STELLARIS-Story: Die Zerlegung der Null

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AARN MUNRO
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STELLARIS-Story: Die Zerlegung der Null

Beitrag von AARN MUNRO »

Unter diesem link findet ihr meine STELLARIS-Story. Das Passwort lautet: Stellaris1

https://www.magentacloud.de/lnk/QSBJrYnP
"Doc war Pazifist, was ihn nicht daran hinderte, realistisch zu denken!" (Robert A. Heinlein in "The moon is a harsh mistress")
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Colbi
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Re: STELLARIS-Story: Die Zerlegung der Null

Beitrag von Colbi »

Hey, ich würde die Story gerne lesen, aber das Passowtr genügt nicht. Wird auch nach einem Benutzernamen gefragt.
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AARN MUNRO
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Re: STELLARIS-Story: Die Zerlegung der Null

Beitrag von AARN MUNRO »

Colbi hat geschrieben: 10. Oktober 2023, 17:15 Hey, ich würde die Story gerne lesen, aber das Passowtr genügt nicht. Wird auch nach einem Benutzernamen gefragt.
Schau an, ich dachte, ich hätte sie einst hier gepostet. Dann hole ich das nach ... und Du kannst sie lesen.
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AARN MUNRO
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Re: STELLARIS-Story: Die Zerlegung der Null

Beitrag von AARN MUNRO »

Hier ist sie.Olaf Brill wollte sie damals nicht haben.Sie war ihm nicht gut genug.Nun kannst Du sie lesen ... und auch jeder andere Fan, der möchte. Wünsche viel Spaß dabei.
Spoiler:
DIE ZERLEGUNG DER NULL

eine STELLARIS-Story

von
Holger Döring

Es zischte bedrohlich aus den Messgeräten.
Der Hypermonsun um Myra hatte sich erneut ausgeweitet und drohte, zu einer überstarken
Turbulenz zu werden, ein Supersturm zeichnete sich ab..Von der Zentrale der STELLARIS aus
wurde dieses Phänomen aus dem Orbit des Planeten überprüft.
Britzelnd hob sich der Ton aus dem Kommunikator laut von der ruhigen Umgebung im Inneren der
STELLARIS ab. Die Kommandantin Thassaia hob den Kopf. Besorgt musterte sie mit ihren
schwarzen Knopfaugen den Bildschirm. Dieser zeigte die Umgebung des Planeten Myra im
Hyperbereich. Normalerweise hatten die fünfdimensionalen Stürme um den Planeten sich
weitgehend beruhigt, aber nun war eine neue aktive Phase aufgetreten.

Sie runzelte die Stirn und strich mit der Hand über ihr graues Haar. »Ortung!« forderte sie die erste
Offizierin Taya Tikane auf, die den Kopf nach alter Tradition der Antis kahlgeschoren hatte, bis
auf einige lange rote Strähnen, die an scheinbar willkürlichen Stellen aus dem Kopf wuchsen. Taya
schüttelte nur den Kopf. »Der Hypermonsun hat wieder zugenommen!« meinte sie besorgt.
»Das ist nicht gut!« entschied Thassaia entschieden. »STEL, was sagst Du dazu? Lässt sich eine
Methode finden, mit der wir den Sturm eindämmen können, bevor der Planet in Gefahr ist?«
Die Bordpositronik meldete sich.
»Negativ, Kapitän.Wir können nichts tun. Dazu müssten wir Gravitationsbomben an Bord
haben.Ein ziviles Schiff kann aber keine solche Ausrüstung erwerben, nicht einmal auf dem
Schwarzmarkt von Lepso. Leider hat sich außerdem soeben ein Hyperschlund nach Art eines
Tryortanaufrisses gebildet … korrigiere mich, Kapitän! Zwei entgegengesetzte Hyperpotentiale
haben sich soeben auf beiden Seiten des Planeten gebildet und rasen auf Myra zu. Sie sind
energetisch invers aufgeladen und würden sich genau über dem Planeten neutralisieren.Dabei
würde es zu einer starken Explosion kommen.«
»Mit welchen Auswirkungen?« fragte die Kommandantin besorgt.
Wieder antwortete STEL, die Bordpositronik: »Soweit meine Hochrechnungen korrekt sind, wird
die Oberfläche von Myra verwüstet; vielleicht wird sogar der ganze Planet dabei in den Hyperraum
gesogen.Auf jeden Fall wird die Welt zerbrechen.«



Thassaia sah die Bàalol an: »Wir müssen den Bordrat einberufen. Sofort! Wir müssen den Planeten
retten. Irgend etwas muss doch möglich sein.«
Tikane nickte. »Vielleicht sollten wir außerdem die Passagiere befragen. Vielleicht weiß der Eine
oder Andere etwas, was wir, die Besatzung, nicht so drauf hat!« Sie grinste dabei maliziös.
»Das machst Du!« entschied Thassaia. »Aber sei vorsichtig. Nicht, dass sie in Panik verfallen.
Immerhin ist die STELLARIS selbst nicht gefährdet. Theoretisch könnten wir uns jederzeit
absetzen …«
Natürlich meinte sie das nicht ernst. Es handelte sich nur um eine Erwägung für den alleräußersten
Notfall, falls sie gar nichts tun konnten für den bedrohten Planeten.Das alte Fracht-und
Passagierschiff selbst war nicht in Gefahr.
Thassaia erhob sich. Sie wirkte nun energischer als vorhin.Wie eine Löwin, aus der Ruhe
aufgeschreckt und auf der Jagd. »Ich selbst rede mit dem Bordrat. Aber ich fürchte ...« Sie beendete
den Satz nicht, aber Taya wusste auch so, was gemeint war. Mit den paar Geschützen an Bord
konnten sie den Hyperwirbeln nicht zu Leibe rücken.Auch an technischer Ausrüstung hatte die
STELLARIS nun nicht so viel aufzubieten, dass man dieser Gefahr aktiv hätte begegnen können.
Aber vielleicht halfen die Passagiere. Da war doch dieser verrückte, topsidische Wissenschaftler …

