Erstmal: Titelbild und Illustrationen fand ich super. Aber ich komme am besten gleich zur Schwachstelle des Romans: Der Autor fällt teilweise zurück in frühere Schreibmuster, ich nenne es das Griese-Syndrom, die oft wenig gelungene Darstellung superintelligenzartiger Wesen in Monolog-Form. Hier ist es Chybrain, der seitenweise Monologe halten darf. Chybrain ist zwar keine SI, nur ein Zehntausendstel davon, wie es im Roman wortwörtlich steht, aber darauf kommt es nicht an. Man muss aber sagen, der Roman funktioniert trotzdem sehr gut, denn Peter Griese versucht nicht ohne Erfolg diese Schwäche in eine Stärke zu verwandeln.Grauer Lord hat geschrieben: ↑26. September 2022, 17:37 Denn „Der Plan der Schwarzen Sternenbrüder“ von Peter Griese hat mal wieder richtig Spaß gemacht und läutet würdig die letzte Phase der Atlan-Serie ein. Man merkt dem Roman an, dass hier der Haupt-Expokrat am Werk war, der die vielen losen Fäden seiner Story zusammenführt, die er selber mit Heft 674 in Alkordoom gestartet hat, bevor dann zwei Expokraten-Manöver des Verlages mit Marianne Sydow und H.G. Ewers dazukamen. Als „Vehikel“ für die kosmischen Einblicke Atlans fungiert dabei Chybrain mit seinen überragenden Fähigkeiten, ohne die die Handlung so nicht möglich gewesen wären. Das Kristall-Ei ist ganz klar gereift seit dem SOL-Zyklus, die innere Zerrissenheit, das Verlorensein und Nichtwissen, wohin es gehört, ist aber immer noch da. Wer selber Kinder hat, könnte in Chybrain glatt einen „kosmischen Pubertierenden“ erkennen.
Eigentlich gibt es im Roman nur zwei Hauptpersonen: Atlan und Chybrain. Daneben haben wir noch den schwarzen Sternenbruder Aytakur und dessen etwas hilflosen Schergen Yerless und einen Kurzauftritt des Propheten Kassja-Narktuan. Der Hauptpersonenkasten ist dementsprechend fast irreführend. Aber zurück zum Roman, zur Handlung: Atlan kundschaftet feindliches Territorium aus und stößt dabei auf einige Geheimnisse, wobei er massiv von Chybrain unterstützt wird, aber die Haupthandlung ist eigentlich die Annäherung von Chybrain und Atlan bzw. der Versuch, einander zu verstehen. Das ist überraschend gut gelungen. Der Roman war sehr gut zu lesen. Entscheidend war dabei auch die klassische Ich-Erzähler-Perspektive Atlans und die Konzentration auf die beiden Hauptfiguren.
So langsam muss es ja auch mal klar werden, was eigentlich während des Zyklus quasi im Hintergrund abgelaufen ist. Als Leser konnte man es schon lange vermuten, dass die beiden psionischen Pakete mit den Sternenbrüdern identisch sind, und hier plappert es eine überlistete Positronik endlich aus, dass es nur zwei Sternenbrüder gibt. Weniger geht auch nicht. Die Hintergrundgeschichte enthüllt wahnsinnige Pläne, die sich gegen die Kosmokraten richten, und das war auch sehr überzeugend. Auch das Thema Zeitchirurgen könnte sich noch gut einfügen.Grauer Lord hat geschrieben: ↑26. September 2022, 17:37Im Roman erkennt Atlan endlich, dass die Sternenbrüder mit Aytakur und Zattzykur identisch sind, Pzankur diente offenbar nur als Ablenkung und war deshalb ja auch recht flott besiegt; kosmisch sind die Passagen des Heftes, die sich mit Vergalo, dem Erleuchteten und der Genese seines Plans befassen, den Kosmokraten einen entscheidenden Schlag zu verpassen. Hier knüpft Griese an seine schreiberische Klasse von „EVOLO“, Band 750, an. Das Irrsinnige, dass der Urheber des wahnsinnigen Planes gar nicht mehr lebt, seine bösartige Idee aber von den Psi-Paketen weiter stoisch umgesetzt wird, weil das so in ihrer psionischen DNA verankert ist und sie letztlich der Plan SIND, wird sehr gekonnt aufgezeigt. Klar ist Atlan jetzt auch, dass die Sternenbrüder durch Manipulation der Zeit vor ihrer eigenen Entstehung in Alkordoom eingetroffen sind und dort ihr Werk begonnen haben. Hier könnte das Thema Zeitchirurgen nochmal sehr wichtig werden.
