault werden. Anscheinend hatte er bei de Wahl seiner aktuellen Wiedergeburt einen schweren Fehler gemacht.
„Warum heißt der denn Bauhaus?“, erkundigte er sich bei einer der Frauen, die den kleinen Kater gerade nicht erreichten konnten.“
„Oh, eine Kursteilnehmerin hat ihn auf dem Bauhaus-Parkplatz gefunden und mitgenommen“, erklärte sie. „Oh, ist der süß“ - und schon stürzte sie sich erneut ins Gewühl der Streichelnden.

Eine Klangschale ertönte. Es gab einen Imbiss. Mittagessen.
„Zum Abendessen grillen wir frischen Fisch aus dem Meer“, kündigte Jonny an, der mit seiner Gruppe herankam. Noch mehr Frauen stürzten sich auf die Katze. Andere lösten sich von der Gruppe und begaben sich zur Terrasse. Joachim folgte ihnen.
Zuletzt geändert von Alexandra am 15. August 2015, 22:44, insgesamt 1-mal geändert.
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Alexandra
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Re: Alexandras Spielplatz

Beitrag von Alexandra »

Und der Abschied...

Abendgrillen und Abschied
Spoiler:
Abendgrillen und Abschied
Es war Abend. Zufrieden lehnte Joachim sich zurück und überblickte den massiven ovalen Holztisch, auf dessen naturbelassener Oberfläche Schüsseln mit verschiedenen Salaten, nach Olivenöl duftendem Weißbrot und Teller samt Besteck und Servietten thronten. Der Wind trug den Kräuterduft des gegrillten Fisches herüber, und die Yogakatze sprang neben ihm auf die Bank. Sie schnurrte, wie er noch nie eine Katze hatte schnurren hören, und rieb sich an seinem Arm. Bauhaus war auch da. Und noch andere Miezen fielen ihm auf, die im Schatten saßen und sich immer näher an die Tischrunde heranschoben. Ein Hund war dabei, ein großer Mischling mit treuherzigen Augen, der den Kopf schief hielt.

Drüben am Schwenker wurden die in Kräuter gewälzten Fische gar. Schon stand die zuvorkommende Frau, die ihn abgeholt hatte, mit einer großen Platte bereit. Sie war tatsächlich blond mit braunen Augen. In seinem jetzigen entspannten Zustand konnte er das ganz genau sehen. Johnny belud ihre Platte.
„Frieda, warte mal!“, rief er sie zurück, als sie schon auf den Tisch zusteuern wollte. Die Gesichter der Tiere folgten den Bewegungen der Platte. Die der Menschen auch. Jonny legte noch einen frischen Lorbeerzweig auf das Festmahl, und die Frau, die, wie er nun wusste, Frieda hieß, machte sich auf den Weg, um die Fische zu servieren.

Ihm gegenüber saßen erneut die drei Yoginis vom Frühstück: Margot, Lisa und Edeltraut, die vertraut miteinander schwätzten und lachten, wobei sie die Blicke auf die Fische gerichtet hielten. Natürlich hatten sie keine Kinder dabei, was Joachim befremdete, erinnerte er sich doch an die Szenen beim Frühstück und an die Regenbögen, in denen die Kinder verschwunden waren, auch wenn das nicht sein konnte und er es sich gewiss nur eingebildet hatte, was ihn verunsicherte.

Er lächelte, weil er sich an seine angegriffenen Nerven erinnerte. Das wäre ja noch schöner, wenn solche Szenarien wahr wären, nicht deshalb, weil ihm die Ruhe nicht gut täte, sondern ganz einfach deshalb, weil solche Veränderungen der Realität dieselbe unberechenbar und ganz und gar unzuverlässig machten. Den Kopf voll verwirrender Gedanken griff Joachim nach dem Salatbesteck und tat sich grünen Salat auf, der mit Mandarinen und Nüssen bestreut war. Eine war eine Paranuss, und sie kollerte von seinem Teller, woraufhin er sie in die Hand nahm.

„Sheela!“ Der Ruf ließ ihn aufblicken. Margot drehte sich ebenfalls in die Richtung der Rufenden. „Sheela, der Hund hat sicher Würmer.“ Eine Teilnehmerin am anderen Ende des Tisches deutete auf Sheelas Sohn, der sich gerade von einem zotteligen weißen Mischling mit langen Ohren das Gesicht abschlecken ließ. Sie sprang auf und zog ihn zum Waschraum. Edeltraut blickte sich suchend um. Sie trug einen bunten Schal. „Wo meiner nur steckt?“ Sie zog das Handy heraus und wählte eine Nummer. Die gefleckte Katze auf der niedrigen Mauer legte die Ohren an und fauchte, denn ein großer, struppiger Wolf lief an der Terrasse vorbei. In seinem Bauch klingelte es. Schnell ließ Joachim die Paranuss fallen und wischte sich die Hände an der Serviette ab. Er blinzelte. Kein Wolf. Da schnupperte ein Beagle herum mit wolligem Oberhaar auf dem Rücken. Er sah aus wie ein Hippi.

„Stell dir vor, ich habe gerade wieder eine SMS von Martin erhalten. Er will sich doch von seiner Sekretärin trennen, wenn ich wieder einziehe“, erzählte Edeltraut.
Margot schüttelte den Kopf. „Und darauf fällst du rein? Der macht sich das ganz schön einfach. Lass ihn noch zappeln.“
„Und wenn er dann weg ist?“, fragte Edeltraut.
„Dann bist du endlich unabhängig von ihm“, gab Margot zurück. „Ich habe auch seit Jahren keinen festen Partner mehr. Deswegen habe ich viel mehr Zeit für mich und für meine Entwicklung. Du könntest mit mir auf den Schamanenkurs in Peru kommen, ich kenne sonst keinen, der mitmacht, und ich will nicht allein fahren. Denke ein wenig an dich und dein eigenes Leben.“
„Da hast du eigentlich recht“, stimmte Edeltraut zu. „Ich lasse mich viel zu oft ausnutzen.“
Die Diskussion verstummte, denn es gab jetzt Fisch und alle ließen sich auftun. Die Katzen schnurrten wie Rasenmäher. Joachim lief das Wasser im Munde zusammen.

In diesem schmackhaften und harmonischen Moment verlassen wir die Geschichte des Deutschen im Yogakurs und wünschen ihm eine gute und ertragreiche Auszeit, in der er in ruhigen Momenten Gelegenheit findet, die mitgebrachte Lektüre von Kafka zu lesen.
Sarvam Mangalam.
hz3cdv
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Re: Alexandras Spielplatz

Beitrag von hz3cdv »

Ich tue mich mit Ideengeben eher schwer. Was ich immer gerne mache, ist die Umweltczu beobachten. Da stößt man dann auf manch seltsame oder kafkaeske Situation.

Vor einigen Wochen war im Fitnesscenter an den Geräten immer eine Oma (> 60 Jahre) vor mir. Und immer hatte sie 5 bis 10 kg mehr aufliegen als ich. Sehr frustrierend. Vielleicht wars ja eine Vampirin, wäre jedenfalls besser als die Erklärung "Ich bin so schwach".

Dann sind Hunde immer ein Thema. Beim letzten Winterurlaub spielte ich einen mitgereisten Jagthund in der Hütte Vogelstimmen vom iPhone vor. Da war er sehr verwirrt. Ich frage mich immer, wie der Hund die Geschichte aus seiner Sicht schildern würde. Vogeljagd im Wohnzimmer.
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Alexandra
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Re: Alexandras Spielplatz

Beitrag von Alexandra »

Tja, Hans Zahn und sein Dackel Waldi sind der Straßenbahnlinie 13 entstiegen und auf dem Weg ins Fitnesscenter.
Kannst du mir paar Maschinen sagen und was man dran macht?
hz3cdv
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Re: Alexandras Spielplatz

Beitrag von hz3cdv »

Kraftgeräte:

Schulterpresse:
http://www.technogym.com/de/produkte/kr ... lder-p/445

Beinpresse:
http://www.technogym.com/de/produkte/kr ... g-pres/425

Upper Back:
http://www.technogym.com/de/produkte/kr ... r-back/449

Vertical Traction:
http://www.technogym.com/de/produkte/kr ... action/451

Lower back:
http://www.technogym.com/de/produkte/kr ... r-back/429

Chesst press:
http://www.technogym.com/de/produkte/kr ... t-pres/405

Macht überhaupt keine Spaß, hilft aber definitiv gegen Rückenprobleme.

Im Prinzip immer mit schematischen, voreingestellten Bewegungen einen Haufen Gewichte bewegen. Die Geräte setzen die Bewegung so um, dass immer definierte Muskeln oder Muskelgruppen belastet werden.

Nein, macht überhaupt keinen Spaß.


Ausdauergeräte:

Stepper:
http://www.technogym.com/de/produkte/ca ... nchro/2724

Ergometer (Fahrräder)

Macht alles noch viel weniger Spaß, soll aber Fett verbrennen.
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Christophnz
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Re: Alexandras Spielplatz

Beitrag von Christophnz »

hz3cdv hat geschrieben:
Nein, macht überhaupt keinen Spaß.
Kann ich so nicht behaupten. Ich bin zur Zeit fast taeglich etwas ueber eine Stunde im Gym und auf den Fahrraedern kann man gut Fernsehen oder seinen PR lesen :D ! Mit Gewichte(Maschinen)training halte ich mich aber wegen einiger alter Verletzungen zurueck.
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GruftiHH
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Re: Alexandras Spielplatz

Beitrag von GruftiHH »

Liebe Alexandra,

Du wolltest doch ein paar Ideen, die Du ausfüllen kannst. Mir viel heute Morgen eine eingefallen, als ich wieder einmal den Berber auf der Straße vor unserer Firma sah und ihm ein 2 Euro Stück in die Hand gedrückt habe.

1) Ein Berber in der Innenstadt. Viele gehen verächtilch an ihm vorbei? Was hat ihn dazu getrieben, auf der Straße zu leben? Ist er ein ehemaliger Raumfahrer, der nun auf Terra gestrandet ist? Ein Alien? Oder einfach nur ein Terraner, der dem Alkohol verfallen ist und alles verloren hat?

2) Der Bänker oder eine andere Person, die den Berber verächtlich angeschaut hat, ist er wirklich so viel "besser" als er? Vielleicht verbindet die beiden ja was?

3) Ein Kind, was dem Berber eine Münze in den Hut wirft? Was hat es für Träume, wie sieht ihr Weg aus?

Drei Geschichten und ein Anhaltspunkt: Der Berber.

Da bin ich ja jetzt gespannt. :)

P.S: Ich habe im Hinterkopf auch noch eine Geschichte mit einem Berber. Die muss ich noch mal ausarbeiten. Aber lustig wäre es schon, wie wir beide - oder andere Schreiberlinge, die sich uns anschließen wollen - damit umgehen.
* Am Ende des Regensbogen sehen wir uns wieder. *
hz3cdv
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Re: Alexandras Spielplatz

Beitrag von hz3cdv »

Christophnz hat geschrieben:
hz3cdv hat geschrieben:
Nein, macht überhaupt keinen Spaß.
Kann ich so nicht behaupten. Ich bin zur Zeit fast taeglich etwas ueber eine Stunde im Gym und auf den Fahrraedern kann man gut Fernsehen oder seinen PR lesen :D ! Mit Gewichte(Maschinen)training halte ich mich aber wegen einiger alter Verletzungen zurueck.
Ich lese Zuhause auf meinem Heimtrainer auch Neo, LKS, Report usw. Aber EA traditionell im Sessel. Im Fitnesscenter höre ich Hörbücher auf meinem iPod. :D
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Alexandra
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Re: Alexandras Spielplatz

Beitrag von Alexandra »

So -

Fitness Hoch 3 – 4u

Die Nordlichter unter uns müssen vielleicht ein wenig raten, um Waldis Geheimnisse zu verstehen.
Aber wer von uns versteht schon eine Dackel?

Spoiler:
Fitness Hoch 3 – 4u

Hans Zahn entstieg der Straßenbahnlinie 13. Die Sporttasche war neu, ebenso wie sein Traininganzug und die Schuhe. Sein Dackel sammelte sich einen Moment, bevor er auf seinen krummen Beinchen den Sprung wagte. Er wedelte einige Male, und Hans schnalzte mit der Zunge.
Er hatte das Tierchen Waldi getauft, das war der einzig richtige Namen für einen aus München stammenden Glatthaardackel, der hier im Ruhrpott sein Exil gefunden hatte. So wie er.

Ein kühler Windstoß ließ ihn frösteln. Das geschah immer auf dieser Strecke, diesem betonierten Fußweg, der um eine aus Gebüsch ragende Felsnase herum in eine Sportanlage mündete, deren hohe Maschendrahtzäune einen um diese Zeit stets verlassenen Hartplatz und eine Skateboardbahn gegen das Betreten von der Straßenseite abschirmten. Der Fußweg führte abwärts zu einem Tunnel unter der Straßen, auf dessen anderer Seite man an einigen Glascontainern vorbei das Fitnesstudio „Fitness Hoch 3 – 4u“ erreichen konnte. Hans zog den Dackel an der Leine, der ständig neue Hundehaufen fand. In die Hundeschule musste er auch mal mit dem. Sobald er fit war, würde er ihn dort anmelden. „Komm, Waldi, mach schon. Herrchen hat keine Zeit“, sagte er und hielt die Leine ein wenig straffer. Der Dackel folgte ihm.

Herrgottsakrazementhalleluja, wos hat etz der scho wiader für an Affenzahn drauf. Des gibt’s ja wohl net. Und wofür des alles? Nur dass der mich dann an an Pfahl anbindt und i zuaschaun ko, wi der sich auf irgendsowelche Gestelle legt und Zeugs hoch und runter schiabt und dabei schwitzt wiara Bleeder. O mei, die Menschen, wia's halt mei selige Frau Muada scho immer g'sagt hat, zum Füttern sans guad, aber ansonsten muas man sie sich einfach so guat herziehn wias geht. I glaab, i hob wos falsch g'macht.

Mensch, etzat ziagt mi der scho wiada weiter. Dabei riacht des etz grad ganz besonders interessant. Grad derwürgen tut mich der. So a Stoffl, so a damischer. A Mensch halt. Mei, dann tu i dem halt den Gefallen und renn, dann giabt er mia hernach wenigstens was Guads zum Essen. Der wird doch immer so hungrig mit dera Fitness, dass er hernach in die Wirtschaft gehen muss und richtig an fetten Braten einfahrn. Und a Halbe Bier dazu oder zwei. Des lob i mir. Des riacht guad und i bekumm was ab. Da steckt halt doch a wengerl was von am Bayern im ihm, auch wenn er im Ausland wohnt. Passt scho.


