Spoiler 2741: Die Ordische Stele von Christian Montillon

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nanograinger
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Re: Spoiler 2741: Die Ordische Stele von Christian Montillon

Beitrag von nanograinger »

Aristipp hat geschrieben:
Aristipp hat geschrieben:
Alexandra hat geschrieben: Heute kam mir allerdings die Idee, ob da nicht eventuell eine Art auktoriale Perspektive innerhalb der personalen Erzählsituation nachweisen könnte - werde es mal beobachten. Ist eine ziemlich gewagte Idee.
Überhaupt nicht gewagt. Betrachte die Sache einfach als einen mehrdimensionalen Raum, dann ist der Schluss, dass CM - und nicht nur er - zwar die Personale Perspektive nutzt, dabei aber extensiv auf die Methoden des auktorialen Erzählers zurückgreift (es gibt da eine ganze Reihe von Formulierungen bei ihm, die genau auf diesen verweisen) doch nur nahe liegend.
..
(es gibt da eine ganze Reihe von Formulierungen bei ihm, die genau auf diesen verweisen)
...
Für die Erzählperspektiven bedeutet das, dass ich mich gar nicht dafür interessiere, wo ein Buch zu verorten ist, sondern dafür, wie ein Autor erzählt (hat). Damit möchte ich, was denn Kant geschuldet ist, von den was- Fragen wegkommen und mich den wie-Fragen nähern, die ein mehr Erkenntnis liefern können.
Erst mal danke für dein interessantes Posting, dass vieles, was in diesem Thread diskutiert worden ist, zusammenfasst, illustriert und auch erweitert.

Ich glaube nicht, dass irgendeiner der hiesigen Foristen an der Verortung eines PR-Romans nach Schema Stanzel, Genette oder wem auch immer interessiert ist. Aber natürlich gehen die Begrifflichkeiten, mit denen man die "Wie"-Fragen fassen kann, und die auch du verwendest, auf diese Leute zurück. Und es ist in einer Analyse eines Textes (z.B. eines Kapitels) schon vernünftig sein, zunächst eine grobe Klassifikation der Erzählperspektive zu machen, um davon ausgehend dann die "Brüche" dieser Perspektive zu bestimmen. Ob die Anwesenheit solcher "Brüche" etwas über die Qualiltät des Textes aussagen, darüber kann man dann genüsslich streiten.
Aristipp hat geschrieben: Ansonsten gehe ich davon aus, dass es mindestens drei Dimensionen gibt, auf denen sich Erzählungen verorten lassen; womöglich sind es auch mehr und womöglich werden es noch mehr. Die Literatur wandelt sich ja auch.
Die erste Dimension ist die des auktorialen Erzählens, ....
Wir haben dann die Dimension der personalen Erzählung, die sich über die Ich-Erzählung ihre Trasse in die Wissenschaft schlagen musste, weshalb die Ich-Erzählung gerne als eigene Kategorie genommen wird ...
Dritte Dimension ist für mich die Dialogische. Wir müssen einfach akzeptieren, dass der Dialog zunächst der Bühne vorbehalten war und es sehr, sehr lange dauerte, bis er in die Erzählung eindrang. ....
Deine multidimensionaler Ansatz der Erzählperspektiven und die Integration des Dialogischen hat etwas für sich (ich persönlich fand z.B. auch die Trennung von Ich- und personaler Perspektive für eher künstlich, eben schemamotiviert). Du erzeugst damit ein "Perspektivenkontinuum", und man könnte sich nun einen Text hernehmen, und seine Erzählperspektiven als eine Abfolge von Punkten oder eine Kurve durch dieses Kontinuum visualisieren. Allerdings, wie du selbst bemerkst, ist die Trennschärfe zwischen verschiedenen Perspektiven wesentlich reduziert.
Aristipp hat geschrieben: Wenn man so vorgeht, dann werden die Trennungen allerdings nicht unbedingt leichter, weil man ja davon ausgehen muss, dass an den Stellen, an denen sich die Dimensionen berühren, durchaus eine gewisse Ähnlichkeit vorhanden ist...
Es ist von daher notwendig, sich sehr genau Gedanken darüber zu machen, wie sich personaler und auktorialer Erzähler dann voneinander unterscheiden. Das minimalste Unterscheidungskriterium ist ohne jeden Zweifel die Allwissenheit. Gibt ein Autor Informationen über eine Figur preis, die sich sonst aus der Erzählung nicht ergeben, dann haben wir es definitiv mit einer auktorialen Erzählweise zu tun.
Das ist aber nur ein notwendiges und noch lange nicht hinreichendes Kriterium.
Für mich widersprechen sich die Begriffe "definitiv" und "nicht hinreichend".
Aristipp hat geschrieben: Für mich kommen noch folgende Punkte hinzu:
Eine personaler Erzählung liefert keine Beschreibungen über für die Personen selbstverständliche Dinge ...
Aus der personalen Perspektive sollten die Handlungen auch nicht in distanzierter Weise erzählt werden...
Drittes Kriterium ist für mich der Dialog und seine Einbindung....

