Spoiler 2685: Der ARCHETIM-Schock von Hubert Haensel

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die aktuelle Entwicklung des Zyklus? - Note 1
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Mr Frost
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Re: Spoiler 2685: Der ARCHETIM-Schock von Hubert Haensel

Beitrag von Mr Frost »

So. Hab mich nun endlich "durchgequält". Sehr untypisch bei den ansonsten guten Leistungen von HuHae. Aus meiner Sicht ist der vorliegende Roman ganz sicherlich einer der schwächsten Romane von ihm überhaupt.

Die Idee, das meiste aus der Perspektive "normaler" Terraner zu schildern, verfängt diesmal nicht, da die Terraner (Rya Pascoe und Callis Varro) ganz und gar nicht "normal", sondern überzeichnete, konstruierte Personen sind, mit denen man nicht so recht mitfühlen kann.
Der Gendrache ist aus meiner Sicht (nur) ein unsäglicher Versuch, ein bißchen mehr "Farbe" in den Roman zu bekommen. Dies mißglückt aber, da dieses Genkosntrukt völlig ungaubwürdg "agiert" und spricht. Für mich fast ungenießbare Passagen.

Ansonsten dümpelt die Handlung vor sich hin, langweilt gar, obwohl ja was "passiert". Die Passagen um die Dosanthi waren erneut redundant und "kreuzlangweilig".

Zum Gesamtplot kann ich auch nur noch mit Entsetzen feststellen: Mit "Science" hat dies alles immer weniger zu tun.

Es bleiben erneut viele Fragen zurück. Und ich bin diese Fragen leid. Sogar von einer Unterhaltungsserie erwarte ich mir ein paar befriedigende Antworten bzw. glaubwürdiger konstruierte Charaktere:

- Wieso können die Spenta nun plötzlich ARCHETIM herauslösen?? Dies hätten sie doch schon längst tun können, oder? Alles ,was zuvor stattgefunden hatte, war das Gespräch mit Bully. Oder täusche ich mich hier? Warum haben sie ansonsten so lange darauf gewartet? Ein Fall für Plot-Getriebenheit? NEBENBEMERKUNG: Wenn ich lese, was die Spenta so alles an der Ephemeren Pforte machen können, läßt es mich staunen, weshalb es so schwer sein sollte, gerade die ARCHETIM-Leiche aus der Sonne zu lösen...
- Was macht die Fimbulkruste wirklich? Wofür ist sie gut? Oder ergibt sich so nur ein hübscher optischer Effekt?
- Wieso ist Rya eine so geniale Gendesignerin, daß sie in der Lage ist, Intelligenz zu erschaffen und wundert sich dann, als genau diese beim Gendrachen festzustellen ist? Wieso reflektiert sie, OB der Gendrache wirklich intelligent ist, obwohl dies absolut und offen ersichtlich ist? Wie dumm kann eine Wissenschafterlin denn noch sein?
- Wieso denkt Callis Varro nicht ein einziges Mal über seine toten Kameraden nach?
- Warum gibt es gegenüber Bully KEINEN Protest, als die Besatzung des terranischen Schiffes erfährt, daß der Kapitän des Schiffes geopfert wurde (siehe auch MAHs Roman)? Das wird mir alles zu leicht hingenommen...Ein bißchen Konbtroverse innerhalb der Terraner könnte ja nicht schaden. Tja, man hätte sogar mal ein bißchen über ETHIK nachdenken können...
- Wieso führt sich ein Sayporaner (Paitäcc) plötzlich (fast) wie ein Y-beliebiger Xylthe auf und befehligt Dosanthi?
- Wieso tauchen plötzlich (erst am Ende des Zyklus) Dosanthi im Neuroversum auf? Es wirkte bislang immer so, als ob die Truppen QHIN SHIS im Neuroversum völlig anders konzipiert seien, als die in Chanda. Warum muß nun auch die TERRA-Ebene mit den Dosanthi be-langweilt werden?
- Wieso reagieren Terraner so stark auf den Entzug der ARCHETIM-Leiche? Durch die Leiche müßte ja eine Glückseligkeit HINZUgefügt worden sein, die man nun wieder entZOGEN hat. Daß im Sol-System aber besonders elysische Gefühle geherrscht haben, kann man nicht behaupten.

