Höllengeier hat geschrieben:Das arkonidische Reich in NEO ist ja, es wurde gerade erwähnt, stark "degradet" (arghl ...). Das heißt, die Reichweiten und Geschwindigkeiten von Raumschiffen sind geringer, die Reichweiten von Funksendungen auch. Solche Kommunikationsstrukturen fördern feudalistische Systeme. Dem Regionalherrscher muss die Möglichkeit eingeräumt werden, iim Rahmen existierender Anweisungen möglichst frei zu entscheiden, da Nachfragen im Krisenfall zu lange dauert. Demokratie ist zur Aufrechterhaltung eines großen Imperiums, in dem viele Fremdvölker teils gegen ihren Willen zusammengehalten werden, denkbar ungeeignet.
Cybermancer hat geschrieben:Das Problem für mich ist, das ich mir nicht vorstellen kann, dass eine Gesellschaft die so technologisch fortgeschritten ist wie die arkonidische, eine aristokratische, monarchistische Herrschaftsform hat.
Ja, das haben sich im neunzehnten/frühen zwanzigsten Jahrhundert die Kolonialvölker sicherlich auch gedacht ... Was seinerzeit auf der Erde die Kolonialherren getan haben, ist gut vergleichbar mit der Behandlung der Naats durch die Arkoniden in NEO.
Technologischer und sozialer Fortschritt gehen nur selten Hand in Hand.
Rainer
Ich sehe das ein bisschen anders. Klar die Reichweite der Triebwerke ist degradet worden. Aber die Fortschritte in der Netzwerktechnik, speziell bei den packetvermittelten Netzwerken, heben diese wieder auf. So dauert es zwar 40 Stunden um die Distanz von 2400 Lichtjahren zu überwinden, aber die Latenz für die Kommunikation (Routing) dürfte bei wenigen Millisekunden liegen. Das führt nach meiner Meinung eher zu einem "tele-operated Empire".
Moderne Netzwerkprotokolle sind genügend ausfallsicher gegen den Verlust einzelner Router (Hyperfunkrelaisstationen), also gehe ich davon aus, das es die arkonidischen auch (die wurden immerhin seit 10000 Jahren debuged).
Während also der Transport von Personen und physischen Gütern zeitaufwendig und teuer ist, ist Kommunikation billig und
schnell. Dies führt dazu das die Zentrale auf Arkon quasi in Echtzeit über die Ereignisse in weit entfernten Sektoren informiert ist.
Anstatt auf Statthalter zu setzen, welche unter Umständen eigene Ambitionen entwickeln, ist es unter diesen Rahmenbedingungen besser, über ferngesteuerte Drohnen einzugreifen und der positronischen Infrastruktur entsprechende Anweisungen zu erteilen.
Dieses Szenario hätte mehrere Konsequenzen:
1) Bei der Verwaltung würde es zu einem stark zentralistischen Staat führen, da das Zentrum über fast alle Entwicklungen in der Peripherie genaustens informiert ist und die Masse an loyalen Robotern die getroffenen Regelungen durchsetzen. Desweiteren ist eine genaue Kontrolle möglich. Dies setzt natürlich eine gewisse Robustheit der Kommunikation voraus, aber ich möcht hier an die Raumschlacht im Tatlira-System erinnern, wo unter Gefechtsbedingungen Hologramme (und sicher auch Gigabytes an anderen Daten) über Hyperfunk gestreamt wurden. In einzelnen von hyperphysikalischen Anomalien betroffenen Gebieten mag es die Notwendigkeit von autonom agierenden Sektoradministratoren geben, aber dies trifft sicher nicht auf die Masse des Imperiums zu. (In diesem Zusammenhang möchte ich doch mal bitten sich für feudalistisch oder absolutistisch zu entscheiden, da das Kennzeichen des Absolutismus ein starker zentraler Staat ist, der im Feudalismus fehlt.)
2) In der Ressourcengewinnung würde dieses dazu führen das Bergbaugebiete (Asteroidengürtel, Gasgiganten, Planeten) vollautomatisch bearbeitet werden und bei punktuellen Problemen sich Spezialisten von Wohnwelten in spezielle Drohnen einloggen (gerne auch mit Full-Virtual-Reality-Interface) und nur wenn der Datenverkehr unterbrochen wird, werden Problemlöser ins betroffene Gebiet geschickt.
