Klassiker - Cantaro

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thinman
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von thinman »

R.B. hat geschrieben: 22. Juli 2023, 19:31

Oder hat er eine Ecke, in der das Zeug herumliegt? Dann ab in den 3 d Drucker und schon ist das Netz da. Ja, so würde es funktionieren, kein Thema. Aber der Band wurde 1989 geschrieben. Da war dergleichen noch sowas von weit weg...

(...)

Das sind meine Überlegungen zu meiner weiter oben geschriebenen Bemerkung. Ich lasse mich aber gerne vom Gegenteil überzeugen, meine Aussagen sind nicht in Stein gemeißelt.
:rolleyes:
1989 war man in der 5. Auflage gerade nach M87 verschlagen worden, und in der 3. hatte man gerade das Unternehmen Pilgervater eingeleitet. Da war diese Verbindung eigentlich naheliegend. Man wollte ja auch an den Nachauflagen Geld verdienen.

thinman
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R.B.
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von R.B. »

Band 1460 - Ellerts Botschaft- ist von Arndt Ellmer, erschienen am 15. August 1989
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John Talbot war immer noch nicht weiter gekommen mit seiner Entscheidung, ob er nun kandidieren solle. Er tendierte ja in die Richtung, aber nachdem Atlan ihm in den schillerndsten Farben ausgemalt hatte, was Regierungschefs so alles bevor stehen könnte, musste man schon ein ziemlich stabiles Gemüt haben.

Der Arkonide lachte und klopfte ihm auf die Schulter. "Du brauchst ein gutes Team, dann kannst du Welten verändern. Und allen Unkenrufen zum Trotz - die Demokratie ist vielleicht nicht optimal, aber sie ist, wie es mal jemand ausgedrückt hatte, die am wenigsten schlechte aller Regierungsformen. So gut wie überall sonst fehlt dir die Legitimation zum Regierungschef. Hier hast du sie. Die Basis für deine Arbeit findest du sowieso nur zu Hause. Bei deiner Familie, die zu dir hält, dich zwischendurch mal auf andere Gedanken bringt und dir die notwendige Kraft gibt."

Während John noch dabei war, die letzte Gesprächsstunde zu verdauen, erhielt er einen leichten Schlag auf linken Oberarm und er sah Atlan in Richtung der anderen Drei blicken, also wandte er sich ebenfalls um. Gucky war grade auf einen Felsbrocken neben Reginald Bull teleportiert und schaute mit gewichtiger Mine auf denselben hinab.

"Schüler Reginald Bull", piepste mit gestrengem Blick und erhobenem Zeigefinger, "nenne mir die Problemfelder beim Zusammenwachsen der Menschheit zu Beginn des Raumfahrtzeitalters!"

Bully sprang auf, nahm ein Art militärischer Grundhaltung ein und schrie: "Jawoll, Herr Lehrer! Block eins: Die verschiedenen Hautfarben der Menschen der Erde samt ihrer Herkunftsorte. Block zwei: Arm und Reich. Block drei: Menschen mit Psi - Fähigkeiten. Block vier: Menschenähnliche Außerirdische. Block fünf: Außerirdische fremden Aussehens! Mehr fallen mir nicht ein, das dürften sie sein, Herr Lehrer! Wobei ich anmerken darf, dass die arkonidische Technik half, die Unterschiede aus Block zwei sehr schnell zu beseitigen."

"Das hast du sehr schön gemacht, Schüler Reginald. Dafür gibt es eine gute Note!"

Reginald Bull setzte sich wieder hin tat so, als wäre nichts gewesen. "Seht ihr", meinte Gucky zu Lee und John, "da soll mir mal einer sagen, ich hätte sie nicht gut erzogen. Im Zweifelsfall hörten sie auf Pfiff. Nur bei dem ollen Arkoniden klappt das die halbe Zeit nicht. Unser Vorzeige - Imperator bildet sich nämlich manchmal ein, was besseres zu sein. Womit wir wieder beim Thema wären."

Der Ilt wandte sich wieder Lee zu.

"Fangen wir mit arm und reich an. Dieses Thema hatte sich in der Tat nach ein bis zwei Jahrzehnten so gut wie erledigt. Die für die Menschen neue und extrem fortgeschrittene arkonidische Technik sorgte für einen heftigen wirtschaftlichen Aufschwung und die alten Dreckslöcher, in den arme Teufel zum Teil hausen mussten, gehörten relativ schnell der Vergangenheit an. Das wiederum führte dazu, dass die alten weißen Männer, die anderswo noch das Sagen hatten, ihre Nase nicht mehr so hoch tragen konnten und sich alles anglich. Egal, wo die Menschen herkamen und wie sie aussahen. Das alles lief im Übrigen mehr oder weniger von alleine und im Großen und Ganzen ohne das Dazutun von unseren Großkopferten hier."

Er zeigte auf Atlan und Bull.

"Das ist jetzt aber kein alleiniges Problem der Menschen. Bei fremden Völkern tritt das genauso auf. Für dich sehen sie alle gleich aus, nur bei einigen Wenigen ist zum Beispiel das Hörorgan rot umrandet und bei anderen nicht. Und die eine Seite wird zu Unterdrückern. Dann stehst du kopfschüttelnd daneben und denkst, die haben sie ja nicht mehr alle. Man hatte sogar mal Roboter auf einer unbewohnten Welt ausgesetzt. Einfach, um zu sehen, was passiert. Ein paar Jahrzehnte später kam man wieder und sah sich das Ergebnis an. Die Hälfte der Blechköppe war blau, die andere grün. Und tatsächlich hatte eine Gruppe die andere unterjocht. Unvorstellbar. Letztlich ist es genau das Gleiche, wie es sich damals auf der Erde abgespielt haben muss. Passend dazu gab es früher Thesen von Herrenrassen, da fällt dir gar nichts mehr ein."

Lee fühlte sich auf einmal von Gucky sehr angeguckt.

"Ihr seid schon ein seltsamer Verein, ihr Menschen. Aber", er hob wieder den Zeigefinger an, "wenn man sich ein bisschen Mühe mit euch gibt, hat man Chancen, das Gros zu vernünftigen Wesen zu erziehen. Das funktioniert natürlich nicht überall." Der Seitenblick auf Bully war unvermeidlich.

"Ich hätte dich eben früher mal öfters übers Knie legen sollen, anstatt dich stundenlang zu kraulen. Dann wären dir solche Flausen beizeiten ausgetrieben worden. Jetzt ist es zu spät und wir müssen mit dem Ergebnis klarkommen."

Gucky strahlte Lee an. "Ab und zu hat der Dicke gute Ideen", proklamierte er und setzte sich in Position. "Meine Liebe, du bist die nächste Zeit beschäftigt." Die Angesprochene ergab sich in ihr Schicksal und kraulte Gucky den Nacken.

Der Ilt nickte nun gönnerhaft in Richtung des Arkoniden. "Du bist dran, Alterchen. Wir haben Pause."

Atlan nickte und setzte sich mit John zusammen zu den anderen, wobei Letzterer froh war, sich gedanklich mal mit anderen Dingen beschäftigen zu können.

"Wir mussten mit unserer Niederlage fertig werden", begann der Weißhaarige seine Story, "und ganz langsam mal mit anderen Ideen in die Gänge kommen."
Spoiler:
Atlan erzählt die Geschichte von Ellerts Botschaft:

Zuerst war der Teufel an der Reihe. Höchstpersönlich. Denn eine uralte Weisheit besagt, dass du einem unbekannten Gegner einen Namen geben solltest, denn damit wird er greifbarer. Also nannten wir diesen Teufel, der angeblich Terras Hallen unsicher machte, Monos. Natürlich waren wir damit nicht schlauer als vorher, aber unser und vor allem Perrys höchstpersönlicher Erzfeind blieb damit nicht mehr so nebulös.

Natürlich schimpfte mein Extrasinn uns allesamt und mich ganz besonders Narren, weil alleine der Name niemanden weiterbrachte. Da hatte er Recht, aber das war einfach eine psychologische Kiste. Der Feind war personifiziert. Selbstverständlich war uns völlig unklar, ob wir es tatsächlich nur mit einer Person zu tun hatten. Denn diese sogenannten Herren der Straßen mussten in irgendeiner Weise auch noch ins Konzept passen, wir wussten nur noch nicht, wie.

Informationen über Monos gab es nicht. Das einzige, das wir bemerken konnten, war dieser Psychokrieg gegen Rhodan - so ungefähr, als wolle er ihn am ausgestreckten Arm verhungern lassen und dann Stück für Stück auf kleine Scheiben schneiden. Monos, so war unser Gefühl, wusste über Perry scheinbar alles, der Terraner über ihn nichts. Jetzt war auch noch das Solsystem verschwunden - einfach so, als hätte es nie existiert.

Ich gehe jetzt mal davon aus, dass ich nicht unbedingt falsch liege, wenn euch beiden eine ernste Beziehung oder zumindest einen ernsthaften Versuch, eine solche auf die Füße stellen, bescheinige. Und jetzt Lee, stell dir vor, du siehst eine Projektion, in der John mit schmerzverzerrtem Gesicht fleht: Helft mir! Rettet mich! Sie quälen mich...sie quälen mich zu Tode!"

Selbst wenn dir jemand versichert, dass diese Sache nicht echt war und auch nicht echt sein konnte, läuft dir das nach. Und das erst recht, wenn ihr Kinder habt und euer Sohn oder eure Tochter hat das ebenfalls gesehen. Du müsstest schon eine besondere Stabilität aufweisen, wenn du nach einem solchen Erlebnis nicht total am Rad drehst.

Ähnlich wie es dir passiert wäre, hatte Perry viele, sehr viele Fragen im Kopf, was Gesil, seine Frau anging. Der einzige Mensch, der eine Antwort gewusst hätte, nämlich Galbraith Deighton, war seit sieben Monaten tot. Gal hatte zu seinen alten Freunden zurückgefunden und es mit dem Tod bezahlt. Monos hatte ihn ebenso wie Waringer vernichtet.

Sieben Monate war das jetzt her. Man hatte die ODIN im Besitz und Deightons ehemaliges und Perrys neues Schiff lange auf Hinterlassenschaften der Cantaro untersucht und zum Glück absolut nichts gefunden. Was wir dafür fanden, war das Wrack der NARVENNE, dem Schiff, auf dem unser Kampfgefährte Pedrass Foch nach der Brutwelt der Cantaro suchte. Erfolglos, wie wir feststellen mussten. Von den Schiff war nicht mehr viel übrig, die Besatzung inklusive Pedrass Foch anscheinend tot. Von den Cantaro vernichtet.

In dieser Zeit erfuhren wir noch mehr. Nach einem Flug in Richtung Phönix teilte man uns dort mit, Myles Kantor habe ein Aggregat gebaut, mit dem er Einfluss auf Cantaro Körper nehmen könne. Außerdem sei die BASIS wieder zusammengebaut worden und warte auf ihren Kommandanten Harold Nyman, ohne den die Hamiller - Tube sich weigerte, weiter tätig zu sein.

Nachdem wir den Freihändlern einen von WIDDER gebauten Pulswandler übergeben hatten, flogen wir wieder zurück in die Milchstraße. Dort erfuhren wir von Romulus, also Homer G. Adams, dass auf einer Welt in der Nähe ein hochrangiger Cantaro auftauchen würde. Natürlich wollten wir den mittels des Kantor'schen Gerätes beeinflussen und nachfolgend gefangen nehmen. Um es kurz zu machen: Es funktionierte nicht. Der Cantaro konnte sich wehren, erhielt in Folge den Todesimpuls und explodierte.

Du erinnerst dich Bully? Kurz danach warst du mit deiner CIMARRON zu uns unterwegs, als dir drei Cantaro Buckelschiffe die Hölle heiß machten. Dann tauchten wir auf und unsere Freunde hatten mit der ODIN, meiner KARMINA und deiner CIMARRON auf einmal drei Gegner statt nur einen. Zwei Schiffe konnten wir vernichten, der dritte Feind floh.

Und du, Reginald, brachtest uns endlich, endlich, endlich, einmal frohe Kunde. Julian Tifflor war mit seinen drei Schiffen wieder hier und hatte sogar noch drei Anoree mit ihrem eigenen Raumer, der YALCANDU, mitgebracht. Unsere Freunde waren wieder da: Eine sehr müde aussehende Irmina Kotschistowa, aber auch Ras Tschubai, Fellmer Lloyd und all die anderen. Auch Dao-Lin-H'ay stand plötzlich vor uns und drückte Perry einen eiförmigen Kristall in die Hand. Sie überbrachte den vollständigen Kristall Amimotuo, die wiederhergestellte Perle Moto.

Das war aber noch nicht alles. In dem Kristall war eine Botschaft verborgen, die Ernst Ellert - ihr wisst, wer das ist? - eine Botschaft hinterlegt hatte, die nur von Perry persönlich geöffnet werden konnte. Das war für uns nachvollziehbar, den es drehte sich um seine Frau und wen geht das nun mal zuerst etwas an? Eben. Uns nicht.

Ellert erzählte, wie er von Alaska Saedelaeres alter Freundin Kytoma diverse Aufträge erhielt. Wieso und warum ausgerechnet die Querionin erschienen war, erschloss sich Ellert nicht. Er habe wichtige Informationen an NATHAN so überbringen, danach werde er Gesil suchen und finden. In der Reihenfolge. Es ging, wie bei Ellert wohl nicht anders möglich, natürlich durch das halbe Universum bis in den Dom Kesdschan hinein. Den erläutere ich jetzt nicht näher, der ist eine komplette Geschichte für sich und hat was mit den Rittern der Tiefe zu tun. Allemal, Hilfe erhielt Ellert nicht. Nirgendwo. Gesil fand er natürlich auch nicht. Wär ja auch zu schön gewesen.

Perry ging nach dem Hören der Datei langsam hinaus und verschwand irgendwo in einem Seiteneingang. Er hatte um eine Stunde Ruhe gebeten. Natürlich hatten wir nichts dagegen. Ich denke, Perry grübelte in diesem 60 Minuten zum wiederholten Male darüber nach, welches ungewisse Schicksal seine Frau hinter sich hatte. Es gab ein Wesen mit ihrem Erbgut, dessen Vater nicht Perry selber war. Es war völlig klar, dass Gesil sich nicht freiwillig dazu hergegeben hatte. Vermutlich war sie in Gefangenschaft und vegetierte wo auch immer vor sich hin. Ich denke, und da sind wir drei, die wir Perry besser kennen, als jeder oder jede Andere, uns einig, dass dieser letzte Gedanke ihn zutiefst deprimiert haben musste.

Aber dann kommst du an den Punkt, bei dem du feststellst, dass Blut wirklich dicker als Wasser ist. Ein Gespräch mit seiner Tochter Eirene brachte ihn wieder auf Vordermann, besser und schneller, als wir es vermocht hätten. Und so fiel ihn noch ein Begriff ein, den Ellert genannt hatte. Amagorta.

Und schon hatten wir die nächsten Fragen.

Wer oder was war Amagorta? Wo steckte Ernst Ellert? War er nach all den Jahrhunderten ebenfalls ein Opfer des Gegners geworden? Wie weit war er mit der Suche nach Gesil gekommen? Hatte er sie vielleicht gefunden?

Degruum, einer der Anoree, hätte nach ihm verlangt, erfuhr Perry von seiner Tochter. Die Anoree glaubten, ihm helfen zu können. Amagorta, erfuhren wir, habe etwas mit den Erbauern der Schwarzen Sternenstraßen zu tun. Dorthin hätten sie sich zurückgezogen.

Perrys Gedanken gingen immer weitere Wege. Klone und Cyborgs, Monos und Amagorta. Gesil. Ein unfassbares Wesen stiehlt Zellaktivatoren. Und wieder Monos. Und: Die ganze Zeit nichts von ES gehört. Gar nichts. Strebte das Wesen im Hintergrund, eben der Teufel in Terras Hallen, danach, die komplette Mächtigkeitsballung in Besitz zu nehmen? Und benötigte dazu alle Zellaktivatoren?

Nicht nur Perry schwor sich, dass es dazu niemals kommen werde. Aber das Faustpfand Gesil war da.

Und über alle dem hatten wir völlig vergessen, dass Monos wohl allen Bemühungen zum Trotz immer noch in der Lage war, Perry zu orten. Der Stützpunkt Shister war in Gefahr. Aufbruch. Der Alltag war wieder da.
"Da habt ihr tatsächlich diesen Kristall öffnen können und dann? Ihr wart so schlau wie vorher", fasste John das Gehörte zusammen. "Ich meine, wir sind ja jetzt deutlich über der Hälfte eurer hundert angedachten einzelnen Erzählungen. Wo standet ihr denn da wissensmäßig? Gut, ihr hattet den Chronopulswall überwunden und konntet mehr oder weniger mit ein paar Schiffen fliegen, wie und wohin ihr wolltet.

Ein militärischer Sieg war undenkbar. Dieser Monos war eine völlig unbekannte Nummer und wenn ihr mal eines Cantaro habhaft wurdet, explodierte der. Oder sehe ich das falsch?"

"Völlig korrekt", erwiderte Reginald Bull. "Die entscheidenden Faktoren waren uns völlig unklar. Es war und blieb nebulös."

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Genau. Nebulös ist mein Gefühl nach dem Lesen dieses Romans. Für unsere Freunde kommen die nächsten Rückschläge gleich im Mehrfachpack. Die Cantaro lassen sich nicht einfangen, sie explodieren im Falle eines Falles. Uns Perry kann doch geortet werden und die Botschaft von Ernst Ellert ist
(wie eigentlich zu erwarten) auch nicht sonderlich zielführend.

Der Zyklus besteht noch aus 40 Bänden. Sicherlich, man ist mittlerweile innerhalb und außerhalb der Milchstraße unterwegs, hat beste Kontakte zu WIDDER und den Freihändlern, aber mehr als Nadelstiche können Rhodan und Co den Gegnern nicht beibringen. Rein theoretisch müsste also ganz langsam mal was passieren.

Denn zwischendurch gibts ja auch noch was auf die Mütze. Die Katastrophe am Perseus Black-Hole. Pedrass Foch mit seiner NARVENNE. Okay, mit Tiff und seinen Leuten samt dreier Schiffe kehrt Erfahrung wider Erwarten zurück. Und: Er bringt das Grüppchen Anoree nicht umsonst mit. Mal sehen, was die auf die Füße stellen.

Da ein militärischer Sieg gegen eine in Jahrhunderten angepasste und umgekrempelte Milchstraße nicht möglich ist, fixiert man sich auf die Person, der man jetzt einen Namen gegeben hat: Monos. Perrys höchst persönlicher Erzfeind. Aber Anlass zur Hoffnung? Bis jetzt eher nicht.