Meine Gesamtwertung: 5/4/4.
Sorry, aber HuHae kann´s besser!
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ianmcduck
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Re: Spoiler 2685: Der ARCHETIM-Schock von Hubert Haensel

Beitrag von ianmcduck »

Einfach gesagt: Dieser und der letzte Roman wären besser nie geschrieben worden.
Wo bleibt mein Kuchen?
Mein Plädoyer: Nach Schokohasen und Schoko-N(ikol)äusen brauchen wir als drittes Standbein dringend die Schoko-Schlümpfe!
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Mr Frost
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Re: Spoiler 2685: Der ARCHETIM-Schock von Hubert Haensel

Beitrag von Mr Frost »

ianmcduck hat geschrieben:Einfach gesagt: Dieser und der letzte Roman wären besser nie geschrieben worden.

Deutlich geschrieben. :o) Aber sicherlich richtig.
Und dies gilt für einige (!) Romane der letzten 200 Bände...
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Schnurzel
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Re: Spoiler 2685: Der ARCHETIM-Schock von Hubert Haensel

Beitrag von Schnurzel »

Ich habe erstens geschlagene fünf Tage gebraucht, um den Roman zu lesen und zweitens habe ich eben, als ich LL's Roman anfing, mich spontan gefragt, ob ich HH's Roman überhaupt zu Ende gelesen habe, obwohl das gerade mal einen Tag her ist. Ich will damit sagen, dass der Roman von HH nicht an mich ging.

Er war sicherlich ganz gut geschrieben und auch die Story um die Gendesignerin und ihren Drachen fand ich ganz nett (aber überzeichnet), aber dann doch zuviel des Guten.

Was die Einstellung der Kampfhandlungen nach Anicee Ybarris Anruf angeht: die fehlende Begründung hierfür ist mit Sicherheit Absicht. Hier wird uns sicherlich noch eine verblüffende Auflösung präsentiert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass den Expokraten/Autoren bei allen logischen Schwächen, die hier und da mal vorkommen, ein solch großer Klops passiert.

Von mir: 4 - 2 - 4
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galorne
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Re: Spoiler 2685: Der ARCHETIM-Schock von Hubert Haensel

Beitrag von galorne »

Habe fertig! Endlich! Was für ein Schrott... (Sorry, meine Meinung!)

Da kommt eine riesige Raumflotte aus dem "nichts" und startet einen Angriff, der kaum auf Gegenwehr stößt und dann - schüttelt diese Göre den Finger und sagt. "ei ei ei, ich möchte hier keinen Krieg!" Und schon stoppt der Onkel Bösewicht alle Aktionen. Veralbern kann ich mich selber. :motz:
Nebenhandlung mit Gendesignerin: gäähhn - sonst nichts! :angry:

Das Beste am Roman: Bully ist genauso verwirrt wie ich. .. :???:

Note 5 - 3 - 4
"Gute Science Fiction gründet auf guter Science, also guter Wissenschaft" (so oder so ähnlich aus "Illuminati" von Dan Brown)
"Die Begeisterung der anderen war enden wollend." (Leo Lukas in PR2657)
jogo
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Re: Spoiler 2685: Der ARCHETIM-Schock von Hubert Haensel

Beitrag von jogo »

galorne hat geschrieben:Habe fertig! Endlich! Was für ein Schrott... (Sorry, meine Meinung!)

Da kommt eine riesige Raumflotte aus dem "nichts" und startet einen Angriff, der kaum auf Gegenwehr stößt und dann - schüttelt diese Göre den Finger und sagt. "ei ei ei, ich möchte hier keinen Krieg!" Und schon stoppt der Onkel Bösewicht alle Aktionen. Veralbern kann ich mich selber. :motz:
Nebenhandlung mit Gendesignerin: gäähhn - sonst nichts! :angry:

Das Beste am Roman: Bully ist genauso verwirrt wie ich. .. :???:

Note 5 - 3 - 4
Der Roman sollte aufzeigen, was der Verlust des 6D Juwels für die Solsysten Bewohner bedeutet. Bedeutet... Ich denke, wir befinden uns an einem bedeutenden Punkt der Serie. Die Emanzipation der Menschheit, des Galaktikums von den Höhen Mächten.
Ich fühlte mich beim Archie-Schock an Perrys Gefühlswelt nach dem Verlust der Aura erinnert.
Interessant, wie ich finde...
Die beste Möglichkeit seine Träume zu verwirklichen, ist aufzuwachen.
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ernie
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Re: Spoiler 2685: Der ARCHETIM-Schock von Hubert Haensel

Beitrag von ernie »

Schöner Roman von Hubert.

