Teil 4
Im konkurrierenden Machtkampf zwischen den führenden akonischen Familienklans verschwand vor knapp einhundert Jahren ein Schiff der Aronthe im galaktischen Sternendschungel. An Bord befand sich ein hohes, zudem äußerst geheimnisvolles Mitglied des Hohen Hauses tan Aronthe, der offenbar gegen eine mysteriöse galaktische Verbrecher-Organisation kämpfte. Die Enkeltochter Alnora, gab allerdings die Suche nach ihrem Großvater nicht auf und fragte sich, ob das Verschwinden ihres Großvaters nicht mit dieser mächtigen dunklen Gruppe, zusammenhängen könnte.
Im neuen Zeitalter verstärkter Hyperstürme, die von der galaktischen Zentrumsregion ausgingen, gerieten komplette Sternquadranten oder Sonnensysteme in Isolation, weil die Hypertechnik dort nicht mehr funktionierte.
Im galaktischen Zentrumsraum litten sie bereits seit Jahrzehnten durch diese Hyperorkane und der furchtbaren Nebenwirkung, dass 5D-Technik im Hypersturmbereich, selbst auf Planeten nicht mehr funktionierte. Wir waren ja bislang nur in der West-, der South- und der Northside der Galaxis aktiv gewesen. Die Akonen hatten uns nichts von den neuen Zentrumshyperorkanen erzählt.
„Wir? Fühlst du dich inzwischen komplett als Terraner, Lordadmiral?“
Mein Extrasinn mochte Recht haben, Aber im Moment gab ich mich wieder meinen Gedanken hin.
Damals als die FANTASIA mittels Linearflug (PR 100) den Blauen Schirm des bis dahin isolierten Akonsystem durchstieß oder die Solare Flotte und die arkonidische Robotflotte einige Zeit später die Energiestationen des Blauen Schirmes zerstörten, war das Akonsystem gerade frei von den zunehmend aufkommenden Hyperstürmen.
Die Akonen erzählten uns natürlich nichts darüber und wir stellten es in den Jahren von 1984 bis 2101 noch nicht selbst fest, weil die Terraner in diesen Anfängen ihrer Raumfahrt, das normalerweise schon gefährliche Galaktische Zentrumsgebiet stets mieden. Das akonische Transmittersystem litt bereits seit Jahrzehnten unter der Zunahme der Hyperstürme im Zentrumssektor. Zurzeit war das Blaue System nicht mehr erreichbar, weder mit Linearflug noch per akonischen Großtransmitter- Netzwerk. Alnora kam gerade noch weg vom jetzt durch Hyperorkanfronten isolierten Blauen System.
‚Wir’ Terraner in der South- und Westside litten erst seit kurzem unter der Zunahme von diesen Hyperorkanen.
„’Wir’ schon wieder? Also siehst du dich wirklich als Terraner!“ ätzte der Logiksektor in meinen Ohren, dass es nur so klingelte. Darauf gab ich wirklich keine mentale Antwort, sondern schluckte dreimal. Danach verschwanden die unangenehmen Nebenwirkungen der geradezu ‚Stentorstimme’ meines Extrasinns. Er konnte also auch regelrecht laut werden.
„Worauf, du dich verlassen kannst, du ‚Beuteterraner’ du.“ Jetzt klang das Wispern spöttisch.
Unter diesen erschwerten Bedingungen suchte Alnora ein Jahrzehnt lang mit ihrer hoch entwickelten Robotjacht erfolglos nach dem verschollenen Schiff ihres Großvaters. Auch sie musste wegen dieses langjährigen Hypersturms hier in diesem Sonnensystem auf dem erdähnlichen für uns noch namenlosen Planeten notlanden.
Während sich ihr Robotschiff selbst wieder unter erschwerten Bedingungen mit Non-Hypertech langsam reparierte, erforschte Alnora mit aufgrund der anhaltenden Hyperstürme, primitiven technischen Mitteln, diesen zentralen Kontinent. Auf ihrer planetaren Suche nach ihrem Großvater wurde sie von einer Gruppe humanoider Mammutjäger gefangen genommen und drei Jahre lang praktisch versklavt. Die stolze Akonin empfand es zumindest so, obwohl sie dabei lernte, wie man in der Altsteinzeit überlebte. Ein perfektes Survival –Training.