Dass der Hund aber auch immer so bummeln musste. An jedem Eck und Haufen blieb er stehen. „Jetzt komm, Waldi“, lockte ihn Hans. „Ich muss doch trainieren gehen.“ Der Dackel wedelte schwach. Aber dann besann er sich eines Besseren und galoppierte los. Hans musste sich direkt anstrengen, um mit ihm Schritt halten zu können. Ein Passant blieb stehen, als sie ihn überholten. Ein komisches Gesicht, dachte Hans flüchtig, so ausgezehrt. Er sah sich um. Der Mann blickte ihnen starr nach.

Hans begann zu pfeifen, um die seltsame Stimmung zu vertreiben, die ihn beschlich. Er ging ein wenig schneller und war froh, dass der Dackel diesmal keine Sperenzchen machte. Als würde das Tierchen verstehen, worum es ihm ging. Die hatten halt doch ihren Instinkt, die Tiere. Er beugte sich herunter und tätschelte ihm den braunen Dackelrücken. Waldi wedelte. „Nachher bekommst du ein feines Stück Braten mit Fett und Soße extra“, versprach er ihm. Waldis Schwanzwedeln wurde stärker. Das war schon immer wieder schön, wie die Tierchen sich eben doch Wörter merken konnten. Oder hörten sie doch nur auf den Klang der Stimme? Ach, was soll's.

In wesentlich besserer Stimmung erklomm Hans die Stufen. Auf dem Absatz stand ein Oleandertopf. Über der Eingangstür leuchtete orange und weiß das Schild: „Fitness Hoch 3 – 4u“. Hans grüßte das Mädchen an der Empfangstheke, die ihn in ihre Liste eintrug und mit einer Handbewegung die Fitnessdrinks anbot. Hans winkte ab. „Danke, nachher“, meine er. Das Zeug schmeckte ihm nicht.

Mittlerweile war er schon fast Stammkunde. Er ging zur Umkleidekabine, legte die gefaltete Straßenkleidung in die Sporttasche und ging los. Der Dackel hatte brav gewartet. Die Besitzerin hatte auch Hunde, deshalb drückte sie ein Auge zu, wenn er das Tierchen mit reinnahm.
„Komm, Waldi“, lockte er ihn, während sie zur Säule gleich am Eingang des Kraftraums gingen. „Jetzt bleibst du schön hier, und später gehen wir fein was essen.“

Jo mei, etz hob i eam da, wo i eam haben wui. Etz darf i nua net sabbern vor Vorfreude.
O mei, wos woa etz des? Als ob i a zwoate Stimm g'hört hett, die wo dasselbe sagt.


Nachdem er den Dackel angebunden hatte, der sich, wie immer, brav hinlegte, mit dem Kopf zwischen den Vorderpfoten. Dann ließ er den Blick über die geräumige Halle mit der gläsernen Fensterfront zum Fluss hin gleiten. Wie jeden Tag saß Christoph auf seinem Trainingsrad und las seinen unvermeidlichen Heftroman. Irgendwas mit Science Fiction. Der war nett, aber er hatte eine Katze, und da Hans sich weder für Science Fiction noch für Katzen interessierte und auch das Ergometer langweilig fand, kamen sie nie so richtig ins Gespräch.

Ein sehr junger Mann trainierte am Laufband. Am Latzug war die Oma. Jedenfalls nannte er sie immer so. Graue Haare, faltige Arme. Und doch hatte sie immer und unweigerlich mehr Gewichte aufliegen als er. Entmutigend war das. Auch jetzt beobachtete er sie, wie sie die Gewichte erhöhte. Das war doch wieder weitaus mehr als die 20 Kilo, die man ihm empfohlen hatte für Leute, die nicht so kräftig waren. Er bemühte sich, sie zu übersehen, um sich nicht deprimieren zu lassen. Sonst war keiner da.

Hm, welche Muskelgruppe war heute als erste dran? Sein Blick fiel auf die Beinpresse. Das war's. Er nahm im Sitz des Metallgestells Platz, stellte die Füße aufs Fußbrett und entschloss sich für ein Gegengewicht von 100 Kilogramm. Das würde reichen, genau genommen war das weit mehr als die Hälfte seines Körpergewichts. Er war doch keine Ameise. Nach wenigen Minuten schon spürte er, wie ihm der Schweiß ausbrach. Ein Seitenblick auf seinen Dackel zeigte, dass Waldi ihn mit ungeteilter Aufmerksamkeit beobachtete. Plötzlich war ihm das peinlich. Er überlegte, ob er nicht doch auf 120 Kilo gehen sollte. Andererseits – was wusste der Dackel davon, dass er gerade ablooste. Das war doch eine Schnapsidee.

Seine Beine schmerzten. Er versuchte in einen Rhythmus zu kommen. Beinbeuger – Beinstrecker – Beinbeuger – Beinstrecker. Aufatmend ließ er locker, als er seine vier Sätze à zwölf Wiederholungen geschafft hatte, die er hatte erreichen wollen, und wischte sich das Salzwasser vom Gesicht. Er stand auf und trank einen Schluck aus seiner Trinkflasche.

Unwillkürlich wanderte sein Blick zum Latzug. Die Oma war immer noch aktiv. Unermüdlich und regelmäßig wie ein Uhrwerk zog sie den Bügel herunter und ließ ihn kontrolliert wieder hochgleiten. Auf ihrem T-Shirt zeichneten sich kleine runde Halbmonde unter den Achseln ab. Die machte irgendwas richtig, was er falsch machte. Aber was? Vielleicht das Getränk? Er linste nach ihrer Flasche, konnte von seiner Position aus aber nicht sehen, was sie zu sich nahm.

Christoph war fertig mit seinem Heftroman. Das bunte Titelblatt sah schon gut aus. Irgendein Raumschiff. Er stieg vom Ergometer, trank seine Flasche aus, verstaute das Heft, legte sich ein Handtuch um und grüßte ihn im Vorbeilaufen. Beim Dackel blieb er kurz stehen, um ihn zu streicheln. Ach, vielleicht könnten sie nächstes Mal doch zusammen auf ein Bierchen gehen hinterher. Und auch der junge Mann war fertig. Hans und die Oma waren allein.

Sollte er aufs Ergometer gehen? Ausdauer täte ihm schon gut. Andererseits wollte er dringend was für seine Brustmuskulatur und seine Arme machen. Triceps und Bizeps. Also gut, die Brustpresse. Er setzte sich hinein. Dann überprüfte er die Höhe der Griffe und stellte das Gerät so ein, dass sie sich genau auf Brusthöhe befanden. Er fasste die Griffe, drückte sie nach vorn und presste seinen Rücken gegen die Lehne, während er bewusst ausatmete. Dabei fühlte er sich beobachtet. Der Dackel schenkte ihm weiterhin seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Aber da war noch was. Irgendwas Unfassbares. Die Oma wandte ihm den Rücken zu. Und dann hörte er das leise Zwitschern eines Vogels. Angenehm war das. Da kam man richtig ins Träumen.

Warum zwitschert jetzt da a Vogerl? Hat den eppa der Mann mitgebracht, der wo so nach Katz gerochen hat? Des gibt’s doch net. Es is doch scho Abend. Aber schee klingt des scho, da hob i glei Lust, in den Wald zu gehen und a wengerl zu jagen. Da kumm i direkt ins Träumen. Jo mei, was macht mei Mensch jetzt da? Hockt auf dem Gestell umanand as wiara net da wär geistig, und die Menschin von dem anderen Gerät steht auf und kommt zu eam rüber. Knutschen die etwa? Der verzählt mir doch immer, dass er die net mag. Komisch is des. Als a guada Hund müessat i etz bellen zumindest und dazwischengehen, oba des Gezwitscher klingt halt gar so guad. Und des Madel von der Empfangstheke is kummen und fangt an mich zu kraulen. Himmlisch is des. Ja mei, solang mei Mensch nix sagt, wird’s eam scho guad gehen dabei.

Jetzt richtet sich die Frau wieder auf. Was macht jetzt die? Als ob's an Zauberspruch murmeln tat, und streicht eam mit zwei Fingern über den Hals, wischt a noch amal mit am Taschentuch drüber und steckt's ein. Und jetzt geht’s zu dem Gestell mit dem komischen Ziehbogen zurück und setzt sich hin. Und macht weiter, als ob nie was geschehen wär.


„Huh“ Hans schüttelte verwirrt den Kopf. Als ob er einen Moment lang weg gewesen wäre. Sekundenschlaf an der Brustpresse! Das sollte er mal jemandem erzählen. Er achtete auf die Ellenbogen und zog die Griffe noch ein paarmal zusammen, aber irgendwie war ihm die Lust vergangen. Plötzlich fühlte er sich so furchtbar schwach. Es war doch wohl besser, jetzt aufzuhören, bevor er sich überanstrengte. Schuldbewusst fiel ihm ein, dass er in den Pausen zwischen den Sätzen hätte trinken sollen. Daran lag es wohl.

Ein Blick zum Latzug ließ ihn den Kopf schütteln. Die Oma trainierte immer noch unermüdlich, und wirkte frischer denn je. Unheimlich war das. Er nahm seine Tasche auf, band den Hund los und ging zur Dusche, warf sein Zweieurostück ein und seifte sich ab. Beim Abtrocknen fiel ihm ein Blutfleck auf. Ob er sich noch irgendwo geschnitten hatte?

Das Mädchen an der Theke saß auf ihrem Hocker und lackierte ihre Fingernägel.
„Hast du nicht bald aus“, sprach er sie an. „Jetzt ist sowieso nur noch die alte Frau drin, die ist doch sicher bald fertig, und wir könnten zusammen auf ein Bier gehen?“
Das Mädchen sah auf. „Ja, meine Mutter trainiert immer recht lange“, meinte sie.
Hans hatte das dringende Gefühl, in ein besonders großes Fettnäpfchen getreten zu sein. „Oh, ja, deine Mutter, ja“, stammelte er, „ich bewundere das ja immer, wie fit sie ist. Bewundernswert, wirklich. Sag mal, was trinkt sie eigentlich immer beim Trainieren?“
„Oh“, meinte das Mädchen, „das verkaufen wir hier nicht. Das ist eine Spezialmischung mit besonders hohem Anteil an Vitalstoffen und so. Sie holt das immer ganz frisch beim Erzeuger.“
„Ach so“, meint Hans, der jetzt wirklich interessiert war. „Und wo wird das hergestellt?“
Das Mädchen lächelte. „Die Menge ist äußerst limitiert und die Quelle geheim. Ich käme in Teufels Küche, wenn ich das verraten würde. Aber du machst das recht gut mit der gesunden Ernährung. Bier und ein saftiger Braten nach dem Training, das ist das Beste. Auch wenn so viel über Fitnessnahrung in den Zeitschriften steht. Das ist alles Kommerz. Braten, Bier, rote Trauben und so, das tut dir gut. Alles, was das Blut reich und flüssig macht.“
Hans' Laune stieg. „Hörst du, Waldi?“, fragte er den Dackel, der wedelte.

Braten versteh' i, und essen versteh' ich a, aber ansonsten find i die ganze Sach hier saukomisch. Also, eigentlich gar net komisch. Seltsam. Die riechen auch so muffig hier, so versifft und so. I mog die Leut net. Jetzt tat i scho mal gern so a Mensch sein. Reden können, des wär's halt. O mei, i armer hund. So schmeckt mia der Braten a nimmer.

„Dann wünsch ich dir mal einen schönen Abend“, verabschiedete Hans sich. Das Mädchen lächelte. „Trink ein Bier für mich mit“, meinte sie. „Und komm bald wieder. Wir freuen uns auf dich.“
Hans strahlte. Die Fitness wirkte halt schon.
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Re: Alexandras Spielplatz

Beitrag von Alexandra »

GruftiHH hat geschrieben:Berber
Mit dem Berber hab ich voll die Überschneidung mit einem Buch von Elias Canetti. Geht auch eine andere Nationalität?

Bzw. meinst du überhaupt die Nordafrikaner oder Berber als Wort für Obdachlose?
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Re: Alexandras Spielplatz

Beitrag von GruftiHH »

Es ist der Obdachlose gemeint. Berber oder Tippelbruder. :)
* Am Ende des Regensbogen sehen wir uns wieder. *
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Re: Alexandras Spielplatz

Beitrag von Alexandra »

@GruftiHH
Der Rahmen gefällt mir ausgezeichnet, das dauert jetzt aber ein bisschen, ich muss erst wieder Luft holen.




Könnte ich von den Nordlichtern erfahren, inwieweit sie die Gedanken des Dackels verstehen?
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Re: Alexandras Spielplatz

Beitrag von Alexandra »

Ich hab zur Fitness-Geschichte jetzt doch noch mal eine Zweitfassung erstellt, mit etwas, das so weit einem abgefärbten Hochdeutsch ähnelt.


Also Fitness Hoch 3 – 4u auf Hochdeutsch.

Spoiler:
Fitness Hoch 3 – 4u

Hans Zahn entstieg der Straßenbahnlinie 13. Die Sporttasche war neu, ebenso wie sein Traininganzug und die Schuhe. Sein Dackel sammelte sich einen Moment, bevor er auf seinen krummen Beinchen den Sprung wagte. Er wedelte einige Male, und Hans schnalzte mit der Zunge.
Er hatte das Tierchen Waldi getauft, das war der einzig richtige Namen für einen aus München stammenden Glatthaardackel, der hier im Ruhrpott sein Exil gefunden hatte. So wie er.
Ein kühler Windstoß ließ ihn frösteln. Das geschah immer auf dieser Strecke, diesem betonierten Fußweg, der um eine aus Gebüsch ragende Felsnase herum in eine Sportanlage mündete, deren hohe Maschendrahtzäune einen um diese Zeit stets verlassenen Hartplatz und eine Skateboardbahn gegen das Betreten von der Straßenseite abschirmten. Der Fußweg führte abwärts zu einem Tunnel unter der Straße, auf dessen anderer Seite man an einigen Glascontainern vorbei das Fitnesstudio „Fitness Hoch 3 – 4u“ erreichen konnte. Hans zog den Dackel an der Leine, der ständig neue Hundehaufen fand. In die Hundeschule musste er auch mal mit dem. Sobald er fit war, würde er ihn dort anmelden. „Komm, Waldi, mach schon. Herrchen hat keine Zeit“, sagte er und hielt die Leine ein wenig straffer. Der Dackel folgte ihm.

