Teil 10
Mein Gegenüber vermochte seine Genugtuung nur mühsam zu verbergen. Wir blickten uns wie zwei Turnierringer an, die jeden Augenblick aufeinander losgehen wollten. Nach langem Belauern entschloss ich mich die Situation zu entspannen.
"Schauen, Sie mich nicht so feindlich an. Ich bin nur Euridemos von Larissa, zwar ein Freund des Jason, aber nicht er selbst. Gewiss ich fühle mit meinem Freund, mehr aber auch nicht."
Die Gesichtszüge ‚meines’ Konkurrenten entspannten sich und er grinste mich wieder mit jenem Nichtssagenden Lächeln an.
"Entschuldigen Sie Euridemos, einige Augenblicke hegte ich die Meinung, dass hier Jason von Acharnai in Maske vor mir steht. Aber das ist wohl absurd!"
Seine Heiterkeit ging in ein homerisches Gelächter über und er schlug mir auf die Schulter, dass ich fast in die Knie ging.
Ich stimmte schließlich immer noch emotional etwas benommen über diese für Jason unglaubliche, aber leider reale Tatsache über Helena, in das Gelächter mit ein. Von überallher kamen nun Nachfragen, über was wir so lachten.
Der Ratsvorsitzende, dessen Namen ich immer noch nicht kannte, sagte es seinen Kollegen und diese stimmten ebenfalls in die Heiterkeit ein. Endlich gab es einmal etwas Lustiges in dieser hohen Halle, in der ansonsten über das Wohl und Wehe, des Attischen Reiches entschieden wurde. Das Ratskollegium für diesen Monat, aus der achten Phyle, war ein Querschnitt aller Bürger und der vier Stände. Ebenso der beiden feindlichen Fraktionen der Oligarchischen und der Demokratischen, obwohl Letztere zurzeit des Perikles eindeutig die Mehrheit bildete.
Trotzdem durfte die Adels-Partei nicht unterschätzt werden. Konnten ihre Mitglieder aus dem ersten und zweiten Stand doch als sehr mächtig und erfinderisch in Intrigen und Ränkespielen, angesehen werden. Die Prytanen schüttelten sich vor Lachen wegen der Vorstellung, dass dieser barbarisch gekleidete und auch so aussehende thessalische Halbbarbar, Jason, der Sohn des Achaios sein sollte, eines der reichsten, geheimnisvollsten und dem ersten Stand angehörigen Mannes, eines persönlichen Freundes des Perikles. Nur einige Monatsräte, wahrscheinlich Mitglieder der oligarchischen Partei lachten nicht mit. Sie vertraten die Meinung, egal ob Jason selbst oder einer seiner Vasallen mit seiner Anwesenheit, die Ehre dieses Ortes entweihte, sofort zu verschwinden hätte.
Die Blicke die sie mir zuwarfen offenbarten ihren Hass, zumal sie Jason zusätzlich als Verräter ihres Standes betrachteten. Genauso ging es Perikles, der ebenfalls dem Hochadel entstammte. Ich ignorierte die feindlichen Blicke, beendete mein Gelächter und wandte mich wieder an den Ratsvorsitzenden, bei dem ich nun nicht mehr so sicher sein konnte, ob er mich durchschaute, denn seine Heiterkeit über seine geäußerte Vermutung schien echt gewesen zu sein.
"Sie haben Recht. Es ist wirklich absurd sich dies vorzustellen, ich wäre mein Patron. Übrigens mit wem habe ich die Ehre?"
Mein Gegenüber fing sich wieder.
"Entschuldigen Sie meine Unhöflichkeit. Mein Name ist Theseus, Sohn des Theomedes aus Peiraeus. Mein Vater, ein Freigelassener, verdiente als Händler und Unternehmer ein großes Vermögen. Er leistete für den Staat soviel, dass er einer der wenigen Metöken oder ehemaligen Sklaven ist, die für ihre Verdienste in den Bürgerstand treten durfte. Ich selbst wuchs deshalb als freier Bürger des ersten Standes auf und trat in die Fußstapfen meines leider verstorbenen Vaters. Erst seit ich Helena geheiratet habe, interessiere ich mich für politische Belange. Sie ist sehr daran interessiert und drängt mich hier aktiv zu werden. In solchen Dingen kann man meiner jungen Frau in Athen nichts abschlagen“,
Er machte eine leidende Bewegung mit den Händen und fuhr fort.