Dann wurde ihr Klan vor kurzem von einem feindlichen Stamm ausgelöscht. Nur knapp gelang Alnora die Flucht. Dabei traf sie auf Rico. Gemeinsam zogen sie über die Steppe und entdeckten dieses ideale Tal mit den beiden Höhlen.
Ich bezog zusammen mit meinen beiden Pferden die kleinere Höhle und ich fragte mich was Rico in der größeren Höhle mit Alnora trieb oder eben nicht trieb. In meinen Träumen war ich mit Alnora zusammen. Aber in der Realität lebten wir getrennt. Sie wollte mich nicht mal ansehen, was mich wütend machte und meinen männlichen Stolz ziemlich verletzte.
Mich als einen Mutanten zu bezeichnen!
Wenn ich wütend daran dachte, dann hörte ich oft ein Kichern in meinen Ohren. Oder meinte ich es nur zu hören? Wenn es stimmte, amüsierte sich mein Extrasinn wieder einmal königlich über meine angeknackste Macho-Ehre.
Wir edlen Arkoniden, mutierte Kolonialakonen. Pah!
„Das Schlimme daran ist, Herr Lordadmiral, dass die Akonen genetisch gesehen damit Recht haben“, spottete mein Logiksektor jetzt offiziell mit seiner wispernden Stimme in meinem Kopf.
Trotz den gegenseitigen Anfeindungen mit Alnora arbeiteten wir zusammen und halfen Rico, uns gemeinsam auf die harte Winterzeit vorzubereiten. Zu dritt und mit den Pferden. Alnora ritt ohne Vorbehalte und mit großer Fertigkeit Lady. Nicht einmal dumme Bemerkungen gab die Akonin von sich, da sie mehr als Rico und ich wusste, wie hart der kommende Winter werden würde. Deshalb unterzog sie sich der ‚Härte’ mit mir und meiner relativen Nähe zu leben oder gar mit mir zusammenarbeiten zu müssen.
Bei den Wintervorbereitungen halfen uns technische Produkte, die keinerlei fünfdimensionalen Anwendungen bedurften. Rico hatte nämlich diese Dinge in dem bereits angesprochenen mittelgroßen Container retten können. Der Notfallcontainer schwebte bei unserer Notlandung mit einem eigenen Rettungsfallschirm aus der abstürzenden Kapsel zur Oberfläche nieder. Diesen Container, der in der außen liegenden Frachtbox der Kapsel befestigt war, hatte ich glatt vergessen. Rico hatte ihn damals von der wracken Jacht noch in die Kapsel umladen können, bevor wir das abstürzende Raumschiff verließen.
Mit Hilfe von Seilen, der Zugkraft zweier Pferde, zudem mit Ricos eigenen zwar reduzierten allerdings immer noch überlegenen Androiden-Kräften, zogen wir den, eineinhalb Meter durchmessenden und vier Meter langen Container, auf heruntergeklappten Kufen in die Höhle. Dabei unterstützte uns ein ferronischer Antrieb, der als Non-Hypertech- Aggregat noch funktionierte. Leider konnte er den Container nicht fliegen lassen. Das integrierte Antigrav- Aggregat gab unter diesen Hyperraumbedingungen leider seinen Geist auf. Aber auch der ferronische Antrieb half. Ohne dieses Aggregat hätten wir die über tonnenschwere Frachtkiste aus Arkonstahl keinen Zentimeter bewegen können. Wir brauchten trotzdem drei Tage zum Transportvorgang, während Alnora die Höhlen hütete.
Nachdem wir uns in den Besitz des Containers gebracht hatten, konnte Rico unsere Speere und Pfeile mit Spitzen aus Arkonstahl versehen. Zudem eine Vielzahl von Messern und Utensilien aus diesem Material zur Verfügung stellen. Auch Lampen, Taschenleuchter und Heizaggregate betrieben von Energiezellen, standen uns nun zur Verfügung. Des weiteren Survival Gegenstände und Objekte aus ferronischer Non-Hypertech.