Herrgotthimmelnochmal, was hat jetzt der schon wieder für einen Affenzahn drauf. Das gibt’s ja wohl net. Und wofür das alles? Nur damit der mich dann an einen Pfahl anbindet und ich zuschaun kann, wie der sich auf irgendsoein Gestell legt, Zeugs hoch- und runterschiebt und dabei schwitzt wie ein Blöder. Oh mei, die Menschen, wie es halt meine selige Frau Mutter schon immer gesagt hat, zum Füttern sind's gut, aber ansonsten muss man sie sich einfach so gut herziehn wie es geht. Ich glaub, ich hab was falsch gemacht.
Mensch, jetzt zieht mich der schon wieder weiter. Dabei riecht es jetzt grad besonders interessant. Grad erwürgen tut mich der. So ein Ignorant, so ein dämlicher. Ein Mensch halt. Mei, dann tu ich dem halt den Gefallen und renn, dann gibt er mir danach wenigstens was Gutes zum Schnabuliern. Der wird doch immer so hungrig mit der Fitness da, dass er danach in die Wirtschaft gehen muss und richtig einen fetten Schweinsbraten einfahren. Und eine Halbe Bier dazu oder zwei. Des lob ich mir. Des riecht gut und ich bekomm was ab. Da steckt halt doch ein wenig was von einem Bayern in ihm, auch wenn er im Ausland wohnt. Passt schon.


Dass der Hund aber auch immer so bummeln musste. An jedem Eck und Haufen blieb er stehen. „Jetzt komm, Waldi“, lockte ihn Hans. „Ich muss doch trainieren gehen.“ Der Dackel wedelte schwach. Aber dann besann er sich eines Besseren und galoppierte los. Hans musste sich direkt anstrengen, um mit ihm Schritt halten zu können. Ein Passant blieb stehen, als sie ihn überholten. Ein komisches Gesicht, dachte Hans flüchtig, so ausgezehrt. Er sah sich um. Der Mann blickte ihnen starr nach.
Hans begann zu pfeifen, um die seltsame Stimmung zu vertreiben, die ihn beschlich. Er ging ein wenig schneller und war froh, dass der Dackel diesmal keine Sperenzchen machte. Als würde das Tierchen verstehen, worum es ihm ging. Die hatten halt doch ihren Instinkt, die Tiere. Er beugte sich herunter und tätschelte ihm den braunen Dackelrücken. Waldi wedelte. „Nachher bekommst du ein feines Stück Braten mit Fett und Soße extra“, versprach er ihm. Waldis Schwanzwedeln wurde stärker. Das war schon immer wieder schön, wie die Tierchen sich eben doch Wörter merken konnten. Oder hörten sie doch nur auf den Klang der Stimme? Ach, was soll's.
In wesentlich besserer Stimmung erklomm Hans die Stufen. Auf dem Absatz stand ein Oleandertopf. Über der Eingangstür leuchtete orange und weiß das Schild: „Fitness Hoch 3 – 4u“. Hans grüßte das Mädchen an der Empfangstheke, die ihn in ihre Liste eintrug und mit einer Handbewegung die Fitnessdrinks anbot. Hans winkte ab. „Danke, nachher“, meine er. Das Zeug schmeckte ihm nicht.
Mittlerweile war er schon fast Stammkunde. Er ging zur Umkleidekabine, legte die gefaltete Straßenkleidung in die Sporttasche und ging los. Der Dackel hatte brav gewartet. Die Besitzerin hatte auch Hunde, deshalb drückte sie ein Auge zu, wenn er das Tierchen mit reinnahm.
„Komm, Waldi“, lockte er ihn, während sie zur Säule gleich am Eingang des Kraftraums gingen. „Jetzt bleibst du schön hier, und später gehen wir fein was essen.“

Jo mei, jetz hab ich ihn da, wo ich ihn haben will. Jetzt darf ich nur net sabbern vor Vorfreude.
O mei, was war jetzt des? Als ob ich eine zweite Stimme gehört hätt, die wo dasselbe sagt.


Nachdem er den Dackel angebunden hatte, der sich, wie immer, brav hinlegte, mit dem Kopf zwischen den Vorderpfoten. Dann ließ er den Blick über die geräumige Halle mit der gläsernen Fensterfront zum Fluss hin gleiten. Wie jeden Tag saß Christoph auf seinem Trainingsrad und las seinen unvermeidlichen Heftroman. Irgendwas mit Science Fiction. Der war nett, aber er hatte eine Katze, und da Hans sich weder für Science Fiction noch für Katzen interessierte und auch das Ergometer langweilig fand, kamen sie nie so richtig ins Gespräch.
Ein sehr junger Mann trainierte am Laufband. Am Latzug war die Oma. Jedenfalls nannte er sie immer so. Graue Haare, faltige Arme. Und doch hatte sie immer und unweigerlich mehr Gewichte aufliegen als er. Entmutigend war das. Auch jetzt beobachtete er sie, wie sie die Gewichte erhöhte. Das war doch wieder weitaus mehr als die 20 Kilo, die man ihm empfohlen hatte für Leute, die nicht so kräftig waren. Er bemühte sich, sie zu übersehen, um sich nicht deprimieren zu lassen. Sonst war keiner da.

Hm, welche Muskelgruppe war heute als erste dran? Sein Blick fiel auf die Beinpresse. Das war's. Er nahm im Sitz des Metallgestells Platz, stellte die Füße aufs Fußbrett und entschloss sich für ein Gegengewicht von 100 Kilogramm. Das würde reichen, genau genommen war das weit mehr als die Hälfte seines Körpergewichts. Er war doch keine Ameise. Nach wenigen Minuten schon spürte er, wie ihm der Schweiß ausbrach. Ein Seitenblick auf seinen Dackel zeigte, dass Waldi ihn mit ungeteilter Aufmerksamkeit beobachtete. Plötzlich war ihm das peinlich. Er überlegte, ob er nicht doch auf 120 Kilo gehen sollte. Andererseits – was wusste der Dackel davon, dass er gerade ablooste. Das war doch eine Schnapsidee.
Seine Beine schmerzten. Er versuchte in einen Rhythmus zu kommen. Beinbeuger – Beinstrecker – Beinbeuger – Beinstrecker. Aufatmend ließ er locker, als er seine vier Sätze à zwölf Wiederholungen geschafft hatte, die er hatte erreichen wollen, und wischte sich das Salzwasser vom Gesicht. Er stand auf und trank einen Schluck aus seiner Trinkflasche.
Unwillkürlich wanderte sein Blick zum Latzug. Die Oma war immer noch aktiv. Unermüdlich und regelmäßig wie ein Uhrwerk zog sie den Bügel herunter und ließ ihn kontrolliert wieder hochgleiten. Auf ihrem T-Shirt zeichneten sich kleine runde Halbmonde unter den Achseln ab. Die machte irgendwas richtig, was er falsch machte. Aber was? Vielleicht das Getränk? Er linste nach ihrer Flasche, konnte von seiner Position aus aber nicht sehen, was sie zu sich nahm.
Christoph war fertig mit seinem Heftroman. Das bunte Titelblatt sah schon gut aus. Irgendein Raumschiff. Er stieg vom Ergometer, trank seine Flasche aus, verstaute das Heft, legte sich ein Handtuch um und grüßte ihn im Vorbeilaufen. Beim Dackel blieb er kurz stehen, um ihn zu streicheln. Ach, vielleicht könnten sie nächstes Mal doch zusammen auf ein Bierchen gehen hinterher. Und auch der junge Mann war fertig. Hans und die Oma waren allein.
Sollte er aufs Ergometer gehen? Ausdauer täte ihm schon gut. Andererseits wollte er dringend was für seine Brustmuskulatur und seine Arme machen. Triceps und Bizeps. Also gut, die Brustpresse. Er setzte sich hinein. Dann überprüfte er die Höhe der Griffe und stellte das Gerät so ein, dass sie sich genau auf Brusthöhe befanden. Er fasste die Griffe, drückte sie nach vorn und presste seinen Rücken gegen die Lehne, während er bewusst ausatmete. Dabei fühlte er sich beobachtet. Der Dackel schenkte ihm weiterhin seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Aber da war noch was. Irgendwas Unfassbares. Die Oma wandte ihm den Rücken zu. Und dann hörte er das leise Zwitschern eines Vogels. Angenehm war das. Da kam man richtig ins Träumen.

Warum zwitschert jetzt da ein Vögelchen? Hat den etwa der Mann mitgebracht, der wo so nach Katze gerochen hat? Des gibt’s doch net. Es is doch schon abends. Aber schön klingt des schon, da hab ich gleich Lust, in den Wald zu gehen und ein wenig zu jagen. Da komm ich direkt ins Träumen. Jo mei, was macht mein Mensch jetzt da? Hockt auf dem Gestell herum als ob er net da wär geistig, und die Menschin von dem anderen Gerät steht auf und kommt zu ihm rüber. Busseln die etwa? Der erzählt mir doch immer, dass er die net mag. Komisch ist des. Als ein guter Hund müsst ich jetzt bellen zumindest und dazwischengehen, aber des Gezwitscher klingt halt gar so gut. Und des Mädchen von der Empfangstheke is rübergekommen und fängt an, mich zu kraulen. Himmlisch ist des. Ja mei, solange mein Mensch nix sagt, wird’s ihm schon gut gehen dabei.

Jetzt richtet sich die Frau wieder auf. Was macht jetzt die? Als ob's einen Zauberspruch murmeln tät, und streicht ihm mit zwei Fingern übern Hals, wischt auch noch einmal mit am Schneuztücherl drüber und steckt's ein. Und jetzt geht’s zu dem Gestell mit dem komischen Ziehbogen zurück und setzt sich hin. Und macht weiter, als ob nie was gewesen wär.

„Huh“ Hans schüttelte verwirrt den Kopf. Als ob er einen Moment lang weg gewesen wäre. Sekundenschlaf an der Brustpresse! Das sollte er mal jemandem erzählen. Er achtete auf die Ellenbogen und zog die Griffe noch ein paarmal zusammen, aber irgendwie war ihm die Lust vergangen. Plötzlich fühlte er sich so furchtbar schwach. Es war doch wohl besser, jetzt aufzuhören, bevor er sich überanstrengte. Schuldbewusst fiel ihm ein, dass er in den Pausen zwischen den Sätzen hätte trinken sollen. Daran lag es wohl.
Ein Blick zum Latzug ließ ihn den Kopf schütteln. Die Oma trainierte immer noch unermüdlich, und wirkte frischer denn je. Unheimlich war das. Er nahm seine Tasche auf, band den Hund los und ging zur Dusche, warf sein Zweieurostück ein und seifte sich ab. Beim Abtrocknen fiel ihm ein Blutfleck auf. Ob er sich noch irgendwo geschnitten hatte?
Das Mädchen an der Theke saß auf ihrem Hocker und lackierte ihre Fingernägel.
„Hast du nicht bald aus“, sprach er sie an. „Jetzt ist sowieso nur noch die alte Frau drin, die ist doch sicher bald fertig, und wir könnten zusammen auf ein Bier gehen?“
Das Mädchen sah auf. „Ja, meine Mutter trainiert immer recht lange“, meinte sie.
Hans hatte das dringende Gefühl, in ein besonders großes Fettnäpfchen getreten zu sein. „Oh, ja, deine Mutter, ja“, stammelte er, „ich bewundere das ja immer, wie fit sie ist. Bewundernswert, wirklich. Sag mal, was trinkt sie eigentlich immer beim Trainieren?“
„Oh“, meinte das Mädchen, „das verkaufen wir hier nicht. Das ist eine Spezialmischung mit besonders hohem Anteil an Vitalstoffen und so. Sie holt das immer ganz frisch beim Erzeuger.“
„Ach so“, meint Hans, der jetzt wirklich interessiert war. „Und wo wird das hergestellt?“
Das Mädchen lächelte. „Die Menge ist äußerst limitiert und die Quelle geheim. Ich käme in Teufels Küche, wenn ich das verraten würde. Aber du machst das recht gut mit der gesunden Ernährung. Bier und ein saftiger Braten nach dem Training, das ist das Beste. Auch wenn so viel über Fitnessnahrung in den Zeitschriften steht. Das ist alles Kommerz. Braten, Bier, rote Trauben und so, das tut dir gut. Alles, was das Blut reich und flüssig macht.“
Hans' Laune stieg. „Hörst du, Waldi?“, fragte er den Dackel, der wedelte.

Braten versteh' ich, und essen versteh' ich auch, aber ansonsten find ich die ganze Sache da saukomisch. Also, eigentlich gar net komisch. Seltsam. Die riechen auch so muffig hier, so versifft und so. I mag die Leut' net. Jetzt tät ich schon mal gern so ein Mensch sein. Reden können, des wär's halt. O mei, ich armer Hund. So schmeckt mir der Braten auch nicht mehr.

„Dann wünsch ich dir mal einen schönen Abend“, verabschiedete Hans sich. Das Mädchen lächelte. „Trink ein Bier für mich mit“, meinte sie. „Und komm bald wieder. Wir freuen uns auf dich.“
Hans strahlte. Die Fitness wirkte halt schon.
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Re: Alexandras Spielplatz

Beitrag von Alexandra »

Der Berber ist in Arbeit.



Inzwischen habe ich eine Geschichte wiedergefunden, die ich vor einiger Zeit für meine Jüngste geschrieben hatte. Die hatte sich beschwert, weil die Kindergeschichten immer nicht richtig gruselig seien. Geschwister härten ab.


Tini und das Piratengespenst
Spoiler:
Tini und das Piratengespenst

Es war einmal eine niedliche, kleine Tini, die hatte große, braune Augen und war sechs Jahre alt. Eines Tages fand sie beim Spielen ein kleines, blaues Kästchen, das aussah, als sei es von einem Piratenschiff, aber es war so klein, dass sie es bequem in die Jackentasche stecken konnte, also nahm sie es nach Hause mit. Dort versuchte sie es zu öffnen, aber der Deckel ging nicht auf. Also steckte sie es in die Schublade.

Tief in der Nacht, als es schon ganz dunkel war, wachte Tini auf. Draußen brauste der Wind, und sie hörte ein Pochen und Klappern und dazu ein feines Geheul wie von einem ganz leisen Stimmchen. Tini blieb ganz still liegen und lauschte. Und da hörte sie das leise Stimmchen jaulen: „Ich will raus! Lass mich raus.“ Und dann klopfte und klapperte es wieder.