Der Roman hat mich nicht vom Hocker gehauen. Für mich zog er sich etwas zäh mit vielen angefangenen Dingen. AE lässt uns mit dem Stichwort Amagorta alleine. Das könnte eines der nächsten Ziele werden, um dann endlich dahinter zu kommen, was in der Vergangenheit passiert ist. Hoffentlich mit etwas mehr Dampf als in diesem Band, es würde mich freuen. Bei einer Benotung käme dieser Band mit Inhalt und Schreibweise bei mir nicht höher als ausreichend.

Vielleicht ist meine Neugierde aber einfach nur zu groß (so als aahlen Büggel, der ich mittlerweile bin) und ich bin einfach nur zu ungeduldig. .
:D :D :D
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von R.B. »

Band 1461 - Der Friedenssprecher - ist von Peter Griese, erschienen am 22. August 1989
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"Die alten Römer waren, was Hautfarben anging, moderner als die Menschheit des mittleren 20. Jahrhunderts alter Zeitrechnung", erklärte Atlan, als man wieder auf das Eingangsthema zu sprechen kam. "Die Römer begeisterten sich für zwei Dinge: Ist die Gegend, wo diese Menschen leben, für uns von Interesse und zum Zweiten: Kann man sie möglichst ohne großen Aufwand erobern. Ob die Leute, die dort lebten, groß, klein, schwarz oder weiß waren, war für sie zweitrangig. Sie kannten sowieso nur einen achtenswerten Menschenschlag: Sich selber. Alle anderen taugten im Zweifelsfall höchstens als Sklaven oder Gladiatoren. Gut, es gab Provinzen, die Rom so was ähnliches wie anerkannten, die durften dann eine weitgehende innere Autonomie erhalten, aber wehe, wenn nicht. Mit der Hautfarbe hatte das nichts zu tun. Das Zauberwort hieß Macht."

"Ich habe mir sagen lassen", sagte Gucky dazu. "die alten Arkoniden wären so ähnlich gewesen. Sie selber waren das Heil der Milchstraße, alle anderen mussten kuschen. Das hatte ja auch nicht unbedingt etwas mit dem Aussehen zu tun, sondern eher mit der Herkunft."

"Ja", sagte Atlan. "Zu Zeiten des Prinzipats, also der frühen und hohen römischen Kaiserzeit unterschieden sich Rom und Arkon nur marginal. Es gab Imperatoren, die per se die volle Macht über alles hatten, dafür aber keine Garantie bekamen, lange zu leben. Im alten Rom gab es in einem Jahr mal drei bis vier Kaiser, der Erste starb normal, die anderen wurden umgebracht. Das haben meine Leute auch hingekriegt. Locker. Gegen Ende sind sie beide über ihre schiere Größe gestolpert, zerfallen oder in Degeneration versunken. Ihr seht also, es gibt durchaus Parallelen in unserer Geschichte. Mein Extrasinn meinte dazu, das wäre absolut kein Wunder, wir hätten ja die gleichen Vorfahren. Und das würde zu vergleichbarer Narretei mit ähnlichen Ergebnissen führen. Die Verwandtschaft lässt sich also nicht leugnen."

"Im Übrigen", ergänzte der Arkonide noch in Richtung John Talbot, "ist die Quote der ermordeten Regierungschefs bei funktionierenden Demokratien wesentlich niedriger als bei zentralistischen Kaiserreichen oder Diktaturen. Insofern kann ich dich also beruhigen. Du würdest es überleben."

Bevor dieser etwas hierauf erwidern konnte, holte Bull tief Luft und erläuterte die im Laufe von Jahrhunderten auf der Erde entstandene Gesellschaft. "Oben waren die Weißen, die Guten, die Intelligenten, die zum Herrschen Geborenen. Tief darunter waren alle anderen. Aber auch unter den Weißen gab es Abstufungen. Unterm Strich gab es ein paar wenige, die etwas zu sagen haben und alle anderen mussten sich fügen. Und wenn zusätzlich die Hautfarbe nicht stimmte, oder von mir aus wahlweise die Herkunft, die Religion, das Geschlecht oder die sexuelle Orientierung, war man unten. Je andersartiger, desto tiefer."

Er sah Lee an. "Du hast Recht. Es war eine barbarische Zeit. Heute ist es zum Glück anders." Sein Blick ging weiter in Richtung Gucky. "Du hast das vielleicht nicht so ganz mitbekommen, weil du zu sehr mit dir selber beschäftigt warst. Außerdem hast du die Menschheit zumeist nur in Galacto City, dem späteren Terrania, erlebt. Da hatten wir schon einen Blick auf die Häupter unserer Leute. Wer bei uns schräg agierte, durfte seine Koffer packen."

Gucky nickte und stimmte Reginald Bull zu. "Bis absolute Gleichberechtigung herrschte, hat es in der Tat ein paar Jahrzehnte gedauert. Es ging Hand in Hand mit der Abnahme der Armut und der Zunahme der Bedeutung der Solaren Flotte. Denn da kam keiner rein, der sie nicht alle auf der Pfanne hatte. Zumindest habt ihr euch Mühe gegeben, das muss man anerkennen."

Er blickte in die Runde. "Rückschläge gab es immer wieder mal. In Perrys Heimat Nordamerika gab es zu Beginn des 21. Jahrhundert doch mal diesen Komiker, der die Zeit 200 Jahre zurückdrehen wollte und ständig auf den Putz haute. Ich hab den Namen von dieser Figur vergessen, aber der wars einfach nicht wert, im Gedächtnis zu bleiben. Zum Glück sind die Menschen, was dieses Thema angeht, schlauer geworden. Sie haben ja mich armen, kleinen Mausbiber auch akzeptiert."

John grinste. "So wie ich dich kennengelernt habe, wäre es ihnen auch nicht gut bekommen, wenn sie dich gedeckelt hätten. Du hättest sie schon Mores gelehrt."

"Selbstredent", äußerte sich Gucky voller Inbrunst. "Ich hätte sie allesamt über Töpfen voller Erbsensuppe kreisen lassen, wie unseren König Dickbauch hier neben mir. Ein Ende als Fleischeinlage wäre ihnen sicher gewesen."

"Euch ist klar, dass ich das alles aufnehme?" fragte Lee.

Gucky stand auf und richtet sich zu seiner vollen Größe von einem Meter irgendwas auf. "Aber natürlich, meine Liebe. Dann wird der bäuerlichen Landbevölkerung von Newengland endlich klar, mit wem sie es mit meiner Person zu tun hat. Das alleine wird deiner Welt Auftrieb geben."

"Ich denke", sagte Atlan. "Wir kommen dem Hauptzweck unseres Hierseins nach und erzählen den nächsten Teil. Kleiner?"

"Der Hauptzweck meiner Gegenwart auf dieser schönen Welt ist Urlaub. Weil ich Raumschiffe und Metallplastik einfach mal satt war. Was ihr hier wollt, ist mir völlig unklar. Zuerst ist mir diese reizende Dame zugelaufen und sollte auf mich aufpassen." Er zeigte auf Lee. "Auf mich. Man stelle sich das mal vor. Als ob ich jemals wo auch immer Blödsinn angestellt hätte. Dann tauchte Bully auf und danach der Rest. Und mit meiner Ruhe ist es vorbei. Und mit meinem Urlaub auch. Aber was tut man nicht alles für seine Freunde...

Nun gut. Dann wollen wir mal. Unsere drei Anoree konnten nach wie vor nicht verstehen, dass die Cantaro, die ja immerhin so etwas wie ihr Fleisch und Blut waren, dermaßen entarten konnten und so installierten sie die Friedenssprecher."

Spoiler:
Gucky erzählt die Geschichte von den Friedenssprechern:

Die drei Anoree konnten immer noch nicht begreifen, dass die Cantaro dermaßen neben der Spur waren. Die waren ja immerhin mehr oder weniger Mitglieder ihres eigenen Volkes.

Man vergegenwärtige sich: Die Anoree waren technikaffin. Technische Geräte in Mikrobauweise benutzten sie überall auf ihrem Körper, von den Fingerspitzen bis zu den Augen. Sie wollten damit ihre Sinne schärfen und somit schneller und einfacher zu Entscheidungen kommen. Die Cantaro waren nun nichts anderes als ein Zweigvolk, die das mit der Technik auf die Spitze trieben. Nicht nur zur Unterstützung sollte sie dienen, sondern sie ergänzen, ja, ganze Organe ersetzen. Sie waren also auf dem besten Wege, Cyborgs zu werden. Das war aber nur das Körperliche.

Denn die Mentalität der Cantaro dürfte sich nach Meinung der Anoree nicht geändert haben. Letztere gingen nämlich kriegerischen Auseinandersetzungen meistens aus dem Weg. Draufhauen konnten sie, keine Frage, aber nur, wenn es unbedingt sein musste. Sonst waren sie die Ruhe selbst. Da waren ihre Ableger, wenn ich das mal so formulieren darf, hier in der Milchstraße ganz anders drauf. Die Cantaro verübten Gräueltaten extremster Art. Ja, und dem wollten ihre Stammväter einen Riegel vorschieben und installierten die Friedenssprecher.

Im September 1145 wurde die erste dieser Anlagen errichtet. Eigentlich waren das nichts anderes als Hyperfunkanlagen, die Friedensbotschaften aussandten. Sie appellierten damit an das Innerste unserer Feinde, um sie zu bekehren und dem Terror in der Milchstraße Einhalt zu gebieten.

Wir dagegen brauchten einen Cantaro, mit dem man vernünftig reden konnte. Einen, der nicht überheblich abgedriftet war und von dem wir erfahren konnten, was das alles sollte. An so jemanden kamen wir natürlich nur dann dran, wenn er freiwillig zu uns kam und vor allen Dingen nicht explodierte. Also setzen wir große Hoffnungen in das Projekt der Anoree.

Das installierte Gerät bestrich in unregelmäßigen Abständen eine Raumkugel von 8000 Lichtjahren Durchmesser. Insgesamt gab es zwölf Stück davon, die alle zusammen noch nicht mal ein halbes Prozent der Milchstraße erreichten. Sehr viele Cantaro konnte man so sicherlich nicht beglücken. Dazu kam, dass es keine sonderlichen Sicherheitsmaßnahmen gab. Sicherlich, die Zentraleinheit konnte im Falle eines Falles die Tochtersender abschalten, aber dadurch wurde die Gefahr einer Entdeckung höchstens etwas verringert. Wie dem auch war: Die Anoree waren von ihrer Idee überzeugt. Für uns galt es abzuwarten. Greifbar war das alles nicht für uns, auch wenn wir innerhalb der nächsten Tage ein paar Sendungen abhörten.

Perry hatte dagegen noch ganz andere Sorgen. Monos, wie wir unseren besonderen Feind genannt hatten, war immer noch in der Lage, Perry zu orten, um ihn sozusagen ganz langsam kaputt zu machen. Diesmal mit einem Angriff im Goring-Maat System, in dem auf der Welt Shister ein WIDDER Stützpunkt zu finden war. Allzu große Chancen hatten die Cantaro-Schiffe zum Glück nicht. Zum einen waren Perrys ODIN und Bullys CIMARRON technisch voll auf der Höhe und nachdem feststand, dass wir es nur mit Robot - Einheiten zu tun hatten, griffen die Anoree mit ein und machten kurze Fünfzehn. Ein Blechraumer entkam.

Aber Shister war nun bekannt, also wurde der Stützpunkt evakuiert. Und unser größter aller großen Meister hatte mal wieder eine Idee, die in einer absoluten Unverschämtheit endete. Eigentlich hörten sich seine Gedanken ganz vernünftig an. Da man ihn auf Raumschiffen sofort fand, wollte er wissen, ob das auch klappte, wenn er mehr oder weniger alleine unterwegs war. Also machte er Maske, sah aus wie ein Springer, wollte Kunstwerke verkaufen und so auf diversen Welten unterwegs sein. Dann könnte man sehen, ob er immer noch gefunden würde. Und jetzt kommt's: Er nahm Sato Ambush, unseren Herrn der parallelen Wirklichkeiten oder so ähnlich mit, ebenso wie Lalande Mishkom, die zweite Pilotin der ODIN. Sie wurde Lalla genannt und kam andauernd mit irgendwelchen alt-afrikanischen Dschungel - Weisheiten an. So nach dem Motto "die kleinste Maus bringt den größten Elefant in Panik" waren die Dinger gestrickt und sie hatte ein Faible, damit andere Leute in den Wahn zu treiben.

Aber stellt euch vor: Mich, den Held aller Helden, den ultimativen Retter des Universums, wollte er nicht dabeihaben. Er könne kein so einmaliges Wesen wie einen Mausbiber mitnehmen, sagte er. Ich sei zu bekannt und würde definitv auffallen, sagte er. Dann kam zwar die übliche Beruhigungspille, ich wäre doch eine ganz wichtige Einsatzreserve und dürfte die Meute bei Bedarf retten, aber so etwas stellt doch keinen vernünftigen Ilt zufrieden.

Aber ich betrachte mich ja als klug und einsichtig. Nein Dicker, du brauchst dich jetzt nicht zu verschlucken, ich rede von Tatsachen. Und so bin ich auf der ODIN geblieben.

Perrys Team wurde von den drei Anoree und zwei Robotern ergänzt. Auf der ersten Welt, die sie besuchten, machten sie wohl zu sehr einen auf dicke Hose. Aber das kommt davon, wenn man mich nicht mitnimmt und so keinen hat, der auf einen aufpasst. Also, Lee, wenn du mal welche Abenteuer auch immer planst, nimm Kontakt zu mir auf und nimm mich mit. Dann steht außer Frage, dass die Geschichte gut und vernunftgesteuert ausgeht. Bei Perry war das nicht so. Sie mussten mehr oder weniger fliehen, dazu hatten sie vorher Kontakt mit einer schrägen Unterweltgestalt aufgenommen, die die Mannschaft zu dem Planeten Vendar bringen sollte. Einer der Unterweltler hatte Lunte gerochen erwies sich auf dem Schiff als Agent, dem im letzten Moment der Garaus gemacht werden konnte. Auf jeden Fall, bevor er Bericht erstatten konnte.

Auf Vendor war Sato Ambush mitsamt der mitgenommenen Perle Moto auf und davon, um diese in Ruhe in dem örtlichen WIDDER Stützpunkt untersuchen zu können. Er hatte sogar Erfolg: Er fand eine neue Datei, die auf Amagorta anspielte. Dies sei das letzte Ziel mit Ruhe, Frieden und Verinnerlichung. Die drei Anoree waren danach komplett aus dem Häuschen und wollte unbedingt in dieser Richtung weiterforschen, allemal, wo der Spruch in der Sprache der Herren der Straßen abgefasst war. Perry machte ihnen aber klar, dass derlei Forschungen zurück gestellt werden mussten.

Nun ist Perry ja kein Unmensch. Auch wenn er mich nicht mitgenommen hat. So sicherte er den Anoree zu, sich um Amagorta zu kümmern, sobald das Problem Monos erledigt sei. Denn der könne ihn aller Wahrscheinlichkeit nach, stets und ständig orten und das sei zu gefährlich für diesen Ort. Amagorta, sagte er, sei ein wichtiges, aber ein fernes Ziel. Degruum, einer der Anoree, stimmte ihm letztlich zu.

Wesentlich zufriedener waren unsere Freunde, als eine Verbindungsperson zum WIDDER Stützpunkt erschien und berichtete, dass die Cantaro unruhig würden. Die Botschaften ihrer Vorväter träfen auf fruchtbaren Boden. Man habe drei Berichte von außerhalb des Empfangsbereiches der Friedenssprecher erhalten. Ein Cantaroschiff wurde von drei anderen angegriffen. Es sah so aus, als würden die Botschaften in die Weite der Milchstraße hinaus getragen.

Daraufhin verließ das Team Vendar und begab sich in Richtung Foxtrott. Dort wurden sie von Romulus erwartet.
"Man glaubt es kaum", meinte Lee in die Runde. "So ganz langsam aber sicher passiert mal was. Friedenssprecher wie hoffentlich lieblicher werdende Cantaro. Das sind doch grundsätzlich positive Aussichten. Aber ohne den geneigten Zuhörern mit Begriffen wie Amagorta ungeklärte Schmankerl zu erfreuen, schafft ihr es nicht, wie?"

"Man muss euch ja bei Laune halten, sonst führt das ja nicht weiter", meinte Gucky und ließ sich weiter den Nacken kraulen.

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Nachdem ich das letzte Mal das Gefühl hatte, dass nicht bis nicht viel passiert, scheint es mit Band 1461 endlich Fortschritte zu geben. Zwar nur in wenigen Sätzen am Ende des Romans, aber immerhin. Des Weiteren scheint Monos die Spur zu Rhodan verloren zu haben. Immerhin hat er ihn auf zwei Welten nicht direkt gefunden. Der Agent aus dem Transportschiff war misstrauisch geworden, weil der vermeintliche Springer zu sehr auf den Putz gehauen hatte.

Der Leserschaft wurde ergänzend mit Stichworten wie Amagorta übermittelt, dass doch noch eine Chance auf komplette Klärung der ganzen Geschichte besteht.

Peter Grieses Roman war zweigeteilt: In der ersten Hälfte drehte es sich im Großen und Ganzen um den Aufbau der Friedenssprecher und Rhodans Bedenken, ob das denn überhaupt zu Ergebnissen führt. Im zweiten Teil macht er als Kunst verkaufender Springer Maske und lässt ziemlich die Sau raus. Leider reichten aus meiner Sicht die 50% Roman nicht ganz aus, um die Story so richtig lebendig wirken zu lassen. Schade eigentlich. Vielleicht wäre es besser gewesen, den ersten Teil wie auch immer in einem der Vorbände unterzubringen. Dann hätte PG mit dem angeblichen Kunsthändler mehr Raum gehabt.

Aber auch so war es ein lebendiger und guter Roman, der sich vortrefflich lesen ließ. Aus meiner Sicht käme hier eine gute Bewertung zu Stande.
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von R.B. »

Band 1462 - Operation Brutwelt - ist von Robert Feldhoff, erschienen am 29. August 1989
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"Tja", meinte Gucky. "Und dann waren da noch die, die etwas mehr konnten als die Anderen. Die mit den PSI - Fähigkeiten. Aber hier reden wir ausnahmsweise mal nicht über mich. Ich bin sozusagen nichts anderes als ein zugelaufener Ilt. Ich rede von euch. Von Menschen."

"Wie kam es eigentlich zu diesem damaligen geballten Auftreten der PSI - Begabten?" wollte Lee wissen. "Ich sag nicht gerne Mutant, dass ist bei uns negativ belegt. Ich finde, unsere Bezeichnung hört sich besser an."

