Van Rafla war jetzt endlich alleine. Eben noch hatte er die Visite eines Arztes brüsk abgelehnt. Mit welcher Arroganz dieser Dr. Airysch ihn habe untersuchen wollen und er das dann strikt und vehement abgelehnte.
Van Rafla war empört und wütend auf die Terraner. Besonderes zornig war er auf diese kleine Para-Zecke Gucky. Er wünschte, sie zerquetschen zu können.
Dieses Vieh beleidigte ihn, machte gar einen unverschämten Witz auf seine Kosten. Wie erbärmlich!
Ihnen sollte das Lachen vergehen, denn er würde es ihnen heimzahlen.
„Ich will Vergeltung!“
Pirsma van Rafla schrie in das leere Zimmer.
„Ich mache euch kaputt.“
Er schäumte vor Wut. Nur gut, dass niemand von seiner heimlichen Gabe wusste.
Phäterom mochte den mutierten Tamposer eigentlich. Der war in den mit der Zeit zu einem beinahe perfekten Arbeitspartner geworden. Zwar konnte dieser sich nicht wie die meisten seiner Artgenossen unsichtbar machen, nicht vergläsern, wie es in der Umgangssprache der Tamoser hieß. Dafür hatte er eine andere Parafähigkeit entwickelt. Pirsma nannte sich selbst einen Hirntauscher. Das war für Phäterom ein vertrauter Bereich, kam es doch dem eigenen Potential sehr nahe.
Allerdings vertrugen sich die unterschiedlichen Anlagen nicht wirklich. So kam es immer wieder auf beiden Seiten zu erratischen Aussetzern. Das könnte bei der Auseinandersetzung mit den Terranern zu einem Problem werde.
Phäterom würde acht geben müssen auf Pirsma und van Rafla, und noch mehr auf sich selbst.
Pirsma van Rafla wollte seine Gabe nun an den Terranern ausprobieren. Ungezielt griff er spontan auf ein Gehirn.
Coltogum L.Ogan, Chef der Energieversorgung, war just in diesem Moment auf dem Weg in den Kontrollraum, wo er die Leistung der Meiler abfragen wollte. Ein Routinevorgang.
Nun saß er vor dem Infodisplay und fragte sich, was zu tun sei.
„Verdammt, ich weiß nicht mehr, wie die Dinger funktionieren.“, murmelte der Mann, der aussah wie der Ingenieur Ogan. Der körperlich auch Organ war. „Ich falle auf. Rückzug.“
Coltogum L.Ogan fand sich in einer für ihn fremden Umgebung wieder. Er kannte das Zimmer nicht. Seine Wahrnehmung schien ihm auch vollkommen verzerrt. Das war auch nicht sein Körper.
„Hilfe!“, schrie er voller Panik mit einer Stimme, die auch nicht die seine war. Er hatte außerordentliche Schwierigkeiten sich zu artikulieren.
Er schrie und schrie und schrie.
Auf dem Überwachungsschirm erschien sofort das Gesicht von Major Verso Honadri.
„Was ist?“
„Verso, ich bin Coltogum ...“
„Van Rafla?“ fragte der Chef des internen Wach- und Sicherheitsdienstes verwirrt.
„Nein, Laurel, ich … bin ... Laurel, ich…,“ er hielt kurz inne, „... bin Pirsma van Rafla.“, sagt Pirsma van Rafla.
Ginkgo Rachida bemerkte das Zögern und die Unsicherheit seines Vorgesetzten. „Alles okay, Coltogum?“
„Nichts ist okay, Ginkgo. Da war ein Unbekannter in meinem Kopf und ich selber war in einem fremden Körper.“
Ginkgo Rachida löste internen Alarm aus.
Major Verso Honadri hatte zeitgleich die Interne in stumme Alarmbereitschaft versetzt.
*
Der 50 Zentimeter lange Zylinder, der in zwei Kugeln von 25 Zentimeter Durchmesser endete, lag an prominenter Stelle auf dem Tisch. Eine Deckenleuchte fokussierte das Licht auf das Objekt.
„Dafür schickten wir das Außeneinsatzteam nach Tampos?“, stellte Rhodan zweifelnd fest. „Ist das nun wirklich wahr?“
„Und wie funktioniert die Waffe?“, wollte Roi Danton wissen.
