Skizzen zu NEO

Alles rund um die Neuerzählung der PERRY RHODAN-Saga
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Honor_Harrington
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Danke an Old Man für seine Korrektur – alle Fehler gehören mir!

16. Skizze: Die Raumakademie


Raumakademie Baikonur
01.November 2036
Verpatzt!
Wütend kickte ich einen Kieselstein von der Zugangsstraße.
Fluchend marschierte ich mit leichten Gepäck die staubige Betonpiste entlang und haderte mit dem ungerechten Schicksal. 9:35 Uhr – und damit hatte ich grandios meinen Einstieg in die erträumten Karriere in der Terranischen Raumflotte glorreich in den Sand gesetzt.
Antritt zum Dienst war Punkt 9:00 Uhr in der Raumakademie Baikonur – und nicht sieben Kilometer davor.
Fein gemacht, Gig!
Mein Name war Tabris – Gig Olivia Teresia Tabris – aus Chopper Wall / Sphinx.
23 Jahre alt.
Als frisch gebackene Kadettin in der neu gegründeten Terranischen Raumflotte war ich gestern Abend in dieser 100.000 Einwohner zählenden Stadt Baikonur angekommen und hatte mich in einem preiswertem Hotel eingecheckt. Nach einem entspannten Frühstück gegen 7:30 Uhr musste ich zu meinem Leidwesen vom Portier erfahren, dass es keinen Shuttle zur Raumakademie gab. Nicht einmal einen Linienbus. Nichts. Und für ein Taxi besaß ich kein Geld. Arm wie eine Kirchenmaus. Und noch nicht einmal religiös. M***. Damit war meine meditative Gelassenheit dahin und die blanke Panik brach aus. Doch zu spät, um in Hektik zu verfallen. Da war nichts mehr zu retten. Und so stampfte ich missmutig zu dem am fernen Horizont zu erahnendem Gebäude.
Himmel, wie sich das anhört: `Raumakademie der Terranischen Union´ - und dann das! Ein heruntergekommener russischer Raumhafen mit einer schnarchnasigen Infrastruktur. Eigentlich war mir das Schnur-piep-egal, denn ich wollte mich hier nicht einrichte und versauern.
Ich wollte zu den Sternen fliegen, Abenteuer erleben und die Menschheit schützen.
Es wurmte mich bloß ungemein, just am ersten Tag zu spät zu kommen und damit einen schlechten Einstand zu geben.
Geräusche tuckerten mir entgegen. Ein Motorrad. Wow – Easy Rider.
Der Fahrer hielt an, nahm seinen Helm ab und fragte mit einem warmen Lächeln: „Hast du dich verlaufen?“
Himmel, was für eine bescheuerte Frage. Immerhin, er fragt und düst nicht vorbei.
„Ähm, nein. Ich bin auf dem Weg zur Raumakademie. Leider hatte ich nicht rechtzeitig realisiert, dass es weder ein Shuttle noch einen Linienbus zum Zentrum des modernen terranischen Fortschritts gibt. Und für ein Taxi ...“
Ich brach ab. Oh nee, wie verzagt und zugleich pampig meine Stimme klang. Schrecklich – wie ein greinendes Kind. Ich biss mir auf die Lippen. Heute war eindeutig nicht mein Tag.
„Ich kann dich mitnehmen – ist ja nur ein Katzensprung“, meinte er immer noch lächelnd und klopfte leicht auf den Hintersitz.
„Prima. Danke.“, seufzte ich erleichtert auf und ging zu ihn hinüber.
Kaum saß ich hinter ihm, fuhr er sanft an um dann in Richtung Raumakademie zu beschleunigen.
Ein Mann in blauem Overall, dachte ich, könnte ein Techniker sein. Jung und hübsch. Nai, Männer sind nicht hübsch, sondern attraktiv. So ein James Dean-Typ – mit einem Hauch von Verwegenheit.
Und während ich darüber nachdachte, ob ich nichts besseres zu tun hatte als über unbekannte Männer zu philosophieren, waren wir bereits am Tor der Sicherheitszone.
Der Gebäudekomplex sah aus wie ein verhunztes Konglomerat aus einem weiten Flughafen und einem hohen Maritim-Hotel. Am heruntergelassenen Schlagbaum standen zwei Ordnungshüter im Outfit der neuen Unisex-Uniform der Terranischen Raumflotte.
Während `mein´ Fahrer langsam abbremste und so gemächlich zur Sperre hin ausrollte, klappte bereits der Schlagbaum hoch.Easy Rider gab erneut Gas.
Keine Papiere. Keine Kontrolle. Kein Nichts. Ich kam aus dem Staunen nicht heraus.
Andererseits waren wir hier in der Pampa. Wer wolle schon böses von der Akademie? Tja nun: religiöse Eiferer und politische Fanatiker?!
Kurz signalisierte mir der Fahrer nach rechts.
Jepp. Schon gesehen. Das war sie – einer der beiden überlichtschnellen Raumschiffe, die die Menschheit ihr Eigen nennen konnte. Die NESBITT-BRECK. Unwillkürlich stockte mein Atem. Egal wie schäbig das hiesige Umfeld auch war – ich war angelangt: Im Land meiner Träume.
*
Der Mann in Blau schob mich sanft in den Raum und schloss von Außen die Tür. Merkwürdig. Jetzt fühlte ich mich allein.
„Schön, dass Sie nun auch den Weg zu uns gefunden haben, Frau Tabris“, begrüßte mich ein Mann aus dem Mittelalter. So um die fünfzig Jahre.
Auweia! Ich erkannte Lesly K. Pounder - Koordinator für Raumfahrt, Mitglied des Inneren Kreises der Terranischen Union und leibhaftiger Hausdrache der Raumakademie. Höchstselbst. Ich fühlte, wie das Blut in mein Gesicht schoss und selbiges zu einer rote Tomate transformierte. „Tschuldigung, ich...“
Pounder winkte wirsch mit der Hand und kappte mein Lamentieren abrupt ab.
„Also nochmal kurz zusammen gefasst: Sie sind ab heute Kadetten der Terranischen Raumflotte in Aufbau. Als angehende Offiziere im Dienste der Terranischen Union haben Sie eine qualifizierte Ausbildung von drei Jahren vor sich. Der Lehrplan vermittelt Ihnen alles nötige theoretische Wissen und praktische Erfahrung auf dem aktuellen Stand von 2036.
Sicherlich ist Ihnen bereits bekannt, dass wir zwei langstreckentaugliche Raumschiffe besitzen. Die arkoniodische TOSOMA und die topsidische NESBITT-BRECK.
Das 800 Meter Kugelraumschiff TOSOMA ist bereits 10.000 Jahre alt, dennoch das Beste, was die Menschheit zur Zeit hat – unser Flagschiff. Für kurze Strecken reicht eine Besatzung von 130 Mann aus. Doch für einen Langstreckenflug benötigt das Schiff 400 reguläre Besatzungsmitglieder. Das Lebenserhaltungssystem und die Unterkünfte sind für bis zu 5.100 Personen ausgelegt.
Die 150 Meter lange moderne NESBITT-BECK hat einen zylindrischen Aufbau; um deren Mitte sich eine Hohlkugel formt, worin sowohl die Triebwerke als auch die Zentrale untergebracht sind. Der „funkelnden Stern“ - so die terranische Übersetzung – wurde auf den Planeten Gol geborgen und wieder flott gemacht. Bei Gelegenheit müssen wir die topsidischen Einbauten nach unserer Anatomie umrüsten. Leider fehlen beiden Raumschiffen die Beiboote.
Ansonsten haben uns die Ferronen sechs ihrer Zubringerfähren überlassen. Diese wurden technologisch erweitert mit Fusionsreaktoren, Andruckneutralisatoren, sowie schubstarken Unterlichttriebwerken und Schutzschirmgneratoren. Damit können wir wesentlich besser in unserem Sonnensystem agieren. Wir können zwischen den Planeten gondeln und Arbeiten im Orbit ausführen; Material und Personen zügig auf Planeten schaffen wie zum Beispiel für die Arbeiten eines geplanten Terraforming des Mars.
Aktuell werden diese Raumfähren von den Ferronen bedient – bis wir genügend Personal geschult haben. Es ist also durchaus denkbar, meine Damen und Herren, dass dort Ihr erstes Schiff wartet.“
Der Koordinator hielt in seiner – offenbar nur für mich eingeschobenen – Wiederholung inne, um das Gesagte sacken zu lassen. Ja. Ja. Ja – das will ich. Ein eigenes Schiff! Ich konzentrierte mich wieder auf Pounder, der nun mit der eigentlichen Vorstellung begann.
„Hier“, und deute dabei auf einen kräftigen Mann mit braunem Bart – Schublade auf: `Brauner Bär´ - „ist Leutnant Serge Marakow und Dozent für Waffensystem und Triebwerke. Er war ein langjähriger führender Wissenschaftlicher der russischen Nation gewesen und stellt nun sein Wissen uns zur Verfügung.
Neben ihn sitzt Leutnant Sarah Washington, die, wie der Name ahnen lässt, aus den USA kommt. Dort war sie eine loyale Mitarbeiterin in meinem Stab, als ich in meiner Funktion des Flight Director der NASA das Stardust-Projekt führte. Frau Washington unterrichtete bereits damals Perry Rhodan und Reginald Bull in Astrophysik, Astronomie und Navigation. Diese Themen wird sie auch Ihnen näher bringen.“
Zur Steigerung meiner Merkfähigkeit suchte ich händeringend nach einer griffigen Bezeichnung und fand dann `Astro Girl´ für meine mentale Schublade.
„Als Dritter im Bunde unterrichtet Leutnant Li Cheng aus der Volksrepublik China die Fächer Kommunikation und Ortung.“
Nun, für den Klassiker Jet Lee reicht es nicht, aber ein schlichtes `Meister Li´ genügt auch. Nun fragt sich, wann ...
„Und wann beginnt die Praxis mit einem echten Schiff auf dem Sternozean“, hörte ich überraschender Weise mich mit aufgeregter Stimme fragen.
Leises Gekicher und aufkommendes Getuschel.
Oh nee – wieder ins Fettnäpfchen gehüpft.
Der Koordinator runzelte die Stirn, hob eine Augenbraue und meinte dann zu mir gewandt: „Alles zu gegebener Zeit, Frau Tabris. Ihr poetischer Eifer zu den Sternen zu greifen in allen Ehren - doch zuvor werden Sie wie alle Anderen auch sich mit ein paar Wochen Trockenübungen begnügen müssen.“
*
Wir alle saßen gegen 12:00 Uhr Mittag am runden Tisch in der Kantine.
Der 11. Stock bot einen schönen Ausblick auf den Raumhafen und der dort stationierten NESBITT-BRECK.
Momentan waren wir in der Kennenlernphase.
Katarina Maybach kam aus Dresden irgendwo aus der Allianz Deutscher Länder. Sie trug langes blondes Haar - `Blondi´- und war dürr wie eine Bohnenstange. Ob die Menschen in der ADL unter einer Hungersnot litten? Jedenfalls besaß sie mit ihren 23 Jahren – genauso alt wie ich - ein hübsches Gesicht mit Lachgrübchen.
Katarina erzählte uns gerade mit Händen und Füßen, wie sie die ganze Nacht hindurch nicht schlafen konnte und vor lauter Aufregung sich im Bett herum gewälzt hatte - bis sie sich um 7:00 Uhr unausgeschlafen vor dem Tor der Raumakademie wiederfand.
Typisch! Hätte ich sein können.
`Blondi´ und ich könnten gute Freundinnen werden.
Mike Donover hingegen besaß einen wohl gefütterten Bauch, den er gemächlich vor sich her trug und wie ein wachsendes Baby liebevoll streichelte. Offenkundig hatte er mit seinen 26 Jahren seinen Frieden mit sich und der Welt geschlossen. `Dono´ kam aus Bristol irgendwo in Großbritannien. Seine Vorfahren mussten aus der Karibik stammen, denn er trug noch die historischen Rastafari-Zöpfe. Wie uncool! Hoffentlich nisten darin keine Läuse . Gig, sei nicht so unerträglich spießig, schimpfte ich kurz mit mir.
`Dono´ berichtete gerade mit verschwörerischer Miene, dass die Akademie fast leer wäre. Die meisten Kadetten und Maate meldeten sich vor einer Woche freiwillig zum Dienst auf die TOSOMA. Es stünden einige Übungsflüge und Manöver an – um dann nach Arkon, dem Zentralplaneten des arkonidischen Großen Imperiums zu düsen. Mit Perry Rhodan und Reginald Bull sowie Crest da Zoltral und seiner Pflegetochter Thora.
Mein Magen schäumte wie ein orkangepeitschtes Meer. TOSOMA! ARKON!
Mir sackte das Blut hinab und ich wurde leichenblass. Eine Blässe, die langsam in ein giftiges Grün wechselte. Neid! Mein großes Problem: die offensichtliche Emotion für Jedermann. Mein Vater sagte immer :“Gig, du bist ein offenes Buch.“
Sai Kirk nickte gewichtig und meinte lapidar: “Um so besser. Damit gehört die NES uns!“
Mmh, das ist ein guter Punkt. Der junge Inder aus Surat - `Indi´- war ein kluger Kopf. Ebenso dünn wie Katarina und genauso alt – und helle.
„Und die anderen Raumhäfen in den USA und China sind geschlossen worden. Alle materielle und personelle Ressourcen wurden in die TOSOMA verfrachtet. Der Rest dessen, was weltweit übrig geblieben war, wurde hier in Baikonur konzentriert“, ergänzte der Ägypter Anwar Crichton aus Al-Jizah. Der stämmige `Cri´war mit seinen 29 Jahren eigentlich schon zu alt, um noch im All herum zu turnen.
Meine Meinung. Na, wer weiß.
Als Letzter meldete sich lebhaft Tangre Solo zu Wort. Wie er – Solo bleibt `Solo´ - bei seinem Temperament solange sich gedulden konnte, blieb mir ein Rätsel. Der Brasilianer aus Belem kullerte seine Augen gen Himmel und meinte skeptisch: „Ich denke, die Amerikaner und Chinesen sind nicht darüber glücklich. Prestige und so .. Ihr versteht?“
Tja, ein gewiefter Kenner der Seelenwelt, der gerade mal 24 Jahre junge Spund.
Und nun ich.
„Mein Name ist Gig Olivia Teresia Tabris und...“
„... und du kommst, wenn es darauf ankommt, zu Spät...“
Uff, genau das hatte ich befürchtet.

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Honor_Harrington
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17. Skizze: Strategie am Holodeck


Raumakademie Baikonur
18. November 2036

Dicht gedrängt wie zusammengetriebene Schafe standen wir Kadetten im Lehrraum, wo gewöhnlich Leutnant Sarah Washington ihren Unterricht abhielt.
Sie war eine strenge Dozentin – aber gerecht. Auf einen unbedachten Protest von `Dono´, dass die Sklavenhaltegesellschaft schon lange abgeschafft sei, reagierte `Astro Girl´ kühl und meinte nur lapidar: “Herr Donovar, Ihr Leben hängt von Ihrem Können in der kalten Leere ab. Und das des Ihnen anvertrauten Bordpersonals. Positroniken sind auch nur Maschinen und können falsch programmiert werden, defekt sein oder aus welchen Gründen auch immer ausfallen. Wenn Sie sich an den hellen Sternen nicht orientieren und navigieren können, sind Sie verloren.“ Das hatte ihn zwar zum verstummen gebracht und der beginnenden Aufsässigkeit den Boden entzogen – doch das Gefühl der Geschundenheit eines gequälten Geistes blieb. Ich blickte `Dono´mitleidsvoll an. Hatte er sich doch in die Bresche für uns alle geworfen.

Nun starrten wir auf das Holo – ein Abbild unseres Sonnensystems. Sol!
Nach knapp 90 Minuten Astrophysik und Astronomie fühlte ich mich nicht mehr als ein menschliches Wesen, sondern wie eine vertrocknete Rosine im Wüstensand. Eine Fata Morgana verhieß mir einen leckeren Eiskaffee und ein Stück sündhaft ungesunder Schokoladentorte. Aus dem Augenwinkel erkannte ich bei meinen Mitgefangenen in diesem Kerker den gleichen stumpfsinnigen Blick. Und dieser signalisierte allen interessierten Beobachtern: „Hier ist niemand zu Hause!“
Leutnant Washington blickte dezent auf ihrer Uhr und schien gerade ein Gefühl von Barmherzigkeit zu entwickeln, als sich die Tür mit leichtem Knarren öffnete.

Lesly K. Pounder höchstselbst - Koordinator für Raumfahrt - betrat mit energischen Schritten den Raum. Kurz betrachtete er unsere Mitleid erweckende Kadettenschar.
„Schön, das ich Sie noch allesamt erwische, meine Damen und Herren“, begann der Boss unbeeindruckt mit sardonischem Grinsen. Mir schwante Übles, was da kommen würde. Und es sprang uns frontal an. „In gut einer Woche beehrt uns der Administrator der Terranischen Union, Homer G. Adams, und der Koordinator für Sicherheit, Allen D. Mercant. Gemeinsam werden wir...“, und damit meint er sicherlich sich, „über die Sicherheitslage des Sol-System debattieren.“
Der Koordinator verstummte und lies nachdenklich einen langsamen Blick über jeden Einzelnen von uns schweifen: Katarina Maybach, Mike Donover, Sai Kirk, Anwar Crichton, Tangre Solo und mich, Gig Olivia Teresia Tabris – die Kadetten der terranischen Raumflotte in Gründung.

Wir bemühten uns so redlich wie möglich und mit allen über die Jahre hinweg erlernten Tricks als nicht anwesend zu erscheinen.
Meine beste Freundin `Blondi´ neben mir schloss die Augen und stellte sich scheinbar vor, sie wäre schlicht unsichtbar. Wow, voll die Kleinkind-Variante. Und `Dono´ starrte intensiv auf den Boden, wohl mit der Absicht, dort ein Loch aufzutun, um darin versinken zu dürfen. Träume weiter, Junge. Dann `Indi´, der so stoisch vor sich hinguckte als wäre er aus unberührbaren Stein. Eine interessante Methode. Doch `Cri´ lächelte dermaßen entwaffnend freundlich, dass ihm wirklich niemand ernsthaft etwas Böses antun wollen könnte. Tja, so was bekäme ich nicht hin. Da musste ich neidlos passen. `Solo´ indes schaute so unbekümmert den Koordinator an, als wäre er Hans in Glück, welchen kein Wasser trüben könnte und der gewiss nicht einmal wusste, dass so was wie das Böse existierte. Da brach dann doch der blanke Neid in mir aus. Ich hingegen betrachte meine Schuhe als könnte ich gleich in meinen Sieben-Meilen-Stiefel fliehen. Raffinesse war wahrlich was anderes.

„Und so dachte ich“, fuhr Pounder fort, „lasse ich mich von Ihrer erhellenden Kompetenz inspirieren. Also Kadetten der Raumakademie: was haben Sie zu der militärischen Sicherheitslage der Terranischen Union zu sagen? Irgendeine Idee?“

Ratloses Schweigen. Füße scharren. Bedrückende Stille bekräftigte unser gemeinsames Unvermögen, angemessen auf diese durchaus interessante Frage zu reagieren. Säuselndes Seufzen erfüllte die Halle.

„Oh GOTT hilf“, flüsterte mir meine Freundin zu.

Und unter der Last der flehenden Lautlosigkeit hörte ich mich fragen:“ Wenn ich denn ein, zwei Sätze dazu äußern dürfte?“

„Frau Tabris – von mir aus können es sogar drei Sätze werden. Nur will ich endlich was hören!“, grummelte der Koordinator bereits etwas angefressen.

Toll, das war genau die richtige Ausgangsbasis, um M*** zu bauen, dachte ich bekümmert, während ich auf die Holoprojektion des Sol-Systems zuging.

„Nun denn. Die militärische Lage der Terranischen Union sieht Anno 2036 so aus.
Terra befindet sich im Alpha-Quadranten der Milchstrasse. Die Aliens Fantan haben uns bereits gefunden und kennen daher die Koordinaten unseres Systems.
Ich vermute, dass dieses durch den Transitionsprung in das Wega-System ermöglicht wurde. Betrachtet man die gesamte Milchstrasse wie ein dreidimensonalen Monitor, dann wäre eine Transition wie ein kurzes energetisches Aufleuchten. In diesem Sinne also eine Kennziffer dafür, dass eine Spezies die galaktische Bühne technologisch erreicht hat.
Natürlich könnten auch andere Raumfahrtnationen wie die Arkoniden sich gerade dort – also hier – tummeln. Jedoch wenn immer und ständig am gleichen Fleck regelmäßig Transitionssignaturen zu verzeichnen sind, die früher nicht auftauchten … dann kann so etwas natürlich durchaus neugierige Völker anziehen wie Motten das Licht.
Aus diesem Kontext heraus – das sei nur nebenbei bemerkt – könnte man mit entsprechenden Geräten sicherlich herausfinden, wo denn entsprechender Raumverkehr herrscht. Quasi eine Verkehrsmessung...“

„Frau Tabris, das mag ja alles sehr interessant sein und ist es sicherlich auch, doch das jetzige Thema des Koordinators ist ein anderes“, warf Leutnant Washington warnend ein, um mich damit auf den Boden der Realität plumpsen zu lassen.

