Foristen und die Formen der Kritik

Aktuelle Erstauflage, zu Hintergründen und möglichen Entwicklungen.
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Ce Rhioton
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Re: Guckys Tod und die Unzufriedenheit mit der Handlung

Beitrag von Ce Rhioton »

Cardif hat geschrieben: 27. Januar 2021, 09:11 Vielleicht von Dir. Von anderen vielleicht nicht.

Wie schon erwähnt wurde: man macht sich ein Bild eines Mitglieds auf Grund seiner Postings. Und das nicht einmal unbedingt ausschließlich inhaltlich.
Das würde ich mir eben niemals zutrauen wollen: Den Menschen der Realen Welt, der sich hinter einem Nicknamen im Internet verbirgt, aufgrund seines Postingverhaltens im Internet einschätzen zu wollen.
Wie erwähnt trenne ich beides ganz klar.

Privat bin ich z.B. ausgesprochen schüchtern und würde mich niemals trauen, etwa einen der Autoren persönlich anzusprechen (dafür ist mein Respekt viel zu groß).
In Leserbriefen ist man viel sachlicher (und weniger emotional). Im Internet ist man spontaner, vielleicht auch ehrlicher, da man spontane Gedanken weniger filtert und daher schneller äußert.

Aber ich verstehe nun die unterschiedlichen Reaktionen. Es gibt offensichtlich tatsächlich Menschen, die die Virtuelle und die Reale Welt nicht voneinander trennen.
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Nisel
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Re: Guckys Tod und die Unzufriedenheit mit der Handlung

Beitrag von Nisel »

Ce Rhioton hat geschrieben: 27. Januar 2021, 11:10 Das würde ich mir eben niemals zutrauen wollen: Den Menschen der Realen Welt, der sich hinter einem Nicknamen im Internet verbirgt, aufgrund seines Postingverhaltens im Internet einschätzen zu wollen.
Bis jetzt lag ich damit weitgehend richtig.
Ich betrachte das Postingverhalten eher so, daß der "Schutz" der Maske, also des Avatars, dazu führt, daß die Leute ihre Masken, die sie im realen Leben aufhaben, fallenlassen. Will sagen, mit jemandem, der sich hier so benimmt, der so beleidigend, spitzfindig, unterstellend (oder anderen beliebigen Begriff einfügen) postet, will ich im realen Leben auch nichts zu tun haben, weil er mir da einen Maske zeigt die mir gefallen soll, während er im Inneren wohl ganz anders denkt, auch von mir.
Bei einigen Leuten bin ich da inzwischen auch ernüchtert worden, die ich vorher real kennenlernen durfte. Da musste ich meine Meinung auch anpassen, weil sie mir hier ein Gesicht gezeigt haben, das ich eigentlich nicht erwartet habe. Das ist in manchen Fällen traurig, aber es ist mir lieber als diese scheinheilige Maske, die mir gezeigt wird und die ich mochte obwohl es dafür wohl keinen Grund gibt.
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Scrooge
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Re: Guckys Tod und die Unzufriedenheit mit der Handlung

Beitrag von Scrooge »

Ce Rhioton hat geschrieben: 27. Januar 2021, 11:10 Aber ich verstehe nun die unterschiedlichen Reaktionen. Es gibt offensichtlich tatsächlich Menschen, die die Virtuelle und die Reale Welt nicht voneinander trennen.
Mein Argument war, dass man im Forum besonders sorgfältig argumentieren sollte, gerade weil sich die "virtuelle" und die "reale" Welt voneinander unterscheiden.
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LaLe
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Re: Guckys Tod und die Unzufriedenheit mit der Handlung

Beitrag von LaLe »

Das ist auch vollkommen richtig so, weil es nämlich viele Dinge in Internetforen nicht gibt, die in der direkten Kommunikation von Angesicht zu Angesicht helfen, das Gegenüber richtig zu verstehen. Die Verantwortung für das richtige Verständnis im Netz allein auf den Empfänger abzuwälzen geht m. E. genauso wenig wie sich im Netz anders aufzuführen als im realen Leben.
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"Woher weißt du, dass ich verrückt bin?"
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Ce Rhioton
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Re: Guckys Tod und die Unzufriedenheit mit der Handlung

