Der Eindringling (Band 1140) – Marianne Sydow
Auch dieser Roman fühlte sich am Ende wie ein Füllroman an. Was Füllromane angeht, da unterscheide ich hauptsächlich zwischen zwei Typen. Da wären zum ersten die Romane, deren Inhalte von der Haupthandlung abweichen und eine eigenständige Story bilden, die aber nur einen kleinen oder gar keinen Beitrag zur Hauptstory (
oder einem Nebenstory-Strang) liefern. Das kann man über den letzten Roman sagen. Und dann gibt es die zweite Sorte, das sind Romane, die zwar an die Hauptstory angeknüpft sind, aber nur einen kleinen Kerninhalt haben und sich zu sehr hinziehen, also von den Autoren mit reichlich Nebensächlichkeiten gefühlt werden oder wo eine Zusatzstory zu dominant eingebaut wird. Das trifft auf diesen Roman zu. Der Kerninhalt dürfte sein: Grek verletzt sich wegen einer Mine (
oder so was ähnliches) und muss sich verstecken, stellt sich ungeschickt an und wird entdeckt und setzt seine Flucht (
oder auch Angriff) fort. Also der Roman endet da, wo er angefangen hat.

Passt also gut zu (
meiner) Definition eines Füllromans!
Die erste Hälfte des Romans habe ich trotz der etwas lahmenden Story ziemlich gern gelesen. Der Schreibstil der Autorin hat (
wenn sie mal so richtig loslegt) einfach reichlich viel von der Art eines modernen Buchromans.
Vor allem was die Psychologie der Protagonisten angeht. Hier lässt Sydow beispielsweise die einzelnen Protagonisten geschickt ihre eigenen persönlichen Schlüsse ziehen, was Grek jetzt ist und wie sie ihn betrachten. Wobei Tina hier in etwas zu passend zum das Schema der „
Vergeistigten“ passt. Wieder hatte ich das Gefühl, dass Grek 336 wie ein Magnet das „
Vergeistigte“ anzieht.
Für Hurt war er bloß ein Verbrecher in einem Roboterkörper. Ich glaube nur die Tochter und die Enkelin hatten den Verdacht, dass es ein Roboter sein könnte. Aber auch Grek wurde oft nicht schlau aus der Gruppe.
In der zweiten Hälfte hatte ich dann etwas mehr Schwierigkeiten mit dem Roman. Typisch Füllroman (
der zweiten Sorte 
) zog sich die zu Anfang richtig gut dargestellte „Geiselnahme“ etwas schleppend dahin. Mit dem Jungen Norman und dem Vermessungsingenieur Grude Hannusen wollte die Autorin wohl noch etwas mehr Pep in die Handlung bringen. Ging bei mir aber eher nach hinten los. Das mit dem Jungen und seiner Neugier war eigentlich noch gut passend. Dann wurde daraus eine ganze Gruppe, die mit Erika rumspielte und natürlich das Haus beobachtete. Dass Erika dann zu Norman nach Hause mitdurfte, machte mich etwas stutzig. Hurt war froh, dass sie dort sicherer war als in der Nähe von Grek, aber es scheint als hätte weder Grek noch Hurt sich viele Sorgen darüber gemacht, dass Erika ausversehen etwas ausplaudern könnte.
Was den Vermessungsingenieur angeht, dass war mir dann zu abgedroschen. Da taucht er auf, irgendwelche Gebäude für den Tourismus zu bauen. Und ist dabei sehr aufdringlich. Quartiert sich quasi im Haus der Gassners ein, quasselt irgendwas von „Ich habe mich in deine Tochter verliebt“

und gibt ungeniert seine „Theorien“ preis. Da dachte ich noch –
direkt an den Inhalt konnte ich mich nach Jahren sowieso nicht erinnern 
- , es handelt sich um einen Agenten, der den Ingenieur nur vorspielt, in Wahrheit aber hinter Grek her ist. Aber diese Seifenblase meinerseits platzte zum Ende hin. So wie die ganze Story.

