nanograinger hat geschrieben: ↑2. Februar 2023, 11:19
-schnipp-
Die Selbstmorde werden im Roman nicht als "Rollenmodell" dargestellt. Und sie ist nur die Alternative zu einer Flucht in eine angenehme Scheinwelt oder einem Weiterleben in Gefangenschaft ohne Perspektive (wobei ich diese dritte Alternative Muravon nicht abnehme, angesichts der Exekutierung der anderen "Verschwörer" am Ende des Romans. Die bekannten "Perfektionsstörer" hätten damit rechnen müssen, zu jedem beliebigen Zeitpunkt ermordert zu werden).
Wenn alle (Gefangenen) aus mehreren (auch nicht tödlichen) Alternativen nur den Selbstmord wählen, dann ist der Selbstmord doch das "Rollenmodell".
Wenn man geschildert hätte, dass LeFanu an Depressionen litt und nachdem ihr von der Zerstörung der MAGELLAN (und dem Tod ihres Sohnes) berichtet wurde, sie allen Lebenswillen verloren hat und bereit war Selbstmord zu begehen, wäre ihr Selbstmordwunsch "plausibel". Hier wollte sie aber noch nicht sterben, sonst hätte sie ja keinen Fluchtversuch mit den anderen unternommen. Erst das scheitern der Flucht und die erneute Gefangennahme, zusammen mit der Verfügbarkeit von Gift, führten zur "Kurzschlussreaktion" Selbstmord.
Wenn man nun geschrieben hätte, dass die beiden Mitgefangenen sich für ein Weiterleben in Gefangenschaft entschieden haben und verzweifelt, aber vergeblich, versucht haben LeFanu vom Selbstmord abzuhalten, dass wäre eine glaubhafte Szene gewesen, mit der ich kein Problem gehabt hätte. Hier wäre der Selbstmord nicht zum "Rollenmodell" geworden.
Die
"Flucht in eine angenehme Scheinwelt" ist immerhin mit dem Weiterleben in relativer Sorglosigkeit
verbunden. Jedenfalls wurde es bisher so geschildert.
Kraschsutar bedeutete wörtlich »Klarliegenschaft«, nicht »Umerziehungslager« – was diese Siedlungen allerdings faktisch trotzdem waren. Selbst ein goldener Käfig blieb letztlich ein Käfig. Auch wenn er nicht der Bestrafung diente, sondern der »Hinführung zur Vollkommenheit«.
Positiv daran war die umfassende Versorgung mit Medizin, Nahrungsmitteln und sämtlichen Dingen des täglichen Lebens, weit über die Stillung der Grundbedürfnisse hinaus. Saadet hatte auf ihren Urlaubsreisen in ungleich billiger ausgestatteten Hotels logiert.
Fast jeder erdenkliche und gewünschte Luxus war in einem panjasischen Kraschsutar erreichbar – sofern man sich an die Regeln hielt. Oberflächlich hatte niemand Grund, sich eingesperrt zu fühlen, ja nicht einmal permanent bewacht.
Abgesehen von funktionskritischen Bereichen, wie sie auch zum Beispiel in Terrania City nicht allgemein zugänglich waren, konnte man sich frei bewegen. Dies galt nicht nur für Nova Terra und die ebenfalls neugebauten Dörfer, sondern für die gesamte Insel Gaschdeneer. Solange man an den in regelmäßigen Abständen angesetzten Schönheitsübungen teilnahm und sich dabei einigermaßen gut schlug, wurde man ansonsten in Ruhe gelassen.
Dem
"Weiterleben in Gefangenschaft ohne Perspektive" kann ich nicht folgen. Wieso gibt es denn
keine Perspektive? Weil die MAGELLAN mit Atlan an Bord zerstört wurde? Als Gefangener würde ich annehmen, dass Atlan nicht so dämlich ist und mit der RA und ein paar "Mann" zur Unterstützung
angeflogen kommt, weil das ja nur so enden kann, wie es den Gefangenen erzählt wurde.
Ich würde annehmen, dass PR und Co. mit der RT diese Rettungsaktion unternehmen. Die Vernichtung der RT oder gar der Tod von PR wurde aber nicht erwähnt. Die MAGELLAN zerstört, Atlan tot - schade aber "egal", Perry haut uns mit der RT raus! Das wäre die Hoffnung, die ich als Gefangener hätte.
Zweifel an Muvarons Aussage hätte ich, wenn in dem halben Jahr Gefangenschaft ständig Gefangene
wahllos hingerichtet worden wären. Das wurde aber nirgendwo geschildert. Warum sollte ich glauben,
dass die Panjasen jetzt plötzlich damit anfangen?
»Eure Mitverschwörer, die sich als unbelehrbare Nichtsnutze erwiesen haben, werden hingerichtet«, sagte Muvaron sachlich. »Still und leise, an einem geheimen Ort. Wir wollen die Öffentlichkeit nicht mit derlei hässlichen Details belasten. Sie sind einfach eines schönen Tages spurlos verschwunden.«
»So etwas kommt immer wieder einmal vor«, ergänzte Rischtain, die sich bisher im Hintergrund
gehalten hatte.
Ich vermute, hier sind besonders auffällige "Perfektionsstörer" gemeint, die immer wieder
einmal verschwinden. Der erste geschilderte Selbstmord scheint mir ein Beleg dafür zu sein.
Auf Gefangene die sich "bemühen" trifft das sicher nicht zu, sonst könnte man sich den ganzen Aufwand mit den Lagern sparen und sofort alle Gefangenen umbringen.