Klassiker - Die Dritte Macht (PR 1 - 49) - Textbeurteilung

Unvergessene Abenteuer, legendäre Zyklen - nachgelesen und neu diskutiert.
Antworten
Benutzeravatar
Akronew
Superintelligenz
Beiträge: 2952
Registriert: 29. Januar 2021, 13:32
Wohnort: M82

Klassiker - Die Dritte Macht (PR 1 - 49) - Textbeurteilung

Beitrag von Akronew »

Manchmal ist es auch nur das, was es ist.
Fedor Grimm nennt Aurelia Bina in 3114 auch Chefin.

So an 60 Jahre alten Texten herum zu deuten, könnte man fast schon als Kakophonie a la Schröder bezeichnen.
Schaut ihr auch in andere 60 Jahre alte Bücher? Ich lese ja immer mal wieder "Es muß nicht immer Kaviar sein".
Wer da ein Original besitzt der kann, aus heutiger Sicht, Stilblüten noch und nöcher finden.

Ich sage es mal so, wenn sich diese Texte heute noch wie damals lesen lassen würden,
dann hätten die Autoren damals etwas falsch gemacht.
_________________________________________________________________________________________________
Ich durchstreifte den Vorhof auf der Suche nach dem Aquarium, weil ich der Clansmutter eine Überraschung mitgebracht hatte.
thinman
Ertruser
Beiträge: 799
Registriert: 26. Juni 2012, 12:44

Re: Klassiker - Die Dritte Macht (PR 1 - 49)

Beitrag von thinman »

Akronew hat geschrieben: 27. Mai 2021, 14:46

So an 60 Jahre alten Texten herum zu deuten, könnte man fast schon als Kakophonie a la Schröder bezeichnen.
Schaut ihr auch in andere 60 Jahre alte Bücher? Ich lese ja immer mal wieder "Es muß nicht immer Kaviar sein".
Wer da ein Original besitzt der kann, aus heutiger Sicht, Stilblüten noch und nöcher finden.

Ich sage es mal so, wenn sich diese Texte heute noch wie damals lesen lassen würden,
dann hätten die Autoren damals etwas falsch gemacht.
Also wenn ich 60 Jahre alte literarische Texte lese, sind die noch relativ neu. :devil: Gut, bei manchen Texten ist die Überlieferungslage beschissen, aber was kann ein Buch dafür, dass es nur in einer Abschrift die Kriege und Säuberungsaktionen nach radikalen Glaubenswechseln überstanden hat. Das, was als Kritik an den jeweils Herrschenden verstanden wurde, konnte sehr schnell für das Werk, den Verfasser oder Besitzer Existenzgefährdend werden. Manchmal reichte da nur der Verdacht, dass es jemand gelesen haben könnte. In diesem Sinne erscheint mir die Diskussion über Details in den Heften, die plötzlich auf heutige Befindlichkeiten heruntergebrochen werden, zwar als interessant aber eben auch gefährlich. 1984 und Fahrenheit 451 sind als Realitäten näher an uns heran gerückt, als mir lieb ist.
Und nein, das ist nicht die Schuld der Autoren, der Fehler, wenn es den einer ist, liegt bei uns Rezipienten. Wenn wir Leser aber diese Texte so lesen, als wären sie gerade gestern 1961 geschrieben worden und keine 60 Jahre seit Vröffentlichung vergangen, dann haben wir definitv etwas falsch gemacht.

thinman
Benutzeravatar
Akronew
Superintelligenz
Beiträge: 2952
Registriert: 29. Januar 2021, 13:32
Wohnort: M82

Re: Klassiker - Die Dritte Macht (PR 1 - 49)

Beitrag von Akronew »

thinman hat geschrieben: 28. Mai 2021, 10:15 Wenn wir Leser aber diese Texte so lesen, als wären sie gerade gestern 1961 geschrieben worden und keine 60 Jahre seit Vröffentlichung vergangen, dann haben wir definitv etwas falsch gemacht.
Nun sind wir als Leser zum Glück keine Zensurbehörde :rolleyes:

Aber ich denke schon das man solche Texte in ihren Kontext sehen sollte und mich stört es,
wenn man an einzelnen Dingen und Wörtern heute etwas hineininterpretierte,
was damals einfach umgangssprachlicher Mainstream war.
Besonders bei dieser Art des Mediums. Ich sag mal Trivialliteratur.
_________________________________________________________________________________________________
Ich durchstreifte den Vorhof auf der Suche nach dem Aquarium, weil ich der Clansmutter eine Überraschung mitgebracht hatte.
Benutzeravatar
Andreas Möhn
Terraner
Beiträge: 1481
Registriert: 16. Februar 2013, 14:35
Kontaktdaten:

Re: Klassiker - Die Dritte Macht (PR 1 - 49)

Beitrag von Andreas Möhn »

Akronew hat geschrieben: 28. Mai 2021, 11:00 Aber ich denke schon das man solche Texte in ihren Kontext sehen sollte und mich stört es,
wenn man an einzelnen Dingen und Wörtern heute etwas hineininterpretierte,
was damals einfach umgangssprachlicher Mainstream war.
Besonders bei dieser Art des Mediums. Ich sag mal Trivialliteratur.
Die im Zyklus vorherrschende Anrede "Meine Herren" (Ist Weibsvolk anwesend?) war aber vor 60 Jahren genau so altväterlich wie heute.
Die Sternenflotte bestätigt hiermit, dass im Rahmen der Erstellung dieses Beitrags kein Rothemd erschossen, erschlagen, verstrahlt, zerstückelt, gefressen, liquidiert, aufgelöst, transporterverunfallt noch in irgendeiner anderen Weise an Leib, Leben und/oder psychischer Gesundheit geschädigt wurde.
Scrooge
Plophoser
Beiträge: 479
Registriert: 12. September 2013, 08:55