Ich finde, dass du hier etwas zu fundamental formulierst. Es lassen sich wahrscheinlich in allen Fällen Gründe finden, warum man das doch innerhalb einer personale Erzählung schreiben könnte (evtl. leicht umformuliert).
Aristipp hat geschrieben: Für mich – und jetzt komme ich zu dir Alexandra – ist es mitnichten verwunderlich, wenn personale Erzähltechniken in auktoriale umschlagen – und das Gegenteil gibt es ja auch – oder beide nebeneinander auftauchen. Unter bestimmten Umständen ist das ja fast zwangsläufig notwendig;

Hier stimme ich dir absolut zu. Und insbesondere in PR wird es sehr schwierig sein "rein" personal zu erzählen, weil damit viele Leser überfordert sein würden, die Fakten erzählt haben wollen, die die Reflektorfigur gar nicht wissen kann. Siehe auch den Thread "Wieviel muss erzählt werden...".
Aber genau deshalb tendiere ich in der Analyse der Kapitel von PR2741 eher zu "personal mit auktorialen Zusätzen".
Aristipp hat geschrieben: Nehmen wir gleich einmal den Prolog und den ersten Absatz. Der könnte genauso gut auch als auktoriale Erzählweise durchgehen, dass es dann eine personale Erzählweise sein soll, erfahren wir durch die Einführung von Blosstur, der wird dann aber nicht personal geschildert sondern auktorial.

Den Prolog und Blosstur hatte ich in meiner Aufzählung für CM auch nicht als personal gezählt.
Aristipp hat geschrieben: Nur eines noch: Ich halte einen Wechsel in der Erzählweise nicht für einen Kritikpunkt, ich gehe eher davon aus, dass er eigentlich immer wieder unvermeidlich ist; und der einzige wirkliche Kritikpunkt, der meiner Meinung nach aus solchen Wechseln resultieren kann, ist wohl der, dass sie es schwierig machen, einen Text in einem Vier-Felder-Schema einzuordnen. Das ist für mich aber wiederum völlig unproblematisch, weil mich das Schema nicht interessiert.
Um damit zurück zum Anfang zu kommen: Das Vier-Felder-Schema als solches interessiert vermutlich niemanden hier. Eher problematisch ist, dass die vielen Perspektivwechsel bei manchen Lesern zu Verwirrung führen kann.
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nanograinger
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Re: Spoiler 2741: Die Ordische Stele von Christian Montillon

Beitrag von nanograinger »

Alexandra hat geschrieben: Tolkien...Ring...Verzicht auf jede konkrete Deutungsmöglichkeit...Leser zu einem integralen Teil des Textes

Dies ist nun genau die Art und Weise, in der der ich das von mir herausgearbeitete Material aus dem Barock und dem religiösen Bereich des Katholischen und Protestantischen verstanden haben möchte, und das liegt wohl auch im Sinne des Verfassers. ....