"Nun, in den wenigen Monaten habe ich politisch einiges bewegt und bin unter anderem deswegen auch im Führungs-Ausschuss der demokratischen Partei. Ich bin stolz behaupten zu dürfen, dass ich einer der wenigen wirklichen Freunde des Perikles bin und immer wieder zum Symposion bei Aspasia eingeladen werde."
"Wieso erzählen Sie mir dies alles, Theseus? Sie sind mir keine Erklärungen schuldig."
Theseus blickte mich lange wortlos an. Seine braunen Augen schienen mich zu durchdringen, als wäre ich aus Glas.
"Sie sind ein Freund des legendären Jason von Acharnai und mit ihm in Kontakt!"
Ich fragte mich, wieso Helena diesen Aufsteiger geheiratet hatte. Wahrscheinlich hatte sie Jason für tot gehalten und unterlag der Werbung des Theseus, einem sicherlich, wegen seines Reichtums, der gefragtesten Junggesellen Athens. Vielleicht wollte sie über ihn politischen Einfluss gewinnen, wie Aspasia über Perikles. Nun zuzutrauen, wäre es der guten Helena. Diesbezüglich griff ich natürlich auf die Erinnerung des Jason zurück. Eine Heirat konnte wieder geschieden werden. Perikles, Jasons väterlicher Freund, hatte es vorgemacht.
"Sicher bin ich das. Trotzdem brauchen Sie einen Jason nicht mehr zu fürchten. Sie sind der Ehemann von Helena. Wie ich meinen Patron kenne, wird er dies akzeptieren und Ihnen gratulieren. Wahrscheinlich wird er Ihnen nur nahe legen, gut für Helena zu sorgen."
Theseus entspannte sich sichtlich. Meine Worte schienen seine inneren Zweifel zu lösen.
"Darauf können Sie sich verlassen. Sie können diese Information an Jason weitergeben. Aber nun würde ich Ihre Geschichte gerne hören."
In den Augen von Theseus sah ich Liebe für Helena aufleuchten. Verdammt ich konnte mir vorstellen, dass auch sie für ihn zumindest Zuneigung empfand. Der Kampf um sie würde ein Stück harter Arbeit für Jason werden.
Meine neue zum Ausdruck gebrachte Einstellung schien auf Theseus überzuspringen, denn er behandelte mich jetzt mit einer Freundlichkeit, die aus dem Herzen zu kommen schien.
Also erzählte ich ihm die Geschichte vom Kampf des Jason und seiner Freunde gegen die Spartaner bis sie wieder in Aigina ankamen. Er sollte annehmen, dass Jason von Acharnai eventuell in der Inselstadt weilte. In der Geschichte war ich einer der Ruderer - und Kampfgenossen des Jason gewesen und hatte von ihm einige Kniffe meines Meisters gelernt. Dieser sei irgendwo untergetaucht, ich selbst schicke die Berichte über einen Mittelsmann an ihn. Wo genau mein Klient sich aufhielte entzöge sich meiner Kenntnis. Was auch stimmte.
Rico hatte etwas über eine zweite Schulung des Jason zu einem Medjay auf der Tabora gesagt. Noch immer konnte ich mich nicht daran erinnern, wo sich diese geheimnisvolle ‚Insel’, oder was auch immer sie sein mochte, lag. Etwa im Hyperraum? Extrasinn?
„Ich weiß nur Kristallprinz, dass es sich tatsächlich um ein Refugium im Hyperraum handelt. Sie besitzt mehrere Zeitebenen mit unterschiedlichen terminalen Zonen gegenüber dem Zeitablauf im Normaluniversum. Ferner muss es einen transmitterähnlichen Portalzugang irgendwo auf der Erde geben. Dieses Refugium im Hyperraum könnte eine Raumzeitfalte sein. Sie ist in jedem Falle eine Ausbildungsstätte des Ordens des Lichts (OdL). Deine dir und mir vorliegenden Erinnerungen lassen mich diese Schlüsse ziehen. Auch dass du dort zumindest eine Ausbildung in der terminalen Ausbildungszone erhieltest. Soweit mir bekannt ist, verläuft in dieser terminalen Zone die Zeit einhundert mal schneller. Zehn Jahre Ausbildung sind in der normalen vierdimensionalen Raumzeit deshalb gerade mal sechsunddreißig Tage.