Beitrag von Ce Rhioton »

LaLe hat geschrieben: 27. Januar 2021, 12:19 Die Verantwortung für das richtige Verständnis im Netz allein auf den Empfänger abzuwälzen geht m. E. genauso wenig wie sich im Netz anders aufzuführen als im realen Leben.
Und du siehst nicht, dass dies auch eine Schutzfunktion ist? Ich würde behaupten, 90 Prozent der hier Angemeldeten (oder mehr) sind hier mit einem Nicknamen (und eben nicht mit ihrem Realnamen) unterwegs.
Selbst du hast ja ein Namenskürzel gewählt.
Und das hat schon seine Gründe, weshalb dies so ist.
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Eric_Manoli
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Re: Guckys Tod und die Unzufriedenheit mit der Handlung

Beitrag von Eric_Manoli »

Ce Rhioton hat geschrieben: 27. Januar 2021, 12:42
LaLe hat geschrieben: 27. Januar 2021, 12:19 Die Verantwortung für das richtige Verständnis im Netz allein auf den Empfänger abzuwälzen geht m. E. genauso wenig wie sich im Netz anders aufzuführen als im realen Leben.
Und du siehst nicht, dass dies auch eine Schutzfunktion ist? Ich würde behaupten, 90 Prozent der hier Angemeldeten (oder mehr) sind hier mit einem Nicknamen (und eben nicht mit ihrem Realnamen) unterwegs.
Selbst du hast ja ein Namenskürzel gewählt.
Und das hat schon seine Gründe, weshalb dies so ist.
Nun, Nicknames gibt es so lange, wie es das Netz gibt, und ursprünglich waren sie das, was die Bezeichnung schon sagt: Spitznamen! Sie gaben einem die Möglichkeit, mit der eigenen Identität zu spielen, als jemand anderes zu erscheinen, als man ist, aber nicht, um unbehelligt den eigenen niederen Beweggründen freien Lauf zu lassen. Es ist einfach schön, die Rolle einer Fantasiefigur anzunehmen, ob nun übernommen, oder selbst ausgedacht, an so einem Ort einfach jemand anders zu sein. Zwar kann man es auch verwenden, um hinter dieser Maske sein eigenes schlechtes Benehmen auszuleben, aber die Chancen dafür stehen in einem moderierten Forum doch eher schlecht - zu Glück! :)
Das ist der Weg.
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Re: Guckys Tod und die Unzufriedenheit mit der Handlung

Beitrag von Scrooge »

Ce Rhioton hat geschrieben: 27. Januar 2021, 12:42
LaLe hat geschrieben: 27. Januar 2021, 12:19 Die Verantwortung für das richtige Verständnis im Netz allein auf den Empfänger abzuwälzen geht m. E. genauso wenig wie sich im Netz anders aufzuführen als im realen Leben.
Und du siehst nicht, dass dies auch eine Schutzfunktion ist? Ich würde behaupten, 90 Prozent der hier Angemeldeten (oder mehr) sind hier mit einem Nicknamen (und eben nicht mit ihrem Realnamen) unterwegs.
Selbst du hast ja ein Namenskürzel gewählt.
Und das hat schon seine Gründe, weshalb dies so ist.
... die nichts mit der hier diskutierten Thematik zu tun haben müssen. Aber wir drehen uns im Kreis...
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Re: Guckys Tod und die Unzufriedenheit mit der Handlung

Beitrag von LaLe »

Mein Nick ist seit über 30 Jahren mein Spitzname im RL und in der Tat kann man mit nur wenig Recherche - so man an den "richtigen" Stellen sucht - auf meinen vollständigen kommen. Genug Privates plaudere ich auch in Foren aus.

