Erst mal danke für dein interessantes Posting, dass vieles, was in diesem Thread diskutiert worden ist, zusammenfasst, illustriert und auch erweitert.Aristipp hat geschrieben:...Aristipp hat geschrieben:Überhaupt nicht gewagt. Betrachte die Sache einfach als einen mehrdimensionalen Raum, dann ist der Schluss, dass CM - und nicht nur er - zwar die Personale Perspektive nutzt, dabei aber extensiv auf die Methoden des auktorialen Erzählers zurückgreift (es gibt da eine ganze Reihe von Formulierungen bei ihm, die genau auf diesen verweisen) doch nur nahe liegend.Alexandra hat geschrieben: Heute kam mir allerdings die Idee, ob da nicht eventuell eine Art auktoriale Perspektive innerhalb der personalen Erzählsituation nachweisen könnte - werde es mal beobachten. Ist eine ziemlich gewagte Idee.
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(es gibt da eine ganze Reihe von Formulierungen bei ihm, die genau auf diesen verweisen)
Für die Erzählperspektiven bedeutet das, dass ich mich gar nicht dafür interessiere, wo ein Buch zu verorten ist, sondern dafür, wie ein Autor erzählt (hat). Damit möchte ich, was denn Kant geschuldet ist, von den was- Fragen wegkommen und mich den wie-Fragen nähern, die ein mehr Erkenntnis liefern können.
Ich glaube nicht, dass irgendeiner der hiesigen Foristen an der Verortung eines PR-Romans nach Schema Stanzel, Genette oder wem auch immer interessiert ist. Aber natürlich gehen die Begrifflichkeiten, mit denen man die "Wie"-Fragen fassen kann, und die auch du verwendest, auf diese Leute zurück. Und es ist in einer Analyse eines Textes (z.B. eines Kapitels) schon vernünftig sein, zunächst eine grobe Klassifikation der Erzählperspektive zu machen, um davon ausgehend dann die "Brüche" dieser Perspektive zu bestimmen. Ob die Anwesenheit solcher "Brüche" etwas über die Qualiltät des Textes aussagen, darüber kann man dann genüsslich streiten.
Deine multidimensionaler Ansatz der Erzählperspektiven und die Integration des Dialogischen hat etwas für sich (ich persönlich fand z.B. auch die Trennung von Ich- und personaler Perspektive für eher künstlich, eben schemamotiviert). Du erzeugst damit ein "Perspektivenkontinuum", und man könnte sich nun einen Text hernehmen, und seine Erzählperspektiven als eine Abfolge von Punkten oder eine Kurve durch dieses Kontinuum visualisieren. Allerdings, wie du selbst bemerkst, ist die Trennschärfe zwischen verschiedenen Perspektiven wesentlich reduziert.Aristipp hat geschrieben: Ansonsten gehe ich davon aus, dass es mindestens drei Dimensionen gibt, auf denen sich Erzählungen verorten lassen; womöglich sind es auch mehr und womöglich werden es noch mehr. Die Literatur wandelt sich ja auch.
Die erste Dimension ist die des auktorialen Erzählens, ....
Wir haben dann die Dimension der personalen Erzählung, die sich über die Ich-Erzählung ihre Trasse in die Wissenschaft schlagen musste, weshalb die Ich-Erzählung gerne als eigene Kategorie genommen wird ...
Dritte Dimension ist für mich die Dialogische. Wir müssen einfach akzeptieren, dass der Dialog zunächst der Bühne vorbehalten war und es sehr, sehr lange dauerte, bis er in die Erzählung eindrang. ....
Für mich widersprechen sich die Begriffe "definitiv" und "nicht hinreichend".Aristipp hat geschrieben: Wenn man so vorgeht, dann werden die Trennungen allerdings nicht unbedingt leichter, weil man ja davon ausgehen muss, dass an den Stellen, an denen sich die Dimensionen berühren, durchaus eine gewisse Ähnlichkeit vorhanden ist...
Es ist von daher notwendig, sich sehr genau Gedanken darüber zu machen, wie sich personaler und auktorialer Erzähler dann voneinander unterscheiden. Das minimalste Unterscheidungskriterium ist ohne jeden Zweifel die Allwissenheit. Gibt ein Autor Informationen über eine Figur preis, die sich sonst aus der Erzählung nicht ergeben, dann haben wir es definitiv mit einer auktorialen Erzählweise zu tun.
Das ist aber nur ein notwendiges und noch lange nicht hinreichendes Kriterium.
Aristipp hat geschrieben: Für mich kommen noch folgende Punkte hinzu:
Eine personaler Erzählung liefert keine Beschreibungen über für die Personen selbstverständliche Dinge ...
Aus der personalen Perspektive sollten die Handlungen auch nicht in distanzierter Weise erzählt werden...
Drittes Kriterium ist für mich der Dialog und seine Einbindung....
Ich finde, dass du hier etwas zu fundamental formulierst. Es lassen sich wahrscheinlich in allen Fällen Gründe finden, warum man das doch innerhalb einer personale Erzählung schreiben könnte (evtl. leicht umformuliert).
Aristipp hat geschrieben: Für mich – und jetzt komme ich zu dir Alexandra – ist es mitnichten verwunderlich, wenn personale Erzähltechniken in auktoriale umschlagen – und das Gegenteil gibt es ja auch – oder beide nebeneinander auftauchen. Unter bestimmten Umständen ist das ja fast zwangsläufig notwendig;
Hier stimme ich dir absolut zu. Und insbesondere in PR wird es sehr schwierig sein "rein" personal zu erzählen, weil damit viele Leser überfordert sein würden, die Fakten erzählt haben wollen, die die Reflektorfigur gar nicht wissen kann. Siehe auch den Thread "Wieviel muss erzählt werden...".
Aber genau deshalb tendiere ich in der Analyse der Kapitel von PR2741 eher zu "personal mit auktorialen Zusätzen".
Aristipp hat geschrieben: Nehmen wir gleich einmal den Prolog und den ersten Absatz. Der könnte genauso gut auch als auktoriale Erzählweise durchgehen, dass es dann eine personale Erzählweise sein soll, erfahren wir durch die Einführung von Blosstur, der wird dann aber nicht personal geschildert sondern auktorial.
Den Prolog und Blosstur hatte ich in meiner Aufzählung für CM auch nicht als personal gezählt.
Um damit zurück zum Anfang zu kommen: Das Vier-Felder-Schema als solches interessiert vermutlich niemanden hier. Eher problematisch ist, dass die vielen Perspektivwechsel bei manchen Lesern zu Verwirrung führen kann.Aristipp hat geschrieben: Nur eines noch: Ich halte einen Wechsel in der Erzählweise nicht für einen Kritikpunkt, ich gehe eher davon aus, dass er eigentlich immer wieder unvermeidlich ist; und der einzige wirkliche Kritikpunkt, der meiner Meinung nach aus solchen Wechseln resultieren kann, ist wohl der, dass sie es schwierig machen, einen Text in einem Vier-Felder-Schema einzuordnen. Das ist für mich aber wiederum völlig unproblematisch, weil mich das Schema nicht interessiert.