Vor Schreck zog Tini sich erst einmal die Decke über den Kopf. Aber dann wurde sie doch wieder neugierig. Die Laute schienen aus ihrer Schublade zu kommen, und da erinnerte sie sich an das Kästchen. Sie bekam eine Gänsehaut, aber dann schob sie doch einen Fuß aus dem Bett, um das Licht anzumachen. Ob da im Dunkeln Spinnen herumkrabbelten? Schaudernd zog sie den Fuß zurück. Und da fiel ihr auf, dass ein dünnes, grünes Licht das Zimmer erfüllte. Es war gerade hell genug, dass sie die Schublade sehen konnte.

Da polterte es plötzlich ganz laut in der Schublade, und die feine Gespensterstimme jaulte auf wie ein getretener Hund: „Lass mich! Lass mich raus! Rauuus!“ Da setzte Tini beide Füße auf den Boden und tappte zur Schublade. Je näher sie kam, desto heller und kälter wurde das grüne Licht, und plötzlich fror sie auch. Aber sie zog die Schublade auf, und da lag das Piratenkästchen, von einer Schicht grünen Lichts umgeben, durch das feine Blitze zuckten.
Noch einmal jaulte die Stimme auf, aber Tini fragte mutig: „Wer bist du denn?“
„Uuauh, ich bin der Geist des Piratenschatzes, lass mich raus!“, erwiderte das Gespenst.
„Wieso?“, fragte Tini. „Wieso sollte ich dich rauslassen?“
Dass sie das Kästchen eh nicht öffnen konnte, verschwieg sie.
„Uuauh, ich weiß von einem Schatz, den zeig’ ich dir, wenn du mich befreist“, heulte die Stimme. „Aber es muss jetzt sein, während die Geisterstunde noch andauert.“
Tini überlegte. „Müssen wir raus?“
Die Stimme lachte meckernd: „Ei, du dummes Kind, was denkst du denn?“
„Na gut“, antwortete Tini, zog sich leise an, wickelte das grün leuchtende Kästchen in einen Schal, damit das Licht keinen im Haus weckte, und schlich sich die knarzende Treppe hinunter. Sie griff sich den Schlüssel und zog die Haustür hinter sich zu.

Draußen war es dunkel, nur der Mond schien in einem ungesunden, orangefarbenen Licht. Das Gespenst dirigierte Tini ein paar Häuser weiter. Hinter einem Geräteschuppen lag ein tiefer Graben, und dort begann ein großes Rohr, durch das Regenwasser abfließen konnte. Da hineinzugehen hatte Tini wirklich keine Lust.

In diesem Moment wurde eine Jalousie hochgezogen, und Tini erschrak. „He, was macht denn du da?“, erklang eine Kinderstimme. Es war Jonas, der blödeste Junge ihrer Schule, der immer die Erstklässler haute, aber selber sofort heulend zu den Lehrern lief, wenn einer sich wehrte. Und in diesem Moment hatte Tini eine Idee.
„Ich, ich, ach, ich sag dir mein Geheimnis nicht“, erwiderte sie mit unsicherer, leiser Stimme.
Nun war Jonas ganz wach. „Ey, was machst du denn da?“, rief er, und zwei Minuten später stand er neben ihr. Er war einen ganzen Kopf größer als sie. Tini wickelte das Kästchen schnell aus dem Schal und versteckte es hinter ihrem Rücken. Sofort griff Jonas danach und nahm es ihr weg.
„Nein, das ist mein Geheimnis!“. Sie tat, als müsse sie weinen. Ich will den Schatz nämlich selber finden.“
„Ein Schatz?“ Jonas holte aus, als wolle er sie schlagen. „Wie geht das?“
„Der Geist da drin will mir grad den Weg sagen. Aber ich bekomme das Kästchen nicht auf.“
In diesem Moment mischte sich das Gespenst ein: „Du dummes Kind, lass dem großen Jungen das Kästchen, der kann mir besser helfen! Weg mit dir!“
Jonas bestaunte das grüne Licht, dann bekräftigte er: „Du gehst jetzt mal sauber nach Hause, und wehe, du sagst einem was!“
Das ließ Tini sich nicht zweimal sagen. Noch einmal tat sie so, als ob sie gleich weinen müsse, dann rannte sie, was die Füße hergaben. Zum Glück kam sie ungesehen wieder ins Haus, sonst hätte sie so was von Ärger bekommen. Aber sie faltete leise ihre Kleidung zusammen und legte sich wieder ins Bett. Sie dachte an den blöden Jonas und den Geist, und dann schlief sie ein.

Morgens wachte sie auf, weil ihr Papa schimpfte: „Tini! Du hast gestern nach dem Spielen nicht gesagt, dass deine Schuhe schmutzig sind!“ Egal. Papa machte die Schuhe schnell sauber, und Tini ging in die Schule.
An diesem Tag konnten die Erstklässler ungestört spielen, weil der blöde Jonas nicht zur Schule kam. Auch am nächsten Tag fehlte er, aber Tini traute sich nicht, nach ihm zu fragen, und von den anderen Kindern vermisste ihn keiner.
Erst vier Tage später kam Jonas wieder. Aber er sah ganz schlecht aus. Er hatte dicke, rote Geschwüre an den Armen, und als er die Erstklässler sah, erschrak er furchtbar und ging gleich weg. Und auch als seine Arme wieder gesund waren, blieb seine Angst, so dass er nie wieder kleinere Kinder ärgerte. Und so hatte sich die Sache mit dem Piratengespenst doch gelohnt. Obgleich Tini sich ab und zu doch fragte, was das für ein Schatz gewesen war.
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Re: Alexandras Spielplatz

Beitrag von dandelion »

Kluges Kind, diese Tini.

War die Geschichte gruselig genug oder musst Du noch mehr schreiben? Weitere Gruselgeschichten wären ja ganz gut. ;)
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Re: Alexandras Spielplatz

Beitrag von Alexandra »

Manche Mädchen sind im Leseverhalten so, wie man sich Jungs vorstellt...
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Re: Alexandras Spielplatz

Beitrag von GruftiHH »

LOL. Ich habe jetzt die Fintessbude besucht. Große klasse :D

Und erst die Gedanken des Hundes... Ich konnte sie verstehen. Und manchmal denke ich, dass unser Fienchen auch solche Gedanken hat. Wat will der denn schon wieder.

Und erst der Schluss. Sehr schön.
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Re: Alexandras Spielplatz

Beitrag von Alexandra »

Findest du diese Geschichte heiter oder finster?
Zu meiner großen Überraschung habe ich nämlich schon von mehreren Seiten gehört, sie sei lustig und zum Schmunzeln.
Ich meine, ich finde das extrem gut, freut mich, es gibt mir das Gefühl, die freundlicheren Seiten meiner Seele kämen mal wieder hoch, aber eigentlich hatte ich bei dieser wie bei keiner bisher Bedenken wegen der zugrundeliegenden Boshaftigkeit. Andererseits neigst du ja zu genau derselben.
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Re: Alexandras Spielplatz

Beitrag von GruftiHH »

Durch die Gedanken des Dackels wird die Geschichte lustig - zumindest für Hundehalter. Den ich denke, jeder hat sich da mal so seine Gedanken gemacht, was der kleine Vierbeiner eigentlich so über das Herren oder Frauchen denkt. ;)

Die Überraschung und das "Düstere" kommt ganz zum Schluss, eben, dass
Spoiler:
die Mutter ein Vampir ist
und das ist schon wieder klasse.

Manchmal kommt bei mir das "Böse" auch durch, aber nur beim Schreiben. Sonst bin ich friedlich. Ich mag halt gerne den schwarzen (am Liebsten britischen) Humor.
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Re: Alexandras Spielplatz

Beitrag von Alexandra »

Ich brauch das Schreiben des Bösen als Ventil, Teufel an die Wand malen und so.
Wenn ich nett schreibe, werde ich weniger ausgeglichen.
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Re: Alexandras Spielplatz

Beitrag von Alexandra »

So, mein lieber GruftiHH,
hier ist der erste Teil des Berbers.
Allerdings war nicht nur deine Idee mein Ausgangsimpuls, sondern auch das zeitgleiche Auftauchen von Matthias.
Und dann halt die Empfehlung unseres werten Schwaben Klaus Frick in den von Slarti eingestellten Texten, nämlich, den Stil anderer Leute auszuprobieren. Dazu gab deine Idee mir eine ausgezeichnete Vorlage, der zweite Teil wird sich also anders lesen als der erste, und dann brauchte ich einen, dessen Bewusstsein ich als Erzählrahmen verwenden kann.
Und dann musste ich Leo Lukas' Paradieb noch mal wiederholen und ein bisschen klau(s)en. Äh, mich inspirieren lassen natürlich.
Andreas Eschbachs "Techno-Mond" habe ich auch wiederholt, wegen der Stadt. Bin endlich in den Text reingekommen, fand ihn diesmal klasse übrigens.
Und meine Stadtschilderungen sind natürlich anders als deine.


Nun denn - Der Berber I

Berber's Pride
Spoiler:
Berber's Pride

Das schwache Abendlicht verschwamm im Schwarz der Nacht, die Sterne der Milchstraße verschwanden hinter dem Wolkenschleier, den die Wetterkontrolle in diesen Wochen über Terrania City stehen ließ, Touristen hin oder her. Das Leben unter der Oberfläche und das in den Nachtbars, Discos und Theatern der Stadt berührte der Dunst nicht, das hatte seinen eigenen. Und den vor zwei Jahren wiederaufgetauchten, kränklich grünlichen Mond wollte sowieso keiner sehen.

Veränderung - die Stahlorchidee war verschwunden, welche die abwechslungsreiche Skyline der mehr als 50 Kilometer durchmessenden Millionenstadt überragt hatte. Sie war aufgrund der politischen Umwälzungen nach Maharani, dem neuen Sitz der LFT-Regierung, transportiert worden. Dieser Verlust hatte die Hauptstadt der Erde ihrer Führungsfunktion beraubt, und die Skyline ihres höchsten Punktes. Die angestammten Wahrzeichen waren wieder zu ihrem Recht gekommen, wie der Kybernetische Turm, die Universitätsgebäude, und hinter den Wohntürmen verschiedenster Designs erhob sich so manches ferne Rund parkender Raumschiffe, die auf einem der acht mondförmigen Raumhäfen standen, welche die in Stadtteilen aus Kreisen und Ringen angelegte Stadt umgaben.

Diese ausgedehnten Stadtteile unterschieden sich ganz erheblich: Manche waren hip und hell und voll jungen, reichen Lebens, wie das abgefahrene Künstlerviertel Atlan Village oder Antares City, die Innenstadt mit Prachtbauten, Botschaftsgebäuden und chromblitzenden, verspiegelten Fassaden voll holografischer Applikationen. Sie erhoben sich genüsslich in weitläufigen Grünanlagen und verfügten über alle Spielarten des Luxus. Für den man jetzt Zeit hatte: Seit LFT-Regierungssitz samt LFT-Regierung weg waren, hatte sich der Alltag hier in der Metropole am Goshunsee entschleunigt, war gelassener geworden, langsamer, stressfreier. Der weitgehende Verzicht auf die Überwachung öffentlicher Orte zugunsten der Persönlichkeitsrechte gab Freiheit und Würde.

Andere Bezirke, wie die drei Altais ganz im Norden, duckten sich schon zu dieser Uhrzeit ins Dunkel. Manche ihrer Straßenzüge lagen seit tausend Jahren im Trümmern, verlassen und verfallen. In ihren zerstörten Bauten lebte ein eigener Schlag von Lebewesen. Vor allem lebten dort solche, denen nicht einmal die kilometertiefen unterirdischen Anlagen Terranias anonym genug war. Oder zu teuer. Das unappetitliche Strandgut kosmischer Reiserouten. Leute, die nicht gefunden werden wollten. Hier verzichtete man nicht absichtlich auf Kontrolle: Sie war unmöglich. Ein reicher Nährboden war das für Kriminalität, Elend und Zwielichtiges. Verfallende Stadtteile wurden zum Sammelpunkt für gescheiterte Existenzen, deren Unfreiheit die Bewohner der Glitzerviertels sich nicht einmal vorstellen konnten. Das normale, normierte, funktionierende Leben wurde zurückgedrängt vom Chaos und der Regellosigkeit.

Wie Ratten starrten ihre Bewohner aus den Verstecken ins Licht, voll Neid und gierig nach Geld, Drogen, ein bisschen Macht über irgendwen. Gestrandete Weltraumratten auf festem Boden, oberhalb der belebten unterirdischen Kavernen, lauernd und haltlos. Hier verbreitete der kranke, fahlgrüne Mond ungehemmt sein missfarbenes Licht, das den Verfall der Strukturen und den Anblick des Unrats ölig umschmeichelte, als seien sie seine irdischen, missgebildeten Geschwister.

Diese Geschichte spielt gut zwei Jahre nach dem Wiederauftauchen eines rätselhaften, krankgrün überwucherten Mondes und Wochen nach jenem verborgen gehaltenen Vorfall, der der bisherigen inneren Ordnung des terranischen Weltbilds, die man von Kindesbeinen an kannte, einen heftigen Schlag versetzt hatte. Der nagezahnige Retter des Universums, der Garant eines glücklichen Ausgangs aus verfahrenen Situationen jeder Art, war nach nach einem missglückten Teleportationsversuch durch den Repulsorwall um den Erdmond zwei Jahre lang ins Koma gefallen. Er erwachte bar aller parapsychischen Fähigkeiten und als unfreiwilliger Totschläger. In seiner Eigenwahrnehmung: als Mörder. Ohne Paragaben außer denen, die er wider Willen von jugendlichen Mutanten abgegriffen hatte. Abgegriffen um den Preis ihres Lebens. In unverzeihlicher Schuld, die ihn zu Boden zog und in die tiefsten Tiefen der Hölle. Denn nichts war mehr wie zuvor. Seine Welt war zerflossen, ins Dunkel verschwunden, unwiederbringlich zerstört.

Der vormals unerschütterlich beliebte Held aller Kinder und Erwachsenen war nicht nur schuldig geworden, er war in die Tiefen der Gewöhnlichkeit gestürzt, den Beschränkungen seines watschelnden Körpers überlassen. Kein Ritter der Tiefe war sein Begleiter durch die grenzenlose Weite des Weltraums, keine Superintelligenz und kein neuer Bekannter aus fernsten Galaxien. Schwere presste ihn zu Boden und bodenlose Trauer umhüllte ihn wie ein erstickender, bleischwerer Mantel. Und er begann, sich mit dem entsetzlich beschränkten Leben zu beschäftigen, das er stets telepathisch miterlebt, aber nie auf sich selbt bezogen hatte. Es war ihm fern gewesen, er hatte darüber geschwebt, von der eigenen Telekinese gehalten wie jener Münchhausen, der Lügenbaron. Nun war all sein Glanz zur Lüge geworden. Jetzt hielt das Leid ihn im Würgegriff, als wolle es sich rächen für die Jahrtausende, in denen er ihm nicht gehuldigt hatte, voll Häme und verkniffener Schadenfreude.