„Wenn es eine Waffe sein sollte, ist sie besser zu sichern!“, empfahl Oberst Elas Korom-Khan.
„Wenn, ganz richtig, wenn ...“,machte Alaska Seadelaere.
„Bisher liegen nur theoretische Daten-Sätze von Quinto-Center vor.“, gab Atlan bekannt. „Unsere Spezialisten sprechen von einer auf organische Materie zugreifendes Kampfgerät.“
„Eine theoretische Waffe also?“ Roi Danton grinste.
„Ich gebe zu, wir haben zur Zeit keine verlässlichen Daten. Und auch kein Waringer Team an Bord, was die Untersuchungen beschleunigen könnte.“, gab Rhodan zu. „Aber Entschuldigung, ich wollte niemanden herabsetzen. Was glauben Sie, Professor Ahaspere, worum handelt es sich hier.“
Der korpulente Wissenschaftler wuchtete seinen Körper aus dem Sessel und betrachtete das Objekt von oben herab.
„Wir sind nicht hier um Glaubensfragen zu klären, Rhodan.“, brummte der Chefphysiker der MARCO POLO. „Die Waffe, falls es eine sein sollte, ist für organische Materie wahrscheinlich so gefährlich, wie eine Zitruspresse der Zitrone gefährlich sein kann. Voraussetzung ist allerdings, dass man mit der Handhabe einer solchen vertraut ist.“
Roi Danton lachte schallend. „Genau so gut kann die Hantel ein Sportgerät sein.“
„Unsere beiden tamposischen Gäste helfen uns dabei auch nicht weiter. Pirsma van Rafla sieht in uns den Feind und verweigert die Kommunikation. Kall van Schurr betätigt nur, dass es sich um ein Waffe handeln soll.“ Rhodan wirkte unzufrieden. „Wir kommen so nicht weiter.“
Der Kommandant der MARCO POLO schien einen Moment durch ein hereinkommende Meldung abgelenkt zu werden, als Alaska Seadelaere nach dem hantelförmigen Gegenstand griff. Der Gewebeklumpen unter seiner Maske leuchtete unauffällig mild.
„Dr. Cavaldi, sind sie bitte so freundlich und wiederholen in dieser Gruppe, was Sie mir erzählt haben.“, bat der ehemalige Techniker und Sol-Ab-Agent den Leitenden Ingenieur der MARCO POLO.
„Man mag es auch für eine Spekulation halten, “ sagte Cavaldi bestimmend, „ ich meine Spuren von hochentwickelter Technik in dem Gerät gemessen zu haben., und zwar Cappin-Technik.“
Normalerweise wäre diese Information eingeschlagen wie eine Bombe, aber Oberst Elas Korom-Khan toppte das:
„Ende der Besprechung. Zweifacher Eindringlingsalarm wurde ausgelöst.“
Somit mussten die Offiziere auf ihre Einsatzposten und die Gruppe um Perry Rhodan begab sich wie auch der Kommandant in die Zentrale.
*
Pirsma van Rafla versucht keine Furcht zu zeigen, als sich dieses riesenhafte Monster vor ihm platzierte. Bis auf eine Art Schurz um den Körper war das Wesen nackt. Der Körper des zweimeterzwanzig großen Giganten war vollständig mit dichtem braunschwarzen Haar bedeckt. Ausgenommen das wenig menschenähnliche Gesicht, was sich ihn nun zuwandte:
„Ich weiß, du hast ganz erbärmliche Angst vor mir. Ich kann das riechen!“, dröhnte das Wesen, das sich ihm als Lord Zwiebus vorgestellt hatte. Und das mit dem Angst riechen glaubte er dem Monster sofort. „Aber du hast nicht nur vor mir Angst. Angst ist dein ständiger Begleiter. Du fürchtest dich sogar vor dir selbst.“
Woher wusste das Monster das alles. Denn es stimmte ja. Angst galt für ihn schon immer als wunderbarer Antrieb im Leben. Er durfte sie nur niemandem zeigen, die Angst. Und er war enorm reich an Angst.
Pirsma van Rafla spürte zudem, das ihn etwas, und sei es nur ein noch so kleiner Teil, mit diesem Lord Zwiebus verband. Da schwang etwas unterschwellig mit. Sie waren miteinander verwand, da war er sich sicher. Zugeben durfte er das allerdings nicht. Es könnte sich ja noch als Trumpf erweisen. Und Pirsma van Rafla fürchtet diesen Trumpf zu verlieren.
