STELLARIS 92 – »Ein Arkonide für alle Fälle« von Jacqueline Mayerhofer

Antworten
Benutzeravatar
Gerhard Huber
Plophoser
Beiträge: 498
Registriert: 29. Juni 2012, 17:51
Wohnort: Worms
Kontaktdaten:

STELLARIS 92 – »Ein Arkonide für alle Fälle« von Jacqueline Mayerhofer

Beitrag von Gerhard Huber »

Mit Folge 92 checkt erneut eine Autorin auf der STELLARIS ein.
Jacqueline Mayerhofer gibt mit »Ein Arkonide für alle Fälle« ihr Debut im Perryversum.

Weitere Informationen gibt es hier:
https://perry-rhodan.net/aktuelles/news ... -stellaris
»I love deadlines. I like the whooshing sound as they fly by.«
Douglas Adams

Benutzeravatar
Verkutzon
Zellaktivatorträger
Beiträge: 2105
Registriert: 22. März 2017, 19:41
Wohnort: Grundamoar

Re: STELLARIS 92 – »Ein Arkonide für alle Fälle« von Jacqueline Mayerhofer

Beitrag von Verkutzon »

Gute Story :st: , hat mir gefallen!
Ich empfinde die Gestaltung der Geschichte schön ausbalanciert und auch der Schluss wirkt nicht gedehnt oder gestaucht.
Am Anfang dominieren kurze Sätze, was dem Text etwas die Eleganz nimmt, aber ab Seite 2 hat sich das erledigt. ;)
Schön geschilderte Figuren und auch die Spannung kommt nicht zu kurz. Hat Spass gemacht diese Reise mit Emilkin und den Kindern mitzumachen…
Verkutzon sah eine endlose Schwärze. Ein nie gekanntes Schwindelgefühl erfasste ihn. Ungläubig liess er Laires Auge sinken. Aus: PR-Heft 1120
Benutzeravatar
Robert Corvus
Terraner
Beiträge: 1515
Registriert: 19. September 2013, 14:38
Wohnort: Köln
Kontaktdaten:

Re: STELLARIS 92 – »Ein Arkonide für alle Fälle« von Jacqueline Mayerhofer

Beitrag von Robert Corvus »

