Klassiker - Die Kosmische Hanse (PR 1000-1099)

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Partoc
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Re: Klassiker - Die Kosmische Hanse (PR 1000-1099)

Beitrag von Partoc »

Scrooge hat geschrieben: 28. März 2021, 14:32 ... Oder handelt es sich um einen durch und durch ironischen Roman? Bitte schreibt ja oder auch, dass ich mit meiner Interpretation komplett auf dem Holzweg befinde. Oder sonst etwas, was diesen Roman einordnet.
Ob es ein ironischer Roman sein sollte oder nicht, weiß ich nicht. Vielleicht steht so etwas in einem Werkstattband oder Chronik. Aber der Roman hatte jedenfalls eine ironische - wenn nicht gar gesellschafts-satirische - Note.
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Verkutzon
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Re: Klassiker - Die Kosmische Hanse (PR 1000-1099)

Beitrag von Verkutzon »

Scrooge hat geschrieben: 28. März 2021, 14:32..ein politischer Führer, der die Gesellschaft komplett auf vage geäußerte Ziele ausrichtet...
Ich habe das Heft nur durchgeblättert, meine aber, dass PR gar kein politisches Amt bekleidet. Julian Tifflor regiert zusammen mit den Hanse-Sprechern.
Ich denke, WV war es durchaus ernst mit seiner Zukunftsvision. Die kosmische Hanse ist doch eine tolle Idee! Handel und diplomatische Beziehungen mit Fremdvölkern können nur positive Effekte haben.
Das Heft ist vollgepackt mit Informationen und bietet einen Blick auf die damalige Gegenwart der NGZ. Nr. 1007 hat so gesehen Parallelen mit dem aktuellen Heft 3109; es zeigt gesellschaftliche Zusammenhänge und verbindet die Story mit dem Auftauchen eines geheimnisvollen Fremden. Die Bühne für zukünftiges Geschehen wird bereitet - das ist in der Regel (nicht immer) etwas schwerere Kost...
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Ce Rhioton
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Re: Klassiker - Die Kosmische Hanse (PR 1000-1099)

Beitrag von Ce Rhioton »

Ich fürchte fast, William Voltz hatte das Szenario nicht ironisch gemeint.
Natürlich sehe ich den guten (aber auch naiven) Willen hinter dieser beschriebenen Utopie, doch zu Ende gedacht erscheint mir diese Utopie als sehr gruselig.

Und ja: Im Grunde war es eine diktatorische Vision, die Voltz da beschrieb. Womöglich war ihm das zum damaligen Zeitpunkt gar nicht bewusst, da er ja im Gegenteil eine pazifistische Weltsicht vertrat.
Es ist irgendwo eine Ironie, das Gute zu beabsichtigen, aber das Schlechte zu erhalten.
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Baptist Ziergiebel
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Re: Klassiker - Die Kosmische Hanse (PR 1000-1099)

Beitrag von Baptist Ziergiebel »

Ein paar Jahre zuvor ließ Kurt Mahr in Band 700 die Unsterblichen noch ernsthaft überlegen, die halbe Menschheit (Aphiliker) der "Hypophrenese" zu unterziehen, einer geistigen Beschneidung, Lobotomie, wenn man so will. Liest sich, als wenn diese Praxis in Zeiten der Hanse nicht gänzlich vergessen bzw. in "milderer" Form Standard wurde. Gruselig, welch häßliche Blüten, das Bestreben, "Gutes" zu schaffen, immer wieder treiben kann.
Verkutzon hat geschrieben: 28. März 2021, 15:51
Scrooge hat geschrieben: 28. März 2021, 14:32..ein politischer Führer, der die Gesellschaft komplett auf vage geäußerte Ziele ausrichtet...
Ich habe das Heft nur durchgeblättert, meine aber, dass PR gar kein politisches Amt bekleidet. Julian Tifflor regiert zusammen mit den Hanse-Sprechern.
Naja... erinnere ich richtig, dass Tifflor die letzten 400 Kahre lang durchgehend Sprecher ist? So wie Rhodan damals 1000 Jahre Großadministrator? Ob Tifflor da mit anderen Sprechern zusammenarbeitet, ist für den nur soweit relevant, dass die ihm lästige Arbeit abnehmen, bei den langfristigen Zielen sind sie irrelevant, werden sowieso überlebt. Mit bösen Willen kann man schon unterstellen, dass es mit dem Demokratieverständnis der Unsterblichen nur so weit her ist, wie es einer von ihnen aufgestellten Agenda nützt. Beispiele finden sich in der Serie zu Hauf, zuletzt meine ich im Genesiszyklus, als Rhodan zu den Thogonduu abreist, aber vorher sich noch mit Adams abstimmt, dass der die Angelegenheiten im Solsystem in die angemessene Richtung lenkt, "zur Not auch gegen das Parlament."

Naja... immerhin keine MdI. :)

Gruß.
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Re: Klassiker - Die Kosmische Hanse (PR 1000-1099)

Beitrag von Scrooge »