„Du willst also nicht mit mir reden. Schade!“ Lord Zwiebus machte ein gutturales Geräusch. „Echt schade. Denn eigentlich möchtest du reden dürfen. Dich mit mir unterhalten. Dich mit mir unbedingt austauschen. Habe ich nicht recht? Na, siehst du!“
Lord Zwiebus bleckte die Lippen und zeigte dabei zwei Reihen kräftiger und gelblicher Zähne.
„Wirklich bedauerlich. Aber gut, genug geschwätzt.“
Der Gigant erhob sich vom Hocker und wuchtete seinen überbreiten, muskulösen Körper in Richtung der nun auf geleitenden Tür. Dort blieb er stehen und blickte ihn über die Schulter lange an. „Schade, Bruder.“ Dann stapfte er hinaus.
Pirsma van Rafla war wieder allein … allein und angstvoll und wütend.
Wütend weil er Fehler machte. Er hätte sich doch denken können, das sich dieser Olgan auch in seinem Körper bemerkbar machen würde. Das hätte die bisher geheimgehaltene Gabe verraten können. Van Rafla war ein Gehirntauscher. Er teleportierte ein Teil seines Gehirns in das der Zielperson. Etwas Hirngewebe der Zielperson transmittiert im selben Moment dann zurück in den Tamposer-Köper. Bei diesem Prozess wechselten auch beide Bewusstseine die Körper. Er hatte den Vorgang zu wenig vorbereitet und überdacht. Da sollte nun anders werden. Wo andere Tamposer sich vergläsern konnte, war er auch seltsamer Weise in der Lage, zu versteinern. Er blieb dann als lebloser Gesteinsklumpen zurück. Und das so in van Raflas Körper gewechselte Bewusstsein wurde somit nahezu empfindungs- und handlungsunfähig. Früher, in einem anderen Leben war das anders gewesen. Da wartete dann ein lebendige Biomasse auf ihn, auf seine Rückkehr. Das war schon lange her. Aber schon ebenso lange war es ihm, nach Hause kommen zu dürfen.
Jetzt war Pirsma van Rafla gerade extrem ängstlich und verwirrt. War er sonst, wie alle Tamposer vom Charakter her eher zahm, also furcht- und aggressionslos, so geriet er unter außergewöhnlichen Bedingungen, wie in dieser Situation, bald in den Zustand der unkontrollierten Wildheit. Und Phäterom blieb diesem dann mit ausgeliefert.
Trotzdem ging Pirsma nun tamposisch mit Bedacht vor. Er suchte ein Zielperson, wurde nahezu von ihr angezogen. Er verfestigte seinen Eigenkörper. Und wie wunderbar, das Ziel war ein Quelle von Parakraft. Und er war auch ein Fremder, nicht von hier. Und stammte ebenso wie er aus einer anderen Zeit. Gewebeteleportation.
Oh nein, durch seine neuen Augen sah er Lord Zwiebus vor sich. Und dieser sah ihn alarmiert an.
„Alles in Ordnung mit dir, Merkosh. In deinem Kopf, dein Gehirn, es verfärbt sich.“
Lord Zwiebus handelte augenblicklich. Er griff seine Keule, die zur Waffe und zum hochmodernen Kommunikationsinstrument umgebaut war, gab damit Alarm und paralysierte den Oproner.
„Du bist nicht mein Freund Merkosh, du bist Pirsma van Rafla!“, knurrte der Instinktwächter.
Aber das bekam Pirsma van Rafla schon nicht mehr mit. Gepeitscht vor Angst revitalisierte er wieder seinen Eigenkörper und schickte Merkosh somit unversehrt zurück. Allerdings in einen paralysierten Körper. Gewiss nicht ohne sich enorme Vorwürfe zu machen, das er schon wieder mal versagt hatte. Dieses ziel- und planlose Handeln musste bald ein Ende finden. Er verlöre jeden Vorteil, wenn die Terraner seine Fähigkeiten durchschauen würden..
*
„Rafla behauptete, er sei in Wirklichkeit Coltogum Laurel Ogan.“ Major Verso Honadri versuchte seinen Bericht glaubhaft abzugeben. „Als sei Ogans Bewusstsein in van Raflas Körper gewechselt.“
„Seltsam. Woher kennt Pirsma van Rafla den Hochenergie-Ingenieur. Und gilt das auch umgekehrt?“ fragte Oberst Elas Korom-Khan, der nun in in seiner Funktion als Kommandant auch die Schiffssicherheit übernommen hatte.