„Ähm ja. Jedenfalls hatten die Fantan – als erstes – der Menschheit einen Besuch abgestattet. Es handelt sich dabei um galaktische Plünderer, die alles rauben, was sie für `Besun´halten. Für uns Menschen bleibt bis dato verborgen, worin denn eigentlich die Fantan den Sinn oder Wert des heiß begehrten `Besun´sehen. Abgesehen von dieser unerfreulichen Plünderung handelt es sich bei diesen Aliens eher um ein friedliches Volk. Und sie verfügen über Technologien, die unseren terranischen Errungenschaften überlegen sind. Das gilt vor allem für die Triebwerke und Schutzschirme.
Hinzu kommen als zweite Spezies die Ferronen aus dem benachbarten Wega-System. Auf Grund der Intervention von Perry Rhodan und seiner Crew konnte die Aggression der Topsider gestoppt und letztlich beendet werden. Aus Dankbarkeit für unsere Hilfe wurde ein Friedens – und Freundschaftsvertrag zwischen den Ferronen und den Terranern abgeschlossen. Weiterhin wurde dieses Vertragswerk ergänzt mit einem Handelsabkommen und einem Technologietransfervertrag. Unter anderem unterstützen die Ferronen uns bei der Terraforming des Mars. Außerdem haben sie uns sechs Weltraum taugliche Zubringerfähren zur Verfügung gestellt, die inzwischen von der TOSOMA ins Sol-System transportiert worden sind.“

Fragend blickte ich in Richtung des Koordinators, der aufseufzend meinte: „Weiter. Frau Tabris, wenn sie mit der Darstellung des aktuellen Zeitgeschehens fertig sind - kommt dann noch was?“

Ich schluckte, holte tief Luft und fuhr in meiner Bestandsaufnahme fort. „Aus dem bisher Gesagte ergibt sich die Tatsache, dass aktuell zwei Alienvölker die galaktischen Koordinaten unseres Heimatsystem kennen. Die Ferronen sind unsere Freunde und Verbündete. Jedoch die Fantan nicht. Sie stellen eine unbekannte Größe dar. Weder Freund noch Feind – sondern eher ein neutraler Vagabund, der im günstigen Falle uns unterstützen würde, wie es bereits im Kampf gegen die Flotte der Topsider geschah. Im ungünstigen Falle könnten die Plünderer jedoch auf die Idee kommen, ihren Beutezug nach `Besun´auf Erden wieder aufzunehmen. Das bleibt gegenwärtig ungewiss.
Hinzu kommen als dritte Spezies die Topsider, deren aktueller Status trotz Waffenstillstand eindeutig als „Feind“ gelten muss. Der grausame Überfall und die blutrünstige Attacken gegen die Bevölkerung im Wega-System lässt eine bedrohliche Vorahnung aufkommen, was geschehen könnte, wenn dieser aggressiven Spezies unsere Koordinaten durch Zufall oder Verrat in ihrem Händen fallen würden. Oder wie ich bereits erwähnte: durch Messung von Transitionserschütterungen.
Der Vollständigkeitshalber möchte ich noch erwähnen, dass sich auf Terra der Arzt von Aralon, Fulkar, sowie der Mausbiber Guck befinden. Beide sind als Einzelwesen von ihrem Volk abgeschnitten und haben bis heute auch keine Ambitionen gezeigt, diesen Zustand zu ändern. Warum auch immer. Sollte sich jedoch die Situation ändern, dann stellen diese Wesen in Bezug auf das Bekanntwerden unserer galaktischen Koordinaten ein Sicherheitsrisiko dar.
Bleiben noch die beiden Arkoniden Crest und Thora sowie das damit verbundene Thema um das Große Imperium...“

„O.k. Das lassen wir jetzt außen vor. Sonst werden wir hier nie fertig. Also, welche Konsequenzen ziehen Sie daraus? Irgendwelche Ideen? Vorschläge?“
Pounder blickte wie eine gereizte Klapperschlange nach Opfer suchend von mir zu den anderen Kadetten hinüber und wieder zurück.

Schweißgebadet und innerlich aufseufzend erwiderte ich: „Nun ja, Koordinator. Mit praktisch nichts in der Hand lässt sich schwerlich eine vernünftige Strategie entwickeln.“ Auweia, da schliech sich hörbar ein etwas genervten Unterton in meine Stimme hinein. Ganz schlecht. Dennoch, man sagt ja, Lesly sei ein Raubein. Aber hier benimmt er sich wie ein Kotzbrocken. Echt. Warum immer auf die Kleinen?

„Kadett Tabris – nun machen Sie mal aus dem Nichts etwas Sinnvolles. Ich warte.“

Schicksalergebend und doch mit einem Funken kämpferischer Rebellion konzentrierte ich mich auf die Holografie und versuchte aus den Krümeln von bekannten Gegebenheiten eine sinnvolle Konstellation zusammenzubasteln.
„Also, die terranische Raumflotte in Aufbau besteht aus den zwei Raumschiffen TOSOMA und NESBITT-BECK sowie sechs kleinen ferronischen Fähren.
Soweit ich den kursierenden Gerüchten Glauben schenken darf, wird die TOSOMA in Kürze sich auf den Flug nach Arkon machen – was ich gelinde gesagt für ein immenses Risiko halte und ...“

„Geschenkt. Weiter...“, mahnte Pounder wirsch.

Puh. Es wurde immer finsterer und ungemütlicher. Meine Kameraden rückten schon Zentimeter um Zentimeter von mir ab. Oder bildete ich mir das bloß ein? Was wollte der Mann bloß von mir?
„Also gut“, erwiderte ich mit verhaltenem Trotz. Bloß nicht kindisch werden, Gig, bettelte ich mich innerlich an. Sich lächerlich machen, kann ich mich auch anderswo.

„Vom Standpunkt der Raumfahrt aus ergeben sich zwei grundlegende Varianten:
Erstens, die Besucher kommen mit friedlichen Absichten.
Zweitens, die Besucher kommen mit feindlichen Absichten.

Zu 1.
Gehen wir davon aus, dass ab Anno 2036 mit steigender Tendenz friedliche Besucher kommen, dann müssen wir einen Weltraum-Bahnhof errichten, sodass durch das ständige kommen und gehen nicht unsere empfindliche Erdatmosphäre gestört und langfristig geschädigt wird. Dieses gilt natürlich auch für unsere eigene Raumflotte. Es minimiert auch das allgemeine Risiko von Unglücksfällen und Katastrophen.
Daher würde ich vorschlagen, auf den Mond, oder noch besser auf Mars oder Venus einen Raumhafen zu erreichten, der den Personen-und Güterverkehr über Shuttles wie den ferronischen Fähren abwickelt,welche in fest definierten Koordinaten pendeln.

Zu 2.
Gehen wir realistisch davon aus, dass über kurz oder lang auch eine feindliche Konfrontation stattfinden wird, dann sind wiederum zwei Varianten möglich:
a) ein tektonisches Bombardement mittels Materie.
b) ein Angriff durch eine gegnerische Kriegsflotte.

Unter Rückgriff zu den ersten Punkt wird deutlich, dass eine Sperrzone um Terra zwingend erforderlich ist. Alles was nicht zum Weltraumbahnhof einschwenkt, gilt laut Definition als Feind und muss nach Warnung abgeschossen werden, bevor es Terra erreicht.

Bei der Variante a) ist der Sachverhalt einfach. Aufgrund der astronomischen Peilung werden bereits jetzt gefährliche Materie wie Asteroiden und Kometen sowie Trümmer diversen Raumschrotts abgefangen und zerstört. Dieses kann weiterhin durch die ferronischen Fähren durchgeführt werden. Insbesondere dann, wenn diese mit den schweren Geschützen aus der Venus-Zuflucht aufgerüstet werden.
Aktuell hat die Menschheit mit knapp 10.000 Stück Raumschrott; bestehend aus ausgebrannten Satelliten, Teilen von Raketen sowie diversen Raummüll zu kämpfen. Es macht in diesem Kontext keinen Unterschied, ob die Objekte durch eine natürliche oder durch eine feindliche Ursache hier im Sol-System auf Kollisionskurs liegen. Der Knackpunkt ist der, dass bei einem feindlichen Angriff die eigenen beschädigten Raumschiffe als kinetische Materie benutzt und gezielt als Kamikaze gegen die Planetenoberfläche – als tektonisches Bombardement gegen unsere Städte – eingesetzt werden könnten.

Bei der Variante b) sieht es momentan katastrophal schlecht aus. Einem Angriff von – sagen wir mal so ins Blaue hinein - einer Topsider-Flotte könnten wir nicht standhalten. Wir haben schlicht keine realistische Option gegen irgendeine Aggression, die umfangreicher wäre als der damalige Fantan-Raubzug.“

„Schön, Frau Tabris, jetzt haben sie es geschafft, mir den letzten Funken guter Laune zu verderben. Kommen Sie endlich zu den Punkt. Was können wir tun?“
„Jawohl Koordinator.“ Ich blickte flüchtig zu Katarina rüber. Doch `Blondi´biss sich auf die Lippen und starrte wie eine eingefrorene Mumie stur ins Leere. Toll. Erst mich ins Fegefeuer werfen und mich dann hängen lassen. Ganz Prima.

„Ja, nun - wir brauchen drei strategische Abwehrkreise.
Als ersten Punkt empfehle ich eine Aufrüstung unserer verschiedenen Satelliten, die in der Erdumlaufbahn kreisen. Von den 1.500, die aktuell aktiv sind, gehören 200 zur militärischen Kategorie. Diese sollten – soweit möglich – ebenfalls mit schweren arkonidischen Geschützen bestückt werden. Natürlich muss vorher geprüft werden, ob das zusätzliche Gewicht nicht den Satelliten aus der Bahn wirft oder gar zum Absturz bringt. Das müsste also neu austariert werden. Dann sollte man nach und nach neuere, leistungsfähige Satelliten im Orbit stationieren, sodass ein engmaschiges Netzwerk entsteht, aus dem heraus ein kinetisches Bombardement gestoppt, zumindest die größten Brocken zerbröselt werden könnte. Auch kleinere feindliche Raumschiffe lassen sich damit schon schwer beschädigen. Sicherlich sind die Abwehrsatelliten aufgrund der relativen Fixierung in den Umlaufbahnen und ihrem geringer Reaktionsvermögen nicht wirklich optimal – aber immer noch besser als gar nichts in der Hand zu haben und nur hilflos zu gucken, wie unsere Städte und Länder blank da liegen und durch einen Impakt zerstört werden. Für diesen inneren Abwehrkreis veranschlage ich einen Zeitrahmen von bis zu drei Jahren.

Als zweites brauchen wir Raumforts. Auch hier fehlt es an den Faktoren Zeit, Materie und Geld. Aktuell fliegen 25 Raumstationen der Kategorie `ISS´mit einer Masse von jeweils 300 Tonnen in einer Umlaufbahn von 300 KM Höhe und werden per Schubkraft auf den vorgegebenen Kurs stabilisiert. Man sollte die Möglichkeit in Erwägung ziehen, in das Wega-System zu fliegen und dort nach zusammengeschossenen Raumschiffen Ausschau zu halten. Beschädigte Topsider – , Ferronen – oder Fantanschiffe, egal welcher Art und in welcher Kategorie. Diese könnten mit der TOSOMA ins Sol-System abgeschleppt werden. Die Raumer müssen nicht mehr flugfähig sein. Es reicht, dass ihre Konstruktion intakt ist, sodass wir diese `Plattformen´mit Waffen ausstatten können. Die logistische Begrenzung wird durch die Depots der Venus- Zuflucht limitiert. Wir müssen mit Hilfe der Ferronen selber schwere Geschütze entwickeln. Diese Raumforts positionieren wir in einem angemessenen Abstand um die Erde – möglichst noch mit Rückendeckung von Mond, Mars und Venus.
Ein weiterer Vorteil wäre, dass diese Weltraumbasen zugleich auch als Andockposten für unsere Raumschiffe dienen und so den noch nicht existierenden Weltraumbahnhof entlasten könnten. Für diesen mittleren Abschirmkreis schätze ich einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren...“

„Und wie viele Raumforts wollen sie stationieren, bis die Erde rundum gesichert ist?“, grummelte mich Pounder an.

„Mir ist durchaus bewusst, dass Terra auf Angriff aus allen Perspektiven natürlich nie wirklich geschützt ist. Jedoch deswegen gar nichts zu unternehmen, bis wir wirklich wirkungsvolle Waffen produzieren können,halte ich für eine fatalistische Haltung und einer gefährliche Vernachlässigung des real möglichen. Hundert oder tausend Raumforts mögen immer noch zu wenig sein – doch stationiert über die wichtigsten Städte bieten sie einen größeren Schutz, als wenn gar nichts da wäre.

Als drittes brauchen wir Kriegsschiffe in Größenordnung der NES. Hier stehen wir vor dem Problem, überhaupt entsprechende Produktionsanlagen weltweit zu errichten. Und zwar auch möglichst auf dem Mond – um unsere Ressourcen und Umwelt zu schonen. Nach meiner Schätzung braucht alleine dieser Prozess über den Daumen gepeilt schon zehn Jahre. Ein äußeren Schutzkreis, der das Sonnensystem abriegelt und verhindert, dass ein Gegner in das Sol-System eindringen, braucht mindestens zwanzig Jahre. Jedoch befürchte ich, dass der veranschlagte Zeithorizont uns möglicherweise nicht zur Verfügung stehen wird.

Letztlich – ich wiederhole – kommt es darauf an, solange wie möglich die Koordinaten von Terra geheim zu halten. Wobei die Signatur bei den Transitionen natürlich ein großes Risiko darstellt.“

„Sind sie nun fertig, Kadett Tabris?“

„Ja, Koordinator.“

„Ich sehe, Kadett Tabris, Sie haben sich Mühe gegeben im Strategiekurs aufzupassen und das Wissen produktiv in Ideen umzusetzen.
Schön! Sie haben Talent!
Will sonst noch jemand zu unserer Situation strategische Betrachtungen anstellen und uns eine Analyse vorlegen?“ Pounder blickte äußerst schlecht gelaunt uns Kadetten an. Als könnten wir was für diese Misere. Doch meine Kameraden waren schlau, äußerten keinen Mucks und wagten noch nicht einmal mit den Wimpern zu zucken. „Nun, das dachte ich mir. Danke, meine Damen und Herren.“
Sprachs und damit machte der Kadettenfresser seinen Abgang.

Ich blickte innerlich ausgebrannt zu unserer Dozentin Leutnant Washington.
`Astro Girl´ lächelte mich an und hob zustimmend den rechten Daumen zur Aufmunterung. Erleichtert erwiderte ich ihr Lächeln. Und meine Freundin klopfte mir begeistert auf die Schultern und jubelte: „Oh GOTT, das war eine coole Performance.“

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Honor_Harrington
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18. Skizze:
Ausflug mit der NES


Raumakademie Baikonur
29. November 2036
Endlich!
Nach wochenlanger Theorie und Trockenübungen kommt nun die Praxis.
Heute war es soweit! Unser Ausflug mit der NES.
Natürlich mit der NESBITT-BECK.
Vor reichlich zwei Monaten - genauer gesagt: am 13.09.- hatten Perry Rhodan, Reginald Bull und der Ferrone Chaktor den Raumer auf den Planeten Gol im Wega-System geborgen. Alleine den Karren nach Terra zu schleppen und mit den Mitteln der Venus-Zuflucht zu reparieren und einigermaßen auszustatten, hatte glatte zwei Monate beansprucht. Nun stand die NES hier auf dem Raumhafen der Raumakademie Baikonur und – wartete auf uns.
Kommandant des `Funkelnden Stern´ war Kapitän Conrad Deringhouse.
Angeblich noch jung an Jahren, soll er bereits kampferprobt sein. Zum einem gehörte er zu jenem Team, welches die havarierte AETRON atomar sprengte. Und zum anderen hatte er bereits im Wega-System auf Pigell gegen die Topsider gekämpft. Gewiss ein harter Kerl.
Nun standen wir also vor diesem 150 Meter langen Wunder. Besonders auffällig war die Hohlkugel in der Mitte des länglichen Zylinders. In dieser Kugel arbeiteten die Transistionstriebwerke und im Kern lag die Steuerzentrale. Und genau dorthin würden wir gleich gehen.
Endlich kam die langersehnte Praxis - und just zeitgleich fand ein Treffen in der Akademie statt. Der Administrator Homer G. Adams und der Koordinator für Sicherheit, Allen D. Mercant, konferierten mit unserem Boss über die `notwendigen Maßnahmen zur Sicherung des Sol-Systems´. Da galt die Devise: möglichst weit, weit weg von den hohen Tieren.

Jedenfalls standen unsere drei Dozenten geschlossen auf der Matte. Leutnant Serge Marakow war unser Triebwerkmeister. Dafür konnten sich Mike Donover und Anwar Crichton begeistern. Ihr Wissen und Technikbabel auf diesem Gebiet sprachen Bände.
Leutnant Sarah Washington übernahm die Steuerung. Sai Kirk und ich agierten als Piloten.
Leutnant Li Cheng überwachte die Ortung und Kommunikation. Hinzu kam noch die Medizin, falls einer der Kadetten vor lauter Aufregung über die eigene Füße fiele.
Wie ich zum Beispiel.
Katarina und Tangre hingen wie Kletten an ihm.
„Also los, Kadetten“, kommandierte `Braunbart´ und wir schritten die Startrampe hoch.
Mmh, da stand der Hübsche am Hanger, der mich auf gegabelt und hergefahren hatte. In Bordmontur. Gehörte also zur Mannschaft der NESBITT-BECK. Er lächelte uns – mich – an.
„Willkommen am Bord.“ Dabei drückte er den drei Leutnants nach und nach mit breiten Grinsen die Hand und führte uns anschließend durch die Gänge zur Zentrale.
Wow!
Beeindruckend!
Die Kommandozentrale wirkte groß und wuchtig.
Irgendwo in den Eingeweiden der NES wuselte die Mannschaft, doch hier in der Zentrale bekamen wir davon nichts mit.
Sechs Kadetten und drei Leutnants. Und ein – was? Techniker? Aufpasser?
Dann ging es Schlag auf Schlag.
„Rangcode Beta I – SM – NES“, schnarrte Leutnant Marakow.
„Rangcode Beta I – SW – NES“, säuselte Leutnant Washington.
„Rangcode Beta I – LC – NES“, schrillte Leutnant Cheng.
„Bestätige Autorisierungscode für NETTBITT-BECK mittels sensor-optischer Erfassung“, erwiderte neutral die Bordpositronik.
Damit hatten die drei Dozenten die Befehlsgewalt über die NES übernommen.
Wir Kadetten besaßen den niedrigen Rangcode „Delta“. Doch dieser wurde während der Übungsmission nicht akzeptiert.
Nun verteilten sich die Leutnants in den verschiedenen Bereichen der Zentrale. Ortungsdienst. Steuerung. Antrieb und Waffen.
„Tabris hierher“, bellte `Astro Girl´ im typischen Pounder-Stil von dem Kommandositz aus. Schon wusste ich, wo mein Platz war. Immerhin etwas. Sai Kirk gesellte sich hurtig hinzu.
Gebannt sahen wir auf die riesige Holografie, die über den einen Meter hohen Sockel emporragte. An dem Sockel waren ringförmig Tastaturen eingelassen, womit manuelle Berechnungen von Koordinaten und Befehle programmiert werden konnten. Quasi eine doppelte Sicherung, falls das Sprachmenü zur Positronik ausfällt. Und damit man sich nicht blind auf die Maschine verlässt. Die Piloten sollten die Navigation beherrschen und die Steuerung eigenständig durchführen können. Und das erfüllte mich mit tiefer Zufriedenheit. Sich zu einem stumpfsinnigen Anbeter eines Maschinengottes zu degenerieren war das Letzte, was die Menschheit brauchte.
„Positronik – alle Systeme auf manuell schalten. Übungsflug UE-7.03 wird gestartet“, kommandierte meine Dozentin mit klarer Stimme, die deutlich signalisierte, wer hier das Sagen hatte.
„Bestätigung. Alle System sind auf manuell gesetzt.“
„Startsequenz vorbereiten – Richtung Mars. Position Ma-XI-07.4“, befahl `Astro Girl´.
Leutnant Marakow scheuchte seine Jungs, die von Sai berechneten Koordinaten in angemessene Triebwerk-Energie umzuwandeln.
„Triebwerke klar“, verkündigte `Braunbär´laut mit einer ausstrahlenden Gelassenheit. Ein Vibrieren durchdrang die NESBITT-BECK.
Wie beruhigend!
„Keine Hindernisse. Alles klar“, sekundierte `Meister Li´.
Ups, die Ortung. Leutnant Cheng signalisierte, dass keine Trümmer auf der Fluglinie herumschwirrten.
Wie beruhigend!
„Start!“ rief Leutnant Washington. Hier sprach nicht nur die Theoretikerin von der Akademie, sondern eine, die sich mit dem Weihwasser der Praxis gewaschen hatte.
Wie beruhigend!
Mit dem Brüllen eines wutschnaubenden Stiers erhob sich die NESBITT_BECK.
Ich spürte die Vibrationen und den Andruck. Es war Zeit, sich zu setzen.
Die Sitze waren noch auf die topsidische Anatomie abgestimmt. Oh Nein. Unwillkürlich verdrehten sich meine Augen. Wirklich. Also diese Änderungen stünde bei mir ganz oben auf der to-do-Liste.
Schwupps waren wir im Weltraum.
„Kadett Tabris, hier wird nicht geträumt! Berechnen Sie die nächsten Daten für einen Flug zur Venus.“ wusste `Astro Girl´ mich aus meinem Staunen herauszureißen.
„Aye!“ Ich schnappte mir meine Taschenpositronik - Pod - und tippte die Koordinaten anhand der Darstellung der Holografie ein. `Astro Girls´ Finger flogen über die Tastatur des Holodecks, welches direkt mit der Positronik verbunden war. Größe und Blickwinkel der Holografik änderten sich und gaben einen völlig neuen Ausblick frei. Ich denke, dass dieses eine der wichtigen Lernaufgaben war: die geografischen Lage jeweils aus den unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, die Situation zu erkennen und die notwendigen Daten – für Antrieb und Feuerkraft – zu berechnen. Dieses hier war keine Simulation – sondern pure Realität!
Nun fungierte ich hier als Navigatoren. Yo, ich bin eine echte Pilotin.