Baptist Ziergiebel hat geschrieben: 28. März 2021, 17:33 Mit bösen Willen kann man schon unterstellen, dass es mit dem Demokratieverständnis der Unsterblichen nur so weit her ist, wie es einer von ihnen aufgestellten Agenda nützt.
Unter diesem Blickwinkel hat auch der Linguidenzyklus eine, naja, schräge Komponente, denn die (zu jener Zeit Ex-)Unsterblichen verhalten sich eher wie eine privilegierte Clique, der Gesellschaft längst entrückt, die ihrer Besserstellung abhanden gekommen ist, denen einfach ihre persönlichen Fälle davongeschwommen sind. Nie kommt es ihnen in den Sinn, dass vielleicht ES tatsächlich Recht gehabt haben könnte, ihnen die ZAs wegzunehmen, natürlich nicht wg. der 20.000-Jahresfrist, aber vielleicht, weil die ZA-Träger sich nicht so verhalten haben wie ES erwartet hat? Insofern ist der (für mich trotzdem tolle) Linguidenzyklus auf der Hälfte stehengeblieben. Hier zeigt sich aber immer wieder die Schwierigkeit, die Unsterblichen nicht nur in ihren Handlungsweisen und Charakteren glaubhaft darzustellen, sondern sich überhaupt eine Gesellschaft vorzustellen, in der es akzeptiert wird, dass es Unsterbliche gibt, die auch politisch-wirtschaftlich zur Elite gehören und ein kaum einzuholendes politisches, soziales und kulturelles Kapital aufweisen. Wie kann das eine Gesellschaft verkraften? Was macht das mit den Menschen? Einen schönen Ansatz lieferte m.E. Band 1800, das Szenario hielt aber auch nicht so lange an.
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Re: Klassiker - Die Kosmische Hanse (PR 1000-1099)

Beitrag von Quinto »

Scrooge hat geschrieben: 28. März 2021, 14:32 Roman 1007 von William Voltz gehört m.E. zu den Tiefpunkten nicht nur des Zyklus,
Volle Zustimmung.
Scrooge hat geschrieben: 28. März 2021, 14:32 .. doch eigentlich haben wir es hier mit einem politischen Führer zu tun, der die gesamte Gesellschaft streamlined und auf ein Ziel ausrichtet, das er von einer übergeordneten Wesenheit "empfangen" hat. War sonst leider keiner dabei, wie praktisch. Debatten über die gesellschaftliche Ausrichtung, darüber wie es weitergeht? Keine.
Ja, erschreckend. Ich hatte immer den Verdacht, dass Voltz in diesem Roman seine persönlichen Wunschvorstellungen artikuliert hat ohne sie wirklich mal zu Ende zu denken. Aerts als lizensierter Dieb, ein armes Würstchen, dem man mit Verständnis begegnet. Was soll man dazu noch sagen.

"Die Wissenschaftler im Wega-System kommen zu dem Ergebnis, dass es von den ethischen Werten einer Person abhängt, wie weit er sich dem Gebilde beziehungsweise dem Psychoschirm nähern kann."

Eine Ethik-Skala brauchen wir unbedingt, China lässt grüßen. In der Theorie prima, in der Praxis gruselig wie so viele gutgemeinte und nicht zu Ende gedachte Einfälle.

Mit der Kosmischen Hanse konnte ich auch nicht viel anfangen, erwies sich bald ja auch als Flop und verschwand wieder.

Und dann diese von ES aufgenötigte neue Zeitrechnung, oje. Zum Kopfschütteln und für Leser vorwiegend lästig. Aber irgendwie passt alles zusammen. Eine schlimme Utopie. In so einer Zeit möchte ich nicht leben. Mir reicht die heutige schon.
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Richard
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Re: Klassiker - Die Kosmische Hanse (PR 1000-1099)

Beitrag von Richard »

Um vielleicht ein wenig zu spoilern ...
Spoiler:
Diese Art der Gesellschaft v.w. keine Verbrecher mehr usw. ... diese Zukunftsvision der LFT wurde mE sehr schnell wieder begraben.
Ich meine mich daran zu erinnern, dass ich mal las, dass dieser Aspekt auch beim Erscheinen des Romans in der EA negativ ankam und man entsprechend darauf reagiert.
Vielleicht weiss ja jemand mehr dazu bzw. genaueres dazu.
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Verkutzon
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Re: Klassiker - Die Kosmische Hanse (PR 1000-1099)

Beitrag von Verkutzon »

Scrooge hat geschrieben: 3. März 2021, 16:39Da war die Phase ab 1001 eine Vollbremsung, zumindest wirkte das so.
Im Heft 1008 gibt es auf der Innenseite des Covers folgende Werbung:
Vom 1000. Band ab haben Sie die einmalige Gelegenheit, ohne Schwierigkeiten in den Handlungsablauf der PR-Serie hineinzufinden.
Und:
Nutzen Sie die Chance, mit dem 1000. Band einen mühelosen Einstieg in die grösste Science-fiction-Serie der Welt zu haben.
Darunter steht gross: Band 1000 erscheint am 21.10.1980... in einem Heft vom Dezember 1980 :wacko:

Auch interessant: im Heft 1010 fragt ein Leser: Wie weit plant ihr eigentlich die Handlung im Voraus?
Antwort: In groben Umrissen liegt die Handlung bis Band Nr. 1300 fest.
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Verkutzon
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Re: Klassiker - Die Kosmische Hanse (PR 1000-1099)

Beitrag von Verkutzon »

Scrooge hat geschrieben: 28. März 2021, 14:32Oder handelt es sich um einen durch und durch ironischen Roman? Bitte schreibt ja oder auch, dass ich mit meiner Interpretation komplett auf dem Holzweg befinde. Oder sonst etwas, was diesen Roman einordnet.
Dazu habe ich folgendes gefunden in der LKS von Heft 1040. Eine Erklärung von W. Voltz:
...darf ich vielleicht, ohne auf die Auseinandersetzung um die Figur Robert W. G. Aerts Einfluss nehmen zu wollen, diesen Charakter ein bisschen differenzieren: Aerts war ein Gangster im Sinne von Kriminellen, wie sie z.B. auch in der „Schwarzen Serie“ früher amerikanischer Krimis auftraten. Natürlich muss er im Jahre 424NGZ ein Fossil sein, eine Kuriosität, ähnlich einem letzten Indianer in seinem Reservat. Dass mit Aerts als letztem Vertreter seiner Art auch das Böse abgeschafft worden sei, ist ein erstaunliches Missverständnis, an dem natürlichen Ich schuld bin, weil ich Figur und Handlung nicht genügend ironisiert habe. Und das wiederum war eigentlich nicht möglich, weil die Handlung zur Kosmischen Hanse, in die Aerts eingebettet war, ernstgenommen werden wollte.