Hat mir gut gefallen
Ad Astra
ernie
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what
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Re: Spoiler 2685: Der ARCHETIM-Schock von Hubert Haensel

Beitrag von what »

mir hat dieser Roman auch gut gefallen. die Gendesignerin und ihr Drache wurden mir richtig sympathisch. die Schilderung von Ereignissen durch die Augen von Nebenfiguren ist hier (imho) gelungen. ja, ich frage mich auch, was den ehrgeizigen Inspektor überzeugt hat, den Angriff auf diese dusseligen Superduperkugeln abzubrechen. und ich hoffe, da kommt noch was. mit den riesigen Hyperkristallle-plus-Nanogenten-Kugeln habe ich aber auch so meine Probleme. zu mächtig. wer hat die eigentlich für Quincy gebaut? hoffentlich werden sie bei der Zündung des Neuroversums restlos verbraucht.
und ich persönlich hätte nichts dagegen, wenn Sol und Terra noch ne Weile im NV verbleiben würden.
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Alexandra
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Re: Spoiler 2685: Der ARCHETIM-Schock von Hubert Haensel

Beitrag von Alexandra »

what hat geschrieben:mir hat dieser Roman auch gut gefallen. die Gendesignerin und ihr Drache wurden mir richtig sympathisch. die Schilderung von Ereignissen durch die Augen von Nebenfiguren ist hier (imho) gelungen. ja, ich frage mich auch, was den ehrgeizigen Inspektor überzeugt hat, den Angriff auf diese dusseligen Superduperkugeln abzubrechen. und ich hoffe, da kommt noch was. mit den riesigen Hyperkristallle-plus-Nanogenten-Kugeln habe ich aber auch so meine Probleme. zu mächtig. wer hat die eigentlich für Quincy gebaut? hoffentlich werden sie bei der Zündung des Neuroversums restlos verbraucht.
und ich persönlich hätte nichts dagegen, wenn Sol und Terra noch ne Weile im NV verbleiben würden.
Hallo "Ernie" und "what", willkommen Kollegen! Ich habe den Roman zwar immer noch nicht fertig, bin um die S. 40, aber mir gefällt er auch nach wie vor gut. Gerade bei den Ereignissen um die Sonne - was braucht man da illustre Handlungsträger und die große Action? Zum Warten auf einen Sonnenaufgang?
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what
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Re: Spoiler 2685: Der ARCHETIM-Schock von Hubert Haensel

Beitrag von what »

Hallo "Ernie" und "what", willkommen Kollegen! Ich habe den Roman zwar immer noch nicht fertig, bin um die S. 40, aber mir gefällt er auch nach wie vor gut. Gerade bei den Ereignissen um die Sonne - was braucht man da illustre Handlungsträger und die große Action? Zum Warten auf einen Sonnenaufgang?
Grüße zurück!
und: nö, man braucht wahrlich nicht jede Woche die große Lasershow. Kammerspiele haben auch was für sich. alles eine Frage des "wie ist's geschrieben" und des Kontextes.
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Alexandra
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Re: Spoiler 2685: Der ARCHETIM-Schock von Hubert Haensel

Beitrag von Alexandra »

Da mich die kontroversen Meinungen doch ins Grübeln brachten, habe ich heute eine Analyse geschrieben:
Spoiler:
Hubert Haensel: Der Archetim-Schock (PR 2685)