Der Container enthielt beispielsweise den Holzersatz Energeton. Bei diesem Produkt handelte es sich um eine Art Brennwürfel aus einem Art von Trockenspiritus mit der hundertfachen Wirkung, gegenüber dem früheren terranischen Produkt Esbit. Eine Packung Energeton reichte beispielsweise drei Monate für täglich drei Mahlzeiten. Das Energeton entwickelte die Hitzewirkung und eine Helle, wie ein entsprechendes Holzfeuer.
Auch enthielt der Container Nahrungskonzentrate. Tafeln, Würfel und Riegel, die unser Leben notfalls mehrere Jahre lang am Leben erhalten würden. Dazu weiter Wasserpillen, medizinische Ausstattung, Hygienemittel, einen handgroßen Mini- Medoroboter (dieser funktionierte allerdings nur wenn die Hypertechnik wieder funktionierte), einen nichtpositronischen ferronischen Mikrocomputer und einen kleinen Getränkeautomaten, den wir allerdings dem Platz wegen noch zusammenbauen mussten. Das vollbrachten wir rasch in drei Stunden.
Dann Dosen voller Presstees, USO-Kaffees, Cappuccino, Bihal-Tee und K’amana. Der gepresste Inhalt dieser Dosen konnte manuell verwendet werden, war aber hauptsächlich für den Getränkeautomaten vorgesehen. Dazu gab es Dosen mit kompletter Mischungen für Bannockbrote, normales konzentriertes Mehl, Konservendosen mit Spezialitäten usw. Dann natürlich noch das USO-Dosenbier. Leider nur etwa drei Dutzend davon. Es blieb leider Luxus. Aus den Dingen im Container stellten wir drei Notfall-Rucksäcke zusammen. (Anmerkung Autor: der Inhalt wurde bereits gepostet.
Ferner enthielt der Container einen auffaltbaren Wasserbehälter aus ferronischen Spezialkunststoff. Auf den Behälter konnte zudem ein leistungsfähiger Osmosefilter und ein Heizgerät zum Schmelzen von Eis und Schnee angebracht werden. Der Behälter fasste in entfalteter Form dreihundert Liter gefiltertes Wasser. Er hielt dass H2O frisch und kühl, außerdem sorgte er dafür, dass es monatelang haltbar blieb.
Jeden Tag Flusswasser holen ersparten wir uns demnach. Mittels Kunststoff-Schläuche aus dem Container und einer von Energiezellen betriebene Wasserpumpe, holten wir das kostbare Nass direkt aus dem Fluss in den Filter, unseres großen Wasserbehälters.
Im Winter würden wir auf den Schnee und das Eis der Terrasse und des Hanges leider manuell zurückgreifen müssen.
Die Non-Hypertech Energiezellen für unsere Aggregate reichten uns bei normaler Benutzung fünf Jahre lang. Bis dahin, wollten wir das hoffentlich wieder von den robotischen Systemen reparierte Spezialschiff von Alnora erreicht haben. Wohin die Reise dann gehen sollte, konnte ich mir allerdings noch nicht vorstellen. Vorher mussten wir jedoch noch Alnoras Großvater suchen und finden. Meine Bereitschaft ihr zu helfen, hatte sie schweigend und mit einem abgewendeten Blick zur Kenntnis genommen und damit wohl zähneknirschend akzeptiert. Ricos Hilfe wäre ihr zumindest äußerst Willkommen.
„Das Ganze kann ja noch heiter werden!“ Wie Recht mein verdammter Logiksektor mal wieder hatte.
„Immer, Herr Lordadmiral!“ Nun denn.
Die Existenz des Seehafens Imaltas und eines weiteren Flusshafen am großen Strom Repron, der von Nord nach Süd fließend in der Nähe von Imaltas ins Zentrale äquatoriale Meer mündete, hatte Alnora übrigens bestätigt, weil ihr Klan mit Pelzhändler Geschäfte betrieb. Kurz danach erfolgte der Angriff des feindlichen Stammes und ihr blieb nur die Flucht, wo sie in Richtung Imaltas auf Rico traf. Sie konnte Rico sogar die ziemlich genauen Koordinaten geben. Mir natürlich nicht!