In der LKS von Band 1039 schreibt WiVo:
Die Figur des Robert W. G. Aerts, hat, wie ich nicht anders erwartete, die Gemüter bewegt.
Dazu gibt es einen langen Leserbrief von Michael Adrian, der sich mit moralischen und philosophischen Implikationen der ganzen Geschichte auseinandersetzt.

In Band 1038 schrieb Leser Lucien Schilling, dass Band 1007 das stärkste Heft im noch jungen Zyklus ist.

Thomas Schmidt freut sich, endlich wichtige Daten über die Kosmische Hanse und die politische Situation zu erfahren. LKS 1033...

LKS 1042: Klaus Müller schrieb über Heft 1007: Sehr gut die von Anfang an anhaltende Spannung und gut auch die Schilderung des Auftauchens von Quiupu.

Ich lass es mal dabei bewenden...
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Yman
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Re: Klassiker - Die Kosmische Hanse (PR 1000-1099)

Beitrag von Yman »

Partoc hat geschrieben: 28. März 2021, 09:06 ".... Vishnu gehört zur Trimurti. Das ist Sanskrit und bedeutet Dreigestalt. Gemeint ist damit im Hinduismus die Dreiheit der Götter Brahma, Wischnu und Schiwa, die auch als Schöpfer, Erhalter und Zerstörer aufgefasst werden können."


Da verrät Voltz nicht nur, dass er sich für die Idee zum Konstrukt um Vishna beim Hinduismus bedient hatte, sondern offenbart den Lesern bereits im Voraus eine der wichtigsten Thematiken in diesem Zyklus und macht Andeutungen "auf das zukünftige Schicksal".
Schöpfen, Erhalten, Zerstören - die Tätigkeitsbeschreibung eines Expokraten. :devil:
Bin mal gespannnt, wie die sich abzeichnende Entwicklung auf einer philosophischen Ebene noch deuten lässt.
Scrooge hat geschrieben: 28. März 2021, 14:32 1. Zu den problematischsten Aspekten der Serie gehören aus meiner Sicht weniger die großen Entfernungen, sondern eher die großen Zeiträume. Da werden nun einfach mal über 400 Jahre übersprungen, und es hat sich kaum etwas verändert, bzw. alles ist noch besser geworden. Man vergegenwärtige sich mal, was auf der Erde so um 1600 los war und vergleiche das mit der Situation heute. Die ersten 400 Jahre NGZ sind dagegen scheinbar von einer friedlichen Aufbauarbeit geprägt. Soziale, kulturelle oder politische Änderungen? Kaum auszumachen, auf jeden Fall weniger als bei uns, sagen wir mal, in den letzten 20 Jahren passiert ist. Dieses Bild einer weitgehend starren und statischen Gesellschaft finde ich bedrückend.
Man kann es aber auch mal so sehen: Welche sozialen, kulturellen oder politischen Änderungen fanden denn auf dem geographischen Gebiet des heutigen Deutschland in den 400 Jahren von 2000 - 1600 v. Chr. statt? War es da auch so rasant wie in den letzten 20 Jahren?

Voltz Zukunftsentwurf der Erde für ein fiktives Jahr 4000 scheint ja bei vielen einen Nerv getroffen zu haben. Ich habe es mir so vorgestellt, dass jeder, dem es auf der Erde nicht gefällt, recht einfach auswandern kann, und die die zurückbleiben, sind dann eben angepasst. Die LFT des Jahres 424 NGZ ist offenbar ein beispielloser Sozialstaat, der aber auch einen starken Anpassungsdruck erzeugt. Durch die Bereitstellung von materiellem Wohlstand und vielen Freiheiten in bestimmten Bereichen erkauft sich dieser Staat die Zustimmung der Bürger zum System. Es geht nicht alles in der LFT, aber doch sehr viel.

Außenpolitisch sieht es für die LFT sehr gut aus: Die einstigen Gegner in der Milchstraße sind mit der LFT über die GAVÖK verbunden. So etwas hatte das Solare Imperium nicht vorzuweisen, und die Kosmische Hanse spielt ein ganz andere Rolle als die Solare Flotte, was nun auch optisch durch neue Schiffsformen (Keilschiffe) symbolisiert wird.

Perry Rhodan ist auch nicht länger Großadministrator, Erster Hetran, usw. sondern nur noch einer von 34 Hansesprechern.

Man kann es wohl kaum bestreiten, dass WiVo die Serie umgekrempelt hat, und im Jahr 1980 war sein Entwurf trotz aller angesprochenen Probleme wohl etwas zeitgemäßer als die Entwürfe Scheers aus den 60-ern.

Es mag sein, dass Voltz damals nicht alles komplett durchdenken und ausdiskutieren konnte, aber verglichen mit Scheer Anfang der 60-er, sah es für Voltz auch etwas anders aus: Die PR-Serie hatte 5 Auflagen, Leserseiten, PR-Reports, PR-Computer, PR-Lexikon, Risszeichnungen, dazu kamen 2 Atlan-Auflagen, 3 Taschenbuchauflagen, Sonderpublikationen, ein Weltcon und was sonst noch war. Auch wenn Voltz nicht alles selbst machte, musste er doch einen Überblick behalten, einschließlich über bereits 1000 PR-Romane.

