OK, habe den thread lange nur konsumiert, hatte ihn aber genauso lange auf der Antwortliste.
Im Prinzip hatte Klaus Frick folgende Zeitenwenden angegeben (wenn ich die Argumentation dazu in Kurzform zusammenfassen darf):
- - Band 1 - Menschheit auf dem Weg nach vorne
- Band 400 - großer Zeitsprung, vollständig umgekrempelte Szenerie in der Milchstraße
- Band 700 - ein vollständig anderes Auftreten der Erde und der Menschheit
- Band 1000 - größerer Zeitsprung, das Duzen wurde eingeführt, ansonsten irgendwie keine große Änderung
- Band 1400 - großer Zeitsprung, komplette Änderung des Serienbezugs mit einem Perry Rhodan im Abseits, düstere Anklänge an die Realwelt
- Band 1800 - Einstieg in einen großen kosmischen Bogen, darin bis Band 2699 eine erhebliche Kontinuität
- band 2700 - grundsätzliche Erweiterung und Änderung der Serienkosmologie
Die Zeitenwenden in der obigen Auflistung sind entweder charakterisiert durch große Zeitsprünge oder durch grundlgende Wechsel in der Exposé-Arbeit (was mehrfach zu einer komplett anderen Ausrichtung der Serie führte), wobei aber die Änderungen jeweils nicht unmittelbar erfolgten (bei WV, EV/KM und RF war es schleichend, es dauerte jeweils 50-100 Romane, bis Änderungen voll zum Tragen kamen). Gut, das kann man halbwegs akzeptieren.
Ganz anders sieht es bei den Zeitsprüngen aus. Band 1000? War ein Zeitsprung, klar. Gab auch eine neue Zeitrechnung, klar, kapiert hat den Sinn aber unmittelbar niemand. Band 1000 stellte ganz einfach eine Selbstvergewisserung dar, den von Willi Voltz eingeschlagenen Weg weiterzuführen und zu einem guten Serienabschluss zu führen. Serienabschluss, richtig. Band 1000 sollte das Humane im Menschen zeigen, für den es einen Begriff gab: "Der Terraner". Der Zeitsprung zwischen Band 1000 und 1001 hatte vor allem einen Sinn: Willi Voltz wollte eine Menschehit schildern, die durch Umerziehungsprogramme, die Zeit brauchten, uneingeschränkt gut geworden war (also gut erzogen), wobei da besonders eine Personalie Auskunft über das Denken von Willi Voltz gab: der letzte Kriminelle, Robert Gruener. Die Zeit nach Band 1000 war vor allem eine Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse, mit der Menschheit auf der guten Seite. Diese Zweiwegepolariserung verband sich vor allem mit dem Begriff Ritter der Tiefe. Ja, die Menschen waren ritterlich geworden und allzeit auf der Seite des Guten. Um aber zu Band 1000 und zu den Rittern der Tiefe zu kommen, musste das alte System, dieses völlig überholte und verkrustete Solare Imperium fallen, das jede Weiterentwicklung erstickte. Um dahin zu kommen, führte Willi Voltz gleich zu Beginn seiner alleinverantwortlichen Expokratentätigkeit (die mit Band 600 begann und nicht mit 650 oder 700) sowohl die Superwesen als auch die Zweiwegepolarisierung ein (ES und Anti-ES sowie Rhodan I und Rhodan II). Das war in Band 600. Es gab das Solare Imperium, dieses Hindernis, noch eine Weile, bis das auch erledigt war und in Band 700 eine Menschheit ohne Humanität und ohne Liebe übernahm. Die negative Seite hatte gewonnen, scheinbar. Es folgte der Aufbruch zum Licht über Superwesen wie die Kaiserin von Therm bis wieder hin zu Superwesen wie ES und den Kosmokraten, noch höheren und besonders reinen Superwesen. Band 1000 war dann so etwas wie ein "Mission Accomplished". Ab dem Zeitpunkt sollte die Menschheit für das Gute stehen - und die Ritter der Tiefe waren das Symbl dafür.
Klappte nicht, wie wir wissen, denn Geschichten leben von den Menschen darin und ihren Gegensätzen - und das entspricht nicht einem reinen Gut-Böse oder Schwarz-Weiß-Schema, so dass nach dem Ausbooten von Thomas Ziegler als dem Erben von Willi Voltz ein Umschwenken in Richtung "Dritter Weg" begann. Hin zu mehr Zwischentönen und dem damit verbundenen Dritten Weg. Das war noch vor Band 1300, allerdings kam erst mit Band 1400 der ganz große Schnitt. Würde man von den Intentionen her argumentieren, dann waren die Bände 600 und 1251 (spätestens aber 1272) Epochenwechsel. In 1251 wollten die Menschen die Richtung ihres Lebens ändern und gingen nach Estartu - und in 1272 kam es zur Verweigerung der Ritter der Tiefe und deren Verbannung. Das reichte am Ende nicht, so kam es dann zur totalen Wende von Band 1400.
