]Ende Juli 447 NGZ, Raumzeitfalte Tabora
Bungalow von Atlan und Cyriell am Waikiki-Strand
Ich blickte auf das Gewirr der Stränge des Psionischen Netzes. Dabei handelte es sich um Bahnen aus grünem Licht, die sich in Geraden und in Kurven durch die Tiefen des Psi-Raumes, eines hochfrequenten Bereichs des Hyperraums zogen. Dann andere Stränge, die nicht grün, sondern nur blass weiß leuchteten. Diese Normstränge bildeten weit die Mehrzahl dieser Kanäle aus psionischer Energie.
Sie bildeten Wege, Pfade und Straßen für die Netzgänger und Ewigen Krieger mit ihren Energiepsi-Raumschiffen. Mitunter überschnitten sich diese Bahnen und es gab Knotenpunkte, in denen sich mehrere Stränge schnitten. An den wichtigsten dieser Knoten hatten die Gänger des Netzes Informationssysteme eingerichtet, aus denen jedes Mitglied der Organisation sich mit Daten versehen konnte. Dann sah ich wie das Gewirr aus grün leuchtenden und blass erscheinenden Strängen, zu flackern begann.
(Infos entnommen aus PR 1356)
„Atlan, wach auf!“, hörte ich eine Stimme und erwachte. Verwirrt blickte ich in das wunderschöne immer noch jugendliche Gesicht von Cyriell da Ghirmo-Zoltral, die ich 2430 n.C. kennen lernte und 2445 im Auftrage des Ordens des Lichts für den OdL anwarb. Seither war sie meine Begleiterin. Jenes Atlan, der aus dem Jahr 1290 NGZ (4877 n.C) auf dem Planeten Traversan durch eine Zeitmaschine der MdI ins Jahr 5772 v.C. in die Vergangenheit des Planeten geschickt wurde.
(
https://www.perrypedia.proc.org/wiki/Traversan_(Zyklus)
Im obig genannten Zeitraum gab es demgemäß zwei Atlans, den Traversan-Atlan, also mich den Zeitreisenden Atlan II und den jüngeren Atlan, der zurzeit in der Mächtigkeitsballung der Superintelligenz ESTARTU etwa vierzig Millionen Lichtjahre entfernt in seiner Eigenschaft als ‚Gänger des Netzes’ agierte.
„Cyriell!“ sagte ich erleichtert. „Ich bin noch verwirrt. Erkläre mir mal was eigentlich los ist?“
Meine Geliebte blickte mich seltsam und besorgt an, wie ich etwas hilflos im Bett lag.
„Du bist schreiend mitten in der Nacht erwacht und hast wohl noch in einem Zustand vergleichbar mit einer Art von Schlaftrunkenheit, aus deiner Vergangenheit sehr plastisch erzählt. Es gelang mir gerade noch den Servo zu veranlassen, deinen Bericht aufzuzeichnen. Zuerst berichteste du aus dem Jahr 2127 nach Christus, als du auf dem Planeten Azgora notgelandet bist. Dann, als du ein Henket in der ersten Stadt jener planetaren Zivilisation getrunken hast, berichteste du aus deiner Vergangenheit auf Terra, als du deren Wächter und bereits ein Paladin des Lichts warst. Du agiertest zuerst in Athen, dann in Heliopolis im Jahre 435 B.C. Auch von deinem Enkel dem OdL-Paladin Mascaren Jason da Gonozal-Acharnai hast du berichtet, den ich zwischen unseren OdL- Missionen auf der Tabora kennen lernte.