*
Treck `m Orr stand im äußeren Frachtmodul und dirigierte die Standpositionen seiner beiden
kleinen Explorerschiffe. Er hob die Schuppenhand und wies die Roboter der STELLARIS zu mehr
Genauigkeit an.
»Stop,Halt! Hier absetzen. Fahrt den Antigravheber vorsichtig herunter … ich sagte, vorsichtig!
Und lasst etwas nach mit dem Traktorstrahl!Nachlassen! Ja, so ist es gut! Roboter!« Er seufzte und
rieb sich mit den Handkrallen über die Stirnpanzerung. Es knirschte.
Die beiden gedrungenen Kleinboote, zwei geschrumpften Space-Jets nicht unähnlich, wurden
herabgelassen und nahmen endlich ihre neuen, stabilen Positionen ein.Sie besaßen keines dieser
neumodischen Hecktriebwerke, sondern noch Rundumsteuerung.
Treck atmete auf. Der topsidische Wissenschaftler neigte zur Nervosität, wenn es um seine
Ausrüstung ging, dabei wusste er genau, dass die beiden Explorerboote stabil gebaut waren. Aber
immer, wenn fremde Maschinen daran herum werkelten, wurde er aufgeregt.Er überprüfte die
Ausrüstung, indem er die Liste durchscrollte. Aber nun war alles in Ordnung.Seine Schiffe und der
Rest der Prospektorenmaschinen waren alle heil an Bord der STELLARIS untergebracht und die
Frachtroboter hatten auch alles gut und sicher verstaut. Treck`m Orr war zufrieden, halbwegs
jedenfalls.Er hoffte, dass er die Hyperstrudel um den Planeten Myra erforschen konnte, soweit sie
noch existierten. Es schien ja so zu sein, dass die Strömungen langsam nachließen.Deshalb war er
an Bord der STELLARIS gekommen.Er verließ den Hangar und ging rasch den schmalen Gang
entlang. Unterwegs begegnete ihm ein einfaches Besatzungsmitglied der STELLARIS, beim
Deckschrubben. Der Topsider kannte den Mann unter dem Namen Bralof Lil. Die Putzroboter im
Frachtbereich waren wohl wieder einmal defekt.

*

Fünf Minuten später befand er sich im kleinen Sitzungssaal der Passagier-Lounge. Die
STELLARIS hatte derzeit nur drei Passagiere.Immerhin zahlten zwei davon recht gut. Neben ihm
gab es da den Vincraner Lung-a Dan und den Bernaler Frako Zerwicz. Dieser hatte sich aus einem
instabilen Hyperflimmern am Rande des Systems in der Realität des Einsteinraumes während eines
Hypersturmes materialisiert.Dann war er auf einem Asteroiden gelandet. Die STELLARIS war
gerade noch rechtzeitig gekommen, um ihn zu retten, als seine Luft knapp wurde.Seitdem war er
ein vorläufiger Dauergast.Leider war er aber damit kein zahlender Kunde.
Tikane wartete, bis alle versammelt waren, dann sprach sie das Problem an.Danach bat sie um
Hilfe.



»Wir haben jetzt noch acht Stunden Zeit, denn die Geschwindigkeit der beiden Strömungen hat sich
verlangsamt … aber sie werden sich nicht auflösen, bevor sie Myra erreicht haben.Und dann … ist
es zu spät, um den Planeten und seine Bewohner noch zu retten.Darum will der Kapitän wissen, ob
es jemanden von Ihnen gibt, der uns bei der Rettung von Myra unterstützen will, also die Mittel
dazu hat. Hier sind die uns bekannten Daten über die beiden Hyperstromwirbel … falls ihr also
Hilfe wisst!« Fast verzweifelt hob sie die bleiche Hand und aktivierte den Holoschirm. Sie machte
sich große Sorgen um den Planeten … und wollte gar nicht wissen, wie es den Myranern an Bord
erst dabei ging.

Die Köpfe rauchten.Treck las sich die Informationen durch, die STEL noch um einige Feinheiten
ergänzt hatte.
»Reziprok aufgeladene Ultradimfrequenzen!« las er halblaut vor, dabei zuckte sein Nackenkamm
nervös. Eine Marotte, die er sich nicht abgewöhnen konnte. »Eine Zerlegung der Hypernull in zwei
gegenläufig rotierende Ströme.Die Verbindung dreier Universen auf Normelebene. Faszinierend.
Das ist wirklich interessant, vom rein abstrakten Standpunkt aus, natürlich.«
Er hob den Kopf und sah Tyra Tikane an: »Ich stelle jedenfalls meine beiden Forschungsboote
sofort zur uneingeschränkten Verfügung: die TWEEDLE-DEE und die TWEEDLE-DUM. Sie
besitzen verstärkte, spezielle Paratronschirme zur Erforschung von galaktischen
Hyperbeugefeldern. Außerdem sind die Oberflächen durch Spuren von Ynkelonium
strukturverhärtet. Vielleicht kann man damit irgend ein Gegenmittel mit den Booten zu den
Tryortanschlünden transportieren.Ich stelle mich auch gern als Pilot zur Verfügung.Mehr aber kann
ich nicht beitragen!« Beinahe traurig und etwas verlegen, sah er auf den Holotisch herunter.
Tikane bedankte sich sofort bei dem Topsider: »Ich bin überwältigt. Das ist mehr, als wir erwarten
konnten.Damit haben wir jetzt die Transportmittel!«

STELLATRICE meldete sich unaufgefordert mit einem Kommentar: »Gewöhnliche Navigation in
der Nähe der beiden Aufrisse ist unmöglich!« teilte sie mit. »Die meisten Geräte auf
fünfdimensionaler Basis fallen aus … es ist enorm schwer, dort einen Kurs einzuhalten!«
Treck hob den Schuppenarm: »Nicht mit der DEE und der DUM!« sagte er betont. »Sie sind extra
für starke Schwankungen gefährlicher Strahlungen ausgelegt und gegen hohe Intensitäten besonders
gehärtet. Aber wer soll sie navigieren? Und wie stoppen wir die beiden Stürme?«

Lung -a Dan hob den schmalen Kopf. Als Vincraner war er das Nagivieren in unbekannten
Gegenden mit seltsamen Strömungen gewöhnt. Das Paralauschen war ihm angeboren.
»Bei Kormos!« meinte er fast ehrfürchtig. Das war der vincranische Gott des Widerspruchs und des
Andernfalls. Eine wirklich passende Bemerkung. »Endlich wieder eine Aufgabe für unsereinen!«
Seine blassgrünen, großen Augen schillerten über der hellen Haut.
»Ich nehme doch an, dass die Kosmogation in der Nähe dieser beiden Schlünde kompliziert sein
wird? Dann bin ich der geeignete Pilot für eines der beiden Diskusboote. Ich biete also hier meine
Hilfe als Navigator in schwierigen Bereichen des Weltraumes an.Das ist eine Aufgabe für einen
Vincraner!«

*

Inzwischen hatte auch Thassaia den Besatzungsrat einberufen. Jeder der Eingeladenen zählte auf,
was es alles an Bord der STELLARIS gab, vom unterlichtschnellen MVH-Geschütz über die
ultramoderne Kaffeemaschine bis zum NUGAS-Kraftwerk. Aber niemand wusste, was man gegen
die beiden Hyperwirbel unternehmen konnte.Nichts von den vorhandenen Geräten schien geeignet
dafür.
Endlich ergriff Zirome, der Swoon , der dem Bordrat vorsaß, das Wort.Er nestelte an seinem Hals
herum.