Ich käme aber auch nie auf die Idee mich hier anders aufzuführen als sonst. Die Idee ist mir völlig fremd.
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Re: Guckys Tod und die Unzufriedenheit mit der Handlung

Beitrag von Ce Rhioton »

LaLe hat geschrieben: 27. Januar 2021, 17:24 Ich käme aber auch nie auf die Idee mich hier anders aufzuführen als sonst. Die Idee ist mir völlig fremd.
Dann bist Du vermutlich seelisch gesund. Du kannst aber daraus nicht schließen, dass dies alle Menschen sind. :)
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LaLe
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Re: Guckys Tod und die Unzufriedenheit mit der Handlung

Beitrag von LaLe »

Wenn jemand Tourette hat, kann ich damit umgehen. Das bei jedem anzunehmen, der sich daneben benimmt, ist dann m. E. ein wenig zu viel verlangt. Und dürfte in der Regel auch nicht zutreffen.
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Re: Guckys Tod und die Unzufriedenheit mit der Handlung

Beitrag von Ce Rhioton »

Natürlich nicht. Jede(r) kann nur sein eigenes Verhalten erklären, nicht das der Anderen.
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Cardif
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Re: Guckys Tod und die Unzufriedenheit mit der Handlung

Beitrag von Cardif »

Ce Rhioton hat geschrieben: 27. Januar 2021, 11:10 ..

Aber ich verstehe nun die unterschiedlichen Reaktionen. Es gibt offensichtlich tatsächlich Menschen, die die Virtuelle und die Reale Welt nicht voneinander trennen.
:D
Das ist nun schon wieder so plump, dass es mich zumindest nicht ärgert. Aber ein Muster in Deinem Postingverhalten ist erkennbar :fg:
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Tennessee
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Re: Guckys Tod und die Unzufriedenheit mit der Handlung

Beitrag von Tennessee »

Salut,

ich persönlich halte den hier zum Teil ausgeführten Gedanken, dass die Menschen virtuell und real sich in gute und böse, maskierte und unmaskierte oder zu schätzende oder nicht zu schätzende Personen aufteilen für sehr simpel und schematisch. Ich persönlich sehe Menschen dann doch reichhaltiger und differenzierter.
Natürlich führt das Netz, auch durch die größere Anonymität oder "Distanz", zu einem anderen Verhalten als bei einer vis-a-vis Situation. Und dass dieses Verhalten im Netz nicht immer unbedingt zum Freudestrahlen führt, kennen wir auch.
Aber ist das Internet nicht auch ein anderes soziales Feld als das reale Leben? Und selbst dort verhalten sich Menschen je nach Umgebung oder sozialem Kontext unterschiedlich: Der Junge, der z.B. bei seiner Konfirmation artig und gerne den Nachbarn persönlich für die Glückwünsche dankt, ist der gleiche, der am Wochenende als Verteidiger im Fußball den Gegner böse foult, weil er ein Tor verhindern will. Ist der jetzt plötzlich böse und nicht mehr schätzenswert? Und die gute Frau, die den Sternensingern eine Spende für die kirchliche Partnergemeinde gibt, ist in der Woche eine knallharte Personalchefin, die ohne zu zögern Abmahnungen ausspricht. Andere Beispiele gibt es auch.
Und natürlich lassen sich diese sozialen Felder oder Umstände noch weiter individualisieren.
Das Internet hat, als ein ziemlich neues soziales Feld, auch bestimmte Verhaltensumstände, die es mit sich bringt bzw. bringen kann. Mir fällt es dann doch schwer, so einfach zwischen gut und böse zu unterscheiden. Ich finde das zu einfach.

lg
Ten.
„Ein Wort“, sagte Humpty Dumpty, „bedeutet genau das, was ich es bedeuten lasse, nichts anderes.“
„Die Frage ist“, sagte Alice, „ob du Worten so viele Bedeutungen geben kannst“.
„Die Frage ist“, sagte Humpty Dumpty, „wer die Macht hat – das ist alles.“
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Richard
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Re: Foristen und die Formen der Kritik

Beitrag von Richard »

Da du das Internet als "Ziemlich neues soziales Umfeld" ansprichst ... Nach wieviel Jahren/Jahrzehnten wird es denn deiner Ansicht nach dann gewissermassen ein "Standardumfeld"?