"Da gehen wir in die präastronautische Zeit zurück", antwortete Bull. "Irgendwann gegen Ende des 19. Jahrhunderts alter Zeitrechnung entdeckte man die Radioaktivität, also die Eigenschaft instabiler Atomkerne, spontan ionisierende Strahlung auszusenden. Das führt dazu, dass sich der Atomkern im Laufe der Zeit verändert und in ein anderes Element verwandelt. Man war dem war kaum auf dem Umweg über die Röntgenstrahlung auf die Spur gekommen, als jemand feststellte, dass Uran auch ohne vorherige Belichtung fotografische Platten schwärzte. Radium wurde entdeckt und dieses strahlende Element war sozusagen der Vater des Begriffes Radioaktivität. Als man dann herausfand, was man da entdeckt hatte und dass die so festgestellte Strahlung gefährlich, ja sogar tödlich sein kann oder das Erbgut verändert, dauerte es natürlich nicht lange, bis jemand darüber nachdachte, eine entsprechende Bombe zu konstruieren. Das war nun nicht ganz so einfach, aber im letzten großen planetarischen Krieg war es soweit. Meine Landsleute hatten das Rennen gegen die Nazis gewonnen, einen extremen Herrenrassenverein, der diesen Krieg angezettelt hatte. Little Boy und Fat Man hießen die zum Glück einzigen Bomben, die je von Menschen gegen andere Menschen eingesetzt wurde.

Am 6. August 1945 um 08.15 Uhr explodierte Little Boy über der japanischen Stadt Hiroshima und ein paar Tage später war Fat Man bei Nagasaki an der Reihe und der Krieg war zu Ende."

Bull musste tief Luft holen. Er wusste, wie knapp die Menschheit ein paar Jahre später der drohende atomaren Vernichtung entgangen war. Ohne das arkonidische Raumschiff auf dem Mond wäre die Erde jetzt wohl immer noch ein stark strahlender Schlackehaufen irgendwo im Orionarm der Milchstraße.

"Ihr, also entschuldige bitte, natürlich nicht du selber, habt also diese atomare Bombe auf der Erde eingesetzt. Das Ergebnis waren wohl ein paar hunderttausend Tote und auf Jahre hinaus verseuchte Gebiete", mutmaßte John. Er schüttelte den Kopf. Barbarisch, murmelte er.

"Ja. Und das war noch nicht alles. Die Amerikaner, also meine Landsleute, die sich für die Bewohner von Gods Own Country hielten, hatten nichts kapiert. Gar nichts. Entweder ignorierten sie die Gefahr oder sie waren endverblödet. Sei setzten beispielsweise bei Truppenversuchen Soldaten in der Nähe von Testexplosionen ab. Die Kameraden wussten von nichts. Man hatte ihnen lediglich gesagt, die sollten die Augen vor der Helligkeit mit den Händen schützen. Die Hitzewelle führte zu Verbrennungen, die folgende Druckwelle schleuderte sie von ihren Plätzen weg und hinterließ Knochenbrüche und jede Menge Prellungen. Von den psychischen Folgen will ich gar nicht erst reden. Sie alle sind an den Langzeitfolgen gestorben."

Bull starrte in die Luft und nahm einen größeren Schluck Whisky. Er schüttelte den Kopf und die Gefährten sahen, dass er im Moment in einer anderen Welt gefangen war und nicht mehr weitersprechen wollte.

Atlan blickte John Talbot in die Augen und sagte zu ihm: "Wohlgemerkt, der amerikanische Staat war eine Demokratie. Fass das Gehörte als Lehrstunde auf. Dann weißt du im Falle eines derzeit noch sehr theoretischen Wahlgewinns, was du darfst und was du nicht darfst. Pass auf mit einem Aufbruch eurer Isolierung. Wenn du da nicht vorsichtig genug bist, kann das in einer Katastrophe enden.

Aber zurück zum Thema. An mir ist diese ganze Geschichte vorbeigegangen. Ich lag in meiner Station im Tiefschlaf, weil ich das Schlimmste befürchtete. Als ich wieder erwachte, trieb ein gewisser Perry Rhodan sein Unwesen und ich dachte ich müsste ihm erklären, wo es längs geht."

Der Arkonide grinste.

"Es ist ja nicht so, dass das heutzutage anders ist. Ab und zu muss man sogar einen Perry Rhodan bremsen. Gucky kann das bestätigen."

Der Ilt nickte.

"Nun gut", fuhr Atlan fort, "das ist eine andere Geschichte. Warum hat Bully das erzählt? Die beiden Atomexplosionen in 1945 und wahrscheinlich auch noch ein paar dieser schrägen Tests in den Jahren danach führten auf der ganzen Erde zu einer Zunahme der Strahlenbelastung und bei einigen Menschen zu einer Veränderung des Erbguts. Deren Kinder sahen im Regelfall zwar körperlich völlig normal aus, aber eine gewisse Anzahl von Personen hatten auf Grund dieser Veränderungen, die man eben auch Mutationen nennt, besondere Fähigkeiten. Es gibt positive und negative Mutationen, sprich Weiterentwicklungen. Ohne solche Veränderungen gäbe es im Universum nur Einzeller. Mehrzeller würden einfach nicht entstehen. Damals auf Terra überwogen die positiven Mutationen, daher nannte man die Menschen mit diesen besonderen Fähigkeiten Mutanten. Dieser Begriff soll keine Auf- oder Abwertung dieser Personen darstellen, er ist einfach Fakt. Die Betroffenen entwickelten übersinnliche Fähigkeiten. Perry und Bully als erste Führungspersönlichkeiten Terras sammelten sie damals um sich herum, um sich mit ihren Fähigkeiten gegenüber interstellar ausgelösten Begehrlichkeiten zu wehren. Ich gehe davon aus, dass die Menschheit vergangener Tage ohne unsere Freunde nicht so erfolgreich geworden wäre. Da hätten Perry und Bully oder später auch ich noch dazu nicht allzu viel bewirken können."

Er blickte Gucky an. "Für dich alleine wäre es zuviel gewesen. Sogar du konntest nur an einer Front kämpfen. Nein, die Erde wäre längst Geschichte ohne sie, die Mutanten. Und wir allesamt säßen auch nicht hier."

Atlan lehnte sich zurück, sein Rücken ruhte an einem Felsblock.

"Du hast noch gar nichts gesagt", meinte er zu Gucky. "Wie wärs?"

Der Ilt seufzte. "Immer auf die armen, kleinen."

"Der Kontext ist falsch. Es muss arme, kleine Dicke heißen", kam es von links neben ihm. "Sieh es positiv", anscheinend war Bully wieder munter. "Das Gehirn verbraucht die größte Menge der dem Körper zur Verfügungen stehenden Energie. Wer redet, denkt dabei. Nun gut, nicht immer, aber meistens. Denken führt also zu höherem Energieverbrauch und der ist gut gegen zu umfangreiche Ilt - Bäuche."

"Kaltes Wasser soll da Wunder wirken!" giftet der Ilt zurück, hob den Terraner telekinetisch an und ließ ihn 20 Meter weiter nach hinten schweben. Genau über dem Bach ließ er ihn ins Wasser fallen. Dann setzte er den liebsten Mausbiberblick auf. zu dem er fähig war und tat so, als könne er kein Wässerchen trüben.

"Die Geschichte ging nämlich folgendermaßen weiter", begann er.
Spoiler:
Gucky erzählt die Geschichte von der Operation Brutwelt:

Ab und zu funktioniert ja mal was. Man glaubt es kaum. Unsere drei Freunde aus dem Lande der Anoree hatten in der Hoffnung auf bessere Zeiten die Friedenssprecher aufgestellt. Denn die Cantaro, die sie mit den Dingern ansprechen wollten, waren eigentlich ihre Artgenossen. Oder zumindest so was wie verzweigte Abkömmlinge.

Zu dem Entsetzen der Anoree hatten die sich zu reichlich üblen Strolchen entwickelt. Die Drei sahen es, sie erlebten es, indes, glauben konnten sie es nicht. Sie glaubten an Schönheit, an Ästhetik, an die segensbringenden Seiten der Wissenschaft und sie wussten, dass die Cantaro nicht wesentlich anders sein konnten. Was bei uns in Milchstraße passierte, machte sie völlig fassungslos.

Der Friedenssprecher sollte nun dafür sorgen, dass der Kontakt nicht völlig abbrach. Die Anoree wollten die Gründe für das Verhalten der Cantaro ermitteln und ihnen einen Pfad aufzeigen, in ein würdiges Leben zurückzufinden. Natürlich hielten die Sprecher, die ja nichts wesentlich anderes als verkappte Funkgeräte waren, nicht ewig. Vier Stück davon waren dann auch relativ schnell zerstört. Natürlich wollten die Anoree die Reste untersuchen und ebenso natürlich hielt Perry das für eine Falle.

Aber selbst wenn es eine gewesen wäre, die YALCANDU war entsprechend programmiert. Da die Technik der Fremden nicht von schlechten Eltern war, hätte sie kein Angriff, noch nicht mal ein überraschender, in Schwierigkeiten bringen können. Was mich da eher wunderte, ist die Tatsache, dass die Drei untereinander keine Probleme bekamen. Zwei Männer und eine Frau und beide Kerle waren in die Dame verschossen. Jetzt unterscheiden sich Anoree zwar von euch Menschen, aber so sehr nun auch wieder nicht. Aber es funktionierte. Wunder aller Wunder. Sie konnten in aller Ruhe auf Suche gehen.

Und sie fanden auch etwas. Unter hunderttausend Einzelteilen orteten sie eine eiförmige Kapsel, die nach näherer Untersuchung eine Nachricht enthielt

. Ein Generalfähnrich namens Yttalar hatte die Worte der Vertreter des Stammvolkes gehört und bedauerte tatsächliche die begonnenen Missetaten und wünschte Kontakt. Da er selber nicht beweglich genug war, sollte die Begegnung auf der Welt Sampson stattfinden, einer Cantaro Brutwelt.

Natürlich waren unsere Freunde stolz wie Oscar. Der Aufwand hatte sich gelohnt. Sie informierten Perry und der hoffte, dass dies der Durchbruch war.

Die Friedenssprecher hatten ihr Ziel, zumindest einen Cantaro gesprächsbereit zu bekommen, erreicht. Aber ebenso fürchteten wir, dass die Beherrscher der Milchstraße auf Grund dieser Dinger militärisch aktiv wurden. Monos musste unterbinden, dass die Cantaro sich gegenseitig vernichteten, wie wir es schon festgestellt hatten. Also war Homer G. Adams damit beschäftigt, seine Truppen an verschiedenen Punkten zusammenzuziehen, um nötigenfalls umgehend eingreifen zu können.

Natürlich ging es für uns inzwischen darum, nach Sampson zu gelangen. Und nach einigem Durcheinander gelang das auch. Zwar, wie ich in aller Bescheidenheit anmerke, nur mit meiner Hilfe, aber so was hänge ich ja nie an die große Glocke. Wo kämen wir denn hin, wenn immer dann, wenn ich mal wieder die Kohlen aus dem Feuer hole, ein Riesenzirkus gemacht würde. Ich denke, soweit kennt ihr mich hier auf eurem hinterwäldlerischen Planeten auch schon.

Wo war ich stehengeblieben? Ach ja, bei meiner Hilfe. Ohne mich funktioniert nämlich die Hälfte nicht. Aber ich glaube das sagte ich schon. Ich teleportierte unsere Mannschaft Verein an Bord eines Brutschiffes. Und tatsächlich, wir erreichten Sampson. Wir verließen das Schiff und machten uns auf die Suche nach diesem Generalfähnrich Yttalar.

"Das sieht ja mal ganz vernünftig aus", meinte Lee. "Aber ich mutmaße mal, dass ihr Yttalar findet, aber kurz bevor er etwas sagt, stirbt er entweder oder die nächste Geschichte ist grade dann zu Ende, wenn er den Mund aufmacht. Und dann suchen wir die Basis. Oder wen oder was auch immer."

"Wenn alle Menschen so pessimistisch wären wie du", piepste Gucky empört, "wären wir nie bis hier hin gekommen."

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Der Roman fängt mit einer Aufzeichnung vom Degruum, dem Anoree an. In faszinierend geschriebener Art und Weise, wie man es von Robert Feldhoff gewohnt ist. Leider war das nur eine Seite. Danach ist Harold Nyman an der Reihe und meine Begeisterung lässt umgehend nach.

Jetzt sollte man Romane möglichst am Stück lesen und nicht dann, wenn man sowieso kaum Zeit hat. Leider habe ich hier diesen Fehler gemacht, weil ich weiterkommen wollte. Das führte natürlich dazu, dass die komplette Handlung auf mich total verzettelt wirkte. Hier ein bisschen, da ein wenig, von jedem etwas und von allem nichts.

Total daneben war für mich ein Vorschlag der Anoree, bei dem Gucky an Bord einer bewaffneten Einheit der Cantaro springen sollte, um dort einen Waffencomputer umzuschalten. Das präparierte Schiff schießt um sich und vernichtet ein Brutschiff. Natürlich lehnt unser größter aller großen Meister diesen Vorschlag ab. Es steht ja zu befürchten, dass nicht nur das manipulierte Schiff um sich schießt, sondern noch eine Menge andere. Letztlich, so stellt Harold Nyman fest, gäbe das ein Gemetzel. Man habe das nicht bedacht, entschuldigen sich die Anoree.

So ein Plan passt nicht zu diesen Wesen. Vielleicht lags doch nicht daran, dass ich Band 1462 nicht zusammenhängend gelesen habe.
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von R.B. »

So. Es kann jetzt was dauern, bis es weitergeht. Morgen geht's ab in Richtung Schottland, einen alten Kumpel besuchen. Der hat eine Kneipe in der Nähe meiner Lieblings - Destille und die haben ihren Besucherbereich umgebaut. Das muss man sich ja mal ansehen.
:D :D :D
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von R.B. »

Band 1463 - Geburt eines Cantaro - ist vom Ernst Vlceck, erschienen am 5. September 1989
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"Radioaktivität führt also zur Ausprägung von Psi - Aktivitäten? Das kann ich mich nicht vorstellen. Da muss doch vorher schon eine latente Begabung bei den Eltern bestanden haben. Andernfalls hätte man doch sicherlich eine verfeinerte Technik entwickelt, um derlei auch in späteren Zeiten zu garantieren. Habt ihr die Probanden und ihre Eltern denn gentechnisch untersucht?"

"Wir hatten dummerweise Anderes zu tun. Einsätze an allen Fronten. Individualverformer, Springer und alle möglichen Leute wollten uns an den Kragen. Da bliebt für sowas keine Zeit", erwiderte Reginald Bull. "Als wir später auf diese Idee kamen, waren die Eltern natürlich alle verstorben. Die Untersuchungen der Mutanten sowie von weitläufigen Verwandten brachten nichts ein. Was aber für diese These spricht, ist die Tatsache, dass die meisten Psi - Begabungen bei Menschen auftraten, die aus Japan stammten und nach Hiroshima und Nagasaki geboren wurden. Die heutige einhellige wissenschaftliche Meinung ist, dass die parapsychischen Fähigkeiten auf Grund spontan aufgetretener Veränderungen im Erbgut der Eltern auf Grund des radioaktiven Niederschlags auftraten."

"Hm. Das heißt aber doch, dass ich eine bestimmte Menge Lebewesen nur mit radioaktiver Strahlung zu bestreichen brauche, schon habe ich eine Generation später eine gewisse Anzahl psibegabter Wesen. Okay, ich weiß, das wäre barbarisch und extrem gefährlich, aber die theoretische Möglichkeit für Verbrechersyndikate besteht doch."

"Kennst du die Geschichte von dem Zauberlehrling, der die Kräfte, die er rief, nicht mehr loswurde?" fragte Atlan. "So einfach ist das nicht. Denn zum einen trägt so gut wie jeder ein Messgerät für alle möglichen und unmöglichen Strahlungen am Handgelenk", er hielt seinen rechten Arm mit dem Chrono hoch, "zum anderen dürfte es relativ schnell Probleme für die Übeltäter geben. Irgendwer würde merken, was da passiert und es schaffen, eine Nachricht an zivilisiertere Leute schicken und der Spuk wäre vorbei. Außerdem ist die Gefahr groß, dass sich die auf diesem Weg entstandenen, ich sag mal, Zuchtmutanten beizeiten gegen ihre Erschaffer wenden. Natürlich ist da an diversen Ecken herum experimentiert worden, aber größtenteils erfolglos."

Der Arkonide neigte sich vor und sah seine Gegenüber an.

"Es gab mal die These, dass die Mutationen nichts mit der Radioaktivität zu tun gehabt hätten. Die besagte, dass dergleichen stets und ständig bei großen technischen und gesellschaftlichen Verwerfungen aufgetreten wären. Das ist meines Erachtens aber nicht haltbar. Kriege und technische Neuentwicklungen gab es immer und wird es immer geben. Zudem sind in all den Jahren danach keine größeren Mengen an Psi - Begabungen aufgetreten, wenn man von den Monochrom - Mutanten mal absieht. Aber die waren wirklich das Ergebnis eines Experiments unseres besonderen Freundes Monos. Ich kann also der "Verwerfungsthese" nicht folgen. Warum sind dann so viele Mutanten ausgerechnet in Japan geboren worden? Das ist der Grund, warum die Geschichte mit der Radioaktivität Einzug in die Geschichtsbücher gefunden hat."

"Man weiß eben nie, oh großer Häuptling Weißhaar", piepste eine Stimme aus dem Hintergrund, "wer bei diesen Terranern seine Finger mit im Spiel hatte. Perry wurde doch zum Beispiel als kleiner Junge schon von seiner Lieblings - Superintelligenz ausgesucht. Vielleicht hatte die auch beim Thema Psi an irgendwelchen Knöpfen gedreht."

"Das ist natürlich ein Totschlag - Argument", Atlan grinste. "Aber du hast Recht. Man muss einfach ein waches Auge auf unsere Leute haben, sonst laufen sie in Gefahr, überzuschnappen."

"Apropos übergeschnappt", bemerkte Bull. "Ich bin dafür, dass unser kleiner Freund die nächste Folge erzählt, bevor wir uns anschließend stärken und ein bisschen unserer Wege gehen. Ich denke, John hat etliches zu verarbeiten, auf Lee warten ihre Patienten und du, Arkonide, hast deinen Vortrag aus zehntausend Jahren Erdgeschichte noch vorzubereiten."

Gucky seufzte. "Das hat man nun davon, wenn man immer und allerorts für andere die Kohlen aus dem Feuer holt. Nie hat man seine Ruhe."