An einem Felsgrat, der in den Fluss ragte, das taten übrigens in den schluchtartigen engeren Bereichen des Tales mehrere Felsspitzen, hatte sich eine Art von Wasserbecken gebildet, das sich vorzüglich zum Schwimmen und Baden eignete. Eine Felsplatte, die wir leicht schwimmend erreichen konnten, bot sich an, um uns dort in der Sonne zu trocknen, wenn diese endlich mal wieder schien.
Nach einem harten Arbeitstag, indem wir die Körner des Wildgetreides sammelten und Körbeweise in einer weiteren Nebenhöhle lagerten, schien noch spätabends die Sonne. Wir verließen uns nicht auf die Container-Vorräte. Diese sollten nur teilweise benutzt werden. Niemand von uns Drei wollte ohne Not auf Nahrungskonzentrate zurückgreifen. Auch Rico nicht. Seit er seinen verdammten organischen Körper besaß, entwickelte er sich meinem Jahrtausendelangen Vorbild folgend zu einem Gourmet.
Ich badete deshalb und legte mich nackt auf die Felsenplatte, um mich von den letzten Sonnenstrahlen trocknen und bescheinen zu lassen. Die weichen Pelze, die wir als ‚Handtücher’ benutzten, lagen neben mir auf dem Felsen. Ich musste eingenickt sein, denn ein Räuspern weckte mich auf. Alnora tauchte ebenfalls splitternackt aus dem Becken auf und forderte mich damit auf, die Felsplatte freizugeben. Das tat ich ohne etwas zu sagen oder mich mit den Pelzen zu bedecken. Ich ließ ihr die Pelze und begab mich an Land, weil die Platte auf einer Seite an den Hang angrenzte. Aufreizend langsam stieg ich bergan und spürte ihre Blicke lange auf meinem Hintern.
In dieser verdammten Nacht gelang es mir kein Auge zuzutun und ich hatte ihre nackte göttliche Gestalt ständig vor Augen. Keine Ahnung, wie das noch weitergehen sollte.
Abends nahmen wir immer zusammen, das von Rico auf seinem ferronischen Elektroherd aus dem Notfallcontainer, bereitete köstliche Mahl. Als Grundlagen dienten nicht nur das Trocken- und geräucherte Fleisch und die heimischen Gemüsepflanzen bzw. Getreide in ihren Wildformen, sondern hin und wieder Teile aus der umfangreichen ‚Notfallkiste’. Die Heißgetränke entnahmen wir zumeist dem Automaten.
Wir konnten wählen zwischen schwarzen Kaffee, Cappuccino, K’amana und ferronischen Bihal-Tee, der sich überall im ‚Vereinten Imperium’ durchsetzte.
Oft servierte Rico das akonische Bier manuell in Schalen und warm, wie es sich gehörte. Alnora lobte ihn ständig dafür. Auch ich mochte Kavla, allerdings würde ich diese Tatsache Alnora nicht unter die Nase binden. Ich tat so, als trinke ich es nur aus der Not heraus.
„Wenn dem Ragnaari das Kavla nicht schmeckt, soll er doch Tee trinken!“, hörte ich Alnora eines Tages zu Rico flüstern. Dieser verzog nur sein extrem menschlich wirkendes Gesicht und ich tat so, als ob ich es nicht gehört hätte.
„Wie im Kindergarten!“ wisperte mein Zweitbewusstsein. Auch diesen spöttischen Kommentar meines zweiten Ichs, überhörte ich einfach. Die Wut in mir gegenüber der Akonin wuchs.
„Alle Heißgetränke schmecken hervorragend“, meinte gleich am Anfang Rico, als wir den kleinen Automaten aufstellten und ihn gleich ausprobierten. Es handelte sich um ein Hightechprodukt ferronischer Bauart mit einem elektronischen Computer, der auch hier funktionierte.