Re: Klassiker - Die Dritte Macht (PR 1 - 49)

Beitrag von Scrooge »

thinman hat geschrieben: 28. Mai 2021, 10:15 Wenn wir Leser aber diese Texte so lesen, als wären sie gerade gestern 1961 geschrieben worden und keine 60 Jahre seit Vröffentlichung vergangen, dann haben wir definitv etwas falsch gemacht.
Genau. Deshalb ist aus meiner Sicht die Frage auch wenig hilfreich, ob es in der frühen PR-Serie rassistische Anklänge gab. Man müsste vielmehr zunächst klären, aus welcher Perspektive diese Frage gestellt wird. D.h. aus heutiger Perspektive könnte die Verwendung des Begriffs "Blues" für einige Rassismus sein, das wird man heute aber sicher anders beurteilen als vor 50 (oder auch nur vor 30) Jahren. So ist es bei vielen Dingen, die in den frühen Heften stehen. Interessant fände ich, wem schon damals solche Bezeichungen übel aufgestoßen sind, oder ob bereits aus der damaligen Perspektive eine Aussage wie die von Ras Tschubai (ungeachtet des Textkontextes, den ich nicht kenne), der Perry mit "Herr" anspricht, als Neokolonialismus interpretiert werden konnte. Meines Wissens wurde zudem der Begrriff "Neger" in PR bis in die 80er Jahre hinein verwendet. Heute undenkbar, aber den historischen Kontext muss man eben immer mitdenken.
Let's go Red Sox
Benutzeravatar
Akronew
Superintelligenz
Beiträge: 2952
Registriert: 29. Januar 2021, 13:32
Wohnort: M82

Re: Klassiker - Die Dritte Macht (PR 1 - 49)

Beitrag von Akronew »

Andreas Möhn hat geschrieben: 28. Mai 2021, 11:16 Die im Zyklus vorherrschende Anrede "Meine Herren" (Ist Weibsvolk anwesend?) war aber vor 60 Jahren genau so altväterlich wie heute.
Dafür hätte ich dann mal ganz gerne einen Beleg. :rolleyes:

"Meine Herren" ist selbst heute im Militär eine gebräuchliche Anrede.
Und das unsere Helden in diesem Kontext unterwegs sind, das steht ja wohl kaum in Frage oder?

Aber ich vergesse mal wieder, Erbsen zählen ist das Thema und das Leben des Brians
kam erst 20 Jahre später auf die Leinwand.. :rolleyes:
_________________________________________________________________________________________________
Ich durchstreifte den Vorhof auf der Suche nach dem Aquarium, weil ich der Clansmutter eine Überraschung mitgebracht hatte.
Benutzeravatar
nanograinger
Kosmokrat
Beiträge: 8270
Registriert: 18. Mai 2013, 16:07

Re: Klassiker - Die Dritte Macht (PR 1 - 49)

Beitrag von nanograinger »

Hier werden mal wieder unterschiedliche Aspekte vermischt.

Es ist eine Sache, zu untersuchen oder zu diskutieren, ob es in den Romanen der 60er Jahre rassistische oder kolonialistische "Anklänge" gab.

Es ist eine völlig andere Sache, zu untersuchen oder zu diskutieren, ob diese "Anklänge" dem damaligen Zeitgeist entsprechen, oder dem Medium Heftroman, oder dem literarischen Genre der Science Fiction, oder ....

Und es ist noch einmal etwas anderes, diese Dinge zu bewerten. Dies ist dann nämlich eine persönliche Meinung. Dagegen ist es keine Frage der persönlichen Meinung, ob Perry in Darltons Band 12 S. 55 überlegt, ob/dass die Ferronen "erstes Kolonialvolk seines geplanten galaktischen Imperiums" werden sollen.
Scrooge hat geschrieben: 28. Mai 2021, 11:30
thinman hat geschrieben: 28. Mai 2021, 10:15 Wenn wir Leser aber diese Texte so lesen, als wären sie gerade gestern 1961 geschrieben worden und keine 60 Jahre seit Vröffentlichung vergangen, dann haben wir definitv etwas falsch gemacht.
Genau. Deshalb ist aus meiner Sicht die Frage auch wenig hilfreich, ob es in der frühen PR-Serie rassistische Anklänge gab.
Also ich sehe wiederum diese Bemerkung als "wenig hilfreich" an. :unschuldig:

Natürlich gab es in der frühen PR-Serie rassistische "Anklänge", das ist völlig unbestreitbar. Und da geht es nicht um einzelne Worte oder Sätze, sondern um die gesamte Struktur der Geschichte. Die Terraner sind die Geilsten, können alles, verstehen alles, sind allen anderen überlegen. Die Arkoniden: Bis auf wenige Ausnahmen degeneriert, können ihre eigenen Schiffe nicht mehr bedienen. Die Ferronen: Können nicht einmal in fünf Dimensionen denken. Die Fantan: Offensichtlich minderwertig, darf man ohne zu fragen einfach aus dem Weltraum pusten. Die IVs kommen da noch vergleichsweise günstig weg. Die Topsider: Totale Versager, lassen sich von ein paar Hanseln das Schlachtschiff klauen und sind so blöd, dass sie im nächsten Roman mit ihrer Flotte in die Sonne Capella transitieren.