Und so ging das nun stundenlang. Jedoch zeigte sich ziemlich schnell, dass wir nicht nur zu Übungszwecken eine Spritztour durch das Sonnensystem unternahmen. Die Ortung erfasste größere Kaliber von Raumschrott. Ausgemusterte Satelliten und ausgebrannte Raketenstücke sowie größere Felsbrocken. Die Waffenexperten `Dono´und `Cri´konnten als Kanoniere sich ausgiebig im „Krieg der Sterne“ austoben und herumballern, was die Geschütze hergaben. Sai und ich mussten natürlich immer einen effektiven Kurs manövrieren.
Während ich schon völlig durchgeschwitzt war, stand – eh Mann, streng verboten! - der attraktive Mann nach wie vor relaxt am Schott und spielte den Beobachter. Lässig steckten seine Hände in der Hosentasche. Für was der seinen Lohn bekommt, mochte ich gerne wissen. Vielleicht hatte ich mich doch für den falschen Job beworben?
Das intensive Übungsprogramm schlauchte uns alle. Und so atmeten wir erleichtert auf, als Leutnant Washington das befreiende Wort sprach:
„Genug! Das reicht für heute. Zurück zur Akademie.“
Beschwingt von dieser frohen Botschaft tippte ich rasant auf meinem Pod die Koordinaten ein. Dann verglich ich die Ergebnisse mit denen von `Astro Girl´, deren Finger bei weitem flinker über die Tastatur huschten.
Die Koordinaten wurden von Leutnant Marakow bestätigt: „Landung in 10 Minuten.“
Zufrieden lehnte ich mich zurück – und stockte. Die Zahlenreihen stimmten nicht ganz. Verwirrt blickte ich nochmal auf mein Pod und verglich die Daten mit den Koordinaten, die meine Dozentin eingegeben hatte. Die Ziffern hinter den Komma wichen minimal von meiner Berechnung ab.
Nanu, hatte ich mich verrechnet? Möglich wäre es. Ich war erschöpft und in Erwartung des wohl verdienen Feierabend etwas unkonzentriert.
Vielleicht. Vielleicht auch nicht.
Ich tippte nochmal die Berechnungsbahnen ein - vom vorherigen Standort zum zukünftigen Ziel. Immer noch eine Differenz.
Wenn ich diese Koordinaten richtig interpretiere, dann …
„Landung in sieben Minuten“, teilte ´brauner Bär´professionell mit.
„Leutnant Washington“, hörte ich mich laut mit heiser Stimme rufen, „ich habe andere Zielkoordinaten als Sie.“
`Astro Girl´drehte ruckartig ihren Kopf in meiner Richtung.
Mit finsterem Blick monierte sie: „Kadett Tabris, Sie sind gewiss erschöpft vom anstrengenden Training. Das verstehe ich. Doch ich weiß, was ich programmiere. Wir können später die Daten noch einmal vergleichen.“
Mmh, konnten wir „später“ die Koordinaten vergleichen? Wenn es denn ein „Später“ geben würde!
Und während meine Gedanken rebellischen durch mein Hirn flitzten, spürte ich ein inneres Bersten in meinen Schädel. Hitze stieg von meinen Steißbein über die Wirbelsäule hoch – direkt durch das Rückenmark - und wie aus weiter Ferne hörte ich durch Nebelschwaden meine Mutter sagen: „Gig, was immer auch in deinem Leben geschieht, höre auf dein Herz und auf deinen Verstand – aber vor allem auf die Kundalini-Schlange. Das ist der Weg des Drachens!“
Mein Drache war aus der Tiefe des Unbewussten erwacht. Und so hörte ich mich mit entschlossener Stimme, die mühelos die ganze Zentrale erfüllte, sagen: „Leutnant Washington - die Koordinaten sind falsch! Sie führen ein tektonisches Bombardement mit und durch die NES durch! Stoppen Sie das Manöver. Sofort!“
„Landung in drei Minuten“, rief Leutnant Marakow verunsichert.
„Alpha-Code I – CD - NES! Positronik – Anflug abbrechen. Kurs zurück zum letzten Ausgangspunkt. Hologramm des potenziellen Verlaufs der eingegebenen Koordinaten projektieren.“
Wie in Trance drehte ich mich um und sah den hübschen Faulenzer, der nun hochgradig alarmiert und wachsam uns beiden Frauen ernst ansah und auf die Ergebnisse wartete.
„Zu Befehl, Kapitän!“, gab die Positronik bekannt.
Hä? Kapitän? Der? Conrad Deringhouse?
Aus den Augenwinkel sah ich, wie Leutnant Washington ihren Strahler aus der Halterung riss und auf den Kommandeur zielte. Der hechte zu Boden, während der Strahler ein hässliches Loch in die Stahlwand brannte, wo gerade noch eben sein Kopf gewesen war. Ohne zu denken war mein Körper blanke Tat. In einer Mischung aus Instinkt und Intuition sprang ich mit einem Satz zu `Astro Girl´. Jetzt machte sich meine Kondition bezahlt. Marathon in den Hügellandschaften von Spin und Leichtathletik waren eine gute Kombination für eine explodierende Aktion.
Performance live!
Mit einem Kick trat ich den nun auf mich einschwenkenden Strahler aus ihrer Hand. Verdammt knapp. Ich spürte eine sengende Hitze. Es stank nach verschmorten Horn. Meine rote Haare waren hin.
Kaum wieder mit beiden Beinen fest auf dem Boden, setzte es ein Trommelfeuer mit meinen Fäusten. Wieder. Wieder. Und wieder. Endlich brach Leutnant Kamikaze zusammen.
„Genug, Kadett Tabris! In der Terranischen Flotte werden keine Gefangenen misshandelt“, klang die beruhigende Stimme des mich beunruhigenden Mannes.
„Aye Kapitän“, erwiderte ich automatisch.
„Leutnant Marakow, führen Sie bitte ihre ehemalige Kollegin zur Arrestzelle.“
`Brauner Bär´nickte bloß zustimmend, was bei seinem entsetzten Gesicht nicht verwunderte.
„Himmel“, rief `Meister Li´, „Kadett Maybach...“
Ich blickte in der Abteilung „Ortung“ und sah -
Mein Magen rebellierte und ich musste kotzen.
Meine beste Freundin war tot!
Als Leutnant Washington ihren Strahler vom Kapitän auf mich schwenkte, stand `Blondi´wohl im Weg.
Sie war wohl vor entsetzen erstarrt und hatte sich nicht zu Boden geworfen. Der fingerdicke Energiestrahl musste wohl quer durch Katarinas Kopf gefräst sein und hinterließ einen zerschmolzenen organischen Klumpen.
Torkelnd wankte ich zu ihr. „Blondi“, weinte ich, „wir wollten doch gemeinsam zu den Sternen fliegen.“
*
Eine Stunde später stand ich im Zustand des erbärmlichen Jammertals vor dem Schreibtisch des Koordinators für Raumfahrt. Das Meeting war inzwischen beendet worden. Der Administrator und sein Sicherheitschef waren bereits auf den Weg nach Terrania.
Pounder betrachtete schweigen meine traurige Gestalt und meinte nach einer Weile. „Frau Tabris, ich habe mir die Daten angesehen. Der vorzeitige Aufprall wäre – ohne Abbruch – in 90 Sekunden erfolgt. Ziel war die Akademie Baikonur gewesen. Die NES hätte sich komplett durch die Akademie in den Boden gerammt. Wahrscheinliche Freisetzung der tektonischen Energie: Komplette Zerstörung der NES und der Raumakademie - wahrscheinliche Zerstörung 80 % der 100.000 Einwohner großen Stadt Baikonur. In der Tat: dieses ist als kinetisches Bombardement zu bewerten. Durch den anschließenden bewaffneten Angriff auf den Kommandeur der NESBITT-BECK ist jeglicher Zweifel ausgeräumt, dass es sich um einen gezielten Terroranschlag handelt.
Im ersten Gespräch gab die inhaftierte Leutnant Washington als Motiv an, dass sie die Führungsriege der Terranischen Union auslöschen wollte. Dafür war sie bereit, ihr Leben zu opfern. Ziel dieser Kamikaze-Aktion war es, für ihre amerikanische Nation erneut die alte Vormachtposition zurückzuerobern, die angeblich durch die arkonidische Technologie und Gründung von Terrania verlustig gegangen war. Leider hat Frau Washington nicht realisiert, dass es diese einstige – zweifelhafte - Vormachtstellung schon lange nicht mehr gibt und nur noch in ihren wirren Träumen existierte.
Was mich persönlich betroffen macht, da ich mit ihr über 20 Jahre zusammen gearbeitet hatte und sehr wertschätzte. Das dann so was kommt … so kann man sich manchmal in einen Menschen täuschen.
Jedenfalls, Frau Tabris: Sie waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort!
Sie haben uns alle gerettet!
Danke!“
Pounder, seufzte aus tiefer Brust heraus, schüttelte den Kopf und zielte dann mit seiner rechten Hand auf mich. “Aber das erklärt nicht, warum Sie, Kadett, so verdammt überzeugt waren, dass ihre Vorgesetzte – Leutnant und Dozent – falsch handelte und ihre Berechnung die richtigen seien. Spürten sie keine Zweifel, keine Hemmungen, keine Angst?“
„Doch, Koordinator. Aber wie meine Mutter zu mir sagt: `Wenn der Drache in mir erwacht, dann soll ich auf sein Brüllen hören`- und das habe ich getan.“
„So, so, Sie hören in sich das Brüllen eines Drachen?“, wiederholte der Koordinator mit einem schiefen Grinsen. Und während ich noch dachte: warum musste ich bloß eine so blöde Antwort geben, jetzt würde er mich wahrscheinlich vom psychiatrischen Dienst untersuchen und vom Dienst suspendieren lassen - da meinte Pounder ungewohnt humorig weiter: „ Sie werden es mir nicht glauben, aber ich kenne das. Kadett Gig Olivia Teresia Tabris, Kraft meines Amtes befördere ich Sie hiermit mit sofortiger Wirkung zum Maat! Damit wir uns richtig verstehen,“ und er hob drohend seinen Zeigefinger, „dieses ist kein Freibrief zur Aufsässigkeit gegen ihre Vorgesetzten. Und selbstverständlich werden Sie – trotz des nun erreichten Dienstgrad, der Ihnen regulär erst in drei Jahren zustände - weiterhin mit ihren Kameraden fleißig die Schulbank drücken. Ist das klar, Maat Tabris?“
„Jawohl Koordinator“ stammelte ich fassungslos, während sich meine Augen mit Freudentränen füllten.
„Sie können gehen“, grummelnd das Raubein noch und beugte sich wieder über seinen im Schreibtisch eingelassenen großen Monitor.
„Danke Koordinator“, flüsterte ich heiser, um dann aus der Tür zu stolpern.
*
Lesly schloss müde die Augen und lies seine Gedanken treiben.
Schon von Anfang an hatte er Gig Olivia Teresia Tabris beobachtet. Die junge Offizierin hatte ohne Zweifel das Zeug zu etwas Größerem.
Und er erinnerte sich an zwei andere Menschen. Julian Tifflor und Mildred Orson. Damals – war es erst im August gewesen ? - hatten die Beiden gemeinsam mit ihrem Freund Timothy Harnahan faktisch ein Beiboot aus der Unterseekuppel gekapert und sind zum Titan geflogen. Wie dieses überhaupt möglich gewesen war, blieb ihm ein Rätsel.
Wie Laien, die von Tuten und Blasen keine Ahnung hatten, ein arkonidisches Schiff ohne positronischer Autorisierung bedienen und starten können, blieb ein Rätsel; wie sie ohne jegliche Praxiserfahrung – wozu gibt es eigentliche eine Astronautenausbildung – das Schiff ohne Bruch zum Titan zu manövrierten, blieb ein Rätsel; wie sie dort ein mysteriöses Energiewesen fanden, aus seiner misslichen Lage befreiten und anschließend Timothy eine Fusion mit diesem einging und zu einem Wesen namens Harno wurde, blieb ein Rätsel – und dass letztlich dieses Wesen ihnen den Autorisierungscode für die Unterwasserkuppel just dann verriet, als es am dringlichsten war, blieb ebenfalls ein Rätsel.
Ein vierfaches Rätsel, das absolut unglaubwürdig und fantastisch war, wie aus einem grottenschlechten SF-Roman eines drittklassigen Autors, der vollgedröhnt sein Zeug runterschrieb, ohne nur im geringsten sich Gedanken um Plausibilität zu machen. Ein wildes Fantasterei im „Kreatives Schreiben“- Workshop. Grauenerregend.
Aber es hatte geklappt.
Im ersten Moment hatte er die beiden Hasardeure vor ein – nicht vorhandenes – Kriegsgericht stellen lassen wollen. Doch Homer in seiner besonnenen Art hatte sich dagegen ausgesprochen. Nun ja, er war ja auch derjenige gewesen, der den drei Abenteurern den Zugang zu der Unterwasserkuppel erst verschafft hatte. Und zu seiner Verblüffung erklärte Adams, dass ihm sein `Riecher´ den entscheidenden Tip gegeben hatte. Das Ergebnis: die Manifestation des „Schwarzen Schwans“ - das Produkt einer Unwahrscheinlichkeit. Und seine Hellsichtigkeit gab ihm Recht. Letztlich hatten sie zwei Dinge erlangt: erstens die Freundschaft des mysteriösen Energiewesens, welches quasi nun mit den Terranern energetisch verbunden war und zweitens den Autorisierungscode zur Positronik der Unterwasserkuppel und damit zur arkonidischen Technologie, wie sie vor 10.000 Jahren bestand und deren Geheimnissen. Rätselhafte Sammlung aus allen Epochen der Menschheit.
Angesichts dieser beeindruckenden Unwahrscheinlichkeit konnte man davon ausgehen - und dieses war die feste Überzeugung von Adams - , dass zumindest Julian Tifflor ein `Ta´vere´war: ein Mensch im Zentrum des Rad des Schicksals. Einer von jenen, die nicht – wie gewöhnlich – von dem Gewebe des Schicksals geprägt wird, sondern umgekehrt: selbst das Gewebe des Schicksals prägt und somit verändernd wirkt. Ähnlich wie Perry Rhodan, nur nicht so massiv – eher ein Planet um die Sonne, ein Gefährte …
Nun ja, das war letztlich auch der einzige Grund, warum er den beiden Hasardeuren eine wichtige Funktion in der Raumakademie angeboten hatte. Wegen des damit verbundenen Potenzials, welches ohne Zweifel vorhanden war. Doch beide hatten abgelehnt. Sie wollten lieber mit der TOSOMA am 01.01.2037 gen Arkon fliegen. Vielleicht wegen der guten Bordküche, von der selbst er gehört hatte. Abenteurer …
Aber Gig Olivia Teresia Tabris war aus einem anderen Holz geschnitzt. Solide.
Sie würde ihren Weg in der terranischen Raumflotte gehen.

*
Wie im Traum schlafwandelte ich durch die Akademie und stand dann vor der Tür. Tja, was fange ich jetzt an mit dieser Restlaufzeit des ereignisreichen Tages?
Ein Motorrad knatterte vertraut um die Ecke und James Dean, ähm, Conrad Deringhouse hielt neben mir. „Ich fahr in die Stadt“, ließ er mich lächelnd wissen. „Willst du mit mir kommen? Dort gibt es auch einen Friseur.“
Oh ja. Die dumme Fanatikerin hatte mit ihren Strahler mich zwar nur knapp verfehlt – jedoch meine roten Haare nachhaltig ruiniert. Genau gesagt: die ganze rechte Seite war vollständig bis zur Kopfhaut weg geschmort. Stank immer noch nach Horn. Im Grund genommen konnte ich mir gleich eine Glatze rasieren lassen.
Toll, damit werde ich zum Gespött der Akademie.
Bis mein schönes Haar wieder auf alte Länge nachwuchs, dauerte es gewiss ein Jahr . Dieses verdammte Miststück. Im Gedanken bearbeitete ich die Visage von `Astra Girl´ mit meinen Fäusten.
„Fein“, rief ich ihm betont fröhlich zu, um mein Katzenjammer zu verbergen. „Ein Spritztour zum Friseur. Genau was ich jetzt brauche – und anschließend nen Kaffee mit Kuchen vom Feinsten. Auf den Schock.“
„O.K. - ich bin dabei!“, sprach Grinsemann und mir wurde ganz warm ums Herz.
Mit einem Sprung setzte ich mich salopp auf Schlitten. Conrad gab Gas - und ab ging die Post.

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Honor_Harrington
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Re: Skizzen zu NEO

Beitrag von Honor_Harrington »

Danke an Old Man für seine Korrektur - alle Fehler gehören mir.