Als Scheer anfing, wurden im Wesentlichen nur Romane geschrieben. Das ganze Drumherum hielt sich sehr in Grenzen. Den MdI-Zyklus auf Basis von 199 bisher erschienenen Heften zu planen war da ein Klacks im Vergleich zu WiVos Arbeit im Jahr 1980.
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nanograinger
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Re: Klassiker - Die Kosmische Hanse (PR 1000-1099)

Beitrag von nanograinger »

Yman hat geschrieben: 29. März 2021, 11:48...
Voltz Zukunftsentwurf der Erde für ein fiktives Jahr 4000 scheint ja bei vielen einen Nerv getroffen zu haben. ...
Das würde ich auch meinen. Ich war damals 14 Jahre alt und die Utopie des Kosmische Hanse-Zyklus sprach mich sehr an, im Gegensatz zum militaristischen SI, das ich aus der 3. und 4. Auflage kannte. Auch der Kontrast zu realen Problemen (steigende Arbeitslosigkeit, atomare Rüstung, Terrorismus) war enorm. Hier war ein friedliches Miteinander ganz unterschiedlicher Zivilisationen und Wesen (fiktive) Realität. Wie KNF mal schrieb, war die Kosmische Hanse (aus seiner Sicht) an die Europäische Union angelehnt, in der ja auch ehemalige "Erbfeinde" friedlich im Handel zusammen kamen.

Die Geschichte um Aerts und den Leserreaktionen habe ich vor etwa fünf Jahren mal zusammengefasst, das ergänzt die Zitate von Verkutzon und anderen.
Quinto hat geschrieben: Mit der Kosmischen Hanse konnte ich auch nicht viel anfangen, erwies sich bald ja auch als Flop und verschwand wieder.
Keineswegs. Die Kosmische Hanse wurde. wie alle anderen Strukturen, durch Monos im Cantaro-Zyklus zerschlagen. Sie "hielt" also 400 Bände. Das Solare Imperium gab es nicht viel länger.
Scrooge hat geschrieben: 28. März 2021, 14:32 2. Übergreifender Rahmen ist der Kampf gegen die SI Seth-Apophis. Wir Leser*innen wissen das "aus erster Hand", doch eigentlich haben wir es hier mit einem politischen Führer zu tun, der die gesamte Gesellschaft streamlined und auf ein Ziel ausrichtet, das er von einer übergeordneten Wesenheit "empfangen" hat. War sonst leider keiner dabei, wie praktisch. Debatten über die gesellschaftliche Ausrichtung, darüber wie es weitergeht? Keine. Bei genauerer Betrachtung ist das erstaunlich, denn der militärisch inspirierte Expansionismus des Solaren Imperiums ist dem kompletten Siegeszug des terranischen Kapitalismus gewichen. Imperialismus mit anderen Mitteln. Und eine Gesellschaft, die die Vorgaben der politischen Führung einfach so hinnimmt.
Ich bin erstaunt, was du hier schreibst. Ich glaube nicht, dass irgendetwas in dieser Art im Roman steht. Dass wir von keinen politischen Debatten lesen, heißt ja nicht, dass es sie nicht gab und gibt, sondern nur, dass sie kein besonders gutes Material für eine Abenteuerserie sind. Der Kapitalismus wurde auch nicht von den Terranern erfunden, oder glaubst du, die Mehandor haben Adam Smith gelesen?

Die Kosmische Hanse ist eine Reaktion auf die Bedrohung durch SETH-APOPHIS. Dass diese Bedrohung real ist, wird spätestens in den kommenden Romanen sehr deutlich. Dass die Milchstrasse angesichts dieser Bedrohung (und nach der nahezu 120-jährigen Herrschaft durch Konzil und Überschwere) sich politisch zur GAVÖK zusammen gefunden hat entspricht in etwa der Einigung der Erdnationen angesichst der Entdeckung der Arkoniden und der Gefahr der Invasion durch IV, Fantan und Mehandor zu Beginn der Serie. Das scheint mir durchaus plausibel und ist mir persönlich viel lieber als das Solare Imperium. Man sollte die LFT und die Hanse mit dem SI vergleichen, dann ergibt sich eine völlig andere Perspektive.

Das Problem der "Auserwähltheit" sehe ich auch, aber hier darf man nicht vergessen, dass es in unserer Welt keine Superintelligenzen und keine Unsterbliche o.ä. gibt. Wenn es sie gäbe: Bezweifelst du, dass diese in den meisten Fällen/Zeiten eine besondere Rolle spielen würden?
Scrooge hat geschrieben: 28. März 2021, 14:32 3. Diese gesellschaftlich-politisch-sozial-kulturelle Homogenität wird gebrochen vom "letzten Kriminellen", aber nur ums sie letztlich zu bestätigen. Das ist m.E. das bedrückendste Element: Kriminalität wird biologistisch umgedeutet und zu einem abweichenden Verhalten, das sich frühzeitig korrigieren lässt. Die biologische Erklärung ist hochproblematisch, denn man ersetze z.B. "Kriminalität" durch "Hautfarbe", oder was einem noch so einfallen könnte an "Abweichungen". Ich möchte gar nicht weiterschreiben...
Auch hier bin ich erstaunt, denn von "biologistisch" oder biologischen Ursachen ist im Roman (meines Wissens) keine Rede. Der Satz "Negative psychische Entwicklungen werden bereist im Kindesalter erkannt und korrigiert." sagt weder etwas über die Ursache der "negativen" Entwicklungen, noch über die Art der Korrektur etwas aus.
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Baptist Ziergiebel
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Re: Klassiker - Die Kosmische Hanse (PR 1000-1099)

Beitrag von Baptist Ziergiebel »