Über die kolonialistischen "Anklänge" braucht man noch weniger zu diskutieren, schließlich nennt man seinen Staat nicht ohne Grund "Solares Imperium".
Scrooge hat geschrieben: 28. Mai 2021, 11:30Man müsste vielmehr zunächst klären, aus welcher Perspektive diese Frage gestellt wird. D.h. aus heutiger Perspektive könnte die Verwendung des Begriffs "Blues" für einige Rassismus sein, das wird man heute aber sicher anders beurteilen als vor 50 (oder auch nur vor 30) Jahren. So ist es bei vielen Dingen, die in den frühen Heften stehen. Interessant fände ich, wem schon damals solche Bezeichungen übel aufgestoßen sind, oder ob bereits aus der damaligen Perspektive eine Aussage wie die von Ras Tschubai (ungeachtet des Textkontextes, den ich nicht kenne), der Perry mit "Herr" anspricht, als Neokolonialismus interpretiert werden konnte. Meines Wissens wurde zudem der Begrriff "Neger" in PR bis in die 80er Jahre hinein verwendet. Heute undenkbar, aber den historischen Kontext muss man eben immer mitdenken.
Der Begriff "Blues" ist auch aus Sicht der 60er Jahre offensichtlich rassistisch, er entspricht Begriffen wie "Rothäute". Dass solch rassistische Ausdrücke damals gang und gäbe waren, also dem Zeitgeist entsprachen, ist ebenfalls klar, aber das macht die Begriffe selbst nicht weniger rassistisch.

Beim Begriff "Neger" ist das etwas anders gelagert. Selbst Martin Luther King benutzt bspw. in seiner "I have a dream"-Rede den Begriff "Negro" als Selbstbezeichnung: "But one hundred years later, the Negro still is not free." Erst später (bzw. durch andere schwarze Bürgerrechtler) wurde dieser Begriff als Selbstbezeichnung abgelehnt, weil die Nähe zum Begriff "Nigger", also zur Sklaverei offensichtlich ist. Statt dessen bezeichneten sich die schwarzen Bürgerrechtler dann als "african american" oder "black american".

Im Deutschland der Nachkriegszeit wurde der Begriff "Neger" in erster Linie als Beschreibung einer Person mit dunkler Hautfarbe verstanden. Die Sklaverei war weit weg, weshalb der Begriff noch vergleichsweise lange verwendet wurde, zumindest bei Leuten, die nichts mit Personen dunkler Hautfarbe zu tun hatten (und das war ja die große Mehrheit). Aber spätestens mit der Fernsehserie "Roots", die 1978 im (west-) deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurde, änderte sich das rapide.
Scrooge
Plophoser
Beiträge: 479
Registriert: 12. September 2013, 08:55

Re: Klassiker - Die Dritte Macht (PR 1 - 49)

Beitrag von Scrooge »

nanograinger hat geschrieben: 28. Mai 2021, 12:55 Hier werden mal wieder unterschiedliche Aspekte vermischt.

Es ist eine Sache, zu untersuchen oder zu diskutieren, ob es in den Romanen der 60er Jahre rassistische oder kolonialistische "Anklänge" gab.

Es ist eine völlig andere Sache, zu untersuchen oder zu diskutieren, ob diese "Anklänge" dem damaligen Zeitgeist entsprechen, oder dem Medium Heftroman, oder dem literarischen Genre der Science Fiction, oder ....

Und es ist noch einmal etwas anderes, diese Dinge zu bewerten. Dies ist dann nämlich eine persönliche Meinung.
...
Natürlich gab es in der frühen PR-Serie rassistische "Anklänge", das ist völlig unbestreitbar. Und da geht es nicht um einzelne Worte oder Sätze, sondern um die gesamte Struktur der Geschichte. Die Terraner sind die Geilsten, können alles, verstehen alles, sind allen anderen überlegen. Die Arkoniden: Bis auf wenige Ausnahmen degeneriert, können ihre eigenen Schiffe nicht mehr bedienen. Die Ferronen: Können nicht einmal in fünf Dimensionen denken. Die Fantan: Offensichtlich minderwertig, darf man ohne zu fragen einfach aus dem Weltraum pusten. Die IVs kommen da noch vergleichsweise günstig weg. Die Topsider: Totale Versager, lassen sich von ein paar Hanseln das Schlachtschiff klauen und sind so blöd, dass sie im nächsten Roman mit ihrer Flotte in die Sonne Capella transitieren.
...
Der Begriff "Blues" ist auch aus Sicht der 60er Jahre offensichtlich rassistisch, er entspricht Begriffen wie "Rothäute". Dass solch rassistische Ausdrücke damals gang und gäbe waren, also dem Zeitgeist entsprachen, ist ebenfalls klar, aber das macht die Begriffe selbst nicht weniger rassistisch.
Danke für deinen Beitrag, den ich sehr wichtig finde, weil er für die Interpretation von Texten ganz zentrale Aspekte adressiert. Was ich mit meiner Aussage gemeint habe, die du als "nicht hilfreich" bewertet hast war, dass die Untersuchung der Frage, ob die frühe PR-Serie rassistisch ist, aus meiner Sicht die Perspektivität der Akteure einbeziehen muss, einschließlich der eigenen Perspektive. Du schreibt wieder mehrere Male, dass bestimmte Aspekte der Serie rassistisch sind, was aber - wenn ich dich richtig interpretiere - einen universalistischen Begriff des Rassismus voraussetzen würde. Genau hier habe ich Zweifel, ob das möglich bzw. sinnvoll ist. Ich glaube, dass der Begriff "Rassismus" nicht allgemeingültig, d.h. überzeitlich definiert werden kann, sondern dass es je nach Perspektivität und sozialem/kulturellem/historischen Kontext ganz unterschiedliche Dinge gibt, die mit ihm verknüpft werden. Insofern ist "Rassismus" eine "Konzept-Metapher", so ähnlich wie "Terrorismus", "Demokratie" oder "Das Gute". Natürlich kann man die Hefte darauf hin prüfen, inwiefern bestimmte, vorab definierte Argumentationsmuster auftauchen, die man als rassistisch definiert hat. Aber in 20 Jahren würde man diese Definitionen vielleicht ganz anders entwerfen, deshalb macht es aus meiner Sicht keinen Sinn zu fragen, ob etwas in der PR-Serie rassistisch "ist". Zumindest müsste man ergänzen: Für wen? Und warum?