In Heliopolis hast du die Erzählung unterbrochen. Erinnerst du dich wieder daran?“
Meine Verwirrung legte sich langsam. „Ja, der Erzählzwang kann mich jederzeit wieder weiterberichten lassen. Übrigens bricht jetzt im Kosmonukletoid DORIFER die Erhöhung der Psi-Konstante zusammen. Das bedeutet, ich bin nicht länger ein Netzgänger, weil die Präferenzstränge nicht mehr das Netzgehen von Wesen wie uns ermöglicht. Gleichzeitig ist der Bann der Kosmokraten aufgehoben. Ich kann wieder in die Lokale Gruppe, also der MB von ES zurückkehren. Mein Exil auf der Tabora als Ersatzheimat ist vorbei. Ich könnte wieder in den Stützpunkt im Tafelberg auf Traversan zurückkehren.“
„Das mag stimmen“, meinte Cyriell, „Aber du bist immer noch ein Paladin des Lichts und wirst wie in den letzten 1600 Jahren Missionen zusammen mit mir für den OdL erfüllen. Oder?“ fragte sie hoffnungsvoll und gleichzeitig bangend.
Auf der Tabora existierte zudem eine terminale Zone, in der die Zeit im Vergleich zum Standardraum einhundertmal langsamer als dort verging. So konnten gewaltige Zeiträume von Medjay wie Cyriell ohne Zellaktivator überbrückt werden. Allerdings erhielt sie regelmäßig Zellduschen. Zellaktivatoren standen nur Auserwählten wie meinem Enkel Mascaren-Jason zur Verfügung.
„Sicherlich, wie bisher auch. Wir hatten zusammen Dutzende Missionen. Aber es bedeutet eine Art von Heimkehr und Sicherheit, wenn für mich die Galaxien der Lokalen Gruppe wieder zugänglich sind und du und ich nicht außerhalb der MB von ES Missionen für den OdL durchführen müssen.“
Nach diesem Dialog war mir zum Aufstehen zumute. Was ich auch tat. Rasch griff ich eine Badehose und schlüpfte hinein, während Cyriell sich einen knappen Bikini holte und anlegte. Am Vorbeigehen tastete ich aus dem Getränkeautomaten einen Cappucino, während sich Cyriell einen Kamana nahm. Mit den großen Bechern des dampfenden und duftenden köstlichen Inhalts in der Hand, begaben wir uns über die Terrasse zum Strandanteil unseres einstöckigen allerdings umfangreichen Bungalows. Die meisten Mitarbeiter, Agenten und Hierarchisten des Ordens im Bereich des Kosmonukleotid DORIFER, dessen Hauptquartier die Tabora war, siedelten am Waikiki-Strand. Zumindest die Humanoiden.
Die Raumzeitfalte Tabora beinhaltete ein kleinkontinentgroßes Stück Standard-Raumzeit. Diese Landschaft war größer als seinerzeits die Insel Atlantis. Der Kleinkontinent besaß einen winzigen Meeresanteil und war in diverse Zeitzonen eingeteilt. Jener Teil der ‚Insel’, welcher von den Mitgliedern des Ordens für Wohnzwecke genutzt wurde, besaß ein terminales Feld, welches parallel zum normalen Zeitablauf des Standarduniversum verlief. Der riesige Waikiki-Strand mit Südseeflair war gewissermaßen das ‚Sahnehäubchen’ zum Wohnen.
Wir schauten das leicht wellende blaue Meer, die im schwachen Wind rauschenden Palmen am Strand, die Markise mit den beiden Liegestühlen darunter und den umherschwebenden Servo an, während wir zufrieden unseren Kaffee oder Kamana schlürften.
Bevor wir uns in das Wasser stürzen konnten, kehrte jenes Gefühl zurück, dass ich zu hassen gelernt hatte.
„Oh, Verzeihung, Cyrill, der Erzählzwang kehrt zurück. Bleibe bitte bei mir und zeichne den Bericht weiter auf.“
„Das tue ich Geliebter. Aber jetzt lege dich wieder hin.“
Ich legte mich gehorsam in den Liegestuhl unter der Markise und erzählte weiter, nachdem Cyriell dem Servo gewunken hatte meinen Bericht aufzuzeichnen…