Hinter dem Orden kann nur ES stecken. Allein eine Superintelligenz besitzt eine solche Technologie, die unterschiedliche Zeitzonen in einer Raumzeitblase im Hyperraum erlaubt.“
Gedanklich stimmte ich meinem Logiksektor zu. Ähnliche Schlüsse hatte ich selbst schon gezogen.
Theseus hatte meiner Erzählung aufmerksam zugehört, ohne mich einmal zu unterbrechen. Er schien beeindruckt.
"Eine unglaubliche Geschichte, die Sie mir da erzählten. Übrigens haben Sie es mitbekommen? Alle Gespräche im Versammlungsraum sind verstummt. Meine Miträte haben Ihre Geschichte alle mitgehört."
Mir war tatsächlich entgangen, dass die anderen Prytanen meinem Bericht aufmerksam gelauscht hatten.
"Ich möchte Ihre Regierungsarbeit nicht weiter unterbrechen und verabschiede mich", sagte ich zu Theseus.
"Gut, aber kommen Sie doch morgen Abend zu meinem Symposion. Einige politische Freunde der demokratischen Partei werden anwesend sein, übrigens auch Helena. Sie würde sicher gerne Ihren Bericht persönlich hören. Wie Sie sehen wandelt meine junge Frau auf den Spuren der Aspasia."
Klang da nicht ein leiser Spott mit? Ich musste mich täuschen.
Theseus überraschte mich mit seiner Einladung. Ich holte tief Luft.
"Eigentlich passt ein thessalischer Metöke nicht in Ihre Kreise." Theseus wehrte ab.
"Wenn Sie wüssten, wieviel ausländische Metöken, selbst aus Britannia und Hyperboräa (Anmerkung Autor: damalige keltische Mitteleuropa), bei mir aus- und eingehen, dann hätten Sie solche Bedenken nicht."
Seine graublauen Augen blitzten kurz auf, als er mir einen letzten nachdenklichen Blick zuwarf, als wollte er sich überzeugen, dass ich in seinem Sinne handelte. „Was für unsinnige Gedanken!“ Ich verwarf sie wieder. Der Sohn eines ehemaligen Metöken hatte keine Ahnung über meine wirkliche Identität und er war sicher nur ein Werkzeug in Helenas Händen. Trotzdem fragte ich mich, ob die ‚Dunkle Bruderschaft nicht auch im ‚lichten Athen’ ihre Agenten und Informanten unterhielt.
„Ich kann keinen paramentalen Angriff feststellen, Arkonide. Trotzdem solltest du dich von diesem smarten Theseus nicht einlullen lassen.
Mental lachend meinte ich mich an meinen Logiksektor wendend: „Du solltest mich besser kennen, Gedankenbruder. Wäre er eine Frau, dann bestände diese Gefahr.“
Einen Moment glaubte ich ein leises rasch abschwellendes homerisches Gelächter in meinen Gedanken zu vernehmen. Aber ich musste mich täuschen, denn mein Extrasinn sollte eigentlich zu solchen Emotionen nicht fähig sein. Oder?
"Gut, Theseus, Sie haben mich überzeugt. Ich komme", sagte ich laut.
Ich nickte dem Tages-Ratsvorsitzenden nochmals kurz zu und begab mich dann in Richtung Hallenausgang.
Hinter mir hörte ich wie die Diskussion der Prytanen über die heutigen Ereignisse und der Person des Euridemos von Larissa, orkanartig anstieg. Grinsend durchschritt ich das Rathaustor und trat hinaus in den blendenden herbstlichen Sonnenschein der Agora. Auch jetzt noch, etwa in der elften Tagesstunde wurde der Marktplatz stark besucht. Noch immer hatten die fliegenden Händler und Bauern ihre Marktstände aufgebaut und machten gute Geschäfte. Ich fühlte mich plötzlich müde und beschloss die Stoa Poikile aufzusuchen.
Die 'Bunte Halle' lag am Nordrand des Platzes und sie konnte getrost, als das beliebteste Ziel der Philosophen angesehen werden. Ich betrachtete kurz die Stoa.