Yman hat geschrieben: 29. März 2021, 11:48
Man kann es aber auch mal so sehen: Welche sozialen, kulturellen oder politischen Änderungen fanden denn auf dem geographischen Gebiet des heutigen Deutschland in den 400 Jahren von 2000 - 1600 v. Chr. statt? War es da auch so rasant wie in den letzten 20 Jahren?
Uff, wo anfangen, wo aufhören? :D
Die drei größten Kriege der Menschheit fanden in der Zeit auf deutschem Boden statt, mit all ihren unmittelbaren Folgen, sowie aus ihnen resultierenden massiven gesellschaftlichen Veränderungen danach, wenn ich recht zähle, gab es in den 400 bzw. letzten 200 Jahren sieben verschiedene Gesellschaftssysteme hier, desweiteren hat hier ein Großteil der industriellen und technologischen Veränderung der Welt seinen Ursprung. In Deutschland wurde in den letzten 400 Jahren wirklich alles außer einem Gottesstaat ausprobiert, mehr Wandel und Umbrüche gibt es kaum. Die letzten 20 Jahre sind da vglw. eher gemäßigt, gekennzeichnet durch eine alternde Bevölkerung mit entsprechender Prioritätensetzung und Transformprozessen.

Über diesen Serienabschnitt der KH bin ich allerdings wenig im Bilde. Gibt es denn Aussagen über den Ablauf dieser 400 Jahre? Schwer vorstellbar, dass wirklich alle Sternenreiche, Rassen, Gruppierungen, Kombinate usw. usf. den "angedachten" Wandel so mir nichts dir nichts mitgemacht haben. Ich kann schon nachvollziehen, wenn Voltz und die anderen kein historisches Handbuch, sondern eine Unterhaltungsserie schreiben wollten, aber vielleicht gibt es Hinweise, etwa in Taschenbüchern? Bei Spoilergefahr diese Frage bitte ignorieren oder später beantworten, falls gewollt. :)

Gruß.
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Re: Klassiker - Die Kosmische Hanse (PR 1000-1099)

Beitrag von Yman »

Yman hat geschrieben: 29. März 2021, 11:48 Man kann es aber auch mal so sehen: Welche sozialen, kulturellen oder politischen Änderungen fanden denn auf dem geographischen Gebiet des heutigen Deutschland in den 400 Jahren von 2000 - 1600 v. Chr. statt? War es da auch so rasant wie in den letzten 20 Jahren?
Was ich hier meinte war eine vorgermanische Zeit, einen Teil der Bronze-Zeit (die Zeit, in der sich die Zinnbronze in Mitteleuropa als Standardlegierung durchsetzte), nicht die letzten 400 Jahre, und was ich damit andeuten wollte, war, dass man nicht einfach einen langen Zeitraum von 400 Jahren als eine Zeit großer Umbrüche ansehen kann, nur weil 400 Jahre nach sehr viel klingt.

In den 400 Jahren von 2000 - 1600 v. Chr. hat es vermutlich keine großartigen Entwicklungen gegeben, weil entsprechende Impulse fehlten, und das kann in der fiktiven Zeit 0 - 424 NGZ ähnlich gewesen sein. Ich sehe in dem Zeitsprung von 400 Jahren zu Beginn des KH-Zyklus kein Problem.

Ein wenig anders ist das mit dem Zeitsprung zwischen Band 399 und 400, also 2437-3430, wo Perry Rhodan ununterbrochen Großadministrator blieb und nach fast 1500 Jahren von seinen engsten Kollegen wie z.B. Fellmer Lloyd immer noch gesiezt wird.
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Re: Klassiker - Die Kosmische Hanse (PR 1000-1099)

Beitrag von Baptist Ziergiebel »

Oh, v. Chr. schriebst du, jetzt sehe ichs auch. :D Mea culpa.

Allerdings stellt sich hier dann die Frage der sinnvollen Vergleichbarkeit. Dass in vorindustriellen, illiteraten Gesellschaften, wenn man das denn schon so nennen kann, bei äußerst dünner Besiedelung und ohne unmittelbaren Anpassungsdrang an Neuerungen kaum Veränderungen und wenn, dann nur sehr langsam, stattfinden, sollte nicht wundern. Sowas ist aber in einer fortgeschrittenen, gerne auch galaktischen Zivilisationswelt, mit zahlreichen teils unmittelbar miteinander agierenden höchst unterschiedlichen Völkern, Systemen, Bedürfnissen und Ansichten m. M. nach nicht der Fall und somit nicht vergleichbar.

Zumal die Kosmische Hanse ja auch als Handelsplatz angelegt ist, wenn ich nicht irre? Da sollte eigentlich Konkurrenzdruck und Wettbewerb und somit auch Fortschritt herrschen,wenn nicht zu stark reglementiert.

Gruß.
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Re: Klassiker - Die Kosmische Hanse (PR 1000-1099)

Beitrag von Yman »

Baptist Ziergiebel hat geschrieben: 29. März 2021, 15:36Zumal die Kosmische Hanse ja auch als Handelsplatz angelegt ist, wenn ich nicht irre? Da sollte eigentlich Konkurrenzdruck und Wettbewerb und somit auch Fortschritt herrschen,wenn nicht zu stark reglementiert.
Fortschritt welcher Art? Auch in der frühen Bronzezeit führte der Handel zum Wandel, insbesondere aber eben zu einer Vernetzung Europas. Bislang autarke Siedlungen schlossen sich diesem Netzwerk an und erlebten eine Teilhabe an einer Gesamtentwicklung. Man kann sich das so vorstellen, dass auch in vorher unterentwickelten Gegenden plötzlich moderne Geräte, z.B. Bronze-Werkzeuge, zur Verfügung standen.