Eine Geschichte, so lehrte schon Aristoteles, besteht aus Anfang, Mittelteil und Schluss. Im Dreiakt-Schema nennen wir den Übergang vom Anfang zum Mittelteil den ersten Wendepunkt, den vom Mittelteil zum Schluss den zweiten Wendepunkt. Die Kurzgeschichte als Textgattung ist durch den offenen Beginn und das offene Ende charakterisiert, mithin fehlen Anfang und Schluss. Kurzgeschichten beginnen und enden mit den Wendepunkten.
Ein Arkonide für alle Fälle tut das nicht. Wir bekommen mit dem Anheuern von Emilkin da Zulimo einen ausformulierten Anfang und mit der letzten Szene, dem Abflug mit der Space-Jet, ein ausformuliertes Ende. Also haben wir hier strenggenommen eine kurze Erzählung vorliegen, keine Kurzgeschichte. Das ist bei STELLARIS ebenso wie bei vielen Anthologien häufig der Fall. Ich finde das insofern etwas bedauerlich, als die besondere Prägnanz, die die Kurzgeschichte ermöglicht, ungenutzt bleibt.
Aber Prägnanz ist bei Ein Arkonide für alle Fälle offensichtlich auch nicht das Ziel. Hier geht es um Stimmung, um Atmosphäre. Darin liegt die Stärke der Geschichte. Schon zu Beginn tauchen wir ein in die heruntergekommene Umgebung eines abgeranzten Weltraumhafens, der auch gut ins StarWars-Universum passen würde. Ich bilde mir ein, hier die besondere Fachkunde der Autorin herauszulesen, die, wie man ihrem Instagram-Auftritt entnehmen kann, ein granatenstarkes Mandalorian-Cosplay am Start hat. Sind die Mandalorians nicht auch so etwas wie Kopfgeldjäger, mithin eine Art Söldner? Diese Profession geht auch die Hauptfigur Emilkin da Zulimo nach, dessen Charakterisierung vor diesem Hintergrund erwartungsgemäß sehr gut gelingt. Ein abgehalfterter, desillusionierter Glücksritter, der dringend einen Auftrag braucht. Selbst, wenn dieser darin besteht, Babysitter für zwei topsidische Kinder zu spielen. Das ist eine sehr schöne Konstellation, die über die Erzählung hinweg für viele lesenswerte Motive sorgt.
Insgesamt allerdings gibt es extrem viele Motive, vor allem, was die Figuren angeht. Sehr viele werden namentlich genannt, hinzu kommen die Bezeichnungen von Spezies und anderen Spezifika des Perryversums oder der STELLARIS. Müssen wir für diese Geschichte wissen, wie die Kapitänin und die Erste Offizierin heißen? Ist Federkleids Rolle wirklich so wichtig, dass er einen eigenen Auftritt braucht? All das fordert unser Kurzzeitgedächtnis, es kostet „Hirnkapazität“. Im Kopf schwirren Namen, Personen, Motive – und irgendwann komme ich vielleicht durcheinander.
Vielleicht auch nicht, denn wenn ich bereits vorher mit vielen Elementen vertraut bin, weil ich regelmäßiger RHODAN- oder STELLARIS-Leser bin, dann wird das Name-Dropping etwa des „Kristallprinzen“ zu einer amüsanten Suche nach Brotkrumen, die die Autorin in der Geschichte ausstreut. Es ist also eine Zielgruppenfrage. Ein Arkonide für alle Fälle richtet sich an eine Leserschaft, die mit dem Perryversum vertraut ist. Und es hilft, wenn man die vorhergehende STELLARIS-Geschichte Die Goldmaschine gelesen hat, sodass man mit einigen genannten Figuren der STELLARIS-Besatzung vertraut ist.
Die Kardinalschwäche von Ein Arkonide für alle Fälle ist die Grundstruktur. Die Hauptfigur, Emilkin, hat ein Ziel, das uns zu Beginn vorgestellt wird: Er will Geld verdienen. Erreicht er dieses Ziel? Das dürfen wir vermuten, denn schließlich hat er seinen Auftrag erfüllt. Aber explizit ausgesagt wird es am Ende nicht, und das ist unbefriedigend.
Nun könnte man unterstellen, dass sich Emilkins Ziel durch die Begegnung mit den Kindern ändert: Die Bezahlung tritt in den Hintergrund, unser Raubein möchte nun die Kinder schützen. Gerade dabei darf er aber nicht glänzen: Einer der kleinen Racker büxt aus, Emilkin hechelt hinterher, und im Finale werden diverse andere Figuren aufgefahren, insbesondere der Sicherheitschef, die den Tag retten. Emilkin muss im Wesentlichen zuschauen, sein Beitrag an der Lösung der Situation bleibt gering. Das gefällt mir nicht. Es ist in Ordnung, wenn der Protagonist über weite Strecken den Ereignissen hinterherläuft (in dieser Geschichte sogar wörtlich), aber am Ende möchte ich eine Zuspitzung lesen. Da soll Wohl und Wehe am Protagonisten, an seinem Beitrag, hängen. Er soll bis an seine Grenzen gehen, vielleicht ein Stück darüber hinaus, und dann final scheitern oder triumphieren. Unserem Emilkin wird die Geschichte aber aus der Hand genommen.

Sprachlich finde ich den Text im Wesentlichen gut, mit nur vereinzelten Unschärfen. So hat ein Raumschiff meines Erachtens keine „Außenhaut“ (S. 7), sondern einen Rumpf, eine Hülle oder eine Lackierung. Ob die Formulierung „… Lorgr-Tros hielt einen Strahler in den Klauen …“ glücklich ist, weiß ich nicht. Im übrigen Text steht der Begriff „Klaue“ für eine grob geformte Hand. Auch die Bedeutung „Kralle“ ist möglich, aber zur Abgrenzung und weil „Klaue“ häufig vorkommt, insbesondere in der Zusammensetzung „Klauendämmerung“, hätte ich „Krallen“ hier besser gefunden.

Ein Perspektivfehler findet sich auf Seite 11 (oben links): „»Ausgespielt«, konstatierte er, als Stummelschwanz mit benebelten Sinnen einknickte.“ – Ob Stummelschwanzens Sinne benebelt sind oder nicht, kann nur Stummelschwanz selbst beurteilen, denn das ist ein inneres Erleben. Wir befinden uns aber in der Perspektive von Emilkin, der kann das allenfalls vermuten. Besser wäre, wenn wir erführen, was Emilkin konkret wahrnimmt: Wie sieht Stummelschwanz in diesem Moment aus, wie bewegt er sich?