Der Nachfolgeroman von Marc A. Herrens „Ein Pfand für die Spenta“ blendet von Bullys Verhandlungen mit den Spenta, bei denen er in das Herauslösen des Corpus Delicti, des Leichnams ARCHWTIMs, aus Sol einwilligt. Die gleichzeitige Aktivierung der von Inspektor Paitacc angeführten, in den Methanozeanen des Neptun verborgenen Invasionsflotte voll Dosanthi wird in 2685 nahtlos weitergeführt.
Neben der eigentlichen, romanübergreifenden Handlung, deren Actiongehalt nur ansatzweise aufgegriffen wurde, finden wir das romantische Zueinanderfinden zweier arbeitssüchtiger Einzelgänger als durch Anfang und Ende des Romans begrenzte eigene Handlungsebene des Romans. Darin verschränkt Geschichten von Eltern und Kindern, die ihre Beziehung bearbeiten, so wie die Terraner mit dem Abgeben der Leiche im Zentralgestirn ein Stück weiter von den Superintelligenzen abgenabelt werden, andererseits die Bekräftigung noch höherer Autorität, als der Genmix Irp in der drittletzten Handlungssequenz aus seinen „roten Arkonidenaugen“ (S.58) durch Rya hindurchstarrt. Sie wollte nie, dass er das Wort „Gott“ ausspricht, da seine Intelligenz sowohl illegal als auch ihrem eigenen Empfinden nach widernatürlich ist – jetzt schließt er aus der Tatsache, dass Gott allwissend sei und sie nicht, dass sie nicht sein Schöpfer sein könne.
Der Roman ist eingeteilt in vier etwa gleich große Kapitel, innerhalb derer mehrere Male der Schauplatz gewechselt wird, und einen Epilog als Anspann zur privaten Entwicklung der Nebenfiguren. Bei der Montagetechnik bleibt eine klare Einteilung des Zeitverlaufs dem Leser überlassen. Kapitel eins beschäftigt sich mit Rya Pascol, Irp und Octa. Rya erzählt in der ersten Person. Das zweite Kapitel bringt die ARCHETIM-Thematik ein, die dem arbeitsamen und ebenfalls seit langem partnerlosen Kommandanten Callis Varro durch den Kopf geht – die erlebte Rede gibt Gelegenheit zu ausführlichen Rückblicken und zum Miterleben des großen Augenblicks, als die Leiche aus der Sonne gezogen wird, und zwar von Varro wie auch von Rya und Irp aus gesehen, und dann auch von Varros Ortungschefin und seinem Kadetten Huise. Das dritte Kapitel führt ohne Überleitung durch Erinnerungen die Geschichte von Paitacc weiter, wie er und seine Invasionsflotte diesen Moment beobachten, wobei aber sowohl Dosanthi Sintan Trok wie auch Callis Varro sich an ihre Familien erinnern. Dieses Kapitel umfasst acht durch aneinander gesetzte Handlungsabschnitte. Im vierten Kapitel bewältigen Bull, die beiden Ybarris, Delorian und Chourtaid die Situation und besprechen sie, während Rya den aus seinem explodierten Schiff geretteten Varro rettet. Im Epilog haben die beiden anscheinend zusammengefunden und diskutieren nur noch, „bei wem“ sie gemeinsam den ersten echten neuen Sonnenaufgang erleben werden. Dass Sol „nicht erloschen, sondern abgeschirmt“ (S.18) ist, gilt auch für das Gefühlsleben der beiden Protagonisten. In diesem Roman sehen wir auf keiner der beiden Ebenen etwas aufflammen.
Wir erleben die Ereignisse vor allem durch die Augen mehrerer neu eingeführter Nebenfiguren. Statt den üblichen Beobachtungen eines Orters, der den Raum beobachtet, beginnt die Handlung bei der Gendesignerin Rya Pascol, die in ihrem einsamen Wohnzimmer auf dem Neptunmond Triton mit ihren „Produkten“, der fluoreszierenden Tarantel Okta und dem mit arkonidischen Gesicht versehenen Genmixdrachen Irp, dessen Intelligenz illegal ist, so dass sie sie nur widerwillig anerkennt. Der künstlich projizierte blaue Himmel samt blutrotem Sonnenuntergang ihres Wohnzimmers fungiert als Einführung eines Leitmotivs, eine aufwändig gestaltete Gestaltung der Farben zieht sich durch den gesamten Roman.