Er setzte sich bequemer hin und begann seine Erzählung. "Wir waren also auf dieser Brutwelt, auf Sampson..."
Spoiler:
Gucky erzählt die Geschichte von der Geburt eines Cantaro:

Ihr wisst, dass ich stets und ständig von Barbaren umgeben war, bin und sein werde? Ja, oh du unser Edel - Arkonide, außer dir gibt es auch noch andere Leute, die solcher Meinung sind. Im Zweifelsfall zählst du ja auch dazu. Bei unserem Dicken hier brauche ich mir sowieso keine derartigen Gedanken zu machen. Den würde ich zum Chef der terranischen Horden machen. Stellt ihn euch mit längeren Haaren und einem Helm mit Hörnern darauf vor. Der würde doch glatt so eine Art vorsintflutlicher Häuptling durchgehen. Als oberster aller vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Barbaren.

Was sagst du, oh holder Rauschgoldengel? Auf Newengland gäbe es keine Barbaren? Ihr seid aber doch alles Engländer. Na also. Damit dürfte auch diese Frage beantwortet sein. Ihr könntet Bully ja nochmal nach seiner Meinung über euer Bier fragen, vielleicht wird es dann klarer. Der olle Homer G. Adams müsste euch mal besuchen kommen. Der würde eure Plörre sicherlich trinken. Sogar dieses ominöse Zeug, dass du dir in der Kneipe da hinten aus noch seltsameren Flaschen einschenkst. Bei Gelegenheit musst du uns mal erklären, was das überhaupt ist. Barbarenbräu sicherlich.

Wie dem auch sei. Ohne mich würde die Zivilisation nicht funktionieren. Wir waren ja zusammen mit den Anoree auf Sampson unterwegs, um Kontakt zu Yttalar, einem frisch geschlüpften Cantaro aufzunehmen. Der hatte sich bekanntlich mit uns in Verbindung gesetzt, als er den Friedensappell der Anoree gehört hatte. Und auf Sampson brauchten wir natürlich ein Lager. Beim ersten Mal kam uns eine Robot - Patrouille zu nahe und dann wollten meine mitgefahrenen Anhängsel ausgerechnet an einem Teich mit einer Quelle ihre Zelte aufschlagen.

Jetzt ist Sampson ja eigentlich keine besiedelte Welt. Gut, auf einem Kontinent hatten die Cantaro ihre Klonfabriken errichtet und bis zum Jahr 3000 alter Zeitrechnung war es eine Kolonie des Solaren Imperiums, aber das wars. Die Kolonisten hatten Sampson warum auch immer verlassen und die Züchtungsanlagen nahmen soviel Platz nun auch nicht weg. Also gehörte diese Welt ihren Bewohnern. Und wenn das nun Tiere und Pflanzen sind, haben wir darauf Rücksicht zu nehmen. Barbaren tun sowas nicht. Aber dafür habt ihr ja mich.

Der dritte Standort befand sich auf einem Hügel, von dem man auf die kleinste der Klonfabriken herab blicken konnte. Die kleinste deswegen, weil dort Generalfähnriche und keine Allerwelts - Cantaro aufgezogen wurden. Aus diesen Generalfähnrichen wurden später Generale, also Führungspersönlichkeiten. Ihnen standen besseres Personal und qualifiziertere Schulen als den Alltagsklonen zur Verfügung. Auf zwei dieser Fähnriche konzentrieren wir uns: Yttalar und Shoudar.

Shoudar war geistig perfekt. Komplett obrigkeitshörig. Erstklassige Auffassungsgabe und hochintelligent. Und: Er hatte mit Yttalar den Fähnrich, der uns kontaktiert hatte, im Blick und traute ihm nicht. Yttalar machte sich aus seiner Sicht zu viele Gedanken, die eigentlich keiner braucht. Als sie zum Beispiel von dem obersten Schulungsleiter, einem Nakk, die Aufgabe erhielten, sich mit dem Text dieser sogenannten Friedenssprecher auseinanderzusetzen, hielt Shoudar das einfach nur für ein Pamphlet. Yttalar hakte nach und fragte nach. Shoudar war spätestens hier der Meinung, dass mit seinem Mitstreiter etwas nicht stimmte. Eine Fehlzüchtung sozusagen. Aber für eine Meldung an die Schulleitung reichte es nicht.

Yttalar dagegen lernte und forschte auch außerhalb der Schule und sah sich die Natur an. Raubtiere, sah er, waren wesentlich stärker und muskulöser als ihre Beute. Die war aber in der Regel schneller unterwegs und hatte bessere Riecher. Also musste List und Tücke angewendet werden, um an die Nahrung zu kommen. Und prompt konnte Yttalar hieraus seinen Nutzen ziehen, als er in der Schule eine virtuelle Raumschlacht gegen Shoudar zu bestehen hatte. Eigentlich hätte er nämlich keine Chance gehabt, sein Gegner hatte mehr und besser bewaffnete Schiffe. Also wandte Yttalar das Gelernte an: Er spielte toten Hund, schnappte genau im passenden Moment zu und gewann.

Derartige Spielchen gab es natürliche zu Hauf, mal gewann der eine, mal der andere. In einem waren sie aber alle gleich, egal ob General oder Otto - Normal - Cantaro: Sie hatten ein besonderes Organ, das Cynaui, hatte Yttalar herausgefunden. Das heißt soviel wie "Begrenzer des Lebens". Irgendwo saß also einer, der den Cantaro, die nicht wohl taten, das Lebenslicht einfach so - zisch und weg - ausblasen konnte. Ich kann mir vorstellen, dass man hier eine maschinelle Lösung gefunden hatte, man also rechnergesteuert über seine Lieben wachte. Ein Individuum wäre damit überfordert gewesen.

Letztlich erhielten beide eine gemeinsame Aufgabe: Sie sollten einen der Friedenssprecher - Sender zerstören. Eigentlich war das für hochqualifizierte Generalsanwärter eine viel zu einfache Aufgabe. Vielleicht war man an höherer Stelle misstrauisch geworden, wusste aber nicht so ganz, wie das einzuschätzen war oder was auch immer. Auf jeden Fall hatte Yttalar es geschafft, einen Sender mit einem Impulsgeber an der Stelle der Überreste zu hinterlassen. Der sollte ein paar Stunden nach der Rückreise ihres Schiffes senden, um so zu uns Kontakt aufzunehmen. Was ja auch klappte. Natürlich setzte Shoudar vorher noch eins drauf: Er habe mit der Schulungsleitung abgesprochen, ein paar Stunden nach der Zerstörung des Senders ein paar Raumschiffe als Wache zu hinterlassen. Es könne ja immerhin sein, dass die Installateure auftauchten, um nachzusehen, warum das Teil nicht mehr sende.

Die Ausbildung ging weiter. Man lernte, dass die Botschaft des sogenannten Friedenssprechers sowieso falsch sei. Man werde von einem sogenannten Supremkommando regiert. Das sei ein Gremium, dass ausschließlich aus Cantaro bestehen und auch Herren der Straßen genannt würde. Einen in den Sendungen genannten Monos gäbe es nicht. Yttalar reagierte immer seltsamer und so sah Shoudar sich veranlasst, Yttalars Kabine mit Überwachungsgeräten zu spicken.

Jetzt tritt meine Wenigkeit auf den Plan. Was sagst du, Dicker? Endlich hätte ich mich mal richtig benannt? Das sagt der richtige! Schon mal was von Quantität und Qualität gehört? Es gibt zum Beispiel gewichtsmäßig wesentlich mehr Bully als Gucky. Gehirnmäßig dürfte das genau andersherum sein. Da müsste ich von mir als meiner Häufigkeit oder so reden. Und jetzt halt den Mund und bring mich nicht immer aus dem Konzept.

Ich hatte Yttalar geespert und ihn per Teleportation zu uns geholt. Er fing sofort Streit mit Perry an - aber nur, bis er die Anoree sah. Da muss etwas in seinem Hirn Klick gemacht haben und eine Art Urerinnerung oder so kam zum Vorschein. Er war völlig fertig mit seiner Welt, war zu keinen Äußerungen fähig und ich brachte ihm wieder zurück.

Jetzt hatte Shoudar ihn an Kanthaken. Die Überwachungskameras hatten natürlich mein Eindringen mitsamt der beiden Teleportationen aufgezeichnet und er machte beim dem Schulungsleiter Meldung. Der informierte umgehend das Supremkommando und versetzte die Schule in Alarmzustand.

Wir dagegen hatten inzwischen Unterstützung von der QUEEN LIBERTY erhalten, die ein paar Scheinangriffe flog und so Verwirrung stiftete. Von unserer Seite aus drangen Perry und Harold Nyman in die Brutstation ein, um mir die Möglichkeit zu geben, alle acht Generalfähnriche zu den Anoree zu bringen.

Was uns damals fehlte, war das Wissen über dieses Abschaltgerät. Grade bei uns angekommen, wurde ein Generalfähnrich nach dem anderen - zisch - getötet. Auch Yttalar. Alle starben wegen der Verfehlung eines einzelnen. Das heißt, einer starb nicht. Shoudar. Bei Yttalar war bei der Erzeugung im geistigen Bereich etwas schief gelaufen, bei Shoudar stimmte etwas im der Technik nicht. Er starb nicht. Er stand zwar kurz davor, aber er überlebte und kam mit auf die QUEEN LIBERTY.

Shoudar war über das Verhalten des Supremkommandos ermaßen entsetzt, dass er sich uns gegenüber öffnete. Nicht, weil er uns auf einmal sympathisch fand, sondern weil er nach den überflüssigen Toten nur noch Hass für die Führungseben übrig hatte. Er redete und redete und redete. Und so erfuhren wir, dass er eine für uns wichtige Neuigkeit kürzlich während einer Schulung erhalten habe. Man plane einen Überfall auf die Freihändlerwelt Phönix. Er wisse nicht wann, aber Eile sei geboten.

Damit stand unser nächstes Ziel fest.

Lee und John wirkten nachdenklich.

"Dann konnten die Cantaro also nicht anders, als die bösartigen Herren zu spielen", rekapitulierte John. "Langsam aber sicher wird das Bild klarer."

"Eins noch", fragte Lee den Erzähler. "Was, wenn du diesen Yttalar nicht in dessen Kabine abgeholt sondern woanders abgefangen hättest? Könnten die Anderen dann noch leben?"

"Schwer zusagen", sprang Atlan für den Ilt in die Bresche. "Aber sehr wahrscheinlich hätte das Supremkommando auch so alle Mitschüler Yttalars getötet. Ein Überspringen von dessen Ideen konnte nicht ausgeschlossen werden. Aus Sicht des Systems war das Töten aller die einzig sinnvolle Handlungsweise."

Lee spürte, wie es ihr eiskalt den Rücken herunterlief und war dem Schicksal zum wiederholten Male dankbar, jetzt und hier auf dem friedlichen Newengland zu leben.

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Ernst Vlceck hat uns einen Roman präsentiert, aus dem er problemlos einen Zweiteiler hätte machen können. Er verband die Lebensgeschichte der jungen Cantaro mit der Hurratüten - Aktion der Terraner.

Der Teil mit Yttalar und Shoudar war für mich die bessere Hälfte. Denn der geneigte Leser hatte ha keine Ahnung, wohin uns der Band führt.

Als Alternative hätte Rhodans Einsatzkommando erfolglos bleiben können und die zwei Meisterschüler wären als große Strategen in die Geschichte eingegangen. Wobei Yttalar es geschafft hätte, offiziell für das System zu arbeiten, tatsächlich aber gegenteilig unterwegs zu sein und so Rhodan und Co zu helfen.

Nun gut. War nicht so. Aber während des Lesens ging ich immer mehr davon aus, dass Yttalar irgendwie gerettet wird. Dass es Shoudar wurde, war eine gelungene Wendung.

Mit dem Systemkomnando erhalten wir ein neues Stichwort, dessen Einordnung zunächst nicht möglich ist. Aber die Barbarei des Systems wird immer deutlicher sichtbar.

Der im Roman vorhandene Reime schmiedende Blue sollte wohl für Auflockerung sorgen, kam bei mir aber nicht so ganz an.

Das war aber auch der einzige Minuspunkt. Der Nane Ernst Vlceck bürgt eben für Qualität.
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R.B.
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von R.B. »

Zwischenspiel 1:

Dann mach was draus, alter Narr! So konnte natürlich nur der Extrasinn mein Vorhaben kommentieren.

Auf der Suche nach einer passenden Örtlichkeit wurde zuerst das Rugby - Stadion wegen mangelnder Größe ausgeschlossen. Nach zwei Tagen hatten sie sich für eine riesige Felsformation entschieden, die tatsächlich einem Theater des klassischen griechischen Altertums ähnelte. Der Untergrund war einigermaßen glatt, restliche Unebenheiten hatten sie abgetragen. Das Dionysostheater im alten Athen, Narr! Natürlich! Die halbrund vorhandene Orchestra, also die Fläche für kultische Tänze und Gesänge war eindeutig. Dahinter war - wenige Meter erhöht, eine ebenfalls natürliche Felsformation, in der man einige technische Spielereien installiert hatte und die als Bühne dienen konnte.

Ich stand allerdings in Richtung zum noch nicht vorhandenen Publikum. Man sah einen natürlichen Hang, auf dem unzählige Sitzgelegenheiten unterschiedlicher Art befestigt hatte. Mehr oder weniger bequeme Einzelsitze sowie Flächen auf denen man einfach auf dem Boden sitzen konnte, wechselten sich ab.

Das Ding war riesengroß und ich schätzte seine Kapazität locker auf 150.000 Menschen. Rechnete man die zusätzlich installierbaren Antigrav - Tribünen dazu, fasste das Theater nochmals 100.000 Personen mehr. Nun gut, das sollte reichen. Die Vorbereitungen nahmen drei Tage in Anspruch und pünktlich am Morgen des geplanten Tages war alles fertig. Wenn meine Barbarenhorde wollte, konnte sie. Nicht nur auf der alten Erde, wie man hier sah. Respekt.

Riesenlautsprecher sah man natürlich keine. Da es sich um eine reine Vortragsveranstaltung handelte, wurde die Technik anders auf die Füße gestellt. Ich wurde auf einen simplen Holzstuhl gesetzt, der an einem ebenso einfachen Holztisch stand. Auf der anderen Seite, mir also genau gegenüber, saß derjenige, dem man diese Geschichte hier zu verdanken hatte. Der neunjährige Chick O'Leary war der einzige gewesen, der sich in Billy McGuyers Pub getraut hatte, mich anzusprechen. Im Moment sah er allerdings so aus, als wünsche er sich nichts mehr, als dass er seinen Mund gehalten hätte. Immerhin sahen ihn eine Viertelmillion Menschen hier vor Ort live, der Rest Newenglands dürfte zu Hause vor den Trivids sitzen. Seine Eltern standen ein paar Meter abseits hinter dem Vorhang und waren mit Sicherheit genauso nervös wie ihr Sohn.

Natürlich waren überall Kameras, sowohl festinstallierte als auch bewegliche. Hinter der Bühne saß der Regisseur, der KI - gesteuert die Bilder so aufbereitete, dass jede und jeder der Anwesenden das Gefühl hatte,mit einem von uns beiden alleine am Tisch zu sitzen. Technik machte es möglich. Man war aber auch in der Lage, auf das Gesamtbild oder einen Teilausschnitt in beliebiger Entfernung umzuschalten. Was übrigens auch an den Trivids zu Hause klappen sollte, wurde mir zugesichert.

Chick und ich wurde beide mit einem Riesenapplaus empfangen, wobei mein Extrasinn hämisch zu bemerken meinte, dass der Beifall für den Jungen stärker ausgefallen war als für mich. Irgendwer hatte nämlich die Szene in Billys Kneipe aufgezeichnet und die wurde mit der Zustimmung Chicks, aber natürlich auch seiner Eltern, vorab gezeigt.

"Jetzt wisst ihr, wem ihr diesen heutigen für Newengland einmaligen Tag zu verdanken habt", rief ein aus den Tiefen aufgetauchter Conférencier und wies auf den Jungen. Und schon ging der begeisterte Beifall wieder los. Chick hielt sich tapfer. Aus dem wird nochmal was, ging mir durch den Kopf. Wer weiß, in zehn Jahren, mal sehen.

"Meine Damen und Herren, hier ist unser Ehrengast Atlan da Gonozal!". Er wies auf mich und so schnell, wie er gekommen war, verschwand er auch wieder. Wir saßen an unserem Tisch und ich sah den Kleinen freundlich an. Quäl ihn nicht, sag was, Narr! blökte mein unsichtbarer Nervtöter.

Ich lächelte und versuchte, das Eis zu brechen. "Jetzt hat ein junger Ire einem Haufen englischer Barbaren beigebracht, wie man vernünftig handelt und die richtigen Fragen stellt. Wo fangen wir an?"

Natürlich hatten wir uns vorher mehrfach gesehen und besprochen, wie das hier losgehen sollte. Trotzdem war das mit Sicherheit nicht einfach für ihn. Er holte tief Luft und fragte als Erstes: "Wie sieht es in Irland aus? Wo ist das überhaupt?"

Ich schilderte die Schönheit der irischen Insel, die auch im sechsten Jahrtausend AD immer noch die Grüne Insel genannt wurde und zeigte einige besonders faszinierende Bilder. Chick fiel die Kinnlade runter und ich wusste, der wird hier kein Rinderzüchter oder Gemüsebauer. Ohne dass ich diese überaus wichtigen Tätigkeiten herabqualifizieren will, aber diesen Jungen zog es woanders hin. Ich schmückte die Bilder mit der einen oder anderen Anekdote aus ferner Vergangenheit und hatte die Menge vom ersten Moment an im Griff.

"Und du hast die meiste Zeit verschlafen, wie Gucky meinte? Wie konntest du denn da überhaupt etwas erleben?"

Ich erläuterte, wie ich seinerzeit auf die Erde gekommen war, damals, als sie noch Larsaf drei hieß. Ich sprach über Atlantis, dessen Untergang im Zusammenhang mit der Angriffsfront der Druuf und meiner Rettung gegen meinen Willen. Dann ging es los: Die Tiefseestation, in der sich eine Tiefschlafstation befand, ausgebaut aus einem arkonidischen Lazarettschiff, Rico, mein treuer Roboter, dann der Bruder der stählernen Wölfe. Die Methanatmer und die Unmöglichkeit meiner Rückkehr nach Arkon. Einige meiner Abenteuer auf der alten Erde schilderte ich ausführlich, andere streifte ich nur, manche ließ ich ganz aus.

Das alte Rom mit seiner Arkon - ähnlichen Imperator - Struktur. Seine Überlegenheit, die in barbarischen Kämpfen im Circus endete. Der dreißigjährige Krieg, der Europa verheerte. Zu sehr konnte ich mit Rücksicht auf meine junger Zuhörer nicht ins Detail gehen. Mein Bemühen war, Krieg und seine Auswirkungen anzuprangern und die Kinder und Jugendlichen hier so zu beeinflussen, dass sie in ihrer Zukunft alles tun würden, um ihn zu verhindern.