„Nein, Sir. Ogan weiß nur von einem Unbekannten der unter meiner Aufsicht stand, hat aber sonst keine Kenntnisse von den Vorgängen an Bord. Er hat nur Eindrücke von dem kurzem Augenblick, in dem er in van Raflas Körper zu sein glaubte.“
„Er war wohl ohne Zweifel in Raflas Körper, das ist, nach dem seltsamen Ereignis mit Merkosh, als Tatsache zu akzeptieren.“ Rhodan wollte nicht länger spekulativ um den heißen Brei drum herum reden. „Lord Zwiebus, welche Beobachtungen sind noch gemacht worden.?“
„Ich fühlte mich auf seltsame Art zu Pirsma van Rafla hingezogen. Sogar auf eine gewisse Weise mit ihm verwandt.“, berichtete Lord Zwiebus. „Alaska und ich haben das ausführlich diskutiert.“
„Wir sind uns darin einig, das die Ähnlichkeiten zu den Geschehnissen mit den Pedotransferern nicht zu übersehen sind. Es sind Cappins im Spiel!“ beharrte nun auch Seadelaere.
„Und ich hatte bei dem Gespräch mit ihm ein deutliches Gefühl von Zugehörigkeit über einen weiten Raum hinaus … oder sogar durch die Zeit.“, bemerkte der Prä-Bio.
„Eine neue Invasion von Pedotransferern? Oder hat Ovaron nicht doch alle 400000 Cappins mit nach Gruelfin zurück beordert. Oder welche zurückgelassen, mit der Absicht einen aktiven Beobachtungsposten in der Milchstraße zu haben?“, spekulierte nun Atlan misstrauisch.
„So schätze ich den Ganjo eigentlich nicht ein, Atlan.“, widersprach Rhodan.
„Wir sollten uns die Chance geben, den Blickwinkel zu ändern.“ Es war nun ausgerechnet Alaska Seadelaere, der einen neuen Aspekt in die Runde einbrachte. „Auch wenn manches auf Cappins hinweist, so habe ich den Parapsi-Ingenieur Prof. Dr. Celan Benaya hinzu gebeten.“
Alle Augen richteten sich auf den braunhäutigen Mann.
„So manches spricht gegen die Theorie des Pedotransfers bei Coltogum Ogan und Merkosh. Die Begleiterscheinungen stimmen nicht 100prozentig überein. Zumindest hat sich Olgan in einem Fremdkörper wiedergefunden. Das ähnelt dem Vorgang wie die VeCoRat , also die Individual-Verformer, in ein anderes Bewusstsein eingedrungen sind. Bei Merkosh hat Lord Zwiebus eine kaum merkbare aber doch kurzzeitig sichtbare Veränderung im Gehirn des Oproners gesehen.“
„Die medizinischen Nachuntersuchungen bei beiden Personen belegten auch eine mikro-minimale Vernarbung in den Gehirnen nach.“, bestätigte der Chefarzt Prof. Dr. Khomo Serenti. „Als wären Teile des Gehirns ausgetauscht worden.“
„Sprechen wir von einem verbotenen chirurgischen Eingriff, Dr. Serenti.?“, fasste Atlan nach.
„Das ist auszuschließen, wegen der Kürze der Zeit, in der die Teil-Lobotomi erfolgten.“, verneinte Serinti dieses.
„Also doch Pedotransferierung?“, hakte nun Rhodan nach.
„Wenn ich noch einmal dazwischen darf...“, warf Dr. Benaya ein. „Ich denke es fand ein Austausch von Gehirngewebe auf paramechanischem Wege statt. Ähnlich den Fähigkeiten eines Teleporters oder Telepsimaten wurden die Gehirnteile ausgetauscht. Para Cerebrum Mutare sozusagen. Ein Hirntauscher.“
„So hätte das Kind zumindest einen Namen. Danke, Dr. Benaya,“ schloss Perry Rhodan die Informationsrunde „wir werden uns noch einmal intensiv mit Pirsma van Rafla auseinandersetzen müssen. Danke an alle.“
*
Pirsma van Rafla war wieder alleine. Alleine und besonders böse auf sich. Denn wieder hatte er versagt. Es war eben nicht nur dummer Zufall, in einem beinahe transparenten Oproner auffällig zu werden.