Die vor Band 1400 liegende Zeitenwende bei Band 600 war auch deshalb so besonders, weil sie erstmals die Superwesen wie ES nach vorne stellte als die Wesen, auf die es sehr ankam, bis hin zu den Kosmokraten. Erst ab Band 600 kam das Konzept der Mächtigkeitsballungen, in der Superwesen ihre "Schützlinge" sind, überhaupt erst auf - bis Band 599 war das völlig undenkbar. ES war zwar auch vor band 600 schon bekannt, allerdings eben als Superwesen, das trotz enormer Mächtigkeit irgendwie neben den Menschen stand, aber eben nicht darüber.
(Anmerkung: das ist auch deshalb so interessant als Zeitenwende, da wir gerade in Band 2912 den Gäonen haben, der fragt, warum ES die Schwarmkrise nicht verhinderte und die Menschen warnte. Nun, die Schwarmkrise lag vor der Zeitenwende von Band 600, mit der ES eine ganz neue Rolle erhielt, insofern Kompliment an die derzeitige Expo-Factory, hier genau die unterschiedlichen Rezeptionen vor/nach Band 600 zu thematisieren).
Entsprechend müsste man die Zeitenwenden eigentlich auf Band 600 und auf Band 1251 oder Band 1272 legen. Wirklich in jeder Hinsicht sichtbar wurden die beiden Zeitenwenden aber erst mit Band 700 und mit Band 1400, der ursprünglich gleitend begonnene Beginn der beiden Zeitenwenden wurde in Band 700 und 1400 extrem und für jedermann sichtbar. Interessanterweise stimmen die jeweiligen Zeitenwenden nicht mit den Grenzen der Großzyklen überein. Die Zeitenwende, die mit Band 600 begann, lag mitten im Großzyklus "Der Untergang des Solaren Imperiums", der mit "Menschheit im Zwielicht" in Band 400 begann. Erst mit Band 700 war diese Zerstörung des Alten soweit abgeschlossen, dass man sich uneingeschränkt dem Neuen zuwenden konnte. Es kam der Großzyklus "Superintelligenzen" bis Band 867. Damit aber war das Thema Superintelligenzen (das außerhalb des Großzyklus eigentlich bereits mit der Zeitenwende in Band 600 begann), aber auch schon abgeschlossen. Anschließend begann der Großzyklus "Ritter der Tiefe", der mit Band 868 begann, mit dem Orbiter Zorg in Band 885 erstmals erkennbar wurde und uns bis Band 1399 beschäftigte, also über die eigentliche Zeitenwende in Band 1251/1272 hinaus. Das waren dann sozusagen "Nacharbeiten" bis Band 1399. Ab Band 1400 begann dann auch - ganz klar - ein neuer Großzyklus. Die Änderungen mit band 1400 waren derart dramatisch, dass das auf jeden fall so ist. Die eigentliche Zeitenwende begann aber mit Band 1251 (zwei Romane von Ernst Vlcek, gefolgt bis Band 1254 durch zwei Romane von Kurt Mahr (also dem späteren Expokratenduo...).
Okay, dann noch kurz auf die Epochen des Solaren Imperiums eingehend: Band 1 war natürlich der Auftakt einer Utopie, eines "immer höher, immer schneller, immer weiter", der begeisterte. Der den Erfolg der frühen Serie begründete. Als das "immer höher, immer schneller, immer weiter" nicht mehr zündete, versuchte man, die Vielfalt der Menschen in den Vordergrund zu stellen (in Ermangelung einer positiven Vision). Das reichte dann immerhin von Band 400 bis Band 849: von einer Menschheit in Vielfalt und im Zwielicht bis hin zum Untergang der Menschheit im Schlund des Planes der Vollendung in Band 849. Im engeren Sinne haben wir da den Großzyklus "Der Untergang des Solaren Imperiums" zwischen Band 400 und Band 699 (und die beiden Zeitenwenden in den Bänden 400 und 600). Trotz des ziemlichen Zahlensalats soweit klar?
Großzyklen gab es daher bis Band 1400 folgende:
- 1 (Solares Imperium),
400 (Untergang des Solaren Imperiums),
700 (Superintelligenzen),
868 (Ritter der Tiefe),
1400 (Zeittafeln von Amringhar)
Zeitenwenden gab es bis Band 1400 folgende:
- 1 (Aufbruch in eine Utopie der Menschheit)
400 (Menschheit "ohne Plan")
600 (Superwesen und Polarisation in Gut und Böse)
1251 (Perry Rhodan im Abseits)
Band 1000 ist hierin weder eine Zeitenwende noch die Schwelle zwischen zwei Großzyklen.
