Zur Abwechslung möchte ich nun auch meine Meinung zum eigentlichen Roman schreiben
Beim ersten Lesen hat er mir nur bedingt gefallen, weil ich an einigen Ecken hängen blieb, die mir den Genuss etwas verleideten. Nach einem Tag habe ich ihn dann nochmals durchgelesen, und dann gefiel er mir gut.
Es ist der erste Teil eines Doppelromans zum Zyklusabschluss, und das merkt man nicht nur am Cliffhanger um Gucky, sondern auch an der ständig deprimierender werdenden Stimmung auf der RT und der Auswahl der Zwischenspiele. Wie schon Alexandra erwähnte, ist die Sprache sehr dicht und die Rückbezüge auf Romane bis zu den Anfängen des Zyklus sind sehr schön eingebunden. Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass bspw. das Zwischenspiel um die Hogarthi nicht so katastrophal endet, wie beschrieben, es hätte zumindest ein Teil dieser Flotte in den Staubring schaffen können. UA treibt die Dramaturgie hier auf die Spitze. Muss man nicht mögen, aber das kann ich akzeptieren.
Auch reduziert UA hier seine schlechte Angewohnheit, mal eine Seite des Romans mit einem Datenblatt zu füllen auf für mich passendes Maß. Zwar gibt es Wiederholungen von Formulierungen/Selbstzitate selbst innerhalb des Romans ("Faszination des Grauens" usw.) aber auch das ist nicht nur erträglich, sondern hier auch richtig, um den Leser mitzunehmen. Soweit alles gut.
So gut die Rückbezüge zu den frühen Romanen des Zyklus gesetzt sind, so mangelhaft ist kurioserweise die Abstimmung mit dem unmittelbaren Vorgängerroman. Das zeigt sich insbesondere beim Handlungsstrang um die Tiuphoren. Am Ende von 2897 war eigentlich klar, was passieren sollte: Leccore sollte auf einem Treffen aller Orakel sprechen und sein Wort sollte nicht nur Gehör finden sondern auch maßgeblich sein. Vielleicht kommt das ja noch im zweiten Roman, aber hier ist davon nichts mehr zu sehen. Statt dessen kommt erst der Sprecher der "Unwilligen" auf die SHEZZERKUD und Leccore geht mit ihm auf dessen Schiff um zu "schlichten". Dort wird ihm formal einfach so das Kommando übertragen, aber nachdem es zu Schießereien zwischen den Gefolgsleuten Yolloc und den "Unwilligen" kommt, geht Leccore auf Einladung Yollocs wieder auf die SHEZZERKUD. Dort hat Yolloc inzwischen "das Licht gesehen" und überträgt Lecorre die Befehlsgewalt über die gesamte Flotte. ???
Dieser Handlungsablauf ist zwar nicht unmöglich, aber ich verstehe nicht, warum UA von der klaren Steilvorlage des Vorgängerromans hier abgewichen ist.
Eine weitere Unstimmigkeit gibt es über die Notwendigkeit der Entleeren der Banner zur Entstehung der MS. In PR 2897 steht explizit, dass die Banner der Tiuphoren für das Entstehen der MS nicht wesentlich sind (Seite 37). In PR 2898 selbst wiederholt Tellavelly, dass die Entstehung der MS unabwendbar ist, soll heißen, es hängt nicht von den Tiuphoren ab.(Das fand ich im Vorgängerroman eine super Wendung: Die Tiuphoren sammeln teilweise Millionen Jahre lang, und wenn sie zurück kommen wird die Sammlung gar nicht mehr gebraucht). Das ist die ganze Grundlage dafür, warum sich Perry und Co auf die Unterstützung der geordneten Transformation einlässt. Aber Leccore sinniert an einer Stelle im Roman, dass er nicht weiß, wie viele Bannerinhalte für die Entstehung der MS notwendig sind. Dabei muss er aus dem Vorgängerroman wissen, dass gar keine nötig sind, schon gar nicht mehr, nachdem etliche Sterngewerke ihre Banner bereits geleert haben (Wo tun die das eigentlich? Ich glaube nicht, dass die Tiuphoren-Flotte schon im Lichfahne-System war.)
Dann die seltsamen Zeitabläufe: Tellavely kommt am 3. November in die Zentrale der RT und zeigt seine Infos/Holos. Aber erst am 8. November fordert er von Rhodan die Verknüpfung ANANSIs mit den Gyanli-Schiffen zur Unterstützung der Transformation. Was ist in den 5 Tagen dazwischen passiert? Reine Datensichtung? (Die Zeit wird teilweise gebraucht, um den Tiuphoren die 6 Tage Zeit zu geben, in PR 2899 an den Ort der RT zu kommen, siehe Leseprobe des Folgeromans.) Scheint mir eine ziemliche Zeitverschwendung zu sein, angesichts der bedrohlichen Lage.
Dann wird kommt der Punkt, an dem Tellavelly das Versagen der ANANSI-Unterstützung feststellt und den "Schlussstein" fordert. Bitterer Moment. Aber wieder vergehen zwei Tage, bevor Gucky sich zum Opfer entschließt. Und UA schreibt dann noch, dass sein Entschluss schon sofort feststand. Ja, warum wartet man dann noch zwei Tage, wenn die Hütte brennt?
Das waren die "Ecken", die mir anfangs den Lesegenuss vermiesten. Mit Abstand betrachtet sind das allerdings Kleinigkeiten, teilweise vielleicht einfach Tippfehler bei den Datumsangaben der Kapitelüberschriften. Die seltsame Abweichung in der Handlungsführung der Tiuphorenstranges ist aber ärgerlich.