„Nicht Pech, sondern Unvermögen!“, schollt er sich selbst.
Er hielt inne, als er Stimmen außerhalb vor seinem Zimmer hörte.
„Major Verso Honadri, ich lasse Sie durch zwei Roboter ablösen, die die Überwachung des Gefangenen ungefährdet übernehmen können.“, entschied Oberst Elas Korom-Khan. „Organische Lebewesen sind hier zu unsicher. Und über mein Com-Armband habe ich die Kontrolle über alle Roboter an Bord meines Schiffes. Da kann mir nichts entgehen.“
Der Chef des Wachdienstes wurde also abgezogen. Damit war Pirsma van Rafla doch sehr zufrieden. In seinem Kopf entstand ein neuer Plan, ein hoffentlich besserer. Kurz entschlossen transmutiert er in Korom-Khans Körper und desaktivierte über das Armband alle Roboter an Bord der MACO POLO. Er erhoffte sich damit eine Augenblick aus der Beobachtung entkommen zu können. Dann wechselte er in den Mutanten Ras Tschubai. Mit dem holte er seinen versteinerten Originalkörper. Der Teleporter brachte ihn in ein unbewachte Außenschleuse. Dann teleportierte er wieder fort und verließ Tschubai um noch einmal Korom-Kahn die Robotersperrschaltung aufheben zu lassen. Danach kehrte Pirsma van Rafla wieder ins seinen eigenen Körper zurück und revitalisierte sich. Er hoffte gerade noch, dass seine Aktionen unbemerkt geblieben waren, als der Alarm durch die MARCO POLO heulte.
*
Paladin IV, der halutergestalt gewordene Spezialroboter stapfte durch die Gänge der MARCO POLO. Seit der Invasion der Geisterschatten gehörte das Thunderbolt -Team zur patrouillierenden Sicherheitstruppe. Kommandant Harl Dephin war zwar nunmehr der Ansicht, dass dieses keine angemessene Aufgabe für die siganesische USO-Truppe sei, aber wenn die Ansage von Lordadmiral Atlan kam, machte man besser eine guten Job. So erstaunte es ihn doch immens, als der Paladin IV urplötzlich wie angewachsen stehen blieb. So hantierte er augenblicklich am Schaltpult in der Kopfzentrale der vier Meter hohen Maschine. Als er damit keine Erfolg hatte zog er die SERT-Haube auf.
„Dachte ich es mir doch!“, murmelte er.
„Was ist da oben denn los?“, fragte Amos Rigeler aus der Maschinen-Sektion an.
„Durchsage an alle: Per Überrangcode hat Oberst Korom-Khan alle Roboter auf der MARCO POLO festgesetzt.“, erklärte Dephin.
„Der legt uns nicht ungestraft an die Kette!“, beschwerte sich Drof Retekin.
„Ich speise einen Überrangüberangscode in das Paladin IV-Netzwerk.“, gab Mirus Tyn bekannt.
„Damit kommen wir auch zu Fuß weiter.“, scherzte Amos Rigeler.“
„Danke und weiter geht es.“, freute sich Dephin. „Verbindung mit Oberst Korom-Kahn herstellen.“
„Sonst hätte es auch gerumst.“, unterstrich es Dart Hulos.
„Funk zur Zentrale steht.“ meldete Amos Rigeler.
„Was wünschen die Thunderbolts?“, erkundigte sich Oberst Korom-Khan.
„Natürlich freies Geleit und Straffreiheit.“ scherzte Harl Dephin. „Aber mal so von Kommandant zu Kommandant: was sollte die Robotersperre?“
„Ich kann mich nicht erinnern.“,stellte der Kommandant der MACO POLO fest. „Verdammt .. Alarm!“
„Wir eilen zur Unterstützung in die Zentrale.“, rief Harl Dephin.
Gucky versuchte sofort den Tamposer zu espern. Nicht unerwartet hatte er damit auch keinen Erfolg. Also teleportierte er schaute er dort nach wo Pirsma van Rafla sich aufhalten sollte. Es dauerte eine Weile, dann kam der Mausbiber wieder zu Fuß und mit hängenden Ohren wieder in die Kommandozentrale zurück.