Trotz des Wechsels der Großzyklen in Band 1400 gab es noch eine "Restebewältigung" des Themas "Ritter der Tiefe", das reichte vom Verbannungsstatus der Ritter, des "Sohnes" Monos bis hin zum Kyberklon Voltago als dem "Orbiter" des Ritters der Tiefe Perry Rhodan. Es war aufgrund der Dominanz des Themas Ritter der Tiefe seit Band 868 und über viele Hundert Romane auch nicht anders zu erwarten. Erst in Band 1799 wird Perry Rhodan aus dem Dienst der Kosmokraten entlassen, spielt sein Ritterstatus eigentlich keine Rolle mehr. In der Zwischenzeit sind die Unsterblichen Spielball (ähnlich wie ES), der Kosmokraten und der Zeitläufte. Und obwohl die Unsterblichen nichts mehr mit den Kosmokraten zu tun haben wollen, müssen sie unfreiwillig doch immer wieder als "bestrafte Ritter der Tiefe" agieren und ihren Arsch und den der Menschheit retten. Das geht hin bis zum Stoppen der Abruse, es geht hin bis zur endgültigen Vollendung des Planes der Vollendung durch die Besiedlung des Arresums - sowie des Verhinderns einer Materiequelle durch die ES-Verwirrung.
Es gibt aber einen großen Unterschied zu vorher. Während es in den Romanen bis 1250 fast immer um die Menschheit geht, wird es nach 1250 sehr viel persönlicher, vieles ist auf Perry Rhodan selber zugeschnitten. Das war es, was die Zeitenwende mit Band 1251 bewirkte. Jemand, der sich auch seiner Menschheit entfremdet hatte, die wiederum so richtig und wirklich nichts mehr mit der "Clique der Unsterblichen" zu tun haben wollte. Ein Mensch ohne echte Verankerung, der in düsteren Zeiten Gutes tut und dem man nicht unbedingt dankt.
Mit Band 1800 als der nächsten Zeitenwende war die Entfremdung von Perry Rhodan und der Menscheit zunächst nicht passé. Es entwickelte sich aber eine weitere Utopie, die mit dem Begriff »Thoregon« zusammen hing. Plötzlich zogen wieder alle an einem Strang und Perry Rhodan wurde von seiner Menschheit wieder aufgenommen. Die "Große Zeitschleife" vollendete sich, alle Seiten spielten falsch - und am Ende wandelte sich die scheinbare Utopie zur Dystopie. Es standen alle mit leeren Händen da, auch die Leser, Band 2199 als der Abschluss der Thoregon-Thematik war einer der dystopischen Tiefpunkte der Serie. Robert Feldhoff als Expokrat stellte wunderbar bunte Szenarien auf - und am Ende ging alles wieder zurück auf "Los". Rasender Stillstand, sozusagen - und gleichzeitig ein permanenter Konflikt, ein permanenter Überlebenskampf, von einer dystopischen Gefahr zur nächsten. Und alles - im Gegensatz zum dystopischen Überbau wunderbar bunt, teils schrill. So mancher war entzückt, als sich mit den Fernen Stätten nach einiger Zeit mal wieder eine Utopie anzukündigen schien, einmal die "Wunder von Anthuresta" sehen und sterben. Und doch war auch das nichts Ganzes. Das ging so bis Band 2699, wobei das in Band 2699 erreichte Ziel erstmals kein Gang zurück auf Los war.
Mit Band 2700 kam es dann zu einer weiteren Zeitenwende, die man mit "Selbstbestimmung" titulieren könnte. Erstmals wieder selbstbestimmt agieren. Erstmals wieder etwas Eigenes bewegen, erstmals wieder eine Utopie. Auch und gerade ohne Thez, auch und gerade ohne ES. Die Art, wie Atlan bei Thez die Selbstbestimmung durchsetzen konnte, das Symbol des Erwachsenwerdens der Menschheit, war eine Sternstunde der Serie.
Damit haben wir ab Band 1400 die folgenden Zeitenwenden:
- 1251 (Perry Rhodan im Abseits)
1800 (Menschheit im dystopischen Existenzkampf)
2700 (Selbstbestimmung)
Mehrere Großzyklen spielten nach der Zeitenwende von Band 1251:
- 868 (Ritter der Tiefe)
1400 (Zeittafeln von Amringhar)
1600 (Das große Kosmische Rätsel)
1800 (Thoregon)
2200 (Psionisches Netz)
2700 (Das Projekt von SAN)
Während der Großzyklus Thoregon als solcher unbestritten ist, gab es einen weiteren Großzyklus danach, der aber nicht als Zeitenwende gelten kann. Es ist dies der Großzyklus ab Band 2200, der unter anderem und gleich zu Anfang die Hyperimpedanzerhöhung mit sich brachte. In der Folge wurde alles, was mit dem Psionischen Netz zu tun hatte, wichtiger als vorher. Dahinter verbergen sich auch UHF-Effekte, die Eiris von Superintelligenzen, das Polyport-Netz etc., sowie natürlich Negasphären mit dem Nega-PSI...
Als Vorschau: Band 3000 wird vermutlich, wie schon die Bände 1000 und 2000, mitten in einem Großzyklus liegen und ohne Zeitenwende kommen.
Meine Auflistung der Zeitenwenden ist - neben existierenden Übereinstimmungen - etwas anders als die von Klaus Frick und ich unterscheide eben auch zwischen Großzyklen und Zeitenwenden....