idaho hat geschrieben:Dass eine Spannungsserie auf Dauer von Konflikten lebt, ist wohl unbestritten. Aber ist so eine Mini-Serie nicht genau so ein in sich abgeschlossener Erzählrahmen, wo man auch mal was anderes ausprobieren kann? Wo das "auf Dauer" eben kurzzeitig außer Kraft gesetzt werden kann? Das klappt ja auch bei einzelnen Romanheften, siehe Clark Darlton.
Zunächst mal: Auch die Miniserien müssen sich marktwirtschaftlich rechnen. Also wird sich kein Exposéautor hinsetzen und "mal zum Ausprobieren" eine Geschichte konzipieren, an deren Erfolg er nicht glaubt.
Des weiteren: Wir nutzen Mission SOL schon, um "was Anderes" auszuprobieren: Nämlich eine komplett durchgängige Dramaturgie, in der die Miniserie nicht als zwölf Einzelromane, sondern als durchgängiger Zwölfteiler funktioniert. Genau deshalb schauen wir bei Mahlia so genau hin, wie die Charakterentwicklung sein muss – weil wir die komplette Serie durchgängig nur zwei Perspektivfiguren haben, nämlich Rhodan und Mahlia. (Kellinds Perspektive in Band 3 ist kein Widerspruch dazu, der Band gibt im Grunde Rhodans Wahrnehmung wieder, während er Kellinds Tagebücher anhört.) Die Leser bekommen eben nicht zwölf Einzelromane (obwohl jedes Heft auch in sich geschlossen funktionieren soll), sondern zwölf Abschnitte eines langen, großen Romans.
Das ist mir als Experiment erst mal anspruchsvoll genug, denn dieses Konzept schließt auch eine ganze Menge Erzählmöglichkeiten einfach aus. Insbesondere kann man nicht in die Perspektive des Gegenspielers blenden und muss Spannung erzeugen ohne das Mittel "Der Leser weiß, dass die Helden in Gefahr sind – die Helden wissen es aber noch nicht." Und das über zwölf Bände hinweg. Das ist alles andere als trivial. (Und wahrscheinlich mit schuld daran, dass Perry sich ein paar Mal zu häufig in Feindeshand wiederfindet. Wie gesagt, das Ganze ist ein Experiment, und auch ich lerne dabei.)
Das etwas auf Einzelheftebene funktioniert, ist kein Argument, dass es auf Reihenebene funktioniert. Und wenn ich ein Gesamtkonzept für die Serie habe, lasse ich mir das nicht von einem Einzelheft zerhauen.
Eine Friede-Freude-Eierkuchen-Truppe wäre auch in einer Miniserie möglich, aber dann muss der Konflikt aus anderer Quelle kommen – durch einen klaren Antagonisten. Das ist dann halt ein völlig anderes Konzept. Ich fand den Ansatz "Die Helden tappen im Dunkeln und müssen erst mal herausfinden, was überhaupt gespielt wird" spannender. Das wiederum funktioniert nicht, wenn ich schon früh verraten muss, wer der Gegner ist und was er vorhat, weil ich ohne Zoff mit diesem Gegner keine Spannung habe.
idaho hat geschrieben:Warum die von mir angesprochenen "Wunscheigenschaften" nur bei den Big Playern funktioneren sollen, verstehe ich allerdings nicht. Sind die deiner Meinung nach schon so weit von den "Normalos" weg, dass ihre und deren Interessein nicht unter einen Hut zu bringen sind? Ich würd' dann als Gegenbeispiel die von uns beiden sehr geschätzte Doctor Who Serie anführen wollen, wo es öfter mal gelingt, auch - nicht immer, aber eben manchmal doch - ohne diese teaminternen Konflikte auszukommen, ohne jedoch die Hierarchie zu "opfern" oder Nebenfiguren zu oberflächlichen Sidekicks zu machen. OK, das Spiel beginnt mit jeden Doctor neu und ist daher nicht 1-1 übertragbar.
Missverständnis. Die Big Five sind einfach so erfahren und ausdefiniert, dass man ihnen einen internen Streit einfach nicht abkaufen würde. Jeder Versuch, da einen echten Konflikt zu konstruieren, wirkt eben genau das: konstruiert. Dadurch verblassen aber Bull und Atlan bspw. plötzlich, wenn sie mit Perry unterwegs sind. Beide Figuren funktionieren viel besser, wenn sie alleine unterwegs sind.
Und Doctor Who, mit Verlaub, ist eher ein Beispiel für meine Argumentation, denn die Companions sind letztlich eben doch Sidekicks ohne größere Charaktertiefe im Sinne einer Entwicklung. Außerdem episodenhaft angelegt, sodass quasi jede Folge oder Doppelfolge mehr oder minder ein Reset stattfindet.
Rose Tyler: heldet am Ende von Staffel 2 genauso herum wie am Anfang von Staffel 1.
Martha Jones: Sie hatte eine Entwicklung, aber dabei wächst eben auch der Konflikt mit dem Doktor, bis sie schließlich nicht mehr mit ihm reisen kann.
Donna Noble: ohnehin streitbar angelegt.
Die Ponds: Amy ist eine zweite Rose, aber es gibt ständig Konflikte zwischen Rory und Amy oder Rory und dem Doktor.
Clara und Bill: So sehr ich die beiden Schauspielerinnen schätze, ihre Rollen waren wirklich oberflächlich. Bei Clara wurde zwischendurch versucht, einen "Normales Leben–Reisen mit dem Doktor"-Konflikt zu inszenieren. Das hat auf mich aber immer nur gewollt und nie überzeugend gewirkt.