Skizze 19:
Primakowsky


Berlin / Allianz Deutscher Länder
03. Februar 2037
„Petra, ist der Tisch gedeckt?“, rief Paula aus Otto´s Zimmer, wo sie gerade das Bett ihres kleinen Bruder für seine Geburtstagsfeier zurecht machte.
„Bin dabei! Bin dabei!“, schallte hektisch Petra aus ihrer Wohnstube zurück.
Die beiden Zwillingsschwestern – auch das Prima-Prima-Duo genannt – bereiteten emsig das Geburtstagsmeeting vor. Ihre Eltern würden pünktlich kommen. Während seine Schwestern ganz in ihrem Machen und Tun aufgingen, lag Otto in seinem Medobett und ließ diesen Firlefanz über sich ergehen. Der heutige 22. Geburtstag mag ja für seine Eltern und Schwestern wichtig sein, doch er war bereits des Lebens überdrüssig. Ganz tief im Inneren seines Herzens wünschte er sich den Tod. Otto traute sich bloß nicht, um Sterbehilfe zu betteln. Solche Tat barg etwas Endgültiges in sich – und er war ein Feigling. Und außerdem würde sein Wunsch seine Familie zutiefst kränken. So hoffte er, dass die brutale Krankheit ihn eher früher als später von seinem Leiden erlösen würde.
Seit seinen fünften Lebensjahr litt er an einer Muskeldystrophie des Typs Duchenne. Zuerst tat er sich mit dem Laufen als Kleinkind schwer. Dann begann er bereits mit fünf Jahren zu stolpern und über seine eigene Füße zu fallen. Längere Wegstrecken schaffte er ohne Hilfe nicht. Treppensteigen war nur mit einer Kräfte verzerrenden Geländeakrobatik möglich. Seit seinem elften Lebensjahr trug er – sofern er überhaupt noch die Wohnung verließ – ein motorenbetrieben Exoskelett. Damit war er in seiner Klasse der Exot, musste sich als `Krüppel`beschimpfen und gehässigen Hohn über sich ergehen lassen. Seine Mutter sagte damals: „Otto, so sind die meisten Menschen gestrickt; wer auf anderen herumtrampeln kann, fühlt sich gleich besser. Das sind erbärmliche Wichte und daran kannst du prima Freund und Feind unterscheiden“. Und sein Vater ergänzte: „Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.“
Sprüche, die ihn ermutigen sollten. Doch die Welt war nicht in Ordnung. Dieses ganze Rumherum belastete ihn emotional zu sehr, sodass er bereits als Jugendlicher in tiefe Depressionen fiel. Seine Eltern nahmen ihn von der Schule. Der Klassenunterricht war nicht zwingend notwendig. Der Schulbesuch erfolgte eher aus der Überlegung heraus, dass solches Zusammensein mit anderen Menschen wichtig für die soziale Kommunikation sei; ein Ort für Bekanntschaften schließen und Freunde finden. Wirkliche – von Angesicht zu Angesicht. Doch es kamen nur Feinde. Nun, den notwendigen Unterrichtstoff bekam man aus der Matrix. Der Avatar `Lehrer´ war sogar erheblich effektiver, denn der Stoff war immer auf das Schülerprofil zugeschnitten. Und so lebte er mehr und mehr in der digitalen Matrix, statt in der – analogen – Realität. Das Internet 3.0 wurde für ihn selbst zur digitalen Wirklichkeit.
Immerhin als ein Lichtblick in seinem tristen Leben – als Anerkennung seiner Lebenswelt - hatte er das Cyberdeck `Berlin II´ von seinen Eltern geschenkt bekommen. Es war zwar nur ein Modell der Standard-Klasse und hatte `bloß´ 1.200 Kredits gekostet. Der wirkliche Preis war die implantierte Datenbuchse, bei welcher seine Eltern darauf bestanden hatte, dass diese von erstklassiger Hardware sei und mit einer hochwertige Operation durchgeführt wurde. Kein Pfusch im Klinikum Charite. Allein diese OP hatte wahnsinnige 55.000 Kredit gekostet.
„Otto du guckst so verträumt – freust du dich schon auf deine Geburtstagsfeier?“ fragte Paula, während sie das Medobett in die gute Stube schob.
Was sollte er sagen? „Yo, hoffentlich kommt auch Ali Baba.“
„Klar kommt Ali“, versicherte Petra freudestrahlend, während sie zufrieden den gedeckten Tisch begutachtete.
Baba war ihr Lover und sie gingen bereits fünf Jahre miteinander. In dieser schnelllebigen Zeit war das verdammt lang. Fast schon eine Ewigkeit. Kennengelernt hatten sie sich auf den Basar, dem Schmelztiegel der Kulturen in Berlin...
… Paula und Petra schlenderten zwischen den Ständen und Zelten, wo Gewürze aus Indien und Teppiche aus Kurdistan sowie Gold aus Iran und Tee aus Japan neben tausend anderen Dingen angeboten wurden. Die Marktschreier schrien sich ihre Seele aus dem Leib. Und irgendwo – aufgestapelt zu kleinen Halden – lagerten vermoderte Bücher aus vergangenen Tagen. Diverser Elektroschrott. Angeblich fast neu und nur mit leichten Gebrauchspuren. Aber manchmal fand man wirklich Schätze für die Museumsjäger oder Ersatzteile für nicht mehr hergestellte Geräte.
Und da war Ali Baba die erste Adresse.
Nach und nach hatte er sich einen legendären Ruf – eben: Ali Baba – erarbeitet und seine Schatzkammer war gut gefüllt. Wusste der Henker, wie er an das Zeug herangekommen war; welche Räuber er überfallen und welche Mörder er übers Ohr geschlagen hatte. Egal – niemand wußte, wie er wirklich hieß und woher er diesen Kram beschafft hatte. Hehlerware. Doch wer will es wissen? Wirklich? Niemand!
Und das war noch nicht alles.
Ali war auch ein Dealer von Informationen. Der Info-Dealer auf dem Basar von Berlin. Unschlagbar. Er brachte Angebot und Nachfrage zum übereinstimmenden Punkt. Nämlich in seinem Zelt gegen ein saftiges Honorar. Das verstand sich von selbst.
Jedenfalls damals – Anno 2030 – gingen sie `trödeln´und suchten für ihre Eltern nach intakten AR-Brillen oder zumindest funktionstüchtigen Ersatzteilen.
Der damalige Pionier Google warf 2015 die ersten massentaugliche Augmented-Reality-Brille auf den Markt und erzielte mit diesem Projekt `Glass´den Durchbruch. Eine Datenbrille, die einem ständig Information und Kommunikation visuell und akustisch ermöglichte; einen Zugriff auf die Cloud-Apps in Echtzeit, sofern man die Dienste der Server mieten, d.h. bezahlen konnte. Die AR I – Brille hatte noch sagenhafte 1.250 Kredits gekostet. Mit der AR II – Brille fünf Jahre später - im Jahr 2020 - sank der Preis rapide auf schlappe 500 Kredit und war damit für Jedermann erschwinglich. Und mit dem letzten Modell, dem AR III im Jahr 2022 für schlappe 230 Kredit sogar für die Bewohner in den zerstörten Staaten und verbrannten Slums erschwinglich. In den Elendshütten von Bombai bis Haiti saßen die Zerlumpten dieser Erde und erglotzten ihre ersehnte virtuelle Realität, um sich zumindest dort ins dekadente Leben von Tokyio, New York, Beijing und Moskau zu stürzen. Digitale Teilhabe – auch wenn sie in der analogen Realität mit kurrenden Magen ihre angeschwollenen Hungerbäuche hielten.
Ein Schnäppchen – vor der Einführung der Matrix 2022!
Das war die kulturelle Wende – auch für die Generationen. Eine neue Epoche!
Eine technologische Revolution, die der globalen Entwicklung der menschlichen Zivilisation eine neue Dimension eröffnete.
Zwar konnte man sich über seinem Pod – gekoppelt mit der AR III – auch in die Matrix einloggen, dann war es jedoch so, als würde man in einem 4 K-Kino und dessen 3-D-Lasertechnologie sitzen, um sich einen Analogfilm in VHS-Qualität anzugucken. Mit den Durchbruch der Datenbuchse von Futschikama 2028 wurde eine Schnittstelle direkt in den Schädel gefräst und die Nervenende von einzelnen Gehirnsektoren mittels optischen Fasern verbunden. Nun war – per Cyberdeck – eine Ganzkörper-Sinne-Animation möglich.
Man lebte direkt in der digitalisierten Welt.
Von nun an ließen sich nach und nach immer mehr Menschen diese Cyberbuchsen implantieren. Natürlich zuerst jene, die einen realen Mehrwert schaffen mussten oder es sich einfach leisten konnten: Polizei und Militär, Geheimdienste und Söldner waren die eine Zielgruppe; dann natürlich die Pinkels, die Reichen und jene, die meinen, sie müssten zeigen, dass sie Wer sind. Und drittes natürlich die, die um ihr Überleben in den Schatten liefen.
Die Runner! Solche Pioniere wie William Gibson oder Neal Stephenson.
Ihre Eltern – Doris und Nathan – lehnten den operativen Eingriff ins Gehirn kategorisch ab. Jahrelang waren sie die Wortführer der hiesigen Kampagne „Mein Gehirn gehört mir“ - die zwar in der Allianz Deutscher Länder den Siegeszug der Matrix verzögerte, jedoch nicht verhindern konnte.
Und ja: es war auch ein immens heftiger Streitpunkt zwischen ihnen. Krieg der Generationen. Doch sie hatten die Zeit auf ihrer Seite und irgendwann resignierten ihre Eltern und gaben ihren Widerstand auf. Nun hatten sie – Paula und Petra – ihre Cyberbuchse erkämpft.
Und mit eigenem Geld bezahlt!
Allerdings hatten sie sich bereit erklärt, für ihre Eltern den Nachschub zu besorgen und immer wieder AR III – Brillen anzuschleppen, die ihre Eltern nach wie vor benutzten. Doch inzwischen kosten diese Sammlerstücke astronomische 4.500 Kredits.
Jetzt waren das nämlich Raritäten!
Jedenfalls so hatten sie Ali Baba kennengelernt. Er schien mehr zu sein, als er seinen Kunden glauben machen wollte. Womöglich gar ein professionelle Runner. Und darüber hinaus war Pet aufgefallen, dass der Typ nicht nur hochwertige Ware aus den unergründlichen Quellen von diversen Konzernen besaß, sondern darüber hinaus auch noch ziemlich gut aussah. So kam das eine zum anderen: aus dem lustvollem fachsimpeln – der Mann hatte wirklich Ahnung, kein dünnschissiges Gelabere und hohlköpfiges Geschwätz – gingen sie über die Wochen und Monate zum flirten über, bis sie dann irgendwann halt zusammen waren...

Otto warf einen Blick auf den großen Monitor, der an der Wand zwischen den beiden Fenstern montiert war. Die Lautsprecher hingen wie Fledermäuse an der Decke.
Aktuell gab es eine Dokumentation über die Datenbank SCENTIA; mittels welcher der Administrator die Technologie der Arkoniden – soweit diese in der Positronik der Venus-Zuflucht gespeichert war – der Menschheit allgemein zugänglich übergeben hatte.
Es klingelte. Paula stieß einen schrillen Schrei aus: „Noch nicht!“
Doch schon bollerten energisch Fäuste gegen die Tür als wären die Trolle unter der Brücke angekommen. Petra eilte herbei und öffnete. Wie erwartet: ungeduldig harrten ihre Eltern auf Einlas.

Doris war mit ihren vierundsiebzig Jahren ausgesprochen rüstig, voller Lebensfreude und Schaffenskraft. Ihre Figur schlank und dezent durchtrainiert vom alltäglichen Jogging, ihr Kopf glich einen Adler mit scharfen Augen, spitzer Zunge und einer silberner Haube.
Nathan mit seinen einundsiebzig Jahren ebenfalls rank und schlank, strömte agile Vitalität aus. Allerdings zeugte sein fülliges Gesicht von seiner Vorliebe für gutes Essen und seine knollige Nase für einen guten Tropfen. Seit vierzig Jahren altmodisch verheiratet, lebten sie gemeinsam hier schon seit über fünfzig Jahren in der `Lukauer 3´ - dem ehemaligen Widerstandsnest im Kreuzberger Zentrum der Häuserkampfbewegung in den 80er Jahren des vorherigen Jahrhundert. Lebendige Zeitzeugen und wanderndes Mahnmahl einer aussterbende Gattung von Alt-Hippies und Alt-Punkies, die aus der Zeit gefallen waren.
Und wahrlich, für das Prima-Prima-Duo war es der reinste Fluch, mit solchen Eltern geschlagen zu sein. Ein Schicksal, mit dem sich jedes Menschenkind – zum Wohl oder Wehe - abzufinden hatte.
Eltern!
Während die drei Kinder im Vorderhaus lebten, hatten sich ihre Eltern im Hinterhaus verbarrikadiert. Die alten Primakowskys lebten, als rechneten sie täglich mit den Ansturm der Wächter vom No-Go-Ghetto. Aber das Haus war schon seit über 50 Jahren legalisiert. Und wenn mans ganz genau betrachtete, nicht nur in Selbstverwaltung - es war sogar in Wohnungseigentum übergegangen. Aber dieses Detail wurde fleißig verdrängt, der damaligen romantischen Revoluzzer-Zeiten wegen.
Und die Primakowsky waren von ihren Mit-Hausbesitzern wahrlich nicht gut gelitten.
Unweigerlich, wenn die Wundertüte am Abend die Runde machte, legten Nathan und Doris ihre alten CD´s auf. Dann dröhnten nicht nur die vier Wände, sondern man beschallte zugleich den Hinterhof und Vorderhaus. Alte, inzwischen unbekannte Songs von Hannes Wader oder Slime; vor allem von Rio Reiser, dem König von Deutschland, den einstigen Komponisten und Sänger von Ton Steine Scherben. Lieder wie „Keine Macht für Niemand“ und „Macht kaputt, was euch kaputt macht“ waren die Hymnen ihrer Eltern. Und so mussten die Kinder jene giftigen Blicke und das bösartige Getuschele über ihre durchgeknallten Eltern über sich ergehen lassen, wogegen diese, sichtlich wohlig ungerührt, blind und taub blieben. Als Eigentümer von eigenem Wohnraum war man nicht so ohne weiteres aus dem immer noch geliebten Kiez zu vertreiben.
Nachdem Kaffee und Tee auf den Tisch standen, öffnete Mama Primakowsky ihre kleine Schatztruhe und bot reihum ihre selbstgebackenen Plätzchen - „möchtest du einen Keks“ - mit zerbröselten schwarzen Afghan an. Nathan indes blieb nicht untätig und bastelte eine dreistöckige Tüte mit roten Libanesen.
Endlich, nach einer angemessene Phase der Dareichung der Friedenspfeife, schob Doris das große Paket aufs Bett ihres Sohns, während sein Vater zwinkernd und seine Geschwister erwartungsvoll ihm zusahen, wie er das Geschenk auspackte. Trotz seiner Krankheit, die ihm jede körperliche Anstrengung zur Qual machte, ließ er es sich nehmen – und es wurde ihm auch nicht erspart – sein Geburtstagsgeschenk selber auszupacken.
Otto fühlte in sich ein aufsteigendes Kribbeln, während er mühsam das Geschenkpapier zerriss und dann das lang erhoffte, tief ersehnte Wunderwerk vor sich liegen sah: das `Excalibur´ - die Königsklasse der Cyberdecks von Sonytoky – das leistungsfähigste, das Ultimate schlicht hin, was es auf dem Markt gab. Schlappe 80.000 Kredit. Dafür bekamen die StiNo drei komplette Autos. Aber mit dem `Excalibur´ gehörte man zu der Elite der Matrix! Und ab heute gehörte er dazu – wenn er sich in den Weiten und Tiefen des Net behaupten konnte. Verdammt schwer. Otto wusste das; er brauchte nur zwei Meter entfernt seine Schwestern ansehen: das Prima-Prima-Duo war landesweit als Profis bekannt. Sie waren Deckerinnen des B-Levels und hatten einen Ruf in der Allianz Deutscher Länder, den sie durchaus zu verteidigen wussten.
Jetzt grinsten die Zwei ihren kleinen Bruder an:“Willkommen im Klub,Bruderherz“ gratulierten sie im Chor.
Natürlich war klar: Das Geschenk kam von der Familie, doch die Knete kam vom Duo. Doris und Nathan waren zwar die Freaks vom Kiez, doch letztlich lebten sie von einer kargen Altersrente, die – wie man so schön sagt – zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben war. Die finanziellen Verhältnisse drohten stets zum Notverkauf ihrer Eigentumswohnung zu drängen - was jedoch die Mädels mit ihren gelegentlichen Runs zu verhindern wussten.
Während Otto noch mit den Tränen voller Rührung rang, klingelte es erneut.
„Hey, das wird Ali sein!“ frohlockte Petra und eilte wie der Wind hinaus.
Strahlend schritt der deutsch-arabische Lover in die Zentrale der Primakowskys, unter seinem rechten Arm ein Päckchen, welches mit schnöden graubraunen Packpapier eingewickelt war.
„Sorry, dass ich so spät komme“, begrüßte er die Familie und wedelte den im Zimmer sich ausbreitenden würzigen Rauch von seinem Gesicht. „Natti, du verbreitest hier wieder Nebel“,monierte Baba streng.
„Aber Ali, das ist doch kein Nebel“, entrüstete sich Mama Primakowsky, das ist die rechtliche Grauzone.“
„Wo du Recht hast, hast du Recht“, sekundierte ihr Mann mit gewichtiger Stimme.
„Hörst du, Ali? So ist es!“, schnurrte Doris zufrieden und streichelte ihrem Mann zärtlich den Rücken. Ein Herz und eine Seele.
Paula sah die Beziehung zwischen Ali Baba und ihrer Schwester Petra mit einem weinenden als auch einem lachenden Auge. Zum einem war da das tiefe Bedürfnis, auch endlich einen solch coolen Mann fürs Leben – zumindest für die nächsten zwölf Monate – zu finden. Und zum anderen musste sie zugeben, dass das Prima-Prima-Duo es Ali zu verdanken hatten, dass ihr Potenzial voll zum tragen kam. Vor ihm waren sie schon gut und spielten in der C-Liga. Das bedeutet, Aufträge mit bis zu 100.000 Kredit als Datengrabber zu angeln. Aber nun – im Besitz ihres Cyberdecks `Excalibur´ - konnten sie ihr volles Potenzial in der Matrix nutzen und waren in die B-Liga aufgestiegen. Aus vielen offiziellen, aber noch mehr aus dunklen Kanälen winkten knifflige Jobs, Deals für Informationssuche und Recherchen um die 500.000 Kredits. Und damit waren sie die Besten in Groß-Berlin!
Nur aus diesem Hintergrund heraus konnten sie ihrem kleinen Bruder diese private Pflege finanzieren – denn Krankenversicherung gab es für ihr selbstständiges Unternehmertum nicht. Selbständig hieß: selbst und ständig maloche.
In seinem markanten Gesicht spiegelte sich die jugendliche Freude wieder, als Ali sein Butterbrot-Päckchen überreichte. Otto nahm es und guckte fragend das schwere, echt unhandliche Geschenk an.
„Öffnen muss du schon selber, Kleiner“, grunzte gemütlich der Basar-König.
Kurzerhand riss Otto das Einwickelpapier in Fetzen und lag in einem inneren Prozess der Versteinerung da, während seine Augen beinahe aus ihren Höhlen krochen. Unfassbar!
Ein Titan CC 20-Modul vom einstigen deutschen Konzern GlobalFraun. Ein Relikt aus einer verflossenen Zeit, als die Holding - der Zusammenschluss von Globalfoundries und Fraunhofer Institut - davon träumten, den Big Five Konkurrenz machen zu können und eben genau deshalb Das Da auf den Markt warfen: ein Modul so groß wie ein Aktenkoffer eines Steuerberaters und die Rechenkapazität eines Supercomputers. Sagenhafte 20 Petaflops mit einem Stromverbrauch aus der Steckdose. Revolutionär – und sündhaft teuer. Jedenfalls bei einen Preis von 500.000 Kredit nicht markttauglich und so wurde die Produktion bei mageren 1.000 Stück eingestellt. Das war im Jahre 2021 gewesen. Inzwischen gab es bloß noch knapp 300 Stück. Heiß begehrte Ware.
„Nein!“, schrillte prompt ein Schrei zwischen Wut und Entzückung, „mein!“
Petra sprang mit einem begehrlichen Blick auf das Medobett ihres kleinen Bruders zu. „Ali, Hilfe!“ krächzte Otto und klammerte sein Geschenk an sich so fest er nur konnte.
Baba schob seine breiten Schultern schützend vor den schmächtigen Jüngling und meinte breit grinsend: “Aber, Frodo, du wirst doch nicht...“
„Mein Schatz“, hechelte Petra und landete in Alis Armen, der sie umschlungen hielt, einmal um seine Achsel herumwirbelte und einen satten Kuss auf ihre Lippen schmatzen ließ.
„Meiiin Schatz! Er gehört miiir“, intonierte jetzt Otto.
„Gollum, behalte deinen Schaaatz“, erwiderte Petra und knuffte grinsend und doch mit einer Prise Ernsthaftigkeit ihren Freund in die Rippen, „und ich dachte wir wären zusammen.“
„Klar doch. Aber es macht schon Sinn, das Bruderherz der zukünftigen Braut zu erobern, nicht?“
„Hey, ihr wollt heiraten?“ erkundigte sich ebenfalls nun leicht eifersüchtig, wenn auch aus einem anderen Grund, ihre Zwillingsschwester.
„Liebe Paula“, erwiderte Ali leicht theatralisch,“ auch du hast in meinem Herzen Platz.“
Und fügte zu Otto gewandt hinzu: „Otti, die Startsequenz lautet...“
„Sesam öffne dich!“ riefen das Prima-Prima-Duo.
„Genau!“
Nathan guckte auf den stumm geschalteten Riesenmonitor. „Hi Leute, ich stell mal lauter“, nuschelte er.
„Und nun sehen Sie die letzten Startvorbereitungen der TOSOMA für ihren Flug nach Arkon“, erläuterte der Kommentator. „Perry Rhodan ...“
„Ausschallten! Wir wolen diese Doku nicht hören!“, riefen genervt die Prima-Prima-Schwestern, bis ihr Vater seufzend den Stummschalter drückte.
„Aber ich fand das interessant“, maulte Otto.
„Schnaubend empörte sich Paula:“Und was bringt der Scheiß? Kostet Milliarden Kredits, die mit dem Zauberwort „Raumfahrt“ nur die Entwicklungskosten der MegKonz subventionieren, während die Bevölkerung in den Slums dahin vegetiert.“
„Stimmt schon, Kleines“, beruhigte Doris ihre Tochter. Dann schob sie mit einem Ruck den Stuhl zurück und erhob sich leicht wankend. Schon ziemlich bedröhnt stellte sich ihre Mutter in die Mitte des Raumes und wandte sich ihrem still aufstöhnendem Publikum zu.
Mit weit tragender deklarierender theatralischer Stimme intonierte Doris:
„Und Me-Ti sprach:
Es gibt viele Arten zu töten.
Man kann einem ein Messer in den Bauch stechen, einem das Brot entziehen, einen von einer Krankheit nicht heilen, einen in eine schlechte Wohnung stecken, einen durch Arbeit zu Tode schinden, einen zum Suizid treiben, einen in den Krieg führen.
Nur weniges davon ist in unserem Staat verboten.“
Sichtlich zufrieden mit sich, wenn auch etwas erschöpft, wankte Doris wieder zurück zu ihrem Platz. Nathan hatte inzwischen den nächsten dreistöckigen Joint fertig gebastelt.
Ali Baba winkte ab:“Ich passe!“
„Ich auch!“, pflichtete Otto ihn bei.
„Weicheier“, nölte Nathan und glomm die Spitze ab.
„Ach ja, meinte Doris beiläufig nach einer reichlichen Stunde, “ihr habt in eurem Büro in unserem Hinterzimmer eine A1-Nachricht bekommen“.
„Waaaaas! Und das sagst du erst jetzt, Mama“, entrüstete sich Petra.
„Ich geh gucken. Wahnsinn!“ meinte Paula und war schon mit einen Sprung bei der Tür.
„Nichts da! Hier geblieben“, sperrte Doris sich gegen den Ansinnen ihrer Töchter. „Deswegen hatte ich auch nichts gesagt. Hier wird Geburtstag gefeiert.
Die Geschäfte kommen erst morgen aufs Tapez!“
Gehorsam setzt sich Paula wieder hin. Die Zwillinge sahen sich vielsagend an.
Eine A-Nachricht war der Hammer. Level A bedeutet ein Angebot von 1.000.000 Kredit für einen Daten-Run. Das war Welt-Liga! Damit agierten sie auf dem gleichen Level wie die TOP-Stars von Seattle und Tokyo, Kapstadt und Shanghai, Moskau und London.
Das Prima-Prima-Duo fieberte den nächsten Morgen entgegen.