»Lassen Sie mich zusammenfassen. Die beiden Ströme haben sich entgegengesetzt ausgebildet,
sozusagen aus einer Null heraus aus dem Hyperraum in die vierdimensionale Wirklichkeit hinein
zerlegt. Wir benötigen also auch eine Art entgegengesetzte Energieform, so wie normale und
Antimaterie.Diese beiden Stoffe reagieren aber rein vierdimensional, sind also für den Prozess
ungeeignet, selbst dann, wenn wie sie aus unseren Reaktoren abzapfen könnten.«
Er zog an einer Kette, die er um den Hals trug und ein kleines Gefäß kam zum Vorschein.
»Ich habe hier einen sehr seltenen Tropfen …nein, nichts Trinkbares, jedenfalls nicht für uns
Normalmenschen ... ein einstiges Bestandteil eines ON-Quantes einer Biophore … das ich einst,
sagen wir ...« er hüstelte kurz: »einst gefunden habe. Eigentlich wollte ich mich nur in einem
Notfall davon trennen … aber ich glaube, dieser ist soeben eingetreten! Vielleicht kann unser Labor
dem Potential des noch ungeprägten Tropfens eine Zweiteilung und eine inverse Hyperprägung
verpassen. Dann hätten wir ein Mittel, die beiden tryortanischenWirbelfelder sofort wieder
miteinander durch Eigenresonanzanpassung zu verschmelzen. Sie würden sich durch resonante
Kopplung gegenseitig auslöschen und der Planet Myra wäre gerettet.Eine kontrollierte Aktion
anstatt einer ungesteuerten Kettenreaktion.Was meint ihr?« Niemand fragte, wie der ehemalige
Konsul an diesen angeblichen Biophore-Überrest gekommen war.Er hatte eben wahrscheinlich
schon lange, bevor er einst an Bord der STELLARIS gekommen war, ein abenteuerliches Leben
geführt.Hier war Zeit und Not, da fragte man nicht lange; jede Hilfe war recht.

Slirrgo Fantase, der Chefsteward, der über den Köpfen der Ratsversammlung an der Decke hing,
änderte die Farbe, so dass er sichtbarer wurde und räusperte sich. Er war ein geckoartiges
Lebewesen vom Planeten Yakolaja aus der Southside.
»Nun, da wir eine Waffe gegen die Schlünde haben, ist es die große Frage, womit wir sie
transportieren sollen ...« drängte er. »Und wer soll die benötigten Schiffe ins Ziel lenken.So weit ich
weiß, ist das Gravotron-Triebwerk der STELLARIS für den Flug in die Hyperhölle ungeeignet.«

In diesem Moment summte das Visiphon. Kapitän Thassaia aktivierte den Empfang. Ihre erste
Offizierin war auf dem Holo zu sehen: »Gute Nachrichten!« sprudelte sie hervor: »Wir haben ein
Transportmittel --- aber keine Waffe!«
»Aha!« Thassaia schmunzelte. »Nun, wir haben die Waffe –- aber kein Transportmittel. Da
scheinen sich ja unsere beiden Probleme gegenseitig gelöst zu haben.Auch eine Zerlegung der Null.
Also, auf ans Werk!«

*

Auch die drei Myraner an Bord, Sil, Cru und Shanee May hatten versucht, ihre Beiträge zu leisten.
Waren sie doch ganz besonders betroffen von der Gefahr, die ihrem Planeten drohte. Immerhin war
es ihre Heimat, um die es ging.
Sil überlegte. Mit ihren gelben Augen, schrägstehend, blinzelnd und ihren kleinen Ohren, sie
unruhig wackelten, sah sie sehr angestrengt aus.Ihre Haut schimmerte fahlgrün. Sie fühlte sich nicht
sehr wohl.Die Situation war kritisch. Cru machte ihr ein Zeichen, indem er die Geste für hör mir zu
vollführte.Sie drehte die Ohren auf ihn zu, gespannt darauf, was er ihr mitteilen wollte. Aufgeregt
vollführte er die Geste noch einmal.Er dachte wohl, sie würde nicht zuhören. Sie erkannte den
Schmutz zwischen den Schwimmhäuten seiner Hand. Auch er machte sich wohl Sorgen und hatte
wohl jüngst kein Bad genommen. Syl erwiderte das Zeichen mit einer Gebärde der Ungeduld, die
soviel bedeutete wie Warte ab. Geh ins Wasser. Damit war gemeint, dass er ein Bad nehmen sollte
… Er erwiderte ihre Geste mit eine Drehung der Hand: Jetzt nicht. Etwas Wichtiges. Dann
wechselte er auf die akustische Sprache über und begann zu sprechen. »Wir müssen die Aktionen
der STELLARIS-Besatzung überlassen. Die haben einfach mehr Erfahrung in solchen Dingen.«
Shanee May, , die gegenüber saß, machte die Geste des Protestes mit einer Daumendrehung.Sie war
anderer Meinung und warf ihm ihre Argumente entgegen. So diskutierten die drei Myraner noch



eine Weile nervös, meistens über ihre Handzeichen, da außer ihnen niemand anders im Raum
war.Dadurch hätte der Disput für Außenstehende sehr still gewirkt. Doch sie kamen zu keinem
Ergebnis.Ohne Beschluss gingen sie wieder auseinander. Cru lachte keckernd, als er den Raum
verließ, ein Verzweiflungsgeräusch. Immerhin brachte Syl ihn dazu, ein Bad zu nehmen.Das hatte
auch sie nun bitter nötig. Vielleicht würde es sie auf andere Gedanken bringen.Die Hilfsaktion für
Myra hingegfen lag in anderen Händen.

