Spoiler 3235: "Mann in blauen Flammen" von Michael Marcus Thurner

Brandheiß: Das allerneueste Heft der Erstauflage, die neuesten Spekulationen!
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Stätter
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Re: Spoiler Nr. 3235 "Mann in blauen Flammen" von Michael Marcus Thurner

Beitrag von Stätter »

Goshun hat geschrieben: 22. August 2023, 14:30 Ich habe natürlich keine Ahnung was für eine Aufgabe diese Komponente genau im Kardec-Gürtel hatte und wie sie mit anderen Komponenten zusammenspielte. Darum kann ich auch nicht sagen ob sie notwendig ist oder ob man sie weglassen kann.
Gemäß meiner eigenen bescheidenen Erinnerung und Perrypedia war die bockende und trägeragressive Auslegung der Gürtel-KI
»lediglich« ein heftiges porleytisches Interessenwahrungsinstrument gegen unberechtigten und nicht statusentsprechenden Zugriff.

Es ist ja auch funktionell komplett sinnlos, dass sich ein Macht- und Kampfsystem gegenüber dem vorgesehenen Normträger standardgemäß verhält wie ein bockiges Wildpferd, dass die originäre Aufgabe nicht erleichtert, sondern massiv erschwert oder den Träger wahnsinnig macht bzw. gar umbringt.

Das autonome Bewusstsein des Kardec-Gürtels wandte Teile der Machtsysteme gegen »inadäquate Träger«.

CP merkt das ja schon im vorliegenden Roman!
If the universe is expanding, why can't I find a parking space?
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heppen shemir
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Re: Spoiler Nr. 3235 "Mann in blauen Flammen" von Michael Marcus Thurner

Beitrag von heppen shemir »

alaskas anzug der vernichtung wurde nach der schwarmkrise ja auch ausgiebig von terranischen wissenschaftlern untersucht...
und sicher existieren auch darüber dokumente.

hätte CP den auch nachbauen können?

ich frag für einen freund :D
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Goshun
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Re: Spoiler Nr. 3235 "Mann in blauen Flammen" von Michael Marcus Thurner

Beitrag von Goshun »

Askosan hat geschrieben: 22. August 2023, 12:46 In Sachen "Emulation" hatte ich ja die Paratrontechnik ins Spiel gebracht.
Entschuldigung wenn ich das Posting nicht miteinbezogen habe. Die Wahrheit ist ich kann den Ausführungen um "blaue Energie", Quintadimraum und "Paratron-Energie", Katoraum nicht wirklich folgen :(

Ist nicht böse gemeint aber so tief bin ich leider nicht drinnen in der Thematik, da bleibe ich lieber abstrakt bevor ich mich blamiere!
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AARN MUNRO
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Re: Spoiler Nr. 3235 "Mann in blauen Flammen" von Michael Marcus Thurner

Beitrag von AARN MUNRO »

Einerseits witziger Roman (gute Idee, den Kardec-Schild mal wieder aufleben zu lassen, den fand ich schon damals gut), andererseits habe ich den Eindruck, dass MMT zunehmend zur Morbidität in seinen Romanen neigt.Die ganzen Morde waren doch schlicht überflüssig.Aber ich verstehe schon die Erzählintention für die Darstellung des Charakters dahinter.Langweilig ist nur, dass die Terra-Tech andauernd von den Lichtbringern ausgehebelt wird; das ist einfach unglaubhaft (außer in diesem Fall des ungenormten Hyperphysikers vielleicht*).

* Er handelt zwar letzen Endes sehr unsozial, aber die mangelnde Motivation, sich als Wissenschaftler mit den langweiligen "Trotteln der Verwaltung" auseinandersetzen zu müssen (noch dazu, wenn solche "Idioten" in Cheflage sind, also weisungsberechtigt), ist vollkommen verständlich.Das macht ihn zumindest am Anfang der Erzählung sehr glaubwürdig.Später schlägt es stark in Slapstick** um.