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Honor_Harrington
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Re: Skizzen zu NEO

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Danke an OLD MAN für seine Korrektur - alle Fehler gehören mir!

20. Skizze:
Ein Level A – Auftrag


Berlin / Allianz Deutscher Länder
04. Februar 2037

BOOM!
Genau am Scheitelpunkt - wo die Nacht am tiefsten und der Tag am nächsten ist - zerriss eine heftige Explosion die trügerische Stille. Fenster borsten und die Wände bebten von der massiven Erschütterung. Für einen Moment hielt wie das Zyklopenauge im Sturm die Ruhe an. Dann sah man im Innenhof der Lukauer 3 die flackernden Schatten von der sich ausbreitende Feuerbrunst.
Paula und Petra waren längst aus ihren Betten gesprungen. Otto rief ängstlich: „Leute, was ist? Was ist los?“
Paula sah aus dem Küchenfenster hinaus, welches den Blick zum Hinterhaus freigab. Doch da war nichts. Kein Gebäude ragte gen Himmel. Nur ein qualmender Trümmerhaufen. Eine Halde von schuttigem Gestein und brennendem Holz sowie jede Menge zerbrochenes Irgendwas, was einst unter der Kategorie Wohnungseinrichtungen firmierte.
„Papa! Mama!“ rief Paula entsetzt und lief in wehendem Nachthemd und nackten Füssen aus der Wohnung hinaus. Petra, die verwirrt mit ungläubiger Miene die Feuerbrunst sah, brauchte ein paar Sekunden, um ihrer Schwester nachzueilen. Mit ihren rosaroten Schlafanzug und Kitty-Pantoffeln schlappte sie hinterdrein. Sprachlos und mit leergefegtem Hirn, in welches nichts sich regte, weil nicht sein kann, was nicht sein darf.

Nach und nach füllte sich der Hinterhof mit aufgeregten und fassungslosen Nachbarn. Paula und Petra arbeiteten sich am Rand der Hysterie durch die ein, dann zwei dutzend aufgeregten Zuschauer. Einige begannen bereits mit ihren bloßen Händen im Geröll zu wühlen. Der Berg voller Gestein und Gebälk war zu groß. Dazwischen loderten immer wieder Feuersäulen hoch und ein Gestank aus verbranntem Fleisch legte sich wie ein Leichentuch über die Lukauer 3.
Die bange Frage schwebte über allen. Gab es Überlebende? Und was war passiert? Vom Ferne war bereits die Sirene der Feuerwehr zu hören, sowie die quietschenden Reifen der gepanzerten Polizeiwagen.
„Ich geh zu Otto und informiere ihn“, flüsterte mit rauer Stimme Petra ihrer Schwester zu und wand sich resigniert vom Ort des Schreckens ab. Hoffnung hatten sie keine. Paula nickte bloß, während sie mit versteinerter Miene am Trümmerfeld blieb. Eine düstere Totenwache.
Irgendwann – Stunden später – bemerkte Paula eine massige Gestalt neben sich, die einen Arm um ihre Schulter legte. Ali Baba! Erst jetzt drang der Schmerz durch ihre Kehle, sie schluchzte und ließ ihren zurückgehaltenen Tränen freien Lauf.
Inzwischen hatte sich auch Otto - mit Hilfe von Petra mühsam in sein Exoskelett gezwängt - zu seinen Schwestern gesellt.
Gemeinsam hörten sie die eintrudelnden Meldungen.
„Gasleitung explodiert.“
„Gasleitung manipuliert.“
„Bewohner Fritz Müller tot. Zerrissen.“
„Immerhin, sonst hätte ich den Kerl zerfetzt...“ knurrte Ali Baba bebend vor Zorn.
„Sieben Nachbarn tot....“
An diesem Punkt erklang kein Klagen.
Nur vom Entsetzen gewürgtes Schweigen.
Die Geschwister drehten sich um und gingen stockend steif wie mechanische Puppen zurück in ihrer Wohnung.
Ali stützte Otto.
Dann saßen allesamt am runden Tisch und stierten gedankenverloren vor sich hin. Erst gestern war hier die Familienfeier gewesen.
Wie zerbrechlich das Leben war.
Wie Spuren im Sand.
Von einem zum anderen Moment verweht.
Ali drückte die drei Geschwister und ging.
Petra half Otto wieder in sein Medobett. Paula schaltete ihr Cyberdeck ein.
Knapp drei Stunden nach der Katastrophe lagen zwei E-Mails im Postfach.
Die erste Nachricht von der Hausverwaltung verhieß kurz und knapp: Beileid. Kein Schadensersatz - da höhere Gewalt durch Fremdverschulden.
Die zweite Nachricht von der Lebensversicherung verkündigte lapidar: Beileid. Normale Auszahlung der Police erfolgt nach Bestätigung durch gerichtlichen Beschluss.
Und sonst nichts.
Schreiende Gewöhnlichkeit in der stillen Leere.

Kurz vor Mitternacht verließen das Prima-Prima-Duo das Haus. Vorher hatten sie ihrem Bruder Otto ein leichtes Beruhigungsmittel gegeben. Jetzt schlief er tief und fest. Ganz in schwarz gekleidet, radelten die Schwestern – jede ein `Excalibur´-Deck auf dem Rücken – in Richtung Mehringdamm. Enge Schleichwege. Fußgänger konnte sie ebenso wenig verfolgen wie Autos oder Motorräder.
Das war der Vorteil von Fahrrädern in der Stadt.
Aber selbstverständlich gaben sie sich keiner Illusion hin. Über ihre modifizierten AR III – Brillen konnten sie die überall surrenden Drohnen orten. Allein im Himmel über Berlin summten die 800 Digital-Bienen ihr Arbeitslied. Und dass sie – die PP2 – ständig unter Beobachtung des Abteilung II des Berliner LKA standen, war ja so was von klar. Abteilung II war zuständig für Internetdelikte und Datenschutz. Was in der Übersetzung eines normalsterblichen Menschen nichts anderes bedeutete: Daten der Konzerne und der Behörden werden gegen die Interessen der Bevölkerung geschützt, wobei alle Daten des „gläsernen Bürgers“ den Wirtschaftslobbys und anderen Behörden - gegen eine angemessene Provision – zur Verfügung gestellt werden.
An der U-Bahn-Station Mehringdamm schlossen sie die Räder ab und fuhren mit der U 6 zum Bahnhof Tempelhof. Dort stiegen sie in die S 42 um und weiter ging es bis zu Station Neukölln, wo sie erneut umstiegen. In der U7 ratterten sie bis zur Station Blaschkoallee. Soweit die gängige Prozedur. Kein Verfolger und keine Drohnen. Das war schließlich der Sinn an dieser Übung.
Aber noch gab es einen letzten Haken. Petra hatte inzwischen ihr Pad aktiviert und das kleines Programm „Schleife“ vorbereitet. Im Laufe der letzten fünf Jahren hatten sie verschiedene Tracks aufgezeichnet. Und die U-Station Blaschkoallee war „Schleife 16“.
Kaum hielt die U-Bahn, guckte Paula aus dem Zug. Gegen 0.15 Uhr war niemand mehr unterwegs. Sie nickte ihrer Schwester zu und diese aktivierte das Programm.
Da niemand auf den Steg zu sehen war, war auch auf der eingespielten Schleife, die sich nun im bahnhofseigenem Überwachungssystem einklinkte nichts zu sehen. Die Kameras zeigten – nichts. Das Prima-Prima-Duo sprang aus dem Wagon und rannte in den Tunnel zurück. „Schleife 16“ wurde deaktiviert. Gerade mal knapp 10 Sekunden. Zuwenig, um auch nur einen Hauch von Verdacht zu schöpfen.
Nun marschierten sie los. Direkt in einer Tunnelabzweigung der Grade Straße entlang, welches ursprünglich als eine Querverbindung für ein neues U-Bahn-Projekt gedacht war. Ullstein-Blaschkoallee. Doch die Strecke war wegen Kosten-Nutzung-Erwägung wieder auf Eis gelegt worden. Dennoch. Die ersten Tunnelarbeiten waren getätigt und nie wieder zugeschüttet worden.
All das und noch viel mehr hatten ihre Eltern – die letzten Mitglieder des CCC in Berlin – ausbaldowert und ihren Kinder vermacht. Paula erinnerte sich noch an die denkwürdigen Worte bei einer Runde Joint und inhaltsvollen Keksen: „Yo, das ist der Hammer. Nur für euch. Denkt daran. Nur für euch. Ihr werdet das noch einmal brauchen.“
Es war ein quälender Entscheidungsprozess gewesen, wo die letzten beiden aktiven Mitglieder des Chaos Computer Clubs Berlin die Grenze zogen. `Natty, der letzte Mohikaner´und `Dorothy von Oz´ weigerten sich, irgendwelche Datenbuchsen ins Nervensystem implantieren zu lassen. Es war nach ihrer Ansicht `unnatürlich´und die Matrix wäre ein `Ungeheuer´, das die menschliche Natur entfremden und langfristig zerstören würde. Daraufhin hatten sie sich auf ihrem Gebiet – Internet 2.0 – eingeigelt und außerdem die Kampagne `mein Gehirn gehört mir´gegründet. Doris und Nathan waren in der Zwischenzeit keineswegs untätig geblieben. Sie unterhielten ein weitverzweigtes Netz kompetenter Hacker und tüftelten an diesen und jenen Programmen - die vor allem für ihre Töchter von großem Nutzen waren. Zwar war letztlich ihre Kampagne gescheitert, dennoch hatten sie Recht behalten. Die ganze Schar MegKonz-Decker waren nicht mehr ihre eigenen Herren als selbstständige Experten, sondern degradierten zu Lohnsklaven, denen beim geringsten Misstrauen ihrer erzwungenen Loyalität die Mikrobombe an der Datenbuchse das Hirn zerfetzte. Bedauerliche Unfälle.
Nun war das Kind in den Brunnen gefallen.
Die Konzerne wollten und die `Liga der Decker´konnten diese gesetzten Fakten im `gleichberechtigten Vertragsverhältnis´nicht mehr ändern. Und der Staat – hier das Bundesamt für Datenschutz – fühlte sich für solcherlei Fragen nicht zuständig.

Fünfzehn Minuten später waren sie da. Ein verrottetes Bauhäuschen.
Exakt unter Grade Straße 50.
Hier war ihre Einsatzzentrale. Von hier aus führten sie ihre digitalen Runs durch.
Ihre Eltern hatten vor Jahren einen „harten Hack“ durchgeführt. Natty hatte anhand der alten Baupläne herausgefunden, dass das zentrale Glasfaserkabel der BCIX genau hier – knapp 30 Zentimeter über diesem Container entlangführte. Zwar eingegossen in einem Betonrohr, doch dieses hatten sie aufgemeißelt und das Kabel angezapft. Und dieses Kabel führte sowohl zur Grade Straße 40, wo VERSATEL firmierte, als auch zur Grade Straße 60, wo LEVEL 3 die Versorgung übernahm. Dieser Berliner-Peering-Point als regionaler Carrier switchte 500 Gbit/s Daten in aller Welt. Für das Prima-Prima-Duo eine kostenlose und vor allem nicht zurückverfolgbare Quelle direkt am Ursprung.
Sie schlossen ihre Cyberdecks an die Stromdose an. Dann verbanden sie ihre Decks über einen Doppelstecker ans BCIX-Kabel und – also Clou – zum Schluß koppelten sie ihre `Excaliburs´ untereinander mit einen knapp zwei Meter langen Glasfaserkabel.
In der Matrix erschienen am regionalem Knotenpunkt Berlin – ein virtuell großer Bär – zwei silberne Kugeln, die mit einer ebenso silbrigen Verstrebung miteinander verbunden waren. Eine zierliche Hantel.
Das war ihr Markenzeichen!
Die silberne Hantel flog in den Rachen des Berliner Bären hinein; in seiner Innerei verzweigte sich eine riesige Prachtallee: die virtuelle `Unter den Linden´in der Matrix – ein pulsierender Komplex aus Licht und Energie. Zwischen dem Regierungskomplex eines Reichstags und dem Kommerzbabel Alexanderplatz, der mit dem Avatar eines weit leuchtenden Funkturmes symbolisiert wurde. Sie bogen elegant zum weit entfernten Potsdamer Platz ab, wo die regionalen Bürosuiten lagen und wo auch sie als freischaffende Runner ihr digitales Büro besaßen.
Hier konnten sie – über einem Backup-Programm auf Redundanzserver zugreifend - alle Daten abrufen, die in den letzten Tagen eingetroffen waren und nun scheinbar in dem zerschmolzenden Computer in der zerstörten Wohnung ihrer zerfetzten Eltern nicht mehr existent waren.
Gemeinsam starten die Schwestern das Elgamal-Kryptoverfahren #al.Dschamel-Kryposystem# in Kombination mit dem Rijndael-Algorithmus #AES256# - und lasen die in Sekunden eingehenden Klartexte.
Tatsächlich ein Level A – Auftrag!
Die beiden internen Avatare von Paula und Petra – zwei virtuelle kleine Mädchen mit Zöpfen - nickten sich zu.
#Angebot Level A: 1.000.000 Kredit bei Erfolg#
AUFTRAG: ZERSTÖRUNG DER ARKONIDISCH-TERRANISCHEN DATENBANK SCENTIA! 05.FEBRUAR 2037.
Petra startete ihr unfeines Programm „Schnuffy“, welches Doris entwickelt hatte, um die digitalen Spuren zurückzuverfolgen, die der Auftragsgeber hinterlassen hatte. Dass solches Verhalten im höchstem Maße unerwünscht war und ein Akt des Vertrauensbruchs darstellte, war dem Prima-Prima-Duo klar. Doch Natty hatte damals die Entrüstung der Zwillinge gedämpft. „Sicher ist sicher – und euer Leben hängt davon ab zu wissen, mit welchen Jungs ihr spielt.“ Und der Auftrag war nun wirklich keine Anfrage für Jedermann. Das Informations - und Kommunikationszentrum von Terrania zu zerstören war ein hässliche Attacke auf das digitale Herz der Terranischen Union.

#Futschikama – Kategorie A-1 – Sektion ADL# blinkte es ununterbrochen.

In der internen Kommunikation zwischen Prima-Prima klingelte es.
Paula: „Nö, Petra, das Eisen zu heiß. Möglicherweise sogar ein faules Ei.“
Petra: “Warum wir? Könnten die Jungs von MegKonz Futschikama auch selber tun. Haben doch genügend `Experten´.“
Paula: “Sie wollen sich keine politisch-wirtschaftliche Blöße geben. Und überlassen uns ihren Dreck.“
Petra: “Mmh, 1.000.000 Kredit könnten wir schon gebrauchen. Jetzt, nachdem unsere Eltern … und Otto ...“
Paula: “Ich habe da ein ganz mieses Gefühl.
Erst die Nachricht gestern im Büro und dann die Explosion heute.“
Petra: “Nun mal keine Paranoia. Keine Verschwörungstheorien. Den klaren Kopf wir bewahren jetzt!“
Paula: “Yo, Jedi Sister!“
Petra: “Mmh, was auch immer da im Hintergrund läuft, Paula, Mama und Papa würden das Ding niemals drehen. Der letzte Mohikaner als überzeugter SF-Fan und Dorothy aus Oz als Zukunftspunk würden die Terranische Union niemals bekämpfen. Im Gegenteil!“
Paula: “Du meinst, Papa würde für die Terranische Union in die Bütt gehen?“
Petra: “Ja. Das würde er. Gegen Futschikama und das ganze korrupte Pack.
Natty war ein Mann Rhodans. Definitiv!“
Funkstille.
Paula: “Also gut. Machen wir es mit dem Vermächtnis unserer Eltern...?!“
Petra: “Wenn nicht jetzt - wann dann?“
Paula: “Ich gebe unsere Konditionen durch. Schweizer Bank- Nummernkonto. O.k.?“
Petra: “O.K. Auftrag angenommen. Kontrakterfüllung: Morgen.“
Das Prima-Prima-Duo sah sich schweigend an.
Morgen - danach – war alles vorbei.

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Honor_Harrington
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Re: Skizzen zu NEO

Beitrag von Honor_Harrington »

Danke an Old Man für seine Korrektur - alle Fehler gehören mir!

21. Skizze: G.A.S.


Berlin / Allianz Deutscher Länder
05. Februar 2037
„Ich verstehe nicht, was das soll“, quengelte Otto und fügte mit größtmöglichem Nachdruck hinzu:“ Und ich will das auch nicht!“
„Otti, wir verstehen dich ja. Auch wir finden das schrecklich. Aber willst du die ganzen Tage am Fenster zum Hof verbringen und zuschauen, wie die zerfetzten Leichenteile einzeln geborgen und zu einem makabren Puzzle zusammengesetzt werden?“, fragte Paula rhetorisch nach.
„Und wir fliegen auch nur für fünf Tage in die Schweiz“, bemühte sich Petra, ihren Bruder mit einer Notlüge die nicht-erklärte Flucht schmackhaft zu machen. „Dort bekommst du den sowieso schon längst überfälligen Bodycheck und ein neues Exoskelett.“
Das waren durchschlagende Argumente, denen Otto nichts entgegen zu setzen hatte. Darum schwieg er miesepetrig.
Schon seit Stunden kramten die Schwestern in ihren Schränken und Kisten herum. Inzwischen hat sich ein kleiner Hügel aus Koffern und Taschen aufgetürmt. Eine Fuhre für zwei Taxis zum Flughafen Berlin-Brandenburg.
Gegen Mittag war das Gröbste geschafft. Nach einen kurzen Besuch am Trümmerhaufen des ehemaligen Hinterhauses, wo die Drei schweigend wie im Gebet vertieft ihre Eltern gedachten, saßen sie nun am runden Tisch. Ohne duftenden Joint und geschmacksvolle Kekse sah die Welt nicht nur trostlos aus; sie fühlten sich in einem irdischen Jammertal gefangen, worüber eine deprimierend graue Wolke ihre Tränen über das einst grüne Tal ergoss.

18.00 Uhr
Am frühen Abend radelte das Prima-Prima-Duo los.
Just zu dieser Zeit herrschte Hochbetrieb, was für ihr Unternehmen äußerst riskant war. Aber sie wollten ihren Job erledigen und der war nun mal laut Kontrakt auf heute - den 05. Februar - terminiert. Natürlich konnten sie auf ihrem Zielbahnhof Blaschkoallee nicht die übliche Leerschleife laufen lassen. Eine solche Aktion würde sofort Alarm auslösen. Also nahmen die Schwester die OO-Schleife. Die brutale Tour: Störung! Zehn Sekunden chaotisches Flimmern und dann wieder alles paletti. Das war für die Kontrolleure in der BVG-Zentrale durchaus ein akzeptabler Wert. Jedenfalls noch im grünen Bereich, um sich aufatmend wieder in den Sessel zurückgleiten zu lassen.
Im übrigen mussten die Schwestern keine große Rücksicht nehmen.
Nach dieser Aktion waren sie weg – aus Berlin und aus der Allianz Deutscher Länder.
Der Interkontinentalflug startet um 23:50 Uhr und jetzt war es exakt 18:45 Uhr. Von der Wohnung mit zwei Taxi los. Mit 20:50 Uhr schaffen sie es gerade so.
Zwei Stunden satt.
Das Prima-Prima-Duo hackte sich im BCIX-Knotenpunkt ein. Dieses Mal jedoch nicht mit ihren Marken-Avatar `silberne Hantel´, sondern unter einem digitalen Tarnmantel. Allein das Programm`Nebel´ forderte ihrem Cyberdeck `Excalibur´ immens an Rechenleistung ab. Und hier lagen auch die qualitativen Unterschiede zwischen den Decks. Nur ein `Excalibur´ konnte überhaupt diesen Level an Tarnung in der Matrix produzieren. Alle anderen minderwertigen Decks konnten dieses Programm – sofern sie dieses überhaupt besaßen – nicht initiieren. Mangels ausreichender Leistung!