„Deine noch neuen organischen Geschmacksknospen täuschen dich nicht, Rico. Denke daran, dass wir dem Automaten frisches und gefiltertes Wasser zur Verfügung stellen. Schließlich haben wir den Schlauch nicht umsonst zum großen Wasserbehälter gelegt.“
„Stimmt, Atlan. Aber wieso ist das Wasser hier besser, als in Raumschiffen?“
„Es liegt am gefilterten Wasser. Der Survival- Filter stellt dem H2O Magnesium zur Verfügung. Als Gourmet kann ich dir erklären, dass je höher der Magnesiumgehalt des Wassers ist, desto größer ist der Effekt bei den sensorischen Attributen eines Kaffees. Deshalb ist der Genuss des Kaffees und Tees aus dem Automaten so hoch einzuschätzen. Die USO benutzt nur das Beste in Allem!“
„Ich verstehe“, meinte Rico. „Egal ob Filterkaffee oder Espresso. Die Aromen, das Koffein und der wunderbare Geschmack der Kaffeebohnen müssen im Wasser gelöst werden, um genossen werden zu können. Offensichtlich geht das am besten mit dem Filter.“
„Richtig Rico. Außerdem kommt das Wasser stets frisch aufbereitet und kühl aus dem großen Spezialwasserbehälter. Aber nun lasst uns die Getränke genießen.“
Das taten wir. Auch Alnora holte stets ohne mich anzublicken ihr Heißgetränk, meist ferronischen Bilah-Tee, aus dem Automaten.
Anfangs hatte sie die Tatsache, dass ich dieses Gerät mit in den Notfallcontainer nahm, mit: „typisch dekadenten arkonidischen Luxusdenken!“ kommentiert.
Im Container entdeckten wir auch Thermofolien. Man aktivierte sie auf kühlenden oder heißen Effekt und entrollte sie hauptsächlich auf Reisen, oder wenn man nicht einen Herd einsetzen wollte oder dieser verfügbar war. Sie bildeten natürlich einen wichtigen Posten innerhalb eines Notfall-Rucksacks.
Das Frühstück begann meist indem Rico oder ich ein frisches Bannock zauberten. Der Notfallcontainer enthielt diese Zutaten, für die ich immer in meinen Raumschiffen sorgte. So auch in der ‚Amoustrella’ und in ihrem Notfallcontainer, den Rico zum Glück ja retten konnte. Auch darüber gab Alnora beleidigende und bissige Kommentare in Richtung Arkoniden und ihren neuen Anhängseln, den Terraner ab.
Das hielt sie allerdings nicht davon ab, den täglichen Frühstücks- Bannock offenbar mit Genuss zu vertilgen.
„Das wissen wir inzwischen Herr Gourmet. Ein Glück für dich. Du legst manchmal ein erschreckendes dekadentes Verhalten an den Tag. Da kommt wohl der Arkonide in dir zum Vorschein“, giftete der Logiksektor in mir. Eigentlich wollte ich mit ‚Bäh’ mental antworten, unterdrückte dies allerdings erfolgreich, indem nur ein kurzer Gedankenblitz mit dem Sermon durch mein Bewusstsein huschte. Wieso, bei den Hohen Mächten, sollte ich nicht das Verhalten eines arkonidischen Gourmets an den Tag legen? Mein Zweitbewusstsein schwieg jetzt. Gut!
Um den Teig für Bannock zuzubereiten, holten wir die Fertigmischung aus der Bannock- Dose. Dann begannen wir damit ein gewisses Quantum der Mischung mit Wasser zu vermengen. Anschließend kneteten wir den Teig solange bis sich eine feste Kugel bildete. Falls der Teig noch zu trocken war, gaben wir noch einen kleinen Spritzer Wasser dazu. Wenn er hingegen begann an den Fingern zu kleben, reichten wir noch ein wenig Mehl in die Teigmasse. Im nächsten Schritt rollten wir die Teigkugel in der Pfanne zu einem Fladen aus. Der Teig war dann etwa daumendick.
Nach etwa sechs Minuten, nachdem das Bannock-Brot bei dreiviertel geöffneter Brennerklappe auf einer Seite knusprig gebacken war, wendeten wir das Brot und ließen es in etwa der gleiche Zeit und derselben Hitze zu Ende backen. Man sollte während des Backens darauf achten, dass das Survival Fladenbrot goldbraun gebacken und nicht zu dunkel wurde. Und man sollte gegebenenfalls die Hitze etwa runterregulieren, um das Bannock möglich gleichmäßig durchzubacken.