Nur um das mal einzuwerfen: ich habe - in jungen Jahren - Anfang der 1990iger bereits meine ersten Erfahrungen mit Mailinglisten, Usenet, Internet; BBSes, IRC, ... gemacht. Fuer mich ist es - so gesehen - das 4. Jahrzehnt, in dem ich mich im Internet bewege (wobei die 1990iger natuerlich nicht vollstaendig waren und die 2020iger gerade erst anfangen).
Viele meiner - mittlerweile "realen" - Freunde und Bekannte kenne ich letztlich über das Intenet, auch meine aktuelle Arbeit habe ich über das Internet gefunden und - nach persönlichem Vorstellungsgespräch - auch bekommen. Aktuell ist es aber so, dass wir (also das Unternehmen, für das ich arbeite) - Leute einstellen, die wir nur via Videocalls interviewt haben (klar, Corona geschuldet) und wir haben per Jahreswechsel auch bei Anpassungen von Dienstverträgen auf Digitale Unterschrift via elektronischer Bürgerkarte bzw. Signatur umgestellt (auch Corona geschuldet).
*Für mich* ist das keinso getrenntes Medium, gerade deshalb empfinde ich es wohl auch als eine ziemliche Zumutung, wenn irgendwelche Leute glauben in der Maske der Anonymität eines Forums sich auffuehren zu koennen wie es ihnen beliebt weil sie glauben, dass es hier keine Grenzen gäbe und/oder dass sie durch die Anonymität gewissermassen geschützt vor Konsequenzen sind.
Aber auch das Internet ist kein rechtsfreier Raum und es gibt - zumindest teilweise - auch Konsequenzen. Auch hier haben wir schon Leute wegen ihres Verhaltens ermahnt, verwarnt, auf Vorschau gesetzt, auf gewisse Zeit oder auch dauerhaft gesperrt.
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Tennessee
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Re: Foristen und die Formen der Kritik

Beitrag von Tennessee »

Salut Richard,
Richard hat geschrieben: 30. Januar 2021, 07:11 Da du das Internet als "Ziemlich neues soziales Umfeld" ansprichst ... Nach wieviel Jahren/Jahrzehnten wird es denn deiner Ansicht nach dann gewissermassen ein "Standardumfeld"?
Wenn sich ein allgemeingültiger Verhaltens- und Machtkonsenz gebildet hat. (Ich gehe davon aus, dass wir beide davon ausgehen, dass wir ungesetzliches Verhalten im Internet nicht in diesen Verhaltenskonsenz miteinbeziehen.)