Außerdem sind die Atopen nicht katholisch, nur weil sie Beichtstuhl und Verkündung von oben haben, und die Galaktiker sind nicht evangelisch, nur weil sie ihre Begegnung mit der Wahrheit in jedem Einzelnen haben und innere Räume der Begegnung, die ich mit der „Entzückung“ des Pietismus parallelisiere: Der Gläubige wird entzückt = entzogen aus der banalen Wirklichkeit in der Begegnung mit der Wahrheit.
Ich stimme dir in Bezug auf die Verwendung der Methodik der spätbarocken Religiösität durchaus zu, allerdings sehe ich den Bezug zu Tolkien nicht wirklich. Die Ordische Stele lässt sich kaum mit dem Ring vergleichen und die fehlende "konkrete Deutungsmöglichkeit" des AT ergibt sich im aktuellen Zyklus nur aus den bewusst sparsam gestreuten Informationen. Und der Identifizierung des AT mit "dem Bösen" würde ich widersprechen, wogegen man bei Tolkien Sauron durchaus als "das Böse" sehen kann (wobei dann der Leser entscheiden kann, ob er das mit realen Personen/Systemen identifizieren möchte.
Alexandra hat geschrieben: Au, das riecht schon wieder nach OT, also möchte ich nachschieben, dass Michelle Sterns „Schwarzer Palast“ auch diese schmerzhaften Übergänge und dann diese Skelettvisionen hat – die gab es im Mittelalter und im Barock auch noch, Stichwort ist „memento mori“.
Der Roman schließt sich nicht nur an die Vorromane von Stern an, sondern auch an eine Reihe aussagekräftiger Romantitel: „Unter der Technokruste“ (Sein/ Schein), „Vier gegen ITAFOR“ (Blut, Schmerzen), „Im Wolkenmeer“, „Preis der Gerechtigkeit“ und „Totentanz“ - von den blutigeren, schmerzhafteren Romanen MTTs zu schweigen.
Blut, Eiter, Schmerzen, höhere Gerechtigkeit, Deutung der Welt unter dem Blickwinkel einer bestimmten Idee der Gerechtigkeit als Wahrheit liegt als Thema und im Material vor – bis zum mundus symbolicus bleibt natürlich ein gewisser Abstand, aber diese ganz unterschiedlichen Sichtweisen auf Status Quo und Geschichte sind schon sehr ausgeprägt.
Das macht den Zyklus natürlich nicht zu einem Ausläufer des Spätbarock, sondern es ist eine für uns Leser etablierte Bildlichkeit verwendet, um die neue fiktionale Realität aufzubauen, die Ebene ist die der Motivgeschichte.
Nun ist es natürlich so, dass "Blut, Eiter, Schmerzen, höhere Gerechtigkeit, Deutung der Welt unter dem Blickwinkel einer bestimmten Idee" auch in vielen anderen Zyklen eine große Rolle spielen. Dass aber gerade die Romane PR 2738, 2741 und 2743 die religiösen Aspekte betonen, dem stimme ich vollkommen zu. Zwei Beispiele aus PR2743 (in Spoilertags, dies ist ja der Thread zu PR 2741)
Spoiler:
PR 2743, Seite 28 links oben, Zitat: Statt eines Bildes stand dort in feinster onryonischer Zierschrift: "Ihre Herrlichkeit durchdringt das Welten-All, ein Nichts vor ihr ist selbst der Sonnen Zahl." Ende Zitat.
Hier sehe ich eine Anspielung auf das "Gesichterviel" aus PR2738.
PR 2743, Seite 52, Mitte rechte Spalte, Zitat: Pazuzus Opalaugen schimmerten. "Ich werde den heiligen Prozess nicht sabotieren. Ich bin kein Mörder."
Und was wir in diesem Kapitel erleben, kann man durchaus mit der fleischlichen "Auferstehung" des Richters sehen. Er ist also ein zweiter Jesus.
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Alexandra
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Re: Spoiler 2741: Die Ordische Stele von Christian Montillon

Beitrag von Alexandra »