Der ferronische Notfallherd aus dem Container entpuppte sich als ein hervorragendes Aggregat, um einen vorzüglichen Bannock zu bereiten. Alnora ließ sich dann immer von Rico den Bannock servieren. Ein Dank für meine Survival- Kochkünste gab es nie. Natürlich wurde mir der Bannock auch nicht von eigentlich ‚meinem’ Rico serviert. Seit er wahrscheinlich von Homunk zu dem gemacht wurde, was er jetzt darstellte, hielt ich einigen Abstand. Auch er versuchte ständig zwischen der Akonin und dem ‚Ragnaari’ zu vermitteln.
Um des lieben Friedens willen, musste ich sogar immer an einem zweiten kleineren Tisch Platz nehmen, um den direkten Umkreis der ‚Erhabenen’ nicht mit meiner mutierten Anwesenheit zu beflecken. Rico setzte sich allerdings genau die Hälfte der Zeit in der wir gezwungen waren zusammen zu essen, zu mir. Unseren Gesprächen schien sie nicht zu lauschen.
„Du bist frustriert, Atlan! Komm trinke ein Dosenbier mit mir.“ Ehe ich etwas sagen konnte, ging er zu dem Notfallcontainer und holte zwei Dosen heraus. Etwa drei Dutzend hatten wir davon. Also war jedes Dosenbier, eine kleine Kostbarkeit. Eine Dose gab er mir. Schweigend öffneten wir beide unsere Behälter und beim Öffnungsvorgang aktivierte sich ein separater Mechanismus, welche das Bier besonders schäumen ließ. Ein weiteres Qualitätsmerkmal von USO- Dosenbier. Mit einem zischenden Geräusch öffnete sich der Deckel und wir konsumierten den schäumenden Genuss mit einem großen Schluck.
„Ah, das tut gut!“ sagte ich anerkennend zu Rico, der eben auch seinen großen Schluck beendete. „Trinken wir nicht unsere geheiligten Vorräte aus?“ befürchtete ich und strich mit einem Hemdsärmel über meinen Mund, um ihn vom Schaum zu reinigen.
„Sicherlich, Lordadmiral. Aber an besonderen Tagen können wir uns je eine Dose leisten.“
„Hätte nicht gedacht, dass ich mal mit dir ein Bier trinke, Rico.“
„Ich bin nicht mehr der, der Ihnen einst als Roboter diente, Sir. Betrachten sie mich als kybernetische Intelligenz.“ Ich lächelte und blickte Rico spöttisch an.
„Wenn ich mit dir trinke, dann betrachte ich dich als Freund, egal ob du kybernetisch, organisch oder kybernetisch-organisch bist.“
Wir stießen mit den Dosen an und tranken das schäumende USO- Gebräu.
„Männer, sind überall gleich!“ hörten wir hinter uns, eine weibliche Stimme spotten. Ich drehte mich allerdings nicht zu Alnora um, sondern hob nur meine Dose in die Höhe und dachte mir meinen Teil.
Nachdem die Dosen leer waren diskutierten wir über kosmologische Zusammenhänge. Allerdings auch über diese der USO noch fast unbekannte negative Gruppierung gegen die Alnoras Großvater kämpfte. Bisher wussten wir, d.h. die USO, noch fast nichts über sie. Nur, dass ihre Mörder sich ‚Dunkle Assassinen’ nannten. Ihre Ausbildung war hochwertig, vergleichbar mit einem USO-Spezialisten. Ein Erzählzwang kam in mir hoch, aber ich unterdrückte ihn noch erfolgreich. Vielmehr tat das mein Extrasinn.
Dass sie auch auf diesem für uns noch namenlosen Planeten unter der Roten Sonne, tätig sein könnten, gab mir zu denken. Weniger darüber, dass das akonische Energiekommando hinter der Gruppierung her war. Alnora schätzte ich als eine Sonderagentin, des der USO feindlich gesinnten Energiekommandos ein.
Energiekommando, USO, Dunkle Bruderschaft. Was zum Henker wurde hier gespielt?