**(Wenn ich jetzt der "Wiener Art" sagen würde, dann hauen die Ö-Foristen hier im Perry-Forum mich wieder). :P
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Richard
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Re: Spoiler Nr. 3235 "Mann in blauen Flammen" von Michael Marcus Thurner

Beitrag von Richard »

Slapstick ist jetzt in meinen Augen jetzt nicht wirklich was, dass man speziell in Wien findet, den findet man in allen möglichen Ländern.
Ich bin kein originärer Wiener ... so gesehen kann ich zur Morbidität auch weniger sagen. Ein "richtiger" Wiener meinte mal, dass dies auf die Pestzeit zurückgeht.

MIr fällt da allerdings eher mal "Schnitzel Wiener Art" ein ;).

Verwaltungsangestellte, die stur ihr "Programm" runterspulen, gibts in der Verwaltung grösserer Ämter/Organisationen/Unternehmen, ... immer wieder. Das ist eine typische Folge von der "Bürokratisierung" ab einer bestimmten Größe des Unternehmens/Organisation ... Insofern ist es nachvollziehbar, dass es solche Leute auch bei der USO bzw. TLD gibt.
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nanograinger
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Re: Spoiler Nr. 3235 "Mann in blauen Flammen" von Michael Marcus Thurner

Beitrag von nanograinger »

@Mods: Möglicherweise verhindert das "Nr." im Titel dieses Spoiler-Threads die automatische Auswertung auf pr.mapfa.de. Würdet Ihr bitte den Thread-Titel auf die Standardform korrigieren?
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Baptist Ziergiebel
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Re: Spoiler Nr. 3235 "Mann in blauen Flammen" von Michael Marcus Thurner

Beitrag von Baptist Ziergiebel »

Hallo zusammen, von mir gibts 3+/2/3+.

Nettes Anschauungsbeispiel anhand Cordt Pahrs, wie Macht korrumpiert. Fehlende Empathie, übersteigertes Selbstwertgefühl und kleinliches Rachebedürfnis, also ein schwacher Charakter als Grundlage, durch gewissenlose Anheizer angestachelt, da ist der Weg zum Grauen geebnet. In dem Maße, wie sich Pahrs Potenzial zur Machtausübung steigert, steigert sich folglich auch seine Grausamkeit, die Gewissenlosigkeit war und ist ja eh vorhanden. Wäre auch nicht das erste Mal, daß Leute, die lange Zeit unauffällig waren, auf einmal zu größten Verbrechen fähig sind.

Den Werdegang der Kardec-Rüstung fand ich eindrucksvoll geschildert, die Szenen der Fertigstellung, Pahrs Kennenlernen dieser und der sich abzeichnende Machtrausch dabei, sogar regelrecht faszinierend. Auch der kurze Passus über das Wechselwirken der Unsterblichen mit der technischen Entwicklung in der Milchstraße ist durchaus einiger Überlegungen wert. Vielleicht liegt hier auch die Crux mit den Lichtträgern. Wie gesagt, Macht korrumpiert, möglicherweise hat sich bei einigen aus dieser Sichtweise heraus eine Ablehnung von ESscher Beeinflußung und der Zac-Träger ergeben, denen man irgendwann alles Schlechte zutraut und die es zu verhindern bzw. zu beseitigen gilt. Das man dabei nach Nietzsche selbst zu dem wird, was man bekämpfen will, ist die große Tragik.

Bei manchen Aspekten der Rüstung, vor allem bei den telekinetischen Einsätzen, war ich kurz irritiert. Dann dachte ich mir aber, warum nicht. Es gibt Fesselfelder, Traktorstrahlen, bei einer genügend entwickelten Steuerung sollten sich damit auch wesentlich diffizilere Verwendungsmöglichkeiten ergeben, als lediglich große Brocken umzusetzen. Herzen anhalten etwa. Die Semimanifestierung gibt es auch schon eine Weile bzw. hat man seit Jahrtausenden dazu Anschauungsmaterial, sei es nun technischer Art oder bei Mutanten.