3) Beim Handel führt dieses dazu, dass physische Güter nur in Ausnahmefällen bewegt werden (Kunstwerke und sonstige kulturelle Unikate), das was eigentlich gehandelt wird sind Lizenzen für Gensequenzen, Baupläne für Maschinen, die dann von den lokalen Robotfabriken gebaut werden. Auch auf den Tourismus könnte dieses Szenario Auswirkungen haben.
Allen denen dieses Szenario zu abgehoben erscheint, möchte ich an die Drohnenpiloten erinnern, die mit ihren Predatordrohnen im pakistanischen-afghanischen Grenzgebiet Terroristen jagen, um dann abends nach Hause zu ihrer Familie zu fahren. Im letzten Jahr hat die US Air Force mehr Drohnenpiloten ausgebildet als normale Piloten. Und wer jetzt sagt, dass Drohnen niemals den Soldaten am Boden ersetzen können, dann mag das unter realen technischen Gegebenheiten richtig sein, aber gilt das auch für arkonidische Technologie, die vor 10000 Jahren da war, wo wir in 500 Jahren sein werden.
Das sind aktuelle Entwicklungen, die man als guter SF-Autor auch gerne mal aufgreifen und rund in die Handlung integrieren sollte. Die einzige Möglichkeit, die ich sehe um ein solches Szenario zu unterbinden, ist die Bandbreite des Hyperfunks unter 56 kBit/s zu drücken, dann ist aber auch Essig mit über Hyperfunk gestreamten Holos (Meine Lösung wäre gewesen, den Hyperfunk komplett aus NEO zu verbannen).
Zum Thema Kolonialismus möchte ich bemerken, dass es drei Hauptgründe dafür auf der Erde gab:
1) Kolonien als Auffangbecken für überschüssige Bevölkerung, die in der Heimat keine Zukunft für sich sahen
2) Als Rohstoffquelle
3) Als Absatzmarkt für die heimischen Industrien
Alle drei Gründe haben sich im arkonidischen Imperium durch die in der Serie beschriebenen Technologien erledigt.
Warum einheimische Zivilisationen unterwerfen, wenn Lebensraum und Rohstoffe in unbewohnten Systemen in Hülle und Fülle zu haben sind? Die Terraformtechniken sind so ausgereift, dass das Terraforming selbst extremer Objekte trivial einfach ist (Ich möchte hier mal an den Besuch Homer G. Adams auf der Venus erinnern). Und nicht beanspruchtete Systeme gibt es zu hunderttausenden in der Nachbarschaft. Und als Absatzmarkt fallen die Kolonien auch aus, da der positronisch-industrielle Komplex, der ja mehrere Sonnensysteme als "Fabrikorte" nutzt, eine dermaßen große Überproduktion aufweißt, dass dieses
von unterwickelten Kolonialvölker niemals geschluckt werden kann.
Nein der Punkt am arkonidischen Imperialismus ist wohl eher die zersetzenden Wirkung der arkonidischen Technologie auf unterentwickelte Völker. Ich denke jedes Lebewesen will physische und materielle Sicherheit für sich und seine Nachkommen,
denn sonst stellt sich die Frage warum die Spezies noch existiert. Und die arkonidische Zivilisation bietet diese physische und materielle Sicherheit in einem Überfluß, dass sich dagegen keine indigene Kultur zur Wehr setzen kann. Nur die wenigsten revoltieren gegen Schlaraffenland 6.0, jetzt auch in deinem Stamm, Volk, deiner Nation. Nach einer Phase von 500-1000 Jahren sind die eingeborenen Kulturen bis auf fokloristische Element einfach ausgelöscht, von Arkon vollständig absorbiert.
(Ich empfehle hier mal die Lektüre von Singularity Sky von Charles Stross)
Die einzigen die sich dagegen wehren können sind Zivilisationen, die ungefähr das gleiche Level wie die Arkoniden erreicht haben. Und hier wird die Sache interessant, denn nach dem beschriebenen technologischen Rahmen sieht es doch so aus, dass Sonnensysteme nicht verteidigt werden können. Jeder hat seine RKV's (Arkonbomben, Gravitationstorpedos, whatever) und ist fähig ganze Sektoren zu sterilisieren. Unter diesen Vorraussetzung ist es für jede Seite im Great Game absolut notwendig die Sicherheitsinteressen der anderen Seite immer mitzudenken, denn alles andere mündet in der Apokalyse.
Das gäbe eine Situation ähnlich der heutigen Erde, wo jede Macht die etwas auf sich hält(und sogar einige Entwicklungsländer) ihre eigenen Nukes hat und alle ängstlich darauf bedacht sind Konflikte nicht über einen gewissen Level eskalieren zu lassen.