Ähnliches sieht man ja auch in der Milchstraße, dass eine Angleichung z.B. bei der Raumfahrt stattfindet. Akonen, Blues, usw. dürften zur Zeit der KH erstmals einen mehr oder weniger ungehinderten Zugang zu den Technologien der anderen GAVÖK-Völker bekommen haben, im Wesentlichen Paratron, Transform, Metagrav, Hypertrop, Formenergie. Mehr war in 400 Jahren nicht drin.

Einen wirklichen Konkurrenzdruck sehe ich da nicht, weder in der frühen Bronzezeit, noch in der KH-Zeit.
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Re: Klassiker - Die Kosmische Hanse (PR 1000-1099)

Beitrag von Partoc »

nanograinger hat geschrieben: 29. März 2021, 14:37
Scrooge hat geschrieben: 28. März 2021, 14:32 3. Diese gesellschaftlich-politisch-sozial-kulturelle Homogenität wird gebrochen vom "letzten Kriminellen", aber nur ums sie letztlich zu bestätigen. Das ist m.E. das bedrückendste Element: Kriminalität wird biologistisch umgedeutet und zu einem abweichenden Verhalten, das sich frühzeitig korrigieren lässt. Die biologische Erklärung ist hochproblematisch, denn man ersetze z.B. "Kriminalität" durch "Hautfarbe", oder was einem noch so einfallen könnte an "Abweichungen". Ich möchte gar nicht weiterschreiben...
Auch hier bin ich erstaunt, denn von "biologistisch" oder biologischen Ursachen ist im Roman (meines Wissens) keine Rede. Der Satz "Negative psychische Entwicklungen werden bereist im Kindesalter erkannt und korrigiert." sagt weder etwas über die Ursache der "negativen" Entwicklungen, noch über die Art der Korrektur etwas aus.
Nur so als Info: Im Epilog des Romans unterhalten sich zwei Beamten der Gesundheitsbehörde über Aerts. Einer trägt ein Aktenbündel bei sich. Man erfährt, dass alles was man über Aerts vermutet hatte, falsch sei.

Hier zwei weitere Zitate dazu:

"Ich meine, dass es zwei Akten über ihn gibt. Jene, die wir vom zentralen Computernetz angefordert haben, ist falsch, zumindest, was einen Teil von Aerts Vergangenheit betrifft."

"Wir sind immer davon ausgegangen, dass Aerts seit seiner Kindheit ein potentieller Verbrecher war und durch alle Kontrollinstanzen geschlüpft ist", ...


Es steht zwar nichts von "biologisch", aber es gibt offenbar Kontrollinstanzen und im zentralen Computernetz (und alten Archiven) werden Akten angelegt.
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Re: Klassiker - Die Kosmische Hanse (PR 1000-1099)

Beitrag von nanograinger »

Partoc hat geschrieben: 29. März 2021, 16:46
nanograinger hat geschrieben: 29. März 2021, 14:37
Scrooge hat geschrieben: 28. März 2021, 14:32 3. Diese gesellschaftlich-politisch-sozial-kulturelle Homogenität wird gebrochen vom "letzten Kriminellen", aber nur ums sie letztlich zu bestätigen. Das ist m.E. das bedrückendste Element: Kriminalität wird biologistisch umgedeutet und zu einem abweichenden Verhalten, das sich frühzeitig korrigieren lässt. Die biologische Erklärung ist hochproblematisch, denn man ersetze z.B. "Kriminalität" durch "Hautfarbe", oder was einem noch so einfallen könnte an "Abweichungen". Ich möchte gar nicht weiterschreiben...
Auch hier bin ich erstaunt, denn von "biologistisch" oder biologischen Ursachen ist im Roman (meines Wissens) keine Rede. Der Satz "Negative psychische Entwicklungen werden bereist im Kindesalter erkannt und korrigiert." sagt weder etwas über die Ursache der "negativen" Entwicklungen, noch über die Art der Korrektur etwas aus.
Nur so als Info: Im Epilog des Romans unterhalten sich zwei Beamten der Gesundheitsbehörde über Aerts. Einer trägt ein Aktenbündel bei sich. Man erfährt, dass alles was man über Aerts vermutet hatte, falsch sei.

Hier zwei weitere Zitate dazu:

"Ich meine, dass es zwei Akten über ihn gibt. Jene, die wir vom zentralen Computernetz angefordert haben, ist falsch, zumindest, was einen Teil von Aerts Vergangenheit betrifft."

"Wir sind immer davon ausgegangen, dass Aerts seit seiner Kindheit ein potentieller Verbrecher war und durch alle Kontrollinstanzen geschlüpft ist", ...


Es steht zwar nichts von "biologisch", aber es gibt offenbar Kontrollinstanzen und im zentralen Computernetz (und alten Archiven) werden Akten angelegt.
In der Perrypedia steht: "Zu einem unbekannten Zeitpunkt zapfte Aerts das zentrale Computernetz an und manipulierte seine persönlichen Daten, so dass diese danach Informationen darüber enthielten, dass Aerts schon im Kindesalter kriminell gewesen sei. Tatsächlich hatte sich sein Charakter irgendwann später von einem Tag zum anderen geändert. (PR 1007)"

Hat man im Laufe der Jahrzehnte eigentlich entschlüsselt, für wen die Initialen "W. G." stehen?
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Partoc
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Re: Klassiker - Die Kosmische Hanse (PR 1000-1099)

Beitrag von Partoc »

nanograinger hat geschrieben: 29. März 2021, 17:46
In der Perrypedia steht: "Zu einem unbekannten Zeitpunkt zapfte Aerts das zentrale Computernetz an und manipulierte seine persönlichen Daten, so dass diese danach Informationen darüber enthielten, dass Aerts schon im Kindesalter kriminell gewesen sei. Tatsächlich hatte sich sein Charakter irgendwann später von einem Tag zum anderen geändert. (PR 1007)"
Ja. Deswegen gibt es auch zwei Akten, die in dem zentralen Computernetz (gefälscht) und die aus dem Archiv (welche in perrypedia nicht erwähnt wird). Die Zitate beziehen sich auf das überraschende Auffinden der Akte aus dem "alten" Archiv.
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Ce Rhioton
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Re: Klassiker - Die Kosmische Hanse (PR 1000-1099)