Ziemlich geärgert habe ich mich bei den Kämpfen. Die SERUNS durften erfreulicherweise letzte Woche mal funktionieren, wie es die Gebrauchsanleitung vorgibt, wird Zeit, daß den TARAs mal das selbe Glück widerfährt. Ich meine, da kommt ein TARA mit Überraschungsmoment fast auf Schlagnähe heran, wirbelt mit seinen vier Waffenarmen wild in der Luft herum und wird dann von ein paar ungeschützten Gegnern widerstandslos zerlegt. Glaub, die nach ihm kommenden auch. Im Ernst, was soll denn sowas.

Gruß.
Das ist ... TERRA!
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Starfox
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Re: Spoiler Nr. 3235 "Mann in blauen Flammen" von Michael Marcus Thurner

Beitrag von Starfox »

GREK987 hat geschrieben: 22. August 2023, 09:51 Wäre es nicht besser gewesen, Cordt Pahr hätte aus unerklärlichen Quellen ein kleines Stück Porleyter-Technik erhalten und darum dann mit vorhandener Technik etwas aufgebaut?
Ja, das hätte mir auch besser gefallen. Aber Pahr wird wohl eh kein zweites Gerät herstellen, also wird es auf das gleiche hinauslaufen. Nicht nur Pahr fand sich genial, ich fand die Figur auch genial. Er erinnert mich ein bischen an Boyt Margor. Und ich hoffe er wird nun etwas länge überleben als Gollokai. Wobei, ist Gollokai wirklich nicht mehr am Leben? Wer weiss... Terra ist definitiv meine Lieblings-Handlungsebene!

Beste Szene: Der erste Einsatz der Kardec-Rüstung auf dem Asteroid. Grosses Kino!
2-1-3
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Bekim Ballard zurückkehren muss.
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Kardec
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Re: Spoiler 3235: "Mann in blauen Flammen" von Michael Marcus Thurner

Beitrag von Kardec »

Hätte man leicht schreiben können.
Im hundertjährigenn Krieg haben die Porleyter ja denn Galaktikern nicht näher spezifizierte Waffen zur Verfügung gestellt.
Da hätte sich doch noch was finden lassen.
STDu1711

Re: Spoiler 3235: "Mann in blauen Flammen" von Michael Marcus Thurner

Beitrag von STDu1711 »

Kardec hat geschrieben: 29. August 2023, 00:44 Hätte man leicht schreiben können.
Im hundertjährigenn Krieg haben die Porleyter ja denn Galaktikern nicht näher spezifizierte Waffen zur Verfügung gestellt.
Da hätte sich doch noch was finden lassen.
Ich häng mich mal als Antwort an diesen Post dran, obwohl meine Aussage eher generell ist und nur kurz auf das Gesagte eingeht.

Das dies (von den Porleytern zur Verfügung gestellte Waffen) nicht so beschrieben wurde heißt ja nicht, dass so etwas nicht geschehen ist. Der Wissenschaftler hat seine Kardec-Rüstung ja auch nicht in ein paar Stunden entwickelt haben, sondern die Rüstung, mit der er in Terrania auftauchte, scheint das Ergebnis jahrelanger Arbeit gewesen zu sein. Welche Vorarbeiten von Seiten anderer Wissenschaftler, welche Zusatzinformationen von Seiten der Lichtlümmel ihm zur Verfügung gestellt wurden, weiß man ja nicht. Da kann man sich beliebiges vorstellen. Ach das die Lichtlümmel schon vorher porleytische Artefakte in die Hände bekamen und analysiert haben.

Nur: das alles war nicht das Hauptthema des Romans. Hätte man detaillierter, besser schildern können, ja, aber dann hätte man vielleicht anderes aus Platzgründen streichen müssen, was für die Entwicklung der Personen wichtig war.

