Klassiker - Cantaro

Unvergessene Abenteuer, legendäre Zyklen - nachgelesen und neu diskutiert.
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palmerwmd2
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von palmerwmd2 »

Ich erinnere mich mit sicherheit das es ATG Korvetten gab (space jets daran erinnere ich mich nicht).
Die Risszeichnungen von Christoph A. since immer so gut gemacht ( und recherchiert) ich betrachte diese schon als (fast) kanonisch.
An den/die genauen Roman(e) erinner ich mich nicht. :o(
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Askosan
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von Askosan »

nanograinger hat geschrieben: 7. August 2022, 10:23Waren die jemals im Einsatz in einem Roman, oder war das eine Risszeichnerphantasie?
Jetzt verstehst du vielleicht meine "Lieblingsfrage" besser: Welche relevante Instanz hat das wann und wo in der Erstauflage ausgesagt? ;)
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Andreas Möhn
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von Andreas Möhn »

palmerwmd2 hat geschrieben: 6. August 2022, 23:59 Ratber Tostan leidete da wohl fuer einen Moment unter geistiger Umnachtung.. :o (seufz ,wieder ein hoch intelligenter, erfahrerer Man der, der Dramatik wegen grosse Fehler begeht, die er auf seinem Niveau nicht hätte begehen dürfen)
Ratber Tostan wurde von den Expokraten beseitigt, bei denen er äußerst unbeliebt war. K.-H. Scheer setzte später seine Signatur mit auf eine Unterschriftensammlung, die Tostans Rückkehr in die Handlung forderte, und schrieb an den Rand: "Mein Baby, mit Liebe gezeugt und sorgsam erzogen, dann meuchlings gekillt!"
Die Sternenflotte bestätigt hiermit, dass im Rahmen der Erstellung dieses Beitrags kein Rothemd erschossen, erschlagen, verstrahlt, zerstückelt, gefressen, liquidiert, aufgelöst, transporterverunfallt noch in irgendeiner anderen Weise an Leib, Leben und/oder psychischer Gesundheit geschädigt wurde.
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nanograinger
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von nanograinger »

palmerwmd2 hat geschrieben: 7. August 2022, 15:25 Ich erinnere mich mit sicherheit das es ATG Korvetten gab (space jets daran erinnere ich mich nicht).
Die Risszeichnungen von Christoph A. since immer so gut gemacht ( und recherchiert) ich betrachte diese schon als (fast) kanonisch.
An den/die genauen Roman(e) erinner ich mich nicht. :o(
Ich habe gerade Band 1395 "Kampfkommando Ragnarök" von Peter Griese nachgelesen. Dort ist kein einziger Fall geschildert, dass eine Space-Jet oder auch eine Korvette selbstständig mit einem ATG in die Relativzukunft geht. Tatsächlich wird im Fall einer Space-Jet geschrieben, dass sie in die Normalzeit zurückfällt, wenn sie auf dem ATG-Feld des TSUNAMIS herausfliegt. Lediglich Kommunikation mit dem TSUNAMI bleibt erhalten (bis die Space-Jet von den Hauri vernichtet wird), aber das ist auch bei Spezialsonden möglich.

Die Korvetten agieren zwar teilweise selbstständig in der Raum-Zeit-Verfaltung um Urian, aber dazu ist kein ATG notwendig (haben die Hauri-Schiffe ja auch nicht) und hineingebracht wurden sie von den TSUNAMIS.

Aber es gibt noch andere Romane, in denen vielleicht ATG-Korvetten im Einsatz waren, also habe ich mir noch kein abschließendes Urteil gebildet.
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von Lumpazie »

Andreas Möhn hat geschrieben: 10. August 2022, 08:29
Ratber Tostan wurde von den Expokraten beseitigt, bei denen er äußerst unbeliebt war. K.-H. Scheer setzte später seine Signatur mit auf eine Unterschriftensammlung, die Tostans Rückkehr in die Handlung forderte, und schrieb an den Rand: "Mein Baby, mit Liebe gezeugt und sorgsam erzogen, dann meuchlings gekillt!"
War diese Liste nicht sogar von den PR-Club "die Hüter der letzten Transformkanone" iniziiert worden? Warst Du da nicht auch Mitglied davon ..... :gruebel:
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Andreas Möhn
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von Andreas Möhn »

Lumpazie hat geschrieben: 10. August 2022, 12:24
Andreas Möhn hat geschrieben: 10. August 2022, 08:29
Ratber Tostan wurde von den Expokraten beseitigt, bei denen er äußerst unbeliebt war. K.-H. Scheer setzte später seine Signatur mit auf eine Unterschriftensammlung, die Tostans Rückkehr in die Handlung forderte, und schrieb an den Rand: "Mein Baby, mit Liebe gezeugt und sorgsam erzogen, dann meuchlings gekillt!"
War diese Liste nicht sogar von den PR-Club "die Hüter der letzten Transformkanone" iniziiert worden? Warst Du da nicht auch Mitglied davon ..... :gruebel:
Nein, ich war nie Mitglied eines PR-Clubs. Gehörte aber zu den Initiatoren der Aktion. Die Abkürzung LIVT war meine Idee gewesen.
Die Sternenflotte bestätigt hiermit, dass im Rahmen der Erstellung dieses Beitrags kein Rothemd erschossen, erschlagen, verstrahlt, zerstückelt, gefressen, liquidiert, aufgelöst, transporterverunfallt noch in irgendeiner anderen Weise an Leib, Leben und/oder psychischer Gesundheit geschädigt wurde.
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von Lumpazie »

Andreas Möhn hat geschrieben: 3. November 2022, 13:21
Nein, ich war nie Mitglied eines PR-Clubs. Gehörte aber zu den Initiatoren der Aktion. Die Abkürzung LIVT war meine Idee gewesen.
War da nicht Kurt Kobler eines der Gründungsmitglieder? :gruebel:
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Andreas Möhn
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von Andreas Möhn »

Kann ich jetzt nicht sagen. Ich erinnere mich, dass ein einzelner Club an die 60 Unterschriften beitrug; aber eine Transformkanone hatte er nicht im Namen.
Die Sternenflotte bestätigt hiermit, dass im Rahmen der Erstellung dieses Beitrags kein Rothemd erschossen, erschlagen, verstrahlt, zerstückelt, gefressen, liquidiert, aufgelöst, transporterverunfallt noch in irgendeiner anderen Weise an Leib, Leben und/oder psychischer Gesundheit geschädigt wurde.
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R.B.
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von R.B. »

Mit Band 1423 hatte ich mit meinen Betrachtungen aufgehört. Die Gründe liegen letztlich in einer psychischen Erkrankung, die sich seit einiger Zeit (hoffentlich) bessert.

Derzeit versuche ich, mich zu überreden, den Karton mit den 1400ern wieder vom Speicher zu holen und Band 1424 durchzuschmökern.

Vorher muss ich mir auf jeden Fall meine Begleitgeschichte nochmal durchlesen, denn ich habe nicht mehr die blasseste Ahnung, was ich da vorhatte.
:D
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von thinman »

R.B. hat geschrieben: 25. November 2022, 17:36 Vorher muss ich mir auf jeden Fall meine Begleitgeschichte nochmal durchlesen, denn ich habe nicht mehr die blasseste Ahnung, was ich da vorhatte.
:D
Gut das zu hören, manchmal fragen einen das die Figuren eigener Geschichten auch. :D

Welche Autoren waren das noch mal, die sich laut LKS(?) folgenden Dialog geliefert haben?
"Manchmal habe ich Angst vor den eigenen Figuren." - "Wir auch, aber nicht nur manchmal."

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nanograinger
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von nanograinger »

R.B. hat geschrieben: 25. November 2022, 17:36 Mit Band 1423 hatte ich mit meinen Betrachtungen aufgehört. Die Gründe liegen letztlich in einer psychischen Erkrankung, die sich seit einiger Zeit (hoffentlich) bessert.
Ich wünsche Dir in jedem Fall gute Besserung.
R.B. hat geschrieben: 25. November 2022, 17:36 Derzeit versuche ich, mich zu überreden, den Karton mit den 1400ern wieder vom Speicher zu holen und Band 1424 durchzuschmökern.
Lohnt sich in jedem Fall. Mit Band 1424 geht der Zyklus erst richtig los.
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R.B.
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von R.B. »

nanograinger hat geschrieben: 25. November 2022, 18:47 Ich wünsche Dir in jedem Fall gute Besserung.
Ganz lieben Dank! Das kann ich gut brauchen, grade jetzt, wo ich hoffe, endlich richtig unterwegs zu sein.
nanograinger hat geschrieben: 25. November 2022, 18:47 Mit Band 1424 geht der Zyklus erst richtig los.
Dann bin ich ja mal neugierig....
:st:
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Richard
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von Richard »

Auch meinerseits gute Genesungswünsche.

Der Cantarozyklus gilt mE als einer der "neueren" klassischen Zyklen, der damals die womöglich für viele Leute herbeiersehnten Rückkehr zu mehr bodenständigere SF darstellte. Die Auflösung hängt allerdings sehr wohl wieder mit den HM zusammen.
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R.B.
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von R.B. »

Band 1424 - Revolte auf Phönix - ist von Kurt Mahr, erschienen am 05.12.1988
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"Hattet ihr zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon irgendwelche Vermutungen, was sich in der Milchstraße abspielte? Welcher Art auch immer? Wenn ich deinen Berichten folge, merke ich, dass sich langsam aber sicher eure Leute zusammenfanden und mit den Freihändler und Phönix scheint ja ein brauchbarer Stützpunkt gefunden zu sein."

"Nein", antwortete Gucky. "Wir wussten nichts. Gar nichts. Woher auch? Icho Tolot hatte uns eine lichtjahrelange Geschichte über seine Erlebnisse erzählt, aber mit der Milchstraße hatte das nichts bis nicht viel zu tun. Roi Danton, Ronald Tekener und Jennifer Thyron aus der alten Gilde der Unsterblichen hatten wir verortet und mit den Freihändler einen Verein, auf den man wohl zählen konnte. Waringer war tot. Er hatte zwar ein Maschinchen hinterlassen, mit dem man angeblich durch den Wall kommen konnte, aber da fehlte noch etwas zu. Die fraglichen Unterlagen waren natürlich verschwunden. Was sich außerhalb des Walles abgespielt hatte, wurde uns ganz langsam aber sicher klar. Was sich darinnen tat, wussten wir nicht."

"Aus eurer Gilde der Unsterblichen fehlte doch noch einer, was war denn mit dem?"

"Du meinst Homer G. Adams? Den hatten wir auch noch nicht gefunden. Vielleicht war er innerhalb des Walles tätig, wie auch immer. Wir gingen ja nicht davon aus, dass irgendwelche Monster die ganze Milchstraße entvölkert hatten. Und noch einer war nicht da: Der aktuelle Galbraith Deighton. Den hatten wir zwar in der Vergangenheit bei unserer seltsamen Zeitreise gefunden, aber aktuell auch noch nirgendwo verortet. Langsam aber sicher wurde es Zeit, dass was passierte. Außerdem eröffnete mir kürzlich jemand, der es wissen muss, dass die Geschichte jetzt erst richtig losgeht. Und wie hat ein schlauer Mensch vergangener Tage mal gesagt: Geschichte wird von denen gemacht, die zur rechten Zeit kommen. Auch wenn es die Falschen sind. An so einen Verein gerieten die Freihändler."
Spoiler:

Gucky erzählt die Geschichte von der Revolte auf Phönix:

Atlan flog mit seiner KARMINA zu Roi ins Phönix - System. Dort wollte er sich einfach die Freihändler - Organisation näher ansehen. Da die hauptsächlich aus Widerständlern bestand, erwartete unser weißhaariger Häuptling eigentlich eine militärisch straff geführte, disziplinierte Gruppe mit militärischer Struktur. Eigentlich. Zumindest solange, bis er das Thema in Rois Gegenwart anschnitt. Der eröffnete ihm umgehend, dass die Freihändler eigentlich ein Sauhaufen waren. Fünftausend Mitglieder hatten sie: Terraner, Gurrads, Topsider, Kartanin, Arkoniden, Akonen und was der Völker mehr waren. Mit den Herren Danton und Tekener als Anführer. Allerdings, so meinte Roi, wenn da einer käme und meinte, er sei ab sofort der Boss, weil er genug Leute hinter sich hätte, dann wäre das so.

Dahin geht es, sagte er zu Atlan. Zumindest, wenn man einem Funkspruch Tekeners Glauben schenken konnte. Aktuell gäbe es zuviel Untätigkeit, sagte Tek. Das führe zu Jagen nach der Macht. Auf Rois Nachfrage hin, sagte er, Reno Yantill sei damit gemeint. Yantill war der Anführer der Organisation Drake.

Phönix war eine faszinierende Welt, kurz gesagt, ein Paradies. Grüne Wälder, blaue Meere und mehr als genug Platz für eine Organisation mit fünftausend Wesen. Vor allen Dingen: Ein Jeder konnte nach seiner eigenen Façon selig werden. Bauwerke, Glauben, Unglauben, Aussehen, Nahrung, alles vorhanden und alles egal. Das Ziel war wichtig. Und dieses Ziel hatten die führenden Unsterblichen laut Yantill aus den Augen verloren. Unsterblichkeit sorgt für Langeweile, war einer der Schlagworte Yantills, des Chefs der Organisation Drake und Kommandanten der BLUEJAY. Dieses Schiff stand auf dem Raumhafen, als Dantons MONTEGO BAY mitsamt Atlans KARMINA landete. Atlan nickte anerkennend. Man habe, so sagte er, in kürzester Zeit eine Anlage geschaffen, auf die die USO stolz gewesen wäre. Danton stellte dazu klar, dass sie es ohne Waringer nicht soweit geschafft hätten.

Atlan begrüßte seinen alten Haudegen Ronald Tekener ebenso herzlich wie Roi Danton und Jennifer Thyron. Dabei musste er sich immer wieder klar machen, dass die Beiden ihn siebenhundert Jahre nicht gesehen hatten und alle anderen Bewohner dieser Welt ihn höchstens aus Geschichtsbüchern kannten. So saß man zusammen und Tek begann mit einer Erläuterung, wer die Drakisten denn überhaupt waren. Draufgänger, Haudegen, Husaren, schilderte er sie. Fünfzig Mitglieder, allesamt Terraner oder terranischer Abstammung und immer dort zu finden, wo das Feuer am heißesten brennt. Reno Yantill ist ein Genie, sagte Ron. Seine zwei Adjutanten standen ihn in nichts nach, ergänzte er noch. Namentlich waren das Malibu Varozza und Pedrass Foch.

