Matthias Rose hat geschrieben:Bei 9 Seiten Spoiler-Antworten muss ich jetzt doch mal schreiben ob noch jemand über Uwe Antons kleine Gimmicks im Roman schmunzeln musste?
Als erstes ist es mir bei dem Namen des Laren Daryl-Hana aufgefallen. Das musste mein Gehirn einfach mit der Schauspielerin Daryl Hannah (Kill Bill) in verbindung bringen.
http://www.imdb.com/name/nm0000435/?ref_=nv_sr_2
Der zweite Name Barba-Hana hatte es da schon eher in sich. Die älteren unter uns werden sich noch an Hanna-Barbera erinnern. Nicht? Aber die Familie Feuerstein kennt doch jeder.
http://de.wikipedia.org/wiki/Familie_Feuerstein Hanna und Barbera waren die Erfinder der selbigen Serie.
Und da wir schon bei Comic-Serien waren durften die von Goscinni und Uderzo auch nicht fehlen. Oder wie war das mit den Galliern und Alesia? "Aleschia isch kenne kein Aleschia!" Im übrigen zu finden bei Asterix und der Avernerschild.
http://www.ccbuchner.de/_images/bilder/ ... hild_c.jpg
Nachdem sich die Aufregung zur Antwort AARN MUNROs auf dieses Posting gelegt hat, möchte ich nochmals diese "Gimmicks" (wie Matthias Rose sie benennt) unter dem Aspekt der
Intertextualität anschauen, den Tennessee im Spoiler-Thread zu MAHs PR 2729 "In eine neue Ära" eingebracht hat. Da ich bei der Erklärung zu "Barba-Hana" nicht ganz von Roses Erklärung überzeugt bin (ich assoziierte da die Serie "Barbapapa"
), lasse ich diesen Punkt weg und fange mal mit dem letzten Punkt an.
1) Zitat aus PR 2734, S. 50, rechte Spalte ganz oben:
">>Empörend! Das ist einfach nur empörend! Darüber redet man nicht!<<
>> Nein, natürlich nicht.<< Rhodan fragte sich, ob das ein empfindlicher Punkt der Laren war. Wie damals auf der antiken Erde, wenn man einen Gallier nach Alesia gefragt hatte."
Nun ist mir völlig egal, ob das im Expose stand, oder nicht, und es ist auch peripher, ob der Leser die "Leugnung" Alesias aus seiner humanistischen Allgemeinbildung kennen sollte (wie es UA suggeriert) oder aus Asterix (was mir wahrscheinlicher scheint, unabhängig von den schpäteren Schprachschwierigkeiten des befragten Laren). Entscheidend ist die Kongruenz der beschriebenen Situation im Roman mit der externen Referenz.
Der Roman beschreibt, dass "Otto-Normal-Lare" ein Problem mit der Tatsache hat, dass einerseits ihr Ursprungsplanet vernichtet ist (und zwar in der Phase des vergeblichen Kampfes gegen die Zgmahkonen im entstehenden Konzil), und andererseits sie in der jetzigen Phase der Unterdrückung durch das AT nostalgische Gefühle für ebendieses Konzil hegen. Deswegen ist der Erwähnung oder gar die Suche nach dem Heimatsystem zwar nicht gerade ein Tabu, aber eine gesellschaftliche Ungehörigkeit, die "anständige" Laren wie Daryl-Hana dazu bringen, von dem entsprechenden Raumschiff abzuheuern.
Dies wird mit der Bemerkung "Wie damals auf der antiken Erde, wenn man einen Gallier nach Alesia gefragt hatte." in Bezug zu einem geschichtlichen Aspekt unserer Erde, aber eben außerhalb der Geschichte des erzählten Perryversums gesetzt. Warum wird das gemacht? Weil zurecht davon ausgegangen wird, dass der Leser diesen Bezug versteht (wobei UA das auch sehr explizit ausformuliert) und so schneller und präziser versteht, was ich oben relativ ausführlich erläutert habe.
So weit, so gut. Man kann jetzt aber fragen, ob man anstatt "Gallier" und "Alesia", also PR-externe Referenzen, nicht auch PR-interne Referenzen hätte heranziehen können, um das "Heimatplaneten-Tabu" innerhalb des Perryversums zu erklären. Meiner Meinung nach hätte man das machen können, z.B. gab es ähnliche "Unausprechlichkeiten" im Zusammenhang mit den Halutern und ihrer Herkunft. Man hätte also schreiben können "Wie damals, als die Haluter nicht über ihre Herkunft und Abstammung reden wollten."