MMT ist nicht der Technikexperte im Team. Seine Stärken liegen, wie der vorliegende Doppelband eindrucksvoll gezeigt hat, auf anderem Gebiet. Er kann gute Charaktere aufbauen, tragische Szenarien ausrollen usw. Andere Autoren können das vielleicht nicht so gut, sind dafür besser in der Schilderung technischer Szenarien.

Diese Unterschiedlichkeit der Autoren und ihrer Schwerpunkte und Talente macht für mich einen Reiz der Serie aus.

Natürlich kann man argumentieren, dass SF techniklastik zu sein habe und man kann die Ansicht vertreten, dass technische Plausibilität das wichtigste ist. Ich tue das nicht, habe dazu - in letzter Zeit vor allem außerhalb von PR - einfach zu viele Roman "genossen", die technisch hervorragende Schilderungen lieferten, dafür aber mit spannungsarmen Handlungen und primitiven Charakterzeichnungen "glänzten". Da verzeih ich dann lieber technische Fehler als das ich mich durch ein Buch langweile. Technik in der Serie ist für mich wichtig, aber nicht das alleinseligmachende Element.

Wenn ich natürlich 10 Romane am Stück im Stil von MMT lesen müsste, fände ich das nicht so gut. Das Gleiche gilt für 10 Romane von Robert Corvus am Stück, wo jeder einen neuen Aspekt eines Serums ausleuchtet. Nur geschieht das eben nicht - es wird Abwechslung geboten.
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Richard
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Re: Spoiler 3235: "Mann in blauen Flammen" von Michael Marcus Thurner

Beitrag von Richard »

Kardec hat geschrieben: 29. August 2023, 00:44 Hätte man leicht schreiben können.
Im hundertjährigenn Krieg haben die Porleyter ja denn Galaktikern nicht näher spezifizierte Waffen zur Verfügung gestellt.
Da hätte sich doch noch was finden lassen.
Meiner Erinnerung nach lehnten die Porleyter schliesslich die Lieferung von immer gefaehrlicheren Waffen ab, wehrten einen Angriff des Galaktikums auf ihr System ab und zogen sich dann zurueck.
Das wurde im Cantarozyklus so geschildert, das war der erste EA Zyklus, den ich von Anfang an mitgelesen habe und deshalb ist mir das auch noch gut in Erinnerung.
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Tennessee
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Re: Spoiler 3235: "Mann in blauen Flammen" von Michael Marcus Thurner

Beitrag von Tennessee »

Also,

ich hatte am Morgen keinen Kaffee trinken können, weil ich ein wenig verschlafen hatte. Als mich Michael Marcus Thurner nun zu einer Couchlümmelei zog, spürte ich doch einen Milchkaffedurst in mir. Also nahm ich eine Bol voll Kaffee mit zur Couch, ein Schluck Vanillesirup hinein, cremiger Milchschaum, gekrönt mit etwas Zimt - es roch schon so verführerisch wie er dann auch tatsächlich schmeckte. "Sweet Saint Christopher, you've got a cheeky grin" meinte Boy George und die Jazztrompeten quäkten eine frivole Zustimmung.

Schon die ersten Seiten des Romans begeisterten mich. Als wäre ich in einer seltsamen Mischung aus der Matrix und Hoffmanns Scuderi-Giftmischerwelt, brachte mich der Kleidermacher in eine Romanwelt zurück, die ich in den letzten beiden Terra-Bänden doch ein wenig vermisst hatte. Und er wird auch nur noch kurz leben, unser ängstlicher Designer. Und auch erst gegen Ende des Romans wird deutlich werden, weswegen er zu sterben hat. Fast nebenbei bekommt man als Leser ein bisschen mehr von der Agenda der Lichtbringer mit: Unabhängigkeit der Menschheit von den Hohen Mächten, Eigenständigkeit, Eigenbestimmung - ein Gedanke, der durch den Dritten Weg, THOREGON oder das Neuroversum gar nicht so neu und gar nicht so unabwegig scheint. Ist denn dies nicht auch etwas, was einige Leser schon mal gefordert hatten?