Da das Internet groß und in seiner Art und Weise vielfältig ist, wird das wahrscheinlich noch ziemlich lange dauern. Darum werden in virtuellen Orten, wie z.B. diesem hier, auch durch "Machthabende" (das Wort meine ich ganz neutral, bitte) Verhaltenskonventionen festgelegt. Und ich als Nutzer dieses Raumes muss entscheiden, ob ich mich diesen Konventionen beugen möchte oder nicht. Als Beispiel: Als vor vielen Jahren bestimmt wurde, dass die User dieses Forums eine Kopie ihre Ausweises einschicken sollten, um am Forum teilnehmen zu können, habe ich mich entschieden, dass ich an dieser Konvention nicht teilhaben möchte und habe das Forum verlassen. Du selbst sprichst ja auch von Konsequenzen: "Aber auch das Internet ist kein rechtsfreier Raum und es gibt - zumindest teilweise - auch Konsequenzen. Auch hier haben wir schon Leute wegen ihres Verhaltens ermahnt, verwarnt, auf Vorschau gesetzt, auf gewisse Zeit oder auch dauerhaft gesperrt." - Die Frage, die sich stellt ist aber, basieren diese Konsequenzen auf den zuvor festgelegten Konventionen oder auf persönlichen Sichtweisen? Aber dieser Frage müssen sich dann die "Machthabenden" stellen, nicht die User. Und ich bin auch unsicher, ob ich soziales Fehl- oder fragwürdiges Verhalten so leicht mit dem Begriff "rechtsfrei" verbinden mag.
*Für mich* ist das keinso getrenntes Medium [...]
Ich stimme dir dahingehend absolut zu, dass das Medium/ soziale Feld "Internet" sich nicht vom realen Leben entkoppeln lässt. Daher auch meine Analogie zum "konfirmierten Fußballer": Als Menschen bewegen wir uns ständig in unterschiedlichen sozialen Feldern bzw. Umfeldern. Jedes davon hat eigene, mal allgemeiner und mal präziser definierte Verhaltens- und Machtkonventionen. Als Mensch interagiere ich mit diesen Konventionen, mal mehr und mal weniger glücklich. Bewegst du dich im sozialen Feld "Arbeit", bist du an andere Konventionen gebunden, und du verhältst dich auch anders, als bewegtest du dich im sozialen Feld "Sport". In den letzten Jahren sind viele Politiker gestürzt, weil sie sich im sozialen Feld "Wissenschaft" falsch verhalten hatten und dieses Verhalten für das soziale Feld "Politik" nicht akzeptabel ist. Man kann das ein bisschen auch in den Romanen Le Rouge et le Noir oder in Manns Felix Krull (gut, das ist ein Schelmenroman, aber dennoch) nachvollziehen.
Daher auch meine ursprüngliche Meinung, dass ich es zu einfach finde, Verhalten in Internet und Reallife so einfach zueinander zu beurteilen. Du kannst das natürlich so machen, wenn du magst, es ist natürlich letztendlich deine Entscheidung, die ich dir nicht madig machen werde.
Und um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen, kommen dann noch individuelle Faktoren hinzu. Dazu einmal ein radikal-konstruiertes Beispiel: Was machst du, wenn dich ein Mod-Kollege wegen des belegbar extremen Fehlverhaltens eines Foristen (z.B. beleidigend, laut, unflätig, launisch) anspricht. Du kennst diesen aber persönlich und weißt, dass der gerade von seiner Frau verlassen wurde, den Job verloren hat und die Kinder nichts mehr mit dem zu tun haben wollen: Zeigt er sich jetzt endlich in seiner wahren Gestalt hier? - Ich weiß, es ist ein extremes Beispiel, aber es dient auch nur zur Veranschaulichung, dass neben den Konventionen allgemeiner sozialer Felder auch noch individuelle Umstände zu einer "gut/böse-Beurteilung" beitragen können und das m.E. nicht immer so einfach zu trennen ist.
Ich hoffe, ich war nicht zu verquast mit meinen Erläuterungen. *zwinker*

lg
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Ce Rhioton
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Re: Foristen und die Formen der Kritik

Beitrag von Ce Rhioton »

Vielleicht wäre es auch im Sinne der Fairness, nicht eigene Erfahrungen automatisch auf Andere übertragen zu wollen (dazu neigen wir als Menschen).

Ich z.B. bin erst seit 2012 in diesem mir zum Teil immer noch fremden Medium Internet unterwegs.
Und so richtig ernst nehmen kann ich es noch immer nicht (ich habe beispielsweise noch nie ein Geschäft virtuell abgeschlossen - bei Einkäufen etwa zahle ich noch immer mit Bargeld, nie mit Karte).

Ich mag auch keine E-Books, weil ich etwas Reales in der Hand haben muss. Nur, was ich in Händen halte, ist wirklich real.
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Cardif
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Re: Foristen und die Formen der Kritik

Beitrag von Cardif »

Ce Rhioton hat geschrieben: 30. Januar 2021, 11:15 Vielleicht wäre es auch im Sinne der Fairness, nicht eigene Erfahrungen automatisch auf Andere übertragen zu wollen (dazu neigen wir als Menschen).

..
Sorry, aber woher hast Du das?

Kann ich nicht mitgehen..
und schon gar nicht 'automatisch'.
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Re: Foristen und die Formen der Kritik

Beitrag von Richard »

Ce Rhioton hat geschrieben: 30. Januar 2021, 11:15 Vielleicht wäre es auch im Sinne der Fairness, nicht eigene Erfahrungen automatisch auf Andere übertragen zu wollen (dazu neigen wir als Menschen).