Es war nicht abzustreifen, denn seine Wurzeln sogen ihre Kraft tief aus seinem Herzen, und er konnte sie nicht durchtrennen, ohne die moralische Identität zu verlieren, die ihn ausgemacht hatte, die ihn mit allem verband, was er in Ehren hielt. Es fehlte nur, dass er sterblich würde. Doch vielleicht wäre der Tod sogar besser als das Elend, das ihn jetzt würgte. Der Mythos würde sich erneuern, die Wunde vernarben, wenn er, der Träger der Verschmutzung, tot wäre. Mit seinem Leben würde der Schatten verlöschen und Gucky, der Retter des Universums, wäre bald wieder genau solch heitere, tröstende Legende wie früher. Sobald er nicht mehr da wäre, um es zu erleben. Ganz zu Anfang hatte er nachhelfen wollen, war entschlossen gewesen, sich den Aktivatorchip telekinetisch aus der Schulter zu reißen und zu sterben, so schnell und so gründlich wie möglich. Das war einige Wochen her. Die Entschlossenheit zu diesem Schritt brachte er nicht mehr auf. Er blieb ein unsterbliches Häuflein Elend.

Und immer noch Mythos. Einer der Pfleger der Startac-Klinik war derart hin und weg gewesen von ihm, dem lebenden Plüsch-Gucky seiner Jugend, dass er den Kranken nicht nur mit Geschichten aus seiner Jugend vollgeredet hatte, von all den dunklen Tagen, in denen diese Puppe – er! - ihn getröstet hätte. Sondern er hatte Job, Karriere, Ansehen riskiert und ihm zu ein paar freien Stunden verholfen. Ihn an sämtlichen Überwachungsvorrrichtungen vorbei in die unterirdischen Gleitergaragen geschmuggelt, ihm diesen Robotgleiter verschafft und sein Bestes getan, um sein Fehlen zu tarnen. Wenn das aufflog, hatte Gucky schon wieder einen Lebensweg auf dem Gewissen, eine zerstörte Berufslaufbahn. Aber er brauchte einfach diese paar Stunden für sich. Falls etwas passierte, könnte er mit Perry reden oder Bully. Bully – wo der sich aufhielt, hatte ihm noch keiner gesagt. Aber er fragte auch nicht, wagte nicht, sich auf ein Treffen mit alten Freunden zu freuen, die ihn von früher kannten, aus der Zeit vorher. Ein kleiner Plüschgucky saß im hinteren Polster des Gleiters. Das gab ihm einen Stich, und am liebsten hätte er ihn herausgeschleudert. Aber vielleicht war es genau der, an dem der Pfleger so hing? Er nahm ein Kissen und deckte ihn damit ab.

Die Freiheit lag vor ihm. In der riesigen Stadt, die fast die ganze ehemalige Wüste Gobi bedeckte, gab es unglaublich viele Ziele. Die Lichtspiele des Kybernetischen Turms. Die Raumhäfen. Riesige Freilufthologlobenkinos. Alle Möglichkeiten des bekannten Universums und einige mehr. Er war davor zurückgeschreckt wie der Teufel vor dem Weihwasser, hatte sich ins Dunkel verkrochen. In die fragwürdigen Bereiche der Stadt, ihre Eingeweide, dorthin, wo es nach unten ging. Im Lauf der Jahre hatte sich ein Labyrinth aus Lebensbereichen in den Boden des Planeten gefressen, das über fünf Kilometer in die Tiefe reichte, so weit man wusste. Raumfahrer im Ruhestand, Extraterrestrier von lichtschwachen Planeten, Flüchtlinge vor dem Gesetz bewohnten das phasenlose Kunstlicht der Tiefe, in der nur die Uhr der Zeit einen Rhythmus verlieh.

Durch die abgedunkelten Glassitscheiben beobachtete er das Kommen und Gehen der Spaziergänger auf dem belebten Platz vor einem der zwielichtigen Freizeittempel, der sich unter einer bizarren, acht Etagen hohen Spiralen in die Tiefe ersteckte. Er hatte den Robotgleiter hierher fliegen lassen, weil ihm der Name des Platzes gefiel, an dem der Einstieg in diese Öffnung der ausgehöhlten Unterwelt Terranias lag: „Berber's Pride“.

Die Berber waren Volksstämme aus den Wüsten Nordafrikas. Es gab noch stolze Nachfahren, die ihre Abstammung feierten, und einen Kolonialplaneten namens Amazigh, auf dem sie ihre Kultur etabliert hatten. Berber – Amazigh. Hier in den auf und unter dem Boden der Wüste Gobi gewucherten Anlagen wirkte der Name seltsam fehl am Platz. Damit konnte er sich identifizieren. Er fühlte sich auch fehl am Platz, in der Wüste seines Elends verloren, während alle anderen leben konnten, das Recht dazu hatten. Dann fiel ihm die zweite Bedeutung des Wortes ein, die man ihm damals, als sie auf Amazigh die geheime Station der Akonen ausgeforscht hatten, in einer Wartepause erklärt hatte: Obdachlose. Anscheinend hatte man damals, als alles begann, Obdachlose so bezeichnet. Er wollte den Kopf schütteln, ließ es aber besser. Was hatte er schon die Handlungen anderer zu kommentieren. Er!

Gucky sah sich um und unter sich. Sein Parkplatz lag drei Meter über dem Bodenniveau des ovalen, etwa hundertundzwanzig Meter langen Platzes. Gegenüber erhob sich ein in geschwungene Spitzen auslaufendes Hochhaus namens Glittering Peaks, wegen der flimmernden Spitzen, in die es auslief wie eine gelb gltzernde Flamme. Die meisten Etagen belegte ein Kaufhaus, das Kulinarisches von obskuren Planeten anbot. Auf Bodenniveau gab es ein Studio für in die Haut einsetzbare Howalgoniummuster zu verdächtig niedrigem Preis und dann ein nostalgisches Fastfood-Restaurant mit einem riesigen fröhlichen Hühnchen in einem Pommesnest als optisches Emblem. „Wiener Tradition – heute … Wald“, konnte er von seiner Position aus lesen, ansonsten versperrte ein künstlicher Baum mit herumflitzenden Robotervögeln in Sicht.

Viele Leute gruben heutzutage ihre Wurzeln aus, waren unheimlich stolz auf eine nachgewiesene Herkunft aus irgendeiner frühterranischen Ethnie, die sich aus Streit und Nationalismus gebildet hatte, und eben Tradition, eindeutige Werte, eine überschaubare, begrenzte Welt. Gucky beobachte einen der schwarzgekleideten Jugendlichen – Gruftis hießen sie wohl, der langsam den Bürgersteig entlangging. Er hielt einen Becher mit Strohhalm in der Hans und biss in etwas, das wie ein Hamburger aussah. Jetzt erreichte er jenen namensgebenden Freizeittempel und betrachtete die Ankündigungen. Ein riesiges Löwenmaul öffnete sich zum Einstieg in die Unterwelt. Ein Werbeholo war extrem groß. Es wurde für ein Kabarett geworben, doch Gucky wusste nur zu genau, wie schnell sich hinter den Angeboten in diesem Teil der Stadt Abgründe auftaten.

Essensgerüche verschiedenster Art durchwaberten die Luft. Gucky überlegte, ob er die Luftzufuhr auf Filterfunktion schalten sollte. Sein Magen war immer noch schwach. Früher - nicht weit von hier war das populäre Schattenland, in dem junge, blass geschminkte Leute ein Zerrbild der terranischen Unterwelt erlebten, in düsteren Räumen voll kalter Technomusik. Hier hatte er Bully durch sein Verschwinden im hüfthohen Nebel in Panik versetzt. Eigentlich müsste er wirklich mal nach ihm fragen. Oder sich wundern, warum er nicht kam. Minutenlang stand das Lächeln auf seinem pelzigen Gesicht, ehe es verblasste und als Schatten seiner selbst erstarrte, was die grausame neue Situation abbildete. Kein Teleportieren, kein unbefangenes Anfassen, keine körperliche Nähe ohne die lähmende Angst um das Leben der Begleiter. Und diese furchtbare Taubheit.

Der Grufti ging weiter. Hier stand ein Straßenkünstler. Unvermutet empfand Gucky so etwas wie Unternehmungslust. Vielleicht sollte er die neuen Fähigkeiten doch mal wieder ausprobieren? Auch wenn sofort die Welle der Trauer über ihm zusammenschlug über den Tod der beiden Jugendlichen. Es war so schade, so unendlich schade, se könnten hier zusammen sitzen und Spaß haben... aus und vorbei. Er riss sich zusammen, wischte sich die Tränen aus den Augen und begann, sich auf den Grufti einzulassen. Vorsichtig und behutsam. Eine frende Geisteswelt entfaltete sich, nicht mit klaren Gedanken, wie früher, sondern in Bildern, Gefühlen und Stimmungen. Jetzt erst war er wirklich in diesem Stadtteil angekommen, empfand er. Und er sah den Straßenkünstler von nah. Unwillkürlich legte er die Hand an die Glassitscheibe und blinzelte zwischen den Fingern hindurch auf die ferne Figur. Nah sah er ihn.

Das Alter konnt er nicht einschätzen. Froh sah er nicht aus, eher verhärmt und verbittert. Man konnte kaum etwas sehen, denn das Gesicht war mit Tattoos bedeckt und in den weiten Falten großer Tücher versteckt. Sie sahen durchgedreckt aus, als würde er darin schlafen. Zu seinen Füßen gallopierten kleine Gestalten in dieser Art von Kleidung, aber stolz und froh, auf Pferden und Kamelen durch sich verschiebende Sanddünen. Die Holos flackerten. Vor seinen Füßen stand eine abgestoßene Holzschüssel mit wenigen Solar darin. Er spürte den Wunsch des Gruftis, auch etwas hineinzuwerfen, und eine große Frage, die sich in seinem Bewusstsein bildete. Schlagartig war er wieder nur im Gleiter, fern der Szene. Dass er so gar nichts mehr lesen konnte. Dann setzte sein Verstand wieder ein, Logik, Gucky, Logik. Welche große Frage könnte es geben bei einem hilfsbereiten Menschen? Doch nur, wie der Typ in diese offensichtlich klamme Situation gekommen war. Tja, das wüsste er nun eigentlich auch ganz gern. Wenn er nur lesen könnte!
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Matthias Rose
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Re: Alexandras Spielplatz

Beitrag von Matthias Rose »

Wow! :mellow: :( Das war mal Düster. Das scheint wirklich dein Metier zu sein :o :devil: Aber eine sehr gute Geschichte, hat mir gut gefallen. Ich bin sowieso kein Fan dieses "Zirkus-Clown-Guckys" eher der Plofre-Fraktion zugehörend, auch wenn ich den Namen nicht gelungen finde. :unschuldig:

Aber zurück zu deiner Geschichte. Schön etwas aus den Randbezirken Terranias zu lesen, in denen sich, wie auf Lepso, der Abschaum des Universums sammelt. Und der düster-grüne Technomond scheint mir für dieses Lokalität auch ein sehr passender Hintergrund. Erinnert mich etwas an E.A. Poe oder H.P. Lovecrafts "Der Fall Charles Dexter Ward".

Weiter so! :st:
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Alexandra
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Re: Alexandras Spielplatz

Beitrag von Alexandra »

Also, das Düstere hier greift Anlagen aus dem ersten Drittel des vergangenen Zykus auf, gerade wenn du den Paradieb liest, findest du das, und ich habe mir die ausgiebigen Anklänge durchaus absegnen lassen. Fühlte sich besser an. In mehreren Romanen ab 2700 finden wir eine dunkle Erde voll eigenwilligen Lebens. Danach entwickelte der Strang Schrapnellcharakter, und wir wurden überall herumgeführt, auf weiten Kreisen um diese düsteren Ecken der Erde herum.

Übrigens heißt die Geschichte nun Der Paradieb und der Berber.

Im ersten Teil habe ich übrigens diesen riesigen Kameraschwenk ausprobiert, den Hitchcock gern zur Einleitung benutzte, einmal quer drüber von ganz oben und dann heranzoomen, weil wir in einem der Nachbarthreads über Kameratechnik gesprochen hatten.
Und dann diese Sammel- und Einbautechnik von Leo Lukas, die ich mehrere Male analysiert hatte (siehe Signatur).

Im zweiten Teil erfülle ich mir einen lang gehegten Wunsch in der Sache mit der Selbstwahrnehmung, ewig hatte ich das im Kopf.
Und dann experimentierte ich mit dem Stil eines anderen Wieners, der im entsprechenden Textausschnitt genannt wird. Die Vorlage heißt "Das Sterben": http://gutenberg.spiegel.de/buch/peter- ... aus-7785/4

Also hier Teil II von "Der Paradieb und der Berber":

Aus fremden Augen
Spoiler:
II. Aus fremden Augen

Sich noch einmal in den gleichen Mann versetzen? Noch einmal aus denselben Augen schauen? Das wagte Gucky nicht. Wenn er jetzt ganz andere Eindrücke bekäme als vorher? Dann wäre dies der Beweis, dass es doch aus und vorbei mit ihm war. Und er ging sowieso weiter. Er sah sich um, entspannte sich so gut er konnte. Zwei Reptiloide mit schwarzem, dicken Modeschmuck auf zarten, permuttfarben schimmernden Schuppen liefen vorbei und unterhielten sich in schnalzenden, zirpenden Lauten. Hinter ihnen ein Ertruser in abgeschabter Kleidung, sichtlich übel gelaunt. Ein Grüppchen gatasischer Touristen. „Ein typisches Merkmal der zeitgenössischen Kultur vieler Lemurabkömmlinge sehen wir hier“, erklärte ihr Reiseführer gerade. „Die Wiederbelebung uralter Eigenheiten. Die Tefroder machen es, die Terraner in abgeschwächterer Form. Sie suchen die Bindung an ihre Traditionen. Das haben sie bitter nötig, bei ihrem Familienleben. So was kommt davon, wenn man seine Kinder nicht unter Kontrolle hält. Freie Gammelei.“ An der spöttischen Heiterheit in seinem Geist bemerkte Gucky das Lachen der Reisegruppe oberhalb der Grenze seiner Schallwahrnehmung. „Immerhin werden uns aus diesem Grund einige Sehenswürdigkeiten geboten, die durchaus ihren nostalgischen Reiz haben. Auch ihren kulinarischen Reiz. Hier, das Hähnchenlokal...“ Die Gruppe war vorbei.