Und aktuell schienen sie so etwas wie eine Machtübernahme vorzubereiten. Der Zeitpunkt war gut gewählt: Ein Großteil der Fans unserer obersten Freihändler war im Einsatz unterwegs, zusätzlich verschwanden so ganz nebenbei vier entschiedene Befürworter von Danton und Co. Passend, nicht wahr? Weg waren zwar auch zwei Anhänger Yantills, aber das war wohl nur schmückendes Beiwerk. Noch aufzufinden war aber der uralte Topsider Susymat, äh, Sysu-Mat, der denn auch prompt von Atlan gefunden wurde. Ebenfalls gefunden wurde der verschwundene Jülziish Pyi-Gee-Hir, der sich allerdings an nix mehr erinnern konnte. Irgendwer der örtlichen Mediker sah ihm ins verwirrte Hirn und erkannte eine weibliche Humanoide, die ihm zum Einen ein paar über den Schädel gezogen hatte und ihn anschließend verschleppte.

So sind sie eben, die Frauen. Machen einen auf liebes Kind. Später nutzen sie das gnadenlos aus und hauen dich um. Da kannst du mich angucken, wie du willst. Ich könnte da noch mehr Beispiele aus dem Hut zaubern. So etwa, als wir damals...

Was sagst du? Ich rede wieder nur blödes Zeug? Typisch Mann? Ich soll gefälligst weitererzählen? Na gut, aber nur, wenn du mich weiter kraulst. Denk dran, die zwei Stunden für heute sind noch nicht um. Also. Wo war ich stehengeblieben?

Ach ja. Unser schönster aller Arkoniden sah sich die Höhle an, in der sie den Blue gefunden hatten. Die wurde übrigens von dem Monster des Tages gesichert, einen allesfressenden Pilz. Wenn du in dessen Falle hineingerietest, warst du innerhalb von 20 Minuten zersetzt und verdaut. Angenehm was? Bei Atlans Besuch war er aber tot. Er hatte sich an ein paar Felsbrocken, die nach einem Beben durch die Gegend flogen, überfressen. Muss ich unbedingt Bully mal mitteilen. Sonst stirbt der auch mal, weil er zuviel frisst...

Was soll ich sagen? In der eingestürzten Höhle fand Atlan einen weiter der Verschwundenen, allerdings leider tot. Von einem Felsbrocken erschlagen. Er traf vor Ort auf eine Frau, die sich als die Adjutantin des Chefdrakisten Reno Yantill entpuppte. Natürlich wurde er sofort misstrauisch, ein Gespräch vor Ort führte aber zu nichts.

Zurück in der Stadt besuchte er erneut unseren Susymat, weil er neue Ideen brauchte. Vor Ort stellte er die Anwesenheit unserer sympathischen Adjutantin Malibu Varozza fest, die grade unseren armen, alten Topsider, den man den Weisen nannte, betäuben wollte. Dabei muss ich anmerken, dass mir dieser Titel eigentlich eher zustehen würde. Was? Dafür rede ich zuviel Unsinn und ich soll in die Gänge kommen? Frechheit! Nun gut, Atlan wäre nicht Atlan, wenn er mit dieser Dame nicht fertig geworden wäre. Sie durfte, paralysiert wie sie war, unseren Chefarkoniden mit zu Dantons Villa begleiten. Von dort aus wollten sie Yantills Unarten auf ganz Phoenix bekanntmachen, unangenehmerweise fiel just in diesem Moment das Funknetz auf dem Freihändler-Planeten aus. Vom dem hatte ich übrigens vorher noch nie was gehört - von dem Planeten, nicht von dem Funknetz - das muss also ein ähnlich hinterwäldlerischer wie eurer hier sein. Nun gut. Atlan zankte sich ein wenig mit Yantill herum, aber grade, als er dachte, er hätte gewonnen, stand ein ziemlich miesepetriger Pedrass Foch mit gezogener Waffe hinter ihm und eröffnete den Anwesenden, man habe Jennifer Thyron entführt.

Also ließ man Yantill wieder laufen und bat Susymat, die auf Phönix verbliebenen restlichen Verbündeten zusammenzutrommeln. Der Rest ist schnell erzählt: Grade, als man beim Pläneschmieden war, tauchte die CIMARRON mit dem edelsten aller Terraner auf. Perry Rhodan höchstdaselbst stellte sich vor. Wie war noch bei Atlans alten Römern? Veni, vidi, vici, genau. Perry eröffnete den Drakisten, sie hätten keine Chance und schon gaben sie auf. Praktisch, was?

Was gab es noch? Yantill wurde verurteilt, Phönix zu verlassen. Man gab ihm ein Raumschiff und alle vierundfünfzig Drakisten verließen das System mit der BLUE-JAY. Sie wollten irgendwas auf die Füße stellen, um sich zu rehabilitieren. Wir vor Ort verbliebenen veranstalteten eine größere Wiedersehensfeier.


"Es mag ja sein, dass du mich nur für ein Mädchen vom Lande von irgendwo am Ende der Milchstraße hältst", meinte Lee zu dem daraufhin überraschten Ilt. "Aber so ganz vor die Pumpe gelaufen bin ich ja nun doch nicht. Du hast den Namen Pedrass Foch so seltsam betont. Mit dem stimmt was nicht. Also?"

Gucky hätte sich auf die Zunge beißen können und überlegte fieberhaft, wie er denn aus dieser Nummer wieder herauskäme.

Lee sah dem Mausbiber forschend und skeptisch an.

"Egal, was du jetzt sagst, ich glaube dir kein Wort", sagte sie. "Aber ich weiß, dass du mir sowieso nicht mehr verrätst, als du jetzt willst. Und du willst augenscheinlich nicht. Also lassen wir das. Was kriege ich, wenn ich Recht habe und dieser Typ noch eine wesentliche Rolle spielt?"

Ein paar, wenn sie reif sind, dachte Gucky, war sauer auf sich selber und eröffnete seiner Freundin: "Ich glaube, ich hätte für diesen Fall eine besondere Überraschung für dich. Nur Geduld, nur Geduld. Auch wenn das nicht deine Stärke ist."

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Kurt Mahr schreibt einen normalen Abenteuerroman, der sich für mich schlüssig und gut liest. Drei weitere aus der Gilde der Unsterblichen samt ihrer Freihändler sind ausfindig gemacht und unsere Truppe wird etwas größer. Damals war das für mich eine einfache Geschichte, die einzig und allein just diesem Zweck diente. Dass wir zum ersten Mal jemanden kennen lernten, der uns wohl noch so einige Male beglücken sollte, konnten die geneigten Lesenden seinerzeit noch nicht wissen. Der Auftritt unseres größten aller großen Meister am Ende? Naja, wer derart gut und edel ist, siegt so manches Mal von ganz alleine.

Unser weiser Topsider hat mir mal wieder bewiesen, dass man das liest, was man lesen will und nicht das, was tatsächlich da steht. Für mich hieß der Kerl in den ersten zwei Dritteln des Romanes wirklich Susymat...
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R.B.
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von R.B. »

So. Da geht's wieder weiter. Ich hoffe, es gefällt, aber ich hatte ganz vergessen, wieviel Arbeit das macht. Egal. Es macht auch Spaß, auch wenn mir noch nicht klar ist, was mit Gucky und seiner Lee passieren wird. Das Ende steht schon fest (ähnlich wie bei Harry Potter), dummerweise dauerts noch was bis dahin.

Jetzt bin ich erstmal wieder weg, vor Band 1425 ist mein Einstieg bei Band 3198 an der Reihe und danach muss ich im alten England noch einen Mörder suchen. Da stirbt es sich doch am besten.
:D
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von R.B. »

Band 1425 - Eine Fälle für die Cantaro ist von H.G.Francis, erschienen am 12.12.1988
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Nun gut, wenn Gucky ehrlich zu sich selber war, musste er feststellten, dass Geduld nicht zwingend zu seinen persönlichen Stärken gehörte. Er betrachtete sich eher als den Macher, der sich mitten ins Gewühl stürzte. Das hier war mal eine Ausnahme. Man muss sich eben auch mal Ruhe gönnen, dachte er, betrachtete sein Gegenüber und ärgerte sich schon wieder, dass ihm seine telepathischen Sinne abhandengekommen waren. Reg dich nicht auf, sagte er sich, du wolltest hier sowieso nicht in anderer Leute Köpfe spionieren. Also betrachte es als heilsame Übung.

Wenn er sich allerdings das Gesicht seiner neuen Freundin so ansah, hätte er schon gerne gewusst, was diese so umtrieb. Ich trau dir nicht von zwölf bis Mittag, ging es ihm durch den Kopf und er hätte an dieser Stelle sicherlich mit seinen guten Vorsätzen gebrochen. Sicherlich war sie sehr interessiert an seinen Schilderungen - wer würde denn so einem lebenden Geschichtsbuch nicht zuhören? Tatsache war, dass er immer noch so gut wie nichts von ihr und dieser Welt hier wusste. Eigentlich hing er hier fest. Gut, er brauchte nur weg zu teleportieren. War tat er das eigentlich nicht? Spielte da schon wieder wer mit ihm?

Machen wir doch mal einen Test. "He, Robot, komm mal her. Ich habe Hunger."

Der klobige Kerl aus alter Zeit kam hinter einer Böschung hervor, baute sich vor Gucky auf, verneigte sich und sagte: "Sehr wohl, Sir. Was kann ich für Sie tun?"

"Bring mir eine Gemüseplatte mit frischen Gemüsen aus den Randwelten von Andro - Beta", sagte Gucky, wohl wissend, dass das damals auf dem angeblichen CREST - Beiboot geklappt hatte. Jetzt war er neugierig, was passierte. Er merkte, dass Lee dieser Szenerie aufmerksam folgte.

"Sehr wohl, Sir", meinte der Robot. "Eine Gemüseplatte mit frischen Gemüsen aus Andro - Beta." Er verneigte sich um stapfte davon, verfolgt von den Blicken seines äußerst misstrauischen Auftraggebers. Er verschwand hinter dem Gestrüpp, nur um kurze Zeit später mit einer großen Platte voller Gemüse wiederzukommen. "Ihre Gemüseplatte, Sir", sagte die Maschine, verbeugte sich erneut und verschwand wieder.

Gucky sah sich das Gebrachte an. Es stimmte in seiner Erinnerung mit dem Gemüse aus dem damaligen Erlebnis überein. Wusste ich doch, dass hier etwas nicht stimmt, dachte er und giftete seine neue Freundin an. Wobei er nicht mehr so sicher war, ob sie tatsächlich seine Freundin war. "So, mein Herzblatt. Du erklärst mir jetzt auf der Stelle, was hier gespielt wird."

"Nur Geduld", strahlte sie den Ilt an. "Auch wenn du das nicht für meine Stärke hältst. Deine ist es aber wohl auch nicht." Ihrem Gesichtsausdruck und ihrer Gestik nach war sie die Freundlichkeit in Person in Person, stellte Gucky für sich selber fest. Ihre Sprüche waren gleichwohl ein klein wenig ironisch. "Schade, wenn man ausgerechnet jetzt keine Gedanken lesen kann, was? Da muss man sich doch glatt mal rechtschaffen und ehrlich durch Leben zwängen. Aber keine Sorge, die Auflösung kommt noch. Warte noch ein wenig ab."

Gucky grummelte, murmelte etwas von Veräppeln, beruhigte sich aber wieder, als Lee ihn im Nacken kraulte.

"Gehst du mit mir zurück zu deiner Geschichte? Ich würde jetzt darauf wetten, dass es nicht mit eurem Club der Unsterblichen weitergeht, sondern mit diesen ausgesetzten Drakisten. Wir dürfen ja nicht zu früh fertig werden."

"Genau so isses. Sonst war die Story ja nach 50 statt nach 100 Abschnitten schon fertig. Das geht ja nun mal gar nicht." Gucky lehnte sich zurück.
Spoiler:
Gucky erinnert sich an die Geschichte von der Falle für die Cantaro:

Da waren sie nun, die Herrschaften von der Organisation Drake. Grade noch die Bösen, wollten sie jetzt wieder aus der Verbannung raus und zurück zu uns. Da galt es nun, etwas auszubaldowern, das diesen Prozess beschleunigen konnte. Und passend wie bei so vielen unserer Geschichten kam eine solche Situation umgehend zustande. Toll, nicht war? Grade verscheucht, schon wieder zurück. Alle Aufregung umsonst. Okay, vorher war noch ein mittleres Abenteuer zu überstehen. Aber wer wären wir, wenn die Jungs und Mädels das nicht hinkriegen würden?

Auf jeden Fall war man grade unterwegs, als die BLUEJAY ein Funkspruch erreichte. Man habe eine äußerst wichtige Information, hieß es und sie sollten sich umgehend einfinden. Natürlich hatte die Sache einen Haken. Und der war der Planet Chico im Cenote System, ein paar Hundert Lichtjahre von Phönix entfernt und direkt am Chronopulswall gelegen. Das heißt, der Planet war eigentlich nicht die Schwierigkeit, sondern die dort maßgebende Klasse. Die Bevölkerung wurde von einer alles kontrollierenden und beherrschenden Verbrecherorganisation dominiert, die sich Pfad nannte und alles, aber auch wirklich alles überwachte. Freiheit? Fehlanzeige. Für alles gab es spezielle Abteilungen, Unterpfade sozusagen, zum Beispiel den Pfad der Liebenden für die Prostitution oder den Pfad der Hoffnung für die Rauschgiftsüchtigen. Es gab den Pfad der Treuen mit der Spezialität Schutzgelder oder - ganz schlimm - den Pfad des himmlischen Friedens, der Auftragsmorde steuerte. Besonders zimperlich war man nicht und die Anzahl der Toten, die auf das Konto dieses Verbrechersyndikats gingen, war nicht mehr zählbar.

Die konnten sich natürlich nur halten, weil es insgesamt keine Ordnung gab. Die Milchstraße war abgeriegelt und so eine Hinterwäldlerwelt interessierte nicht wirklich jemanden. Kennst du? Glaub ich dir. Hier ist es aber schöner. Ehe ich das vergesse: Der oberste Verbrecher hieß bei so vielen Pfaden natürlich Pfadfinder. Damit sich keiner bei so vielen Pfaden verläuft. Dieser Pfadfinder hieß nun Arne Cossem, war extrem gewalttätig und gewissenlos. Aber: Er hatte einen in der Klatsche. Und damit hoffte man ihn hereinzulegen.

Wenn man in einer derartigen Organisation ganz oben ist, wird es gefährlich. Denn vertrauen kann man niemandem. Die - ich sag mal - Mitverbrecher haben eigentlich nur ein Ziel: Den Obermotz abzusägen und selber dessen Platz zu übernehmen. Man wird ständig aufs Korn genommen und lebt eigentlich absolut einsam. Aber der größte Verbrecher kann nicht nur allein sein. Um nicht vollends wahnsinnig zu werden, muss da irgendwas, mit dem man sich beschäftigen kann, her. Bei unserem Pfadfinder waren das die Baerries, recht putzige Halbintelligenzen. Die lebten auf einer siebzig Lichtjahre entfernten Welt, von wo aus Cossem sich diese Wesen, denen er seine ganze Liebe schenkte, bringen ließ. Er hatte etliche Männchen und Weibchen, allerdings, und das war sein Problem, keinen Mezzo. Die Mezzos waren das dritte Geschlecht der Baerries und ließen sich so gut wie nicht einfangen. Sie waren nämlich telepathisch begabt und bemerkten entsprechende Angriffe sofort.