Es gibt auch Herausragendes in dieser Geschichte.

Da ist zunächst die Schilderung der Topsider zu nennen. Knappe Einwürfe, die konkrete Bilder erschaffen. Zudem kommen diese Schilderungen nicht in einem klebrigen Blubb daher, in dem die Handlung steckenbleiben würde, sondern wohldosiert verteilt. Das ist sehr gut gemacht.
Die beiden Kinder bewahren ihre echsenhafte Exotik, sind aber zugleich dermaßen putzig, dass man sie beschützt wissen will. Zudem erhalten Kra und Tra ihre eigenen Charakteristika, fragen nach Strahlerreichweite beziehungsweise plädieren für den Weltfrieden. Das ist zugleich plausibel und kindlich.
Auch Federkleid wird gelungen beschrieben. Wenn man ihn überhaupt in der Geschichte braucht (siehe meine Überlegungen zur Handlung), dann gern so farbenfroh geschildert wie in Ein Arkonide für alle Fälle.

Höhepunkt ist für mich eine scheinbare Kleinigkeit: Gleich bei der ersten Begegnung gibt sich Igr-Imror als Angehöriger der Rubinherzen zu erkennen. Nanu, dachte ich beim Lesen, das ist aber ungeschickt! Wenn er klarstellt, dass er zu einem rivalisierenden Clan gehört, wird man ihm die Kinder doch niemals anvertrauen!
Aber das Gegenteil ist richtig: Zwar tritt Igr-Imror barsch auf, aber sein Anliegen ist lauter, und er spielt mit offenen Karten, verbirgt nichts. Hier hat mich die Autorin erfolgreich an der Nase herumgeführt, mich in die falsche Richtung geleitet. Statt einem ungeschickten Grobian begegnen wir einem entschlossenen Friedensstifter, der verständlicherweise ungeduldig ist, weil der andere Clan das drohende Unheil nicht kommen sieht. Das wird am Ende klar, und da habe ich über mich selbst gelacht. Vielen Dank dafür!
Zweitjüngster der Vollkommenen.
www.robertcorvus.net
Benutzeravatar
Verkutzon
Zellaktivatorträger
Beiträge: 2105
Registriert: 22. März 2017, 19:41
Wohnort: Grundamoar

Re: STELLARIS 92 – »Ein Arkonide für alle Fälle« von Jacqueline Mayerhofer

Beitrag von Verkutzon »

Robert Corvus hat geschrieben: 21. April 2023, 17:21Die Hauptfigur, Emilkin, hat ein Ziel, das uns zu Beginn vorgestellt wird: Er will Geld verdienen. Erreicht er dieses Ziel? Das dürfen wir vermuten, denn schließlich hat er seinen Auftrag erfüllt. Aber explizit ausgesagt wird es am Ende nicht
Emilkin bekommt sogar den doppelten Lohn! (Seite 11, kurz vor Schluss)
Verkutzon sah eine endlose Schwärze. Ein nie gekanntes Schwindelgefühl erfasste ihn. Ungläubig liess er Laires Auge sinken. Aus: PR-Heft 1120
Benutzeravatar
Robert Corvus
Terraner
Beiträge: 1515
Registriert: 19. September 2013, 14:38
Wohnort: Köln
Kontaktdaten:

Re: STELLARIS 92 – »Ein Arkonide für alle Fälle« von Jacqueline Mayerhofer

Beitrag von Robert Corvus »

Verkutzon hat geschrieben: 21. April 2023, 18:23
Robert Corvus hat geschrieben: 21. April 2023, 17:21Die Hauptfigur, Emilkin, hat ein Ziel, das uns zu Beginn vorgestellt wird: Er will Geld verdienen. Erreicht er dieses Ziel? Das dürfen wir vermuten, denn schließlich hat er seinen Auftrag erfüllt. Aber explizit ausgesagt wird es am Ende nicht
Emilkin bekommt sogar den doppelten Lohn! (Seite 11, kurz vor Schluss)
Tatsache! Das habe ich glatt überlesen. Ich korrigiere mich: Dieser Handlungsbogen ist geschlossen.
Zweitjüngster der Vollkommenen.
www.robertcorvus.net
Benutzeravatar
TS-Tostan
Siganese
Beiträge: 26
Registriert: 19. Juni 2022, 12:06