Gucky tastete nach weiteren Bewusstseinen, gelangte in das Wahrnehmungsfeld eines auffällig attraktiven Mannes, der die bewundernden Blicke genoss, die seinen imposanten, sportgestählten Körper auf dem Weg über den Platz begleiteten. Er war unvergleichlich. Das Spiel seiner Muskeln berauschte ihn. Nur verzog sich das Bild, fand Gucky und konzentrierte sich stärker. Ganz durcheinander wurde der Mausbiber, als der Mann in den spiegelnden Hintergrund eines Schaufenster starrte und sich dazu in Positur stellte, die Zähne bleckte und sich anstaunte. Das Spiegelbild – das konnte doch nicht er sein, oder? Das sah ganz anders aus. Dann verstand Gucky: Es war sein Selbstbild, nicht sein Siegelbild, das der Mann bewunderte. Er beäugte einen mühsam hochgepäppelten Bizeps und sah die durchtrainierte Muskulatur eines Spitzenathleten, ohne den Unterschied zu bemerken. Gucky schüttelte es. Früher hatte er über so was gelacht. Jetzt war ihm das Lachen vergangen. Es ging ihm zu nah, befeuerte seine Zweifel. War er genauso eingebildet und hohl gewesen, Jahrtausende lang?

Einige Minuten pausierte er. Dann versuchte er es noch einmal. Jetzt war es einfacher. Das Bewusstsein, dass er traf, zog ihn von selbst in seinen Bann, so konzentriert war die Frau bei der Sache. Er rutschte in ihr gestähltes Bewusstsein, sah aus ihren Augen den schmutzigen Platz, den schmuddeligen Obdachlosen in nachgemachter Berberkleidung. Eine widerliche, minderwertige Gestalt war das mit dummem Gesicht und verzerrten Zügen, der aus den Augenwinkeln nach den Taschen der Passanten schielte, nach ihren Wertgegenständen und Geld. Ihrem Geld, das sie in ihrer sauberen, adretten Handtasche verwahrte. Ekelhaft. Sie selbst, gepflegt und unantastbar, war in dieser heruntergekommenen Umgebung fehl am Platze. Sie erledigte hier nur ein paar notwendige Besorgungen. Geld, Geld behalten, schien es in seinem Geist auf. Aha, hier war billiger, was sie suchte, verstand Gucky. Von ihrem Standort aus überblickte er den Platz, voll von Abfällen und gefährlichen Asozialen.
Dahinter erhob sich, strahlend und übergroß, das Hähnchenlokal und das Kaufhaus, in dem es eine Abteilung gab, die genauso heimatlich leuchtete, voll mit Nahrungsmitteln, die nach Heimat und Sicherheit schmeckten: eine schokoladenüberzogene Torte, panierte Schnitzel und ein duftendes, zuckerbestreutes Teiggericht mit einem Klacks aus gekochten Zwetschen. Dem Mausbiber lief das Wasser im Mund zusammen, zum ersten Mal seit Tagen - Jahren, verbesserte er sich - verspürte er Appetit.

Er wurde ruhiger und bekam eine Art Überblick über die Bewusstseinsinhalte der Frau, wie aus großer Höhe. Pflicht, Kontrolle, Ordnung sah er. Und wenig Zeit, so unglaublich wenig Zeit. Ihre Lebenswelt verlockte ihn eigentlich nicht, und so blieb er sozusagen neben ihren Gedanken stehen und wunderte sich träge, wie leicht ihm das alles früher gefallen war. Wenn er doch die Gedanken lesen könnte, nur ein ganz kleines bisschen, welch ein Erlebnis würde das sein, welche fremde Topographie. Heute würde er hochschätzen können, was früher gewöhnlich war. Er ließ los, blieb unschlüssig vor dem Wall aus Fremdheit stehen. Was ihm dabei entging? Ziemlich viel Stress wahrscheinlich, so wie sie sich anfühlte. Und doch hatte all dieses Zeugs sein Leben reicher gemacht, früher, als er als unbefangener Betrachter darübergeschwebt war und sich amüsiert hatte. Früher! Er sah sie den Kopf schütteln. Unfreundich sah sie aus. Fremdartig. Traurig. Enttäuscht. Wie er.

Hinter der Scheibe aus Opakglas, das, bildlich gesprochen, ihre Bewusstseine trennte wie zwei Universen, geschah folgendes: Die Frau in der tadellosen Kleidung schüttelte den Kopf, das war ihre gemeinsame, sichtbare Welt. Was sie dachte, konnte man zum Teil in ihrem Gesicht und ihrem Verhalten lesen, der Rest blieb Geheimnis. In ihren Gedanken Entrüstung und Abscheu, deren Abglanz konnte der Mutant spüren und feinfühlige Wesen auch, mit minderer Klarheit: Dass es das heutzutage noch gab! Obdachlose, die ungewaschen und schmutzig auf der Straße standen und bettelten. Hier in Terrania City! Und so was stand ausgerechnet auf dem Platz vor dem Brathühnchenrestaurant und dem Kaufhaus mit der Spezialitätenabteilung, die sie aufsuchen wollte, um ihrem Bruder die gewohnten schmackhaften Symbole der Wiener Geschichte zu bringen, ihrer Tradition und Heimat. Ein Obdachloser! Wie ein Verrückter sah er aus. Früher hätte es so einen nicht gegeben. Dass man den nicht längst einer Persönlichkeitsumwandlung unterzogen hatte. Diese Rücksicht auf alle, außer auf die Leute mit Kultur! Mutter würde sich schrecklich über so einen aufregen. So wie über alles andere, was verrückt war, was nicht in Ordnung war. Alles, was sie enttäuschte.

Nun glitt sie in die Erinnerung. Ihr Gesicht zeigte Verschlossenheit und einen Tick wehmütiger Anspannung. Ach, Mutter, dachte sie. So viele Jahre, an die sie sich erinnern konnte. Die vielen Enttäuschungen fraßen unmerklich, aber stetig an ihr. Sie nahmen ihr die Zufriedenheit. Erst verlor sie das jugendliche Aussehen, dann die Gewandtheit, und schließlich die Lebensfreude. Sie wurde schwerer und immer erschöpfter. Und trotz aller modernen Schönheitspflegemittel strahlte sie nichts mehr aus, was anzog.

Sie verankerte die Familie in der Exklusivität, auf das sie so großen Wert legte, und betonte mit größter Akribie ihre Herkunft aus dem alten Wien, um ihnen Wurzeln zu geben. Aufopferungsvoll. So wie sie jenes sündhaft teure Originalmanuskript von Richard Engländer alias Peter Altenberg, dem bekannten Wiener Kaffeehausliteraten, in einer schreinartigen Nische des Wohnzimmers in einer Prallfeldvitrine mit Riesenradoptik ausstellte, ohne die Seiten aus echtem Papier je zu berühren. Um ja nichts kaputt zu machen oder abzunutzen. Das wäre zu schade gewesen. Nach so vielen Jahren immer noch so bekannt, das war ein Ziel, ein Wert, für den es sich zu leben lohnte in der heutigen Zeit, in der alle möglichen Werte nebeneinander galten und dadurch keiner, an dem man sich festhalten konnte. Sie hätte schon gern mal darin gelesen, doch die ewnigen Texte, zu denen sie Muße fand, verwirrten sie, und sie hatte beschlossen, sich mal richtig in aller Ruhe damit hinzusetzen, irgendwann.

Die Frau seufzte. Dabei hat ihr Bruder ihr schon vor Jahrzehnten immer wieder gesagt, dass der Schlaf wichtiger war als alles andere, sogar als Essen und Trinken. Im Schlaf kümmert sich die Natur darum, uns von den ganzen tagsüber begangenen Fehlern zu befreien, den festgefahrenen Gedanken, den Sorgen, das sagte er. Schlaf lässt uns Abstand gewinnen, so dass wir alles noch mal in Ruhe überdenken können. So dass wir Fehler gar nicht begehen und die begangenen vergessen konnten mit der Zeit, sagte er. Ihr Leben war eine Imitation, sagte er manchmal.

Aber Mutter? „Du kümmerst dich einfach nicht genug, zum Beispiel um die Programmierung der Hauspositronik“, war ihre Reaktion. „Die Funktionen werden nicht genau genug ausgeführt, das Frühstück mussten deine Schwestern noch einmal ausdrücklich bestellen, obwohl es schon vor drei Wochen eingegeben worden war, und statt einer japuranischen Papaya in vierzehn gleich großen Schnitten auf einem geblümten Tellerchen, mit Trauben angerichtet, gab es kanokoranische Lotirklotoras in zwölf Scheiben. Und du tust gar nichts.“

Er schüttelte den Kopf. Die Früchte sahen ähnlich aus und schmeckten fast gleich, und wahrscheinlich waren die kanokoranische Lotirklotoras im Angebot gewesen, sonst hätte die Positronik keinen Anlass gehabt, den Einkaufsplan zu ändern. Wo war das Problem? War dies ein Grund, persönlich einkaufen zu gehen? Wohl kaum. Für Mutter schon.

„Junge, deine überdeutlich betonte, lässige Schlamperei macht mir Kopfzerbrechen“, hatte sie geantwortet. „Es geht um Prinzipien. Eine Hauspositronik, die nicht nach dem Willen des Besitzers läuft, ist ein Problem. Die muss repariert werden. Ich bin um vier Uhr aufgestanden, um das Reprogrammieren und das Überprüfen der aktuellen Routinen noch vor der Arbeit erledigt zu haben, sonst hätte ich doch nur die ganze Zeit daran denken müssen. Aber davon verstehst du ja nichts! Und bitte denke an den Geburtstag deiner Tante in sechs Wochen. Ich habe ein besonders schönes Geschenk gefunden, dafür musst du mir ein paar Kleinigkeiten besorgen.“

Die Geschwister redeten leise, um sie nicht aufzuregen. Dass sie die natürliche Ordung des Lebendigen bekämpfte auf Kosten von ausgedachten Programmen, auf Kosten der konsequenten Planung am Menschen vorbei. Es ihr vorzuhalten wagten sie nicht.
Diese Planung wurde ihr Henker. Das Gesetz der Planung hatte das Gesetz der Lebensvorgänge besiegt. Planung als Leben. Kein Leben ohne Planung.

Eines Nachts rang sie nach Luft, war erdrosselt, erstickt und wurde dann im letzten entsetzlichen Moment gefunden, die zu Zwecken der Überprüfung von ihr ausgeschaltete Überwachung der Biodaten manuell wieder aktiviert, so dass gerade noch rechtzeitig ein Medorobot kam und ihr Luft verschaffte. Was sie aufsparte für einen bald folgenden, noch entsetzlicheren Anfall von Atemnot und Herzkrampf. Die Medikamente wirkten nicht, zu stark für den geschwächten Körper. Ihre Augen, stets auf korrekte Abläufe gerichtet, waren erfüllt mit unsäglicher Angst! Ihre Augen schrien: „Hilfe!“

Entsetzlich war das gewesen. Die Frau war, in Erinnerung verloren, stehengeblieben. Sie setzte sich, den Obdachlosen im Blick, auf eine Bank, deren makellos staubfreie Sitzfläche sich automatisch ihrem schwammigen, schweren Körper anpasste. Auch sie war von Enttäuschungen niedergeworfen, erdrückt, die in ihrer Seele nagten und fraßen, und daraufhin immer dicker geworden. Trotz all der modernen Fitnessprogramme. Um sie richtig zu machen, hatte man vorher noch so viel zu erledigen, damit es einem nicht im Kopf herumging beim Üben. Nach Mutters ersten Anfall hatte sie ihrem Bruder zugeflüstert: „Heute habe ich mir einen Desintegrator gekauft. Wenn mir dasselbe passierte wie Mama, passiert es mir ein zweites Mal nicht mehr. Mir nicht.“ Sie war für alles gewappnet, wie ihre Mutter.

Ihr Bruder war Bankangestellter. Er sagte: „Der Kosmos ist, wie er ist. Er führt Buch über unsere Einnahmen und Ausgaben während unseres Lebens. Wenn wir damit haushalten, segnet er uns. Aber wir tun es nicht. Der Kosmos weint nicht über uns, er lacht nicht über uns, er zürnt uns nicht. Er ist gerecht und wartet, wie seine Gestirne uns scheinen, ewig und unabänderlich. Er will, dass wir unser Leben als ein Leben in Wahrheit führen, sonst drohen uns entsetzliche Strafe. Die Misswirtschaft am Lebenskapital betraft er mit chronischer Krankheit.“
Freunde der Familie erwiderten ihm: »Philosophieren statt Mitleid haben, ihr noch die Schuld geben, pfui, was bist du für ein Sohn! Sieh doch, wie sie alles für euch tut, und das ist deine Dankbarkeit!“
Mit dem Zustimmen aus Dankbarkeit hatte er es nicht: Er besaß jene Fähigkeit, im Fühlen zu denken und im Denken zu fühlen, und deshalb zeigte er ihre Fehler auf, um die Krankheit zu untergraben, statt Mitgefühl zu zeigen, das musste man ihm lassen. Damit hatte er Recht, aber man glaubte ihm nicht. Schließlich bekam jeder der Leute Karten und reiche Präsente zu allen Gelegenheiten. Wer wollte sich da beschweren?

Die Mutter lag krank im Bett, schwer und dauerhaft krank. Die Tante kam jeden Abend und umsorgte die Leidende, jetzt, wo sie Schonung brauchte. Sie spielte mit ihr jeden Abend Piquet, ein kompliziertes, traditionelles Spiel, das heutzutage nur wenige beherrschten, und ließ sie gewinnen, damit sie sich noch ein bißchen freuen könne. Anspruchsvolle Freunde schickten ihr handgefangene Seefische, garantiert naturrein gezogene Austern, echten französischen Champagner, und, der neueste Schrei in ihren Kreisen, ein mit minutiöser Aufmerksamkeit zubereitetes traditionelles Gelee aus feiner Rinderbrühe und einer topmodischen Substanz namens Isinglass, angeblich ganz authentisch aus Stör gewonnen, ins Haus, um sie zu verwöhnen und zu beruhigen.

Die Kranke dachte: „Für den Verfall stopft man mich voll, damit die Würmer mich fressen.“ Manchmal sagte sie es. Die Frau redete es ihr aus, wie alle anderen auch.
Kam Besuch mit Geschenken, so sagte die Kranke: „Ich danke euch von ganzem Herzen. Es hat mich so gefreut. Wie appetitlich das ist. Und so gesund.“ Und bot jedem Besucher an von den Leckerbissen, fragte nach Vorlieben, lachte und entschuldigte sich in einem Atemzug, eine vollkommene Gastgeberin noch im Sterben. Ihr Krankenzimmer war makellos, ihr Körper sauber. Sie ließ Teller mit Spezialgerichten herumgehen. „Das Rezept ist mein Geheimnis“, lächelte sie. „Das nehme ich mit ins Grab.“ Und man setzte die Teller ab und lachte den unschönen Ausdruck weg.

