Robert Corvus hat geschrieben:
In diesem Sinne verstehe ich die Aussage aus dem Focus-Artikel, dass der Erfolg von PERRY RHODAN andere Science-Fiction an den Rand gedrängt habe. Wenn jemand prinzipiell für Science-Fiction in gedruckter Darreichungsform empfänglich ist, wird er vermutlich recht schnell auf PERRY RHODAN stoßen. Wenn ihm das dann erzählerisch liegt, wird er jede Woche Nachschub erhalten (volgo: wöchentlich Lesezeit investieren, um auf dem Laufenden zu bleiben) und zusätzlich die Möglichkeit haben, auf einen Bestand von mehreren tausend vorhandenen Geschichten zurückzugreifen. So lange PERRY RHODAN seine Komfortzone ist, er sich also mit der Serie wohlfühlt, hat er keinerlei Nachschubproblem, muss also gar nicht "riskieren", zu anderer Science-Fiction zu greifen. Er bleibt reiner PERRY-RHODAN-Fan, ohne Bezug zur sonstigen Science-Fiction.
Unter dem Gesichtspunkt ist das sicher eine richtige Überlegung.
Bei mir war es etwas anders. Als Schüler war ich wesentlich weit gestreuter als heute, wenngleich - was deutschsprachiges betrifft - Perry Rhodan sicher auch seine 80 % einnahm.
Mit 18 Jahren bin ich an den Augen erkrankt und konnte nicht mehr lesen, bzw ich war auf Hörbücher angewiesen. Leider war die Auswahl von Science Fiction in den Blindenhörbücherein verdammt mager. Da hörte ich dann alles, was es an wenigen Titeln gab. Dann fing Eins A mit den Silberbänden als Hörbücher an, und ich konnte so wieder bei Perry Rhodan andocken. Noch besser wurde es, als die wöchentlichen Lesungen begannen. Und mit dem Kauf eines Ebook-Readers, wo ich die Schrift deutlich vergrößern kann, öffnete sich mir dann wieder die ganze Welt des Phantastischen (zumindest, wenn sie auf Ebook angeboten wurden). Tja, und trotzdem komme ich aus Zeitgründen eigentlich (fast) nur dazu, Perry Rhodan zu hören und zu lesen.
Das wird vom Grundsatz her aber wohl allen erwachsenen Menschen so gehen, das sie nicht mehr dazu kommen, alles zu lesen, was sie interessiert. Das betrifft ja auch nicht nur das Lesen, sondern alle Bereiche der Freizeitgestaltung. Ein junger Mensch fährt vielleicht zu jedem Fußballspiel seiner Mannschaft. Als gestandener Erwachsener lässt das merklich nach oder hört ganz auf. Als junger Mensch schaut man sich jede mögliche Fernsehserie an, als Erwachsener sucht man sich nur noch ganz gezielt etwas aus.
Aber wie sieht das mit jüngeren Leuten aus?
Wir wissen, das Perry Rhodan darunter leidet, von zu wenigen jungen Menschen gelesen zu werden. Das mag zum Großteil daran liegen, das Science Fiction zur Zeit nicht so weit oben steht, wie das vielleicht zwischen Star Wars (1977) und der Jahrtausendwende der Fall war. Aber ich denke, es liegt auch daran, das junge Leute genug anderes finden können. Angefangen beim Konkurrenten Maddrax bis zu den vielen Romanen in Taschenbuchform. Das sind weniger als in den 80er und 90ern, aber immer noch mehr, als das ein Mensch das alles lesen könnte.
Man kann von Perry Rhodan gefesselt werden, und sich ganz darauf konzentrieren. Aber ich glaube nicht, dass das heute eine Mehrheit der jungen Menschen so macht, denn viele sind auch nicht bereit, sich auf ein so großes Hintergrunduniversum einzulassen. Wenn ich mich mit jüngeren Leuten unterhalte und sage, das ich Perry Rhodan lese, kennt kaum jemand den Namen, trotzdem nennen sie sich aber Science Fiction Fans.
Wenn wir das jetzt weiter denken, kommt es früher oder später doch zu einem Ende der Perry Rhodan Serie weil die alten Leser langsam aussterben. Bricht dann die deutsche Science Fiction zusammen? Ich glaube das nicht, denn es wird vielleicht etwas anderes geben. Es kann erst etwas anderes geben wenn Perry Rhodan weg ist? Möglich, aber Maddrax zeigt doch, dass es Ausnahmen von dieser Regel gibt. Wenn die SciFi Flaute mal wieder vorbei ist (und da es Flauten und Hochzeiten schon immer gegeben hat, wird das sicher passieren), dann wird es sicher auch wieder andere Serien geben. Vielleicht nicht auf dem Papier sondern als Ebook, oder als Computerspielserie oder als Fernsehserie. Vielleicht keine 3000 Wochen lange Serien, aber das muss ja auch nicht sein.