Ich z.B. bin erst seit 2012 in diesem mir zum Teil immer noch fremden Medium Internet unterwegs.
Und so richtig ernst nehmen kann ich es noch immer nicht (ich habe beispielsweise noch nie ein Geschäft virtuell abgeschlossen - bei Einkäufen etwa zahle ich noch immer mit Bargeld, nie mit Karte).

Ich mag auch keine E-Books, weil ich etwas Reales in der Hand haben muss. Nur, was ich in Händen halte, ist wirklich real.
Ce: Ich habe die Begruendung geliefert, warum ich das Verhalten der Leute im Internet so sehe wie ich es mache, es ist nicht so, dass ich da meine Erfahrungen auf andere ummünze.
Bei dir und eigentlich allen anderen Leuten hier im Forum setze ich beispielsweise voraus, dass sie erwachsene Menschen sind;wenn wir tatsächlich mal jüngere Leute da haben und dies bekannt ist lege ich etwas andere Massstaebe an. Aber auch das ist kein Freibrief.

Auch wenn du Ce jetzt dieses Medium - so wie du meinst - nicht richtig kennst sollte dir klar sein, dass am "anderen Ende" Menschen sitzen. Sollte also jemand einen "Spielplatz" suchen um sich auszutoben, die Aggressionen abzubauen und dergleichen ... nun ... wenn dieses Verhalten hier auf zu grossen Unmut stoesst wird es eine angemessene Reaktion geben.
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Re: Foristen und die Formen der Kritik

Beitrag von Richard »

Cardif hat geschrieben: 30. Januar 2021, 11:30
Ce Rhioton hat geschrieben: 30. Januar 2021, 11:15 Vielleicht wäre es auch im Sinne der Fairness, nicht eigene Erfahrungen automatisch auf Andere übertragen zu wollen (dazu neigen wir als Menschen).

..
Sorry, aber woher hast Du das?

Kann ich nicht mitgehen..
und schon gar nicht 'automatisch'.
Vermutlich schliesst er von sich auf andere ;).
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Re: Foristen und die Formen der Kritik

Beitrag von Richard »

Hallo Ten!
Tennessee hat geschrieben: 30. Januar 2021, 08:45 Und um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen, kommen dann noch individuelle Faktoren hinzu. Dazu einmal ein radikal-konstruiertes Beispiel: Was machst du, wenn dich ein Mod-Kollege wegen des belegbar extremen Fehlverhaltens eines Foristen (z.B. beleidigend, laut, unflätig, launisch) anspricht. Du kennst diesen aber persönlich und weißt, dass der gerade von seiner Frau verlassen wurde, den Job verloren hat und die Kinder nichts mehr mit dem zu tun haben wollen: Zeigt er sich jetzt endlich in seiner wahren Gestalt hier? - Ich weiß, es ist ein extremes Beispiel, aber es dient auch nur zur Veranschaulichung, dass neben den Konventionen allgemeiner sozialer Felder auch noch individuelle Umstände zu einer "gut/böse-Beurteilung" beitragen können und das m.E. nicht immer so einfach zu trennen ist.
Ich hoffe, ich war nicht zu verquast mit meinen Erläuterungen. *zwinker*

lg
Ten.
Das von dir so konstruierte Beispiel ist jetzt nicht so fremd für mich, sowas auf die Art habe ich tatsächlich auch schon erlebt (zwar nicht als Mod eines Forums). Und daher weiss ich auch bereits wie ich da reagieren würde bzw. ich weiss wie da reagiert habe und aktuell würde eine Reaktion wohl ähnlich ausfallen.
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Re: Foristen und die Formen der Kritik

Beitrag von Ce Rhioton »

Cardif hat geschrieben: 30. Januar 2021, 11:30
Ce Rhioton hat geschrieben: 30. Januar 2021, 11:15 Vielleicht wäre es auch im Sinne der Fairness, nicht eigene Erfahrungen automatisch auf Andere übertragen zu wollen (dazu neigen wir als Menschen).

..
Sorry, aber woher hast Du das?