Dem Bruder sagte die Kranke, und die Frau hörte es: »Du, ich habe 85 Jahre hindurch jeden angetrieben und mich auch, um alles perfekt zu machen, ob es nötig war oder nicht. Glaubst du, dass das hier die Strafe ist?“
Der Bruder nickte: „Ja, da bin ich mir sicher.“ Schnell eilte die Frau aus dem Zimmer, das konnte sie nicht mitanhören.
Vorigen Abend war die Tante wieder dagewesen, man hatte gespielt und sie hatte die Kranke gewinnen lassen. Was sie in große Verlegenheit stürzte. „Ich traue mich kaum, zwei Solar von dir anzunehmen“, hatte sie protestiert. Der Medorobot war aus seiner Nische geglitten, doch durfte er nicht näherkommen, solange Besuch da war. Auf dieser Programmierung hatte sie bestanden, um ihren Besuchern ein abstoßendes Schauspiel zu ersparen.
„Mach dir keine Gedanken, ich habe korrekt verloren“, versicherte die Tante, die den Roboter zum Zug lassen kommen wollte.
„Nun, wir spielen auf Revanche“, schlug die Kranke vor und begann zu husten, so dass ihre Wangen sich bläulich verfärbten. „Nur den einen Gefallen musst du mir tun.“
„Aber ich kann nicht...“, wehrte die Tante ab.
„Aber bitte doch. Oder muss ich mich aufregen?“ Die Tante gab nach und gewann, um ihr Ruhe zu geben.

In derselben Nacht, nur wenige Nächte zuvor, erwachte die Frau in der Stille. Ins Dunkel hinein sagte sie: „Mama...“ Dann schrie sie. Die Familienmitglieder erschienen, fast taumelnd vor Müdigkeit, im Krankenzimmer. Man stellte fest, dass ihr Herz aufgehört hatte zu schlagen. Die Biodaten waren erneut nicht gemessen worden. Die Kranke hatte die Übertragung gestoppt, als die Daten zu beunruhigend wurden. Man rief einen Arzt. Der Leichenwagen hatte fernzubleiben, sie hatte eine traditionelle Aufbahrung geplant. Die Hauspositronik bestellte die richtigen Blumen. Die anstehende Beerdigung hatte sie schon vor Jahren organisiert und bezahlt. Alles war fehlerlos.

Am Vormittag kam der Bruder zurück in die Wohnung, er hatte alles Restliche geregelt, was leicht war. Er sagte seiner Schwester: „Du siehst ja ganz gelb aus, so müde bist du. Leg dich nieder und schlafe! Bist du nicht gewarnt genug? Ich werde sorgen, daß dich niemand wecke“.
Sie fiel weinend in Kleidern aufs Bett und verschlief den Rest des Tages und die Nacht.
Ein Uhr verging, nichts rührte sich in der nächtlichen Wohnung. Der Sohn hielt Wache für die tote Mutter und die schlafende Schwester.

Er trat in das Zimmer zu der Verstorbenen, stellte sich hin, küßte ihre Hand und sprach Zeilen Peter Altenbergs, hatten seit langen sein Leben begleitet, er hätte keine Silbe ändern wollen: „Zum ersten Male schläfst du dich aus, Irregeleitete! Ich habe seit jeher den Schlafenden für einen Gestorbenen gehalten. Er ist unfähig für das Lebendigsein, noch nicht reif, noch nicht parat. Ich hatte immer tiefstes Mitgefühl, wenn das Leben ausrasten wollte vom Leben! Nun wirst du die Stunden einbringen, arme Mama, mit Zinsen und Zinseszinsen!“ Er las seine Dichter.

Am Tage des Begräbnisses sahen alle ganz unausgeschlafen aus, gelb vor Müdigkeit, verwittert, und schlaff, wie vorzeitig gealtert. Sogar der Vermieter und die Hausmeisterin, die die Sache nichts anging, sahen verfallen aus, ausgetrocknet, als habe man das Leben aus ihnen gesogen.
Die Tote, im Sarg aufgebahrt und hinuntergetragen, hatte ein ganz friedvolles Gesicht, wie keiner der Lebenden. Lebewesen aus der ganzen Galaxis blieben stehen, um dem Trauerzug nachzublicken.Es war eine sehr würdevolle Zeremonie.
Die Tochter ließ am nächsten Morgen, nachem die Reinigungsroboter fertig waren, alles ausschalten und bürstete, klopfte und reinigte alles mit der Hand. Die Teppiche säuberte sie mit Kraut, das war traditionell und den Aufwand wert. Gleichgesinnte besaßen eine Hydroponik damit. Die Mutter hätte das auch so gemacht.
„Wenn Mama es noch sehen könnte“, fühlte sie. Es war sinnvoll, was sie tat. Wäre sie nur nicht so müde.

Heute war sie fast ausgeschlafen. Wäre ausgeschlafen. Wenn es doch nur nicht so viel zu tun gäbe! Sie fühlte sich so am Boden, so ausgelaugt. Vielleicht würde sie dem heruntergekommenen Mann dort ein paar Solar in die Hand drücken. Sie fühlte sich auch so am Boden. Irgendwie fühle sie sich ihm fast verbunden, sie verlor die Sicherheit und fürchtete, mit all den Anforderungen nicht mehr fertig zu werden. Ohne Mama. Weit war es mit ihr gekommen, es machte ihr Angst. Sie würde ihn zwei Solar geben, das reichte für einen Imbiss im Gehen. Wenn er das Geld nur nicht vertrinken würde. Und dann nahm sie sich vor, bald das Sozialamt anzurufen, damit man sich dort um ihn kümmerte, sobald sie Zeit hätte. Wenn er nur erst mal ordentliche Kleidung anhätte und gewaschen wäre. Vielleicht würde er seinen Lebenswandel ändern und sich bei ihr bedanken. Oh, das würde ihr so viel Genugtuuung geben in dieser schweren Zeit.

Gucky bemerkte den Ruck, der durch ihren Körper ging. Seltsame Bilder waren in seinem Geist entstanden, von Toten, Bahren und leisen Gesprächen. Wie lange schon tot und hohl waren sie, und er fröstelte. Die Frau stand auf und ging weiter. Er sah sie im Kaufhaus verschwinden. Wer da blieb, war das heruntergekommene Objekt der allgemeinen Aufmerksamkeit: der Berber, der immer noch teilnahmslos hinter seinen Figuren stand, einige Geldstücke in seiner Holzschüssel. Seine Hologramme flackerten und jagten einander wie verwirrte Gedanken. Aus seinen Augen zu sehen! Er tastete sich heran.

Am heutigen 22.10.15 eine Ergänzung:
Beim obigen Text habe ich mit Peter Altenbergs Geschichte und Stil experimentiert. Allerdings war er ein Genie und ich bin es nicht, deshalb passt der Anschnitt jetzt, wo ich die Abschnitte zusammenzufügen versuche, nicht in den Textfluss.
Nach mehreren verzweifelten Versuchen habe ich, denke ich, die Konstellatiob einigermaßen beibehhalten und trotzdem modernisiert.
Diese Version haut einen nicht mehr so aus dem Zusammenhang:

II. Aus anderen Augen

Es gab nur eine sinnvolle Möglichkeit, sich freizustrampeln: weiterüben. Weitere Bewusstseine versuchen. Weitermachen. Sich noch einmal in den Grufti versetzen? Gucky schüttelte den Kopf. Wenn er jetzt ganz andere Eindrücke bekäme als vorher? Dann wäre dies der Beweis, dass es doch aus und vorbei mit ihm war. Dass er nichts mehr vom Gedankeninhalt anderer mitbekam. Das wollte er nicht riskieren.

Er sah sich um, wählte in der bunten Vielfalt der Passanten. Zwei Reptiloide mit schwarzem, dicken Modeschmuck auf zarten, permuttfarben schimmernden Schuppen liefen vorbei und unterhielten sich in schnalzenden, zirpenden Lauten. Hinter ihnen ein Ertruser in abgetragener Kleidung, sichtlich übel gelaunt. Ein Grüppchen gatasischer Touristen. „Ein typisches Merkmal der zeitgenössischen Kultur vieler Lemurabkömmlinge sehen wir hier“, erklärte ihr Reiseführer gerade. „Die Wiederbelebung uralter Eigenheiten. Die Tefroder machen es, die Terraner in abgeschwächterer Form. Sie suchen die Bindung an ihre Traditionen. Das haben sie bitter nötig, bei ihrem Familienleben. So was kommt davon, wenn man seine Kinder nicht unter Kontrolle hält. Freie Gammelei.“ An der spöttischen Heiterheit in seinem Geist bemerkte Gucky das Lachen der Reisegruppe oberhalb der Grenze seiner Schallwahrnehmung. „Immerhin werden uns aus diesem Grund einige Sehenswürdigkeiten geboten, die durchaus ihren nostalgischen Reiz haben. Auch ihren kulinarischen Reiz. Hier, das Hähnchenlokal...“ Die Gruppe war vorbei.

Gucky tastete weiter, gelangte in das Wahrnehmungsfeld eines auffällig attraktiven Mannes. Er genoss die bewundernden Blicke, die seinem sportgestählten Körper folgten. Das Spiel seiner Muskeln berauschte ihn. Nur verzog sich das Bild immer wieder, fand Gucky. Ganz verwirrt wurde der Ilt, als der Mann in den spiegelnden Hintergrund eines Schaufensters starrte und sich dazu in Positur stellte, die Zähne bleckte und sich anstaunte. Er konnte ihn von seinem Platz aus sehen. Aber das konnte doch nicht er sein, oder? Der sah ganz anders aus. Mit einem Mal verstand der Mausbiber: Im Bewusstsein des Mannes hatte er dessen Selbstbild gesehen. Nun sah er auch die äußere Erscheinung. Der Mann beäugte einen mühsam gepäppelten Bizeps und sah die durchtrainierte Muskulatur eines Spitzenathleten. Gucky schüttelte es. Früher hätte er über so was gelacht. Jetzt war ihm das Lachen vergangen. War er genauso eingebildet und hohl gewesen, Jahrtausende lang? Er sah auf die Uhr. Anderthalb Stunden war er schon unterwegs. Ziemlich lang.

Einige Minuten pausierte er. Er aß eine Banane und betrachtete die Lichtreklamen. Dann versuchte er es noch einmal, und es klappte auf Anhieb. Er hatte Glück. Die Frau, auf die er traf, zog ihn von selbst in seinen Bann. Er rutschte in ihr gestähltes Bewusstsein, sah Berber's Pride als schmutzigen Platz, und vor sich den schmuddeligen Obdachlosen in nachgemachter Berberkleidung. Eine widerliche, minderwertige Gestalt war das mit dummem Gesicht und verzerrten Zügen, der aus den Augenwinkeln nach den Taschen der Passanten schielte, nach ihren Wertgegenständen und Geld. Ihrem Geld, das sie in ihrer sauberen, adretten Handtasche verwahrte. Ekelhaft. Sie selbst, gepflegt und untadelig, war in dieser heruntergekommenen Umgebung fehl am Platze. Sie erledigte hier nur ein paar notwendige Besorgungen. Von ihrem Standort aus überblickte er den Platz, voll von Abfällen und gefährlichen Asozialen.

Dahinter erhob sich, strahlend und übergroß, das Hähnchenlokal und das Kaufhaus, in dem es eine Abteilung gab, die genauso heimatlich leuchtete, voll mit Nahrungsmitteln, die nach Heimat und Sicherheit schmeckten: eine schokoladenüberzogene Torte, panierte Schnitzel und ein duftendes, zuckerbestreutes Teiggericht mit einem Klacks aus gekochten Zwetschen. Dem Mausbiber lief das Wasser im Mund zusammen, zum ersten Mal seit Wochen - Jahren, verbesserte er sich - verspürte er Appetit.

Er wurde ruhiger und bekam eine Art Überblick über die Bewusstseinsinhalte der Frau, wie aus großer Höhe. Pflicht, Kontrolle, Ordnung empfand er. Und wenig Zeit, so unglaublich wenig Zeit. Komisch war die. Wenn er doch die Gedanken lesen könnte, nur ein ganz kleines bisschen. Heute würde er schätzen können, was früher alltäglich war. Er blieb vor dem Wall aus Fremdheit stehen. Was ihm dabei entging? Ziemlich viel Stress wahrscheinlich, so wie sie sich anfühlte. Früher hatte ihn so was amüsiert, er hatte Witze darüber gerissen und war dafür angehimmelt worden. Der Weltraum war grenzenlos weit gewesen und die menschliche Enge ganz klein. Heute war er auf Augenhöhe. Er sah sie den Kopf schütteln. Traurig sah sie aus und enttäuscht.

Die Frau in der tadellosen Kleidung schüttelte den Kopf, das sah Gucky, es war ihre gemeinsame, sichtbare Welt. Was sie dachte, konnte man zum Teil in ihrem Gesicht und aus ihren Gesten lesen. In ihren Gedanken überwogen Entrüstung und Abscheu, deren Abglanz konnte der Ilt, der jetzt ebenso in den Niederungen des Lebens steckte wie all diese gewöhnlichen Leute, spüren, so wie jeder feinfühlige Mensch. Doch hinter der Scheibe aus Opakglas, das, bildlich gesprochen, ihre Bewusstseine trennte wie zwei Universen, lief ihre Geschichte ab. Und was sie dachte, war dies: Dass es das heutzutage noch gab! Obdachlose, die ungewaschen und schmutzig auf der Straße standen und bettelten. Hier in Terrania City! So was stand ausgerechnet auf dem Platz vor dem Brathühnchenrestaurant und dem Kaufhaus, das sie aufsuchen wollte, um für sich und ihren Bruder die gewohnten Spezialitäten aus der Wiener Geschichte zu kaufen, einer Tradition, in der sie sich heimatlich eingerichtet hatten. Man brauchte eine Heimat, gerade in diesen Zeiten politischer Wirren, mit diesem schrecklichen grünen Mond und den vielen unsauberen Gestalten, die die Stadt bewohnten. Ein Bettler in aller Öffentlichkeit! Früher hätte es solche Leute einen nicht gegeben. Dass man den Verrückten keiner Persönlichkeitsumwandlung unterzogen hatte. Mutter würde sich schrecklich über so einen aufregen. So wie über alles andere, was nicht in Ordnung war. Alles, was sie enttäuschte. Ach, Mutter.