Beitrag von Ce Rhioton »

Da ich die Silberbände nicht mehr sammle, stelle ich mir gerade die Frage, wie die Ereignisse von 1007 im entsprechenden SiBa (müsste # 119 sein) verarbeitet wurden. Gibt es hierzu separate Informationen?
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Verkutzon
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Re: Klassiker - Die Kosmische Hanse (PR 1000-1099)

Beitrag von Verkutzon »

Soll bloss niemand mehr erzählen der Hanse-Zyklus sei schlecht und findet kein Interesse...! :D
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nanograinger
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Re: Klassiker - Die Kosmische Hanse (PR 1000-1099)

Beitrag von nanograinger »

Ce Rhioton hat geschrieben: 29. März 2021, 21:30 Da ich die Silberbände nicht mehr sammle, stelle ich mir gerade die Frage, wie die Ereignisse von 1007 im entsprechenden SiBa (müsste # 119 sein) verarbeitet wurden. Gibt es hierzu separate Informationen?
Der Satz ""Negative psychische Entwicklungen werden bereist im Kindesalter erkannt und korrigiert." steht exakt so in Silberband 119 (sagt meine Google-Suche).
Scrooge
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Re: Klassiker - Die Kosmische Hanse (PR 1000-1099)

Beitrag von Scrooge »

nanograinger hat geschrieben: 29. März 2021, 14:37 Ich bin erstaunt, was du hier schreibst. Ich glaube nicht, dass irgendetwas in dieser Art im Roman steht. Dass wir von keinen politischen Debatten lesen, heißt ja nicht, dass es sie nicht gab und gibt, sondern nur, dass sie kein besonders gutes Material für eine Abenteuerserie sind. Der Kapitalismus wurde auch nicht von den Terranern erfunden, oder glaubst du, die Mehandor haben Adam Smith gelesen?

Die Kosmische Hanse ist eine Reaktion auf die Bedrohung durch SETH-APOPHIS. Dass diese Bedrohung real ist, wird spätestens in den kommenden Romanen sehr deutlich. Dass die Milchstrasse angesichts dieser Bedrohung (und nach der nahezu 120-jährigen Herrschaft durch Konzil und Überschwere) sich politisch zur GAVÖK zusammen gefunden hat entspricht in etwa der Einigung der Erdnationen angesichst der Entdeckung der Arkoniden und der Gefahr der Invasion durch IV, Fantan und Mehandor zu Beginn der Serie. Das scheint mir durchaus plausibel und ist mir persönlich viel lieber als das Solare Imperium. Man sollte die LFT und die Hanse mit dem SI vergleichen, dann ergibt sich eine völlig andere Perspektive.

Das Problem der "Auserwähltheit" sehe ich auch, aber hier darf man nicht vergessen, dass es in unserer Welt keine Superintelligenzen und keine Unsterbliche o.ä. gibt. Wenn es sie gäbe: Bezweifelst du, dass diese in den meisten Fällen/Zeiten eine besondere Rolle spielen würden?
Naja. Man könnte auch sagen, dass es möglicherweise den Osterhasen auch im Perryversum gibt, zumindest solange, bis nicht explizit geschrieben wurde, dass es ihn nicht gibt. Aber klar, es ging Voltz weniger darum, einen exakt ausgearbeiteten politischen Hintergrund zu präsentieren, sondern einen Rahmen abzubilden, der spannende Romane ermöglicht.

Dennoch: Ich sehe diesen skizziertren politischen Rahmen nicht sehr positiv, und z.T. auch im Vergleich zum SI. Noch einmal: Perry Rhodan gründet "eine mächtige Organisation, deren Einfluss inzwischen weit in das bekannte Universum hineinreicht" (Vorspanntext 1007), und zwar allein auf Grundlage eines Gesprächs mit ES. Ich hatte geschrieben, dass es zur Ausrichtung keinerlei politische/gesellschaftliche Debatten gab, und auf Grundlage der Romane halte ich dies weiterhin für eine plausible Annahme. Insbesondere ist eine gesellschaftliche Auseinandersetzung mit den "eigentlichen" Zielen der Hanse ja gar nicht möglich, weil diese - man korrigiere mich - zumindest in der Aufbauphase geheim gehalten wurden. Was ist das für ein politisches System, indem der "finale" Grund für ein gigantisches Unterfangen wie der Hanse vor den Bürger*innen, z.T. auch vor den Entscheidungsträgern, geheim gehalten wird? Ist das die "kosmische Bestimmung der Menschheit"? Etwas zu tun, ohne eigentlich zu wissen, warum? Und Perry Rhodan hilft tatkräftig dabei mit, die Menschheit zu entmündigen. Da ist mir das SI zumindest in diesem Punkt noch lieber, indem es eine solche "hidden agenda" eben nicht gab. Mit der Kosmischen Hanse sind die Terraner endgültig zu einem "Hilfsvolk" von ES degeneriert. Ich finde das erschreckend, weil es sich hier nicht um eine bewusste Entscheidung der Bürger*innen gehandelt hat, sondern um die einer kleinen elitären Clique. Ich möchte in einer solchen Gesellschaft nicht leben.