Aber die Menschen wären nicht soweit gekommen, wie sie waren oder heute sind, wenn man nicht immer wieder passend zum jeweiligen Abenteuer jemanden mit dazu passenden Fähigkeiten hätte. So war das natürlich auch hier: Donny "Schlaff" Wally war die Lösung. Er schlief überall, wo und wie er wollte. Im Liegen, im Gehen oder im Stehen. Schlaff schlief. So kam man dann an die Mezzos heran, weil die unseren Schlaffi nicht so richtig bemerken konnten. Man fing also fünf von diesen Wesen ein und begab sich nach Chico.

Dort fand man sich nach einigem Durcheinander bei unserem Pfadfinder ein. Verhandlungen gingen los, das Leben unserer im Einsatz befindlichen Drakisten wurde bedroht, Knast war angedacht, indes, sie überstanden alles und wurden mit dem Chefverbrecher handelseinig. Der meinte danach, dass müsse doch gefeiert werden und lud zu einem großen Büffet ein. Ja, und dort fand unser Schlaffi in einer Frikadelle oder etwas ähnlichem die Botschaft:

Ein kartanischer Informationshändler träfe sich in Kürze mit einem Cantaro. Einem echten und richtigen Cantaro. Das war die Botschaft für Perry Rhodan und der erste Schritt zurück zu Danton & Co. Wobei von dem armen Roi natürlich niemand mehr sprach, weil ja unser alles Perry da war. Wer braucht dann noch andere Leute? Das hat sich im Übrigen bis heute nicht geändert.

Unser größter aller großen Meister beschließt nun in seiner unendlichen Weisheit, den Raumer des Kartanin zu kapern, um den Cantaro damit in eine Falle zu locken. Punkt ein klappt, Punkt zwei noch nicht. Denn noch hielt der Schutzschirm...
"Von diesem Planeten hat vorher sicherlich auch nicht allzu viel gehört", meinte Lee nach dem Ende von Guckys Erzählung. "Da lebe ich aber lieber hier. Die Totalüberwachung mit den sinnentstellenden Pfad - Bezeichnungen erinnern mich an einen Uralt-Schmöker, den ich mal gelesen habe. Wie hieß der noch? Der Titel war irgendeine Jahreszahl."

"1984", entgegnete Gucky. "Der gehört trotz seines Alters für Extremisten zur Pflichtlektüre. Wer den einmal gelesen hat, vergisst ihn nicht. Totalkontrolle, Neusprech und Minilieb. Das war das Ministerium für Liebe. Das wurden die schlimmsten Folterer untergebracht. Oder Miniwahr. Das Ministerium für Wahrheit. Hier hat man sich die Wirklichkeit so gestrickt, wie man sie haben wollte. Alles andere wurde negiert und beiseite geschafft. Freiheit gab es nicht, noch nicht mal ansatzweise. Dabei ist Freiheit das, was wirklich zählt."

"Da hast du Recht", sagte Lee. "Man lebt doch eigentlich viel zu sehr in den Tag hinein und darf sie nie als selbstverständlich hinnehmen. Letztlich ist es ein ständiger Kampf, auch um Gerechtigkeit."

"Wem sagte du das, meine Liebe", flüsterte Gucky. "Wem sagst du das."

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Das Gedächtnis ist ein seltsam Ding. Ich habe von diesem Roman garantiert 33 Jahre nichts gehört und nichts gesehen, der gehörte zu den noch fehlenden und ich habe ihn erst kürzlich als Ebook erworben. Aber ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, als hätte ich ihn grade erst gelesen. Diese ganze Story mit dem Verbrecherplaneten ist mir sowas von präsent. Alle anderen Romane waren (fast) Neuland für mich. Der nicht. Warum? Eine Antwort hierzu habe ich nicht.
:???: :???: :???:

Davon abgesehen war der Band zweigeteilt. Zum einen die Geschichte mit Choca und dem Pfad und zum anderen die Warterei auf den Cantaro. Die erste Hälfte kam bei mir gut an (deswegen habe ich sie wohl auch behalten), die zweite Hälfte eher nicht. Aber immerhin: So ganz langsam aber sicher scheint der Zyklus in die Gänge zu kommen. Die Vorgeschichte ist erzählt, nun kann es losgehen. Wurde auch Zeit. Den Roman bewerte ich mit einer durchschnittlichen drei (50% zwei, 50% vier).

Und der Rest? Ist wie immer oder zumindest meistens. Irgendwer hat über Jahre oder Jahrhunderte etwas aufgebaut und dann kommt Perry Rhodan und kapert die ganze Chose. Und von dem Rest redet kein Mensch mehr. Mal sehen, ob das hier genauso sein wird.
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R.B.
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von R.B. »

Band 1426 - Daarshol, der Cantaro ist von Peter Griese, erschienen am 19.12.1988
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Sie unterhielten sich noch eine ganze Weile über Freiheit und Unfreiheit. Über Diktatoren und Präsidenten, üble und gute Herrscher sprachen sie. Gucky grub sein Wissen über verrückte arkondische Imperatoren aus und sprach über Fufulgon II, genannte der Irre. Zweiundzwanzig Jahre sammelte er Kieselsteine, die Jahrtausende später noch im einem Museum zu sehen waren. Absolut durchgeknallte Regierungsobere aus der präatomaren Ära Terras waren Thema, genauso wie der Jahrzehntausende überdauernde Terror der MdI.

"Dergleichen darf nie mehr passieren", schloss Gucky diesen Diskurs ab. "Wobei die Gefahr, dass man als ZAC - Trägernach nach Jahrhunderten einen in der Klatsche hat, durchaus real ist. Das ist es dann besser, wenn stets und ständig irgendwo etwas im Argen liegt. Da darf man sich dann drum kümmern und kommt nicht auf dumme Gedanken."

"Und wenn gar nichts mehr zu tun ist, gibt es ja immer noch dich. Du stellst dann genug Unsinn an, den deine Freunde dann wieder wegräumen dürfen. Das kann ich mir so richtig vorstellen", lachte Lee.

Gucky baute sich empört zu seiner vollen Größe von einem Meter irgendwas auf. "Ich stelle keinen Unsinn an", dozierte er. "Ich muss immer auf alle aufpassen und den Laden zusammenhalten. Nebenbei gilt es auf zahllosen Einsätzen immer wieder darum, das Universum zu retten. Wie du im Übrigen jetzt hören wirst."
Spoiler:
Gucky erinnert sich an die Story von Darshool, dem Cantaro:

Ja, der war ein putziges Kerlchen. Ich will ja nicht direkt sagen, dass er mir über war, aber der hatte mich schon vor ein paar Fragezeichen gestellt. Aber von Anfang an: Der Schutzschirm seines Raumschiffes BARSHEEBA stand noch und wir saßen bei unseren großen Chefs und diskutierten. Eigentlich war es mit Perry ja nur ein großer Chef, der Andere, Bully, geht ja maximal als kleiner Chef durch. Verrat mich aber nicht bei ihm, sonst hab ich den wieder wochenlang am Hals...

Die Schiffe der Cantaro - wieso hießen die eigentlich so? Dieser Name inspiriert mich zu einer klassischen italienischen Arie. Nein, keine Sorge, ich singe jetzt nicht. Obwohl, ein Mausbiber - Caruso? Wär vielleicht gar nicht so schlecht...
Ich glaube mich auf jeden Fall zu erinnern, dass der Name leicht abgewandelt von ihnen selbst stammt. Genau. Cantarui, Streuner, hießen sie in ihrer eigenen Sprache. Nun gut. Streuner. Sie hatten sich in der Milchstraße verlaufen und wir brachten sie natürlich mit dem Chronopulswall in Verbindung. Damit waren sie für uns zu diesem Zeitpunkt die Eroberer unserer Heimat. Aber zumindest allwissend waren sie wohl nicht, unserer herumstreunenden Freunde. Wozu sonst hätte Daarshol ein Treffen mit einem Informationshändler vereinbart?

Das galt es nun auszunutzen. Wir wollten auf jeden Fall die Besatzung des abgeschossenen Raumschiffes in unsere Gewalt bringen. Man will ja schließlich mal einen Schritt weiterkommen. Vieles über diese uns noch unbekannten Wesen war noch Spekulation. Aber wir hatten schon mitgekriegt, dass sie nicht nur über eine hochentwickelte Technik, sondern auch selber nicht rein organischer Natur waren. Auf Grund der gefundenen Hinweise waren sie wohl Droiden mit einem ziemlich großen Anteil syntronischen Charakters. Du weißt, was Syntrons sind? Richtig, das waren unsere Rechner vor dem 5 dimensionalen Zusammenbruch vor etlicher Zeit.

Jetzt hätten wir das beschädigte Schiff einfach zusammenschießen und vernichten können, das wäre nicht das Thema gewesen. Aber das hätte wohl Tote gegeben und grade in kriegerischen Zeiten muss es nicht sein, dass noch mehr Wesen umkommen. Außerdem vertrug sich das nicht mit unserer Moral.

In die Gänge kommen mussten wir aber trotzdem. Ich erlaubte mir, meine Chefs - den großen sowie den kleinen - darauf hinzuweisen, dass wir nicht unbegrenzt Zeit hatten. Notrufe konnten abgestrahlt werden oder das Schiff konnte vermisst werden. Und auf einmal hast du die ganze Horde vor Ort. Nach einigem hin und her eröffnete uns Sato Ambush, unser Para- und Chefwissenschaftler, dass er die Schutzschirmgeneratoren gefunden hätte. Die gälte es zu vernichten, dann könne man sich die ganze Chose etwas näher ansehen.

Dabei kam unser lieber Perry doch glatt in Stress, weil die Drakisten wohl auch ohne Pararealisten zum gleichen Ergebnis gekommen waren und zuerst feuerten. Unser größten aller großen Meister regte sich ziemlich auf, so von wegen Frechheit, nicht abgesprochen und so, er konnte sich überhaupt nicht mehr beruhigen. Erst, als Sato Ambush ihm eröffnete, dass Yantill und Co genau auf die Generatoren feuerten, beruhigte er sich wieder. Er, Rhodan, sei ein bisschen langsam, eröffnete der grinsende Oberdrakist unseren Perry. Der biss die Zähne zusammen, fühlte sich noch ein wenig genervt und arbeitete dann aber mit der BLUEJAY zusammen.

Aber so richtig in die Gänge kam er nicht, unser aller Perry. Zu guter Letzt lag es wieder an mir, umgehend loszulegen. An wem wohl auch sonst? Andere mögen mich für eigenmächtig halten, ich dagegen hatte mich dem Kommando - Unternehmen von Pedrass Foch zugeteilt. Was meinst du? Du willst endlich wissen, wer das war? Du bist viel zu ungeduldig, meine Liebe. Gemach, gemach. Nicht so neugierig...

Wir legten los, als wir überraschend einen Funkspruch von der BARSHEEBA erhielten, in dem die Cantaro uns mitteilten, sie würden aufgeben. Dann also los. Seltsam war nur, das ich nichts espern konnte. Gar nichts. Als ob hier keiner lebte. Andererseits fanden wir eindeutige Hinweise auf eine Besatzung: Essbestecke, Abfallcontainer und so was. Bei näherem Hinsehen waren die aber alle jüngeren Datums. Als hätte da jemand bewusst falsche Spuren gelegt. Nun gut. Das Raumschiff war ein Schrotthaufen und konnte niemandem mehr gefährlich werden. Aber irgendwo mussten doch die ehemaligen Lenker stecken...

Und dann, dann hat mich, den mehrfachen Retter des Universums, einer reingelegt. Stell dir das mal vor. Mich. Ich bin heute noch entsetzt, wenn ich nur daran denke. Ein vermeintlicher Drakist namens Allochton lief mir über den Weg und erzählte mir, er wäre auf der Suche nach Pedrass Foch und müsse ihm dringend etwas zeigen. Das könne er ja auch mir eröffnen, sagte ich ihm und er wies auf einen tragbaren Bildschirm, auf dem schemenhaft Betten und Tische zu sehen waren. Hinter der nächsten Wand seien die, meinte er. Naja, ich teleportierte da hinein und sah tatsächlich Speisenautomaten, Betten und derlei Dinge mehr. Aber grade, als ich mich näher dafür interessierte, klappte alles zusammen. Ich wollte noch teleportieren, aber das funktionierte auf Anhieb nicht. Als das Chaos ausbrach, startete ich einen zweiten Versuch und sprang irgendwo hin. Dann drang etwas in mein Bewusstsein und weg war ich.

Als ich wieder zu mir kam, erzählte ich mein Erlebnis Bully und Pedrass Foch. Der eröffnete mir, es gäbe keinen Drakist namens Allochton. Noch nicht mal einen Freihändler dieses Namens. Damit war klar, dass ich auf einen Cantaro hereingefallen war. Und die Kerle bekamen zum ersten Mal so was wie ein Gesicht. Aber der Bursche hatte mich ganz schön verwirrt. Ich konnte doch seine Gedanken erkennen und hatte ihn eindeutig als Drakist identifiziert. Wir hatten unseren Gegner unterschätzt und er spielte mit uns nach Belieben Katz und Maus. Das schrie nach Rache.

Aber so richtig weiter kamen wir erstmal nicht. Erst Stunden später kam ein Typ namens Omle Fitzcarrald mit irgendwelchem technischen Gekröse dahinter, dass die Besatzung nur aus einem einzigen Mitglied bestand. Und das war unser Cantaro. Aber sogar der war nicht unfehlbar, wie sich zeigen sollte. Er überlistete tatsächlich Pedrass Foch und nahm ihn gefangen. Damit hatten wir ihn. Er konnte wohl seinen eigenen Gedanken ändern, aber nicht die seines Gefangenen. Es gab einen Haufen Durcheinander - der Kerl hatte mindestens Kräfte wie Icho Tolot - aber dann hatten wir ihn.
Wir ließen den kartanischen Informationshändler mit einigen weisen Ratschlägen ziehen und begaben uns zurück nach Phönix. Den Cantaro steckten in einen eigens von Roi Danton vorbereiteten Knast, auf dass er nicht türmen konnte. Sato Ambush untersuchte ihn und klärte uns über den Körper des Cantaro auf: Er war eindeutig ein Droide. Ursprünglich biologisch, war der Kerl mit jeder Menge technischem Kram aufgepimpt worden. So beinhaltete er zum Beispiel einige syntronische Steuerungsmodule, die unter Anderem für seine Aggressivität verantwortlich waren. Ohne dieses Modul war ein brav wie ein Kirchenlamm, sagte aber auch nichts. Mit dem Modul war er wieder hochgefährlich. Prompt nutzte er eine kleine Unaufmerksamkeit aus und haute wieder ab. Aber ohne Raumschiff von Phönix verschwinden klappte nun auch nicht. Außerdem hatten wir nicht nur einen Gucky, sondern auch einen Icho Tolot. Der machte letztlich kurze Fünfzehn und fing ihn endgültig wieder ein. Der Fremde stellte sich als Darshool vor und ergab sich.