Wie alle diese Längshallen wurde ihr Dach auf der einen Seite von einer festen Mauer und auf der Innenseite von einer Säulenreihe getragen. Im Prinzip hatten die Baumeister alle diese Hallen wetterbegünstigt bauen lassen, um sowohl im Winter wie im Sommer menschliche Begegnungsstätten zu bieten. Die Stoa Poikile galt als das älteste Athener Gebäude dieser Art und lag deshalb am günstigsten Platz, denn ihre Säulen öffneten sich nach Süden. Dies war für einen Aufenthalt in jeder Jahreszeit günstig, denn im Winter wurden die kalten Winde abgehalten und im Sommer spendete die Säulenhalle Schatten vor der brennenden Sonne.
Vor der Stoa standen verschiedene Statuen unter anderem das markante Bildnis von Solon, dem Gründer der demokratischen Ur- Verfassung. Der Reformer wurde von allen Schichten als weiser Staatsmann verehrt. Heutzutage wahrscheinlich die einzige Übereinstimmung der beiden feindlichen politischen Parteien, der Demokraten und Oligarchen (Optimaten).
Besonders bekannt wurde dieser Ort für die Streitgespräche der großen philosophischen Richtungen. In der Halle selbst gab es keine Läden oder Marktstände, dafür wurde das Gebäude, öfters für Verhandlungen der Volksgerichte benutzt. Heute allerdings war die Bühne frei für die großen philosophischen Geister der Stadt oder für die, die sich dafür hielten.
An einem Stand vor der Stoa kaufte ich einige Weizen-Honigkuchen und einen Leinenbeutel voll getrockneter Feigen. Da meine Ziegenleder-Wasserflasche noch voll war, beschloss ich mein frugales Mittagsmahl unter den Philosophen zu genießen. Zwei heftig miteinander diskutierende Männer mit jeweils etwa zehn Anhängern. bildeten den Hauptmittelpunkt des Interesse in der Halle. Ich schlenderte langsam die Außenmauer entlang, genoss den Schatten und die Kühle und bewunderte die Fresken. Wie immer sprach mich besonders der Fries über die Schlacht von Marathon an.
(Anmerkung Autor: Der Atlan dieses Paralleluniversums wurde um 491 BC von Rico geweckt und weilte zwischen 491 – 489 BC in Hellas und Ägypten, seinem noch immer Lieblingsland auf Larsaf III. Dies ist allerdings bereits seit dem letzten Teil bekannt, weil es ja Folgen hatte
)
Aber auch die übrige in Stein gehauene Geschichte Athens interessierte mich sehr. Manche davon hatte ich persönlich erlebt. Zwar liebte ich Ägypten immer noch am meisten, aber auch die Entwicklung der individualistischen Hellenen interessierte mich natürlich, hinsichtlich ihres Potentials für die Geistesentwicklung vor allem der Europäer, die mir geistig in gewisser Weise am nächsten standen. Sie schienen die Zukunft der Menschheit in der nächsten Zeit maßgeblich beeinflussen zu können.
„Was denkst du Logiksektor?“
„Mir liegen keine Fakten vor. Ich kann deine Überlegungen weder bestätigen noch verneinen. Verlasse dich in solchen Fällen auf deine Intuition, die mir zum Glück abgeht.“
Das half mir natürlich auch nicht weiter. Langsam näherte ich mich einer Gruppe, in der zwei Männer im gewaltigen Disput miteinander um das rangen, was sie jeweils als Wahrheit betrachteten.
Den einen erkannte ich: Sokrates. Vor etwa fünfunddreißig Jahren wurde er als Sohn des Bildhauers Sophroniskos und der Hebamme Phänarete geboren. Er erlernte den väterlichen Beruf, den er sehr gut ausführte. Seine große Passion allerdings galt, seine Mitmenschen ‚erziehen‘ zu wollen. Meistens kleidete er sich ärmlich und ging barfuss. Selbst im Winter verzichtete er auf eine Fußbekleidung. Soeben versuchte er einen Sophisten in Widersprüche zu verwickeln. Der Philosoph behauptete jedwede Theorie mit Logik und Rhetorik verbal durchsetzen zu können. Sokrates bestritt dies und führte mit ihm eine heftige Diskussion darüber. Keiner konnte sich mit seiner Meinung durchsetzen und so beendeten sie das Streitgespräch unentschieden.