Der Begriff der "Blues" ist ein ganz gutes Beispiel. Wenn es tatsächlich so war, dass der Begriff "Rothaut", wie du schreibst, in den 60er Jahren allgemein als rassistisch wahrgenommen wurde, könnte man wohl sagen, dass auch der Begriff "Blues" schon damals auch als rassistisch hätte wahrgenommen werden können. War das so? Haben das die Leser/innen auch schon damals kritisiert? Und falls nein: Bedeutet das dann, dass die Leser/innen der PR-Serie damals rassistische "Anklänge" weniger stark wahrgenommen haben als im damals dominanten Diskurs möglich gewesen wäre?

Wenn Du schreibst, dass die Darstellung der Arkoniden rassistisch gewesen sei, kann ich das zwar nachvollziehen, würde die Darstellung aber eher mit einer zu starken "kulturellen Homogenität" beschreiben (womit die PR-Serie in bester Gesellschaft ist, siehe zahlreiche Darstellungen der Ethnologie der damaligen Zeit). Aber selbst wenn ich dir hier folgen würde, wäre meine Frage: Für wen ist die Darstellung rassistisch? Für uns? Für die damaligen Rezipienten? Falls nicht: Würde man dann den Zeitgeist als rassistisch betrachten? Und falls ja, aus welcher Perspektive? Aus heutiger Sicht? Oder hätte man das schon vor 20 Jahren so betrachtet?

All das sind aber Fragen, die in erster Linie in einer hermeneutischen Perspektive interessant sind, die die Verwendung von Begriffen in den jeweiligen Kontext einbettet und auch die eigene Analyseperspektive entsprechend kontextualisiert. Das ist das, was ich ausdrücken wollte.
Let's go Red Sox
Rous2
Siganese
Beiträge: 72
Registriert: 1. Juli 2020, 19:23

Re: Klassiker - Die Dritte Macht (PR 1 - 49)

Beitrag von Rous2 »

nanograinger hat geschrieben: 28. Mai 2021, 12:55 Der Begriff "Blues" ist auch aus Sicht der 60er Jahre offensichtlich rassistisch, er entspricht Begriffen wie "Rothäute". Dass solch rassistische Ausdrücke damals gang und gäbe waren, also dem Zeitgeist entsprachen, ist ebenfalls klar, aber das macht die Begriffe selbst nicht weniger rassistisch.
Diesbezüglich hatte ich einen Moderator der Perrypedia gefragt, nach welchem Prinzip denn die Benennung der "Blaupelze" erfolgen sollte, historisch oder nach "Gegenwartsbrauch". Die einfache und einleuchtende Antwort war: "Wir nennen sie so, wie sie sich selber nennen." Also, wenn das die Allemands, Germans und Niemiecki auch beherzigen würden... ^_^
Bei manchen Diskussionen um Rassismus muss ich an James Thurbers Fabel vom Bär, der es bleiben ließ, denken: Man kann ebenso vorneüber fallen wie hintenüber. Bei GitHub z. B. werde ich aufgefordert, die Master-Branches in "Main" umzubennen...
Benutzeravatar
nanograinger
Kosmokrat
Beiträge: 8270
Registriert: 18. Mai 2013, 16:07

Re: Klassiker - Die Dritte Macht (PR 1 - 49)

Beitrag von nanograinger »

Rous2 hat geschrieben: 28. Mai 2021, 14:16
nanograinger hat geschrieben: 28. Mai 2021, 12:55 Der Begriff "Blues" ist auch aus Sicht der 60er Jahre offensichtlich rassistisch, er entspricht Begriffen wie "Rothäute". Dass solch rassistische Ausdrücke damals gang und gäbe waren, also dem Zeitgeist entsprachen, ist ebenfalls klar, aber das macht die Begriffe selbst nicht weniger rassistisch.
Diesbezüglich hatte ich einen Moderator der Perrypedia gefragt, nach welchem Prinzip denn die Benennung der "Blaupelze" erfolgen sollte, historisch oder nach "Gegenwartsbrauch". Die einfache und einleuchtende Antwort war: "Wir nennen sie so, wie sie sich selber nennen." ...
Für dich und mich mag das einleuchtend sein, aber bekanntlich trifft das nicht für alle Menschen der Welt (oder Foristen) zu. Nun gibt es aber keine Jülziish, nicht einmal hier im Forum oder der Perrypedia, die sich aus persönlicher Betroffenheit über die Bezeichnung Blue aufregen könnten, insofern mag man das als müßig ansehen. (Allerdings frage man dazu mal Leo Lukas und Dieter Bohn, die beim WeltCon 2011 das Lied "Bitte nennt uns nie wieder Blues" aufgeführt haben) :st:

Aber all diese Relativierung und Kontextualisierung ändert nichts daran, dass die Bezeichnung einer Spezies nach ihrer Fellfarbe oder nach der Form ihrer Schädel (Tellerköpfe) oder irgendwelcher anderen äußerer Merkmale eine rassistische (im Falle der Jülziish eigentlich spezieistische) Tendenz in sich trägt, weil damit implizit eine Abwertung einhergeht ("Ihr nennt euch Jülziish, oder Gataser, oder Han? Ist mir egal, ich nenne euch alle Blues").
Benutzeravatar
Ce Rhioton
Kosmokrat
Beiträge: 7854
Registriert: 12. Februar 2017, 16:29
Kontaktdaten:

Re: Klassiker - Die Dritte Macht (PR 1 - 49)

Beitrag von Ce Rhioton »

Ich habe "Blues" immer als Eigenname empfunden, genau so wie "Topsider", "Haluter", " Maahks" etc.
Nie wäre mir in den Sinn gekommen, da Rassismus hinein interpretieren zu wollen. "Tellerköpfe" hingegen ist ein abwertender Begriff, das ist unbestritten.

Da es keine Jülziish in der Realität gibt, können wir sie nicht fragen, wie sie die Bezeichnung "Blues" interpretieren.
Mal davon abgesehen, dass sie uns als "Bleichhäutige ohne Pelz" bezeichnen.

Insofern wundere ich mich schon ein wenig, dass ausgerechnet ein kühler Wissenschaftler wie nanograinger in dieser Frage die Position eines emotionalen Sprachpolizisten einnimmt. :unsure:
thinman
Ertruser
Beiträge: 799
Registriert: 26. Juni 2012, 12:44

Re: Klassiker - Die Dritte Macht (PR 1 - 49)

Beitrag von thinman »

nanograinger hat geschrieben: 28. Mai 2021, 17:31
Für dich und mich mag das einleuchtend sein, aber bekanntlich trifft das nicht für alle Menschen der Welt (oder Foristen) zu. Nun gibt es aber keine Jülziish, nicht einmal hier im Forum oder der Perrypedia, die sich aus persönlicher Betroffenheit über die Bezeichnung Blue aufregen könnten, insofern mag man das als müßig ansehen. (Allerdings frage man dazu mal Leo Lukas und Dieter Bohn, die beim WeltCon 2011 das Lied "Bitte nennt uns nie wieder Blues" aufgeführt haben) :st:
ist das nicht genau ein Zeichen der Kolonialisierung? :devil:
Aber all diese Relativierung und Kontextualisierung ändert nichts daran, dass die Bezeichnung einer Spezies nach ihrer Fellfarbe oder nach der Form ihrer Schädel (Tellerköpfe) oder irgendwelcher anderen äußerer Merkmale eine rassistische (im Falle der Jülziish eigentlich spezieistische) Tendenz in sich trägt, weil damit implizit eine Abwertung einhergeht ("Ihr nennt euch Jülziish, oder Gataser, oder Han? Ist mir egal, ich nenne euch alle Blues").
Vielleicht ist genau das der Denkfehler den wir heute alle machen. - Aber diese Diskussion gehört ins nicht existierende Politikforum. Für mich ist das nur ein Auswechsel von Wörtern, nicht von den Bildern, die man sich von dem Anderen macht, aber ich bin ja nur ein alter weißer Mann aus Giesing, der den linguistic turn für überdreht hält.

thinman
Benutzeravatar
Kardec
Kosmokrat
Beiträge: 9230
Registriert: 14. August 2013, 19:18
Wohnort: Aerthan-System/ Galaxis Oberfranken

Re: Klassiker - Die Dritte Macht (PR 1 - 49)

Beitrag von Kardec »

Ce Rhioton hat geschrieben: 28. Mai 2021, 17:51 Ich habe "Blues" immer als Eigenname empfunden...........
Das ist jetzt komplett daneben!
"Blues" ist glasklar ein Xenonym, also eine Fremdzuschreibung....................

Insofern wundere ich mich schon ein wenig, dass ausgerechnet ein kühler Wissenschaftler wie nanograinger in dieser Frage die Position eines emotionalen Sprachpolizisten einnimmt. :unsure:
...............................deswegen ist er nicht gleich ein Sprachpolizist, finde aber auch die Zuschreibung Rassismus von "nano" nicht unbedingt zutreffend, wenn auch nicht komplett falsch.

Fremdzuschreibungen sind gang u. gäbe, ohne gleich rassistisch zu sein.