Re: STELLARIS 92 – »Ein Arkonide für alle Fälle« von Jacqueline Mayerhofer

Beitrag von TS-Tostan »

Willkommen an Bord der STELLARIS, Kollegin.
Es ist immer wieder ein Privileg, neue Besatzungsmitglieder begrüßen zu dürfen. Jedes von ihnen bringt seine ganz eigene Note mit. Diesem Umstand ist es sicherlich zu verdanken, dass ich mich auch nach 37 Jahren, und mehr als 3200 gelesenen Romanen, noch immer auf den wöchentlichen PR freue – und die verschiedenen Stile der Autoren.
Auch bei dir wurde ich in dieser Hinsicht nicht enttäuscht: Personenbeschreibungen liegen dir. Sehr gut fand ich auch die Charakterisierung der kleinen Topsider. Ich würde wetten, dass hier reichlich persönliche Erfahrung mit eingeflossen ist? ;-) Da musste ich schmunzeln: Die Lebhaftigkeit der Kids kenne ich doch aus eigenem Erleben – auch wenn meine Tochter aufgrund eines "Zeitsprunges" bei ihrer "Geburt" bereits sieben Jahre alt war (Ja, das geht sogar ganz entspannt ohne jede Science Fiction). :-)
Ein Déjà-vu stellte sich bei mir während des Kampfs an Bord der STELLARIS ein. Kurz befürchtete ich, Trker-Derkh würde erneut kräftig auf den Hut bekommen, nachdem ich ihn in meinem Daidalos-Prinzip bereits arg misshandelt hatte. Aber wie ich sehe, hat der alte Kempe daraus gelernt. Action-Sequenzen gelingen dir auf jeden Fall ziemlich gut.
Kritisieren möchte ich nicht viel, dazu sind die Erwartungen und Geschmäcker der PR-Fanszene einfach viel zu breit aufgefächert – ganz zu schweigen natürlich von meinem eigenen Schreibstil und meiner Vorgehensweise beim Erzählen.
Figuren, die nicht auftauchen, hätte ich persönlich nicht erwähnt, da gilt bei mir die Regel: Reduzieren aufs Maximum.
Der Arkonide ist, wie Robert bereits in seiner Rezension erwähnte, etwas farblos geblieben. Er ist zumeist passiv und wirkt auf mich hilflos. Ich überlege, wie die Story ausgesehen hätte, wäre sie ausschließlich rund um die Topsider aufgebaut worden, ohne Arkoniden … vielleicht sogar noch besser.
Nun, ich will dir Emilkin nicht madig machen, bin ich doch ebenfalls ein großer Fan von Atlan und Konsorten.
So, genug: sie hat mir gefallen, die Geschichte.
In Wien würde man sicherlich sagen: Passt! (Ja, ich war schon öfter in dieser wunderschönen Stadt und habe dieses Wort dort vielfach gehört)
Wir sehen uns dann in Garching. Und nochmals: Willkommen an Bord!
fenny
Marsianer
Beiträge: 220
Registriert: 6. Juli 2020, 20:47

Re: STELLARIS 92 – »Ein Arkonide für alle Fälle« von Jacqueline Mayerhofer

Beitrag von fenny »

Mir hat die Geschichte gefallen.
Kurzgeschichten als Gattung mag ich nicht so gerne, eben wegen des offenen Endes. Infofern mochte ich die Geschichte, eben weil es keine klassische Kurzgeschichte war.
Ich mochte den Arkoniden und der Schluss hat mir gefallen. Ist doch nett, wenn auch mal alles gut werden darf.
Benutzeravatar
Ce Rhioton
Kosmokrat
Beiträge: 7923
Registriert: 12. Februar 2017, 16:29
Kontaktdaten:

Re: STELLARIS 92 – »Ein Arkonide für alle Fälle« von Jacqueline Mayerhofer

Beitrag von Ce Rhioton »

Ich wusste doch, dass ich den Namen Jaqueline Mayerhofer vor nicht allzu langer Zeit im Perryversum schon gelesen hatte.

Und nach einem Beitrag für STELLARIS verfasst die österreichische Autorin auch für die Miniserie ANDROIDEN einen Roman.
Antworten

Zurück zu „Stellaris“