Wie ein Komet raste das Prima-Prima-Duo durch das NET und sahen bald am Matrix-Himmel ein silber strahlendes Raumschiff.
Die virtuelle Stardust!
Angedockt war es für sie ein leichtes, in die erste Informationsschicht der arkonidisch-terranischen Datenbank SCENTIA einzudringen.
Klar – die selbsternannten Terraner hatten per Anweisung des Adminstrators die Informationen weitgehend freigeschaltet. Der Koordinator für Wissenschaft und Technik, Fredrik Dahlgren begründete diesen Schritt damit, dass dadurch ein in der menschlichen Evolution beispielloser Transfer an Wissenschaft und Technik eingeleitet werden würde. Ein enormer Innovationsschub für alle Völker dieser Welt und zum Nutzen einer sich vereinigenden Menscheit.
Prompt hat diese Proklamation bei den MegKonz tsunamieartig brodelnde Wut und geifernden Hass ausgelöst. Morddrohungen und Terrorankündigungen hagelten wie semantische Bomben auf die junge Terranische Union nieder. Es war die nackte Angst, das alle bis dahin gültigen Patente und Lizenzen praktisch über Nacht ohne Wert sein könnten.
Historisch überholt. Schnee von Gestern.
Gigantische Verluste an der Börse – und eine Gleichstellung mit gewöhnlichen Firmen in aller Welt war die absehbare Folge.
Ihre Vormachtstellung – finanzwirtschaftliche Kaiser der Welt – war abrupt gebrochen worden!

PP2 hatte das reguläre Anti-Virus – und Trojanerjäger-Programm von SCENTIA nicht wirklich registriert. Wie eine wuchtige Axt durch einen dünnen Scheit brachen sie ungehemmt durch.
Weiter.
Petra und Paula stürzten sich auf die zweiten Informationsschicht der Positronik. Dort fanden sie eine Crest-Datei zum Forschungsraumschiff AETRON. Interessant war für die Schwestern vor allem der psycho-medizinische Zustand der Besatzung. Die degenerierten Arkoniden lagen passiv auf Schwebeliegen und starrten auf riesige Konsolen – um Lichtwolken zu manipulieren. Fiktivspiele!
Diese digitalen Spiele waren mit einer solch arkustik-sensitiven Tiefe präsentiert worden, dass sie wirklicher als die Wirklichkeit selbst erschienen.
Hier wurden alle Wünsche wahr, die das Herz begehrte!
Nun konnte man Abenteurer, Casanova, Herrscher oder Krösus sein – immer und stets für alle Ewigkeit!
Niemand brauchte sich mehr der unbequemen, anstrengenden Realität zu stellen.
Keine Pflicht! Kein Schmerz! Keine Trauer! Keine Enttäuschung!
Sterile Perfektion!
Solange die medizinische Versorgung des dahinvegitierenden Süchtigen nicht versagt.
Weiter. Weiter.
Das Prima-Prima-Duo stieß auf einen Abwehrwall. Es war ein internes Schutzprogramm, um einen unbefugten Zugriff auf vertrauliche Daten zu blockieren. Und hier lauerte das ICE – arkonidischer Machart! ICE- Intrusion Countermeasure Equipment! Der Nebel deutet auf Graues Eis hin: eine komplexe Software, die von selbst aktiv Eindringlinge aufspürte und angriff.
Urplötzlich waren sie in eine anderen virtuellen Umgebung versetzt worden – inmitten einer Lichtwolke, die sich als ein Labyrinth erwies. Ohne Eingang – ohne Ausgang: Gefangene in einem Glitzermeer von Sternenpracht. Atemberaubend schön und zu einer immerwährenden kosmische Reise einladend.
Und die Geschwister verstanden die Ironie des Schicksals!

Es bedurfte wahrlich ihrer ganzen mentalen Entschlossenheit und der Rechenkapazität ihres bis zum Anschlag gekoppelten `Excalibur´, um nach einer gefühlten Ewigkeit aus dieser honigsüßen klebrigen Falle des Grauen ICE auszubrechen.
In ihrer Subkommunikation verständigten sie sich auf einen `Bonus´ für Terrania und ritten in die `Terranische Aktuellen Tagesschau´(TAT) ein. Dort unterbrachen die Beiden kurzerhand das laufende Programm und gaben über den Avatar für Notfälle – ein Indianerjunge – unter dem Namen PRIM eine kurze Erklärung ab.
„Terranische Generation!
PRIM sah zwei digitale Gefahren für die Menschheit.
Erstens hatte die grafische Rechenleistung der arkonidisch-terranischen Positronik ein Niveau erreicht, dass die digitale Fiction realer als die Wirklichkeit erscheinen lies. Damit boten sich Fiktivspiele als Flucht ins vermeintliche Paradies an. Ein großer Teil der Bevölkerung könnte dieses Angebot dauerhaft annehmen, um so ihrem trist erscheinenden Dasein zu entfliehen.
Mit der Konseqenz des sozialen und vitalen Verfalls.
Süchtig bis zum Tod!
Zweitens schien das arkonidische Schutzprogramm in seiner Grauen ICE-Variante ein Brandbeschleuniger zu sein. Quasi eine Form von digitalem Medikamenten-Missbrauch, um sich den ultimativen Kick zu geben, auf ewig in den kosmischen Sphären zu schweben.
Eine Reise ohne Wiederkehr.
Beide Faktoren – potenziert in ihrer Kombination – wirkten langfristig auf die kulturelle Entwicklung der Spezies.
Am Ende stand die Degeneration!“
Und nach einer kurzen Pause.
„PRIM hat den Auftrag von MegKon Futschikama erhalten, SCENTIA zu zerstören.
Nicht etwa als ein Akt der Wohltat zum Schutz der Menschheit. Der Sinn liegt vielmehr in der Erhaltung der bisherigen wirtschaftspolitischen Macht.
Darum werden wir dieses nicht tun.
Dennoch könnten andere Runner auf die Idee kommen, den Auftrag als eine Art Herausforderung und für vermeintliche Ehre anzunehmen. Oder für Geld – Drogen – Drohung.
Seid gewarnt!
Es lebe die Terranische Union.
Zu den Sternen.“

18:45 Uhr
Quasi mit Lichtgeschwindigkeit – zumindest mit der Verarbeitungsgeschwindigkeit ihrer Neuronen – sauste das Prima-Prima-Duo zur Münchner Zentrale des Futschikama-Konzerns in der ADL.
Es gab es immer eine Hintertür.
„Schnuckies“, belehrte die Mama damals ihre Töchter, „jeder Programmierer, wirklich jeder Ober-Fuzzi wird vom brennenden Ehrgeiz gequält, sich in seinem Kunstwerk zu präsentieren. Und zwar durch eine Insider-Signatur! Streng verboten – doch der Mensch ist schwach. Und Regeln sind bekanntlich dafür da, gebrochen zu werden. Daher: wenn ihr irgendwo einen Run macht – nicht gleich die Brechstange zücken, sondern benutzt lieber die Hintertür.“
Und danach hielten sie angestrengt Ausschau.
Als nach Äonen – zwanzig Minuten Echtzeit – sieben Tasterprogramme keine Ergebnisse brachten, waren sie dicht davor, ihre `Brechstange´einzusetzen. Doch die achte Software – `Snow Crash´- eine Eigenentwicklung von Natty – brachte es an den Tag. Ein kleines Alpha-Omega-Zeichen war am Fuß des Futschikama-Acrolgie eingekerbt.
Die getarnte silberne Hantel glitt zur markierten Kachel und gab den binären Code des Cheftechnikers für das Sicherheitsprotokoll ein. Schließlich brauchten sie nur in Wikipedia nachschauen, dann eins und eins zusammenzählen. So ein eingebildeter Pinkel war echt der Reinfall.
Sie waren drin!
Paula und Petra stießen direkt zum zentralen Leitsystem des Serverkomplexes vor. Auf dem Weg dorthin wurden sie von diversen Abtast-Routinen eingedeckt. Doch ihre Tarnung blieb undurchdringbar. Direkt vor dem digitalen Eingang – einer leuchtend roten Spinne– waberte ein funkensprühendes grauer Nebelfeld.
graues ICE.
Jetzt kam die Bewährungsprobe. Wie gut hielt ihre Tarnung wirklich?
Das Prima-Prima-Duo schaltete die Leistungsparameter ihrer `Excalibur´ auf Maximum.
Mit Schwung schwebte die unsichtbare Silberhantel durch das Tor und befand sich nun in der Halle der hochsensiblen Daten und Programme. Ihre Suche ging weiter: das Herz – der Cell-X-CPU.
Dort – inmitten eines virtuellen Kreises von scheinbar drei Metern Durchmesser stand ein monströses Avatar: eine blau pulsierende Medusa mit zwölf Köpfen, die wie eine hungrige Viper nach potentiellen Feinden schnappte. Der Leib war mit einhundert Schläuchen verbunden – optische Hochleistungskabel – die den zentralen Knotenpunkt mit eben so vielen Supercomputern switchten. Die zwölf Köpfe symbolisierten die Verstrebungen zu den Redundanzsystemen in den verschiedenen Hochsicherheitstrakten innerhalb der ADL.
Petra und Paula starteten das ultimative DOOM-Programm, welches ihre Eltern entwickelt hatten.
Den trojanischen Wurm Nat-Dor – eine digitale Mixtur von Ebola und spanischer Grippe. Hoch zersetzend in seiner Wirksamkeit und mit einer epedemiehaften Geschwindigkeit wie Buschfeuer in der knochentrockenen Steppe.
G.A.S. - größte anzunehmende Sabotage!
Petra ließ aus ihrem `Excalibur´ virtuelle Bonbons kullern, die sie nach und nach als Fütterung den zwölf Häuptern der Medusa zu warf. Nach ewig scheinenden drei Minuten sollte der Wurm Nat-Dor bei den Redundanzsystemen im Backup-Modus angekommen sein. Paula lud von ihrem Cyberdeck einen virtuellen Feuerlöscher, der jedoch – wie überraschend – den trojanischen Wurm als Flüssigschaum beinhaltete. Das blau pulsierende Monster wurde eingesprüht.
Binnen fünf Minuten kollabierte das komplette System. Es würde sich auflösen – bis hinunter zur physikalischen Lagerschicht, die zu Schrott zerätzt werden würde.
Das Tor begann bereits zu flackern und sich in einem wabenden pechklebrigen Nebel zu verhüllen.
Schwarzes ICE!
Doch es war bereits zu spät für das System, seine komplexe Tödlichkeit zu entfalten. Es reichte gerade noch, das Tor hermetrisch zu verriegeln. Zu versiegeln.
Das Prima-Prima-Duo war gefangen.
Damit hatten sie auch gerechnet. Es folgte wie auf ein stummes Kommando der `kalte Austieg´: schnell – sicher – schmerzhaft.
Mit reiner Konzentration bewegten sich ihre realen Hände zur Datenbuchse in ihrem Nacken und zupften den Stecker heraus. Diese abrupte Unterbrechung, dieser Absturz in der Realität war wie eine Blitzkur des Junkies von einen horrenden Herointrip.
Grausam – jedoch die letzte Chance, aus einer aussichtlos erscheinenden Situation lebendig herauszukommen.
Erschöpft lächelten sich die Schwestern an. Das Vermächtnis ihrer Eltern – die Fackel des Berliner Chaos Computer Club – war gezündet worden. Der letzte Mohikaner und die Hexe von Oz würden zufrieden von ihrem Cyberhimmel leuchten!

20:10 Uhr.
Noch knapp 40 Minuten, um mit den Taxi zum Flughafen zu fahren.
Petra half gerade ihrem Bruder, aufzustehen und sich anzuziehen, als es an der Wohnungstür polterte. Entsetzt sahen sich die Schwestern an. So schnell konnte ihnen das Bundesamt gar nicht auf die Schliche gekommen sein.
„Hier ist Ali Baba. Macht auf!“
Erleichtert eilte Paula zur Tür und öffnete. Ali stürmte wie ein Stier herein.
Während er Paula in die Wohnstube zurückstieß, schrie er bereits voller Wut und verzerrtem Gesicht: „Scheiß Tussies – was habt ihr euch dabei gedacht!? Wollt ihr mich verarschen?“
Und mit diesen gefauchten Worten klackten Titan-Messerklingen mit einem leisen Schnarren aus seinen Fäusten. Ein Samurai-Krieger!
„Himmel, Ali, beruhige dich doch. Was ist los?“, rief Petra.
Doch Babas Augen glommen voller Zorn. Ein schierer Lavastrom reines Hasses quoll aus seinen Augen.
Paula griff instinktiv nach ihrem `Excalibur´ und hielt es wie einen Schutzschirm vor sich.
Mit der rechten Pranke zertrümmerte seine Messerkralle ihr Cyberdeck. Und während sie noch entsetzt die beiden Einzelteile betrachtete, holte er mit der Linken weit aus und zerfetzte mit einem niedersausenden Schlag ihre Kehle.
Eine Blutfontäne spritzte durch den Raum.
Ohne einen Ton brach Paula sterbend zusammen und schlug dumpf auf den Boden auf.
„Baba“, quiekte Otto fassungslos und sah seinen Freund – den Einzigen, den er hatte – voller Unverständnis an. “Was tust du da?“
Sein angeblicher Freund ignorierte ihn; ganz auf seine Freundin konzentriert, und grunzte: „Was habt ihr euch dabei gedacht, verdammte Weiber! Das ganze System zu zerstören. Ihr habt auf Monate das gesamte Rechenzentrum des Futschikama-Konzerns beschädigt. Auf Jahre ruiniert. Ihr Wahnsinnigen!“
„Du hast Paula ermordert“, stammelte Petra und sah ihren Freund wie ein Alptraum an, der wie ein schroffer Fremder, wie ein eisiger Feind vor ihr stand.
„Ja, du dumme Schnalle! So wie auch eure verdammte Eltern - die letzten Verfluchten des CCC. Und jetzt seid ihr dran!“
„Warum? Wieso? Ich versteh nicht!“
„Du verstehst nicht? Aber du begreifst wohl, was ihr Beiden heute Nacht getan habt. Oder nicht?
G.A.S! Die größte anzunehmende Sabotage!
Von euch!
Und das mir!
Mein Job ist ruiniert. Ich bin erledigt. Für alle Zeit. Gefeuert!
Gestatten, dass ich mich vorstelle“, rief Baba zynisch. „ Major Alexander Babarek von der Bundesanstalt für Datenschütz – Abwehr gegen Hacker, Shadowrunner und andere Terroristen.
Eingeschleust bei den Prima-Prima-Schwestern als primäres Zielobjekt, die als das gefährlichste Potenzial in der ADL eingeschätzt wurden. Wie wahr! Und ich war hier, um genau diesen Scheiß zu verhindern! Verstehst du jetzt, du blöde Kuh? Und jetzt kill ich dich.“
Dabei blickte er Otto an und zischte: “Und dann dich, du nichtsnutziger Krüppel!“
Mit diesen Worten stürzte er sich auf seine einstige Freundin aus beruflichen Gründen und hieb mit seiner Titankralle nach ihr, die entsetzt Schritt für Schritt zurückwich.
Dann knallten ein, zwei, drei Schüsse.
Alexander Bararek stockte mitten in der Bewegung und drehte sich langsam in Zeitlupe um. Mit aufgerissenen Augen sah er Otto staunend an.
Dieser hielt mit beiden Händen zitternd eine Walther P88. Das mit 15 Schuss volle Magazin entlud er rein mechanisch nach und nach in den Leib von Babarek, während er schluchzte: „Ali. Ali. Ali.“
Die Waffe hatte er von seinen Vater gerade erst vorgestern zugesteckt bekommen. Wie ein Hauch von schicksalhafter Vorsehung hatte ihn sein Vater zum Abschied zugeflüstert: “Otti, von uns allen brauchst du im Falle eines Falles diese kleine Hilfe am nötigsten. Denk daran: Manchmal sind die Verhältnisse nicht so wie sie scheinen. Denke an Kanzler Palpatine! Die Macht sei mit dir!“
Nun lag Ali Baba alias Alexander Babarek blutüberströmt vor ihnen auf dem Boden und ergab sich in seine letzten Zuckungen.
Petra heulte klagend: „Scheißtyp! Gott verdammter Scheißtyp. Und dich habe ich gefickt. Erbärmliches Schwein!“ und stieß immer wieder ihren Stiefel in den blutenden Bauch. Doch dann beruhigte sie sich mit einen enormen Kraftakt eisernen Willens. Mit einem Blick auf ihre Uhr – 20:25 Uhr – wusste sie, dass ihnen die Zeit unerbittlich davon tickte.
„Otti, wir müssen los!“
„Aber Paula...“
„Paula ist tot – und wird bei aller Trauer doch nicht wieder lebendig!
Wenn wir nicht binnen 15 Minuten mit einen Taxibus die Fliege machen ist unser Flug weg. Spätestens in drei Stunden sind wir tot!
Verstehst du das?“
Ja, genau das, was er wollte. Im Inneren war er bereits gestorben. Und der Verrat, der Hass jenes Mannes, der fast sein ganze Familie ausgerottet und ihnen seine abgrundtiefe Verachtung entgegen geschleudert hatte, gab ihm den Rest. Ein ausgebranntes Wrack, welches nie in vollem Lebenssaft hatte baden dürfen. Er wollte nur noch tot sein. Doch konnte er dieses Los seiner Schwester, der einzigen, die er noch hatte, antun? Die, die ihn liebte und der er nun absurderweise als letzter Strohhalm – der Sinn des lebens – blieb?
Otto nickte und zwang sich in elender Langsamkeit in sein Exo-Skelett hinrein.
Petra rief über ihren Pod ein Taxi – und sortierte flüchtig die Taschen und Koffer ihrer Schwester aus. Das Zeug werden sie nicht mehr brauchen.
Kurz bückte sie sich und strich ihrer toten Schwester eine Strähne aus dem Gesicht.
„Ok, Otti, erst du. Dann die Sachen. Lass uns verschwinden. Los!“

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Honor_Harrington
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22. Skizze:
Die Befreiung


Stardust Tower / Terrania
03. März 2037

Krachend flog die Tür auf.
Drei bewaffnete Männer in terranischer Miliz-Uniform und mit Strahler im Anschlag stampften in das Krankenzimmer. Ihre versteinerten Mienen zeigten zerstörerische Abscheu.
Der Kranke blickte überrascht auf.
Gerade frisch aufgestanden und angezogen, war er im Begriff für die angesetzte Krankengymnastik zu klingeln. Die Ärzte des Dr. Haggards-Klinikums im dritten Stock des Stardust Towers hatten ihm gestern die erfreuliche Botschaft verkündigt, dass er morgen die Klinik verlassen könnte.
Fragend blickte er seine ungebetene Besucher an.

Ein älterer Mann fixierte ihn. „Sind Sie John Harah?“
Und als John stumm nickte, erklärte der Beamte: „Ich habe den Auftrag, Sie in einem Spezialgebäude zu verlegen, welches als provisorisches Untersuchungsgefängnis fungiert. Ihr aktueller Status ist als `überwiegend gesund´ einzustufen. Darum werden Sie von der Klinik ins Gefängnis überstellt und ...“
Ein zweiter Mann, der bis dahin hinter dem Ersteren verdeckt stand, preschte vor und hieb Harah den Griff seines Strahlers gegen den Schädel. Das ging so schnell, dass John – noch ganz verblüfft von der Situation – nicht mehr rechtzeitig reagieren konnte. Er stieß einen Schmerzensschrei aus und hielt sich den Kopf. Zwischen seinen Fingern rann dünnes Blut.
„Du Terroristenschwein!
Unsere Kinder abschlachten. Uns atomar vernichten wollen. Und dann, dann auf unsere Kosten sich noch medizinisch behandeln und sich wie ein Pascha verwöhnen lassen.
Dreckskerl!
Vergasen soll man dich!
Erschießen!
Kurzen Prozess – statt noch mit unseren Steuergeldern durchfüttern.“
Nach dieser hasserfüllten Triade schlug er mit einer verzerrten Grimasse erneut heftig zu.
Der Kranke kippte vom Stuhl und fiel ungebremst zu Boden.
„Polizeimeisteranwärter Kaup!“, herrschte der ältere Mann mit zornbebender Stimme seinen Kollegen an. „In der Terranischen Union werden keine Gefangene misshandelt. In Terrania gilt das internationale Recht auf einen rechtsstaatlichen Prozess. Deinen aufgestauchten Zorn kannst du an deinem Stammtisch ablassen.
Wenn du dich nicht professionell verhalten und deinen Job korrekt erledigen kannst, werde ich dich vom Auftrag entbinden. Ist das klar?“
„Jawohl, Polizeimeister Zlatke“, knurrte PMA Thorsten Kaup und trat widerwillig einen Schritt zurück.
Müde winkte PM Obrain Zlatke den dritten Mann heran.
Der ging schweigend zu den am Boden liegenden kranken Gefangenen und half ihn – wenn auch etwas ruppig – auf die Beine.
„Ziehen Sie sich verkehrstauglich an und packen Ihre sieben Sachen, Herr Harah.
In zehn Minuten beginnt der Abtransport. Der Gleiter wartet“, gab der leitende Beamte kühl seine weitere Anweisungen, während er die beiden PMAs Thorsten Kaup und Zee Xing im Auge behielt. Um den Chinesen machte er sich keine Sorgen, der war in seiner Art ruhig und zurückhaltend.
Aber man weiß ja nie: Stille Wasser sind tief!