Perry wollte sich jetzt nicht mehr überlisten lassen. Darshool war in energetische Fesseln gelegt, um jedes Risiko auszuschließen. Er müsse umgehend zurück in die Milchstraße, eröffnete er abschließend Perry. Er müsse sterben, wenn er es nicht schaffe, sagte er.
"Noch Fragen?" Gucky strahlte seine Begleiterin an.

"Schon zu Ende?" Lee war entsetzt. "Jetzt wird es doch erst richtig interessant. Wer war das, wie funktionieren diese Cantaro, in wieweit beherrschten sie die Milchstraße und überhaupt: Wieso brauchten die eigentlich einen Informationshändler? Ich meine, man geht zu einem Rechner, fragt ihn etwas und erhält eine zumeist erschöpfende Antwort. Waren diese Kerle doch nicht so toll?"

"Fragen eins bis 98 - Abwarten und in Geduld üben. Kommt alles noch. Zum Informationshandel: Die Milchstraße war abgeschottet. Wie es darinnen aussah, wussten wir nicht. Tatsache schien aber zu sein, dass man da drinnen wohl doch nicht alles über draußen wusste. Deswegen wandte man sich an einen dieser Informationshändler, die mit einigermaßen verlässlichem Material aufwarten konnten. Das war deren Broterwerb und sie konnten es sich nicht leisten, selbstgestricktes blödes Zeug von sich zu geben. Dass aber tatsächlich jemand unterwegs war, um sich für die Geschehnisse außerhalb des Walls zu interessieren, verriet uns, dass sie vielleicht doch nicht zu überlegen waren, wie man bisher allgemein annahm."

Gucky hörte Schritte, drehte sich um und sah den untersetzten, rothaarigen Terraner auf ihn und Lee zukommen. "Hier ist dein kleiner Chef, um aufzupassen, dass du nicht zu viel Blödsinn schwafelst", sagte Reginald Bull.

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An den Roman selber erinnere ich mich nicht mehr, gleichwohl aber daran, dass endlich mal ein Cantaro in Person auftaucht. Natürlich erfuhren wir nichts, was mich endlos nervte, zumal wir im nächsten Band natürlich in andere Richtungen schauten.

PG's Roman ließ sich gut lesen. Mit Daarshol wurde uns eine Person vorgestellt, die nicht so ganz einfach zu handhaben war. Der Cantaro war den anderen einfach über, sogar Gucky kam nicht weiter. Das wollte was heißen. Ohne Icho Tolot hätte man den Kerl nicht dingfest machen können.

PG schreibt den Roman teilweise aus der Perspektive Daarshols. Es ist interessant, zu lesen, wie der Cantaro sich stellenweise köstlich über die Bemühungen unserer Freunde amüsiert. Ohne es zu wissen, gehe ich einfach mal davon aus, dass dessen Geschichte noch nicht zu Ende erzählt wurde. Und: Pedrass Foch. Damals war er für mich nur ein einfacher Drakist. Er gehört aber zu den Personen, über die sogar bei mir etwas hängengeblieben ist. Ich bin neugierig, wie sich dessen weiteres Verhalten auswirken wird.

Aber ohne dem guten PG zu nahe zu treten: Ich stelle mir grade vor, der leider viel zu früh verstorbene William Voltz hätte diesen Band geschrieben und uns Darshool vorgestellt. Hätten wir einen Band á la "Ein Gigant erwacht" erhalten?
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R.B.
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von R.B. »

Band 1427 - Die Reise nach Ardustaar - ist von Marianne Sydow, erschienen am 27.12.1988
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Lee blieb wie angewurzelt stehen und sah den untersetzten Rothaarigen an. Ausgerechnet Reginald Bull, dachte sie. Von den Großen Dreien musste es ausgerechnet der sein.
Bewegen konnte sie sich nicht. Verdammte Panik - Attacke! Hätte es nicht Atlan sein können? Du meine Güte, was hätte der mir alles erzählen können. Ich hätte natürlich Unmengen über das alte England erfahren. Aus erster Hand. London. Der Tower. Die beiden ersten Elizabeths. Oder Henry VIII. Wobei sie davon ausging, dass sie bei einem Treffen mit dem ollen Henry keinesfalls den Kürzeren gezogen hätte. Eher wäre der auf dem Schaffot gelandet. Atlan. Lange Gespräche mit Rotwein und...

Nein. Sie wusste um ihr Aussehen und ihr war klar, wie sie auf Männer wirkte. Das hatte dazu geführt, dass sie eine Art mentalen Schutzschirm um sich aufgebaut hatte. Damit schien sie bei Leuten, die sie nicht kannten, ziemlich verschlossen. Hätte sie bei Atlan auch dicht gemacht? Oder hätte sie von diesem Treffen noch ihren Urenkeln erzählen können? Nun, diese Frage stellt sich nicht, da steht ja jemand anderes.

Oder was wäre mit Perry Rhodan höchstdaselbst? Nein, der eher nicht. Der schien ihr zu abgehoben, zu kosmisch. Natürlich wäre Rhodan ebenso wie Atlan mit Sicherheit äußerst höflich und freundlich mit ihr umgegangen. Aber sie wusste zum Beispiel nicht, was sie ihn hätte fragen sollen. Nein, zu mehr als einer Tasse Kaffee würde es nicht reichen. Das musste schon jemand sein, mit dem sie sich an die Theke von Billy McGuyers "Singendem Ochsen" stellen konnte.

Wobei wir wieder bei unserem Neuankömmling sind, dachte sie. Ausgerechnet Reginald Bull, den ich als kleines Mädchen schon so sehr verehrt hatte. Schon als Sechsjährige hatte sie sich ausgemalt, wie es wohl sei, auf ihn zu treffen. Und jetzt stand der da und sah sie an. Jetzt steh hier nicht so rum wie ein Stück Holz, blöde Kuh. Geh auf ihn zu und begrüße ihn. Der beißt ja nicht. Hoffte sie zumindest.

Sie bewegte sich nicht. Es ging einfach nicht. Ihr Wissen, dass Gucky hinter ihr saß und sich köstlich amüsierte, machte es nicht unbedingt einfacher. Es hieß immer, dass Bull der einzige halbwegs normal gebliebene unter den Unsterblichen sei. Das hatte ihr stets imponiert. Und jetzt steht der da und guckt mich an. Hier, auf Newengland am Ende der Milchstraße. So, dumme Gans. Jetzt geh zu ihm hin, lächle freundlich und gib ihm die Hand.

Gucky sah sich das Spiel an und ihm war natürlich klar, dass die eigene Psyche Lee einen Streich spielte. So cool, wie sie tut, ist sie nun doch nicht, ging ihm durch den Kopf. Andererseits, und das wusste er selbstverständlich, wirkte ein Ilt auf Humaniode nun mal nicht wie ein Artgenosse. Obwohl, und auch das musste mal gesagt werden, er eigentlich wesentlich ehrwürdiger war als zum Beispiel ein Perry Rhodan oder ein Reginald Bull. Weil er nun mal älter war als diese Beiden.

Aha, es passiert was. Sie bewegt sich. Langsam, als hätte sie einen Stock verschluckt, taperte Lee auf Bully zu. Gucky sah, dass sie tief Luft holte, allen Mut zusammennahm und hörte sie reden.

"Sir", sprach sie Bully in perfekter Altsprache an und verneigte sich. "Ich fühle mich durch Ihre Anwesenheit sehr geehrt und darf Sie auf Newengland willkommen heißen. Ich..."

Der Rothaarige sah sie an und unterbrach sie. Ziemlich bärbeißig meinte er: "Erzähl nicht so einen Unsinn. Mit Sir bin ich von einem Menschen zum letzten Mal vor einer halben Ewigkeit angeredet worden, also lass das."

"Ja, Sir, äh, ich meine Mr. Bull."

Gucky sah, dass Lee kurz vor dem Umfallen war, hielt sie vorsichtshalber telekinetisch fest und machte dem Spiel ein Ende.

"Darf ich vorstellen?" fragte er. "Die Dame heißt Lee, ist hier auf Newengland Beauftragte für Fremdbesuche und meine neue und gute Freundin. Lee, von diesem Herrn hier dürftest du schon gehört haben. Er heißt Reginald Bull. Mittlerweile ist er übrigens vernünftig geworden. Früher war er das nicht, da durfte er ständig um Lampen kreisen. Manchmal schwebte er auch über einem Suppentopf."

Er teleportierte schnell drei Meter nach links, als er sah, dass Bully einen Ast nach ihm werfen wollte.

"Irgendwann kriege ich dich", raunzte er den Ilt an. "Mit einer Psi - Falle. Dann versohl ich dir den Hosenboden für jahrhundertelange Frechheiten." Er wandte sich nicht mehr so bärbeißig an Lee. "Seid ihr hier schon länger zu Gange? Wie hältst du das mit dem aus? Das ist ja bewundernswert."

Lee kam langsam aus ihrer Erstarrung heraus. Bevor sie etwas sagen konnte, redete Bull weiter: "Aber davon abgesehen, hat dieser kleine Nervtöter ab und zu einen ganz guten Geschmack und vortreffliche Menschenkenntnis. Und sowieso: Guckys gute Freunde sind auch meine Freunde. Und meine Freunde oder Freundinnen nennen mich nicht Sir oder Mr. Bull, sondern ganz einfach Bully. Und entschuldige bitte, dass ich hier so ohne Vorwarnung aufgetaucht bin." Er ging auf Lee zu und reichte ihr zur Begrüßung die Hand.

"Ja, guten Tag Bully", Lee stotterte noch ein wenig in ihrer Nervosität, aber Bull hatte ihr die Panik abgenommen und sie merkte, dass sie langsam ruhiger wurde. "Ich freue mich, dich persönlich kennenlernen zu dürfen. Damit hätte ich nie gerechnet. Setz dich zu uns. Kann ich dir was Gutes tun?"

"Dem kannst du nichts Gutes tun", fuhr Gucky dazwischen. "Er ist ja grundsätzlich der Meinung, er als Gutmensch wäre für die Anderen das Beste, was ihnen passieren könnte. Da erübrigt sich jede weitere Aktivität."

Reginald Bull sah den Ilt grimmig an. "Wenn ich jetzt könnte, wie ich wöllte", grummelte er und fragte laut: "Was macht ihr hier eigentlich? Rumsitzen und euch die Köpfe zulabern?"

"Wir unterhalten uns über alte Freunde. Die Cantaro. Du erinnerst dich? Die abgeschottete Milchstraße und so?"

"Schon wieder alte Zeiten? Ihr habt nicht zufällig so einen weißhaarigen, alten Mann in einer Ecke rumstehen sehen?"

"Nein, ich bin hier auf Urlaub", antwortete Gucky. "Ich saß sinnierend im Regen, als diese reizende Dame plötzlich neben mir stand. Und zwar, ohne dass ich das bemerkt habe, stell dir das mal vor. Meine Fähigkeiten sind hier eingeschränkt. Das Gedankenlesen klappt auf dieser Einöd - Welt nicht."

"Das freut mich. Euer Hochwohlgeboren dürfen mal eine Weile durchs Leben laufen, wie andere auch. Wie weit seid ihr denn mit eurer Erzählung?"

"Erinnerst du dich an die NARGA SANT?" fragte der Ilt. "Dieses riesengroße Wrack der Kartanin? Hier ist die Geschichte dazu."
Spoiler:
Gucky erzählt die Geschichte von der Reise nach Ardustaar:

Die NARGA SANT ließ Dao-Lin-H'ay keine Ruhe. Sie saß auf Phönix herum und wusste, dass es in der Nähe eine Welt der Finsternis gab, in der Kartanin lebten. Viele von ihnen waren krank, wusste Dao. Fast alle litten bittere Not und brauchten Hilfe. Dringend. Sie fühlte, dass es an ihr lag, ihren Leuten zu helfen. Das konnte sie aber nur, wenn sie selber Unterstützung erfuhr. Natürlich, und das war klar, würde sie die NARGA SANT und die Kartanin, die auf ihr lebten, nicht im Stich lassen.

Sie wollte ihre Leute nach Ardustaar bringen. Dort war die NARGA SANT vor weit mehr als 50.000 Jahren aus dem sterbenden Universum Tarkan aufgetaucht, nachdem sie einiges an Durcheinander mit der Mächtigkeitsballung ESTARTUS überstanden hatten. Aber das ist eine andere Geschichte. Du erinnerst dich, Dicker?

Bei uns heißt Ardustaar Triangulum, Pinwheel oder NGC 598, gehört zur lokalen Gruppe und damit zur Mächtigkeitsballung von unserem besonderen Freund. Ja, genau der, den wir immer wieder aus der Bredouille retten dürfen und uns höchstens mit ein paar kryptischen Bemerkungen abspeist. Das alles hier sortiert aufzulisten, würde zu weit führen und wie säßen wohl übergestern noch an der Geschichte.

Letztlich gurkte die NARDA SANT durch die Jahrzehntausende. Aushalten konnte man es dort, das Ding war 90 Kilometer lang und 28 Kilometer dick. Auf jeden Fall hatte es Ernst Ellert schwer imponiert, der wollte mit dem Riesenschiff durch ein Schwarzes Loch fliegen, um den Chronopulswall zu überwinden. Funktioniert hatte das natürlich nicht. Vier Fünftel des Schiffes fielen in das Loch, ein Fünftel blieb draußen, eben das Teil, um das Dao sich kümmern wollte. Die Besatzung degenerierte im Laufe der Zeit, erinnerte sich an nichts mehr und baute ein Mehrkastensystem auf. Ganz viele ganz arme Schweine waren die Minderbemittelten, durften schuften, um am ständig Rand des Existenzminimums zu leben. Dann gab eine wesentliche kleinere bürgerliche Schicht und darüber, du errätst es sicher, oh holde Lee, einige wenige, die im Überfluss lebten. Und über allen thronte die Mutter Illu als, naja, etwas zwischen religiöser Führerin und absoluter Diktatorin.

Dieses Verhältnis weichte natürlich auf, als das Wrack von den Terranern gefunden wurde und man sich zumindest mal um eine Aufstockung von Vorräten gekümmert hatte. Für mehr reichte es angesichts der eigenen Probleme natürlich nicht. Und dort kam dann Dao-Lin-H'ay rein und wollte es richten.

Sie hatte Perry eine Liste abgequatscht, mit allen, was sich sich so vorstellte. Inclusive acht Lineartriebwerken und der HERKULES unter Kommandant Reuben Starr, die den ganzen Kram zu dem Riesenwrack brachte.

Gut angekommen, ging es natürlich an Bord des Wracks. Dort herrschte mittlerweile ziemliches Chaos. Klar, Die alten Strukturen waren aufgelöst, aber insbesondere die Großkopferten wollten das alles nicht wahrhaben. Es gab inzwischen zwei Mütter Illu und man stand kurz davor, sich kräftig zu bekriegen. Es war eben das Gleiche wie so ziemlich überall im Universum: Und willst du nicht mein Bruder sein, so schlag ich dir den Schädel ein. Warum gibt es eigentlich kein Mausbiber - Imperium? Was meinst du Dicker, da würde es doch zivilisiert abgehen. Siehst du? Meine Freundin gibt mir Recht. Es würde Vernunft herrschen, ich armer Teufel bräuchte nicht andauernd das Universum zu retten und derlei Dinge mehr. Aber hier?