Auf den nächsten Seiten macht der Roman für mich alles richtig, was man richtig machen kann: Wir begleiten Hollander durch Terrania, aber dieses Mal ist es ein Terrania der Künste. Objekt- und Virtuellinstallationen, Museen, Architektur und Landschaftsgärtnerei, Konzerte und Musikformen - ich freue mich, dass die Geschichte der Menschheit in der Zukunft auch solchen Elementen erzählerischen Raum gibt. Auch wenn es seltsamerweise nur um Hollanders Kritzeleien geht. Dafür gibt uns Thurner aber sogleich eine Kunstpsychologin zur Seite, die aufgrund Hollanders Strichführung ein Residentenprofil erstellt und die ungewisse Warnung ausspricht, dass er entweder bald zusammenbrechen oder manipuliert werden würde. Bei mir schrillen die Alarmglocken und ich weiß nun nicht, wem ich weniger traue: dem vielleicht-manipulierten Residenten oder der forschen Kunstpsychologin. Der Feind ist überall, denke ich mir und ich beäuge Frau Erbguth misstrauisch.

Doch dann! Cordt Pahr und Bo Ingwersen und das mephistophelische Gespräch von Macht, Selbstverwirklichung und Herrschaft. "Er nennt es Stabilität - ich nenne es Stillstand!" Zu lesen, wie ein zweifelnder Mensch von der begrifflichen Perfidität des Verführers vereinnahmt und überzeugt wird... Ingwersen zeigt ganz deutlich, wie Terroristen oder Extremisten arbeiten: Sie nehmen ein Individuum, das eine Lebenskrise erlebt, verstärken diese noch und bieten dann einen Ausweg an, welcher dann auch noch durch einen wichtigen Aspekt untermauert wird: Eine Perspektive! Denn später werde ich lesen, wie Ingwersen seine These entfaltet: die herrschenden Unsterblichen als stets wiederkehrende Volksführer und -verführer. Die aufgrund eigener Ideologien Entwicklungsmöglichkeiten links und rechts des Ideologieweges liegen lassen und Evolution und Entwicklung verhindern. Und ich denke plötzlich an die Wanderer-Akten, das Siegel des Großadministrators, die Manipulation von Ylanten und ganz prominent die Kardec-Rüstung dieses Romans. Und für einen Moment stelle ich fest, dass diese Lichtbringer-Perspektive nicht nur vorhanden, sondern auch bedenkbar und verständlich ist. Für mich waren diese Gespräche eine der stärksten Momente des Romans, denn diese brachten mir nicht etwa eine inhaltslose Geheimloge, sondern eine Gruppierung, deren Ideologie nicht unmöglich ist und auch betrachtbar. So hätte ich meine Bösewichte in PR immer wieder gerne.

Den Bau der Kardec-Rüstung: Nun, ich muss gestehen, dass ich wenig Ahnung von Technik habe und gerne technische Wunderwerke abnicke. Aber tatsächlich fand ich den Bau dieser Rüstung, trotz aller Erwähnungen von Unverständnis, Simulation und Vagheit, etwas zu wenig "technikillusorisch" für mich. Ich hätte gerade bei solchen Dingen gerne die Erzählillusion von Ingenieurskunst oder Klempnerfertigkeiten, von explodierenden Rückschlägen oder konkreten Leitungen, die nicht mit der benötigten Energie versorgt werden können. Und insgesamt finde ich dieses Dingen ein wenig zu mächtig. Da denke ich eher an Marvel-Helden in Superrüstungen und weniger an einen eitlen Wissenschaftler, der sich durch eigene Machterlebnisse berauscht.
Auch der überraschende Zufall, dass des Kleidermachers Kleider ausgerechnet dann Leute machen, wenn es sehr passt, war mir ein bisschen arg viel Zufall. Was da alles an Koinzidenten zusammen kam... Hier strapazierte der Roman ein wenig mein Abnicken.