Thematisch verbirgt sich unter der Science-fiction-Gestalt der Gendesignerin eine moderne Version des Dreischritts „Kinder – Küche – Kirche“, da sie vor allem an ihrem Ort wohnt, sich um ihre befremdlichen „Kinder“ kümmert, einen blauen Erdhimmel an die Wand projiziert und über Gott und intelligente Genmixe nachdenkt. Sie führt ein bisschen was an Fernbeziehung, das ist alles. Ihre Geschichte mit Varro folgt der Struktur moderner Liebesromane. Ungewohnt bei Haensel, denn die Gestaltung menschlicher Nähe ist weniger sein Thema als die Fernbeziehung, er hat diese Lösung denn auch nicht weiter ausgearbeitet. Sie passt zu seiner Verwendung der Farbsymbolik.
Umso witziger finde ich das Drachenkind. Irp ist nicht nur hemmungslos gieriges Kind, sondern zugleich eine satirisch Darstellung des Teenagers an sich, er ist eine jener halbgaren Gestalten, wie sie leiben und leben - vom Musikgeschmack über das Gleichziehenwollen bis hin zum Gesicht – das ist ja einer der faszinierendsten Aspekte dieser Leute, dass einem aus dem Gesicht existierender Erwachsener ganz jemand anders anschaut. Beste Pointe die vereitelte Absicht, das Ei als Morgengabe zu verschenken… über das Ergebnis solcher Planungen haben sich wohl schon viele Leute gewundert, die im Vorfeld nicht wussten, was auch bei natürlich-biologischem Genmix entstehen kann. Auch das Feuerspucken verstehe ich als Verbildlichung. Wer Teenager kennt, sollte sich darüber so amüsieren, dass die Frage nach dem fiktionalen Realismus in den Hintergrund tritt. Irp entwickelt sich rasend schnell und entlarvt Denkfehler der Erwachsenen, um sich dann, wie ein Kind, wieder friedlich neben sie zu setzen und zu singen. Der mitschwingende Diskurs über die moralische Bewertung von Genmanipulation mündet, wie gesagt, in die Diskussion um einen auch über den Superintelligenzen stehenden Gott.
Im zweiten Kapitel finden wir mit Kadett Huise eine Parallelfigur, der „den Dreck“ (S.18) wegputzen soll, als er die Erlaubnis zu noch unbeholfenen Schussübungen auf Asteroiden bekommt – nur weil ein Großteil der älteren Besatzungsmitgliedern aufgrund der überlagerten Nahrung an Durchfall leidet. Sobald wir ihn direkt kennenlernen, entpuppt er sich als äußerst selbstbewusst, um dann im Schockzustand beim Herauslösen des Korpus geohrfeigt zu werden, damit er zur Rettungskapsel läuft (vgl. S. 42).
Die Kommunikation zwischen Henrike Ybarri und ihrer Tochter Anicee wiederum führt direkt zur überraschend schnellen Lösung des Konfliktes, wobei mit „Kotau machen“ (S.54) und dem Durchsetzen der jugendlichen Zweitregierung als das Abschneiden „alter Zöpfe“ (S.55) Bildmaterial aus dem alten China ins Spiel kommt.
Kommen wir zur Farbgestaltung, die den Roman durchzieht. Da wäre zunächst der Gegensatz zwischen Schwarz und Weiß, dann das vielfach variierte Farbenspektrum der abgedunkelten Sonne, das Blau des Himmels über Bergketten und zuletzt rot.
Der Weltraum ist schwarz, und dieses Schwarz bildet die Folie zu alles Farbschleiern und Explosionen, die sich in ihr ausdehnen. Mit dem Oxymoron „schwarze Sonne“ (S.26) wird der unnatürliche Zustand des Zentralgestirns auf den Punkt gebracht. Auch ARCHRTIMs Leichnam sieht Bull nur als „eine Art strahlende Schwärze“, als „dunkle Welle im Raum-Zeit-Gefüge“ (S.51).