Nun, Daos Vorstellungen waren ein wenig anders als die der auf der restlichen NARGA SANT lebenden Kartanin. So gab es ein Einsatzteam aus den mitgereisten 12 Feliden nebst der Besatzung der HERKULES und damit war erstmal eine Art Zwangsruhe eingekehrt. Insbesondere die oberen Zehntausend sahen zwar nicht so ganz ein, dass nun alle gleich sein sollten, aber das nützte sie nicht besonders viel. Ruhe war im Karton, die Lineartriebwerke wurden eingebaut und es ging ohne die HERKULES ab in Richtung Ardustaar, namentlich zur Welt Kartan.

Sechseinhalb Wochen waren unsere Freunde unterwegs und schlappe zwölfhundert Lichtjahre vor dem Ziel tauchten auf einmal Raumschiffe auf. Wie aus dem Nichts. Dao hatte gleich das Gefühl, dass ihr Empfangskomitee ihnen nicht sonderlich freundlich gesonnen war. Dem war dann auch so: Es waren Piraten. Sie eröffneten Dao und Co, dass sie von Karapon kämen und kurz vor der absoluten Machtübernahmen im Reich der Kartanin ständen. Die Alt - Kartanin hätten nicht mehr viel zu sagen, die Hohen Frauen wären komplett abgewirtschaftet. Dao glaubte ihnen natürlich kein Wort, musste sie aber anlässlich der absoluten Übermacht an Bord lassen. Die Kerle kamen sich vor wie - ihr hattet da mal so einen Begriff - ah ja, wie King Louie. Sie stolzierten durch die Gegend und waren auf der Suche nach irgendwas, ohne zu sagen, was sie denn haben wollten.

"Sie suchen die Perle Moto", sagte eine Kameradin zu Dao. "Sie sind sich sicher, dass sie sich hier in der NARGA SANT befindet." Diese Perle war wohl ein Bruchstück eines Dinges, dass Icho Tolot in seiner Geschichte "das Juwel von Mimoto" genannt hatte und ein Datenspeicher mit allerlei Geheimnissen sein sollte. Wie die Piratenknilche auf die Idee kamen, dass diese ominöse Perle ausgerecht hier sein sollte, erschloss sich Dao nicht. Was sie aber merkte, war, dass die vermeintlichen Eroberer schwer einen in der Klatsche hatten. Zweihundert völlig unschuldige Kartanin der ursprünglichen Bewohner sollten getötet werden, falls Dao die Perle nicht rausrückte.

Naja, Dao zerkratzte dem Oberpirat das hässliche Gesicht, schlug sich bis zur Zentrale durch, lies in Endlosschleife einen Notruf laufen und hoffte auf Hilfe. Die kam zum Glück prompt mit einer in der Nähe stehenden Flotte und von fünf Piratenschiffen entkam nur eins. Damit war die Reise zu einem erfolgreichen und guten Ende gekommen. Auf Kartan angekommen, bot man ihr denn auch prompt das Amt der Hohen Frau an, was Dao aber ebenso prompt ablehnte. Sie war keine Politikerin, sondern eine Kämpfernatur. So jemand wie ich eben. Kein Bleistiftjunkie wie du, Dicker.

Bei den Piraten hatte sie mitgekriegt, wohl auch mit Hilfe ihrer schwachen telepathischen Fähigkeiten, dass bei denen ein Bruchstück dieser Perle liegen solle. Das galt es zu erobern. Das neue Schiff mit neuer Mannschaft war startbereit.
"Ich fürchte", meinte Lee, "die Geschichte geht hier auch nicht weiter."

"Völlig richtig, mein Kind," strahlte Gucky. "Wie heißt es so schön: Wir blenden um nach ganz woanders hin. Man muss doch die Leute bei Laune halten. So zum Beispiel dich."

"Siehst du?" fragte Reginald Bull. "Der Kerl ist einfach nur Sadismus pur. Sein Umfeld muss extrem leidensfähig sein."

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Zuerst dachte ich, naja, ein Lückenfüller, um die NARGA SANT zu entsorgen. Ab es hat Spaß gemacht, dem Roman von Marianne Sydow zu lesen. Ich habe sie damals als Bereicherung des Autorenteams empfunden und das meine ich heute immer noch. Sie schreibt gut und hält die Lesenden bei Laune und in der Handlung. Selbst wenn eine Bronchitis dazwischen kommt und man eine Woche nicht schmökern kann, ist man sofort wieder drin.

Und: Mit der Perle Moto wurde uns ein Bröckchen vorgeworfen, dass neugierig machte. Ein riesengroßer Datenspeicher mit allerlei Geheimnissen. Ja, das war mal was. Was, weiß ich aber nicht mehr und lasse mich überraschen.

Auf der LKS ging es übrigens hoch her: Zum einen waren die Tode von Geoffrey Abel Waringer und Ratber Tostan hochgehandelte Themen (damals war es also auch nicht anders als heute) und dann gab es noch ein ganz heißes Eisen: Sex in Perry Rhodan.
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Andreas Möhn
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von Andreas Möhn »

Sydows Kartaninromane empfand ich auch immer als Glanzlichter in den damaligen Zyklen. Schade, dass sie dann zu dem bekannten abrupten Ende kamen.
Die Sternenflotte bestätigt hiermit, dass im Rahmen der Erstellung dieses Beitrags kein Rothemd erschossen, erschlagen, verstrahlt, zerstückelt, gefressen, liquidiert, aufgelöst, transporterverunfallt noch in irgendeiner anderen Weise an Leib, Leben und/oder psychischer Gesundheit geschädigt wurde.
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von R.B. »

Band 1428 - Wächter der Basis - ist von Robert Feldhoff, erschienen am 02.01.1989
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"Hiergeblieben", sagte der mit dem Rücken zu Lee sitzende Gucky.

"Aber", begann diese.

"Ich brauche keine Gedanken zu lesen, um zu wissen, was in dir vorgeht", wurde sie von dem Ilt unterbrochen. "Du fühlst dich zwischen uns Relikten aus ferner Vergangenheit wie das fünfte Rad am Wagen und denkst, du wärest überflüssig. Du siehst und hörst zu, wie wir miteinander umgehen, uns gegenseitig auf die Schüppe nehmen und kannst damit nichts anfangen. Stimmt's?"

"Du scheinst mich ja ziemlich gut zu kennen."

"Quatsch. Ich lebe nur schon ein paar Jährchen unter euresgleichen. Und egal, ob auf Terra, in irgendwelchen weit entfernten Gegenden in fremden Galaxien oder hier am Ende der Milchstraße, lass dir gesagt sein, ihr funktioniert alle gleich. Nein. Ich glaube, du bist für uns wichtig. Ab und zu brauchen wir jemanden, der oder die eine normale Sicht auf die Welt hat und uns erklären kann, wie sie wirklich aussieht. Nehmen wir zum Beispiel mal unseren rothaarigen Freund hier. Oh Kumpel aus alten Tagen: Was willst du eigentlich hier?"

Bull sah die beiden missmutig an.

"Ich brauche Zeit. Brauche Abstand, will nachdenken und mir über das Eine oder Andere klar werden. Und da muss ich aus der normalen Tretmühle einfach nur raus. Du hattest mir ja erzählt, wo du hinwolltest und da dachte ich mir, die Idee von dem Kleinen ist gar nicht so verkehrt. Also bin ich hier."

In Lees Blick war die für Newengland eine große, wichtige Frage erkennbar.

"Nein, Lee, du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Eure Position bleibt geheim. Gucky und ich wissen davon, klar, weiterhin Perry, natürlich ANANSI und selbstverständlich NATHAN. Letzterer aber nur, falls Verteidigungsanstrengungen notwendig sein sollten. Eure Daten sind derart tief vergraben, dass dort außer uns niemand dran kommt. Sollten wir beide unabkömmlich sein, würden Atlan beziehungsweise der Erste Terraner informiert werden. Aber erst dann."

Lee sah Bull freundlich an und sagte: "Ich danke dir. Für uns ist es sehr wichtig, unerkannt zu bleiben. Wir möchten so weiterleben und bleiben, wie wir sind. Wie lange möchtest du auf Newengland sein?"

"Weiß ich noch nicht. Vielleicht länger. Wenn ich darf."

"Dann sei schön brav, Dicker und rege die Leute nicht auf. Die Kneipe ist übrigens da hinten, zwei Kilometer durch den Wald. Da gibt's mit Sicherheit das passende Bier für dich. Davon hätten damals die Wächter der Basis nur träumen können."

"Das war jetzt der Übergang mit dem Holzhammer, was?", wollte Bull wissen.

"Man tut eben, was man kann. Außerdem möchte unsere reizende Begleitung doch wissen, wie die Geschichte weitergeht."
Spoiler:
Gucky erzählt die Geschichte von den Wächtern der BASIS:

Wir gehen zurück und sind wieder unmittelbar nach dem Zeitsprung. Stell dir vor, Lee, enge Angehörige von dir kommen zu Tode. Plötzlich und ohne Vorwarnung. Vielleicht auch erst, nachdem du sie nach langer Zeit wiedergefunden hast. Und dann sind sie tot. Auf einmal. Glaub mir, um ich weiß wovon ich rede, du stehst kurz davor, verrückt zu werden. Feuerauge. Verdammtes, verdammtes Feuerauge!!!!

Mir ging es so mit meiner Iltu und meinem Sohn Jumpy. Ich wollte nicht mehr leben. Nach einer Ewigkeit hatte ich sie zurück. Du kennst die Geschichte in groben Zügen? Dann brauche ich ja nichts mehr zu Details erzählen. Du meinst, du drehst durch. Aber: Nach einer gewissen Zeitberuhigst du dich wieder und du kannst von deinen Lieben Abschied nehmen. Der Tod verschwindet nie ganz, aber im Laufe der Zeit wird der Gedanke daran erträglich.

Und dann gehst du zu den Angehörigen unserer Leute. Egal, ob menschlicher oder anderweitiger Ab- bzw. Herkunft. Deine Leute sind mit unserer Flotte auf einer Reise wohin auch immer unterwegs und das wars. Du erhältst keine Nachricht mehr, nichts. Sie sind und bleiben einfach weg. Suchexpeditionen führen zu nichts. Verschwunden. Natürlich hast du Hoffnung. Grade, weil du auch nichts von kriegerischen Ereignissen gehört hast. Denn für gewöhnlich kommt einer immer durch. Immerhin war da mit dreizehn Schiffen ja eine halbe Flotte unterwegs. Aber es tut sich nichts. Du musst die Fragen deiner kleinen Kinder beantworten, die ihre Mutter oder ihren Vater vermissen. Du und deine Kinder laufen ihr ganzes Leben mit einem Fragezeichen nach einer geliebten Person durch die Gegend. Ohne Abschied nehmen zu können. Glaub mir, Lee, die Ungewissheit ist schlimmer als der Tod. Viel schlimmer.

Und jetzt gehen wir zu den Mitlgiedern unserer Flotte. Durch ein natürliches Phänomen vergehen innerhalb von ein paar Sekunden in der Außenwelt fast siebenhundert Jahre. Du hast in deiner Kabine Bilder von deinen Lieben. Vielleicht von der letzten gemeinsamen Reise oder vom Abschied vor der großen Fahrt. Du siehst sie an und für dich sind höchstens ein paar Wochen vergangen. Tatsächlich sind sie aber seit Jahrhunderten tot. Dabei nicht durchzudrehen, ist wirklich schwer. Du kriegst die Realität nicht mit dem Gefühlten in Einklang und haderst mit deinem Schicksal. Das war die Situation, als wir 1143 heim kamen. Und doch nicht nach Hause konnten.

So war natürlich auch die Situation auf der MONOCEROS mit Kommandantin Ginsen Khartu. Sie hatten ihren Ehepartner und vier Kinder verloren. Egal, wie oft sie sich die Bilder ansah. Und: Sie hatte einen Auftrag. Einer musste es ja tun: Ihr Schiff hatte es erwischt. Sie mussten bei der zerlegten BASIS bleiben und aufpassen. Weil die BASIS so wichtig war. Und weil man hoffte, aus dem verrückt gewordenen Hamiller irgendwann mal etwas Vernünftiges herauszuholen, um nachvollziehen zu können, was in diesen ominösen 695 Jahren passiert war. Fremde Herrscher. Abriegelung der Milchstraße. Aber immerhin: Die anderen zwölf Schiffe hatten etwas zu tun. Sie hier vor Ort nicht. Sie sollten im Leerraum zurückbleiben, ohne Kontakt zu den anderen und einem riesigen Trümmerfriedhof bewachen.

Was nützte es da, dass ihre Vorgesetzten ihr sagten, dass die Wahl mit Hilfe der Syntrons auf sie gefallen war, weil die Besatzung der MONOCEROS von allen Schiffen die größte psychische Stabilität aufwies. "Sie werden mich hassen", sagte sie. "Meine Leute werden mich hassen, wenn das alles vorbei ist."

Ginsen Khartu stand alleine da. Sie war der Typ einsame Wölfin und einfach außerstande, Kontakt zu den Besatzungsmitgliedern aufzunehmen. Das hatte sie im Hinblick auf ihre Familie problemlos durchstehen können, aber jetzt? Die Situation war nicht einfach an Bord. Ihr erster Offizier reagierte ständig mit spöttischen Bemerkungen auf ihre Anweisungen und nahm sie nicht für voll. Dann die wochenlangen Gammeldienste, weil einfach nichts passierte. Ja, man erforschte ein wenig die BASIS - Einzelteile, stellte vielleicht die eine oder andere Seltsamkeit bei den rotierenden Trümmern fest, aber das wars. Ihre Leute verrannten sich in vermeintliche Abenteuer psychischer Natur, indem sie sich verliebten und dann wieder verrückt wurden, weil diese Liebe nicht erwidert wurde und dergleichen mehr.

Und immer punktgenau auf dem Sprung sein. Konzentriertes Aufpassen für den Fall, dass doch mal was passiert. Dann wieder wochenlang gar nichts. Die Frage, ob die anderen Schiffe jemals zurückkamen. Denn sonst würde die MONOCEROS bis in alle Ewigkeit an diesem elenden Trümmerfriedhof warten. Manch einer flüchtete in den Alkohol.

Das war die Situation, als man auf einmal einen 350 Meter Trimaran der Kartanin entdeckte. Der hatte sich als Wrack getarnt und war langsam innerhalb der Trümmer unterwegs. Es schien, als würden die Kartanin an einer Stelle anfangen, die BASIS wieder zusammenzusetzen. Eine Space-Jet, die sowieso grade unterwegs war, wollte sich die Feliden, die sich in Folge als Karaponiden vorstellten, näher ansehen. Sie wurden mit einigen Spiegeltricks abgelenkt: Psychoprojektoren ließen die Mannschaft angreifende Monster erkennen, die sie natürlich bekämpfen wollten. Bei einem Schuss auf eines dieser Monster tötete ein terranischer Soldat eine Kameradin. Eine Frau, in die er sich ohne Hoffnung auf Gegenliebe verknallt hatte. Hinter den Monstern steckten nämlich die eigenen Leute.