Grundsätzlich gefällt mir diese ganze Geschichte wirklich hervorragend, aber woher die Feindschaft mit den Kosmokraten rührte, hätte ich nun auch gerne gewusst. Auch würde ich gerne wissen, was mit KING geschah, der an einer Stelle erwähnt wurde. Ebenso bleibt ein Rätsel, wieso Chybrain nicht relativ unsterblich ist. Stellt er wirklich einen Fremdkörper im Universum dar, dessen Zeit bald abläuft? Da kommt man natürlich auch wieder auf das Rätsel der Jenseitsmaterie zurück, die ja eigentlich nicht so viel anders ist als PSI-Materie. Wie auch immer, Peter Griese hat sich da einige sehr interessante Sachen ausgedacht, und es ist schade, dass es die klassische Atlan-Serie nicht bis Band 900 geschafft hat, um noch einige Fragen aufzuklären.Grauer Lord hat geschrieben: ↑26. September 2022, 17:37Gut gefallen hat mir die Stelle, an der die Selbstwahrnehmung des Erleuchteten gezeigt wurde, sein verzerrter Blick auf die Kosmokraten ebenso wie die zuckrige Vision, wie EVOLO einmal werden sollte. Offen bleibt am Ende die Frage, warum Vergalo die Kosmokraten überhaupt als Feind betrachtete und ob er als ein Exponent des Chaos einzustufen war. Ich finde eher Nein, denn offenbar ging es ihm darum, etwas gegen die fortgesetzte Einmischung der Höheren Mächte in „unserem“ Universum zu tun. Eine Idee, die nicht ganz von der Hand zu weisen ist, wenn man an diverse Untaten der Kosmokraten denkt. Das wurde in den verbliebenen Heften der Serie aber nicht weiterverfolgt. Was bleibt ist die Geschichte vom bösen Zauberlehrling, dessen Geister immer weiter spuken und Unheil anrichten - auch wenn es ihn selber gar nicht mehr gibt.
Atlan wird im Lauf des Romans ganz schön aufgerüstet, zunächst mit den Fähigkeiten Chybrains als "geistiger Arm" Atlans, und am Ende erhält auch die STERNSCHNUPPE ein Bauteil, den Niveauselektor, mit dem sie unabhängig bzw. eigenständig ins Nukleat usw. wechseln kann. Da bleibt natürlich die Frage, warum die Kosmokraten selbst Atlan nicht mehr Mittel gegeben haben. Eigentlich haben sie ihm praktisch so gut wie gar nicht geholfen. So oder so, allmählich wird das Zyklusende spannend, auch da sich abzeichnet, dass das eine oder andere Wesen das Ende vielleicht nicht überleben werden, z.B. Chybrain oder Tuschkan. Dieser Roman hat mir jedenfalls schon mal sehr gut gefallen, und ich bin sehr auf die nächsten gespannt.Grauer Lord hat geschrieben: ↑26. September 2022, 17:37Also, ein super Roman mit vielen weiteren Einzelheiten und Gedanken über die Identitär Kassja-Narktuans (er ist nicht Chybrain!) Außerdem bekommt der Arkonide noch ein Herz-Stück eines Dimensionsdivergenzers für die STERNSCHNUPPE.