*

Derweil an anderem Ort in der STELLARIS:

Theo, der Roboter, stand im Labor und sein Tellerkopf nickte. Vorsichtig präparierte er die beiden
Tropfen des bläulichen Liqeurs, die er vor sich in seinem Beugefeld hatte.
» Vorprägung sollte jetzt erfolgt sein!« erklärte er Vrexx Tahin, dem Barmann, der bereits begierig
auf das Ergebnis wartete..
»Du kannst gleich beide Exemplare mitnehmen.«

Tahin war skeptisch.»Meinst Du, der Geschmack ist dementsprechend auch entgegengesetzt?
Immerhin handelt es sich um Vurguzz aus mutierten Gewächsen ...«

»Das ist schon alles in Ordnung.Das wird ein gutes Gesöff … viel mehr zwei!« Er kicherte und der
alte Tellerkopf wippte. „ Das wird den Weingeist in den Köpfen beleben. Wein macht sicher
philosophische Gedanken, das ist gut für die Galaktiker. Das Denkerische über das Denken oder das
seiende Nichtsein des Daseins.Eine wahrhaft wichtige Frage … Nebenbei, nimmst Du bitte diese
beiden Flaschen für die Kommandantin mit? Aber nicht öffnen, da drin ist das geprägte ON-Quant
… wir haben nur diese beiden Exemplare. Und nicht verwechseln« Die Flaschen sahen wirklich
ähnlich aus, waren aber eindeutig markiert.
Vorsichtig brachte der Barmann seine beiden Tropfen in der Seitentasche unter … ebenso die
Gefäße mit dem mindestens gleich wichtigen Vurguzz!

*

Im großen Frachtmodul wurden inzwischen die Explorerboote klargemacht. Der Vincraner würde
die DEE steuern und der Bernaler die DUM.
»Ich bin zwar kein Vincraner!« hatte er er ironisch festgestellt: »wie sicher unschwer an meinem
Korpus zu erkennen ist, aber aufgrund des Hyperflimmerns haben auch wir Bernaler ein Gespür für
alle Vorgänge, die mit dem Hyperraum zu tun haben.«
Er hoffte auch, dass die größere Nähe zu den starken Hyperfeldern ihm selbst wieder erlauben
würden, im Hyperraum unterzutauchen und sich seinem vergeistigten Volk wieder anzuschließen.
Schließlich verfloss keine Zeit im fünfdimensionalen Raum.Die Materie und der von ihr erfüllte
Raum war so furchtbar langsam und nervtötend für seinen teilweise bereits dem Überraum
angepassten Geist..
Der Topsider, Treck`m Orr, kam über den Terkonitboden angestakt. »Die beiden Boote sind jetzt
soweit klar, technisch gesehen!« meinte er. »Ihr müsst jetzt nur noch die internen Navigationsgeräte
überprüfen, soweit ihr sie verwenden wollt. Vielleicht arbeitet ihr ja lieber mit euren natürlichen
Sinnen! Alles ist jedenfalls dreifach gehärtet.Wenn es nicht gerade superstark oszillierende
Wellenfelder in den Schlünden gibt, müsste die Schutzpanzerung der Maschinen und der Hülle
einschließlich der Paratron-Abwehrfelder genügen. Soll ich nicht doch mitkommen?«
Sehnsüchtig betrachtete er seine beiden Diskusraumer. Diese Frage war allerdings rhetorisch, denn
der gemeinsame Rat aus Besatzung und Passagieren hatte beschlossen, so wenig Leben wie möglich
einer Gefahr auszusetzen.Die Kommandantin wollte nichts riskieren. Da die Boote beide für
maximal je drei Personen ausgelegt waren, hatte man sich darauf geeignet, nur zwei an Bord zu
nehmen, um nicht unnötig Leben zu gefährden.Hauptsache, sie konnten operativ handeln.Jeweils
einen Passagier als Piloten und Navigator und je ein Mitglied der Besatzung der STELLARIS
waren als Personen für alle anderen, anfallenden Arbeiten, ausgewählt worden.Alles auf freiwillger
Basis, natürlich.
Kapitän Tyassa wäre gerne mit geflogen, aber sie war an Bord der STELLARIS unabkömmlich.So
ist das eben mit Kommandanten. Konsul Zirome, der Swoon, aber hatte es sich nicht nehmen
lassen, an Bord der DUM mit dabei zu sein.Er wollte nun genau wissen, was seine beiden Tropfen
bewirkten … und wie … und ob überhaupt ...
Die gleiche Position an Bord der DEE würde Prep Ykraus einnehmen, der Sicherheitschef der
STELLARIS. Wie kein anderer war der dunkelhaarige Terraner dafür geeignet, so eine Aufgabe zu
übernehmen. Für gefährliche Sonderaufgaben war er begabt wie kein zweiter.
Etwas traurig und beklommen sah der Topsider dem Start entgegen. »Bringt mir nur gute Daten
über dieses wirklich faszinierende Phänomen mit!« bat er. Dabei wusste er natürlich, dass die
Forschung sekundär war. Wichtiger war, die Gefahr für den Planeten Myra zu beseitigen.Das hatte
Priorität, alles andere würde nur am Rande mitgenommen werden können.

*

In der Bar saß die erste Offizierin, die bleiche Bàalol Taya Tikane, die gerade dienstfrei hatte, am
Tresen und sah dem Barmann beim Mischen zu.
Es gab jetzt nichts weiter für sie zu tun, als zu warten. Handeln mussten jetzt die Leute in den
beiden topsidischen Explorerbooten. Deshalb sah sie dem Barmann zu.
Tahin mischte zwei Komponenten einer seltsam riechenden, blauen Flüssigkeit in seinem
positronischen Spezialmixer.
Vrexx erläuterte ihr: »Das ist mutierter Vurguzz, auf zwei entgegengesetzte Geschmacksrichtungen
geprägt, so wie süß und sauer. Bringt man beide Komponenten zusammen, ergibt sich hingegen
keine Aufhebung sondern ein neuer, unvergleichlicher, potenzierter Geschmack. Willst Du
probieren?« Er hielt ihr die beiden Gefäße verlockend vor die Nase.
Seufzend nickte die Bàalol. Es gab schließlich nichts anders zu tun. Gedankenversunken spielte sie
mit einer ihrer roten Haarsträhnen, wickelte sie um den Finger.
Der Barmann füllte ihr Trinkgefäß auf … erst mit Komponente Eins, die hellblau schimmerte,, dann
mit der anderen, die sich zunächst nur wenig davon unterschied. Als sie jedoch aufgegossen wurde,
ertönte ein leises Zischen, die Flüssigkeit wallte dampfend auf und verwandelte sich in einen satten
Grünton … Taya hob das Glas an den Mund und probierte,nahm den ersten Schluck … und den
zweiten ...

