Guter, unterhaltsam geschriebener Roman, der aber vielleicht manchmal etwas inhaltsleer und spannungsarm ist, was aber wohl der Vorgabe, den Nanogenten Adams und der Erwartung des Lesers geschuldet sein dürfte. Enceladus Rhodan und Adam von Aures stolpern über die Oberfläche von Sumurdh auf der Suche nach einem Physiotron zur Verjüngung, wobei dieser Rhodan von einem Irrlicht berührt wird, sich zu verjüngen beginnt und nun eine Biophore zur Stabilisierung benötigt. Hmmmm. Die Geschichte ist anscheinend nur eine Episode im Rahmen einer längeren Schnitzeljagd und niemand erwartet, dass dem Enceladus Rhodan zu diesem Zeitpunkt etwas Ernsthaftes zustösst. Mit Ernsthaft meine ich, dass er stirbt.
Der Roman ist hin und wieder ein Resümee, ein innerer Monolog, eine Reflektion Enceladus-Rhodans der vorangegangenen Ereignisse. Das ist auch bitter nötig, da die letzten Ereignisse um den Enceladus Rhodan einige Monate zurückliegen. Die Vergleiche zwischen Perryversum und Enceladus-Rhodans Universum sind immer amüsant und unterhaltsam (S. 6 „Ich war ein Mann des zwanzigsten Jahrhunderts. Das hieß, ich vertraute nicht darauf, dass irgendein Kontrollcomputer absturzfrei seinen Dienst tat. Schließlich wußte man nie, mit welchem unzulänglich mit Updates versorgten Betriebsprogramm die Kiste lief.“) Haben die wirklich keine abstürzenden Betriebssysteme im Perryversum mehr?
Den Gedankengängen eines körperlich älteren Rhodans ohne Zellaktivator oder jahrtausendlange Erfahrung und übergroßer Bedeutung, zu folgen, fand ich überwiegend interessant und amüsant, wie schon in den vorangegangenen Romanen. Ein normal gealterter Rhodan halt. Einen Moment fand ich die im eher flapsigen Ton erzählte Ich-Perspektive wieder etwas gewöhnungsbedürftig und irritierend, aber dieser Figur kann man alle Fehler und Eigenheiten zugestehen. Es ist ein vollkommen anderer Rhodan, außerdem knüpft der Autor damit nahtlos an die vorangegangenen Beschreibungen an. Diese Figur, als Wanderer zwischen den Welten bzw. Universen wohnt natürlich eine gewisse Tragik inne und ähnelt in gewisser Weise dem John Carter aus Edgar Rice Burroughs „Princess of Mars“, der sich plötzlich in einer anderen Welt wiederfindet. Die Story erinnert auch ein wenig an Robert A. Henleins „Stranger in a Strange Land“, in der ein ehemaliger Expeditionsteilnehmer wieder zurück auf die Erde geschickt wird. Von der Motivation würde ich erwarten, dass der Enceladus-Rhodan alles daran setzt, zu seiner Familie und in seine Welt, die eigentlich verloren ist, zurück zu finden. Meine große Befürchtung wäre, dass er nur eine billige, willige Marionette im Ränkespiel der Mächte darstellt. Der Roman hat sicherlich durch die nichtlineare Schreibweise an Spannung gewonnen, auch wenn es dadurch keine so dramatischen Erkenntnisse oder Spannungswechsel gab. Niemand erwartet, dass dieser Rhodan jetzt stirbt oder verschwindet. Vielleicht wäre der Roman mit einer weiteren Nebenfigur, mit der Enceladus-Rhodan sich hätte unterhalten können, noch interessanter gewesen. Adam von Aures als geheimnisvoller Intrigant taugt eher weniger dazu. Aber die inneren Monologe verstärken auch noch sehr schön das Gefühl der Einsamkeit dieser Figur. Die Action-Szenen fand ich unterhaltsam, spannend und plausibel beschrieben.
Problematisch finde ich nur die Tatsache, dass jemand der als lieb u. nett geschildert wird, sich Sorgen darüber macht, jemanden verletzt zu haben, seiner Familie hinterher trauert und sonst zuvor keinerlei großartige Ambitionen offenbart hat, sich nun an einem kriminellen Plot zwecks „Ersatz“ des alten Rhodans beteiligt. Vielleicht hat Enceladus-Rhodan aber später noch seinen Darth Vader Moment, kann „einen Unterschied machen“ und stürzt Imperator Adam von Aures in einen Reaktor. Sein entscheidender Moment. Wenn Adam von Aures behauptet, dass der hiesige Rhodan sich zu sehr kosmischen Problemen widmet, von ES gelenkt wurde und dadurch neue Probleme aufwirft, wieso hat ES dann einen alternativen Rhodan konserviert und warum will Adam genau diesen benutzen? Ist der alte Rhodan in irgendeiner Weise dazu gezwungen wurden so zu handeln wie er es tat? Von den Hohen Mächten oder wem auch immer? Handelt es sich dabei um diese merkwürdige Hieroglyphe? Kann er sich ändern? Handelt es sich doch wieder um einen Plan von ES (und/oder NATHAN/Techno-Mahdi)? Meine Spekulation geht mittlerweile in die Richtung, dass am Ende vielleicht das Perryversum „kalbt“ bzw. sich teilt und je einer der Rhodans in einem Universum verbleibt. Dabei muß gleichzeitig verhindert werden, dass es zu einer Ekpyrosis kommt. Projekt GENESIS: Was um Himmels willen erwarten sich die Wissenschaftler davon? Sieht so aus als könnte das ein Plan im Sinne von „gut gemeint, ist nicht gut gemacht“ werden...