Ihr Gesicht zeigte Verschlossenheit und Wehmut, während sie weiterdachte. So viele Jahre, in denen die vielen Enttäuschungen unmerklich, aber stetig an ihr fraßen. Da waren die großen Erschütterungen gewesen, die Versetzung Terras ins Weltenkranz-System und die Rückkehr. Die Begleiterscheinungen der Gravospaltung hatten bedrohliche Unruhe verursacht, die Gravoerratik sie begeistert. Der Parfumflakon, der wochenlang bewegungslos zwischen Bord und Boden schwebte. hatte sich tief in ihr Gemüt gesenkt. Sie hatte das Objekt zum Partymittelpunkt gemacht, und das feine Pling, mit dem das Fläschchen unvermittelt weiterfiel und zerschellte, brach ihr das Herz.

Auch die Veränderungen des natürlichen Gleichgewichts in den langen Jahren ohne Mond hatten sie mitgenommen, und die neuen Erschütterungen der Erdoberfläche bei seinem Wiederauftauchen. Was aber ihre Gesundheit zernagte, das war der ewig unzureichende Alltag. Die Unvollkommenheiten. Das Unberechenbare. Die Veränderungen. Der Verfall. Im eigenen Leben und im Umfeld. So viele zogen weg, irgendwohin, und seltsame Existenzen drängten nach. Dagegen stemmte sie ihre durchkontrollierte kleine WeltSie mühte sich ab, ihre Unbeweglichkeit als Konstante erscheinen zu lassen.

Im Kampf ums Bleiben verlor sie Jugend, Gewandtheit und Lebensfreude. Sie wurde schwerer und ständig erschöpft. Und trotz der Kosmetika strahlte sie nichts mehr aus, was anzog. Gucky spürte, dass es um eine ging, die ihr Leben zusammenklaute und hortete und stahl, weil Lebensfreude und Kraft in ihr selber versiegt waren.
Zusammenstehlen... die Feinheiten ihrer Strategien entgingen Gucky, der keine Gedanken mehr lesen konnte. Eindrücke nahm er wahr wie schwache Farben auf Glas. Ihr Sichaneignen. Ihr feines Abtöten. Ihre Art, die Leere und die Verzweiflung zu bemänteln. Sie setzte auf Exklusivität und betonte mit größter Akribie ihre Herkunft aus dem alten Wien, um sich Wurzeln zu geben. In die Stadt selber zu ziehen, war ihr zu gewöhnlich gewesen, und zu teuer. Lieber zog sie in eine möglichst günstige Wohngegend hier in Terrania, gerade weit entfernt genug von den verfallenden Bezirken, um ihre Adresse noch vorzeigen zu können.

Als sie vor einem Jahr in jenem Hähnchenrestaurant eine kleine Portion frittierte Kartoffeln verspeiste, hatte ein ziegenbärtiger Mann mit Spazierstock sie angesprochen, dem, wie er sich ausdrückte, ihre Vornehmheit auffiel. Er hatte sich als Jenö Lakatos vorgestellt und zog ein teures Originalmanuskript von Richard Engländer alias Peter Altenberg, dem bekannten Wiener Kaffeehausliteraten, aus der Tasche, das er ihr zum Kauf anbot. Er wolle Terra verlassen, wegen des Monds, wie so viele, und fühle sich wohler, wenn das Artefakt einer besseren Zeit auf der Erde bliebe, bei einem so besonderen Menschen wie ihr. Sie hatte ihm alle Kreditchips gegeben, die sie bei sich trug, und er hatte ihr mit einer Verbeugung das papierene Päckchen verehrt. Als er sich nach einem Handkuss zum Gehen wandte, hatte sie bemerkt, dass er hinkte, doch noch während sie zusah, war er in der Menge verschwunden.

Mutter und Tochter legten das Manuskript in einer zum Schrein gerichteten Nische des Wohnzimmers aus. Ohne die Seiten je zu berühren, um ja nichts abzunutzen. Das wäre zu schade gewesen. Sie hätte schon gern mal darin gelesen, doch es fiel ihr trotz Übersetzung zu schwer, und was sie verstand, verwirrte sie. Irgendwann würde sie sich mal in aller Ruhe damit hinsetzen, wenn sie Zeit hatte.

Die Frau seufzte. Immer waren sie müde. Und ihr Bruder predigte stets, dass der Schlaf wichtiger war als alles andere, sogar als Essen und Trinken. Schlaf befreie von den ganzen tagsüber begangenen Fehlern, von den festgefahrenen Gedanken, den Sorgen, erklärte er. Schlaf lasse uns Abstand gewinnen, so dass wir Fehler erst gar nicht begehen und die begangenen vergessen können mit der Zeit, sagte er. Ihr schlafloses Leben sei eine Nachahmung, sagte er manchmal.
Ganz anders die Mutter? „Du kümmerst dich nicht genug“, klagte sie. „Zum Beispiel die Hauspositronik. Vor drei Wochen habe ich sie sehr genau programmiert, und trotzdem bekamen wir heute statt de Apfelkompotts mit einigen Trauben auf einem geblümten Tellerchen Lotirklotorasmus mit Kirschen. Die Kontrolle über unser Leben erlischt. Die Maschine geht nicht. Und du tust gar nichts.“ Der Bruder hatte den Kopf geschüttelt. Und wenn? War dies ein Grund, persönlich einkaufen zu gehen? Für Mutter schon.

„Deine überdeutlich betonte, lässige Schlamperei macht mir Kopfzerbrechen“, hatte sie dem Bruder gesagt. „Eine Hauspositronik, die nicht nach dem Willen des Besitzers läuft, ist ein Problem. Ich bin um vier Uhr aufgestanden, um die Routinen noch vor dem Frühstück reprogrammiert zu haben, sonst hätte ich doch nur die ganze Zeit daran denken müssen. Du machst das ja nicht. Und bitte denke an den Geburtstag deiner Tante in sechs Wochen. Dafür musst du mir ein paar Kleinigkeiten besorgen.“

Die Geschwister redeten leise, um sie nicht aufzuregen. Dass sie konsequent am Menschen vorbeiplane. Planung als Leben. Kein Leben ohne Planung. Doch andererseits so beruhigend. Vor allem, wenn alles sich änderte rundherum.
Eines Nachts erstickte sie fast und wurde im letzten entsetzlichen Moment gefunden, die vorsichtshalber von ihr ausgeschaltete Überwachung der Biodaten reaktiviert, so dass der Medorobot kam und ihr Luft verschaffte. Bald folgte ein noch entsetzlicheren Anfall von Atemnot und Herzkrampf, die Medikamente wirkten nicht, ihr Körper war zu schwach. Ihre Augen, stets auf korrekte Abläufe gerichtet, waren erfüllt mit unsäglicher Angst und schrien um Hilfe.
Die Frau war, in Erinnerung verloren, stehengeblieben. Sie setzte sich neben dem Bettler auf eine Bank, deren staubfreie Sitzfläche sich automatisch ihrem schwammigen Körper anpasste. Um all der modernen Fitnessprogramme richtig zu machen, hatte man vorher noch so viel zu erledigen, damit es einem nicht im Kopf herumging beim Üben. Nach Mutters ersten Anfall hatte sie Gift gekauft. Um nicht hilflos dazuliegen, falls ihr dasselbe passierte. Sie machte sich Sorgen, sie war für alles gewappnet, wie ihre Mutter.

Raubbau am Leben nannte es der Bruder. Er konnte im Fühlen denken und im Denken fühlen. Er war überzeugt, der Kosmos führe Buch über unsere Einnahmen und Ausgaben. Der Kosmos weine nicht, lache nicht, zürne uns nicht. Er sei gerecht und warte, ewig und unabänderlich. Mit chronischer Krankheit bestrafe er Raubbau am Leben. Er zeigte ihre Fehler auf, um die Krankheit zu untergraben, statt Mitgefühl zu zeigen. Doch der Mangel an Gefühl machte ihn unsympathisch. Außerdem bekamen die Leute Karten und Geschenke zu allen Gelegenheiten. Wer wollte sich da beschweren?

Nun hatte sie also im Bett gelegen, chronisch und dauerhaft krank. Freunde besuchten sie und brachten Leckerbissen. Ihr Krankenzimmer war makellos, ihr Körper sauber. Sie ließ Teller herumgehen. „Ich danke euch von ganzem Herzen. Es freut mich so. Wie appetitlich das ist. Und so gesund“, sagte die Kranke und bot jedem Besucher etwas Besonderes an, fragte nach Vorlieben, lachte und entschuldigte sich in einem Atemzug, eine vollkommene Gastgeberin noch im Sterben. „Das Rezept ist mein Geheimnis“, hatte sie stets gelächelt. „Das nehme ich mit ins Grab.“ Und man setzte die Teller ab und lachte den unschönen Ausdruck weg. „Man stopft mich voll, damit die Würmer mich fressen“, hatte die Kranke gedacht. Manchmal sagte sie es, und man redete es ihr aus.

Die Tante hatte die Leidende umsorgt, jetzt, wo sie Schonung brauchte. Sie hatten Piquet gespielt, ein kompliziertes, uraltes Kartenspiel, das nur wenige beherrschten, und ließ sie gewinnen, damit sie sich noch ein bißchen freuen könne. Was sie in große Verlegenheit stürzte. „Ich traue mich kaum, zwei Solar von dir anzunehmen“, hatte sie protestiert. Der Medorobot war aus seiner Nische geglitten, doch durfte er nicht näherkommen, solange Besuch da war. Auf dieser Programmierung hatte die Kranke bestanden, um ihren Besuchern ein abstoßendes Schauspiel zu ersparen.
„Mach dir keine Gedanken, ich habe korrekt verloren“, versicherte die Tante, die den Roboter zum Zug lassen kommen wollte.
„Nun, wir spielen auf Revanche“, schlug die Kranke vor und begann zu husten, so dass ihre Wangen sich bläulich verfärbten. „Nur den einen Gefallen musst du mir tun.“
„Aber ich kann nicht...“, wehrte die Tante ab.
„Aber bitte doch. Oder muss ich mich aufregen?“ Die Tante gab nach und gewann, um ihr Ruhe zu geben.
In derselben Nacht war die Frau aufgewacht in der Stille. Ins Dunkel hinein sagte sie: „Mama...“ Dann schrie sie. Die Familienmitglieder waren erschienen, fast taumelnd vor Müdigkeit. Man stellte fest, dass ihr Herz aufgehört hatte zu schlagen. Die Biodaten waren erneut nicht gemessen worden. Die Kranke hatte die Übertragung gestoppt, als die Daten zu hässlich wurden. Man rief einen Arzt. Sie hatte eine traditionelle Aufbahrung geplant. Die Hauspositronik bestellte die Blumen. Die Beerdigung hatte sie schon vor Jahren organisiert und bezahlt. Alles war fehlerlos. Am Vormittag kam der Bruder zurück in die Wohnung und schickte die Schwester schlafen, während die Mutter auf Kissen von Nelken ruhte.

Beim Begräbnis hatten sie alle ganz unausgeschlafen ausgesehen, gelb, verwittert und schlaff, wie vorzeitig gealtert, verfallen, ausgetrocknet, als habe man das Leben aus ihnen gesogen. Die Tote, im Sarg aufgebahrt und hinuntergetragen all die Straßen hindurch, hatte ein ganz friedvolles Gesicht, wie keiner der Lebenden. Menschen und Nichtmenschen blieben stehen, um dem Trauerzug nachzublicken. Die Zeremonie hatte Würde. Sie war teuer gewesen. Jede Einzelheit stimmte. Natürlich blieb der Sarg nur sechs Wochen lang in der Erde, dann wurde er desintegriert, aber der Aufwand, der blieb im Gedächtnis.

Das war letzte Woche gewesen, überlegte die Frau. Letzte Woche erst. Zum Saubermachen hatte sie die Maschinen ausgeschaltet und bürstete, klopfte und reinigte alles mit der Hand. Die Teppiche hatte sie mit Kraut aus dem Spezialitätenkaufhaus gesäubert wie vor Jahrtausenden, das war besser so und den Aufwand wert.

„Wenn Mama es noch sehen könnte“, fühlte sie. Wäre sie nur nicht so müde. Sie fühlte sich so am Boden, so ausgelaugt. Sie würde wider besseres Wissen dem Bettler ein paar Solar in die Hand drücken. Sie fürchtete, mit all den Anforderungen nicht mehr fertig zu werden, ohne Mama. Sie hatte Angst. Sie würde ihm zwei Solar geben, das reichte für einen Imbiss. Wenn er das Geld nur nicht vertrinken würde. Man müsste das Sozialamt anrufen, damit man sich dort um ihn kümmerte. Dann würde er seinen Lebenswandel ändern und sich bei ihr bedanken. Oh, das würde ihr gut tun in dieser schweren Zeit.

Gucky bemerkte den Ruck, der durch ihren Körper ging. Seltsame Bilder waren in seinem Geist entstanden, von vollkommenem, hohlen Gelächter, kaltem Essen, verstellten Gesichtern, von weißen Stoffbahnen und tapezierten Wänden. Die brauchte keinen Feind, die quetschte sich selbst den Lebensnerv ab, spürte er und er fror. Er sah sie im Kaufhaus verschwinden. Es blieb das heruntergekommene Objekt all ihrer Aufmerksamkeit: der Berber, der immer noch reglos hinter seinen Figuren stand, einige Geldstücke in seiner Holzschüssel. Seine Hologramme flackerten und jagten einander wie verwirrte Gedanken. Gucky nahm noch einen Anlauf und tastete sich an ihn heran, um aus seinen Augen zu sehen. Und es gelang.
Zuletzt geändert von Rainer Nagel am 23. Oktober 2015, 22:34, insgesamt 2-mal geändert.
Grund: Titel der Geschichte auf Wunsch von Alexandra angepasst - und am 22.10. nochmals geändert auf Wunsch der Beiträgerin
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Alexandra
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Re: Alexandras Spielplatz

Beitrag von Alexandra »

Als nächstes kommt die Geschichte des Berbers selbst, es gibt aber so viele schöne Möglichkeiten...
Welchen Namen sollte er haben?
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GruftiHH
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Re: Alexandras Spielplatz

Beitrag von GruftiHH »

Im AUgenblick komme ich überhaupt nicht dazu, Deine Gesichten zu lesen. Sehr viel um die Ohren. Aber ich denke so Ende nächster Woche könnte es wieder ruhiger werden. Dann hole ich es nach.

Wie wäre es mit Arthur?
* Am Ende des Regensbogen sehen wir uns wieder. *
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