Der Typ war tatsächlich bloß ein aufdringlicher Ingenieur. Und am Ende fühlte sich der Roman wie ein Füllroman an.
Besser wäre es gewesen, wenn Grude Hannusen hier ein Hanse-Agent gewesen wäre, den man vielleicht schon zu Anfang im Roman eigeführt hätte, der dann im weiteren Verlauf der Story bei der Informationenbeschaffung über Hinweise auf einen gesichteten Uboot-Roboter stolpert und den Spuren nachgegangen wäre. Das hätte dem Roman noch mal einen wenig mehr Würze verliehen und hätte ihn mehr an die eigentliche Haupthandlung angeknüpft.
Und jetzt mal ein Themenwechsel. Es gab ja hier die Diskussion im Bezug auf die „skandinavischen“ (oder vielleicht waren es auch "indigene") Protagonisten in den Mahr Romanen. Und ob es nach langer vergangenen Zeit und der Entvölkerung der Erde im Aphilie Zyklus so etwas „Ursprüngliches“ auf der Erde geben könnte. Ein ähnliches Thema schnitt hier Sydow nebenbei ebenfalls an. Und zwar im Zusammenhang mit den Aborigines:
Die Aborigines als solche existierten längst nicht mehr. Sie waren schon vor langer Zeit im Vielvölkergemisch der Terraner aufgegangen, und selbst wenn es noch ein paar von ihnen gab, die halbwegs reinblütig waren, so wussten diese wenigen nichts mehr von den alten Stammesriten, die den Weg zu diesen Geheimnissen öffneten. Alljährlich kamen ein paar Dutzend Gelehrte, Hobby-Archäologen und okkultistisch angehauchte Spinner, verursachten einen gewaltigen Wirbel, hockten wochenlang in der Höhle herum und zogen irgendwann heimlich, still und leise wieder davon. Finanziell waren sie alle miteinander unergiebig. Die Stadt lebte weit besser von den normalen Besuchern, die hier nach Ruhe und Frieden suchten und den natürlichen Charme des Ortes sowie die unberührt wirkende Natur genossen.
Interessante Überlegung, aber auch Sydow erwähnt hier mit keinem Wort die Entvölkerung der Erde im Aphilie Zyklus. Und nebenbei hat sie auch eine andere Stadt und ein Fest erwähnt, dass bis in die Zeit der Hanse existiert und ein Fest feiert:
»Sam – das ist mein Vater – hat oft so komische Ideen«, erzählte sie munter drauflos. »Er hat den Roboter gebaut.«
»Wozu?«
»Für den Karneval.«
»Was ist denn das?«
»Da verkleidet man sich. Kennst du das nicht?«
…
»Wo hast du damals gewohnt?«, fragte er.
»In Köln«, erklärte Eri. »Das ist in Europa.«
Alle Kölner dürfen frohlocken.
Diesen Gag hat sie aber im Gegensatz zu den Aborigines etwas zu unüberlegt reingeworfen. Und auch hier fragt man sich als Leser: was aber ist mit der Entvölkerung der Erde? Tja, dieser kollektive Gedächtnisschwund der Autoren mal wieder!
Insgesamt war der Roman richtig gut verfasst. Aber das Interesse an der Story verflog nach der ersten Hälfte. Es fehlte einfach ein Thema, dass mich hätte stärker mitreißen können. Und zum Ende hin ging der Autorin wohl auch der Platz aus, so dass das Ende etwas überhastet wirkt. Immerhin ist es im Gesamtdurchschnitt ein guter Roman.
Meine Wertung: 5,30 Punkte (Note: 2)
Zum
TiBi und der ersten Illustration habe ich diese Stelle hier gefunden:
Der Arm verschwand, eine andere Luke öffnete sich, ein anderer Arm tauchte daraus empor – und dieser Arm besaß eine »Hand«, die eindeutig keine normale Hand, sondern eine Schusswaffe war.
Beide Bilder zeigen dieselbe Szene. Nur um einige Augenblicke versetzt. Auf der ersten Illustration wird Grek gefunden. Auf dem TiBi holt er seinen Knarren-Arm raus.

Und auf der zweiten Illustration bewegt er sich durch das Kunstatelier oder sowas Ähnliches, was es da im Roman gab.
PS:
Andreas Möhn hat geschrieben: ↑12. September 2023, 12:00
Manchmal erweckte Sydow da den Eindruck, sie arbeite das für die Rahmenhandlung Relevante nur möglichst kurz ab, damit sie genügend Platz hat, ihr eigenes Ding durchzuziehen.
Also das trifft nicht nur auf Marianne Sydow zu, es handelt sich wohl eher um eine bei vielen PR-Autoren gängige Praxis.

Vor allem in der Scheer-Zeit wurde sie oft angewendet. Da haben so Einige es zu einer Meisterschaft gebracht.

Da denke ich bloß an einen Spaßvogel, der sehr gerne Storys über eine "Weltraumratte"

in den Vordergrund schob. Oder der Autor, der wegen seiner "Eigenkreationen"

Berühmtheit erlangte. Auch ein gewisser "Physiker vom Dienst" hatte sich da sehr hervorgetan. Und den "master himself" hast du schon selber erwähnt!