Meine Erzählung ging dem Ende entgegen, als ich im Jahr 1968 alter Zeitrechnung von gewissen Monsieur Perry hörte, der sich ausgerechnet in dem Pariser Straßencafé, in dem meine Gefährtin und ich saßen, Kaffee und Cassis für eine junge Frau und sich selber orderte. Dieser Perry hatte sich als Teilnehmer an den französischen Studentenprotesten und ziemlicher Randalebruder erwiesen. Wie hätte ich da auch wissen sollen, dass dieser ominöse Monsieur Perry nicht nur den befürchteten Atomkrieg verhindern sollte, sondern sich circa 70 Jahre später als der Perry Rhodan entpuppte, der die Menschheit ins Universum führen sollte.

Chick O'Leary saß mit offenem Mund vor mir und war völlig fertig mit seiner Welt.

"Das müssen wir nochmal wiederholen. Da gibt es sicherlich noch so viel mehr zu erzählen. Ich will alles wissen. Aber zuerst habe ich Durst."

Und prompt kam der staksige Bedienungsroboter aus dem Museum an und versorgte uns wiederholt mit Wasser. Eine Zusage für weitere Geschichten dieser Art gab ich nicht, aber später hinter der Bühne gab ich iChick einen Zugangscode für den Teil meiner Aufzeichnungen, die ich problemlos der Öffentlichkeit und auch Kindern und Jugendlichen zeigen konnte.

"Wenn du willst," sagte ich zu ihm, "erkläre ich dir, wie du von Newengland an diese Dateien herankommst, ohne dass es jemand von hier aus merkt. Anzahl der Zugriffe und deren Dauer sprichst du aber mit deinen Eltern ab, junger Mann." Natürlich hatte ich die O'Learys mit ins Boot genommen.

"Später kannst du Lee Barringham dazu nehmen, die ist im Moment aber noch mit einer anderen Geschichte beschäftigt. Aber ich denke, sie wir dir zu gegebener Zeit dankbar sein."

Und jetzt freute ich mich auf die letzte Flasche meines erlesenen Chateau Lafitte. Selbst ein alter arkonidischer Admiral hat noch Wünsche für einen geruhsamen Abend.
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R.B.
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von R.B. »

Zwischenspiel 2:


"Gucky hierhin zu folgen, war das einzig Richtige", sagte Reginald Bull und nahm einen Schluck von seinem Kaffee. "Von dem Einsatz mal abgesehen, habe ich hier nicht nur ein paar Tage, sondern sogar Wochen und Monate für mich allein. Wenn der Kleine und ich Blödsinn machen wollen, dann machen wir das. Und wenn es mit unserer Geschichte weitergeht, erzählen wir dir was. Wenn ich deinen Kneipen McSowieso ärgern will, ärgere ich ihn. Das bringt mir ein tierisches Vergnügen. Der regt sich immer so schnell auf, wenn ich über sein Bier mosere. Wenn ich mir eure schöne Welt ansehen will, bin ich unterwegs. Ohne jemanden fragen zu müssen. Ohne die Sorge zu haben, dass irgendwas liegen bleibt. Und, weißt du, was das Schöne ist?"

Lee sah ihren Schützling an, sagte aber nichts.

"Je länger ich hierbleibe und je weniger man nach mir fragt, desto besser fühle ich mich. Burnout bei Unsterblichen. Ha! Das hätte mir früher mal einer sagen sollen. Und jetzt? Raus, einfach nur raus!"

Er blickte seine Therapeutin an.

"Ist das normal oder hab ich sie nicht mehr alle?"

"Das ist eine zwangsläufige Folge, wenn man immer nur für andere da ist. Eigentlich ist es ein Wunder, dass du nicht schon wesentlich früher aus den Latschen gekippt bist. Viele Menschen, die eigentlich genau wie du an einer ständigen Überbelastung leiden, können sich Kraft in ihren Familien, in ihren Partnerschaften holen. Das gabs es bei ja zweitweise auch, aber es ist eben nicht dauerhaftes."

Bull blickte in weite Fernen. Lee sah, dass er ganz woanders war.

Er holte tief Luft.

"Ich habe sie geliebt. Weiß der Himmel, ich habe sie geliebt. Sie war von einer umwerfenden Fröhlichkeit und nannte mich ihr unsterbliches Dickerchen. Im Gegensatz zu mir war ihr völlig klar, dass sie aus meiner Sicht nur eine kurze Romanze darstellte. Weil ich 100 Jahre später immer noch so aussah wie zu dem Zeitpunkt, als wir uns kennen lernten. Sie sagte immer, nicht vielen Frauen wäre einer ich vergönnt und sie wäre froh, mich kennengelernt zu haben."

"Du redest von....?"

Bull schüttelte den Kopf. "Das wird nie jemand erfahren. Wir hatten eine Abmachung. Sie war im privaten Bereich für mich da, öffentlich kannten wir uns nicht. Sie wollte dem Trara, dass auf sie zugekommen wäre, aus dem Weg gehen. Ich hatte zugestimmt und wir fanden auf stellenweise ziemlich verschlungenen Pfaden den Weg zueinander. Natürlich ahnte Perry etwas. Gucky sowieso. Wieviel der Kleine in dieser Sache weiß, ist mir aber völlig unklar. Wahrscheinlich mehr, als er je zugeben wird. Aber das ist das Gute an ihm: Er ist in solchen streng persönlichen Dingen unbedingt zuverlässig, das rechne ich ihm hoch an."

Der Blick schweifte immer noch in Richtung des anderen Endes des Universums.

Der Terraner holte tief Luft. "Eines Tages eröffnete sie mir, dass sie schwanger wäre und unseren Sohn erwarte. Dann beendete sie mit Tränen in den Augen unsere Beziehung. Sie hatte Thoras und Perrys Sohn Thomas Cardif vor Augen und wollte unter allen Umständen vermeiden, dass ihr beziehungsweise ihrem Sohn etwas ähnliches passieren würde. Sie ließ sich auch nicht davon überzeugen, dass ich mein Kind mitnichten mit Hilfe einer Positronik erziehen würde. Es half nichts. Sie drehte sich herum und war weg. Und ich alter Trottel stand da wie angewurzelt."

Bulls Augen kamen wieder zurück in den Praxisraum seiner Therapeutin. "Natürlich", fuhr er fort, "habe ich mich aus der Ferne um sie und unseren Sohn gekümmert. Aber immer so, dass niemand es mitgekriegt hat."

"Dann hast du deinen Sohn nie kennen gelernt?"

"Doch. Sie ist im Alter von 46 tödlich verunglückt. Fehlfunktion des Gleiters. Passiert so gut wie nie." Er zuckte mit den Schultern. "Unser Sohn war zu diesem Zeitpunkt 18 Jahre alt. Irgendwann stand ich
einsam und allein an ihrem Grab, da sah ich in den Augenwinkeln einen jungen Mann auf mich zukommen. Er glich zum Glück seiner Mutter, ich hatte ihm nur die Haarfarbe vererbt. Als wir nebeneinander standen und uns ansahen, wussten wir ohne Worte, wer der jeweils anders war und wir umarmten uns. Ich berichtete von dem Versprechen, dass ich seiner Mutter gegeben hatte. Er nickte und bat darum, es so zu belassen. Ich hatte das zu respektieren, sorgte aber aus der Entfernung immer für sein Wohlergehen. Mehr werde ich über diesen Teil meines Lebens nicht erzählen. Das ist natürlich alles urlange her, aber der Familienstamm existiert immer noch. Und solange das so ist, wird niemand mehr erfahren als du jetzt."

"Du warst aber an seinem Grab?"

"Ja. Im Gegensatz zu meinem Vater hatte ich das Gefühl, ich wäre ihm das schuldig gewesen." Er zeigte auf seine linke Schulter. "Das ist der Fluch dieser verdammten Dinger. Die Zeit läuft für alle weiter, nur für das eigene Spiegelbild nicht."

Reginald Bull, der Mann, der so viel Erfahrung hatte und den scheinbar nichts aus dem Socken hauen konnte, hatte Tränen in den Augen. "Es ist verkehrt herum, wenn Eltern an den Gräbern ihrer Kinder stehen. Egal, wie das zu Stande kommt."

Das Gespräch dauerte noch lange. Sie sprachen über Ehen und Partnerschaften, immer verbunden mit dieser einen teuflischen Eigenschaft: Der Unsterblichkeit. Lee erkannte, das dies die Hauptursache dafür war, dass ihr Gegenüber sich immer wieder in Arbeit stürzte. Natürlich hing jemand wie Bull in Pflichten fest. Allein auf Grund seiner ewig langen Erfahrung war er anderen voraus und er musste die Menschheit oder auch die komplette Galaxis schon mal jahrhundertelang am Laufen halten oder zusammenflicken. Er bräuchte eine Partnerin, die zumindest extrem langlebig wäre, das würde helfen.

Ansonsten dachte sie, das Einzige, was hier nützen würde, wäre eine längere Auszeit. So wie hier. Oder noch besser in den Tiefen des Universums. Aber seine private Geschichte war noch nicht zu Ende erzählt. Sie sah von ihren Notizen auf.

"Vielleicht gehe ich sie suchen", sagte Bull.

Als Lee ihn fragend anblickte, fuhr er fort. "Da ist noch eine Hängepartie. Meine Frau Toio und unsere Tochter Shinae. Komm mit uns, hatten sie mir hinterlassen und waren in Richtung der Stadt Allerorten verschwunden. Komm mit uns. Wir lieben dich! Und ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass ich die beiden wiedersehe. Wo und wann auch immer."

Lee wusste, das Gespräch war hiermit beendet.

"Ich glaube", sagte Bully abschließend, "ich brauche jetzt ein Bier. Oder auch zwei. Mal sehen, ob dein McSowieso seinen Laden schon geöffnet hat."

Er zwinkerte ihr zu und verschwand.
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von R.B. »

Band 1464 - Das Phantom von Phönix - ist von Kurt Mahr, erschienen am 12. September 1989
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Fünf Tage später:

Bully hatte, außer einigen Gesprächen mit Lee Barringham zu führen, gar nichts getan; dass heißt, er hatte seinen Gedanken nachgehangen und war zu dem Ergebnis gekommen, auf dem richtigen Weg zu sein. Bei nächster Gelegenheit würde er sich dem Kleinen offenbaren und sozusagen eine Verabschiedung im Vorfeld vornehmen. Denn irgendwann, das war Bull klar, würde er verschwinden. Von jetzt auf gleich. Dann bliebe sicherlich ein Tschüss für Perry übrig, mehr wohl nicht. Eine groß angelegte Abschiedsfeier gehörte keinesfalls zu seinen Plänen, die Gefahr, dass er zum Dableiben überredet werden würde, war ihm viel zu groß. Gucky brauchte ihn im Zweifelsfall nur einmal mit seinen bei Bedarf umgehend einschaltbaren großen tieftraurigen Knopfaugen anzusehen, dann wäre es vorbei mit seinen Reiseplänen. Wo war der Bengel überhaupt? Seit fünf Tagen treibt der sich jetzt schon wo auch immer rum, ging ihm durch den Kopf.

"Du vergisst, dass das hier meine Urlaubswelt ist", kam prompt die Antwort aus dem Hintergrund. "Du bist mir nur nachgelaufen, Dicker! Aber um deine unausgesprochene Frage zu beantworten: Ich war ein paar Tage in der Tiefsee von Newengland unterwegs und habe mir da ein paar obskure Wesen angesehen. Gegen die würdest sogar du einen Schönheitspreis gewinnen!"

Sicherheitshalber teleportierte er sofort in eine andere Richtung, weil er zurecht befürchtete, dass irgendwas geflogen käme.

Er watschelte auf seinen uralten Kumpel zu und sah ihn an. "Alea iacta est?" fragte er. "Ja", antwortete Bully und berichtete von seinen Gesprächen mit Lee. "Sie hat mir die Augen geöffnet und mich in meiner Meinung bestätigt. Ich brauche Zeit für mich selber. Ich will raus aus dem Trott, mal was anderes sehen. Nicht immer nur funktionieren. Dreihundertsiebenundneunzig mal die gleiche Mode. Eintausendsechshundertachtundvierzig mal die gleichen dusseligen politischen Sprüche. Mindestens. Wenn mir der Nächste über den Weg läuft und was von Terra den Terranern oder sowas erzählt, nagele ich den an die Wand. Nein. Ich muss raus. Keine Ahnung, wann genau, keine Ahnung wie lange. Nur: Wenn sich die Gelegenheit bietet, bin ich weg."

So. Jetzt ist es raus. dachte er noch, ohne es auszusprechen.

"Und einen armen, kleinen Mausbiber lässt du ganz alleine?" Wie erwartet, setzt Gucky seinen "Ich-bring-Eisberge-zum-Schmelzen" Blick auf.

"Ja. Garantiert. Und auch du wirst mich nicht davon abhalten. Aber im Moment noch nicht. Jetzt brauche ich erstmal ein Bier."

"Dann empfehle ich Billy McGuyers Singenden Ochsen. Am Besten zu Fuß. Ein kleiner Marsch ist gut für die Gesundheit." Sprachs und verschwand.

Bull seufzte. Mir bleibt aber auch gar nicht erspart, dachte er und machte sich auf den Weg.

Im Singenden Ochsen angekommen, saßen Lee und Gucky bereits an ihrem angestammten Tisch, hinten links in der Ecke. Lee trank ihr seltsames Bier und Gucky einen Möhrensaft. Bull orderte für sich eine Nummer Zwölf und setzte sich dazu.

"Ja", hörte er Lee sagen. "Die Welt eurer Mutanten wirkt auf mich faszinierend. Es muss toll sein, derartige Fähigkeiten zu haben."

"Naja, du musst dich aber damit abfinden, ständig bis zumindest sehr häufig an vorderster Front zu sein. Grade, weil du Dinge kannst, die andere nicht können. Und: Du musst dir ein dickes Fell aneignen. Denn so manches Individuum ohne Psi - Fähigkeiten schaut dich mehr als misstrauisch an. Wie würdest du es empfinden, wenn ein Telepath deine geheimsten Gedanken lesen kann? Du kannst nichts vor ihm verstecken. Du merkst ja noch nicht mal, dass du grade ausgespäht wirst."

"Bei dir hätte ich da keine Bedenken, mein Freund."

"Das ehrt mich ja. Aber bedenke mal folgendes: Ob dir jemand sympathisch ist oder nicht, ist in der Regel eine unbewusste Entscheidung, die innerhalb eines extrem kurzen Zeitraumes fällt. Und dann steht auf einmal einer vor dir, den du zudem direkt ekelhaft findest, warum auch immer. Natürlich wird dir ausgerechnet dieser Widerling als Gedankenleser vorgestellt. Und jetzt?"

"Aber ihr habt doch alle einen Ehrencodex oder so?" fragte Lee.

"Natürlich haben wir den. Aber gegen Gefühle anderer zu arbeiten, ist schon ziemlich schwierig und will gelernt sein."

"Trotzdem hätte ich gerne die eine oder andere Person kennengelernt. Ernst Ellert zum Beispiel. Der durch Zeiten und Universen gereist ist. Oder Ribald Corello, natürlich erst nach seiner Heilung. Iwan Iwanowitsch Goratschin. Den weniger wegen seiner Fähigkeiten, ich hätte die beiden Menschen gerne gesprochen, um ihren Blick auf die Welt zu erfahren."

"Das war wie bei Gucky und mir", warf Bully ein. "Nur dass die Zwei sich nicht aus dem Weg gehen konnten." Bulls Blick ging kurz in weite Fernen. "Aber du hast Recht. Die beiden waren als Kämpfer im Einsatz mindestens genauso gut wie als philosophische Gesprächspartner. Als Freunde sowieso. Wenn sie dich in ihr großes russisches Herz geschlossen hatten, bekam jeder, der dich auch nur schief ansah, ein Problem mit ihnen. Ich erinnere mich immer noch daran, wie sie von uns gegangen sind. Goratschin war damals der Mann, der doppelt starb."

"Ja", sagte Gucky leise. "Ich habe sie noch lange vermisst. Sogar heute meine ich manchmal immer noch, die beiden Streithähne um die Ecke kommen zu sehen. Ohne Ribald Corello würden sie vielleicht noch leben. Aber ohne Ribald Corello gäbe es eventuell kein
Solsystem mehr. Das Schicksal geht manchmal seltsame Wege."

"Es gibt noch jemanden, der auf meiner Liste stehen würde: Irmina Kotschistowa. Sie muss die geborene Ärztin gewesen sein. Wobei es mich schüttelt, wenn ich daran denke, dass ich solche Fähigkeiten auf negative Art bei anderen anwenden müsste."

"Du kennst den Weg, den ihr das Schicksal vorgegeben hatte?", fragte Reginald Bull.

"Ja", sagte Lee. "Da war die Sache mit dem Zellaktivator, der ihr gestohlen wurde. Hatten wir doch erst unlängst."

"Sie war nicht allzu lange alleine", fuhr Bull fort. "Das Phantom, dass schon ein paar mal erschienen war, sollte wieder auftauchen. Auf Phönix."
Spoiler:
Reginald Bull erzählt die Geschichte von dem Phantom von Phönix:

Sato Ambush verglich seinen Versuchsaufbau mit den ersten Glühbirnen von Thomas Alva Edison. Die sollen wohl genauso unförmig und viel zu groß gewesen sein. Unser Pararealist beschäftigte sich nämlich ebenfalls mit Strahlung, aber nicht mit der aus dem sichtbaren Bereich. Nein, mittels seiner Versuchsapparatur versuchte er, hinter die Geheimnisse der superhochfrequenten Hyperstrahlung zu kommen.

Bislang hatten die Galaktiker keine Verwendung für derartiges Wissen. Ambushs Forschung war also eigentlich überflüssig. Aber wie Forscher nun mal sind: Sie interessieren sich grundsätzlich für alles, was außerhalb der konventionellen Wissensbereiche lag. Und wer war für derartiges besser geeignet als Sato Ambush?

Er war mit seinen Messungen schon einige Zeit vorher zu Gange gewesen. Denn schon als die CIMARRON im Megaira - System wieder zusammengeschustert wurde, hatte er in dem Spektrum seiner Wünsche oder auch Qualen, je nach Betrachtungsweise, etwas angemessen, dass er nun einer besonderen Untersuchung unterzog. Der langen Rede kurzer Sinn: Er hatte festgestellt, dass die Hautprobe, die Perrys besonderer Freund Monos überreicht hatte, Strahlungen in gleicher Art und Weise von sich gab.