*

Thassaia, die Kapitänsfrau der STELLARIS, hatte das Schiff inzwischen in die richtige Position
manövriert. Es musste mit den beiden Hyperwirbeln möglichst genau ein gleichseitiges Dreieck
bilden. Nur so konnte man über einen resonanten Verbundrichtstrahl per Funk stabilen Kontakt zu
den beiden Einsatzbooten halten.
»So! Wir sind in Stellung. Triebwerke laufen aus.Position steht.Es ist soweit.Lasst die beiden
Diskusschiffe starten!« Sie hob die Hand. »Aktiviere Pararaumrichtkanal. Funk ist intakt. Es kann
losgehen!« Gespannt musterte sie den großen Holoschirm, der außer den beiden, vergrößert
dargestellten Hyperwirbeln, nichts weiter zeigte.Auf dem kleinen Nebenmonitor hingegen war der
Frachthangar zu sehen, dessen Tore sich soeben aufschoben. Sie sah, wie die TWEEDLE-DEE und
die TWEEDLE-DUM kurz nacheinander starteten. Durch die Resonanz mit dem Funkstrahl konnte
Thassaia den Kurs der beiden Explorerboote verfolgen. Unbeirrt, wenn auch mitunter auf seltsamen
Kursen schlingernd, wenn sie besonders starke Bereiche der Hyperstrahlung umgingen, näherten
sich die beiden Boote den flackernden Aufrissen.



*
Der Vincraner hatte die Augen geschlossen und summte ein unbekanntes Lied vor sich hin.Die
DUM schüttelte sich kurz, doch mit einer raschen Handbewegung glich der Pilot die Anomalie aus
und das Schiff beruhigte sich. Prep hingegen musterte die Messgeräte. Im Moment gab es nicht viel
zu tun für ihn. Erst dann, wenn sie sich dem ersten Tryortanschlund näherten, würde er Aktion
bekommen. Er war nämlich dafür verantwortlich, die einseitig gepolte Biophore-Essenz in den
Wirbel zu katapultieren. Für solcherart Aktionen hatte das Prospektorenschiff spezielle, passende
Gelenkarme, die für das Schleudern von allerlei Materialien geeignet waren, von der Säure bis zum
Sprengstoff.

Prep musterte die Anzeigen der Geräte. »Die Strangeness stimmt nicht mit der unseres Universums
überein!« kommentierte er. »Die Abweichung auf dem genormten Vektorfeld beträgt fast ein
Tausendstel!« Der Vincraner Lung-a Dan antwortete nicht; er summte weiter. Derlei Dinge war er
gewöhnt.Es war nicht das erste mal, dass er in von der Realität abweichende Hyperstürme geriet.Er
blieb konzentriert und hatte seine Parasinne weit geöffnet. Der Hypersturm durchflutete seine
Wahrnehmung mit allen Fasern.
»Das Zentrum des Schlundes eröffnet uns einen Blick in ein Fremduniversum, wenn man die
Ortungen und Kameras zielgenau ausrichtet!« verkündete Prep weiter seine Beobachtungen. »Es ist
blau mit einheitlich gelben Sternen. Ein wirklich schönes Blau. Mann, blendet das!« Er drehte einen
Knopf und sofort sank die Helligkeit des empfangenen Bildes auf ein erträgliches Maß herab.

*
Zirome, der Swoon, saß an der Funkortung und musterte die Anzeigen und Daten.
»Höchst ungewöhnlich!« brummte er und stellte die Feineinstellung besser, indem er am Knopf
drehte. Es wurde heller in der Zentrale der TWEEDLE-DUM. »Wir haben nicht nur einen Blick auf
den Strudel, sondern können sogar in das fremde Universum sehen, dass er mit uns verbindet. Ein
gelber Hintergrund mit blauen Sternen. Das ist wirklich interessant. Allerdings muss ich die
Kontraste etwas zurückfahren.« Er schaltete und der Raum wurde etwas dunkler. Frako Zerwicz,
der Bernaler, war hingegen die Ruhe selbst. Wie im Schlaf griff er traumwandlerisch nach den
Steuerknöpfen, betätigte die Hebel, um die Triebwerke zu lenken und brachte die DUM so immer
wieder aus dem Bereich erhöhter Strahlung heraus.Zielsicher näherte sich das Boot dem
Hyperstrudel.
Der swoonsche Ex-Konsul wunderte sich noch immer. »Messe veränderte Strangeness an!«
verkündete er. r»Diese weicht von der Grundbasis unsres Universums leicht ab. Etwa minus ein
Tausendstel.«
Der Bernaler erwachte wie aus einer Trance. »Sehr gut!« befand er. »Diese Daten sind wichtig.
Überspielen Sie bitte an die STELLARIS. Das Schiff muss uns und die DEE miteinander
korrelieren.«
Der Swoon schaltete den Pararaumrichtsender ein und gab die soeben erhaltenen Informationen
durch.Seinerseits erhielt er via STELLARIS die Daten der TWEEDLE-DEE.
»Info-Basis ist austariert.« meldete er sachlich und Cerwicz, der grüngoldene Bernaler, nickte ihm
zu.
»Sehr gut. Die Werte zeigen, dass wir wirklich eine zerlegte Null vor uns haben. Beide
Wirbelstürme sind exakt entgegengesetzt. Wir und die TWEEDLE-DEE müssen zur gleichen Zeit
eintauchen und die Behälter abwerfen.«

Nun war Zirome war doch etwas irritiert. Er setzte ein fragendes Gesicht auf. »Von Eintauchen war
irgendwie vorher nicht die Rede, oder?« murmelte er, etwas unsicher.
Der Bernaler grinste ihm zu. »Nicht den Mut verlieren!« mahnte er. »Wir müssen die
Abstoßungseffekte der Oberflächenbarrriere aufheben. Das gelingt uns nur, wenn wir mit dem
gesamten Schiff durchbrechen.Der DEE wird das ebenso gehen wie uns. Achten Sie nur darauf,
dass Sie den Pararaumstrahl stabil halten. Die Werkzeuge der Wurfarme allein können die
Hyperoberfläche nicht durchbrechen.Da müssen schon die beiden Schiffe `ran.«

*
»Energieschwall steht!« meldete Prep Ykraus … und der Vincraner nickte zustimmend, gab aber
keinen weiteren Kommentar. Dann bequemte er sich doch zu einer Antwort. »Bereit zum
Durchbruch! Haben Sie den Kontakt zur STELLARIS stabilisiert?« Diesmal stimmte Ykraus ihm
zu. »Jou, der Richtstrahl steht!« verkündete er. »Ist stabil.Wir werden ihn auch im Fremduniversum
nicht verlieren … hoffe ich!«, setzte er hinzu.

