nanograinger hat geschrieben:Witzige Polemik, aber leider unzutreffend. Es wurde lediglich in einer der vielen Lücken der großen PR-Erzählung eine weitere Facette hinzugefügt, die in diesem Fall absolut ins Bild passt. "Überrangcodes" der einen oder anderen Art gibt es in PR zuhauf, die „Administrative Priorität“ ist lediglich eine weitere Variante davon.
Danke, für den vollkommen berechtigten Einwurf. Das zeigt wieder einmal, dass man nur durch kritisches Hinterfragen interessante Zusammenhänge aufdecken kann. Handelt es sich bei den „Überrangcodes“ nicht um eine relativ neumodische Erfindung? Ihr dürft nicht vergessen, dass es zu Zeiten des Solaren Imperiums keine hyperintelligenten, sprechenden Bordcomputer gab. Das waren bessere Taschenrechner. Auch die MARCO POLO besaß so etwas nicht. Das waren die sechziger Jahre, die Zeit der Lochstreifen und Relais. Zu Zeiten des Solaren Imperiums kann ich mich nur an 2-3 Begebenheiten erinnern, immer im Zusammenhang mit Stationen, an denen eine Art Identifikation erfolgte: Atlan und das arkonidische Robotgehirn, das Venusgehirn und die Übergabe OLD MANs, wobei diese Übergabe eher biologischer Natur war. Die Situationen wo Terraner oder Rhodan dagegen die Kontrolle über ihr Raumschiff verloren haben, sind Legion. Ein konkretes Beispiel: In der Nr. 251 (Armee der Biospalter) wird die CREST III von den Biospaltern angegriffen und eingenommen. Rhodan kann mit Hilfe von Gucky fliehen. Warum hat Rhodan damals nicht einen Überrangcode angewendet und die CREST III gesperrt? So konnten die Biospalter damit zu ihrem Heimatplaneten fliegen. Erstens, weil es ihn nicht gab und zweitens, weil es für die weitere Geschichte kontraproduktiv gewesen wäre. Auch für Romane wie Nr. 348 u. 349 (Partisanen von der CREST) wäre so etwas hilfreich gewesen. Und nein, ich kann mich auch nicht erinnern, dass man Rhodan damals einen Thermoblaster an den Kopf gehalten und zur Herausgabe der „Überrangcodes“ gezwungen hätte. Und die ORION war ein Schiff des Solaren Imperiums bzw. der sechziger Jahre. Viel schlimmer noch! Die spätere Idee des sogenannten Autorisationscodes (authorization code) ist eine Erfindung der Neuzeit und stammt vermutlich gar aus anderen Serien (STAR TREK), wo es exzessiv verwendet wurde:
http://de.memory-alpha.wikia.com/wiki/Autorisationscode
(Das kommt halt davon, wenn man zuviel STAR TREK sieht.
)
Das Konzept und die Bedeutung des heutigen Zugangscodes oder Paßwortes für Computer und Maschinen dürfte den damaligen Autoren zu der Zeit auch nicht richtig geläufig gewesen sein. Ich stelle mir gerade eine Szene vor, in der Perry Rhodan sich einen 20stelligen Kode mit arkonidischen u. terranischen Sonderzeichen überlegt.
Und so ist es manchmal problematisch neue Techniken plausibel in alte Romane zu integrieren, weil es evt. mit den alten Geschichten nicht vereinbar ist. In den alten Romanen gab es auch keine Holografie. Dafür gab es schräg ausgeführte Teleskoplandestützen, die angeblich federten und Torbogentransmitter. Alles Einrichtungen, von denen man sich in der modernen Serie aus verständlichen Gründen inzwischen getrennt hat.
Zurück zum Thema: nachträgliche Erinnerungen, Glaubwürdigkeit und Plausibilität. Ich denke, dass nachträglich eingefügte Erinnerungen ein interessantes Thema bzw. Problematik innerhalb der Serie darstellen. Wurde nicht auch in „Terminus“ eine Erinnerung später hinzugefügt? Und sind die Autoren nicht schelmisch genug sind, so etwas zu praktizieren, wenn sie es wollten, eine (Re-)Engrammierung des Lesers?