Jetzt wusste er endlich, wieso Monos stets und ständig über Perrys Aufenthaltsort informiert war. Nix Zellkernstrahlung oder ähnliches aus dem Zellaktivator. Da hatte die ODIN ja ein schönes Kuckucksei an Bord. Perry wurde also informiert und man einigte sich darauf, eine mit Metagrav-Triebwerk und Signalgeber ausgestattete Sonde samt des Hautfetzens auf Reisen zu schicken. Natürlich derart, dass man sie im Zweifelsfall wiederfinden würde, aber die Sache mit der Verfolgung Perrys war damit erstmal zu Ende. Was bei uns allen zu einem zufriedenen Grinsen führte.

Keinesfalls zu Frohsinn zumute war uns bei dem Gedanken an Phönix, wohin es uns, also Perrys ODIN, Atlans KARMINA und meine CIMARRON als nächstes zog. Uns allen lag die Ankündigung Shoudars, dass es einen Angriff auf die Freihändlerwelt geben sollte, schwer im Magen. Tekeners Fachleute rechneten für den Angriff zwar nur mit ca. 50 Schiffen der Cantaro, aber wusste mans? Auf jeden Fall basierte unsere weitere Planung auf dieser Spekulation. Denn wären es 300, 400 oder gar 500 Schiffe gewesen, bräuchten wir nicht weiterzudenken. Natürlich gingen wir davon aus, dass die Cantaro, überheblich wie sie waren, meinten, 50 Schiffe reichten für diese lästige Terraner - Plage aus.

Ebenso selbstverständlich setzte Sato Ambush seine Strahlungsforschung fort, egal, wer grade wo unterwegs war. Als zwar erstklassigen, aber leicht weltfremden Forscher interessierte ihn keinen Millimeter, wann wir gegen wen zu kämpfen gedachten. So hatte er das Labor der ODIN in Beschlag genommen und es bis in den letzten Winkel mit seinen seltsamen Apparaturen vollgestellt. Denn er war schon der nächsten Sache auf der Spur. Es gab ein milchstraßenweit tätiges Funknetz, das eigentlich eine Unmöglichkeit war: Die georteten Impulse fühlten sich für Sato so an, als wären sie von irgendetwas, dass nicht weiter als 10 Lichtjahre weit weg war, ausgesandt worden. Zehn Lichtjahre! Da die Strahlung aus allen Richtungen gleich war, hätte unsere komplette Galaxis mit Unmengen solcher Funkgeräte ausgestattet sein müssen. Das wäre allerdings für die zur Verfügung stehenden 650 Jahre ein Ding der Unmöglichkeit gewesen, egal, wie fortgeschritten die Technik gewesen sein sollte.

Der Pararealist fand nun nicht nur heraus, auf welchen verschlungenen Hyperraumwegen das funktionierte, nein, er entdeckte zusammen mit den drei Anoree einen Funksatelliten, aus dem sie ein Modul unbekannter Herkunft und Funktion ausbauten. Damit hatten sie wieder etwas zu tun, Langeweile war also nicht angesagt.

Auf Phönix angekommen, wurden wir mit dem nächsten Fragezeichen konfrontiert. Eine schemenhafte Gestalt, nichtmenschlich und mit Tentakeln am Kopf wurde immer wieder auf und vor Phönix gesichtet. Die Phantomerscheinung war mit einem 60 Meter großen ebenfalls nur schemenhaft erkennbaren Raumer an mehreren Orten festgestellt worden. Mit den Cantaro konnte sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nichts zu tun haben, denn der Maxim - Orter sprang nicht an. Und der war speziell für die ortungsgeschützten Cantaro - Schiffe. Alles in Allem wirkte die ganze Geschichte ziemlich planlos. Dass das leider nicht stimmte, musste Tekeners Gattin Jennifer Thyron schmerzlich verspüren. Das Phantom stand auf einmal vor ihr und stahl ihr den Zellaktivator. Tek bot ihr natürlich an, seinen Apparat zu teilen, das lehnte sie aber ab. Sie habe über 1.000 Jahre gelebt, sagte sie. Wenn es jetzt an der Zeit wäre, wäre es eben so. Gefunden wurde sie von Irmina Kotschistowa, deren Schicksal sie nun teilte. Irmina hatte nun doppelt soviel Arbeit. Sie musste zwei Menschen am Leben erhalten.

Und die Cantaro? Sie griffen an. Mit 50 Schiffen, wie es in den Berechnungen gestanden hatte. Wir schlugen sie verlustfrei und bargen einige Cantaro aus den Wracks. Später sollten sie den Anoree vorgestellt werden, dann würden wir weitersehen.

Am 5. Februar 1146 hatte Jennifer die berühmten 62 Stunden überlebt, die einem ZA Träger ohne sein Gerät blieben und bleiben. Irmina hatte einen ersten Erfolg zu verzeichnen, der sie allerdings sehr viel Kraft kostete.

Für Perry indes ging es nahtlos weiter. Ihn erreichte ein Funkspruch von der LIBRA, dem Schiff, das zur Bewachung der BASIS abgeordert war. Die BASIS sei gestohlen worden, sagte die Kommandantin Iliam Tampsun.
"Seid ihr denn dahinter gekommen, wer dieses Monster gewesen ist?" fragte Lee. "Sie war ja schon die Nummer vier."

"Sind wir", antwortete Bull. "Gal, Geoff, Irmina und jetzt Jennifer. Irgendwer lief durch die Gegend, sammelte Zellaktivatoren ein und verurteilte die Träger zum Tode. Dahinter steckte etwas, auf das wir zum damaligen Zeitpunkt nie gekommen wären. Nie. Aber das ist eine andere Geschichte und würde hier den Rahmen sprengen. Letztlich wurde die alte Garde der ZA - Träger immer kleiner und die paar Leute, die jetzt noch übrig sind, haben verdammtes Glück gehabt. Mit Allem."

Gucky nickte zu dieser Äußerung und sah sehr nachdenklich aus.

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Zyklusübergreifendes Agieren. Wer da warum die Zellaktivatoren klaut, sollte erst wesentlich später herauskommen. Ob der damaligen Expokratur zu diesem Zeitpunkt schon klar war, wie es nach dem Ende des Cantaro - Zyklus weitergeht? In groben Zügen sicherlich.

Kurt Mahr präsentiert uns einen Roman, der gut lesbar ist. Er hat ein paar zentrale Punkte: Die Hyperstrahlung des Hautfetzens, die Monos jetzt nichts mehr nützt. Dann das Cantaro - Funknetz. Ich könnte mir vorstellen, dass jemand wie Sato Ambush schon darüber nachdenkt, ob man das nicht umpolen kann. Letztlich die erwartete Abwehr der Cantaro und natürlich das große Fragezeichen zum Schluss. Wer zum Teufel ist dieses Phantom, das unsere Heldinnen und Helden der Reihe nach umbringt? Ein Verwirrspiel der Autoren, denn zum damaligen Zeitpunkt musste man ja davon ausgehen, dass Monos hier irgendwie seine Finger im Spiel hat. Selbst wenn die Technik der Cantaro scheinbar nichts damit zu tun hat.

Monos ist ja immer noch eine Hausnummer für sich. Überhaupt: Supremkommando, Herren der Straßen, Monos....

Wie Sato Ambush im Roman bemerkt: Den wirklichen Herrschaftsstrukturen ist man noch keinen Deut näher gekommen.

Kurt Mahr baut ergänzend gute und brauchbare Rückblicke im Roman ein, die die Lesenden wieder auf Vordermann bringen. Was passierte wann warum? Geschickt kombiniert er die Wiederholungen mit der aktuellen Handlung. Hat mir sehr gut gefallen.

Überhaupt: Bis jetzt gefällt mir er Zyklus in einer Gänze immer noch. Insbesondere die Person Perry Rhodans kommt hier menschlicher rüber, er ist nicht der Supermann, als der er anderweitig erscheinen mag. Selbst wenn es nur eine kurze Bemerkung, ein Nebensatz ist. Top!
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Richard
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von Richard »

Wer weiss, vielleicht hätte Irmina sogar längerfristig überleben können, wenn sie sich tatsächlich nur um sich selber hätte kümmern müssen und nicht auch noch Jennifers ZA geklaut worden wäre. Aber seitens der Expokraten wollte man wohl - wieder mal - die ZA Träger aufmischen. Von den betroffenen Personen geht mir - so gefühlsmässig - Geoffry A. Waringer am meisten ab. Er mag zwar als Chefwissenschafter eine Art "Wissenschafter von Dienst" Figur gewesen sein (Funktionsfigur) aber er sagte mir mehr zu als zB Daellion, Sato Ambush oder Myles Kantor.
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von R.B. »

Da stimme ich dir zu. Die Autoren haben sich zwar immer Mühe gegeben, den Chefwissenschaftlern eine eigene Persönlichkeit zu geben, die eben nicht unbedingt der Norm entsprach, aber an Waringer sind sie aus meiner Sicht nie mehr herangekommen.

Vielleicht liegt das aber bei mir einfach nur daran, dass ich Waringer in zarten Alter von 12 Jahren kennengelernt habe. Er gehörte sozusagen zum festen Personalstamm, zur Familie, naja, das stimmt ja auch. Alle anderen kamen später und konnten so zwangsläufig nie dessen Stellenwert erhalten. Irgendwer hat so zum Beispiel mal gesagt, dass nach dem Tod von den ollen Choleriker Arno Kalup keiner mehr kam, der ihm auch nur ansatzweise das Wasser reichen konnte. Ich glaub, das stand mal in einem Leserbrief. Dieser Leser wird das gleiche Problem gehabt haben.
:D
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Andreas Möhn
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von Andreas Möhn »

R.B. hat geschrieben: 7. September 2023, 08:08 Vielleicht liegt das aber bei mir einfach nur daran, dass ich Waringer in zarten Alter von 12 Jahren kennengelernt habe. Er gehörte sozusagen zum festen Personalstamm, zur Familie, naja, das stimmt ja auch. Alle anderen kamen später und konnten so zwangsläufig nie dessen Stellenwert erhalten. Irgendwer hat so zum Beispiel mal gesagt, dass nach dem Tod von den ollen Choleriker Arno Kalup keiner mehr kam, der ihm auch nur ansatzweise das Wasser reichen konnte. Ich glaub, das stand mal in einem Leserbrief. Dieser Leser wird das gleiche Problem gehabt haben.
Genau genommen sind es drei, die hervorstechen: Tyll Leiden, Arno Kalup und Geoffrey Waringer. Sato Ambush war ursprünglich Kurt Mahrs Schöpfung, und man konnte spüren, dass er anderen Autoren nicht lag. Und Kantor blieb trotz bemühter Merkmale wie seiner zeitweiligen Behinderung blass.

Der Zellaktivatorklau führte übrigens dazu, dass irgendein LKS-Täter dem als Hauptverantwortlichen ausgemachten Florian Marzin den Spitznamen "Sulla" verpasste. Wegen der Proskriptionslisten des gleichnamigen Diktators. Und der blieb an Marzin hängen, so lange er diesen Posten innehatte.

Hat eigentlich noch irgendjemand Demeter vermisst? Die ist ja so beiläufig abserviert worden wie keine andere. :unschuldig:
Die Sternenflotte bestätigt hiermit, dass im Rahmen der Erstellung dieses Beitrags kein Rothemd erschossen, erschlagen, verstrahlt, zerstückelt, gefressen, liquidiert, aufgelöst, transporterverunfallt noch in irgendeiner anderen Weise an Leib, Leben und/oder psychischer Gesundheit geschädigt wurde.
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von Richard »

Demeter hatte keinen ZA. Die wurde noch im GdN Zyklus aus der Hybride befreit und dann verschwand sie mehr oder minder aus der Serie.
Meiner Erinnerung nach war die Aussage, dass Jennifer, Tek, Demeter und Roi mit einem Raumschiff unterwegs, dass aufgrund der Hangay Katastrophe (also der Materialisation des 4. Hangay Viertels) weit weg verschlagen wurde und dabei kam Demeter ums Leben (oder so ).

Wir haben das dann beim Zusammentreffen von Roi/Tek/Jennifer mit der Tarkanexpedition erklärt bekommen.

Demeter wurde zwar gut eingeführt als aber dann das Rätsel um ihre Herkunft gelöst war hatte ich das Gefühl, dass man nicht mehr so viel mit ihr anfangen konnte (ausser, dass man sie dann als Lebensgefährtin von Roi etablierte).
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Andreas Möhn
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von Andreas Möhn »

Ja, genau. Das ist wieder das alte Problem mit Figuren, die für einen Zyklus aufgebaut werden, aber am Ende wegzusterben vergessen. Dabei ist nie explizit ausgesagt worden, wieso sie eigentlich 430 Jahre später immer noch zugange war; ob sie eigentlich relativ unsterblich oder nur sehr langlebig war. Am Ende wurde sie damals buchstäblich in einem Nebensatz entsorgt - vor Jahrzehnten schon von "unbekannten Hypereffekten" getötet. Ich meinte seinerzeit in einem Leserbrief, sie hätte sich ja auch einfach den Schädel an einer Konsole einschlagen können und fertig. :devil:
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von Richard »

Meiner Erinnerung nach gab es im Kosmische Burgen Zyklus mal die Aussage, dass die Wynger, die auf die Suche nach dem Auge geschickt wurden, durch eine Behandlung (wohl basieren auf den Mitteln aus der PAN-THAU-RA) langlebig "gemacht" wurden (Ich denke, dass das bei den Erlebnissen von Plondfair erzählt wurde).

Aber - wie erwähnt - Demeter spielte im Cantarozyklus keine Rolle mehr und man kann ihren Tod vermutlich auch im gleichen Kontext wie die "Entsorgung" anderer ZA TrägerInnen sehen. Es wurden Handlungsträger "entsorgt", von denen man wohl glaubte, dass sie gewissermassen "auserzählt" waren.
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von Andreas Möhn »

Richard hat geschrieben: 9. September 2023, 14:39 Aber - wie erwähnt - Demeter spielte im Cantarozyklus keine Rolle mehr und man kann ihren Tod vermutlich auch im gleichen Kontext wie die "Entsorgung" anderer ZA TrägerInnen sehen. Es wurden Handlungsträger "entsorgt", von denen man wohl glaubte, dass sie gewissermassen "auserzählt" waren.
Für Jennifer, Demeter, Lloyd und Deighton lasse ich das gelten. Aber Irmina Kotschistowa und auserzählt? Im Vironauten-und -Netzgängerzyklus war sie so gut gewesen wie nie.
Die Sternenflotte bestätigt hiermit, dass im Rahmen der Erstellung dieses Beitrags kein Rothemd erschossen, erschlagen, verstrahlt, zerstückelt, gefressen, liquidiert, aufgelöst, transporterverunfallt noch in irgendeiner anderen Weise an Leib, Leben und/oder psychischer Gesundheit geschädigt wurde.
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von Richard »

Irmina hatte mE speziell im Vironautenteil den Höhepunkt ihrer "Karriere". Im GdN Zyklus fiel sie schon wieder etwas ab. Man hätte zb etwas mehr aus der Verbundenheit, die sie mit Bully teilte, machen können.
Aber letztlich betrifft die Entscheidung, warum man manche Figuren im Cantarozyklus aus der Serie genommen hat, primär Leute, die aktuell groesstenteils nicht mehr leben. Und ich nehme an, dass diese Leute eben der Ansicht waren, dass Irmina auserzählt war.
Letztlich wollte man wohl auch "Platz" für neue ZACies schaffen.
Dass man ein paar Zyklen später letztlich reine "Funktionsmutanten" wie die Vandemaars einführte, steht auf einen anderen Blatt.
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von R.B. »

Richard hat geschrieben: 10. September 2023, 13:06 Aber letztlich betrifft die Entscheidung, warum man manche Figuren im Cantarozyklus aus der Serie genommen hat, primär Leute, die aktuell größtenteils nicht mehr leben. Und ich nehme an, dass diese Leute eben der Ansicht waren, dass Irmina auserzählt war.
Das stimmt wohl. Es stimmt aber auch, war du danach schreibst: Die Vandemaars waren es nun wirklich nicht. Dann gab es ja noch die beiden jungen Leute, die sich einen ZA teilen mussten und sich deswegen nicht weiter als ein paar Meter von einander entfernen durften (ich habe die Namen vergessen). Die haben es auch nicht wirklich gebracht, obwohl die Idee eigentlich ganz gut war.

Ich stimme Andreas zu. Thyron, Demeter, Lloyd, Deighton hatten fertig. Irmina nicht. Und das finde ich schade, man hätte noch etwas aus ihr machen können. Der Diebstahl ihres ZA's war für mich ein bisschen zudem ziemlich schräg gestrickt. Man stelle sich vor: Es war allgemein bekannt, dass da ein schwarzer Schemen herumläuft und ZA's einsammelt, wozu auch immer. Zwei Tote hatte man schon zu beklagen. Und in dieser Situation lässt Madam ihren auf dem Küchentisch liegen. Wie daneben muss man sein?
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von Richard »

Ad dem ZA von Irmina: Eventuell verwechsle ich das aber ich glaube, dass irmina ihren ZA in ihrer Kabine in einem Kasten oder so was auf die Art aufbewahrt hat, da sie - wie sie es damals öfters machte - versuchte, ohne ihren ZA auszukommen und sich mit Hilfe ihrer Mutantenfähigkeit am Leben zu erhalten, quasi damit die Tätigkeit des ZAs zu verrichten.
Und - wie immer - gilt: Figuren agieren so, wie es die jeweils aktuellen Expokraten/AutorInnen wollen.
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von R.B. »

Natürlich hast du völlig Recht, das mit dem Küchentisch war ziemlich übertrieben von mir.
:unschuldig:
Was ich damit zum Ausdruck bringen wollte, ist einfach, dass ich ihr Handeln (eben den ZA in solch einer Zeit in der Kabine lassen) für äußerst daneben halte und auch damals schon gehalten hatte. Aber wenn die Damen und Herren der schreibenden Zunft das so festlegten, hat man als Romanfigur einfach keine Chance.
:D
Andererseits hat Jennifer Thyrons Erlebnis gezeigt, dass der Schatten wohl auch so an den Aktivator gekommen wäre.
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von R.B. »

Band 1465 - Schach dem Klon - ist von K. H. Scheer, erschienen am 19. September 1989
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"Sieh dir das mal an!" sagte Bull zu Gucky. Er hatte an der Theke neue Getränke geordert und brachte sowohl für sich als auch für Lee neues Bier mit.

Gucky betrachtete die Flasche mit dem obskuren Gebräu, dass für Lee die Erfüllung aller Bierträume zu sein schien, von allen Seiten und meinte: "Da hätte ich jetzt nicht mit gerechnet. Stein und Bein würde ich schwören, dass diese Brauerei Homer G. Adams gehört. Aber so kann man sich täuschen. Da gibt es doch tatsächlich Leute, die sowas trinken...."