Falls ich hier etwas falksch verstanden habe, lasse ich mich sehr gerne korrigieren.
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Re: Klassiker - Die Kosmische Hanse (PR 1000-1099)

Beitrag von Scrooge »

nanograinger hat geschrieben: 29. März 2021, 14:37 Der Kapitalismus wurde auch nicht von den Terranern erfunden, oder glaubst du, die Mehandor haben Adam Smith gelesen?
Ich weiß nicht, was die Mehandor so lesen, doch wenn sie terranische Klassiker lesen, sollten sie vielleicht nicht nur Adam Smith lesen, sondern auch Karl Marx, Marcell Mauss oder Kar Polanyi. Aber lassen wir das. Worauf es mir hier ankommt, ist weniger der Kapitalismus an sich, sondern die Verquickung von Kapitalismus und politischer Macht. Das wird in den Romanen ja sehr deutlich ausgesagt und als Vorteil dargestellt, insbesondere mit Blick auf den Kampf gegen Seth-Apophis. Nur ist eine solche Organisation wie die Hanse eben ganz und gar nicht unproblematisch, weil unter dem Deckmantel des Handels, der angeblich allen Vorteile erbringt, in erster Linie die Macht der Terraner systematisch ausgebaut wird. Das man man gut finden, doch genau betrachtet ist das eine weitere "hidden agenda", die in keinster Weise problematisiert wird.
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Re: Klassiker - Die Kosmische Hanse (PR 1000-1099)

Beitrag von Scrooge »

nanograinger hat geschrieben: 29. März 2021, 14:37
Scrooge hat geschrieben: 28. März 2021, 14:32 3. Diese gesellschaftlich-politisch-sozial-kulturelle Homogenität wird gebrochen vom "letzten Kriminellen", aber nur ums sie letztlich zu bestätigen. Das ist m.E. das bedrückendste Element: Kriminalität wird biologistisch umgedeutet und zu einem abweichenden Verhalten, das sich frühzeitig korrigieren lässt. Die biologische Erklärung ist hochproblematisch, denn man ersetze z.B. "Kriminalität" durch "Hautfarbe", oder was einem noch so einfallen könnte an "Abweichungen". Ich möchte gar nicht weiterschreiben...
Auch hier bin ich erstaunt, denn von "biologistisch" oder biologischen Ursachen ist im Roman (meines Wissens) keine Rede. Der Satz "Negative psychische Entwicklungen werden bereist im Kindesalter erkannt und korrigiert." sagt weder etwas über die Ursache der "negativen" Entwicklungen, noch über die Art der Korrektur etwas aus.
Der Satz lautet m.E. "Negative psychische Veranlagungen...", nicht "Entwicklungen". Allerdings müsste ich den Roman nochmals auf entsprechende Formulierungen prüfen. Der Begriff "Veranlagung" weist m.E. ganz deutlich in eine "biologische" Richtung, entweder dahingehend, dass Kriminalität das Ergebnis eines äußeren Einflusses ist, oder gar, dass es eine genetische Disposition gibt. Was Voltz im Blick hatte, weiß ich nicht, doch in beiden Fällen geht es darum, dass Kriminalität als ein Krankheitszustand bewertet wird, sei es psychisch oder gar physisch, den man "behandeln" und "korrigieren" kann. Die Textstelle, die ich im Auge habe (zu Beginn des Romans) ist zwar aus Sicht einer Person geschrieben, insofern ließe sich einwenden, dass es sich hier nicht um eine "objektive" Beschreibung handelt. Im Gesamtzusammenhang des Romans, auch mit Blick auf die Aussagen zur Ethik, komme ich zu einer anderen Einschätzung. Zumindest aber scheint hier der dominante Diskurs ja ganz deutlich durch. Was mich zu der Frage bringt: Was gibt es denn sonst so für "negative psychische Veranlagungen" neben einer Neigung zur Kriminalität, die "korrigiert" werden? Und wie erfolgt das eigentlich konkret? Wer entscheidet darüber, wann ein Eingriff vorgenommen wird? Handelt es sich hier nicht um ggf. schwerwiegende Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht?
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nanograinger
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Re: Klassiker - Die Kosmische Hanse (PR 1000-1099)

Beitrag von nanograinger »

Scrooge hat geschrieben: 30. März 2021, 17:29
nanograinger hat geschrieben: 29. März 2021, 14:37
Scrooge hat geschrieben: 28. März 2021, 14:32 3. Diese gesellschaftlich-politisch-sozial-kulturelle Homogenität wird gebrochen vom "letzten Kriminellen", aber nur ums sie letztlich zu bestätigen. Das ist m.E. das bedrückendste Element: Kriminalität wird biologistisch umgedeutet und zu einem abweichenden Verhalten, das sich frühzeitig korrigieren lässt. Die biologische Erklärung ist hochproblematisch, denn man ersetze z.B. "Kriminalität" durch "Hautfarbe", oder was einem noch so einfallen könnte an "Abweichungen". Ich möchte gar nicht weiterschreiben...
Auch hier bin ich erstaunt, denn von "biologistisch" oder biologischen Ursachen ist im Roman (meines Wissens) keine Rede. Der Satz "Negative psychische Entwicklungen werden bereist im Kindesalter erkannt und korrigiert." sagt weder etwas über die Ursache der "negativen" Entwicklungen, noch über die Art der Korrektur etwas aus.
Der Satz lautet m.E. "Negative psychische Veranlagungen...", nicht "Entwicklungen".
Du hast recht, das korrekte Zitat lautet:

"Negative psychische Veranlagungen werden bereits im Kindesalter erkannt und korrigiert."

Ich weiß nicht, wo ich die Verwechslung her habe, aber so steht er in Band 1007 wie auch im Silberband 119. Ausgesprochen wird er vom Kaufmann (und Ladenbesitzer) Derral Smago, der von "Dillinger" Aerts ausgeraubt und einen Schlag "über den Schädel" bekommt.

Aus Zeitgründen antworte ich auf deine Postings frühestens heute Abend.
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