„Running Gag , er ist weg.“, stellte Mentro Kosum fest.
„Nein! Er ist da!“ Lord Zwiebus und Alaska Seadelaere zeigten gleichzeitig auf den Ilt. Unter der Maske des Transmittergeschädigten irrlichterte es verstärkt. „Da ist der Cappin.“
Zeitgleich erreichte der Paladin IV die Zentrale.
Nun zeigte sich, wie gut das Thunderbolt-Team eingespielt war und der siganesische Emotionaut den Riesenroboter unter Kontrolle hatte. Der tonnenschwere Koloss hob wie ein Balletttänzer vom Boden ab, wobei er alle sechs Gliedmaßen von sich streckte und sich dem wie unter Schock dastehenden Mausbiber zuwandte. Waffenwart Dart Hulos löste in dosierter Folge alle Narkose und Paralysewaffen im Nanosekundentakt aus, bemüht um hohe Effektivität ohne dabei den Mutanten ernsthaft zu Schaden kommen zu lassen. Wobei dieser als Zellaktivatorträger auch ganz gut im Nehmen war. Alles geschah mit einer extremen Geschwindigkeit, dass das organische Auge der Humanoiden den Bewegungen des Paladin IV kaum folgen konnte.
Trotzdem tat es manchem weh zusehen zu müssen, wie die kleine Gestalt des Mausbibers halb unter dem 4 Meter großen Giganten erstarrte und lautlos zusammensank.
Ein Notruf von einer Außenschleuse ließ den Sicherheitsdienst dort aktiv werden. „Wir haben ihn!“, meldete Major Honadri umgehend. „Wir haben Pirsma van Rafla. Er ist in einem besorgniserregend schlechten Zustand.“
*
Pirsma van Raflas letzten Handlungen kosteten ihn sehr viel Kraft. Einen Terraner wie Elas Korom-Kahn zu lenken, schlug weniger zu Buche als die Aktionen mit dem Teleporter. Es war dann so, als ob die unähnlichen Parakräfte im Widerstreit miteinander liegen würden, und die überlegenere wollte dann ebenfalls das dazugehörige Ego stützen.
Auch wenn van Rafla in Tschubais Körper wechselte und dessen Bewußtsein nun im erstarrten Körper quasi handlungsunfähig fixiert worden war, rangen jedoch auf der Paraebene schon zwei Vitalitäten miteinander. Phäterom drohte dazwischen zerrieben zu werden. Nach der Rückkehr blieb Pirsma van Rafla nunmehr erschöpft und desillusioniert zurück. Alle seine Bemühungen fielen immer wieder konterkarierend auf ihn zurück. Das machte müde und raubte die Zukunft.
Und dann tauchte auch noch der Mausbiber auf: der Psi-Riese, die Para-Zecke. Hier löste bereits der Versuch, einen Austausch vorzunehmen, einen psi-energetischen Strudel aus, der einer drohenden Selbstvernichtung nahe kam.
Das machte die Konstellation per se schon kompliziert und für beide Existenzen bedrohlich. Wobei nicht nur van Rafla, sondern auch Gucky extrem einstecken musste.
Besonders und erst recht gefährdete dieses dann Phäterom in dessen passiv-duldenden Rolle. Allerdings konnte dieser, auf sich alleine gestellt, keine für alle erträgliche Lösung herbeiführen.
Das steigerte auch seine Angst und vermehrte gleichzeitig Pirsmas Bedrohungsgefühl. Der Parapsi-Sturm fegte durch Körper und Bewusstsein, flammte grell auf und defragmentierte das ewig scheinende Bündnis. Phäterom spürte wie das Tier in ihnen zu schreien begann.
Phäterom wollte nicht, dass Pirsma dabei zu schaden kam. Der parapsychotische Orkan erzeugte einen nicht mehr zu kontrollierenden Innendruck. Es brauchte dringend ein ein Ventil um diesen ablassen zu können. Phäterom kannte diese Schneise in die Freiheit. Um nicht zu verwehen, musste er sie gehen, zu seiner und Pirsmas Rettung. Wohl vorbereite brauchte er allerdings dazu den Pedoporter. Und das Gerät befand sich zu Zeit ungeschickterweise in den Händen der Terraner.