"Darf ich mal erfahren, worum es hier geht?" fragte Lee und nahm Gucky ihre Flasche ab. "Wenn ihr meine Bierflasche noch länger mit euren unegalen Fingern betatscht, wird sie zu warm und man kann den Inhalt nicht mehr trinken."

"Das kann man doch so auch nicht", antwortete Bully. "Du hast bis jetzt immer einen völlig normalen Eindruck auf mich gemacht. Und dann sowas. Ich bin entsetzt."

Lee wurde langsam wütend. "Ihr erklärt mir umgehend und sofort, was dieses dusselige Gequatsche schon wieder zu bedeuten hat. Sonst hole ich noch eine Flasche und schütte jedem von euch Helden eine über dem Kopf aus!"

"Keine Sorge, Mädel, das passiert woanders öfters. Genau mit dieser Brühe!". Gucky strahlte seine Freundin an und erlöste sie von ihren Qualen. Er hielt die mittlerweile in ein Glas entleerte Flasche in der Hand. "Wir kennen das Zeug. Best Essex Red Coloured Pale Ale*. Ihr wisst aber auch gar nichts. Da sieht man doch wieder, dass ihr hier auf Newengland am Ende aller Welten seid. Ich hätte nie damit gerechnet, dass dieses Bier von solch einer Außenwelt kommt. Mein Vermögen hätte ich darauf verwettet, dass Homer Eigentümer der dazugehörigen Brauerei ist und die nach wie vor in Merry Old England steht. Da kann man mal sehen."

Aber das Einzige, was er sah, war das farbliche Anlaufen von Lees Gesicht, das sich langsam aber sicher rot färbte. So sprach er schnell weiter.

"Nicht so ungeduldig. Man warte in Ruhe und gelassen auf die Ausführungen des Meisters!" sagte er mit erhobenem Zeigefinger.

"Dazu musst du gewisse Eigenheiten an Bord terranischer Schiffe der Raumflotte kennen", führte Bull Guckys Ausführungen fort. "Es ist nämlich so: Seit es terranische Raumschiffe gibt, wird dort Sport angeboten. Und da unser Finanzgenie Homer G. Adams in den Gründerjahren des Solaren Imperiums gewisse Geldsummen in die Freizeitausstattung der Schiffe steckte, hatte er bestimmt, welcher Sport dort in erster Linie angeboten wurde. Natürlich war das etwas, was ihm als 100 prozentigem Englänger am Besten gefiel: Rugby. Wenn man sich weigerte, Rugby zu spielen, gab's keine Knete. So einfach war das. Also spielte man Rugby. Und da der Mensch ein Gewohnheitstier ist, blieb man dabei. Bis heute. An Bord der RAS TSCHUBAI werden zum Beispiel regelmäßig Bordmeisterschaften ausgespielt. Da haben sie sogar ein zigtausend Leute umfassendes Stadion im Freizeitbereich."

"Rugby ist ja auch ein edler Sport", erklärte Lee. "Mein Team hat übrigens vor einigen Jahren mit mir im Angriff die Damen - Meisterschaft Newenglands gewonnen. Aber was hat das mit meinem Bier zu tun?"

"Immer langsam mit den jungen Mausbibern", proklamierte der Ilt. "Die Rugby - Teams brauchen ab und zu neues Blut. Weil einer zu alt geworden ist. Oder nach dem siebten Nasenbeinbruch keine Lust mehr hat. Dann kommt der Nachwuchs. Der hieß in einem Fall sogar mal Perry Rhodan. Aber der spielte eigentlich nur eine untergeordnete Rolle. Denn alle, die neu in ein Team aufgenommen wurden oder werden, übrigens egal, ob Männlein oder Weiblein, kriegen einen Eimer Bier über den Kopf geschüttet. Ein ganz spezielles Bier. Weil, so sagt man an Bord der terranischen Schiffe, man diese Plörre nicht trinken könne und sie eigentlich nur dazu tauge, andere Menschen auf diesem Wege damit zu beglücken. Derart eimerweise muss das Zeug übrigens ganz grauenhaft sein. Perrys Frau beschwerte sich mal, ihr Mann habe drei Tage später noch nach Best Essex Red Coloured Pale Ale* gerochen. Trotz Hightech Körperpflege. Naja, und da lag die Vermutung nahe, dass die Brauerei eben Homer gehört und er das Monopol für die Belieferung wegen solcher Aktionen hat."

Gucky grinste ebenso wie Bully von einem Ohr zum anderen.

"Und du trinkst das Zeug. Respekt!", schloss er seine Erläuterung ab.

"Ich muss das mal mit Billy bereden. Dem gehört nämlich ungefähr ein Drittel der Brauerei, die dieses leckere Getränk herstellt. Wenn ihr Pech habt, dürft ihr euch ein anderes Bier suchen. Meins kriegt ihr dann nicht mehr."

Bull war unbeeindruckt. Er sah sich sein Glas Zwölf an und sagte: "Kein Problem. Ihr seid nicht die einzigen Engländer in diesem Universum. Gerüchteweise soll es da noch mehr geben. Und trinkbares Bier brauen können sie alle nicht."

"Sie das doch mal positiv", meinte Gucky. "Denk dir einfach dabei, sieh mal, die sind so dämlich und schütten sich gegenseitig mein gutes Bier über den Kopf. Wie blöd muss man denn dazu sein? Und wir kriegen auch noch Geld dafür..."

Lee war skeptisch und traute ihren Gästen nicht über den Weg. "Du bist mir viel zu optimistisch."

"Mir bleibt ja auch nichts anderes übrig. Sonst würde man es mit Leuten wie dem hier", der Ilt zeigte auf Bully, "keinesfalls so lange aushalten. Ohne Optimismus würde man glatt verrückt werden. "

"Du hast Glück, dass mir mein Bier viel zu gut schmeckt, sonst bräuchtest du jetzt einen Trockner für dein Fell, du Zwerg. Aber zur Belohnung darfst du die nächste Geschichte erzählen!"

Gucky seufzte. "Und ich dachte, ich hätte hier Urlaub...."
Spoiler:
Gucky erzählt die Geschichte "Schach dem Klon":

Tja. Da hatte da doch glatt die Kommandantin der LIBRA, Iliam Tamsun, behauptet, die BASIS sei entführt worden. Die LIBRA war bekanntlich das Schiff gewesen, dass Perry bei der BASIS zurückgelassen hatte, um auf sie aufzupassen. Das hatte sich mit dem Hinweis auf den Diebstahl natürlich erübrigt.

Wir lernen also wieder etwas Wesentliches: Sollte das Gut, auf das es aufzupassen gilt, nicht mehr da sein, gibt es eben nichts mehr, auf das man aufzupassen hat. Nicht wahr, Dicker, das ist dir neu, was? Da kannst du mal sehen. Ohne mich läuft nichts. Gar nichts. Demzufolge: Ohren spitzen und schön brav zuhören, was Dr. Guck euch so alles zu berichten hat.

Also. Die BASIS war weg. Natürlich hatte die LIBRA in Folge Perry Rhodan aufgesucht, um zu berichten. Es gab bei der Identifikation einiges an Fragezeichen, Phönix war evakuiert und ein gewisser Chef-Terraner war als Letzter dort mit einem Schiff namens ODIN vorzufinden. Man fand aber zueinander und Iliam berichtete, was passiert war.

Es war ja allgemein bekannt, dass Hamiller, der Rechner der BASIS einen Hau hatte. Es ist übrigens nie herausgekommen, ob Hamiller nur eine Blechkiste war oder tatsächlich das Gehirn von Payne Hamiller, dem früheren Wissenschaftler, beherbergte. Die Tube schwiegt sich darüber aus. Worüber sie allerdings redete, war die Tatsache, dass sie nur eine Person als Kommandanten der BASIS akzeptierte: Harold Nyman. Der war schlicht und ergreifend die erste Figur gewesen, die die Hauptzentrale der damals noch dezentralisierten BASIS betrat. Na ja, die Hamiller-Tube, also diese verrückte Positronik, ernannte Nyman daraufhin als Kommandanten und akzeptierte niemanden anderes mehr.

Und dieser Harold Nyman tauchte am 20 Januar 1146 mit einem Schiff, der ANDRASSY, wirklich und wahrhaftig, zwar halbtot aber immerhin, in der Nähe der BASIS auf und behauptete gar Grausliches.

Nyman, der aussah, wie sein eigenes Gespenst, berichtete mit schwankender Stimme, dass der Tarkan - Verband von den Cantaro vernichtet worden sei. Er selbst wäre nur durch einen Zufall davon gekommen und hätte den Weg hierhin gefunden. Außer ihm seien nur Roboter auf seinem Schiff. Es wäre nämlich niemand sonst mehr da, berichtete er. Atlan, Bull, Tekener und Danton tot. Rhodan liege sehr schwer verletzt im Plasmabad. Die ANDRASSY, kurz vor den Angriff als Reserveeinheit in Betrieb genommen, sei der letzte überlichtschnelle Raumer.

Nyman hatte stumpfglänzende Augen und glich einem lebenden Toten. Oder jemandem, der einfach nur alles hinter sich hat. Er redete weiter und sprach von 300 Cantaro - Einheiten, die alles vernichtet hätten. Er, Rhodan und ein weiterer Kamerad hätten als einzige überlebt. Jetzt brauche Rhodan unbedingt und kurzfristig die BASIS, weil er deren große Klinik benötigte.

Natürlich waren die Leute der LIBRA misstrauisch, allemal, da Nyman nichts, aber auch gar nichts bei sich hatte, dass ihn legitimieren konnte. Kein Datenmaterial, nichts. Nada. Schließlich sei ja alles zerstört worden. Rhodan habe ihm jedoch einen speziellen Geheimbegriff anvertraut, der alles regeln würde: Walpurgisnacht hieß der Türöffner.

Tatsächlich eröffnete Hamiller danach der überraschten Besatzung der LIBRA, Harold Nyman sei willkommen. Er habe sich mit dem gültigen Notfallkode ausgewiesen. Die BASIS sei zu übergeben. Hamiller sorgte fürs Einschleusen der ANDRASSY und alle anderen standen da mit wirrem Haar.

Natürlich war man seitens Iliam und Co noch misstrauisch. Niemand konnte sich so richtig vorstellen, dass ausgerechnet alle diese Männer derart überrumpelt und allesamt ausnahmslos vernichtet worden seien. Man einigte sich also darauf, vier Personen inklusive eines erstklassigen Mediziners an Bord der BASIS zu schleusen. Mit Nyman stimme etwas nicht und Hamiller sei eben verrückt geworden.

Das alles änderte aber nichts an der Tatsache, dass Nyman den Abflug befohlen hatte und die BASIS auf Tour in Richtung Milchstraße ging. Dabei stellten nun die vier Spione fest, dass er hauptsächlich unzusammenhängendes Zeug von sich gab und sie Angst um ihr Leben hatten. Grade, als sie Nyman dingfest machen wollten, wurden sie paralysiert und in ihren SERUNS aus der Schleuse geworfen. Zu ihrem Glück konnte die LIBRA sie auflesen und es ging in Richtung Phönix, wo man auf Perry Rhodan traf.

Da Perry nun um Harold Nyman wusste, vermutete er in den vermeintlichen BASIS - Kommandanten einen in der Eile nur halb fertiggestellten Klon. Deshalb hatte Nyman wohl auch mit leerem Blick halbtot ausgesehen, als er auf die LIBRA traf. Er erinnerte an den Einsatz auf der Cantaro - Brutwelt Sampson, wo Nyman im Einsatz Gewebe aus dem Oberschenkel gerissen worden war. Es war nun mal ein große Wunde mit entsprechendem Blutverlust. Nun denn, der Fleischfetzen fiel in die Hände der Cantaro und den Rest habt ihr soeben gehört.

Der falsche Nyman tauchte auf und, so Perry, Hamiller hatte mitgespielt. Schließlich könne ein halb verwirrter Klon keine derartige Positronik täuschen. Perry war überzeugt, dass Hamiller einfach nur die Chance genutzt hatte, die Abwehrwälle gefahrlos zu durchqueren. Die vier Agenten seien durch den Rechner von Bord geworfen worden, weil der falsche Nyman sie sonst getötet hätten. Aber Perry vermutete noch etwas: Hamiller habe ihm mit Sicherheit eine Botschaft zukommen lassen. Man müsse sie nur finden.

Nachdem ich die Psyche der Vier erfolglos untersucht hatte, kamen die Techniker wegen der SERUNS an die Reihe. Tatsächlich fanden sie etwas: Hamiller wolle uns 300 Lichtjahre vom Goorn - System entfernt treffen. Wir flogen mitsamt der ODIN und der LIBRA zum Treffpunkt, wo die BASIS mit 400 Besatzungsmitglieder ausgestattet wurde. Damit hätte alles gut sein können. War es aber nicht.

Diesmal war Tek der Misstrauische. Ihm war das alles zu glatt gegangen und das passte ihm nicht. Natürlich wurde die BASIS von Kopf bis Fuß untersucht. Natürlich fanden wir nichts. Und ebenso natürlich gingen die Diskussionen weiter. Letztlich entschied sich Perry für einen Test - Überlichtflug. Ja, und der wars dann auch. Just, als der Flug durch den Hyperraum begann, veränderte sich der festgesetzte Klon. Er blähte
sich auf und wurde immer größer. Gleichzeitig reagierten die vier Spione. Sie sandten eine Art Strahlung aus, die den Metagrav - Antrieb beeinflussen sollte. Ein Hoch auf Tek. Er fand die vier Männer samt des mittlerweile riesig gewordenen Nyman - Klons. Letzteren konnte er vernichten, wodurch die Vier wieder normal wurden und der Flug problemlos beendet werden konnte.
"Das war aber noch nicht alles", sagte Reginald Bull.

"Nein", erwiderte Gucky leise. Sehr leise. "Irmina musste feststellen, dass ihre Fähigkeiten nicht ausreichten, Jennifer und sie dauerhaft am Leben zu halten. Sie alterten und alterten."

Grade, als Lee eine noch Frage stellen wollte, kam von draußen ein ziemlicher Lärm. Es hörte sich so an, als wäre vor der Tür eine Horde wildgewordener Saurier unterwegs, die sich zweifellos vorgenommen hatten, hier alles niederzumachen.

Gucky schüttelte den Kopf und piepste: "Nie hat man seine Ruhe. Was ist das denn jetzt schon wieder?" Anschließend verschwand er. Billy McGuyer war als Erster an der Tür, dicht gefolgt von Bully und Lee. Vor der Tür stand ein riesiges, grinsendes Monstrum. Du meine Güte, ging es Lee durch den Kopf. Kohlrabenschwarz, bestimmt dreimeterfünfzig groß und zweimeterfünfzig breit. Drei Augen und Dauergrinsen. Die vier Arme hatte sie in ihrer Aufregung nicht bemerkt. Sie sah aber, dass langsam aber sicher immer mehr Menschen ankamen, um den Neuankömmling zu begutachten.

Auf der linken Schulter des Riesen saß Gucky. "Meine sehr verehrten Damen und Herren", begann er, "ich darf Ihnen einen weiteren Gast vorstellen. Begrüßen Sie mit mir zusammen unseren alten Freund Icho Tolot."

Der ungeschlachte Riese stand vor Billys Pub wie angewurzelt. Dann öffnete er seinen Mund und sagte etwas. Das hörte sich für die hiesigen Menschen so an, als würde der Große regelmäßig ein paar Felsbrocken frühstücken. Wahrscheinlich aber flüsterte er grade.

"Hallo meine Kleinen!" sagte er.

Gucky teleportierte von Tolots linker Schulter auf dessen rechten Fuß. "Ich warne euch vor. Das ist ein Haluter. Diese Kerle haben einen abstrusen Humor. Wenn man sie zum Lachen bringt, ist alles vorbei. Danach hört man mindestens fünf Tage nichts mehr!"

Aus dem Mund mit den Felsbrocken - Tönen kamen ein paar seltsame Geräusche. Lee sah noch, wie der Riese tief Luft holte, dann wurde sie von Bully ziemlich unsanft zur Seite geschoben. Der Terraner machte irgendwas mit seinem Chrono, dann atmete er auf.

"Glück gehabt. Jetzt kann er seinen Lachanfall kriegen. Ich habe ihn in ein Akustik - Feld gehüllt. Da kommt er erst wieder raus, wenn er sich beruhigt hat." Er blickte noch in Richtung des grinsenden Ilts. "Du Wahnsinniger!" giftet er Gucky an.

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Wo Scheer draufsteht, ist auch Scheer drin. Wie diesmal auch. Wir erfahren etwas über Feuerorgeln und die Kernschussweite der Transformgeschütze. Kapitel werden mit kurzem Militärsprech begonnen. KHS ist KHS und bleibt KHS. Und das ist auch gut so. Eine Konstante in der PR Geschichte mit so vielen Mitwirkenden.

Band 1465 ist nicht so stark wie sein letzter Roman. Aber wie ich da schon schrieb, ohne seine persönlichen Superhelden schreibt er besser und es macht richtig Spaß, seine Erzeugnisse zu lesen.

Es würde mich nur mal interessieren, ob ihm dieser Supermann - lose Weg damals schwer gefallen war. Nachdem ein paar hundert Bände vorher CC nicht so gut angekommen war, konnte man befürchten, dass er nach Tostans Abgang auch wieder gehen würde. Aber er ist geblieben. Das ehrt ihn in meiner Sicht.
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* = Nur für den Fall, dass jemand fragt, was es denn mit diesem Bier auf sich hat: Im Zeitpolizei - Threat steht die Erläuterung unter Band 362 . Man hatte Perry Rhodan 15 Pints von diesem Zeug anlässlich seines Debüts als Rugbyspieler über dem Kopf ausgegossen.
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von R.B. »

So. Wegen Urlaub ist hier eine Weile Pause.
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Andreas Möhn
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von Andreas Möhn »

R.B. hat geschrieben: 11. September 2023, 12:03 Es würde mich nur mal interessieren, ob ihm dieser Supermann - lose Weg damals schwer gefallen war.
Ich glaube schon. Denn kurz danach erfand KHS Tetch Wossonow, und auf der Frankfurter Buchmesse sagte er über diesen wörtlich: "Mit dem muss ich sehr vorsichtig sein" - damit er nicht genauso abgesäbelt würde wie Ratber Tostan, wenn er den Kopf zu sehr rausstreckte.
Die Sternenflotte bestätigt hiermit, dass im Rahmen der Erstellung dieses Beitrags kein Rothemd erschossen, erschlagen, verstrahlt, zerstückelt, gefressen, liquidiert, aufgelöst, transporterverunfallt noch in irgendeiner anderen Weise an Leib, Leben und/oder psychischer Gesundheit geschädigt wurde.
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von R.B. »

Band 1466 - Kontakt mit Unbekannt - ist von H.G. Ewers, erschienen am 26. September 1989
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Lee stand völlig fassungslos vor dem Haluter, der sich wieder beruhigt hatte. Im Hintergrund hörte sie mit einem halben Ohr den Disput zwischen Bully und Gucky. Der Kleine eröffnete dem Terraner grade, er hätte sie hätte sie ja wohl nicht mehr alle. Im Zweifelsfalle wäre er mit Icho drei Kilometer weit weg teleportiert, bevor der den Mund hätte öffnen können. Das ging noch eine Weile hin und her - das Übliche eben, dachte sie. Wie kann es denn möglich sein, dass man sich so lange kennt und dann immer noch angiftet, ging ihr durch den Kopf. Dann wandte sie sich wieder dem schwarzhäutigen Riesen zu und vergaß die beiden Streithähne.