Es folgte eine Gefangenschaft unserer Kameraden, ein Gefecht mit anschließender Befreiung und der Eingriff der MONOCEROS. Der Trimaran wurde vernichtet, einige Karaponiden flohen mit Rettungsboten, die man Dank hochwertigen Ortungsschutzes in der Trümmerlandschaft nicht wiederfinden konnte.

Ganz am Schluss erschienen die CIMARRON und die LIBRA. Die einsamen Monate der MONOCEROS hatten ein Ende.
"Und?", fragte Gucky. "Welche Variante hättest du dir ausgesucht? Dem Tod? Das Verschwunden sein? Und wenn, aus welchem Blickwinkel?"

"Das ist eine extrem harte Frage und du weißt, dass ich sie nicht beantworten kann. Solche Situationen sucht man sich nicht aus. Ich hätte mit niemandem tauschen wollen, weder mit euren Leuten, noch mit den zurückgebliebenen Angehörigen", antwortete Lee, als sie in Gedanken versunken Reginald Bull anblickte.

Der sah aber aus, als wäre geistig ganz woanders. Die Ellbogen auf den Oberschenkeln abgestützt und abgewinkelt, lag sein Kinn in seinen Händen. Er schaute in weitere Fernen.

"Komm", sagte Gucky. "Diesen Blick kenne ich. Der braucht jetzt Ruhe und muss eine Weile allein sein. Wo können wir hin?"

Lee sah auf ihren Chrono. "Billy hat geöffnet. Wir gehen in den Singenden Ochsen. Zu Billy McGuyer. Diese Richtung." Sie wies nach vorne. "Zwei Kilometer."

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Ich hatte mich auf diesen Roman von Robert Feldhoff gefreut. Auch er, viel zu früh verstorben, konnte schreiben. Und wie. Sein erster Roman, Band 1328 (Die Harmonie des Todes) ist mir immer noch präsent. Aber genau 100 Romane später komme ich mit Band 1428 nicht klar. Die Personen haben bei mir nicht gezündet und die ganze Handlung auch nicht.

RF hatte die undankbare Aufgabe, die Verhältnisse an Bord der MONOCEROS zu beschreiben. Eben den wochen- und monatelangen Gammeldienst in der Erwartung, dass nichts passiert. Für den einen führt das zu unglücklicher Liebe, der nächste sucht Flucht im Alkohol. Ist für mich alles nachvollziehbar und ich hätte auf diesem Schiff nicht abgemalt sein wollen. Ist mir alles klar.

Nur der Roman hat mich nicht mitgenommen. Irgendwann hatte ich keine Lust mehr und ich hatte ihn nur noch überflogen, sonst wäre ich nicht mit ihm fertig geworden. Naja: Es werden bessere Romane Roberts folgen.
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von R.B. »

Band 1429 - Hamillers Herz - ist von Arndt Ellmer, erschienen am 09.01.1989
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"Oh!", meinte Lee nach der kurzen Teleportation bis vor den Eingang des "Singenden Ochsen".

"Ja, beim ersten Sprung ist es etwas unangenehm. Das lässt aber nach und irgendwann merkt man es nicht mehr."

Die Beiden standen vor der Tür von Billy McGuyers Pub. Gucky war klar, dass er nach dem Betreten der Kneipe als eine Art achtes Weltwunder im Mittelpunkt stehen würde und alle möglichen Stories zum Besten geben müsste. Aber das kannte er ja. Die Eingeborenen durften entweder bei seinen Cantaro - Erzählungen mit zuhören oder sie ließen es eben bleiben. Nun gut. "Hinein da!" sagte er.

Sie traten ein. Ja, genauso hatte er ein typisch englisches Pub in Erinnerung. Vor Urzeiten hatte Homer ihn mal in so ein Teil hineingeschleppt. Tafeln an den eher in dunklen Tönen tapezierten Wänden. Darauf wurde auf Preise für Essen oder das Dart - Turnier nächste Woche hingewiesen. Tische und Stühle rundherum, aber auch ein paar Sofas und Couchtische ergänzten die Einrichtung. Und natürlich gab es als absoluten Mittelpunkt die Theke mit - Gucky zählte noch - elf Zapfhähnen, aus denen hauptsächlich Bier ohne Ende zu laufen schien. Hinter der Theke an der Wand sah der Ilt ein Wirrwarr aus Flaschen (Best Islay Single Malt Ever), Gläsern und allen möglichen Devotionalien. Er hob sich telekinetisch ein wenig an, damit er auch den unteren Bereich des von der Theke verdeckten Regals sehen konnte. Dort war alles mit Glastüren versehen, hinter denen sich eine Unzahl kleiner Flaschen verschiedenster Art befand: scheinbar unendliche viele Sorten Bier mit Bezeichnungen wie Light Ale, Red Ale, Indian Pale Ale und dergleichen mehr. Daneben gab es zu seinem großen Erstaunen auch nichtalkoholische Getränke wie Orangensaft.

Gut, ging es ihm durch den Kopf. Gucky war nicht unbedingt der Bier Fan. Der hinter der Theke thronende Zweimetermann musste der Wirt, mithin also Billy McGuyer höchstdaselbst sein. Sowohl er als auch die um die Theke herumstehenden Leute begrüßten Lee lautstark, nickten ihm, Gucky, zu und meinten "Hallo Gucky". Er hörte noch ein Paar Sprüche wie "Pass gut auf den Kleinen auf, damit er hier nicht verloren geht!" mit zugehörigem gutmütigem Gelächter; dann drehten sie sich wieder herum und vertieften sich in ihre Gespräche.

"Na!", meinte der Ilt überrascht. "Das ist mir auch noch nicht passiert. Aber gut." Er watschelte mit Lee im Schlepptau zu dem freien Tisch hinten links in der Ecke.

"Wir nehmen unsere Gäste eben so wie sie sind", eröffnete ihm Lee. "Wir bekommen zwar ziemlich selten Besuch, aber wenn mal jemand da ist, soll er uns so sehen, wie wir wirklich sind. Ach übrigens: Wenn du etwas zu trinken haben willst, musst du es dir an der Theke holen gehen. Von alleine kriegst du hier nix."

Grade als Gucky murmelte, das wäre aber ein mieser Service in diesem Laden, stand Billy McGuyer höchstpersönlich vor ihnen. Vor Lee stellte er eine dieser seltsamen kleinen Flaschen mit einem höchstwahrscheinlich äußerst obskurem Inhalt ab und Gucky brachte er ein Glas frischen Möhrensaftes. Gucky sah ihn trotzdem misstrauisch an.

"Gehört der zu deinem Standartangebot?" fragte er. "Und was, wenn ich nun einen auf Hafermilch basierten Shake aus Bananen und Quitten hätte haben wollen? Oder besser noch mit Quitten und epsalischen Blaufrüchten? Ganz leicht alkoholisch?"

Billy McGuyer sah mit einem Gesicht auf Gucky herab, als hätte ihm ein Stammgast soeben eröffnet, er wolle ab sofort nur noch Wasser trinken. "Dann hätten euer Hochwohlgeboren einen auf Hafermilch basierten Shake aus Quitten und epsalischen Blaufrüchten, ganz leicht alkoholisch, erhalten. Natürlich alles aus absolut frischen Zutaten!"

"Und wie machst du das?" Gucky konnte seine Neugierde nicht bezähmen. "Hast du eine rechnergesteuerte Mischmaschine unter deine Theke, die dir auf Wunsch alles mit ein paar Aromen zusammenmixt?"

Lee sah sich interessiert Billys Reaktion an. Dessen Kopf hatte sich knallrot gefärbt. Er sagte äußerst pikiert, sowie sehr bestimmt und sehr laut zu Gucky: " Mein Herr! Ich bin Billy McGuyer, der Wirt des Singenden Ochsen. Und das seit 43 Jahren, 7 Monaten und 6 Tagen. Bei mir ist alles echt. Bei meinen Getränken ist alles echt. Noch nie hat jemand einem Billy McGuyer unterstellt, er würde mit Aromen arbeiten. Für meine Gäste mache ich alles. Alles! Falls euer Hochwohlgeboren das nicht glauben, kann ich den Möhrensaft gerne wieder mitnehmen!"

"Ehrlich'", murmelte er noch. "Mir sowas zu unterstellen. Früher sind Leute wegen wesentlich geringerer Vergehen aufgehangen worden. Sollte man vielleicht mal wieder drüber nachdenken..."

Das war eine der wenigen Situationen in Guckys langem Leben, in denen er nicht wusste, wie er reagieren sollte.

"Entschuldige bitte. Ich war ja nur neugierig, wie du das machst. Ich wollte dir keinesfalls zu Nahe treten und deine Kompetenz anzweifeln."

Billy beruhigte sich genau so schnell wieder, wie er sich aufgeregt hatte. "Ist ja gut", meinte er. "Aber merk dir in Billy McGuyers Singendem Ochsen eines: Du darfst alles essen, aber nicht alles wissen." Damit begab er sich zurück hinter seine Theke.

Gucky sah ihm erstaunt hinterher. "Und wie macht der das jetzt? Der kann doch nicht alles Mögliche und Unmögliche hinter seiner Theke stehen haben. Wo kriegt der denn hier frische epsalische Blaufrüchte her? Das geht doch gar nicht."

"Das weiß keiner so genau. Du kannst das seltsamste Zeug bei ihm bestellen, du kriegst alles. Vor Jahren hatten wir mal einen hier, der wollte originalen hessischen Äppelwoi haben. Den hat Billy angeguckt, als hätte er sie nicht mehr alle, weil er seinen selbstgemachten Cider verschmähte. Dann hat er unter seiner Theke ein wenig gekramt und ihm wortlos eine Flasche vor die Nase gestellt."

"Dann seht aber zu, dass er noch lange hält und passt gut auf ihn auf."

"Keine Sorge. Außerdem hat eine Art Auszubildenden: Sieh mal den Schlacks da hinten, der die leeren Gläser abräumt. Der ist sowas wie sein Gehilfe und wir gehen mal davon aus, dass er nach und nach in Billys Geheimnisse eingeweiht wird. Sonst hätte Thamestown oder zumindest diese Gegend hier irgendwann mal ein akutes Problem."

Gucky ließ das Treiben noch eine Weile auf sich wirken, dann wandte er sich wieder Lee zu. "Sollen wir weitermachen?" fragte er. "Es ist zwar ein wenig laut hier, aber es müsste so grade noch klappen."

Er sah wie Lee auf ihrem Tisch herumfingerte, dann war Ruhe. Ein Aktustikfeld, dachte er. Die sind ja doch weiter, wie ich gedacht habe..
"Dann machen wir mal weiter. Perry hatte da nämlich eine Idee."
Spoiler:
Gucky erzählt von Hamillers Herz:

In diesem Teil unserer Story sind wir wieder bei Payne Hamiller angekommen. Du weißt, wer Hamiller war? Genau, einer unserer Top - Wissenschaftler. Die hatten ja irgendwie alle leicht bis mittelschwer einen in der Klatsche, angefangen bei Till Leyden und aufgehört bei, halt, ich will unserer lieben Sichu Dorksteiger nicht zu nahe treten. Die ist ja halbwegs normal, aber andererseits ist sie mit Perry verheiratet. Der weiß ja sowieso alles besser. Ist für eine Wissenschaftlerin sicher auch nicht immer so ganz einfach. Wir lernen also: Jede und Jeder von denen hat ein mittleres Problem. Und wenn es nur der Ehepartner ist.

Wo war ich stehengeblieben? Ach ja, bei unseren verrückten Wissenschaftlern. Payne Hamiller war ebenfalls so ein Exemplar. Eigentlich schüchtern und eher etwas linkisch, hättest du ihn mal über seine wissenschaftlichen Thesen reden hören sollen. Da war nix mehr mit Zurückhaltung. Wenn der mit seiner fünfdimensionalen Algebra anfing, fielen dir die Ohren ab. Und begriffen hattest du sowieso nichts. Immerhin hat er die Strangeness entdeckt, was erklärt, warum es dir ganz schön übel werden kann, wenn du mal ins nächste Universum hüpfst. Was aber zum Glück ziemlich selten vorkommt. Also ist das für Normalos alles nur ziemlich theoretisches Zeug, aber so als Forscher an sich geht man wohl darin absolut auf.

Und jetzt kommen wir zum Thema: Er hat den Rechner der BASIS, die Hamiller Tube konzipiert. Ich weiß übrigens bis heute nicht, ob das Ding Tube wie Zahnpasta oder Tube wie Londoner U-Bahn ausgesprochen wird. Es gibt Verfechter für beide Varianten und dem Rechner war es egal. Er hat so oder so auf dich gehört oder wie damals, eben auch nicht.

Bis heute geht übrigens die Sage um, dass das Original Gehirn von Payne Hamiller in diesem Rechner drin war. Der richtige Payne Hamiller war ganz komisch verunglückt, das war alles ziemlich mysteriös. Ich denke mal, deswegen konnte sich das so lange halten und irgendwann wusste keiner mehr, ob es ein Gerücht war und wo es herkam.

Was sagst du? Man hätte doch mal nachsehen können? Dazu hätte Hamiller jemanden in sein Allerheiligstes hereinlassen müssen und das passierte nun mal nicht. Und wenn dir dein Leben lieb war, hast du es auch gar nicht erst ausprobiert.

Das war die Situation. Hamiller war ja aus den BASIS-Resten herausoperiert worden und befand sich an Bord der CIMARRON. Außerdem hatte er sie nicht alle beisammen. Er hatte ja probiert, das Kommando über die CIMARRON zu übernehmen. Das hatten wir aber früh genug bemerkt und einen Paratronschirm um ihm herum gelegt und ihn auf diesem Weg eingesperrt.

Wir, das waren eben die CIMARRON und die LIBRA waren mittlerweile bei der MONOCEROS nebst zerlegter BASIS angekommen. Wir betrachteten es als vorrangige Aufgabe, Hamiller wieder in seinen Normalzustand zu versetzen, ihn also zu heilen. Irgendwas hing in seinen syntronischen Gängen quer. Oh, er war lieb, nett, höflich und zuvorkommend und redete alle mit Sir an. Das war es nicht. Er wusste, das die BASIS dezentralisiert war. Er wusste aber nicht, warum. Im einen Moment hatte er keine Ahnung, wer oder was NATHAN war, im nächsten Augenblick meinte er, natürlich wäre ihm das klar, das wisse ja jedes Kind. Sowas in der Art. Er behauptete etwas stocksteif und im nächsten Moment widersprach er seiner Äußerung von vor einer Minute. Im Klartext: Er war im höchsten Maße verwirrt und reif die Klapse. Weißt du, wenn dir jetzt nicht auf Anhieb einfällt, wer Sotho Tyg Ian war, kann ich das nachvollziehen. Ein Rechner von Hamillers Qualität musste das aber wissen. Er musste ihm auch klar sein, dass der Sotho die Terraner nicht besiegt hatte und über die Milchstraße herrschte.