"Xenohippos, du kennst doch mein Motto?"
Ich hörte mich plötzlich sagen:
"Ich weiß nur das eine, dass ich nichts weiß!"
Sokrates, der Sophist und die anderen Umstehenden blickten mich von oben bis unten skeptisch und spöttisch an.
"Hört, hört", höhnte einer. "Ein barbarischer Philosoph!"
Alle außer Sokrates lachten.
"Lasst doch den Thessalier mitdiskutieren."
"Ich erkenne ihn!“ rief ein anderer entrüstet aus.
"Er hat sich mit den skytischen Wachen angelegt und sogar die Prytanie in ihrer Sitzung gestört. Theseus, der Tagesvorsitzende des regierenden Rats, hat ihn mit 10 Drachmen Strafe belegt. Wenn ihr mich fragt, hätte er 100 Drachmen Strafe verdient!"
Fast alle der 'Philosophen' stimmten ihm zu. Sokrates betrachtete mich immer noch nachdenklich.
"Kenne ich Sie?"
Ich grinste in mich hinein. Der schlaue Fuchs blickte tiefer als die anderen. Ich wunderte mich nicht einmal darüber.
"Nicht dass ich wüsste, aber ich glaube wir haben einen gemeinsamen Freund: Jason von Acharnai!"
Sokrates kniff die Augen zusammen. Ein Zeichen höchster innerer Erregung.
"Wo ist er? Wieso ist er untergetaucht?"
"Ich würde dies gerne mit Ihnen unter vier Augen besprechen."
Die anderen Mithörer protestierten. Sokrates aber winkte mit der Hand.
"Hört zu! Dieser Mann kommt von weither und überbringt mir eine persönliche Botschaft eines alten Freundes. Ich bitte euch uns zu entschuldigen."
"Kommen Sie Thessalier, dort hinten ist eine ruhige Ecke, setzen wir uns auf die Marmorbank."
Wir schlenderten in die Ecke und murrend löste sich die Philosophenrunde um Sokrates auf. Wir setzten uns auf die Bank und ich bot Sokrates von meinem Mittagessen an. Es reichte für beide. Dankbar bediente sich der genügsame Philosoph. Wir aßen schweigend jeder drei Honigkuchen und die getrockneten Feigen dazu. Eine Wasserflasche trug er bei sich. Ich winkte einem herumlungerten Jungen und gab ihm einige Drachmen. „Bringe mir zwei große Krüge Henket, vom nächsten Laden. Der Rest des Geldes darfst du behalten. Der Junge strahlte und eilte davon.
„Das ist nicht nötig“, wehrte Sokrates ab. “Sie leben höchst verschwenderisch. Und nun richten sie mir bitte Ihre Botschaft aus."
Ich schilderte in knappen aber prägnanten Worten jene Geschichte die ich auch Theseus aufgetischt hatte. Danach erwähnte ich noch meine Theorien über eine Verschwörung, die ich gegenüber Theseus nicht angesprochen hatte. Es tat mir leid Jasons Freund teilweise anzulügen, aber die Situation erforderte dies. Lange schwieg Sokrates, nachdem ich meinen Bericht beendet hatte. Zwischendurch brachte der Junge das Bier. Den einen Krug leerte Sokrates nur zögerlich. Meiner hatte ich längst geleert, als der Junge endlich beide leeren Krüge dem Händler zurückbrachte.
"Eine erstaunliche und sehr geheimnisvolle Geschichte. Ich frage mich allerdings wieso Jason an eine Verschwörung glaubt. Sie ist schwer zu beweisen. Bislang besteht sie nur aus Mutmaßungen. Ich bin heute Abend bei Aspasia zu unserer wöchentlichen Diskussionsrunde eingeladen. Leider wird Perikles fehlen, aber sonst sind noch einige weitere interessante Gäste anwesend. Wenn Sie Lust darauf haben, können Sie mich begleiten. Treffen wir uns zur achtzehnten Tagesstunde hier. Wäre Ihnen das recht?"
"Ich danke Ihnen Sokrates und ich fühle mich geehrt, die berühmte Aspasia und ihre Philosophenrunde kennen zulernen. Ich komme gerne."
Sokrates nickte mir freundlich zu.
"Übrigens soll ich Ihnen von Jason dieses Dokument übergeben."