Wie ein Haluter, der mit ausgestreckten Handlungsarmen dasteht, befand sich die STELLARIS nun
mitten im Fokus des Geschehens. Ihre beiden Richtstrahlen stimmten die ganze Aktion genau mit
den beiden Beibooten ab, die exakt zum gleichen Zeitpunkt, synchron in die Fremdoberflächen der
Tryortanwirbel eintreten mussten.
In der Zentrale des alten Frachters wurde heftig gearbeitet.Selbst die sonst immer so ruhige
Kommandantin bekam Schweißtropfen auf ihre Stirn.
»Achtung!« meldete sie an ihre eifrigen Besatzungsmitglieder. »Wir stehen vor dem Eintritt. Die
Dee ist nur drei Lichtsekunden entfernt von der Hyperoberfläche, die DUM zweikommaneun
Lichtsekunden. DEE, etwas verzögern!« Sie wischte sich über das graue Haar, war doch ein wenig
nervös. »STEL, übernimm jetzt die Synchronschaltung!« befahl Thassaia nun. Die Bordpositronik
schaltete sich ein und steuerte jetzt die Übergänge der beiden Boote exakt aus.Schon waren die
wallenden Oberflächen der beiden Schlünde aus Fremdenergie von den Explorern erreicht, schon
traten sie mit einem grellen Aufleuchten in die beiden Fremduniversen ein, verschwanden im Nichts
der überdimensionalen Fremdheit..

»Richtstrahl steht, ist stabil ...« meldete Taya Tikane, die nun wieder seriös ihren Dienst ableistete.
»Nach beiden Seiten. Kommunikation bleibt konstant!«
Ihr Kopf aber brummte immer noch. Das höllische Getränk, dieser mutierte Vurguzz, hatte es ganz
schön in sich.Sie erinnerte sich, wie sie vor kurzem, noch leicht angetrunken, die Zentrale betrat.
»Wie geht`s dir?« hatte Thassaia sie gefragt. »Das schwankt!« kam die zögernde Antwort. »Ja, das
sehe ich!« wurde die Auskunft bissig erwidert. »Nimm sofort ein Stimulans, um Deinen Kopf
wieder klar zu kriegen. Dieser neue Vurgzz hat‘s wohl ganz schön in sich!«

Nebenbei hatte die Kommandantin allerdings überlegt, ob diese neue, geniale Vurgguz-Adaption
nicht eine gute Handelsware wäre. Von irgendetwas musste die STELLARIS schließlich leben.
Wenn man nicht gerade Planeten rettete, musste schließlich Geld in die Kasse fließen.Nicht jeder
war so freigebig wie die neuen Passagiere, die sich freiwillig und auf ihre eigenen Kosten an dem
Unternehmen Myra-Rettung beteiligten.Und das Gesöff war wirklich gut …sie hatte es selbst
bereits ausprobiert, vielleicht konnte die Besatzung des Frachtschiffes damit einen Handel
aufziehen. Dann müsste man allerdings in größeren Mengen produzieren, das ging nicht an Bord
der STELLARIS, man würde einen festen, permanenten Planetenstützpunkt dazu
benötigen.Vielleicht auf Myra, mal sehen … aber dazu musste man den Planeten erst einmal
retten.Für einen kurzen Moment war sie wirklich in Gedanken versunken gewesen. Dann aber hatte
sie diese Überlegung erst einmal wieder beiseite geschoben. Wichtigere Dinge standen jetzt aktuell
an. Aber sie vermerkte diese Idee in ihrem geistigen Skizzenbuch für spätere Verwendung.

*

Die DEE taumelte im Fremduniversum herum. Die Triebwerke liefen hier kaum, in diesem
seltsamen, blauen Kosmos mit seinen einfarbig gelb leuchtenden Sternen.Und doch hatte der
Vincraner es seltsamerweise geschafft, das Schiff auf Kurs zu halten … irgendwie.Er war den
größeren Störungen ausgewichen und hatte das Schiff vom Eingang des Wirbels um einige
Lichtsekunden entfernen können.
Lung-a Dan drehte sich herum zu Prep und sah ihn auffordernd an: »Wir sind nun weit genug von
der Öffnung des Schlundes entfernt, so dass die Wirkung nicht in unserem Universum verpuffen
wird. Du kannst die Kapsel nun auswerfen. Inzwischen werde ich den Kurs zur Rückkehr
ausarbeiten.« Das tat er natürlich nicht über die Bordpositronik, sondern in seinem Kopf. Das
Rechengehirn nahm er nur zu Hilfe, wenn er eine nebensächliche Navigation auszuführen hatte.
Ansonsten wurde intuitiv gehandelt, wie es der Vincraner gewöhnt war. Auf seine Paragabe des
Hyperspürens musste er sich schließlich verlassen.
Prep Ykraus aber konzentrierte sich jetzt. Er steuerte den Greifer, der das Zielobjekt aus dem
gepanzerten Hangar hob und durch die Feldschleuse nach außen schleuderte. Ykraus sah noch, wie
das leuchtende Gefäß mit dem ON-Quantum im Nichts verschwand. »Der Zünder ist
eingestellt!«meldete er. »Die Funkdaten kommen klar herein. Hier ist alles erledigt. Es ist Zeit, sich
auf den Rückweg zu machen … sonst werden wir hier noch im Fremduniversum eingeschlossen!«
Der Vincraner drehte den Kopf und grinste ihn an: »Bin schon dabei. Triebwerke laufen mit halber
Kraft. Schlundöffnung ist vor uns. Kollisionskurs.Auf nach Hause!«
Prep riss die Augen auf, doch schon war die schillernde Oberfläche des wie eine Linse wirkenden
Wirbels heran und sie tauchten hinein. Kurz nur war ein Wabern zu sehen; ein kurzer Ruck ging
durch die DEE, als sie ruckartig abzubremsen schien, aber der Vincraner ließ die Impulstriebwerke
aufbrüllen und sie rasten durch den Schlund hindurch. Die dabei auftretenden Kraftfelder wurden
vom Paratron abgewehrt. Schon sah Prep wieder die vertrauten Sterne des heimischen Universums.
Die DEE raste voran. Voraus war die STELLARIS zu erkennen. Es ging heimwärts. Aber wo war
die DUM geblieben?