Wie kommen die überhaupt auf so etwas? Philip K. Dick und seine Romane (Total Recall, Blade Runner etc.)? Ich fände es amüsant, wenn man vielleicht auf diese Weise die „Solaristen“ unter den Lesern „bestrafen“ wollte. Nicht umsonst werden an dieser Eingangs erwähnten Textstelle im Roman mehrere Begriffe mit negativer Konnotation (Nebenbedeutung), wie „Personenkult“ etc. verwendet . (Aber auch einen „Personenkult“ gab es damals nie. Voltz hätte so etwas nie geschrieben. Siehe auch Nr. 419). Jedenfalls handelt es sich bei der AdPri um ein nachträglich hinzugefügtes Engramm bei Rhodan und dem Leser, also eine später hinzugefügte Gedächtnisstruktur. (Die Autoren könnten, wenn sie wollten, sich die furchtbarsten Erinnerungen ausdenken und diese in die Serie integrieren. Man könnte auch eine Erinnerung erfinden, dass das SI mal einen Planeten mit Einhörnern, Delphinen und Kuschelbären vernichtet hat.)
Mit den Erinnerungen innerhalb der Serie hat es interessanterweise folgende Bewandtnis: Wird eine Erinnerung erwähnt, die in der Serie beschrieben wurde, so ist diese falsifizierbar, also nachweisbar bzw. nachlesbar und wir können sie teilen. Sehr plausibel, glaubwürdig und angenehm. Wie sagt man so schön: Gemeinsame Erinnerungen verbinden. Nehmen wir an, Rhodan erinnert sich an den verloren gegangenen Flottentender DINO III. Kennen wir, denn wir waren damals „dabei“. Die Geschichte hat ein Engramm bei uns hinterlassen. Warum ich DINO III erwähne? Die Geschichte der DINO III und OLD MANs ist die Geschichte der ORION und des ZSIs. In beiden Fällen geht in der Vergangenheit ein Raumschiff verloren und kehrt als Problem oder Geschenk zurück. Der Unterschied besteht darin, dass die Geschichte der ORION nachträglich hinzugefügt wurde und als Rückblick Jahrzehnte später erzählt worden ist. Unter nachträglich eingefügten Erinnerungen oder Handlungen leidet die Plausibilität und emotionale Verbundenheit ein wenig. Dieselbe Problematik besteht übrigens auch bei den Thoogondu u. Lemurern in der Milchstraße, für die man sich leidlich plausible Erklärungen ausdenken mußte, weshalb früher niemals irgendwelche Relikte von ihnen gefunden worden sind - obwohl sie so beherrschend waren. Jeder kennt das aus lang laufenden Serien in denen urplötzlich ein niemals zuvor erwähnter Verwandter (Tochter, Sohn etc.) auftaucht und Bestandteil der Handlung wird. Dasselbe galt übrigens auch für die Tiuphoren, der angeblich „uralten Gefahr aus der Vergangenheit“ - von der wir aber nie zuvor etwas erfahren haben. Nicht, dass man mich falsch versteht, es handelt sich hierbei nicht um eine Kritik, sondern im Prinzip nur um eine Erörterung der verzickten Problematik für die Autoren und was das für Auswirkungen beim Leser hat.
Die Vorteile nachträglich hinzugefügter Erinnerungen u. Handlungen liegen wohl darin, dass man sich im Prinzip alles ausdenken kann was man will und es absolut überrraschend geschieht. Die Nachteile nachträglich hinzugefügter Erinnerungen liegen in der mangelnden Plausibilität bzw. Aufhebung der Ungläubigkeit, möglicher Logikbrüche und der fehlenden emotionalen Verbundenheit, da es sich um keine echten Erinnerungen handelt. Diese Bedeutung der emotionalen Verbundenheit mit alten Erinnerungen macht auch verständlich, warum Leser beim Verlust bestimmter Figuren (Danton, Altmutanten, Tekener etc.) so aufgebracht sind. Andererseits „meckern“ Leser auch, wenn man sich für die Aufklärung alter Erinnerungen u. Geheimnisse viel Zeit läßt („Was ist eigentlich aus xyz geworden?“).