Pirsma und Gucky verzehrten sich geradezu aneinander. Bald waren beide so ermattet am psionischen Widerstreit, dass es Phäterom gelang, beim Mausbiber Zuflucht zu finden. Der ließ das auch klaglos geschehen. War der Ilt danach so kraftlos, das er nur noch zu Fuß die Zentrale der MARCO POLO erreichen konnte. Doch Phäterom hatte nicht mit den sensitiven Sinnen von Alaska Seadelaere und Lord Zwiebus gerechnet, und schon gar nicht mit dem Paladin IV.
Und schon war der total verausgabte Pirsma van Rafla gefunden worden.
Alsbald wurde der Tamposer in die Zentrale geführt.
*
Pirsma van Rafla konnte sich ohne die Unterstützung von Verso Honadri kaum noch auf den Beinen halten. Doch sein fiebrigen Augen suchten die Zentrale ab und fanden Gucky. Beinahe schon liebevoll leidend sah er den Mausbiber flehentlich an.
Gucky legte den Kopf schief und lächelte freundlich zurück. Dann nickte er und sagte halblaut,wie zu sich selber: „Ja, nun geh schon, Phäterom.“
Auch wenn kaum einer der Anwesenden wusste, was da soeben geschah, spürten alle doch, dass sie einem sehr privaten, ja intimen Moment beiwohnten. War die Situation doch vor wenigen Augenblicken noch energetisch aufgeladen auf Stress und Kampf ausgerichtet gewesen, schien die sonst so hektische Zentrale zu einem stillen, andächtigen Dom zu werden.
Ein Kraft spendender Ruck ging durch Pirsma van Rafla. Er nickte dem Mausbiber zu: „Danke!“
Das nun entstehende verhaltene Gemurmel wuchs durch einzelne Stimmen ein Konglomerat aus Fragen und Befehlen an.
„Wir sollten ihm zuhören.“ Gucky bat selten so inständig um Ruhe und Aufmerksamkeit für jemand Anderen. „Dort vor euch steht in der Gestalt des van Rafla der Cappin Phäterom. Zudem, um der Wahrheit die Ehre zu geben, ist Pirsma aber auch kein Tamposer.“
„Ich, Phäterom, bin erst einmal froh, dass keiner zu Schaden gekommen ist, und insbesondere Pirsma noch lebt. Ja, ich bin das wandernde Bewusstsein eines Cappins. Und vielleicht kann der eine oder andere sich vorstellen, wie es sein muss, wenn ein parabegabter Gehirntauscher und ein Pedotransferer sich einen Körper teilen müssen.“
Einige lachten verhalten, wohl auch um sich aus der Spannung zu lösen.
„Das war kein Witz!“, bemerkte Phäterom fortfahrend. „Nicht wenn man bald 200.000 Jahre zusammen verbracht hat. Wobei das für Pirsma die kürzere Zeit seines Lebens ist.“
Selbst Perry Rhodan und Atlan standen nun staunend und schweigend dabei. Man konnte aber sehen, wie es in ihren Köpfen arbeitete.
„Um weiterleben zu dürfen und um uns zu retten, werden wir uns nun trennen. Und dazu benötigen wir den Pedoporter.“
„Bevor ihr nun aus verständlichen Gründen nun wieder eine Lawine von Fragen stellen wollt, bitte ich dich, Lord Zwiebus, den Schrumpfstrahler herbei zu holen.“ Gucky war wieder der altbekannte Ilt, der mit aufgerissenen Augen andere gerne dirigierte und bestimmte und dabei breit in die Runde grinste.