Hallo Aristipp!
Aristipp hat geschrieben:... es nicht nur darum gehen kann, einige Textstellen zu nennen, die meiner Meinung nach eher auktorial sind... – gingen wir so vor, hätten wir alsbald den schönsten Streit,
Man muss sich doch nicht immer gleich streiten, nur weil man verschiedene Ansichten hat.
Mir wären allerdings paar Beispiele lieber, anhand derer ich deine Anwendung deiner von dir aufgestellten Kriterien nachvollziehen könnte, aber ich respektiere deine Abgrenzung und hoffe, dass wir auch so nicht aneinander vorbei reden.
Aristipp hat geschrieben: Ich hingegen lege einen gewissen Wert darauf, meine ästhetischen Urteile von meinen geschmacklichen Vorlieben, die ich ja durchaus habe, ein wenig gründlicher zu trennen... Analyserater, um meine Urteile zu objektivieren... vorstellen müssen ... erklären müssen, warum ich genau solche Raster bevorzuge. Es bleibt schwierig. Aber mehr ist uns für ein erfülltes Leben ja auch nie versprochen worden.
In dieser abstrahierten Form kann ich dir voll und ganz zustimmen, ich halte sehr viel von eigenen Lebensentwürfen und Selbstdefiniertem, solange sie, wie soll ich sagen - ehrlich suchend sind.
Jemand, der wirklich sucht, sollte so beschäftigt sein, dass er keine Energie übrig hat, um Streit anzufangen.
Aristipp hat geschrieben: Menschen Ordnung schafende Wesen..Wissenschaften ... Ordnungssystemen ... wissenschaftlichen Revolution, wenn das bisherige Ordnungsraster nicht ausreicht. In der in jedem Ordnungssystem vorhandenen Residualkategorie hat sich so viel Müll angesammelt, dass das System gesprengt wird.
Oder das System war begrenzt und das Material/ der Lebensbereich/ die Wahrnehmungssituation hat sich verändert, in der Astronomie z.B. durch neue Instrumente, in unserem Genre hier durch die Entwicklung der Textkonstanten.
Aristipp hat geschrieben: Ordnungsraster... mittelmäßigen Wissenschaftler ... Dreieck malt, es als Pyramide bezeichnet... Landkarte – die allseits beliebten Vier-Felder-Schemata ...Parsons AGIL-Schema fällt mir hier ein aber auch die Lebensanschauungen der Transaktionsanalyse, die Übersichten über die Bindungsformen von Kindern in der Bindungstheorie – und die Übersichten über die Erzählperspektiven: auktorial, ich, personal, neutral.
Auf jeden Fall.
Das eigenständige Erstellen eines Schemas, egal auf welchem Niveau, führt meines Erachtens aber unweigerlich zum Erkenntnisgewinn, da man Eckpunkte benennen und Verbindungen darlegen muss.
Deshalb habe ich immer gern das Beispielmaterial dabei, an dem die Leute gearbeitet haben, damit ich ihre Entscheidungen nachvollziehen kann. Sonst projiziere ich eventuell meinen Lösungsweg in ihr Schema und missverstehe es.
Aristipp hat geschrieben: ein Teil dieser Modelle zunächst nur dreiteilig ... mindestens fünf Stufen haben müssen (Vorsicht: Ironie) ...sich nur eine vierte fand, wurde es dann keine eindimensionale Hierarchie, obwohl die fast immer mit durch schwingt, sondern eine zweidimensionale Karte, die dann aber den Vorteil hat, dass man irgendwie die meisten vorkommenden Fälle links oben oder rechts unten oder rechts oben oder links unten verorten kann und nicht die Orientierung verliert. Die Dinge, die man so dann nicht verorten kann ...werden dann zu einer Restkategorie...Umkehr zu einer Hierarchie führt, einem dann fünfstufigen Pyramide - oder das System dann sprengt.
... Zum einen habe ich eine hohe Ambiguitätstoleranz, tue mich also nicht besonders schwer damit, Unsicherheiten auszuhalten ... mindestens drei Dimensionen. Hin und wieder auch auf sieben, bei denen mich dann der Ausprägungsgrad auf den Dimensionen interessiert.
Das hat übrigens durchaus auch eine gute wissenschaftliche Tradition.
Ich wiederum verwende Systeme und kann zwischen ihnen springen - ich finde es aber sinnvoll, sie gegeneinander abzugleichen. Mich interesssiert stets eher die Wirkungsweise, der Effekt eines Phänomens als die Aufstellung von Kategorien, Deswegen verwende ich gängige Kategorisierungen meines Fachbereichs als Stabilisatoren.
Aristipp hat geschrieben:Für die Erzählperspektiven bedeutet das, dass ich mich gar nicht dafür interessiere, wo ein Buch zu verorten ist, sondern dafür, wie ein Autor erzählt (hat). Damit möchte ich, was denn Kant geschuldet ist, von den was- Fragen wegkommen und mich den wie-Fragen nähern, die ein mehr Erkenntnis liefern können.
Erneut: Auf diesem Abstraktionsgrad stimme ich dir zu, bin mir aber nicht sicher, ob wir vom Gleichen reden.
Welche Aussage von Kant meinst du?
Aristipp hat geschrieben: ...mindestens drei Dimensionen gibt, auf denen sich Erzählungen verorten lassen; womöglich sind es auch mehr und womöglich werden es noch mehr.
Die erste Dimension ist die des auktorialen Erzählens...sehr starke auktoriale Erzählungen sind dann allwissende Einflüsse gekennzeichnet...spielt dann jemand wohl gern Gott
