Sehr lustig das...
Casaloki hat geschrieben:...Zunächst ging mir dieser Faolein auf den Sender. Die Geschichte um ihn dreht sich ständig im Kreis: Er sitzt in seinem Versteck, nascht Nüsschen, Vurguzz und Schoki, dann geht er auf Erkundungstour, wird immer wieder fast entdeckt, jammert in Gedanken andauernd seiner Schwester hinterher, verflucht Monkey, und reflektiert wiederholt sein Wissen über die IIG. Er jammert und zweifelt, er verherrlicht seine Taten. Und das bis kurz vor Ende von Kapitel 11. In einer ewig scheinenden Schleife. ....
Seine Schwester ist auch nicht besser. Sie dreht ihre Runden im goldenen Käfig, Monkey kommt, sagt ein zwei Sätze, geht wieder, sie dreht wieder ihre Runden, duscht, mampfelt terranisches Obst, schaut Videos und jammert ob ihres Schicksales und ihrem Bruder hinterher. ...
Ja, genauso ist es. Und wie heißt der Titel des Romans? Ja, "Geschwisterkampf". Okay, dabei erwartet man vielleicht zunächst an ein Geraufe unter Geschwistern, aber dem ist eben nicht so.
Hubert Haensel inszeniert einen Kampf der Geschwister jeweils mit sich selbst. Beide sind eigentlich in einer aussichtslosen Situation, beide wissen, dass sie versagt haben in ihren bisherigem Wertesystem, für beide stellt sich die Frage, ob ihr bisheriges Handeln ob ihres Versagens gerechtfertigt war, usw. Bei Agostina gibt es als einzigen äußeren Einfluss einen kurz angebundenen Monkey, bei Faolain die wenigen Kontakte mit der USO-Besatzung oder am Anfang sich sinnlos opfernden Gäonen. Agostina erlebt mehr und mehr die "Hölle", in einem goldenen Käfig im eigenen Saft zu schmoren, Faolain kann sich zwar etwas durch Beschäftigungstherapie ablenken, aber dafür ist die Enttäuschung nach seiner Entdeckung um so herber.
Die verbindenden Elemente der Erinnerung sind schön gemacht und erläutern die gegenseitige Abhängigkeit der beiden voneinander. Nur dadurch wird es glaubwürdig, dass Faolain am Ende vom Suizid absieht.
Der ganze Roman scheint mir ein Experiment Huberts, die "Kehrwende" von Feinden in Partner (wenn auch noch nicht Freunde) einmal ganz anders zu erzählen. Keine Kosmopsychologen etc. (hatten wir ja schon in den vorigen Romanen mit Agostina davor).
Casaloki hat geschrieben:
Dann kommt kurz vor Schluss Bewegung in die Sache: Monkey sagt einen Satz mehr und sie knickt, nicht sichtbar für uns, ob des Wissens, welches ihr präsentiert wird, ein. Echt jetzt. Den entscheidenden Moment dürfen wir nicht erlesen.
Es ist mir einerseits auch nicht wirklich verständlich, warum die Erzählung von Faolain deutlich mehr Raum einnimmt als die von Agostina. Andererseits kann ich auch verstehen, dass die Szene, in der ihr Monkey was-auch-immer zeigt, um sie von der Wahrheit zu überzeugen, bewusst herausgelassen wird, denn für uns Leser sind das sicher keine Neuigkeiten, also kann man es auch weglassen.
Casaloki hat geschrieben:
Und diese Dame hat ganz ganz viele Leben auf dem Gewissen. Was nicht reflektiert wird. ...
Sie hat selbst eigentlich niemanden auf dem Gewissen. Der "Türöffner" Claudio Makkai, der auf QC schoss, hat bereits das Zeitliche gesegnet. Agostina Settember hat lediglich für Ablenkung durch die "Wahnsinnsseuche" gesorgt. Sie ist aus Sicht der USO eine Verräterin, klar, aber sie hat weder den Plan der Übernahme ausgearbeitet, noch hat sie selbst irgendjemanden getötet (soweit ich erinnere).
Und das, was sie getan hat, wird reflektiert. Monkey sagt es ihr in knappen Worten, aber deutlich. Und er sagt auch, wie und warum er sie "retten" will (S. 48 linke Spalte oben). "Ich kann Sie retten, indem ich Ihnen eine Gelegenheit zur Wiedergutmachung gebe. Helfen Sie mir, Agostina, und helfen Sie der USO - aber nicht um unseretwillen. Helfen Sie damit vor allem der Menschheit! Helfen Sie nicht, weil ich Sie dazu zwingen müsste, sondern aus freien Stücken. Es gibt nur eine Schwierigkeit dabei: Sie müssen die Wahrheit akzeptieren. .."
Und das ist ja bekanntlich immer die größte Schwierigkeit, wenn die Wahrheit nicht dem entspricht, von dem man ein Leben lang überzeugt war.