*

Die DUM schien abzubremsen, so kam es Zirome jedenfalls vor. Frako Zerwicz nahm die Hände
von der Steuerkonsole und sah ihn auffordernd an. »Würden Sie jetzt bitte
das Geschoss in den Weltraum befördern?« fragte er sanft. »Wir haben uns weit genug vom Aufriss
entfernt. Hier müsste eine instabile Explosion den fremden Weltraumstrudel schließen.«
Zirome nickte. »Aktiviere Greifer!« sagte er kurz und konzentriert. Erneut musste er aber vorher
die Sichtblende verstärken; das helle Gelb des fremden Weltalls mit seinen blauen Sternen darin,
blendete doch trotz der Dämpfung noch zu stark. Dann aber hatte er sein Werkzeug im Griff. Der
Roboterarm hob sich und ergriff das Gefäß. Auch hier wurde die Phiole mit dem kostbaren Inhalt
ins All geworfen.
»Aktion erfolgreich.Acht Minuten bis zur Detonation!«gab Zirome bekannt. » Bordeigenzeit!
Schaffen wir den Rückweg in dieser Zeit?«
Der Bernaler nickte ihm optimistisch zu: »Das sollte kein Problem sein. Wir nähern uns bereits
wieder der Aufrisszone. Nur beim Übergang könnte es ein wenig Gerüttel geben. Die
interuniversellen Potentiale müssen sich erst wieder angleichen.« Er wirkte ruhig und gleichmütig,
jedenfalls nach außen hin.

Insgeheim hoffte Frako aber noch, dass die instabilen Zustände der Hyperwirbel ihm helfen
würden, selbst wieder in den Überraum zu gelangen. Dort wollte er sich wieder seinem Volk
anschließen, das vergeistigt im fünfdimensionalen Raum existierte.Nur weil er sich von der
Gesamtheit einst etwas isoliert hatte, war er durch eine hyperartige Störüberlagerung vom geistigen
Kollektiv des Friedens getrennt worden und im Normalraum materialisiert. Dort hatte ihn dann die
STELLARIS gerade noch rechtzeitig gefunden, wo er eine vorübergehende Heimat bekommen
hatte. Mit dieser Aktion hier fühlte sich Frako Zerwicz nun im Gleichgewicht. An Bord der
STELLARIS war er sich wie ein Schnorrer vorgekommen, wie ein Bittsteller, da er weder den
Aufenthalt noch eine etwaige Passage hatte bezahlen können. Jetzt aber war diese Sache
abgegolten.



Ein innerer Friede erfüllte ihn. Er zog am Steuerhebel und die Aufrisszone kam näher. Die DUM
vibrierte und schien zusätzlich zu den Treibwerkskräften noch zu beschleunigen. Die schillernde
Linse des Feldübergangs in den Normalraum raste näher heran.Dann war die DUM direkt davor
und stürmte hinein. Wabernd baute sich ein flimmerndes Feld vor dem Bildschirm auf; wie ein
Nebel, den das Schiff durchdringen musste.
Plötzlich überkam ein innerer Friede den Bernaler und er fühlte sich tief im seelischen
Gleichgewicht mit seinem Volk. Ob das reine Empathie war, die nur hier in dem fremden Raum
wirkte … wer konnte das schon sagen? Unwillkürlich ließ er den Steuerhebel los.
Eine innere Ruhe überkam ihn und während das Schiff in den Normalraum hineinraste, fühlte er die
Anwesenheit der geistigen Kraft seines Volkes. Zerwicz ließ einfach los, alles: die Materie, den
Raum, die Zeit und das ganze Universum, schaltete sein Sein einfach ab.

Zirome sah, wie das Schiff aus dem fremden Raum brach. Der Nebel vor dem Monitor lichtete sich
… aber gleichzeitig begann ein leichtes Flimmern um den Bernaler, das sich immer stärker
verdichtete.Bevor der swoonsche Konsul reagieren konnte, hatte sich das Flimmerfeld zu einem
rötlichen Glühen verstärkt, das urplötzlich verblasste und verschwand. Der Bernaler aber war vor
seinen Augen ebenso verschwunden.Der Steuersessel war leer.
Für einen Augenblick war Zirome geschockt und überrascht … dann aber kam Tempo in seine
Aktionern. Er schwang sich auf den hohen Sessel, der denkbar ungeeignet war für seine
Körperformen. Doch die Hebel der Steuerung waren auch für ihn gut erreichbar und er bremste das
schiff ab. Die DUM wurde langsamer. Zirome schaltete die Ortungen an und erkannte weit vorn die
STELLARIS. »Home, sweet home!« murmelte er.
Auch die DEE war als schnelles Pünktchen auf dem Orterholo erkennbar.
Zirome steuerte nun die DUM behutsam in die Nähe des Frachters.

Hinter ihm kollabierte der gefährliche Hyperwirbel. Dabei flossen Fremdenergien über den
Strahlungskanal zum gegenüberliegenden Wirbel, durch die STELLARIS gesteuert.Der Ausgleich
erfolgte. Die Null stabilisierte sich.

Zirome sah, wie sich auch der andere Wirbel verkleinerte. In gleichem Maße schrumpften die
beiden Tryortanaufrisse und addierten sich langsam wieder zur Null.
Als er bei der STELLARIS angekommen war, hatten sich beide Stürme bereits in ein gemeinsames
Nichts verwandelt.Die zerlegte Null war wieder zusammengefügt.

*

Lung-a Dan pfiff diesmal. Es war eine seltsame Melodie, dachte Prep Ykraus. Irgendwie passte sie
zur Situation. Doch der Vincraner unerbrach sich.
»Schauen Sie!« sagte er und deutete nach vorn. Dort war schlingernd die DUM zu erkennen, die
sich auf einem erratischen Kurs der STELLARIS näherte. Was Prep Ykraus aber viel mehr
interessierte, war die Reaktion der beiden Hyperwirbel.
»Zündung ist erfolgt!« murmelte er. »Drüben wahrscheinlich auch! Die STELLARIS kanalisiert die
beiden Fluxenergien und balanciert sie in ein Gleichgewicht aus.«

Lung-a Dan nickte begeistert. »Sehen Sie!« verkündete er. »Die Hyperwirbel schrumpfen
zusammen. Sie verkleinern sich synchron in gleichem Maße. Wie vorausberechnet. Die zerlegte
Null wird wieder addiert.« Er begann erneut, melodisch zu pfeifen.Seltsamerweise ging es Ykraus
diesmal nicht auf die Nerven.

Fasziniert sah Ykraus zu, wie sich die beiden Hyperstürme legten. Die STELLARIS hatte die durch
die beiden Boote erzeugten Energieflüsse so gesteuert, dass sie sich genau gegenseitig aufhoben.
Die Raum-Zeit glättete sich.