Personale/ ... Ich-Erzählung... die der relativ neuen Erfindung des Ichs mit einigen Jahrhunderten Abstand folgte und die so herausragend war, dass sie zu einer eigenen Erzählweise wurde, obwohl sie ja bei genauerer Betrachtung nur eine Unterform der Personalen Erzählung ist,
Dritte Dimension ist für mich die Dialogische. ... Bühne vorbehalten war
Wenn man so vorgeht, dann werden die Trennungen allerdings nicht unbedingt leichter, weil man ja davon ausgehen muss, dass an den Stellen, an denen sich die Dimensionen berühren, durchaus eine gewisse Ähnlichkeit vorhanden ist, ....
Es ist von daher notwendig, sich sehr genau Gedanken darüber zu machen, wie sich personaler und auktorialer Erzähler dann voneinander unterscheiden.....
Das minimalste Unterscheidungskriterium ist ohne jeden Zweifel die Allwissenheit. Gibt ein Autor Informationen über eine Figur preis, die sich sonst aus der Erzählung nicht ergeben, dann haben wir es definitiv mit einer auktorialen Erzählweise zu tun.
Das ist aber nur ein notwendiges und noch lange nicht hinreichendes Kriterium.
Für mich kommen noch folgende Punkte hinzu:
Eine personaler Erzählung liefert keine Beschreibungen über für die Personen selbstverständliche Dinge und sie liefert diese schon gar nicht in distanzierter Weise. Ein solches Vorgehen ist der auktorialen Erzählweise vorbehalten. Ein der personalen Erzählweise beschreibt zum Beispiel niemand seinem Freund die Straße, in der sie gemeinsam aufgewachsen sind. Warum sollte er es tun?
Beide können sich aber natürlich über diese unterhalten, was etwas anderes wäre.
Aus der personalen Perspektive sollten die Handlungen auch nicht in distanzierter Weise erzählt werden: Franz war ziemlich böse, deshalb ging er zu der Jukebox und trat gegen sie. Solche Formulierungen passten dann eher in die auktoriale Erzählweise.
Drittes Kriterium ist für mich der Dialog und seine Einbindung.
Grundsätzlich wird man wohl einfach mal darüber nachdenken müssen, ob personale Erzählweisen überhaupt die aktive Rede vertragen (CM z.B. hält die personale Erzählweise da am besten durch, wo er weitgehend auf Dialoge verzichtet) oder ob diese hier nicht in der indirekten Rede dargestellt werden müssten oder in einer Mischung aus direkter und indirekter Rede; denn es ist ja nicht gerade so, dass wir, wenn wir etwas aus unserer Sicht erzählen oder Geschehnisse aus unserer Perspektive schildern, seitenweise in direkter Rede die Gespräche wiedergeben, die wir da so geführt haben.
Sehr gute Aufstellung - zur Sichtung des Materials brauche ich ein wenig. Auf jeden Fall zielführend, denke ich.
Aristipp hat geschrieben: Andererseits habe ich da gar nichts dagegen, wenn ein Autor so verfährt. Wenn es ihm Spaß bringt und er Erfolg damit hat, warum nicht; ich frage mich allerdings, ob ein Autor (jetzt nicht CM), ...
Für mich – und jetzt komme ich zu dir Alexandra – ist es mitnichten verwunderlich, wenn personale Erzähltechniken in auktoriale umschlagen – und das Gegenteil gibt es ja auch – oder beide nebeneinander auftauchen. Unter bestimmten Umständen ist das ja fast zwangsläufig notwendig; zumindest innerhalb meines Analyserasters. Für jemanden, der dahingehend sozialisiert wurde, dass er Texte in einem Vier-Felder-Schema unterzubringen hat, wird es hingegen vermutlich erst einmal schwerer vorstellbar sein. Und das ist jetzt keine Kritik.
Die Kritik würde mich nicht treffen, da ich mich zu Zwecken der Verständlichkeit der verwendeten Raster bediene und zwischen ihnen wechsel kann - wenn ich allerdings ein gutes raster sehe, nehme ich es gern an.
Aristipp hat geschrieben: So, und jetzt zu dem Roman. ...
Nur eines noch: Ich halte einen Wechsel in der Erzählweise nicht für einen Kritikpunkt, ich gehe eher davon aus, dass er eigentlich immer wieder unvermeidlich ist; und der einzige wirkliche Kritikpunkt, der meiner Meinung nach aus solchen Wechseln resultieren kann, ist wohl der, dass sie es schwierig machen, einen Text in einem Vier-Felder-Schema einzuordnen. Das ist für mich aber wiederum völlig unproblematisch, weil mich das Schema nicht interessiert.
Das Einordnen ist für mich niemals Endzweck, es dient nur dem kritischen, systematischen Hinterfragen von Regelmäßigkeiten. Außerdem interessieren Hypothesen und Funktionsprinzipien immer mehr als Ergebnisse. Wenn ich die habe, langweilt mich die Sache schon. Heute habe ich nicht einmal Zeit, mir den Roman noch mal vorzunehmen, und wenn ich wirklich über einen Text nachdenke, lese ich ihn mehrfach und hole mir auch das Hörbuch, weil mein Höreindruck vom Leseeindruck abweicht - es ist eine ganz neue Sache, dass die Leute einsam und schweigend lesen statt zusammen mit Vorleser um einen Tisch.
Erst dann kann ich mir ein passendes Raster aufstellen. Gut Ding will Weile haben.
Anfangs hat der Roman mich auch gelangweilt, aber jetzt habe ich eben einen Blickwinkel gefunden, von dem aus er mir sogar ziemlich gut gefällt.
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Re: Spoiler 2741: Die Ordische Stele von Christian Montillon