Dann, ja dann kam - nein, ausnahmsweise mal nicht dein erklärter Lieblings-Ilt, sondern Sato Ambush, unser Pararealist. Du weißt doch, das war der Typ, der irreale Unwirklichkeiten als Realität erschienen lassen konnte. Oder so. Nein, du brauchst mir nicht zu sagen, dass du das nicht kapiert hast. Soll ich mal ehrlich sein? Ich hab das auch nicht begriffen, jedenfalls nicht so richtig. Bis heute nicht. Aber bei Hamiller hat es gewirkt. Er hat ihm erzählt, die Lokale Gruppe wäre ins Tarkanuniversum gewechselt und ständen kurz vor der Vernichtung.

Wie auch immer, diese einander widersprechenden Verwirrungen hatten ihn geheilt und er war wieder normal. Der Vario 500, du weißt, wer das war? So ungefähr? Sehr gut. Der kam seinerzeit von NATHAN und gab Hamiller jedenfalls den Befehl, die BASIS zu zerlegen. Und jetzt sei sie zerlegt. Er, Hamiller, wolle sie wieder herstellen, fühle sich aber nicht so ganz danach. Auf jeden Fall erlaubte er einem Team, sein Inneres zu betreten. Zum ersten Mal! Unsere Spezialisten führten die notwendigen Reparaturen aus und fanden dabei einen würfelförmigen Kasten mit 83 Zentimetern Kantenlänge, der hinten links an der Wand stand. Er ließ sich nicht anmessen und war augenscheinlich zu nichts nütze. Hamiller selber leugnete die Existenz dieses Kastens. Tatsache war aber, dass jeder, der sich diesem Teil näherte, zunehmend verwirrter wurde. Sato Ambush warf daher eine Plastikkugel in Richtung des Kastens, die prompt wie durch Blitzeinschlag vernichtet wurde. "Das", sagte er, "ist Hamillers Herz." Ob das nun wirklich das Gehirn Payne Hamillers drin war, ist bis heute unbekannt. Das Rätsel konnte nicht gelöst werden.

Auf jeden Fall war unser Kasten am 20. November 1143 wieder voll einsatzbereit, was Zukunft und BASIS anging. Über die Vergangenheit beziehungsweise unsere verlorenen 695 Jahre erfuhren wir natürlich nichts. Das wäre ja auch zu schön gewesen. Teile des entsprechenden Erinnerungsspeichers waren zerstört oder unbrauchbar, auf jeden Fall funktionierten sie nicht. Es hätte ja glatt mal eine Sache einfach sein können...

Naja, nachdem sich intern langsam aber sicher doch einiges zu regeln schien, wurden wir von außen mal wieder angegriffen. Unsere Freunde, die karponidischen Feliden griffen in der Sicherheit ihres Ortungsschutzes an. Aber sie hatten nicht mit Gucky, dem Retter des Universums, gerechnet. Ich schaffte es, an Bord der kleinen Schiffe Peilsender unterzubringen und das wars dann. Obwohl der Oberkarponide sich mit einer wiederhergestellten BASIS schon als strahlender Held zu Hause gefeiert sah, musste er einsehen, dass das alles wohl nicht ganz einfach war. Die Peilsender wurden geortet, die Boote vernichtet. Was wir nicht mitgekriegt hatten, war, dass das alles Absicht gewesen war. Ein paar wenige Feliden waren in der zerlegten BASIS unterwegs. Der Chefkarponide hatte sie absichtlich geopfert.

"Na?", fragte Gucky. "Zufrieden?"

"Wenn jetzt noch die BASIS zusammengebaut wird, habe ich endlich das Gefühl, es geht mal einen Schritt weiter. Hamiller ist doch später endgültig verrückt geworden, stimmt das?"

"Als die BASIS in die Jahre kam, wurde es ganz schlimm, da hasst du Recht. Man baute ihn in eine Riesenpositronik ein, letztlich wurde er aber vernichtet. Womit wir beim Thema KI mit eigenem Verstand wären. Sind die nun Lebewesen gleichzusetzen? Oder nicht? Aber ich denke, das wäre ein Thema, über das wir uns in drei Jahren die Köpfe noch heiß redeten. Perry hat Hamiller immer mit Payne angesprochen, so als hätte er den echten Payne Hamiller, dem Wissenschaftler, vor sich. Ich bin mir da nie sicher. Für mich war und blieb das ein Blechkasten, der sich an seinen eigenen Geheimnissen ergötzt hat."

Der nachdenkliche Blick des Ilts aus dem Fenster endete und er wandte sich wieder seiner Gesprächspartnerin zu. "Da du sicher wissen willst, wie es weiter geht, müssen wir zurück an die frische Luft. Auf Grund bestimmter Begebenheiten muss da jemand Anderer seinen Senf mit dazu abgeben. Außerdem muss ich unbedingt nach Bully sehen. Der machte eben keinen besonders guten Eindruck."

Lee machte Billy McGuyer ein Zeichen, der nickte. Dann gab sie Gucky die Hand.
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Ein locker zu lesender Roman von AE. Es hat mir richtig Spaß gemacht, darin zu schmökern, allemal, als Sato Ambush mit seinen Pararealitäten zu Gange war. Man konnte sich richtig in die Zuschauer - Situation hineinversetzen, den Kopf schütteln und sich selber sagen: Das kapierst du sowieso nie, gib es einfach auf.

Vor einem Jahr hätte ich kritisierend gefragt, ob es denn sein musste, das der Chef der Feliden einfach so seine eigenen Leute opfert. Aber wenn ich mich aktuell in der Wirklichkeit umschaue...

Die Zyklus - Handlung scheint ganz langsam in eine Richtung zu gehen, in der das Thema "Wir stürmen von außen gegen den Wall" zu Ende geht. Der Weg wird langsam sichtbar: Phönix mit Tekener / Danton (Jennifer T. kommt nicht so ganz bei mir an, das war damals schon so), Waringers Hinterlassenschaft zum Thema Chronopulswall, eine in Bälde rekonstruierte BASIS und einen gefangenen echten Cantaro. Ich fürchte nur, bis wir von dem wieder hören, wird bei dem damals schon vorhandenen Sadismus der Autoren noch etwas dauern.
:unschuldig:
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Andreas Möhn
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von Andreas Möhn »

Ich mochte die Karaponiden von damals wirklich. Die Burschen waren so durchtrieben, dass sie manchmal Cantaro und Terraner zusammen alt aussehen ließen!
Die Sternenflotte bestätigt hiermit, dass im Rahmen der Erstellung dieses Beitrags kein Rothemd erschossen, erschlagen, verstrahlt, zerstückelt, gefressen, liquidiert, aufgelöst, transporterverunfallt noch in irgendeiner anderen Weise an Leib, Leben und/oder psychischer Gesundheit geschädigt wurde.
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von thinman »

R.B. hat geschrieben: 22. Dezember 2022, 15:41 Band 1428 - Wächter der Basis - ist von Robert Feldhoff, erschienen am 02.01.1989


RF hatte die undankbare Aufgabe, die Verhältnisse an Bord der MONOCEROS zu beschreiben. Eben den wochen- und monatelangen Gammeldienst in der Erwartung, dass nichts passiert. Für den einen führt das zu unglücklicher Liebe, der nächste sucht Flucht im Alkohol. Ist für mich alles nachvollziehbar und ich hätte auf diesem Schiff nicht abgemalt sein wollen. Ist mir alles klar.
War das der Roman mit dem Schwimbad und der Badehose?
Falls ja, dann wurde der ein einem der ersten Lesezirkel im alten Forum besprochen, gleich nach Roberts Tod.

Nur der Roman hat mich nicht mitgenommen. Irgendwann hatte ich keine Lust mehr und ich hatte ihn nur noch überflogen, sonst wäre ich nicht mit ihm fertig geworden. Naja: Es werden bessere Romane Roberts folgen.
Ich erinnere mich auch nur noch an ein paar Fragmente und das Ergebnis der handlung dieses Handlungsabschnittes Trümmerfeld der BASIS. Irgendwie kann man zwar das Verlorenseinsein der Besatzung nachvollziehen, aber den unterschwelligen Horror eines 2001 oder Shining erreicht er leider bei weitem nicht in Ansätzen.

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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von R.B. »

thinman hat geschrieben: 29. Dezember 2022, 19:50 War das der Roman mit dem Schwimbad und der Badehose?
thinman
Jepp. Schwimmbad und Badehose.
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von R.B. »

Band 1430 - Hamillers Puzzle - ist von Arndt Ellmer, erschienen am 16.01.1989
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Sie rematerialisierten hinter dichten Gestrüpp, so dass Bull sie nicht sehen konnte. Gucky gab Lee zu verstehen, dass sie ganz leise sein sollte. Sie beobachteten den rothaarigen und untersetzten Mann, der auf einer Liege in der Sonne lag. Die hat er sich sicher aus seinem Schiff besorgt, ging es Gucky durch den Kopf. Obwohl Reginald Bull einen entspannten Eindruck machte, wusste Gucky, dass mit ihm etwas nicht stimmte. Dazu muss man ihn aber ein paar Tage länger kennen, wusste der Ilt. Es nützte nichts, sie mussten zu ihm hin.

"Du willst mir doch nicht weismachen, dass du die zwei Kilometer von der Kneipe aus zu Fuß gelatscht bist", fuhr Bull den Mausbiber an. Lee sah er zwar, nahm sie aber nicht zu Kenntnis. "Wie lange stehst du schon da und wirfst gierige Blicke auf mich?"

"Sollte ich oder wer auch immer jemals mal gierige Blicke auf dich werfen", fauchte der Ilt zurück, "sollte man diese Person umgehend auf ihren Geisteszustand untersuchen lassen. Geht's noch? Du erklärst mir sofort, was mit dir los ist. Mit dir stimmt doch was nicht. Fliegt mir hinterher und sitzt jetzt hier rum, bläst Trübsal und mufft andere Leute an."

Lee fühlte sich nicht so ganz wohl in ihrer Haut und sah von einem zum anderen. Bei Bull blieb ihr Blick hängen. Vor dem hab ich Respekt gehabt? , ging ihr durch den Kopf. Sie sagte: "Ist das immer so mit euch Beiden? Wenn ja, verzichte ich auf den Rest der Geschichte und ihr könnt dahingehen, wo ihr hergekommen seid. Alle Zwei. Entschuldigung, aber ihr habt sie ja nicht mehr alle. Ich dachte, ihr seid Freunde?"

Sowohl Gucky als auch der stämmige Terraner zuckten zusammen. "Naja", meinte Bull. "Das ist erst der Anfang. Du solltest uns mal hören, wenn wir richtig loslegen. Pack zerschlägt sich, Pack verträgt sich. Den Spruch kennst du sicher."

In der Tat. Da könnte ich euch einige aufzählen, dachte sie, sagte aber einfach nur "Ja."

"Aber der Kleine hat Recht. Mir ging es wirklich schon mal besser. Ich habe keine Lust mehr auf den ganzen Kladderadatsch. Ich drehe mich im eigenen Saft und ich komme nie zum Ziel. Ich muss mit mir selber ins Gericht gehen und mir über einiges klar werden. Deshalb bin ich hier. Einfach nur zum Gedanken sortieren. Das ist aber nicht ganz so leicht."

"Wenn du reden willst oder einfach nur die Meinung einer Normalsterblichen von einer Hinterwäldlerwelt hören möchtest, ich bin hier und ich bleibe hier. Ich habe mich Gucky nicht umsonst als die gute Seele von Newengland vorgestellt."

"Ja, das hat sie", bestätigte Gucky, seinen Blick von Bully nach Lee wendend. "Dummerweise bin ich aber der Meinung, dass mit unserer holden Freundin irgendwas nicht stimmt. Davon bin ich felsenfest von überzeugt und komme da noch hinter."

Lee tat so, als hätte sie nichts gehört.

"Da kannst du eine auf unschuldiges Lämmlein machen. Das nützt dich bei der geballten Kompetenz von Gucky und Reginald Bull nichts. Gar nichts."

Er sah seinen uralten Kumpel wieder an. "Hier läuft so ein uralter Roboter herum. So einen hast du vor einiger Zeit auf diesen komischen CREST Beiboot schon mal gesehen. Flöte den mal her und bestell dir einen guten Whisky."

Bully fackelte nicht lange, rief: "Bedienung!" und in der Tat, umgehend kam die angekündigte Maschine angestapft. Klobig, wie sie war, verneigte sie sich vor Bull und sagte mit ihrer mechanischen Stimme: "Was kann ich für Sie tun, Sir?"

"Bring mir eine Falsche Whisky. Und zwar einen Clynelish Costal Highland Single Malt aus der Sonderedition 1992 Destillers Edition. Natürlich aus alter Zeitrechnung."

Der Robot verneigte sich, meinte "Sehr wohl, Sir!" und ging.

"Jetzt wollen wir doch mal sehen", murmelte Bull. Im blieb allerdings der Mund offen stehen, als die Maschine nach einiger Zeit mit einer Flasche und einem Nosingglas auf einem Tablett wieder zurückkam. Er nahm die Flasche, besah sie von allen Seiten, betrachtete das für diese Edition typische rotbräunliche Etikett und öffnete sie. Danach goss er sich etwas in sein Glas und nahm genießerisch den für Clynelish charakteristischen fruchtigen Duft auf. "Teufel auch!", sagte er.

"Siehst du, was ich meine?", fragte Gucky.

"Weißt du, wie lange es her ist, dass ich dieses Gebräu in der Hand hatte? Wo hast du den her?" fuhr er die Maschine an.

Der Robot verneigte sich. "Billy McGuyer, der Wirt des Singenden Ochsen empfiehlt dies an Geschenk des Hauses und lässt ausrichten, er sei stets zu Diensten."

"Dein Billy McSowieso ist nicht zufällig steinalt und trägt einen weißen Rauschebart?"

Der Robot blieb stehen und bewegte sich nicht.

"Das versteht er nicht", erklärte Lee. "Er kann Sachen wie sehr wohl, Sir, sofort Ma'am oder bitteschön von sich geben. Weiterhin wörtlich das, was man ihm mit aufgegeben hat. Er kann Bestellungen entgegen nehmen und Entsprechendes servieren. Zu mehr taugt er nicht und mehr versteht er auch nicht."
"Dann werde ich mit diesem McSowieso demnächst ein ernstes Wort reden müssen. Irgendwann mal. Jetzt genießen wir erstmal unseren Götternektar und schieben vorhandene Probleme nach hinten."

Reginald Bull verschwand vorübergehend in anderen Welten. "Es gibt immer das eine oder andere Hausmittelchen, mit dem man ihn wieder auf die Füße stellen kann. Das hier ist natürlich der sonst nicht erreichbare Idealfall", flüsterte Gucky Lee zu.

"Bevor du dich gleich als schottischer Clanchef aus der Steinzeit oder so outest, bin ich untröstlich, aber ich muss dich in die Gegenwart zurückholen. Stell dir vor, du wirst gebraucht."