Wir kennen unsere Sonne als gelb, wobei sie golden oder rötlich scheinen kann. Rya sieht sie in abgedunkeltem Zustand voll seltsamer Farben, die sie mit einer Aufzählung chemischer Elemente erklärt, und die sich mit den normalen Regenbogenfarben vermischen. Zunächst kommt „blutig schimmerndes Gold“, dann „Dutzende Abstufungen von Gelb“, gefolgt von „Weiß in vielen Variationen als eigenständige Farbe und nicht als Mischung bekannter Nuancen“. Diese differenzierten Farbwahrnehmungen kennen wir von Menschen wie den Inuit, die diese in ihrer Lebenswelt brauchen. Ab hier überschreiten wir den menschlichen Rahmen mit den Neologismen „zwittergrün“ und „zeitblau“ als Ausdruck des Unbekannten. Wenn dem zunächst eine Woge von Fachausdrücken folgt, dann die Beschreibung, dass „die Sonnenatmosphäre gegen ihr Gefängnis anbrandet“ (S.20), so haben wir wieder Blau, die Farbe der Entgrenzung.
Es wäre kein Text von Haensel, wenn das Entgrenzungsmotiv nicht vertieft werden würde durch körperliche Deformationen, und zwar an den Schiffen der Spenta, die den Schirm um die Sonne durchdringen: „(N)ur die aus dem Schiffsinnern nach außen tretenden, zum Bug hin verlaufenden Adernstränge glühten in tiefem Goldton. Unterschiedliche Rumpfbereiche schimmerten rotgolden oder gar in grellem Weiß, dort herrschten unglaubliche Temperaturen“(S.27) von mehreren Zehntausend Grad Celsius in Außenhülle und Schiffsinnerem.
So tritt Weiß bei großer Hitze auf, ist aber auch die Farbe der Jugendlichen, also Irps Arkonidenhaaren und der Farbe, die in Kadett Huises Vornamen Alaska mitschwingt.
Das Fahrzeug, in dem Rya Varro rettet, ist ein „goldfarbene(r) Veteran“(S.51), dient zu Versorgungsfahrten und gibt hier erst mal Gelegenheit zu einer eindrucksvollem Schilderung eines Kraterfeldes vor dem blauen Gasball des Neptuns. Neben der mehrfach genannten blutroten Sonne und Irps Augen finden wir auch echtes Blut in der Erinnerung Varros an das Begräbnis seines Bruders, als dessen Freundin ihn angreift, so dass sich der Regens mit seinem Blut mischt – Gegensatz ebenso wie Parallelsituation zum Angriff der Dosanthi während des Entfernens des SI-Korpus. Das Regenmotiv wird weitergeführt, als Wolken treiben, „als hätte sogar der Himmel geweint“ (S.44)
Die Gefühle der Menschen, die Abschied und Trauerzug des Sechsdimensionalen Juwels begleiten, sind im Rückblick beim Aufräumen der Spuren erzählt wie bei Ybarri, beim genussvollen heimlichen Lauschen Paitaccs, begleitet von Phenubenklängen – auch die fiktionale Beschreibung vonr Kunstwerken, Ekphrasis genannt, finden wir als Beschreibung fiktionaler Kunstwerke in der PR-Serie fast nur bei Haensel. Varro erlebt das Ereignis über alle Sinneskanäle: Er massiert sich die Augenwinkel, glaubt zu sehen, hört Sphärenklänge, riecht würzige Sommerluft und Heimat – auch dies ein mehrfach wiederkehrendes Motiv – und spürt, wie die Sonne vom Himmel herabbrennt. (vgl. S.27).
Der Roman beschreibt viele unfassbare Geschehnisse, und er enthält auffallend viele Fragesätze, in erlebter wie in direkter Rede. Um diesem offenen Charakter gerecht zu werden (und der vorgerückten Stunde), möchte ich zum Abschluss nur ein paar extra schöne Sätze zitieren:
• „über schroffen Felsstrukturen schimmerte vage das Blau des Mutterplaneten“ (S.47)
• das düstere Streulicht „mildert die ewige Nacht der schwarzem Sonne mit fahlem Hauch“ (S.47)
• „Nur der Nachhall tiefer Trauer lauerte wie ein Raubtier. Sie musste aufpassen, dass sie nicht erneut ins Jammertal beginnender Depressionen versank“ (S.45)
Oberflächlich gesehen wirkt der Roman wie eine Kreuzung aus Vandemaan mit seinen farbigen, an der Oberfläche schwimmenden Bildern, und Ellmer mit seinen engen mitmenschlichen Bindungen, doch bei näherem Hinsehen erscheint der txpisch Haenselsche Aufbau anhand von Gegensatzpaaren, seine Distanz auch in engsten Beziehungen und auch die Entgrenzung, die mit der Deformation von Körpern einhergeht, welche eins seiner Lieblingsthemen zu sein scheint.
jogo
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Re: Spoiler 2685: Der ARCHETIM-Schock von Hubert Haensel