Die Franzosen nennen die Deutschen "Allemands", weil Franken sich halt vorwiegend mit Allemannen gerauft haben. Die slawischen Völker nennen uns in verschiedenen verwandten Begriffen die "Stummen" (Wortkern nemec), weil die germanischen Sprachen halt nicht verstanden wurden,usw. usw.
Scrooge
Plophoser
Beiträge: 479
Registriert: 12. September 2013, 08:55

Re: Klassiker - Die Dritte Macht (PR 1 - 49)

Beitrag von Scrooge »

Ce Rhioton hat geschrieben: 28. Mai 2021, 17:51 Insofern wundere ich mich schon ein wenig, dass ausgerechnet ein kühler Wissenschaftler wie nanograinger in dieser Frage die Position eines emotionalen Sprachpolizisten einnimmt. :unsure:
Nanograingers Argumentation hat m.E. nichts mit der eines "emotionalen Sprachpolizisten" zu tun. Ich halte sie für valide und teile sie weitestgehend. Um es ganz klar zu sagen: Eine Bezeichung wie "Blue" oder "Tellerkopf" halte ich auch für rassistisch, ebenso wie zB die Inuit nicht erfreut sein werden, "Eskimos" genannt zu werden. Ebenso sehr wie es völlig klar ist, dass bestimmte Begriffe, Weltbilder, Haltungen etc. auf der Grundlage der liberalen Demokratie und des Grundgesetzes rassistisch sind. Historische/kulturelle Kontextualisierung, die mir wichtig ist, bedeutet nicht Relativierung.

Ja, die Begriffe "Blue" oder "Tellerkopf" implizieren eine Abwertung. Ich frage mich nur, warum ich so denke. Bzw. warum mir das früher nicht aufgefallen ist. Ich glaube auch, dass der Begriff "Blues" erst im Laufe der 90er Jahre aus der Serie verschwunden ist. Mir war das nie negativ aufgefallen. Grundsätzlich denke ich, dass es bei der rassistischen Konnotation" eine Begriffs Bedeutungsverschiebungen gibt, und in diesem Fall denke ich, dass Identitätspolitik und Postkolonialismus eine große Rolle dabei spielen, dass so ein Begriff nicht mehr einfach so verwendet werden kann.
Let's go Red Sox
Benutzeravatar
Ce Rhioton
Kosmokrat
Beiträge: 7854
Registriert: 12. Februar 2017, 16:29
Kontaktdaten:

Re: Klassiker - Die Dritte Macht (PR 1 - 49)

Beitrag von Ce Rhioton »

Kardec hat geschrieben: 28. Mai 2021, 18:42
Fremdzuschreibungen sind gang u. gäbe, ohne gleich rassistisch zu sein.
In dem Punkt sind wir einer Meinung, weswegen ich nanograingers Beharren darauf, dass die Bezeichnung "Blues" rassistisch sei, nicht nachvollziehen kann.
Benutzeravatar
Kardec
Kosmokrat
Beiträge: 9230
Registriert: 14. August 2013, 19:18
Wohnort: Aerthan-System/ Galaxis Oberfranken

Re: Klassiker - Die Dritte Macht (PR 1 - 49)

Beitrag von Kardec »

Nein, wir sind nicht einer Meinung, denn du bezeichnest "Blues" als Eigenname - und das ist schlicht falsch.
Es sei denn, du schließt dich meiner Meinung an, was ich grundsätzlich begrüße :P

"nanos" Standpunkt ist nachvollziehbar, weil Xenonyme von den Fremdbezeichneten meist nicht goutiert werden.
Benutzeravatar
Ce Rhioton
Kosmokrat
Beiträge: 7854
Registriert: 12. Februar 2017, 16:29
Kontaktdaten:

Re: Klassiker - Die Dritte Macht (PR 1 - 49)

Beitrag von Ce Rhioton »

Die Bezeichnung "Jülziish" kam ja erst später auf. In den Anfängen der Serie war "Blues" gang und gäbe.
Und ich hatte den Begriff tatsächlich nie als "Die Blauen" übersetzt/wahrgenommen.
Insofern war für mich in den 70er/80er Jahren Blues tatsächlich ein Name wie Topsider oder jedes andere Alienvolk.

Erst nachdem sich "Jülziish" etabliert hatte, habe ich die Eigenbezeichnung übernommen.
Scrooge hat ja ebenfalls erwähnt, dass ihm das früher nicht aufgefallen war.
Scrooge
Plophoser
Beiträge: 479
Registriert: 12. September 2013, 08:55

Re: Klassiker - Die Dritte Macht (PR 1 - 49)

Beitrag von Scrooge »

Ce Rhioton hat geschrieben: 28. Mai 2021, 18:49
Kardec hat geschrieben: 28. Mai 2021, 18:42
Fremdzuschreibungen sind gang u. gäbe, ohne gleich rassistisch zu sein.
In dem Punkt sind wir einer Meinung, weswegen ich nanograingers Beharren darauf, dass die Bezeichnung "Blues" rassistisch sei, nicht nachvollziehen kann.
Abgesehen davon, dass dies eine Fremdzuschreibung ist, war nanograingers Argument, wenn ich es richtig verstanden habe, nicht die Fremdzuschreibung per se, sondern die abwertende Konnotation.
Let's go Red Sox
Benutzeravatar
Ce Rhioton
Kosmokrat
Beiträge: 7854
Registriert: 12. Februar 2017, 16:29
Kontaktdaten:

Re: Klassiker - Die Dritte Macht (PR 1 - 49)

Beitrag von Ce Rhioton »

Scrooge hat geschrieben: 28. Mai 2021, 19:40 Abgesehen davon, dass dies eine Fremdzuschreibung ist, war nanograingers Argument, wenn ich es richtig verstanden habe, nicht die Fremdzuschreibung per se, sondern die abwertende Konnotation.
Wenn man "Blues" als englischen Begriff wahrnimmt und ihn ins Deutsche übersetzt: Ja, dann kann ich die Abwertung erkennen.
Aber, wie erwähnt, das habe ich in jungen Jahren nicht. Für mich war es eine Namensbezeichnung wie jede andere.
Man hat sich früher nichts dabei gedacht. Heute ist man in solchen Fragen weit sensibler.
Benutzeravatar
Faktor10
Kosmokrat
Beiträge: 5957
Registriert: 25. Juni 2012, 21:30
Wohnort: Mönchengladbach
Kontaktdaten:

Re: Klassiker - Die Dritte Macht (PR 1 - 49)

Beitrag von Faktor10 »

Ist das hier ein Pro Seminar für Germanistik?
:D
Unbelehrbarer Altleser.Allem Neuen aber aufgeschlossen. Leider mit ausgeprägter Rechtschreibschwäche.
Benutzeravatar
Akronew
Superintelligenz
Beiträge: 2952
Registriert: 29. Januar 2021, 13:32
Wohnort: M82

Re: Klassiker - Die Dritte Macht (PR 1 - 49)

Beitrag von Akronew »

Also in Winnetou 1. Teil von 1963 spielen noch Rothäute mit.

Ich persönlich begrüße es, das unsere Gesellschaft sich, in den letzten 60 Jahren,
doch irgendwo Entwickelt hat.

Aber auch wenn man heute Glücklich ist, das der Schaumkuss nun Dickmanns heißt,
hat sich trotzdem auch noch in den 80zigern niemand etwas dabei gedacht,
wenn er sich als Indianer verkleidet hat. Hätte man wohl schon, oder? :unsure:

Letztlich haben damals einige Autoren ihre Träume, die des Verlags und für uns Leser erfüllt.

Ich persönlich habe meine Zweifel, das dabei irgendwelche Allmachtsphantasien
oder Rassenideologien eine Rolle gespielt haben.
_________________________________________________________________________________________________
Ich durchstreifte den Vorhof auf der Suche nach dem Aquarium, weil ich der Clansmutter eine Überraschung mitgebracht hatte.
Benutzeravatar
nanograinger
Kosmokrat
Beiträge: 8270
Registriert: 18. Mai 2013, 16:07

Re: Klassiker - Die Dritte Macht (PR 1 - 49)

Beitrag von nanograinger »

Ich habe jetzt nicht die Zeit, auf alles hier zu antworten, und das ist vielleicht auch gar nicht notwendig. Aber ein paar Dinge will ich noch heute klar stellen.

1) "Emotionaler Sprachpolizist": Weder schreibe ich hier emotional noch verstehe ich den Vorwurf des Sprachpolizisten. Die Texte, um die es hier geht, sind längst geschrieben. Es geht mir auch nicht darum, irgendjemanden einen Vorwurf zu machen, nach dem Motto "du böser Rassist, du". Andererseits wird auch in dieser Diskussion wieder deutlich, wie manche hier apologetisch argumentieren.

2) Bei manchen Postings habe ich den Eindruck, dass die jeweiligen Foristen meinen, Rassismus sei eine Erfindung der letzten Dekade oder so, und in den 60er Jahren hätte man gar nicht gewusst, was das ist. Leute, wir reden hier von Autoren, die den 2. Weltkrieg mitgemacht haben, die Entnazifizierung und die Verfolgung und den Genozid an den europäischen Juden als Kinder oder Erwachsene als Zeitgenossen miterlebt haben. 1961 führte Frankreich noch den Algerienkrieg, der Vietnamkrieg lief ebenfalls schon etliche Jahre. Es mag ja sein, dass 12jährige Leserinnen und Leser damals nichts davon mitbekamen (oder mitbekommen wollten) und persönlichere Probleme hatten wie Pubertät, aber dass die damaligen Autoren oder die damalige Gesellschaft nicht wussten, was Rassismus und Kolonialisierung bedeutete, ist einfach undenkbar.

3) Sicher fiel in Winnetou I der Begriff "Rothaut", aber wohl eher selten auf eine Art und Weise, die die jeweiligen Personen oder Stämme als gleichwertig zu den Personen ansah, die diese Bezeichnung äußerten. Er wird praktisch immer abwertend benutzt. Ist er jemals von Old Shatterhand zu hören? Wohl eher nicht.

4) Ich habe keine Ahnung, ob bei den damaligen Autoren "Allmachtsphantasien oder Rassenideologien eine Rolle gespielt haben", aber das ist für mich nicht das Thema. Mich interessiert das Werk, die Texte, die sie geschrieben haben, und nicht die Intention dahinter (die vermutlich ganz banal Geld verdienen war). Sie waren Kinder ihrer Zeit und schrieben als solche, völlig klar. Aber diese Relativierung/Kontextualisierung ist erst der zweite Schritt. Davor kommt der erste Schritt, nämlich die Analyse. Und da muss ich einfach feststellen, dass eben nicht nur einzelne Sätze und Bezeichnungen rassistische und kolonialistische Tendenzen hatten, sondern die ganze Serie darauf aufgebaut war, dass die Terraner das überlegene Volk sind, und allen voran der große "Herr" Perry Rhodan, der ein galaktisches Imperium aufbauen wollte (und das auch tut), und das auch noch mit dem Segen von ES. Alle anderen Völker sind aus dem einen oder anderen Grund minderwertig und können getrost beklaut und betrogen werden. Das ist besonders frappierend bei den Ferronen. Es dauert bis zu den Maahks und den Halutern, bis überhaupt Völker in der Serie auftauchen, denen die Terraner und ihre Abkömmlinge nicht per se überlegen sind. Es sind auch die ersten Völker, die man nicht einfach besiegt, sondern deren Unterstützung die Terraner für ihren Erfolg brauchen (die Posbis werden zwar auch nicht besiegt, aber befriedet). Und was besagt es wohl, wenn Lemy Danger es als große Würdigung ansieht, von Atlan als "Mensch" bezeichnet zu werden?