Aber doch auch in Kleinigkeiten gefiel mir der Roman. Einiges davon wurde ja auch hier diskutiert: NATHANS Kontrolle/Nicht-Kontrolle, ein Adams, der wieder etwas gegenwärtiger geschildert wurde, eine USO, die mal wieder auftaucht (und von Ingwersen direkt als gut aber ineffektiv geführt definiert wird, dieses Teufelchen...). Nur eines schafft auch dieser Roman nicht: Die Terraner und den TLD oder die SolAb (oder wie auch immer sie jetzt heißen) als Akteure in dieser Handlungsebene zu etablieren. Da warten wir mal auf den nächsten Roman.

Es sei denn, die Lichtbringer haben mit ihrer Ideologie recht.

Darauf einen Cocktail.

lg
Ten.
„Ein Wort“, sagte Humpty Dumpty, „bedeutet genau das, was ich es bedeuten lasse, nichts anderes.“
„Die Frage ist“, sagte Alice, „ob du Worten so viele Bedeutungen geben kannst“.
„Die Frage ist“, sagte Humpty Dumpty, „wer die Macht hat – das ist alles.“
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R.B.
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Re: Spoiler 3235: "Mann in blauen Flammen" von Michael Marcus Thurner

Beitrag von R.B. »

Wenn sich wie ich nur in unregelmäßigen Abständen im aktuellen Perryversum herumtreibt, weil man zum Beispiel nur eine Handlungseben verfolgt, fühlt man sich wie bei einer Rückkehr zu alten Freunden. So erging es mir auf jeden Fall, als ich anfing, diesen Roman zu lesen.

MMT hat die Fähigkeit, in seinen Szenarien die handelnden Figuren sehr lebendig agieren zu lassen. Es kommen keine kilometerlangen Technikbeschreibungen, dafür tauche ich sofort in die Handlung ein. Die ineinander verschachtelten Handlungseben haben mich fasziniert und in ihren Sog gezogen.

Für mich war der Haken an der Sache, dass Cord Pahr, der begabte Hyperphysiker, mehr oder weniger von jetzt auf gleich vom frustrierten Archiv - Arbeiter zum Massenmörder mutierte. Es stört mich weniger, dass er nach ewig und drei Tagen an uralter Porleyter - Technik herumdokterte und prompt etwas entwickelte. Nein, dafür dürfte er jahrelang gebraucht haben. Ich komme mit der Veränderung der Persönlichkeit nicht ganz klar. Ich gehe nun zwar davon aus, dass der veranlassende Bo Ingwersen auch nicht so ganz ohne ist. Vielleicht lags einfach daran, dass der augenscheinliche Psychopath von Monkey mehr oder weniger zum Nichtstun verurteilt war. Der Frust baute sich weiter auf und da kam der Erlöser Ingwersen grade richtig. Der wird wohl genau so jemanden gesucht haben. Volltreffer. Dann erzählt Pahr etwas von Macht, die dieser zunächst im Kleinen ausprobiert und dann mitsamt starker emotionaler Kälte ausbaut. Da wären für mich ein paar Sätze mehr hilfreich gewesen.

Aber: MMT ist in der Lage, sowohl Alt- als auch Neuleser zu begeistern. Eben Porleyter Technik, Olymp (selbst wenn es nur die Börse war) und der CC waren da. Und alte Säcke wie ich halten inne und sind bei dem Gedanken an KHS auf einmal ganz woanders.

Ein Roman, vom Großen bis in die Details (fast) stimmig und ich freue mich auf den Folgeband.

2 - 2 - o.B.
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