"Du bist und bleibst ein Sadist!" Bully sah Gucky mit enttäuscht wirkender Miene an. "Worum dreht es sich denn?"

"Du darfst unsere Geschichte weitererzählen. Zumindest teilweise. Du erinnerst dich an das große Puzzle, das Hamiller entwirrte, als er die BASIS zusammensetzte? Ich war da ja stellenweise ein wenig außen vor."

"Ja", antwortete der Angesprochene. "Ich erinnere mich..."
Spoiler:
Reginald Bull und Gucky erzählen die Geschichte von Hamillers Puzzle:

"Eigentlich hatten wir ja die Hoffnung, dass Hamiller nur den Auftrag zum Zusammenbau der BASIS brauchte. Und eigentlich nicht mal das. Denn er wollte ja sowieso zurück an seinen alten Platz, jetzt, wo er als geheilt entlassen war. Acht Monate hatte der Rechner, von dem keiner wusste. ob er nun nur ein Blechkasten oder tatsächlich doch mehr war, in Hangar drei der CIMARRON gestanden. Jetzt war der Zeitpunkt da, aus ihm wieder das oder den zu machen, der er einst gewesen war: Die Steuersyntronik des größten Raumschiffs, dass je von Menschen der neueren Zeit gebaut worden war.

OLD MAN war natürlich noch größer als die BASIS gewesen, aber viel mehr gab es nicht in solch opulenter Größe, wie ich meine. Und so ging es für ihn zurück in seinen Raum neben der Kommandozentrale "seines" Schiffes. Mit ihm zogen 35 Frauen und Männer nach Alpha-Land um - so hieß die Zentrale - Gegen. Die Hamiller - Tube war ein ziemliches Teil, was aber auch niemanden wunderte. Eine silberne Wand von acht Metern Länge, vier Metern Höhe und drei Metern Tiefe beeindruckte den Betrachter. Die Tiefe war nicht feststellbar, weil die Tube in die Wand des Raumers integriert war.

Hamiller begann zu unserer großen Freude mit seinen Programmroutinen und eröffnete dem nachfragenden Sato Ambush, dass es doch eine Weile dauern würde, bis er die BASIS wieder zusammengeschraubt habe. Immerhin handele es sich um mehr als 100.000 Einzelteile und davon müssten etliche neu konstruiert beziehungsweise repariert werden. Ab einem bestimmten Grad des Zusammenbaus konnte er das selber, ansonsten benötigte er Hilfe, die Sato Ambush umgehend zusagte.

Ein Anliegen hatte der Pararealist noch. Ihm gingen eventuell überlebende Karaponiden nicht aus dem Kopf. Danach befragt, meinte Hamiller, das wäre alles nicht so ganz einfach. Aber was ist schon einfach, frage ich euch. Er konnte die Innenräume nicht überwachen. Das sei erst möglich, wenn die BASIS zusammengebaut sei, argumentierte er. Seine Kapazitäten waren komplett mit der Rekonstruktion gebunden, alles Andere durfte warten.

Hamiller war zwar wieder hergestellt, aber den einen oder anderen Hau hatte er trotzdem: Er bestand umgehend auf dem sofortigen Treffen von Harold Nyman. Ich erklärte ihm daraufhin, dass Nyman der Hangarmeister der CIMARRON sei und dass wohl in seinen syntronischen Schaltkreisen etwas nicht ganz richtig sei. Aber mit maschineller Sturheit fing er immer wieder von Nyman an. Er, Hamiller, könne sich keinen besseren Nachfolger für Waylon Javier vorstellen als eben Nyman. Ich muss zugeben, dass kurz davor stand, zuviel zu kriegen und bot ihm an, ihn mitsamt seinem Trümmerhaufen in die nächste Sonne zu katapultieren. Daraufhin eröffnete er mir, dass er sich weigere, eine Unterhaltung auf solch niedrigem Niveau zu führen. Perry stand natürlich daneben und lachte sich kaputt. Hamiller war wieder der alte.

Was leider völlig unklar blieb, war das Wissen über die Geschichte der Menschheit vom Eintritt der Großen Katastrophe bis zur Dezentralisierung der BASIS. Weg. Er bekam von dem Vario 500 den Auftrag NATHANs, sich zu zerlegen und das wars. Was uns wirklich interessierte, erfuhren wir nicht.

Zudem waren wir ziemlich mit uns selber beschäftigt. Deswegen merkten wir auch erst nach vier Tagen, dass es eigentlich sehr ruhig bei uns war. Viel zu ruhig. Wir hörten unsere arbeitenden Leute, wir bekamen die Gespräche Ambushs mit Hamiller mit, ja wir bemerkten sogar das Fauchen und Zischen von Strahlwaffen bzw. Generatoren, wenn was auch immer eingepasst werden musste. Aber etwas fehlte. So wurde uns plötzlich klar, dass niemand da war, der uns nervte. Oder mit seinen Besserwissereien beglückte.

Ja, mein kleiner und allerbester Freund, da kannst du mich giftig ansehen. Betrachte es einfach als Rache der gequälten Kreatur, die auch mal Freude braucht. Aber genau das war der Punkt. Seit etlichen Tagen hatte niemand mehr unseren Gucky gesehen. Perry und ich blickten uns nachdenklich an. Vor zehn Tagen hattest du fremde Gedanken aufgefangen, aber niemanden gefunden.

Letztlich kam dabei heraus, dass nicht nur wir Fremde in der Nähe der Zentrale vermutet hatten. Dir ging es nicht anders, ebenso den Synergistikerpärchen Enza Mansoor und Notkus Kantor. Ihr drei wart drauf und dran, den ungefähren Standort der Feliden zu ermitteln, als du, Gucky, wohl in ein Fangfeld geraten warst und in Folge durch den Chef - Karaponiden kampfunfähig gemacht wurdest."

"Sie gaben mir immer wieder Spritzen", führte Gucky die Erzählung fort. "Die verhinderten, dass ich einsatzfähig wurde. Phang-Troc, der dortige Obermotz, eröffnete mir, ich wäre ein seltsames Subjekt. Stell dir das mal vor! Ich, Gucky, der schönste, beste und edelste aller Mausbiber sei ein seltsames Subjekt!"

"Ab und zu", knurrte Bull, "haben sogar die größten Idioten Recht!"

"Halt dich geschlossen, Dicker. Lange nicht mehr um die Lampe gekreist, was? Auf jeden Fall hatte der Kerl herausgekriegt, dass ich Telepath und Teleporter war. Der karaponidische Kaiser, meinte er, wurde mich mit Sicherheit zu seinem Maskottchen machen. Ich behaupte jetzt mal in aller Bescheidenheit, dass das diesem Knilch nicht gut bekommen wäre."

"Merkst du was, Lee? Genau das hat uns gefehlt. Und wir Deppen haben vier Tagen gebraucht, bis wir es gemerkt haben."

"Wie dem auch sei", sprach Gucky weiter. "Mich beeindruckte das nicht. Hamiller, gab ich ihm zur Antwort, würde ihn schon klein kriegen. Danach schwanden mir die Sinne. Die Injektion wirkte. Mein Glück war, dass dieser Phang-Troc derart daneben war, dass er meinte, er könnte mir seinen Willen aufzwingen und mich zu seiner Marionette machen. Das klappte natürlich nicht. Obwohl er mich für klein und zerbrechlich hielt. Ich lachte ihn aus.

Meinem Gegenpart seinerseits verging das Lachen zum ersten Mal, als in den Bereich, wo er sich samt der verbliebenen Feliden versteckte, der Alarm losging. Und nach einigen Durcheinander fanden Enza und Notkus eine Spur."

"Perry und ich", spann Bully den Faden weiter, "waren der Meinung, es müsse doch mit dem Teufel zugehen, wenn wir mich ein paar weiße Flecken auf Hamillers Landkarte finden würden. Und wir wollten uns das fragliche Alpha-Land mal näher ansehen. Wir fanden Gucky natürlich nicht. Zumindest nicht da, wo wir ihn vermuteten. Also mussten wir in die Bereiche hinein, die von Hamiller bereits kontrolliert wurden. Diese Figuren schienen gar nicht so dumm zu sein. Wir hofften, dass er dir nichts angetan hatte. Denn wenn dem so gewesen wäre, glaub mir mein Freund, hätte die Phang-Troc sich gewünscht, nie geboren worden zu sein."

"Er hatte mir nichts getan. Er drohte zwar ständig, vergaß dabei aber, dass ich seine Gedanken lesen konnte, wenn er mir keine Spritze gab. Und so sagte ich ihm, dass unmittelbar vor seiner Tür mehr als doppelt so viele terranische Soldaten ständen, als er an Kämpfern vor Ort habe. Und ganz langsam wurde mein spezieller Freund nervös. Mir ging es durch die Injektionen zwar auch immer schlechter, aber das brauchte er nicht zu wissen. Psychologische Kriegsführung hatte mir schon immer Vergnügen bereitet. Die Injektionen bekamen mir zwar absolut nicht, aber die Person, die einen Gucky kleinkriegt, muss erst noch geboten werden, glaubt mir das mal!

Nun, der Typ wollte sich tatsächlich ergeben. Seine Leute aber nicht. Unsere Suchtrupps fanden die Feliden, die weigerten sich aber, sich zu ergeben und wählten den Freitod. Den Obermotz fanden wir einige Tage später. Wir erfuhren etwas über den hundertjährigen Krieg sowie zwanzig Splittergruppen unter den Kartanin. Davon war das Kaiserreich der Karaponiden die größte."

"Nun", schloss Bull die Erzählung ab, "war es allerhöchste Eisenbahn für unseren Kleinen hier. Dein Zellaktivator konnte die Injektionen nicht alle besiegen. Du konntest mir so grade noch zuflüstern, dass du fühltest, wie das Leben aus dir herausfloss. Nein, schrie ich, schnappte dich und es ging viel zu lange dauernd zur CIMARRON. Schon unterwegs diagnostizierte ein schwebendes Terminal mögliche organische Schäden, da der Zellaktivator die hohe Dosis nicht assimilieren konnte. Endlich gab ich dich bei den Medikern und und wartete geschlagene zwei Stunden vor dem medizinischen Bereich auf eine Nachricht. Ich war felsenfest entschlossen, den Kerl, der das getan hatte, ganz langsam auf kleine Scheiben zu schneiden. Und bei allem, was mir lieb und teuer ist, ich hätte so und nicht anders gehandelt, wenn du nicht geheilt worden wärest.

Die Entwarnung kam von einer Maschine. Vierzehn Tage Heilschlaf standen für dich an. Mir fiel ein mittleres Gebirge vom Herzen und schlief achtzehn Stunden am Stück.

Währenddessen liefen die Reparaturarbeiten. Weihnachten und der Jahreswechsel kamen und gingen. Am 3. Januar waren alles soweit vorbereitet und der Zusammenbau begann. Elf Tage später war die BASIS komplett. Gucky war wieder wach, holte aus Phang-Trocs Gedanken noch eine Info zum Thema Perle Moto. Sie sei im Besitz des Kaisers. Also stand ein weiteres Ziel fest.

Für uns gab es nichts mehr zu tun. Hamiller würde noch eine ganze Weile mit den Feinheiten beschäftigt sein und fragte nach den zwölftausend Personen Besatzung. Und natürlich nach Harold Nyman, den er unbedingt als Kommandanten haben wollte. Die CIMARRON kehrte mit der MONOCEROS zurück nach Phönix. Die LIBRA blieb zur Bewachung da."
"Du hast ihm das Leben gerettet!" sagte Lee zu Bully. Dieser nickte. "Und wieso beharkt ihr euch dann die halbe Zeit? Muss das denn sein?"

"Das muss sein", antwortete der Terraner. Gucky nickte dazu. "Das ist wie bei einem alten Ehepaar", meinte er zu diesem Thema. "Es könnte sonst langweilig werden. Außerdem braucht der Dicke regelmäßig ein paar warme Worte, sonst bildet er sich zuviel ein."

Lee, die genau hinter Gucky stand, hatte die Nase voll. Da die telepathischen Kräfte des Ilts nicht funktionierten, merkte Gucky nichts. Sie packte den Kleinen an beiden Ohren und fing an, sie herumzudrehen.

"Ich kann auch anders", giftete sie. "Da ich die Hoffnung habe, dass du dich mit deinen telekinetischen Kräften nur auf eine Hand konzentrieren kannst, würde die zweite munter weiter drehen. Solange, bis Vernunft einkehrt. Und wenn du dich mit meinem anderen Griffel beschäftigst, greift der erste wieder zu. Klar?"

"Ja", jammerte der immer kleiner werdende Gucky. "Ich will auch immer lieb sein!"

Reginald Bull sah sich die Szenerie fassungslos an. "Auf die Idee hätte ich auch selber kommen können. Sieh mal an. Der Aufenthalt hier hat sich schon gelohnt."

"Du benimmst dich auch. Du bist ja noch nicht mal Telekinet. Bei dir wird's noch einfacher. Und wenn du meinst, du wärest mir über, nimm bitte zur Kenntnis, dass ich planetarische Meisterin im Kickboxen bin. Das dürfte reichen."

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Auch der zweite Roman im AE Doppelpack hat mir gefallen. Reginald Bull ist nicht nur Grüßonkel, sondern handelnde Person und seine Sorge um Gucky wird deutlich und greifbar. Man glaubt es ihm aufs Wort, wenn er sagt "Ich bringe den Kerl um, der das getan hat." Ich sah ihm vor meinem geistigen Auge tatsächlich vor dem medizinischen Bereich auf und ab gehen und spürte seine Hilflosigkeit, obwohl diese Passage im Roman nur einen ganz kleinen Abschnitt einnimmt.

Da bleibt sogar ein Perry Rhodan im Hintergrund.

Auch Gucky in Händen des Karaponiden hat mir ausnehmend gut gefallen. Er zeigte keine Angst, obwohl er gemerkt haben musste, dass die Injektionen ihn über kurz oder lang besiegen würden. Statt dessen zeigte seinem Quälgeist auf, dass er durchaus nicht nur der putzige kleine Kerl ist, als den man ihn optisch wahrnimmt. Bis zum letzten Moment spielt er mit seinem Gegner, obwohl er merkt, dass es mit ihm abwärts geht.

Das Verhältnis der beiden und Bullys Sorge um den Kleinen standen für mich im Vordergrund. Der Rest, Hamillers Probleme mit dem Zusammenbau der BASIS und dergleichen mehr war für mich nur schmückendes Beiwerk.

Und spätestens nach diesem Roman bin ich bei Band 3199. Wenn Reginald Bull auf große Reise geht, ist es angebracht und zwingend notwendig, dass er sich von seinem ältesten Freund, mit dem alles anfing, verabschiedet. Negativ kreuze ich an, und das auch hier sehr deutlich, dass nicht ein Satz zu Gucky geschrieben wurde. Nicht ein Satz.
Bleck vun dä Schäl Sick op unsere schöne Dom: Sankt Peter und Maria mit Hohenzollernbrücke
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