Die allgemeine Sicherheit und Ordnung innerhalb von Terranias oblag der Verwaltung des regierenden Bürgermeisters Bai Jun. Hingegen nahm der Koordinator für Sicherheit, Allan D. Mercant den globalen Schutz der Terranischen Union wahr. Natürlich kooperierten beide an den verschiedenen Schnittpunkten. So wie jetzt. Alle Untersuchungsgefangene kamen ins provisorisch eingerichtete „Hotel Justiz“ - bis ein reguläres Gefängnis fertig erbaut worden war.

Nach knapp acht Minuten war der – nun offiziell – Untersuchungsgefangene John Harah fertig. Stoisch ließ Harah den weiteren Verlauf des eigentlich ganz anders vorgestellten Vormittags über sich ergehen. Links und rechts flankiert von PMA Kaup und PMA Xing und vorneweg PM Zlatke verließen sie das Dr. Haggard-Klinikum.

Der Gleiter hob ab und drehte eine elegante Schleife um den wuchtigen Stardust Tower, der inmitten des Darlton-Scheer-Rondells empor ragte. Aus dem Fenster sah man die breite William-Voltz-Allee, von wo später die Jonny-Bruck-Strasse abzweigte, die wiederum hin zum Lakeside Institut des Mutantenkorps führte.
Sie überflogen den Beginn der Janice-Cherry-Allee und schließlich bogen sie die Kurt-Bernhardt-Allee ein; flogen eine ganze Weile, bis zur Kurt-Mahr-Strasse, wo – separat - das `Hotel Justiz´stand.

Bonus
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Der Gefangene wurde ins 5. Stockwerk, Suite 5 – 007 geführt und anschließend von Polizeimeister Zlotke unterrichtet.
„Ihre vorübergehende Bleibe besteht aus einer 3-Zimmer-Wohnung mit Küche und Bad. Die Fenster sind aus Gorilla-Panzerglas gefertigt und fest verriegelt. Alles ist vollklimatisiert. Sie werden damit leben müssen, Herr Harah, dass ihre Räumlichkeiten per VideoCom überwacht werden und wir Ihnen keinen Freigang anbieten können. Alle drei Tage kommt ein Service-Team und bringt Lebensmittel. Kochen müssen Sie selber. Die Wäsche wird ebenfalls in diesem Rhythmus gewechselt. Sollte es medizinische Probleme oder Vorkommnisse sonstiger Art geben, nutzen Sie das Videophon. Es wird eine direkte Verbindung zum häuslichen Sicherheitsdienst hergestellt. Ihr Nachbar in der Suite 5 -006 ist Dr. Allister T. Whistler.“
*
`Hotel Justiz´/ Terrania
09. März 2037
John hörte das leise Summen als die Sicherheitstür sich öffnete.
Herein trat der ihm bereits unliebsam bekannt gewordene Polizeimeisteranwärter Thorsten Kaup. Er hielt den Strahler im Anschlag und grinste ihn breit an. Dahinter erschien ein hagerer Mann. Sein Blick wirkte einerseits vage zerstreut und andererseits stechend fokussiert. Merkwürdiger Kontrast. Und sein kühles Lächeln war distanziert, fast schon abwehrend gegen alles und jeden.
„Herr Harah, nicht erschrecken. Ich bin dabei, Sie und Dr. Whistler “, dabei nickte PMA Kaup zu den dünnen Mann, „herauszuholen und gemeinsam zu fliehen. Wenn Sie wollen. Aber glauben Sie mir, etwas besseres als lebenslang im Kerker zu schmoren ist Australien allemal.“
„Schöner Trick“, gab John gedehnt zurück, “um mich dann hinterrücks `auf der Flucht´zu erschießen? Nein danke!“
Ein befriedigtes Lachen klang wie ein röhrender Hirsch. „Das war doch bloß Show, Mann. Tarnung muss sein. Die Futschikama-Cooperation hat mir 500.000 Solar geboten, wenn ich Dr. Whistler befreie und nach Australien schaffe. Für Sie legte im letzten Moment Dr. Faustus noch einmal 100.000 Solar drauf. Weiß der Henker warum. Vielleicht, weil Sie der letzte Überlebende des gescheiterten Manövers sind? Um detaillierten Bericht – zumindest bezogen auf das Lakeside Institute – geben zu können? Wer weiß? Mir ist es wurscht. Mir geht es hier ums Geld. Also entscheiden Sie sich.“
„Nun denn. Australien ist mir ganz recht. Aber meinen Sie nicht, dass der Arm der Terranischen Union ziemlich weit recht? Global?!“
„Keine Ahnung – und ist auch nicht mein Bier. Jedoch denke ich, dass der MegKonz Futschikama exterritoriales Gebiet mit einer eigenständigen Hohheitszone ist. Und das ist nach wie vor noch nicht abgeschafft in diesem so glorreichen neuen terranischen Zeitalter.“
Harah sammelte kurz paar Armseligkeiten zusammen, warf sich eine abgewetzte Jacke über und nickte dem Ex-Beamten zu.
Während sie gemeinsam mit dem Fahrstuhl ins Erdgeschoss fuhren, gab Kaup den beiden Ex-Gefangenen jeweils einen Peilsender.
„Hier. Heften Sie sich den Sender irgendwo an Ihre Kleidung. Er signalisiert die Zugangsberechtigung eines freien Bürgers für das Territorium Terrania. Einschließlich des Flughafens I – für Quadrocopter und Gleiter.“
Als sie aus den Fahrstuhl gingen, sah John auf den ersten Blick das Blutbad.
In der Eingangszone lagen drei Männer des Sicherheitsteams. Alle tot.
Der offenkundig auf breite Streuung eingestellte Strahler hatte vom Kopf und Oberkörper der Männer kaum noch erkennbares übrig gelassen.

Dann ging es Schlag auf Schlag: Gleiter. Flughafen I. Quadrocopter. Abflug.
„Wir brauchen knapp zwei Stunden bis zum Ziel. Dann können wir untertauchen und werden durchgeschleust – bis nach Australien.“
Zufrieden lehnte sich Kaup zurück und träumte davon, was er alles mit den 600.000 Solar anstellen würde.
John warf einen verstohlenen Blick auf seinen Mitbefreiten. Dieser erweckte den Eindruck einer verschlossenen Auster. Nur der sehnsuchtsvolle Blick auf Terrania verriet seine tieferen Gefühle und Wünsche.
Dr. Whistler wäre am liebsten hier geblieben.
So wie er.
Wenn Wünsche Geld einbringen würde, gäbe es keine Bettler auf der Welt.

John vermisste sie so sehr. Padme!
Wieviele Tage und Nächte hatte er sich mental geohrfeigt. Warum hatte er sich bloß so dümmlich verhalten, so dämlich reagiert? Nach diesen ganzen Strapazen bis ans Ende ihrer Kräfte. Und es war gewiss Padme gewesen, die diesen Einsatz bis zur Neige restlos durchlitten hatte. Ihr zur Begrüßung so´n dreisten, ja geradezu hirnrissigen Spruch an den kopf zu werfen... Er verstand, warum sie so ausgerastet war. John, der Chauvinist, der bis dahin noch nicht einmal wusste, welche Bedeutung dieser Begriff überhaupt besaß. Sicherlich, er war kein Bauerntrampel – nur ein dumpfbackiger Ex-Holzfäller aus Kanada. Kleine Orte erzeugten nur allzuoft kleine Geister. Es fehlte ihm, den Schwerfälligen, schlicht an die Worte – um seine Erleichterung und Zuneigung auszudrücken.
Wie sehr er sie vermisste.
Padme!
Es gab keine zweite Chancen, nur neue Chancen. Wenn überhaupt.
Traurig blickte er aus dem Quadrocopter auf das langsam schrumpfende Terrania, bis es aus den Augen verschwand. Whistler und John sahen sich schweigend an.
Und verstanden sich.
Hier verloren sie den Ort ihrer Sehnsucht und Hoffnung auf Leben, Liebe und Glück.

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Honor_Harrington
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23. Skizze:
Eine unerwartete Begegnung

`Funkelnder Stern´/ zwischen Sol und Wega
18. März 2037

Endlich!
Mein erster Flug außerhalb des heimatlichen Gefilde.
Wir befanden uns auf den Weg ins Wega-System. Mit der NESBITT-BRECK unter dem Kommando von Kapitän Conrad Deringhouse. Und ich – Gig Olivia Teresia Tabris – war dabei.
Als Pilotin!
Maat Tabris – na, wie klingt das?

Nach zehn Stunden Flug aus unserem Sonnensystem heraus hatten wir den ersten Transitionssprung durchgeführt. Der Materialisationsschmerz war die Hölle.
Und zugleich ernüchternd wie eine Dusche mit eiskaltem Wasser.
Schock.
Und doch – jetzt waren wir im tiefen Weltraum.
In der dunklen Leere glitzerten geheimnisvolle Sterne.
Wo das Abenteuer raunt.
Ja, ich komme!
Der kurze Sprung hatte den `funkelnden Stern´ knapp 20 Lichtjahre weit gebracht.
Nach einer Orientierungphase und Feinabstimmung der Koordinationsdaten würde ich die NES auf eine Lichtminute vor das Wega-System bringen. Der Rest – das Manövrieren ins System - erfolgt dann in Unterlichtgeschwindigkeit. Wir wollen ja nicht irgendeinen der vielen Planeten rammen. Wäre schade – für uns, der NES und dem Planeten.
Kein Risiko eingehen!
Conrad nickte mir anerkennend zu. Unwillkürlich strich ich über meine rote Stoppelhaare. Manno, wie lange der Haarwuchs dauert.
Mit einer Prise Euphorie betrachtete ich stolz `meine´Jungs.
Mike `Dono´Donovan und Anwar `Cri´Chrichton saßen in der Sektion für Triebwerke und Waffenarsenal. Leutnant Serge Marakov hielt sich dezent im Hintergrund. `Braunbär´beherrschte zwar das Technobabel, doch zugleich erwies er sich als Versager in Sachen psychosozialer Kompetenz. Auf gut deutsch: ein Fachidiot!
In der Sektion Ortung und Kommunikation beaufsichtigte Leutnant Li Cheng wie eine Glucke seinen Kadetten Tangre Solo, der hoch konzentriert vor dem Monitor und den Frequenzbändern saß. Ein wohlbehütetes Kücken. Bei diesem Anblick stach die Trauer in meinem Herz. Immer noch! Wie ich meine Freundin Katarina `Blondi´Maybach vermisste, die inzwischen schon längst eingeäschert auf dem Waldfriedhof in Dresden lag.
Sai `Indi´Kirk und ich managen die Navigation. Wir waren – ohne Aufsicht irgendeines Leutnants! - die Piloten. Die blöde Tussi von Ex-Leutnant Sarah Washington war inzwischen von einem Kriegsgericht verurteit worden. Jetzt saß sie im Knast und versauerte hoffentlich beim Schimmelpilz-zählen.
Das Gute im Schlechten: ICH war als Maat Tabris die Pilotin – und Kirk der Co-Pilot! Das musste klar sein. Jedesmal, wenn ich daran dachte, wurde mir ganz warm im Bauch und ich griente wie ein Honigkuchenpferd. Sai ahnte gewiss von meinen stillen Freuden. Jedoch grinste er gutmütig zurück. Er war fair und ein netter Kerl.

Am Bord der NES befanden sich neben der Mannschaft noch zwanzig blauhäutige Ferronen. Sie waren auf den Weg nach Hause. Nachdem sie ihren Job auf Mars und Terra oder in den Weltraumfähren beendet und damit ihren Kontrakt erfüllt hatten, kehrten sie zurück in ihre Heimat. Auf Ferrol würden die Gastarbeiter dem Thort im Roten Palast ausführlich berichten, wie sie von uns Terranern behandelt worden waren. Sollte dieser Bericht günstig für uns ausfallen, würden andere Ferronen auf unserem Rückflug mitkommen und uns weiterhin unterstützen.
Außer ihnen tummelten sich noch zwei Terranerinnen als Passagiere am Bord. Eine attraktive Südafrikanerin in meinem Alter. Padme Chiana. Sie trug ein hautenges schwarzes Catsuite und betonte damit ihr geschmeidiges, dezentes Auftreten als powervolle Catwoman. Und dann noch ein Kind. Aya Bön. Eine hübsche Tibetanerin in burgunder Brokatgewand. Soweit ich das kurze Briefing des Kommandanten verstanden hatte, war Frau Chiana so etwas wie das Kindermädchen der Lütten. Sie wird die Kleine auf Ferrol absetzen, um dann wieder mit uns zurückkehren. Warum das Mädchen alleine unter fremden Ferronen leben wollte, blieb mir ein Rätsel. Und dann noch eine Audienz mit dem Thort! Da regte sich in mir grummelnd der Drache. Irgendetwas war mit der …
Darüber hinaus haben wir noch gut 200 Tonnen Güter, die der terranischen Filiale der General Cosmic Company übergeben werden sollen. Und im Austausch laden wir 300 Tonnen Fracht für Terra.
Handelsbeziehungen!
Anders funktioniert es nicht. Es kann nur einen geben – und das war die NES.
Nur der ´funkelnde Stern´besaß Transitionsstriebwerke und konnte daher die Entfernung Sol – Wega in einer angemessenen Zeit überbrücken.
Allerdings beinhaltete diese Tour auch ein gewisses Risiko.
Da wäre zum einem die Gefahr der Ortung. Jede Transition kann mit einem leistungsfähigem Gerät aufgezeichnet und anschließend der Ausgangspunkt des Transitionssprung berechnet werden. Mit den Sprungkoordinaten wäre auch das Sol-System identifiziert als der Ort, wo eine junges Spezies die Stufe der `galaktischen Nation´ erreicht hatte. Solche Erkenntnisse birgen immer die Gefahr, unerwünschte Besucher anzulocken.
Zum anderen war es so: waren wir hier im Wega-System, dann fehlte die NESBITT-BRECK im Sol-System. Das bedeutete: die wichtigste Verteidigungslinie ist blank!
Riskant!
Conrad hatte mir letztens in einem schnuckeligem Cafè bei einer leckeren Schale `Mousse au Chocolat´ gesteckt, dass Perry Rhodan beinahe mit der NESBITT-BRECK gen Arkon aufgebrochen wäre. Oh Mann, da hatte ich mich gleich verschluckt und musste erstmal abhusten. Dann wäre mein Kapitän auf hoher See und weg? Und ich – ich wäre auf der TOSOMA? Mmmh, eine echt reizvolle-bescheuerte Konstellation!
Wie dem auch sei: Perry und seine Mannen hatten sich nach vielem hin und her dagegen entschieden. Zum einem machte es etwas her, mit einem arkonidischen Raumkreuzer ins Hoheitsgebiet des Großen Imperium zu düsen. Das suggerierte schon mal Verbundenheit. Zweitens schreckt genau dieses Image mögliche feindliche Aliens ab. Niemand greift nur mal so aus Jux und Dollerei das arkondische Imperium an. Dazu müsste man schon ein komplett psychopathischer Größtenwahnsinnigers ein! So gesehen bietete allein schon das Raumschiff TOSOMA deutlich Sicherheit – unabhängig von den realen Zustand des Wracks. Drittens hatten die Topsider offenkundig ein arkonidsches Raumschiff im Krieg gegen die Ferronen eingesetzt. Da man nicht davon ausgehen kann – und Thora hatte dieses massiv verneint - ,dass das arkonidische Sternenimperium das Schiff den Topsider geschenkt oder verkauft hatte, musste man von einem räuberischen Akt der Piraterie ausgehen. Dieses wiederum könnte ein aktueller militärischer Konflikt oder gar einen offenen Kriegszustand bedeuten. Aus diesen drei Aspekten ergab sich die eindeutige Analyse, dass ein Flug mit der NES gen Arkon heller Wahnsinn wäre, der sofort das Projekt „Arkon – unser Verbündeter“ scheitern lassen würde. Darum die TOSOMA.
Es waren die beiden Arkoniden Crest und Thora gewesen, die Perry wie Brotteig beknetet und letztlich überredet hatten, überhaupt diesen Flug zu wagen. Der ursprüngliche Plan sah nämlich vor, ein Raumschiff Eigenmarke TERRA zu produzieren – quasi die TOSOMA nachzukonstruieren. Doch dieses Großprojekt hätte veraussichtlich zehn Jahre gedauert. Zehn lange Jahre – wenn nicht bei den üblichen Verzögerungen bei Großprojekten doppelt so lange -, währenddessen die Terranische Union damit rechnen musste, dass aggressive Aliens wie die Topsider Terra finden und uns mit einem Feldzug bekriegen, besetzen oder uns zerstören.
Die Arkoniden argumentierten mit großer Überzeugungskraft, dass wegen ihrer Verbindungen zu hohen Persönlichkeiten am Hofe des Imperators es keinerlei Probleme geben würde, ein Geschwader zu bekommen und die Terraner dann auch den Schutz des Großen Imperiums genießen könnten.
Nach spätestens einem Jahr wären sie wieder hier daheim, militärisch – als Verbündete – gestärkt und könnten dann ganz in Ruhe die terranische Flotte aufbauen.
Solche Argumente wogen für Rhodan schwer, und so schlug er die Warnungen von Bull und Mercant in den Wind. Letztlich gab Adams schweren Herzens sein O.K.
Tja und so war die TOSOMA dort und wir mit der NES hier.

Das Schott der Zentrale öffnete sich mit einem leisen Surren.
Die beiden terranischen Passagiere schlenderten herein und die zierliche Schwarzhäutige lächelte Conrad an. Aber hallo? Lass dass mal schön bleiben! Halblaut fragte sie `meinen´Kapitän: „Aya möchte gerne die Zentrale besichtigen. Ich übrigens auch. Ist das o.K. für Sie?“
Conrad schenkte der Lütten ein warmes Lächeln – oi, kinderlieb scheint mein James Dean auch noch zu sein – und erwiderte salopp: „Klar, immer rein in die gute Stube.“
Das Mädchen – so zwischen sieben und acht Jahre alt - lächelte schüchtern, während sie sich eng an ihre Begleitperson schmiegte. Süss! Die schwarze Amazonin legte beschützend ihre Hände auf die Schulter der jungen Tibetanerin.
Hmm, das war mehr als nur eine `Begleitperson´- die standen sich innig nahe...