Beitrag von Alexandra »

nanograinger hat geschrieben: Nun ist es natürlich so, dass "Blut, Eiter, Schmerzen, höhere Gerechtigkeit, Deutung der Welt unter dem Blickwinkel einer bestimmten Idee" auch in vielen anderen Zyklen eine große Rolle spielen. Dass aber gerade die Romane PR 2738, 2741 und 2743 die religiösen Aspekte betonen, dem stimme ich vollkommen zu. Zwei Beispiele ...
Ja, darüber habe ich heute beim Spazierengehen auch nachgedacht - einen CM-Roman, der mir eigentlich gut gefiel, hatte ich auf dem MP3-Player, und gerade im Wald bekam ich mit diesen Anteilen echt Probleme.
Aber jetzt ist er Expokrat, und vielleicht kann mann jetzt die "Vollversion" lesen, in der die Bestandteile Sinn machen.

Der Vergleich mit der Vorgehensweise Tolkiens bezog sich rein auf die Technik der Erstelllung einer fiktionalen Unwirklichkeit, die der Leser als echt empfindet.
"Das Böse" ist out.
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Alexandra
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Re: Spoiler 2741: Die Ordische Stele von Christian Montillon

Beitrag von Alexandra »

Alexandra hat geschrieben: Der Vergleich mit der Vorgehensweise Tolkiens bezog sich rein auf die Technik der Erstelllung einer fiktionalen Unwirklichkeit, die der Leser als echt empfindet.
"Das Böse" ist out.
Wobei ich schon wichtig finde, dass in PR die der Wirklichkeit entnommenen Elemente nicht zur Wertung derselben verwendet werden, damit die Texte vielen Lesern offenstehen.
Beispielsweise kann die Beichtstuhlähnlichkeit der Atopischen Kommunikations- und Machtmittel wohl keine Kritik am Katholizismus bedeuten.










(Mein erster Dreifachpost!!! :o( )
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Re: Spoiler 2741: Die Ordische Stele von Christian Montillon

Beitrag von Schnurzel »

Endlich geschafft. Ein guter bis durchschnittlicher Roman. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass Christian etwas schlampig geschrieben hat. Ich kann mich aber auch täuschen.

Bevor ich den Roman gelesen habe, war ich skeptisch bezüglich der Gefühle, die Monkey plötzlich entwickelt (so wie es hier im Thread beschrieben und kommentiert wurde). Nachdem ich den Roman gelesen habe, fand ich diese Passagen irgendwie passend, auch zu einem ansonsten emotionslosen Charakter wie Monkey.
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Re: Spoiler 2741: Die Ordische Stele von Christian Montillon

Beitrag von Alexandra »

Schnurzel hat geschrieben:Endlich geschafft. Ein guter bis durchschnittlicher Roman. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass Christian etwas schlampig geschrieben hat. Ich kann mich aber auch täuschen.
Findest du, er hätte die Einzelgeschichten mit ein paar klaren Kennzeichnungen auf der Oberfläche zueinander in Beziehung setzen sollen?

Mir tut es nämlich immer ein bisschen Leid, wenn man gründlich liest, findet man echt viele Bezüge, aber auf der Oberfläche nicht so. Deswegen habe ich mich entschieden, lieber mal einen Roman auszulassen oder nur durchzublättern, und die anderen richtig gründlich zu lesen, dann kenne ich besser aus.
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