Wieder kam ich mir nur als eine Garrodafigur vor. Welche Puppenspieler setzten uns Figuren ein? ES? Anti-ES? Unbekannte Fraktoren?
Rico erklärte mir leise, dass er die Möglichkeit in seinem verbesserten Robotkörper besäße, wenn die Hypertechnik wieder voll funktionierte und er nicht weiter eingeschränkt bliebe, das Gedächtnis von Alnora jederzeit manipulieren zu können.
Ich wunderte mich nicht einmal mehr über diese Information. Vielleicht hatte er zwischen 2040 und 2127 in der Azorenkuppel Besuch von Homunk im Auftrag von ES erhalten. Oder bereits vor Jahrhunderten. Wer mochte das schon wissen? Außerdem informierte er mich darüber, dass ich eine Art partielle Amnesie habe, d.h. ein manipuliertes Gedächtnis besäße.
„Wenn bestimmte Stichwörter erwähnt werden, dann löst sich die Gedächtnisblockade in dir auf Atlan. Und dir stehen dann neue Informationen zur Verfügung. Wir kämpfen gegen eine negative Macht, dessen hauptsächliche Organisation sich ‚Dunkle Bruderschaft’ (DB) nennt. Aber welche Kräfte wirklich dahinter stecken, konnten wir noch nicht erruieren?“
„Auch ES nicht? Das wird immer verrückter!“, dachte ich wütend und Rico schwieg dazu.
Als mir Rico dieses Wort ‚Dunkle Bruderschaft’ zuflüsterte machte es in mir Klick und Informationen über die DB standen mir zur Verfügung, die ich hier allerdings erst später erwähnen werde. Nur soviel: Die Seite des Positiven wurde hauptsächlich durch die ‚Paladine des Lichts’ vertreten. Ich wäre ein solcher Paladin im Auftrage von ES. Die Organisation auf der Seite von ES nannte sich der Wächterorden oder der ‚Orden des Lichts’ (OdL).
„Logiksektor. Weißt du mehr über meine Gedächtnisblockade. Beispielsweise, wer und wann sie gemacht wurde?“
Aber mein zweites Ich schwieg, was auch ziemlich aussagekräftig war…
Nun, was Rico oder Riconos anbetraf, mit ihm würde ich noch manche Überraschung erleben. Ich war mir nicht einmal mehr sicher, ob er nicht mit Alnora schlief. Und welche Rolle spielte dieses weibliche Brechmittel im Zusammenhang mit dem Kampf gegen die DB wirklich?
„Sie hat Rico zumindest als ‚Mann’ bezeichnet“, spottete der Extrasinn in meinen Ohren.
Nun, beide würden es mir in keinem Fall erzählen oder auch nur andeuten. Also war ich auf Rico irgendwie eifersüchtig. Natürlich hasste ich mich dafür.
„Ein ehemaliger Imperator des Großen Imperiums, Zellaktivatorträger, Wächter der primitiven Erde und nunmehr ‚Galaktischer Paladin’ von ES oder des OdL dürfte eigentlich keine Eifersucht gegenüber einem Androiden hegen. Oder?“ meldete sich mein Logiksektor in meinem Bewusstsein. Verdammt er schien diese Gedanken zu genießen.
„Zumindest sieht sich Rico jetzt als Biodroide, wobei er dem ‚Bio’ eindeutig den Vorzug gibt. Seine kybernetischen Anteile sieht er nur als Teil seiner neuen Gesamtpersönlichkeit an“, gab ich mental zurück. Aber mein Zweitbewusstsein führte diese Gedankengänge nicht weiter aus, was ich mit mentaler Dankbarkeit registrierte. Er kannte mich schließlich zu gut, schließlich lebte ich mit ihm bereits mehr als zehntausend Jahre zusammen.
Danach zog ich mich kommentarlos in meine kleine Höhle zurück. Dort warteten meine Pferde auf mich und sie freuten sich wenigstens vorbehaltlos, mich zu sehen…
Als ich so auf meinem gemütlichen dicken Felllager und einer aufgeblasenen Pneumomatraze in meinem warmen Schlafsack lag, erinnerte ich mich daran, wie die ‚Amoustrella’ hierher kam.