Kritikaster hat geschrieben: ↑22. Mai 2020, 18:48
Noch etwas anderes in diesem Interview hat mich unbefriedigt zurückgelassen. Uschi führt aus, dass ein weitergehendes Schildern der Friedensverhandlungen einfach nicht genug Spannung in den Roman gebracht hätte. Da die Verhandlungen der eigentliche Inhalt des Romans waren, kamen alle anderen angeblich spannenden Schilderungen im Roman aber bei mir schal an. Es wurde allzu deutlich, dass sie völlig sinn- und bedeutungslos waren.
Die Geschichte um Odai Krimmer halte ich für alles andere als "sinn- und bedeutungslos". Und der "eigentliche Inhalt" des Romans (und auch schon des Vorgängerromans) sind nicht die Verhandlungen per se, sondern die Überwindung der Angst der Topsider vor der LFG und Perry Rhodan, und die darauf beginnende Annäherung und mögliche Freundschaft (wie Wim Vandemaan vor einem Jahr in Osnabrück ausführte,
das Thema der Serie seit Beginn der Serie).
Schon mit Beginn der Suche nach Terra war klar, dass wo auch immer Terra sich befinden würde, es äußerst unwahrscheinlich sein würde, dass die auf Terra nach 500 Jahren lebenden Personen einfach "Hurra" schreien würden, wenn Perry auftauichen würde (solche Szenarien wären denkbar, aber da hätte sich Terra schon im Status der Sklaverei befinden müssen). Die Widerstände gegen Perry wurden auch sofort nach der Ankunft im Dyoversum thematisiert. Das artikulierte sich in blindwütigen Attentaten, Reserviertheit/Opportunismus oder schlicht Gleichgültigkeit. Während bspw. Gorin Palotta und seine Mitstreiter Perry höchstens als Beifang ansahen und statt dessen HGA entführten, um das Solsystem für die Topsider zu öffnen, vertritt Odai Krimmer einerseits einen ähnlichen vanothischen "Wir bleiben hier"-Standpunkt wie Palottas Gruppe und vermutlich einer Mehrheit der LFGler, möchte aber Perry in die Situation drängen, seine Rolle als "der Schlachtenlenker! Der Eroberer! Der Reichsgründer! Der Mann, der ohne Kompromisse für die Terraner einsteht!" wieder aufzunehmen ("wieder" aus Sicht Krimmers, siehe S. 55). Perrys Antwort:
"Dieser Mann bin ich schon lange nicht mehr....falls ich es je gewesen bin."
Krimmers weiterem Rant, der Perry quasi auffordert "die Topsider aus dem Universum" zu fegen, antwortet Perry: "Du verstehst nichts."
"Sinn- und bedeutungslos"? Von wegen.
Kritikaster hat geschrieben: ↑22. Mai 2020, 18:48
Bei einer Schilderung der Probleme, die in den Verhandlungen auftraten hätte ich mir wesentlich mehr SciFi und Phantasie vorstellen können. Interessant hätte ich es gefunden, wenn nicht nur militärische Absprachen sondern auch mal alles von Handelsrecht über Reiserecht bis zu Tabus auf den Prüfstand gekommen wäre. ...... Da hätte man das Dyoversum-B mal aus der Schwarz-Weiß-Zeichnung rausholen können und ein wirklich anschauliches, buntes Panorama entwickeln können.
Deine Meinung in Ehren, aber wenn ich mir vorstelle, dass im Roman die Hälfte der Zeit für ein Äquivalent der Brexit-Verhandlungen verschwendet worden wäre, dann hätte der Roman wohl den Weg auf Nachbars Garagendach gefunden...
Ich weiß auch nicht, wo du im Beta-Zweig besondere "Schwarz-Weiß-Zeichnung" siehst. Die Topsider haben sicher berechtigte Interessen, und gerade die LFG wird sehr divers gezeichnet, siehe auch die "Wirtshausszene" im vorliegenden Roman. Es gibt bisher überhaupt keinen "Bösen" im Beta-Zweig (die Bleichsterne sind keine Akteure an sich).
"Schwarz-Weiß-Zeichnung" gibt es vor allem im Alpha-Zweig (Phatoom, Phersunen...)
Kritikaster hat geschrieben: ↑22. Mai 2020, 18:48
...Und das schreibe ich hier bewusst provokativ, um allen Autoren Mut zu machen, auch mal hin und wieder etwas mehr Gedanken zu investieren und das Perryversum anspruchsvoller zu machen.
Es scheint eine rethorische Frage zu sein, ob die Leser das Perryversum "tiefer" oder "anspruchsvoller" oder "komplexer" haben wollen. Aber wenn ich so die Kommentare im Forum lese, dann bin ich alles andere als sicher, ob das so stimmt. Für viele Leser ist das Perryversum "anspruchsvoll" genug, für etliche bereits zu komplex, und "Tiefe" ist auch nicht gerade von jedem gefragt. Wie schnell wird nochmal ein Roman zum "Füllroman" erklärt?
Wie schon im Interview gesagt wurde: Die Serie muss viele Geschmäcker und Wünsche befriedigen, um erfolgreich zu sein. Genau das versuchen die beiden Autoren in diesem Roman, meiner Meinung nach durchaus erfolgreich.