Kann ich nicht mitgehen..
und schon gar nicht 'automatisch'.
Na ja - Du beurteilst Ce Rhioton aufgrund seines Postingverhaltens im Internet und schließt daraus auf das Verhalten der Person hinter dem Avatar.
Oder tust Du das nicht?
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Re: Foristen und die Formen der Kritik

Beitrag von Cardif »

Ce Rhioton hat geschrieben: 30. Januar 2021, 11:52
Cardif hat geschrieben: 30. Januar 2021, 11:30
Ce Rhioton hat geschrieben: 30. Januar 2021, 11:15 Vielleicht wäre es auch im Sinne der Fairness, nicht eigene Erfahrungen automatisch auf Andere übertragen zu wollen (dazu neigen wir als Menschen).

..
Sorry, aber woher hast Du das?

Kann ich nicht mitgehen..
und schon gar nicht 'automatisch'.
Na ja - Du beurteilst Ce Rhioton aufgrund seines Postingverhaltens im Internet und schließt daraus auf das Verhalten der Person hinter dem Avatar.
Oder tust Du das nicht?
Was hat denn dies mit dem von Dir oben geschriebenen zu tun? Außer, dass es konstruiert wirkt?
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Re: Foristen und die Formen der Kritik

Beitrag von Ce Rhioton »

Cardif, sei mir nicht böse, aber ich fühle mich überfordert und möchte daher an dieser Stelle nicht weiterdiskutieren. :)
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Re: Foristen und die Formen der Kritik

Beitrag von Tennessee »

Cardif hat geschrieben: 30. Januar 2021, 12:03 [...]

Was hat denn dies mit dem von Dir oben geschriebenen zu tun? Außer, dass es konstruiert wirkt?
Salut Cardif,

wenn ich das richtig verstanden habe, so nimmt Ce zwei Gedankengänge auf einmal: Zum einen den, dass eine der Ursprungsaussagen zu Netzusern/Foristen war, dass durch die Anonymität und größere Distanz des Internets, die Foristen sich hier quasi ent-täuschen und demaskiert zeigen und das Verhalten im Forum (vielleicht auch im Netz allgemein?) viel unverfälschter den Menschen am PC und seinen eigentlichen Charakter zeigt. Richard hatte dies, im zweiten Gedankengang, mit eigenen Erfahrungen über nette User = nette Menschen und vice versa noch angereichert.

Die Ursprungsaussage, wenn man denn Einhundertprozent zu ihr steht, würde ja dann auch bedeuten, dass, wenn du z.B. den Foristen Ce Rhioton wegen seines Verhaltens im Netz nicht magst, du ihn auch zugleich als Mensch außerhalb des Netzes ebensowenig mögen wolltest, da sein Verhalten hier ja seinen unverfälschten und wahren Charakter zeigt. Sein Verhalten außerhalb des Netzes wäre somit eine Spiegelei und Täuschung des Gegenübers, er würde dir, so ihr euch außerhalb des Netzes einmal begegnen würdet, letztendlich eine charakterliche Lüge über sich selbst vorstellen.

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„Ein Wort“, sagte Humpty Dumpty, „bedeutet genau das, was ich es bedeuten lasse, nichts anderes.“
„Die Frage ist“, sagte Alice, „ob du Worten so viele Bedeutungen geben kannst“.
„Die Frage ist“, sagte Humpty Dumpty, „wer die Macht hat – das ist alles.“
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Re: Foristen und die Formen der Kritik

Beitrag von Cardif »

Tennessee hat geschrieben: 30. Januar 2021, 12:31 ..
Salut Ten,
danke, jetzt hab ich's :)

Täuschen und Tarnen wird m. E. n. sowohl im Netz als auch im RL ständig angewandt - es gehört einfach zu uns, ist uns evolutionstechnisch mitgegeben worden, wie im übrigen auch das Lügen. Ohne all diese Skills hätte es der Mensch nicht so weit gebracht.

Zugegeben: die einen wenden es mehr an, die anderern vielleicht weniger. Mein Problem beginnt dann, wenn daraus eigene Befriedigung auf Kosten von anderen generiert wird.

Explizit trennen und daraus generalistisch Erkenntnisse ableiten kann man m. M. n. nicht. Sicher - manchmal passt es, aber eben auch nicht immer.
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