Bald darauf kehrte der Pseudo-Neandertaler zurück, wobei er das geheimnisvolle Instrument in seinen großen Pranken wie ein rohes Ei behandelt. „Wir dachte, der Schrumpfstrahler sei eine zu fürchtende Waffe.“ Er zögerte kurz, es weiter zu geben. Aber dann überreichte der Instinktwächter das Utensil. „Der Pedoporter?!“
Pätherom in Gestalt von van Rafla berührte es ebenso vorsichtig, nahm es aber nicht entgegen. „Ich danke auch dir, Kono.“
Die Augen des Präbios weiteten sich. „Konos nannten uns die Cappins vor 200.000 Jahren. Ahnte ich es doch, wir sind Zeitverwandte.“
„Stimmt, ich bin ein Cappin aus Gruelfin.“
„Du gehörst nicht zu den Ganjasen, mit denen Ovaron uns vor wenigen Monaten noch vom Schwarm befreit hat?“
„Von denen weiß ich nichts, bin allerdings über den Invasionsversuch der Takerer informiert. Doch ich hatte nicht den Vorteil einer Expressreise per Nullzeitdeformator in eure Realzeit zu kommen. Aber mein Freund und Partner Pirsma kannte verschiedene andere Wege und Abzweigungen, um diese Zeitspanne bewältigen zu können.“
„Doch nun sind unsere Kräfte aufgebraucht.“ Der Cappin in Gestalt eines humanoid-insektoiden Tamposers seufzte beinahe menschlich. „Übergebt den Pedoporter bei Gelegenheit bitte dem Ganjo, damit es auch für mich einen Weg nach Hause gibt. Ich danke euch allen für eure Hilfe und der Zuversicht das Richtige zu tun. Ihr seid von hoher moralischer Intelligenz. Meine Hochachtung. Nun lebt wohl. Lebe auch du wohl, Pirsma.“
Der Körper des Tamposers erschlaffte kurz, während der Pedoporter in Lord Zwiebus Händen ebenso augenblicklich kurz und golden glänzte, um dann an der Oberfläche wieder zu ermatten.
„Ich wünsche dir auch eine gute Reise, Freund Phäterom“, sagte van Rafla leise.
*
Lord Zwiebus, der selbsternannte Wächter des Zeitverwandten, sorgte persönlich dafür, das der Pedoporter mit Phäteroms Bewusstsein sicher untergebracht worden war.
Perry Rhodan und Atlan ersuchten umgehend um ein klärendes Gespräch mit Pirsma van Rafla. Doch dieser lehnte das ab mit dem Hinweis, er sei nun erschöpft und müde.
„Willst du uns nicht zumindest erzählen, zu welchem Volk du gehörst und wie du den Cappin kennengelernt hast?“ Atlans Extrasinn hatte diese Fragenkombination vorgegeben, weil es sich aus einer eventuellen Antwort weitere Hinweise zu erschließen hoffte.
„Es ist mir unangenehm, zugeben zu müssen, dass ich es nicht weiß.“, redete sich van Rafla heraus.
„Weißt du es nicht oder willst du nicht?“, fragte Rhodan scharf.
Van Rafla wirkte unsicher. „Weiß es nicht. Ich weiß es nicht. Ich hatte oft den Eindruck, dass mein Freund Phäterom mich besser kannte, als ich mich selber. - Ich bitte euch nun um Verständnis. Ich bin jetzt seit 200.000 Jahren das erste mal alleine. Wirklich alleine. Gebt mir bitte eine Chance, dieses zu bewältigen. Bitte.“
Rhodan blickte fragend zu Gucky. Doch dieser schüttelte nur seinen Kopf. Es gelang ihm immer noch nicht, in die Gedankenwelt des unbekannten Wesens vorzudringen.
So wies man Pirsma van Rafla ein Appartement zu, mit dem Versprechen, die Privatsphäre zu achten. Als sich van Rafla nach 24 Stunden noch nicht wieder gemeldet hatte und auch nicht auf Com-Anrufe reagierte, galt dieses Versprechen allerdings als obsolet.
Der Sicherheitsdienst öffnete den Raum.
Bald darauf betraten auch Perry Rhodan, Atlan und Gucky die Räumlichkeiten. Dort fanden sie allerdings keinen Pirsma van Rafla vor.
In der Mitte des Raumes schwebte ein bis nahe an die Decke reichender Obelisk. Ein Obelisk, der keinen Schatten warf.
Sofort verfestigte sich die Vermutung, daß Pirsma ein Cyno gewesen sei. Jene Cynos, die durch die Fähigkeit der Paramodulation ihre äußere Gestalt nach eigenem Wunsch formen konnten, lebten seit 1.000.000 in der Milchstraße. Nach ihrem Tod verwandelte sie sich in solche Obelisken.
Doch diese Obelisken kommunizierten in der Regel nicht mehr.
Rhodan bedauerte, den Mutanten und Halb-Cyno Dalaimoc Rorvic nicht an Bord zu haben. Dem wäre es vielleicht noch möglich gewesen, etwas Licht ins Dunkel zu bringen. So blieb nur die Stille, die Totenstille.
Das Zimmer würde auf unbestimmte Zeit versiegelt bleiben.
ENDE