Beitrag von jogo »

@ Alexandra: :st:
Die beste Möglichkeit seine Träume zu verwirklichen, ist aufzuwachen.
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overhead
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Re: Spoiler 2685: Der ARCHETIM-Schock von Hubert Haensel

Beitrag von overhead »

@Alexandra

Wieder gut zu lesen ! :st:

Gruß overhead
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Rainer1803
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Re: Spoiler 2685: Der ARCHETIM-Schock von Hubert Haensel

Beitrag von Rainer1803 »

Wow Alexandra, das nenne ich aber mal eine fundierte Stellungnahme und Analyse zum Roman. Super gemacht. Ich finde das hättest Du aber nicht im Spoilertag verstecken müssen. :st:
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Vincent Garron
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Re: Spoiler 2685: Der ARCHETIM-Schock von Hubert Haensel

Beitrag von Vincent Garron »

Rainer1803 hat geschrieben:Wow Alexandra, das nenne ich aber mal eine fundierte Stellungnahme und Analyse zum Roman. Super gemacht. Ich finde das hättest Du aber nicht im Spoilertag verstecken müssen dürfen. :st:
Sorry Rainer, du hattest da einen semantischen Fehler in deinem posting, ich war so frei ihn zu korrigieren :)
Es gibt zwei Dinge die unendlich sind: Das Universum und die menschliche Dummheit. Beim Universum bin ich mir aber nicht ganz sicher.
(Albert Einstein)

Erst wenn der letzte Baum gerodet,
der letzte Fluss vergiftet,
und der letzte Fisch gefangen ist,
werdet ihr feststellen, dass man Toilettenpapier nicht essen kann!
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Rainer1803
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Re: Spoiler 2685: Der ARCHETIM-Schock von Hubert Haensel

Beitrag von Rainer1803 »

Vincent Garron hat geschrieben:
Rainer1803 hat geschrieben:Wow Alexandra, das nenne ich aber mal eine fundierte Stellungnahme und Analyse zum Roman. Super gemacht. Ich finde das hättest Du aber nicht im Spoilertag verstecken müssen dürfen. :st:
Sorry Rainer, du hattest da einen semantischen Fehler in deinem posting, ich war so frei ihn zu korrigieren :)
Hättest Du nicht machen müssen :rolleyes:
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Alexandra
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Re: Spoiler 2685: Der ARCHETIM-Schock von Hubert Haensel

Beitrag von Alexandra »

Rainer1803 hat geschrieben:
Vincent Garron hat geschrieben:
Rainer1803 hat geschrieben:Wow Alexandra, das nenne ich aber mal eine fundierte Stellungnahme und Analyse zum Roman. Super gemacht. Ich finde das hättest Du aber nicht im Spoilertag verstecken müssen dürfen. :st:
Sorry Rainer, du hattest da einen semantischen Fehler in deinem posting, ich war so frei ihn zu korrigieren :)
Hättest Du nicht machen müssen :rolleyes:

Ihr seid echt lieb. You save my day!
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Saedy
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Re: Spoiler 2685: Der ARCHETIM-Schock von Hubert Haensel

Beitrag von Saedy »

Also, wieso die Spenta jetzt auf einmal die Archetim-Leiche aus der Sonne herauslösen konnten,
verstehe ich auch nicht, denn Bully & Co. schienen ja auch nicht zu wissen, wie das geht - wie konnten
sie da überhaupt drüber verhandeln? :???:
Außerdem ist mir rätselhaft, wieso die Sayporaner und Dosanthi nicht so stark auf den Archetim-Schock
reagiert haben und noch handlungsfähig waren. Zuerst dachte ich ja, dass es daran liegt, dass
die Terraner halt anfälliger dafür sind, aber es wurde auch erwähnt, dass z. B. ein Topsider und andere Wesen
ebenso stark reagiert haben.
Der Roman war eigentlich gar nicht so schlecht geschrieben und die Idee mit diesem intelligenten Drachenwesen
fand ich lustig. Allerdings habe ich mich über diesen Roman auch tierisch geärgert, weil da findet gerade eine
Invasion des Solsystems statt, was ja an sich spannend sein sollte, da flechtet der Autor hier so viele
Nebengeschichten, bzw. Gedanken ein, dass das Potential nicht genutzt wird und ich fast die Krise krieg. :angry:
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