Dieser Weg wurde nicht gegangen, und man kann sicher auch Argumente dafür finden, warum "Gallier" und "Alesia" hier besser passen wie "Haluter" und "Herkunft". Insgesamt halte ich diese externe Referenz für gelungen, weil sie das Denken des Lesers auf das Wesentliche des Gespräches fokussiert. Aber notwendig wäre sie nicht gewesen.
2) Zitat aus PR 2734, S. 46, rechte Spalte 9. Absatz:
">> Geht ins
Satt sie sind und trunken auch. Das ist ein .... Etablissement im Raumfahrerviertel. Die Wegbeschreibung.<< Er reichte Rhodan eine Folie. >> Fragt nach Daryl-Hana. Das ist ein Verwandter von mir." <<...
Wie sich später heraustellt (S. 48-50) ist Daryl-Hana ein gestandener Raumfahrer. Er ist Lare. Das .Die Rede ist
Satt sie sind und trunken auch ist das, was man eine Hafenkneipe oder Spelunke nennt. Daryl-Hana geht dort wohl weniger wegen des Essens hin, sondern vermutlich um sich zu berauschen (wobei er eher inhaliert anstatt zu trinken). Es ist eine toll beschriebene Szene (die man allerdings noch hätte verbessern können, wenn anstatt einer "normalen" Inhalation die larische Anatomie der Nasenschlitze zum Zuge gekommen wäre
).
Aber der Lare hat einen Namen und der ist "Daryl-Hana". In unserer Welt ist Daryl Hannah eine Schauspielerin, deren bekanntesten Filme (meiner Meinung nach) Blade Runner (Pris), Splash (der Film der sowohl sie, als auch Tom Hanks und Regisseur Ron Howard groß herausbrachte) und in diesem Jahrtausend Tarantinos Kill Bill Vol 1&2. Ich habe nicht die ganze Filmografie Daryl Hannahs im Kopf, aber einen Raumfahrer oder Seefahrer hat sie wohl nie gespielt. Dafür war sie mehmals auf Spitzenplätzen, wenn es um den "besten Körper der Filmgeschichte" ging. Blond ist sie auch.
Ein kurzer Blick auf das Titelbild von PR2732 zeigt, dass ein männlicher Lare, was humanoide Körper angeht, so ziemlich der größte Gegensatz zu Daryl-Hannah darstellt, den man sich vorstellen kann.
Es ging also Uwe Anton (oder den Expokraten, denn vielleicht stand ja auch Daryl-Hana im Expose) nicht um eine Verstärkung oder Präzisierung der Figur des larischen Raumfahrers, sondern um maximalen Kontrast, oder Inkongruenz. Diesen schriftstellerischen Kniff mag man je nach Geschmack unterschiedlich beurteilen, aber so er gewollt ist, ist er perfekt gelungen.
Unabhängig von der persönlichen Einschätzung ist das aber wieder eine externe Referenz, die den Leser massiv aus dem Perryversum herausholt (Harzzach hat das
treffend formuliert. ) Hier ist es schwieriger, eine PR-interne Alternative vorzuschlagen, denn PR strotzt ja nicht gerade von blonden Sexbomben. Aber eine fällt mir ein: Ascari da Vivo. Man stelle sich vor, der larische Portier hätte Perry auf seinen Bruder "Asca-Vivo" verwiesen. Sowohl Perry als auch der Leser wäre wie vom Blitz getroffen gewesen, Kopfkino ohne Ende, bis sich die Sache in einem Lacher (oder einen Wurf auf das Garagendach, je nach Gusto) aufgelöst hätte.
Das ist nun ein ziemlich langes Posting geworden, aber ich hoffe, es hat deutlich gemacht, das das Perryversum, in seiner Breite und Tiefe an Figuren und Geschichten so gewaltig ist, dass in den seltensten Fällen externe Referenzen für intertextuelle Bezüge gebraucht werden. Meine Aufforderung an die Autoren und die Exopkraten ist, sich der "kollektiven" Geschichte bewusster zu werden und auch zu bedienen, und nicht alle Nase lang auf externe Referenzen zu verweisen.