»Hyperstrahlung normal!« verkündete der Vincraner und es klang Prep wie Musik in den Ohren.
»Nicht nur unsere beiden gefährlichen Wirbel sind weg! Auch die übrige Raumwetterlage im
Myra-System hat sich weitgehend normalisiert. Der Planet Myra jedenfalls ist gerettet. Die
Bewohner können sich in Sicherheit fühlen. Unsere Aktion war erfolgreich. Nun kann die
STELLARIS mich zu meinem Zielplaneten bringen, nach Maslo-Ygrak. Aber erst brauche ich einen
Drink.Vielleicht diesen neuen, mutierten, blauen oder grünen Vurguzz. Davon habe ich schon
Sagenhaftes gehört.Und das Gute ist: ich kann die Zeche sogar bezahlen. Den Flug übrigens auch.«
Das hörte Prep Ykraus gerne. Obwohl er »nur« der Sicherheitsschef an Bord war. Schließlich
musste die STELLARIS-Besatzung doch irgendwie Gewinn erwirtschaften. Das Schiff musste
unterhalten werden, das kostete.

Langsam senkte sich die TWEEDLE-DEE in den großen Frachthangar des Außenmoduls ab. Auch
die TWEEDLE-DUM wurde eingeschleust.

*
Thassaia sah, wie die Strudel ein letztesmal aufkochten und dann im Nichts der Vakuumenergien
verschwanden. Als Zugabe beruhigten sich auch die übrigen Hyperfelder um das System. Sie sah
auf die Messgeräte. »Alles ruhig. Gefahr beseitigt!« verkündete sie mit befreiendem Auflachen.
Auch auf ihr, obwohl nur indirekt an der Rettungsaktion beteiligt, hatte ganz schöner Druck
gelegen.Immerhin hatte sie per Koordination die Fäden gezogen.
Sie zog an ihren kurzen, grauen Haaren. »Zurück zum Alltag. Schleust die DUM und die DEE
ein.Wir nehmen Kurs auf die äußere Strahlungs-Wolke, damit Treck‘m Orr endlich seine
Messergebnisse bekommt. Dafür bezahlt er uns schließlich.Außerdem bringen wir danach unseren
Vincraner an seinen Zielort: Maslo-Ygrak. Das bringt noch einmal Kohle.«
Für einen Moment überlegte sie, Lunga Dan den Preis für die Passage zu seinem Planeten zu
erlassen, weil er so tapfer und uneigennützig bei der Rettungsaktion mitgeholfen hatte, aber dann
siegte doch der Pragmatismus. Wie hatte doch ein uralter Dichter einst gesagt: Der Kopf mag
wichtig sein, aber der Magen ist noch immer der Boss! Auch die STELLARIS musste schließlich
leben … irgendwie mussten Einnahmen hereinfließen.
Also ließ sie den Kurs nach draußen setzen.Vertrag war Vertrag.

*
In der Bar hob Zirome sein Glas mit dem blauen Vurguzz. Außer ihm waren noch anwesend: Lung-
a Dan,der Vincraner, Prep Ykraus, der Barmann und einige der Besatzungsmitglieder, die sich um
die Gruppe herum gestellt hatten.
»Auf unseren Bernaler! Frako Zerwicz!Wo immer er sich jetzt auch herumtreibt.Vielleicht ist er
wieder im Hyperraum untergetaucht, wieder bei seinem Volk.Das war sein größter Wunsch. Bei uns
war er doch immer ein wenig unglücklich, ein bisschen neben der Spur.«
»Ja!« orakelte Vrexx Tahin, der hinter dem Tresen stand und gerade alle Hände voll zu tun hatte,
um Getränke einzuschenken und zu verteilen. Dennoch hatte er als geübter Barmann dabei Zeit,
dem Gespräch zuzuhören. »Aber vielleicht ist er auch bereits im fremden Universum
verschwunden, als das Hyperflimmern ihn erfasste. Das werden wir wohl nie erfahren!«
Zirome ließ sich nicht beirren. Feierlich hob er erneut seinen Becher: »Auf abwesende Freunde
jedenfalls … wo immer sie auch sein mögen, im Hyperraum oder sonstwo. Wichtig ist nur, dass wir
ihrer gedenken.« Damit hob er das Glas und trank den schimmernden Stoff in einem Zuge aus. Die
Umstehenden hoben ebenfalls ihre Gefäße und taten ihm Bescheid. Alle tranken das stahlblaue
Gesöff.
Zirome, der swoonsche Konsul hingegen, aber grinste zufrieden in sich hinein.
Dass sein ON-Quant gar nicht echt gewesen war, sondern nur ein Tropfen des neuen, vermischten
Neo-Vurguzz, hatte er nicht vor, jemandem auf die Nase zu binden. Der energetische Ausgleich der
Universen war schließlich dennoch erfolgreich gewesen. Nur das zählte. Das Zeug hatte es ganz



schön in sich. Seine metauniversellenFremdauswirkungen und die geringe Hyperstrahlung, die das
Zeug emittierte,hatten genügt, um die interdimensionale Spannung wieder zu
destabilisieren.Dadurch konnte der der Hypervacuumflux kompensiert und die Resonanz-Vibration
der Strangeness-Differenz wieder ausgeglichen werden. Wofür Vurguzz aus dem
Normaluniversum doch gut war … aber wahrscheinlich hätte es auch jeder andere Stoff getan, der
aus dem gleichen Material war, leicht hyperstrahlend und in zwei etwa gleichgroße Hälften zerlegt
… denn das Gleichgewicht der Universen war labil und nur allzuleicht wieder zu stabiliseren, wie
es schien.

Trotz des Antigravs spürte er, wie die Impulstriebwerke des Schiffes ansprangen, eine leichte
Vibration ging durch den Boden, als der Kurs auf den Außenrand des Systems gesetzt wurde.
Er seufzte, denn der Alltag hatte die STELLARIS nun wieder.

ENDE
Spoiler:
"Doc war Pazifist, was ihn nicht daran hinderte, realistisch zu denken!" (Robert A. Heinlein in "The moon is a harsh mistress")
AARNs PR- Artikel auf https://www.zauberspiegel-online.de
Sense of Wonder allein, ist Fantasy. Bei SF erwarte ich logische Zusammenhänge.
"Three cheers for the incredible Campbell!"

"Die LION, das sind Sie und ich,Dan!Wollen Sie, dass eine halbe LION startet?"Nome Tschato
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Re: STELLARIS-Story: Die Zerlegung der Null

Beitrag von Colbi »

Danke schön! :st: Wenn ich sie gelesen habe, melde ich mich.
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