Ich meine, das sollte man sich klar machen, bevor man alles durch "so war halt die damalige Zeit" entschuldigt (wenn man meint, das tun zu müssen).

@Scrooge: Auf dein längeres Posting anworte ich, wenn ich weniger müde bin.
Scrooge
Plophoser
Beiträge: 479
Registriert: 12. September 2013, 08:55

Re: Klassiker - Die Dritte Macht (PR 1 - 49)

Beitrag von Scrooge »

nanograinger hat geschrieben: 29. Mai 2021, 01:16
Ich meine, das sollte man sich klar machen, bevor man alles durch "so war halt die damalige Zeit" entschuldigt (wenn man meint, das tun zu müssen).
Da du in deinem Posting wiederum die Begriffe "Relativierung" und "Kontextualisierung" zusammenbringst, nochmals ganz deutlich: Eine Kontextualisierung hat nichts zu tun mit einer Relativierung. Sie ist m.E. einfach eine Voraussetzung historischer und kultureller Analyse. Relativierung ist etwas ganz anderes und bestimmt nicht das, was ich mit meinen Postings im Sinn gehabt habe. Wenn du schreibst, im ersten Schritt müsse die Analyse erfolgen, widerspreche ich: Die Kontextualisierung auch der eigenen Analyseperspektive ist vielmehr die Voraussetzung einer gelungenen Analyse. Mit Blick auf die Frage, ob der Begriff "Blues" rassistisch ist, bedeutet das anzuerkennen, dass die Frage, wie wir sie heute stellen, gar nicht anders gestellt werden kann, ohne die Erkenntnisse aus Postkolonialismus/Dekonstruktion/Identitätsdiskussionen einzubeziehen. Ich vermute, dass genau dieser veränderte gesellschaftliche Kontext auch der Grund war, dass dieser Begriff irgendwann in der PR-Serie nicht mehr verwendet wurde, d.h. dies war eine bewusste Entscheidung. Dennoch kann man dann zu dem Ergebnis kommen, die frühe PR-Serie sei rassistisch, doch diese Perspektive selbst ist eingebettet in einen spezifischen politischen Kontext. Aus dieser Selbstreflexivität eine Legitimation zur Relativierung abzuleiten wäre nicht nur absurd, sondern extrem gefährlich, aus Gründen, die ich hoffentlich nicht näher ausführen muss. Ich werbe deshalb darum, den Begriff "Rassismus" nur selbstreflexiv einzusetzen, da er in zahlreichen Kontexten als Kampfbegriff eingesetzt wird.

Ich möchte mich zu diesem Punkt eigentlich nicht mehr äußern, weil wir hier in eine politische Diskussion abgleiten. Zugleich berührt diese Frage aber die Grundlage der Diskussion über die frühen Texte der Serie.
Let's go Red Sox
Quinto
Plophoser
Beiträge: 377
Registriert: 4. Juli 2012, 08:16

Re: Klassiker - Die Dritte Macht (PR 1 - 49)

Beitrag von Quinto »

Scrooge hat geschrieben: 29. Mai 2021, 09:12
Ein sehr richtiger Beitrag. Es gibt oft Sachverhalte, die nur dann vernünftig beurteilt werden können, wenn sie man sie in ihrem Kontext sieht, speziell historische Umstände. Vielleicht ist folgender Hinweis interessant. Hört man sich Reden von John F. Kennedy, Martin Luther King oder von seinem politischem Gegner Malcolm X aus den 60er Jahren an, so fällt auf, dass sie alle völlig selbstverständlich von "negroes" sprechen. Sie hatten keinerlei Probleme mit einem Wort, dass man heute nicht mehr verwenden darf, ohne dass einem sofort der Mund mit Seife ausgewaschen wird, und das beispielsweise in der deutschen Übersetzung eines amerikanischen Romans, den ich kürlich las, mit "N****" bezeichnet wurde samt erläuternder Anmerkung! Verklemmter geht's nicht mehr.
Benutzeravatar
Ce Rhioton
Kosmokrat
Beiträge: 7854
Registriert: 12. Februar 2017, 16:29
Kontaktdaten:

Re: Klassiker - Die Dritte Macht (PR 1 - 49)

Beitrag von Ce Rhioton »

Na ja, wenn der Arkonide Atlan den Siganesen Lemy Danger als Mensch bezeichnet, würde ich nun nicht interpretieren, dass er ihn als Terraner bezeichnen wollte, sondern --> Mensch = Menschlichkeit.
Atlan verhielt sich in seinen Jahren auf Terra ja auch wie ein Mensch (und nicht wie ein Unmensch wie nicht wenige Terraner).

Und was die Jülziish/Blues betrifft, könnte man argumentieren, dass ihr Eigenname erst dann von den Terranern übernommen wurden, als man sie kannte und sie akzeptiert wurden.
Dass man dem Fremden/Fremdartigen erst einmal skeptisch gegenüber steht, ist ja auch in der Menschheitsgeschichte eher die Regel als die Ausnahme.
Antworten

Zurück zu „PERRY RHODAN Classics“