Es ist doch eine Sache, zu wissen, wie Haluter beschaffen sind. Die andere Chose ist es, tatsächlich vor einem zu stehen. Sie war sich noch nie in ihrem Leben so winzig vorgekommen. Icho Tolot war mit seinen dreimeterfünfzig mehr als doppelt so groß wie sie. Über den Rest brauchen wir nicht zu reden. Als ob ein Felsbrocken vor mir steht.

"Was meinst du, wie der aus meiner Perspektive aussieht?" Gucky schien sich wieder beruhigt zu haben und stand auf einmal neben ihr. "Da wirkt der noch ein paar Nummern größer. Aber einen Ilt kann so einer nicht beeindrucken. Pass mal auf!"

Sie sah, wie Gucky sich konzentrierte und Icho Tolot langsam aber sicher vom Boden abhob. Er schwebte in die Höhe, nahm an Geschwindigkeit zu und drehte sich drei Mal um die eigene Achse. Dann setzte er sacht wieder an der gleichen Stelle wie zuvor auf. Lee merkte, dass Tolot seinen Mund öffnete, wenn man diesen Rachen denn Mund nenne kann, und gleich wieder schloss.

"Du darfst erst dann wieder reden, wenn du uns durch zunicken bestätigst, keinen erneuten Lachanfall zu kriegen. Die Leute brauchen ihre Ohren noch." Das war Gucky, der hier wohl telekinetisch wirkte.

Der Riese gluckste seltsam. Es hörte sich an, als würden sich zwei Felswände aneinander reiben und nach circa drei Minuten neigte der Haluter den Kopf. "Entschuldigt, meine Kleinen. Ich wollte euch nicht verletzten. Aber bei diesem winzigen Monster", er zeigte mit einem der beiden Arme, die ihm aus der Brust wuchsen, auf Gucky, "habe ich immer wieder Schwierigkeiten, ernst zu bleiben."

Lee hatte das Gefühl, dass Tolot grade flüsterte. Er braucht sicherlich keinen Lachanfall zu kriegen, um Gehörschäden zu verursachen. Selbst das Wispern eines solchen Giganten, wenn diese Laute denn überhaupt so nennen konnte, hörte sich in ihren Ohren an wie ein mittlerer Felseinsturz. Hatte sie nicht mal gelesen, dass das Flüstern eines Haluters nicht mehr als ein entferntes Donnergrollen sein sollte? Wer auch immer das geschrieben hat, stand wohl selber nie neben jemandem wie Icho Tolot. Sie ging jedenfalls davon aus, das es sich um Tolot handelte. Naja. Gewöhnungsbedürftig, aber ertragbar.

Und tatsächlich:
"Ich bin Icho Tolot und ich freue mich, euch kennenzulernen. Es ist mir eine Ehre, euer Gast auf Newengland sein zu dürfen. Und um eine für euch wichtige Frage zuerst zu beantworten: Außer diesen Dreien", er zeigte auf Gucky, Atlan und Bully, "hat niemand auch nur die geringste Ahnung, dass ich hier bin. Ich komme auch nicht von der RAS TSCHUBAI, ich bin mit meinen eigenen Schiff hier. Es steht circa sechzig Kilometer weit entfernt auf einer Lichtung."

"Hm." Das war Reginald Bull. "Das passt ja mal wieder wie angegossen. Wir reden hier über die Cantaro und grade jetzt kommt der Teil, in dem du, Tolotos deine verschwundenen Artgenossen sucht. Und prompt tauchst du hier auf." Er hob noch eine Augenbraue und meinte abschließend: "Faszinierend!"

Bevor Tolot darauf antworten konnte, schälte sich ein kleines Mädchen aus den Betrachtern heraus. Natürlich war Bills Pub komplett leer, einen echten Haluter sah man schließlich auf Newengland nicht alle Tage.

"Ich möchte mal auf deiner Schulter sitzen!" sagte die Kleine zu dem Riesen und sah dabei ihre zweifelnde Mutter an. "Keine Sorge", flüsterte Gucky der Frau zu, "er ist nicht so ungeschlacht, wie er aussieht. Ich verbürge mich für ihn." Die Mutter nickte und das Kind ging auf den Haluter zu.

"Ich bin Nancy und du darfst mich jetzt hochheben!"

"Hallo Nancy", flüsterte der Gigant, beugte sich vor, umfasste das Mädchen unendlich zartfühlend und setzte es auf seiner linken Schulter ab. Soviel Gefühl hätte ich ihm nicht zugetraut, ging es Lee beim Beobachten dieser Szene durch den Kopf. Man soll sich eben nie vom Äußeren täuschen lassen.

Zur Vorsicht hielt Gucky Nancy telekinetisch fest, sie saß also fest und sicher. Mit großen Augen und staunend geöffneten Mund sah sie von einer Höhe von mehr als drei Metern auf die Anderen herab. Dann drehte sie ihren Kopf in Richtung des halslosen Schädels Tolots und fragte: "Möchtest du mein Freund sein?"

Tolot setze die Kleine wieder ab und sah sie ernst an. "Es ist mir eine große Ehre, mein Kleines. Ja, ich möchte dein Freund sein." Er verneigte sich. "Wann immer du Hilfe, Unterstützung oder einen Rat brauchst, werde ich Zeit deines Lebens für dich da sein, wenn es im Rahmen meiner Macht liegt."

"Das hat er lange nicht mehr von sich gegeben", flüsterte Gucky Nancys Mutter zu - so, dass die Anderen nichts mitbekamen. "Deine Tochter ist ein ganz besonderes Glückskind. Ein Haluter sagt so etwas nicht einfach so daher. Für ihn ist das eine Verpflichtung ohnegleichen. Icho Tolot wird sie ihr Leben lang begleiten. Eine größere Ehre können diese Einzelgänger niemandem zukommen lassen."

Die Mutter nahm ihr von einem zum anderen Ohr strahlendes Kind wieder in Empfang und ließ sich von dem soeben erlebten Abenteuer berichten. Der Haluter kam danach vorsichtig auf die beiden zu. Lee sah, wie alle anderen Zaungäste vorsichtshalber zwei bis drei Meter zurückgingen. Friedliche Haluter tun ja keinem was, das war bekannt, aber man wusste ja nie. Vorsicht war eben die Mutter der Porzellankiste.

"Nimm das, mein Kleines und lege es an", sagte er zu dem Mädchen und gab ihr ein Chrono - ähnliches Gerät. "Es wird mit dir zusammen wachsen und so immer passen. Du kannst die Farbe verändern, wie du möchtest und vor allem kannst du Kontakt zu mir aufnehmen. Denk daran, ich bin für dich da."

Völlig fassungslose Kneipenbesucher sahen sich das Spiel an und wussten nicht mehr so ganz, ob das hier Realität war oder ob Billy ihnen etwas ins Bier geschüttet hatte. Zuzutrauen wäre es ihm ja. Aber das hier sah echt aus. Man beschloss wortlos, sich darauf noch ein Bier zu gönnen. Oder auch zwei. Schließlich musste das ja alles verarbeitet werden.

Draußen blieben neben Icho Tolot Lee, John, Gucky, Bully und Atlan. Man beschloss, sich zu der Lichtung zu verziehen.

"Der Einfachheit halber, mein riesengroßer Freund", sagte Gucky, "fängst du einfach zu erzählen an. Wie du damals in der Cantaro -Zeit auf der Suche nach deinem Volk warst."

Tolot setzte sich und wirkte auf Lee immer noch wie ein Felsbrocken. "Du wirst dich an ihn gewöhnen, keine Sorge" flüsterte Gucky ihr ins Ohr. "Irgendwann nimmst du seine Größe nichts mehr so richtig war." Lee bezweifelte das. Sie blickte nach oben und sah, dass der Haluter sich auf seinen Part vorbereitete.
Spoiler:
Icho Tolot erzählt die Geschichte von dem Kontrakt mit Unbekannt:

Wir waren zu Dritt. Oder nein, eigentlich zu Viert. Da waren neben mir Sokratos, also Domo Sokrat, mein Artgenosse und Gefährte, dann Pantalon, ein Posbi, der sie nicht mehr alle auf der Reihe hatte und Taravatos, mein Syntron. Warum der einen Eigennamen hatte?

Gucky würde jetzt sagen, dass er noch nie einen so eingebildeten Blechkasten wie den gesehen hätte. Mein Rechner war ein wenig, sagen wir mal, eigen. Er brachte es fertig, mit dir längere Zeit über den Sinn und Unsinn von Anweisungen zu diskutieren und konnte stur wie nur sonstwas sein. So zum Beispiel, als wir die fünf Torpedos orteten, die in vier Lichtsekunden an uns vorbeizogen. Sie waren nicht für uns bestimmt und stammten mit Sicherheit aus einem Krieg, der längst vorbei, vergeben und vergessen war. Aber sie waren noch voll funktionsfähig, flogen immer weiter und hätten somit wann und wo auch immer später Wesen gefährlich werden können. Übermorgen oder in fünfhundert Jahren. Sie bestanden nun mal aus Tod und Verderben und gehörten vernichtet.

Prompt sagte mein Syntron, dass er nur noch die Hecktriebwerke treffen könne, weil die Torpedos schon vorbei wären. Als ich dem Rechner erklärte, er sei sowieso nur ein Gehirnsurrogat und solle meinen Befehl ausführen, fühlte sich Pantalon verpflichtet, mir zu erklären, dass Taravatos kein richtiges Gehirn habe. Im Gegensatz zu ihm, dem Posbi, habe der Syntron keinen Plasmazusatz, funktioniere nur mit Algorithmen und könne daher im Gegensatz zu ihm nicht wirklich denken.

Hierzu müsst ihr wissen, dass Haluter Einzelgänger sind. Es ist schon schwer genug, zu Zweit in einem relativ kleinen Schiff wie der HALUTA nebenher leben zu müssen. Aber ein überkandidelter Syntron und ein halb verrückter Posbi brachten Sokratos und mich ständig an unsere psychischen Grenzen. Im Nachhinein haben wir uns beide gewundert, dass während unserer Reise alles heil geblieben war. Ein Drangwäsche in einem 120 Meter Schiff. Wir standen einige Malre kurz davor.

Wann wir am Ziel ankommen würden, wussten wir nicht. Wir waren auf der Suche nach unseren verschollenen oder verschwundenen Artgenossen. Irgendwo mussten einhunderttausend Haluter geblieben sein und wir waren nach unseren bisherigen Forschungen davon überzeugt, sie hier irgendwo in Andromeda zu finden. Sie auf normalem Wege zu entdecken, war so gut wie unmöglich. In dem kompletten Jahr, das wir inzwischen unterwegs waren, hatte sich auf jeden Fall nichts getan. Also brauchte es unkonventionelle Methoden und da kamen uns die Torpedos grade Recht. Taravatos sollte neben der Vernichtung das Alter der Dinger feststellen und dabei auch die Richtung, aus der sie gekommen waren.

Nach etlichem Hin und Her erfuhren wir, dass die Waffen 637 Jahre alt wären und wahrscheinlich kurz nach der Herstellung abgeschossen worden waren. Ohne zu wissen, ob unsere Entscheidung etwas bringen würde, flogen wir zu deren Ausgangspunkt. Selbst wenn wir nichts über unsere Haluter erfahren würden, lernten wir vielleicht eine Lektion über die Geschichte von Andromeda seit dem Großen Chaos. Und das würde uns vielleicht zu einem weiteren Ort leiten, an dem wir mehr erfahren konnten.

Am Ziel angekommen, orteten wir eine Raumstation mit dem Aussehen eines menschlichen Totenschädels. Es war keine Frage, dass wir uns dort näher umschauen wollten. Das Ergebnis war allerdings auch hier ein Kontakt zu einer mit Psychosen belasteten Hyperinpotronik. Nebenbei: Wenn ich mit euch unbekannten Fachbegriffen ankomme, meldet ihr euch, ja?

Nun, der Stationsrechner informierte sich über Hyperfunk über die aktuelle Geschichte Andromedas und erhielt so Kenntnisse über wertvolle Frachten in ihrer Nähe. In Simulationen überfiel sie diese Transporter dann. Das hatte sie so raffiniert angestellt, dass es sogar Sokratos und mir anfangs schwerfiel, Realität und Fake zu unterscheiden.

Wie dem auch gewesen sein mag, die Sache hatte ein Gutes: Wir erfuhren von einer Freihandelswelt namens Zeqqu. Wenn wir wo auch immer etwas erfahren sollten, meinte die halbverrückte Hyperinpotronik, dann dort.

Zeqqu war eine Welt, wie man sich eine Freihandelswelt vorstellt: Börsen und Märkte jeder Art. Neben Waren wurde auch mit Informationen gehandelt und letzteres war natürlich für uns von erheblichem Interesse. Wir schafften die Kontaktaufnahme zu einem dieser Händler, der uns für eine riesige Geldsumme entsprechendes Wissen übermitteln wollte. Wir betätigten uns als eine Art Wahrsager, die Details hierzu würden zu weit führen. Ein örtlicher smaragdgrüner Monolith und Howalgonium spielten dabei eine unterstützende Rolle und wir erhielten letztlich von einer zwielichtigen Figur einen Datensatz, der uns ans Ziel bringen sollte.

Kurz vor unserem Abflug entpuppte sich der zwielichtige Händler als ein alter Bekannter: Niemand Geringeres als der legendäre Sotho Tal Ker alias Stalker alias Captain Ahab verbarg sich hinter ihm. So hatten wir keine Sorge mehr, betrogen worden zu sein. Am Ziel wurden wir in der Wahlheimat unseres Volkes willkommen geheißen. Wir hatten sie gefunden. Unsere Suche war beendet.
Lee stand auf und verneigte sich vor dem Haluter.

"Als Gucky mit der ganzen Geschichte anfing, hätte ich nie damit gerechnet, so viele hochwertige Erzähler hören zu dürfen. Icho Tolot, es ist uns eine überaus große Freude, Sie hier zu erleben und Ihnen zuhören zu dürfen. Aber sagen Sie mir bitte eines: Woher wissen Sie von uns?"

Sie hörte, wir Tolot leise in sich hineinlachte. Was ein Haluter so leise nennt, dachte sie. Aber Gucky hatte Recht: Es wurde schon erträglicher.

"Baringhamos", begann der Gigant und ehrte Lee mit der Freundesanrede der Haluter. "Sie können es nicht wissen. Die Position von Newengland ist Halut seit rund zweitausendfünfhundert Jahren bekannt."

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Nigeter, Schtrappen, Kolchzen und Mikden. Nie gehört? Gut, Dann bin ich nicht so alleine mit meiner Meinung. Aber in einem Roman von H. G. Ewers muss man mit dergleichen rechnen. Komplette Zyklen auf 60 Seiten, Beschreibungen von fremden Galaxien samt zugehöriger glubschäugiger Bewohner in einem einzigen Nebensatz kann nicht jeder. Diesmal waren es nur ein paar Namen. Aber so wie Scheer Scheer blieb, war ein Ewers eben ein Ewers.

Mit meiner üblichen Ewert - Skepsis an den Roman herangegangen wurde ich zu Beginn eines Besseren belehrt. Ewert spielte gut mit dem schrägen Posbi und dem leicht überkandidelten Syntron und deren Dispute mit Tolot. Die Geschichte las sich locker und flockig und weil wir nun mal einen durchgeknallten Rechner dabei hatten, erwies sich die nachfolgende Hyperinpotronik auch als ziemlich daneben. Gut, wir waren ja einmal beim Thema...

Das ist einer der Romane, bei dem ich gerne mal wüsste, was im Exposé vorgegeben war und was Ewer'sche Erfindung war. Immerhin waren die Vorgaben wohl dergestalt, dass die so manches Mal erlebten Ausflüge ins Universum nicht möglich waren.

Natürlich gibt es an dem Roman etwas auszusetzen: Domo Sokrat war gefühlt nichts anderes als ein - wie soll ich das beschreiben - dummer Junge, der zu gehorchen hatte. Immer wieder wusste Tolot alles besser als sein Artgenosse. Partnerschaft geht anders. Sicherlich hatte ein Icho Tolot mehr Erfahrung, auch in Band 1466 schon. Aber immerhin war Sokrat, als er Atlan im Tiefenland kennenlernte, schon 500 Jahre alt. Und ein paar Jahre kamen ja noch bis zur aktuellen Handlungszeit dazu.

Ein leicht lesbarer Roman mit Fehlern. Vielleicht ein zu leicht lesbarer Roman. Aber die Handlung ist einen guten Schritt weitergekommen. Jetzt ist es interessant zu wissen, was die Riesen in den letzten paar hundert Jahren erlebt haben. Damals war ich der Meinung, dass mit den Posbis noch das eine oder andere geklärt werden müsste, um danach ein paar Fäden zusammenzuführen und nachfolgend kommt der große Hammer. Lassen wir uns mal überraschen.
Bleck vun dä Schäl Sick op unsere schöne Dom: Sankt Peter und Maria mit Hohenzollernbrücke
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nanograinger
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Re: Klassiker - Cantaro

Beitrag von nanograinger »

R.B. hat geschrieben: 2. Oktober 2023, 17:02 Band 1466 - Kontakt mit Unbekannt - ist von H.G. Ewers, erschienen am 26. September 1989
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Damals war ich der Meinung, dass mit den Posbis noch das eine oder andere geklärt werden müsste, um danach ein paar Fäden zusammenzuführen und nachfolgend kommt der große Hammer. Lassen wir uns mal überraschen.
Das Wiederfinden der Posbis und der Haluter ist natürlich wichtig, und sie steuern ein bedeutendes Element bei. Noch wichtiger ist aber die dritte Partie, die sich in den beiden Folgeromanen outet. Und das fand ich dann durchaus eine große Überraschung.
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