Inzwischen hatte Sai die neuen Koordinaten berechnet und wollte gerade die entsprechenden Daten durchgeben, da rief Solo von der Ortung aufgeregt: „Achtung, ein Wurmloch öffnet sich. Direkt vor uns!“ Leichte Panik schwang in seiner Stimme mit.
Zurecht. Ich hatte zwar noch nie ein Wurmloch gesehen, aber sowas hätte laut unseren Instruktionen in diesem Sektor zwischen Sol und Wega schlicht nicht existieren dürfen.
Kommandant Deringhouse richtete sich prompt auf seinem Sessel gerade auf und rief mit beherrschter Stimme: „Auf den Schirm!“
Die Positronik materialisierte ein Gebilde auf das Holodeck.
Tatsächlich – ein Wurmloch!
Aus diesem kosmischen Gebilde strahlte ein stroboskopischer Licht, welches mit fokussierender Intensität immer näher kam. Direkt auf die NES zu.
Dann – ein greller Blitz ...
* * *
„Hi Kleines.“
Aya sah, wie aus dem gleißendem Licht ihre Mutter erschien. Verblüfft starrte sie die Erscheinung an, während alle anderen Personen in der Zentrale wie von der Zeit eingefrorene Staturen bewegungslos des Laufs der Dinge harrten.
„Du bist nicht meine Mutter. Sie ist tot“, erwiderte die junge Bön skeptisch empört. „Zeige Dich in deiner wahren Gestalt!“
Ihr Gegenüber wandelte sich langsam wie geronnenes Wachs und daraus erwuchs ein Schönling. Ein Prinz in machtvoller Aura. „Nun, in meiner wahren Gestalt zu erscheinen wäre schwierig. Hier. An diesem Ort und in dieser Zeit. Gestatten, junges Fräulein“, und der mysteriöse mann lächelte markant, „ich bin Q.“
„Q und weiter?“
„Und weiter nichts. Einfach nur Q. Ich komme aus der Q-Dimension, ein Kontinuum, welches unserer Familie Q gehört. Q – Allmächtig!“
„Bis du eine Ente … eine Enti …. eine Wesenheit wie ES?“, wollte Aya wissen, erstaunt darüber, wie neugierig und dabei so unerschrocken sie gegenüber diesem Fremdling war.
„Oho, du bist ganz schön aufgeweckt. Hast wohl schon das eine oder andere aufgeschnappt? Das ist gut. Es spart Zeit.
Ja, ich bin eine Entität wie ES. Nur nenne ich mich nicht so hochtrabend `Superintelligenz´. Ich bin bloß allmächtig.“
„Das hattest du bereits erwähnt“, monierte Aya altklug. „Das scheint dir wichtig zu sein.“
Q blickte sie verdutzt an. Lachte. Charmant – mit einen gewissen Unterton von Gefährlichkeit. „Nun ja“, ging er dezent über die rügende Anmerkung hinweg, „meine Erscheinung als deine Mutter war natürlich ein Trick. Diesen wenden ES und andere Entitäten gerne an, wenn sie mit niederen Lebensformen in Kontakt treten. Das erleichtert die Kommunikation. Es suggeriert eine ungefähr gleiche Ebene, die selbstverständlich nicht existiert. Ein bisschen Sondierung im Bewusstsein und Unbewusstsein, und anschließend materialisiert man als jenes Wesen, welches für das denjenige Wesen eine geliebte Bezugsperson oder geachtetes Respektperson ist. Bei Perry Rhodan war es `Onkel Karl´und bei dir deine Mutter.
Ein Taschenspielertrick – mit möglichen Nebenwirkungen.“
„Nebenwirkungen?“
„Tja, die kontaktierte Person wird natürlich nicht vorher darüber informiert - sonst wäre der Effekt ja verpufft. Tatsache ist jedoch, dass es für unsereins in Wirklichkeit etwas schwierig ist, in einen solch winzigen Geist einzudringen, ohne gewisse Schäden zu hinterlassen. Man kann sagen: aus einem Staudamm soll bloß ein kleiner Rinnsal fließen, und wenn die Feinjustierung versagt … nun ja, dann folgt ein reißender Bach, der den Geist der Kontaktperson zerfetzt. Von daher mag das Verhältnis zwischen dem Nutzen, denjenigen nicht zu erschrecken, und den Schaden, ihn als lallenden Schwachsinnigen zu hinterlassen, nicht wirklich angemessen sein. Schwamm rüber. Hat dieses Mal geklappt. Du bist doch geistig rege, nicht wahr?!“
„Äh, ich denke schon. Was willst du eigentlich – genau?“
„Mit dir reden und da sind wir ja schon mittendrin, junge Sanjiyan Unkara.“
„Du weißt, wer ich bin, Präsenz Q?“
„Hübsch gesagt. Aber ja doch. Deswegen bin ich hier. Wegen dir!
Ich weiß auch, dass Du in das Wega-System reisen willst. Und von dort aus willst du den Zugang zu Wanderer, der Heimstatt von ES suchen. Letztlich möchtest du dort den Unsterblichen begegnen.
Dabei hoffst du zu erfahren, woher deine Mutter einst gekommen war und nebenbei die Genesis deiner Spezies zu erkunden.“
„Ja genau!“, rief freudig überrascht die junge Bön.
„Ja genau – und der Preis der Information ist hoch. Teurer, also du glaubst.“
Erschrocken trat Aya ein Schritt zurück.
Mit einer Spur Zweifel fragte sie nach: „Wie meinst Du das?“
„Um deine Neugierde zu befriedigen, gebe ich dir hier und jetzt einen kurzen Abriss über deine Spezies Sanjiyan Unkara. Du suchst dein Volk. Es gibt nur ein Dutzend Überlebende deiner Art – verstreut in ganz Milkey-Way. Deine Spezies wurde im Verlauf der letzten 10.000 Jahre vom arkonidischem Großen Imperium ausgerottet. Aus Angst vor eurer Gabe. Und letzlich auch wegen des im Einzelfall betriebenen Missbrauchs eurer Macht. Im Grunde genommen aus einem tragischen Missverständnis um die kosmischen Zusammenhänge.
Wie dem auch sei: du bist in dieser Galaxis praktisch allein. Diese Bürde muss du tragen, junge Sanjiyan Unkara, und mit deiner Einsamkeit leben.
Selbstverständlich könntest du Wanderer suchen und sicher auch finden.
Du könntest ES nach deinen letzten Verwandten fragen. Gewiss wird die Wesenheit dir dieses sagen. Nur - anschließend wirst du Wanderer nicht mehr verlassen dürfen.“
„Warum nicht?“
Q betrachtete die junge Seelenverschlingerin versonnen, als überlegte er, wieviel Wissen er ihr zumuten, an Erkenntnisgewinn aufbürden wollte. Die junge Sajiyan Unkara verstehend verkraften könnte.
„Das ist kompliziert“, meinte er dann gedehnt. „Eure Spezies führt ein individuelles Leben. Jeder schaut sich nach einen Planeten um, setzt sich dort fest und rührt sich nicht mehr vom Fleck. Bis zum Ende seiner Lebenszeit. Wenn eure Spezies sich fortpflanzt, wandert der Nachwuchs aus, sobald sich die heimische Nahrunskette als zu mager für mehrere erweist. Das Junge sucht sich einen neuen Planten, um dort seßhaft zu werden. Und damit schließt sich der Kreis. Selten begibt sich eine Sanjiyan Unkara auf galaktische Wanderschaft. Es wäre ein Novität.
Ursprünglich kamt ihr aus dem Zentrum von Milkey-Way. ES hatte von Anfang an eure Gabe erkannte und – evolutionär – dahingehend modifiziert, diese Fähigkeit - bioenergetische Energie in psionische Energie umzuwandeln bzw. diese direkt in sich aufzunehmen und zu speichern - weiter zu optimieren.
Das war im Grunde der Sinn eurer Existenz und eure Bestimmung!“
„Dass wir leben, wie wir leben?“
„Genauer: Der Sinn bestand in der Akkumulation psionischer Energie. Es blieb euch niederen Lebensform überlassen, wie ihr eure Gabe anwendet. Ob mäßig und genügsam, um die bloße eigene Existenz zu sichern - oder gierig und räuberisch in Übermaß zum Schaden aller anderen Kreaturen. Und wie ihr diese Fähigkeit als Macht in euren Herrschaftsgebiet nutzt. Jedoch alle hundert Jahre floss immer der Überschuss an psionischer Energie per Psi-Strahl direkt nach Wanderer, um dort seinen letztendlichen Speicherort zu finden.
Mit anderen Worten: Über Jahrhunderttausende hinweg versorgtet ihr ES mit dem essenzialen Stoff, den diese Präsenz für seine eigene Existenz braucht.
Soweit also die Genesis und Funktion eurer Spezies.
Nun kommt der springende Punkt.
Aufgrund mangelnden Verständnisses um die kosmischen Zusammenhänge haben Generationen von Herrschenden des arkonidischen Großen Imperiums mit der Ausrottung eurer Art ES ein immenses Problem aufgehalst. Sie unterbrachen nämlich unwissend die kontinuierliche Zufuhr dieser äußerst wertvollen Energie.“
So widerwärtig diese schwerwiegende Offenbarung auch für Aya klang und sich ätzend in ihrem Hirn einbrannte – so war doch auch ihre kindliche Neugierde entflammt.
„Warum hat ES denn unsere Ausrottung nicht verhindert, wenn wir für ihn so wichtig waren?“
„Gute Frage. Es ist eine Frage der Perspektive.
Höre und staune: Bestimmte Entitäten leben 120 Millionen Jahre. Manche länger, manche kürzer.
Im Vergleich zum Menschen sind 10.000 Jahre für die Präsenz gerade mal drei Tage! Das ist die Relation für den Ewigen!
Und, nun ja – der Unsterbliche beschäftigt sich gerade mit einem gewissen Problem, welches seine ganze Aufmerksamkeit vereinnahmt. Er wurde und wird immer noch durch ein bestimmtes Geschehen – das Ringen – soweit abgelenkt, dass er diesen Ereignisstrang – die Ausrottung eurer Art – schlicht nicht realisiert. Dumm gelaufen. Aber sowas passiert. Auch Superintelligenzen unterlaufen Fehler. Gravierende Patzer. Und gerade solche führen dann schnurrstracks zu kosmischen Katastrophen!
Das ist ein Merkmal und Geheimnis von Superintelligenzen.
Ich weiß, WIR Entitäten versuchen uns gegenüber den niederen Lebewesen als Allwissende und Allmächtige darzustellen. Jedoch in letzter Instanz sind wir nicht unfehlbar. Besonders dann nicht, wenn es Konflikte zwischen Mitgliedern in der Familie der Superintelligenz und hochentwickelten Völkern auf gleichem Niveau gibt.
Diese `Spiele der Erwachsenen´werden sehr schnell immens komplex. Auch wir sind dann enorm beschäftigt und am rotieren.
Definitiv!
Sieh mal - auch Superintelligenzen haben es auf ihrer Existenzebene nicht leicht.“
„Ihr armen Geister...“, murmmelte Aya vedriesslich.
„Jedenfallsm, aus diesem Kontext heraus bedeuten drei Tage Ewigkeit nichts – zumal ES gerade bei diesem ´Ringen´ eins auf die Nase bekommen hat.
Der Verlust der Sanjiyan Unkara – entschuldige wenn ich das so grob sage - war dabei nur ein klitzekleiner Aspekt, der unterhalb des Ereignishorizonts unbemerkt blieb, weil die Konfrontation ES viel an Aufmerksamkeit und Energie abverlangte. Klar, nun ist der Schaden immens und die Auswirkung enorm.
Und da kommst du ins Spiel...“
„Ich habe nichts von alldem verstanden, was du mir erzählt hast. Mir ist ganz schwummerig zu mute. Aber da es nun doch um mich geht, verstehe ich es - vielleicht.“
„Ganz einfach. Du bist eine Seelenverschlingerin und sammelst psionische Energie.
Das war die Intention und Funktion deiner Spezies für ES. Nun sind die Sanjiyan Unkara praktisch ausgerottet. Du - Aya – bist als eine der Letzten.
Ein wertvolles Gut. Alles klar?!
ES braucht dich. Er sucht dich. Und wenn er dich findet, behält er dich.
Schön für ihn, wenn du nun selber nach Wanderer spazierst.
Gewiss wird er alle Fragen beantworten, wie ich es hiermit bereits getan habe.
Nur - du kannst dann anschließend nicht wieder fort. ES wird dich nicht gehen lassen. Die Entität braucht dringend jemanden, der für ihn die psionische Energie sammelt, denn solchen Job permanent selbst zu erledigen ist nicht nur ausgesprochen lässtig; es entspricht auch nicht seinem Niveau und lenkt ihn von anderen – bedeutenden - Geschehnissen ab. Darum wirst du diesen Job zur Entlastung für ihn übernehmen müssen und bekommst als Lohn für deine immerwährende Tätigkeit die relative Unsterblichkeit und den Titel `Ehrenwerte´ - wie einst deine Mutter.
Auf Wanderer lebt eine Kolonie von Ilts mit einer besonderen Gabe in einer Art Freigehege. Sie besitzen – ebenfalls modifiziert - ein enormes hohes Potenzial an psionischer Energie. Du wirst die Melkerin der Zuchtilts!“
„Und wenn ich nicht will?“
„Egal. Und komm jetzt nicht mit solch kindischen Albernheiten wie `das ist unmenschlich´. ES als Superintelligenz ist nicht human; hat gewiss keine beschränkenden moralischen Grundsätzen irgendwelcher niederen Lebensformen zu eigen, die nicht den Funken einer Ahnung von den Beweggründen und Notwendigkeiten einer Entität haben.
Interessen einzelner Völker zählen wenig, und die mikrobischer Einzelwesen schon mal gar nicht.
Hast du die Heimstatt von ES erreicht, wirst du tun, was du tun muss, nämlich dich energetisch ernähren, von dem, was dort reichhaltig an Nahrung bereit steht. Mehr nicht. Ein Paradies, wo Milch und Honig – sprich: psionische Energie - fliesst.
Oder willst du in einen Hungerstreik treten?“
Q lachte amüsiert.
Trotzig knurrte Aya: „Ich werde kämpfen!“
Dunkel grollte die Entität: „So, wirst du das? Und wie genau stellst du das an?“
Die junge Sanjiyan Unkara öffnete ihr Drittes Auge, fokussierte hemmungslos und brutal ihre Gabe auf das mystische Wesen. Doch verwirrenderweise konnte sie keine bionische Energie oder gar psionische Energie erfassen.
Empört rief sie: Wusste ich doch – du bist gar nicht echt!“
„Doch bin ich. Aber meinst du wirklich, eine solch niedere Lebensform wie du könnte meine Substanz angreifen oder gar rauben?“
Belustigt sah er sie an, während Aya von einem zum anderen Moment zusammenbrach. Zitternd rang sie um ihr Leben.
„DAS, du kleine Göre, ist die Macht einer Entität! Seine eigene Substanz schützen und sich zugleich die Substanz des Anderen aneignen ist eins! Du musst lernen, deinen bescheidenen Platz im Kosmos zu kennen. Akzeptieren.
Also nimm deinen Käsemesser und stock deine Vitalenergie wieder auf, sonst bist du gleich tot.“
Aya umfaßte ihren Phurbu und saugte gierig ein gewisses Quantum an Energie in sich auf, bis sie sich wieder einigermaßen wohl fühlte. Oder das, was sie in ihrer Seele brodelnd spürte.
„Nimm das, du Bastard!“ Zornig schleuderte die junge Sanjiyan Unkara ihren Dolch.
Q blickte mit langsam sich weitendem Augen auf den Dolch, der tief in seiner Brust eingedrungen war.
- Fortsetzung und letzter Teil folgt -

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Re: Skizzen zu NEO

Beitrag von Kurpfälzer »

WHOW! SUPER! :st: :st: Die Story würde doch sicher für etliche Auflagen der SOL genug leckerer Lesestoff abgeben!

P.S.: Vielleicht gelingt mir doch mal die Aya, mit ihren drei Augen ;)
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Re: Skizzen zu NEO

Beitrag von overhead »

Mein Lieber Honor_Harrington !

Was für eine Wendung in Deiner guten Story - vielleicht liest KNF die ja mal, dann wirst Du vielleicht zu etwas "anderem eingeladen"....... :st:

Und was spricht gegen eine Verwendung Deiner Fortsetzungsgeschichte beim PROC (nicht wahr, Herr Hirseland ?) als eBook ??????? :st:

Bitte mehr davon!!!!!!!!

Gruß overhead
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Re: Skizzen zu NEO

Beitrag von Kurpfälzer »

overhead hat geschrieben:Mein Lieber Honor_Harrington !
...
Und was spricht gegen eine Verwendung Deiner Fortsetzungsgeschichte beim PROC (nicht wahr, Herr Hirseland ?) als eBook ??????? :st:

Bitte mehr davon!!!!!!!!

Gruß overhead
So ist es! :st:
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Re: Skizzen zu NEO

Beitrag von old man »

Kurpfälzer hat geschrieben:
overhead hat geschrieben:Mein Lieber Honor_Harrington !
...
Und was spricht gegen eine Verwendung Deiner Fortsetzungsgeschichte beim PROC (nicht wahr, Herr Hirseland ?) als eBook ??????? :st:

Bitte mehr davon!!!!!!!!

Gruß overhead
So ist es! :st:
Dann freut Euch mal auf den letzten Teil, da gibts noch eine schöne Überraschung! :D
Zu den Sternen !
Honor_Harrington
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Re: Skizzen zu NEO

Beitrag von Honor_Harrington »

Dank an Old Man für die Korrektur - alle Fehler gehören mir!
24. Skizze:
"Eine unerwartete Begegnung" / 2. Teil


`Funkelnder Stern´/ zwischen Sol und Wega
18. März 2037

Mit erstauntem Respekt meinte Q: „Du hast echten Mut - eine Präsenz von Angesicht zu Angesicht anzugreifen. Oder war es bloß bodenlose Dummheit, aus Unwissenheit über die Begrenztheit deiner Möglichkeiten?“ Und mit diesen Worten zog er sich den Dolch aus der Brust und warf ihn locker zu der Sanjiyan Unkara zurück.
Aya fing den Dolch elegant auf und staunte.
Ihr Phurbu war nun randvoll mit psionischer Energie gefüllt. Und nicht nur das! Sie erspürte eine bis dahin noch nie erfahrene Dichte: Es war wahrhaftig psionische Materie, die in ihrem Dolch gespeichert war. Ein Stoff, der ihre Körperzellen inonisch füllte und wie Ambrosia schmeckte; es überwältigte sie wie eine alles mitreißende Woge reinster Entzückung, deren lohendes Feuer sie in ekstatischer Flamme zu verbrennen drohte. Für einen nicht fassbaren Augenblick erstarrte Aya im So-Sein pulsierender Ewigkeit. Dieses war eine Existenzform, die sie bis jetzt nicht für denkbar gehalten, nicht einmal im entferntesten geahnt hatte, dass so etwas überhaupt möglich sein könnte. Die ultimative Droge. Eine Essenz, aus der Entitäten selbst bestanden - und sich daran labten. Das göttliche Manna...
In diesem Moment eröffnete sich ein intuitives Verständnis um ihre eigene Spezies. Das Drama der Sanjiyan Unkara!
Ist eine der Ihren zu diesen Punkt gekommen - nicht nur die psionische Energie in sich zu sammeln, sondern darüber hinaus diese sogar in psionische Materie zu transferieren- , dann war es dieser ultimative Kick, den niemand mehr missen wollte. Die fatale Sucht, die dazu verführt, mehr und mehr und immer mehr vom Meer der Essenz in sich zu saugen – und dabei den lebendigen Existenzformen der heimischen Planeten all ihrer Vitalenergie zu berauben. Über jegliches Maß des Notwendigen hinaus. Weil es möglich war – bis hin zur völligen Degeneration und Auslöschung ihrer unterworfenen heimischen Spezies. Aya verspürte in ihrem inneren Selbst diese mörderische Gier, alles Lebendige verschlingen zu wollen! Immer und immer wieder das Ambrosia aufzufüllen. Namenlose Macht und wohlige Ekstase wie eine Aura um sich und in allen Körpermembranen zu spüren.
Ja, sie war eine wahre Sanjiyan Unkara!
Wie könnte sie dieses nicht fühlen, nicht verstehen und nicht verlangen?
Aber ihre Mutter hatte sich davon losgesagt. Befreit. Entsagt.
Warum auch immer.
Und hatte ihr – Aya – nichts von alldem verraten. Nur eben jenes bisschen, was aufgrund ihrer biologischen Natur des Nährens so offensichtlich war und sich darum nicht vermeiden lies.
Das Minimum.
Doch nun hatte sie verstanden.
Q hat ihr das Feuer der Erleuchtung gebracht!
„Danke“, meinte Aya mit rauer Stimme. „Doch was ist dein Interesse? Warum erzählst du mir das alles. Bist du ein Feind von ES?“
„Ich bin kein Gegner von eurer Entität. Eher ein Freund. Du kannst von den Informationen halten was du willst. Glaube oder Zweifel. Sicherlich bist du für ES vom Nutzen. Aber wenn du deine eigene Wege gehen willst, führt dieses gewiss ebenfalls zu faszinierenden Effekten. Auch für ES.
Junge Sanjiyan Unkara, du hast die Wahl. Noch hast du einen freien Willen.

Doch eigentlich bin ich aus einen ganz anderen Grund hier.
Wie bereits erwähnt, ist eure galaktische Präsenz gerade schwer beschäftigt. In meinen eigenem Universum – in der Q-Dimension – habe ich die Pflicht, auf diese putzige Volk der Terraner aufzupassen, dass es überlebt und dabei nicht all zu viel Dummheiten in der Galaxis anstellt.
Ein Job, den ich mir nicht ausgesucht habe. Ehrlich. Ist Q ein Kindermädchen?“
Er seufzte theatralisch: „Ja, leider. Eine Buße, die mir auferlegt wurde.
Und weil es nun mal so ist, wie es ist, sah ich über den nachbarschaftlichen multiversalen Gartenzaun in diesem Kontinuum und erblickte die Gefahr für die aufstrebende terranische Spezies. Meine jetzige Anwesenheit war ein spontaner Reflex. Überflüssig. Doch nun, wo ich schon mal hier bin ...“
„Eine Gefahr für die Menschheit? Für Terra“, krächzte Aya instinktiv beunruhigt und dachte besorgt an ihrer Freundin Padme.
„Ja. Und zwar hier und jetzt!“
„Erzähl“, drängelte die junge Tibeterin.
„Durch einen Zufall wird binnen wenigen Stunden die insektoidische Spezies der Individual-Verformer das Sol-System entdecken. Eigentlich sind die IV auf der Suche nach den ebenfalls insektoidischen Orgh, ein friedliches Volk, welches im hiesigen galaktischen Sektor – jedoch zu einer anderen Zeit und an einen anderen Ort – ihr Nest haben. Die Individual-Verformer sind jedoch eine kriegerische Rasse. Sie sind auf Eroberung und Vernichtung aus. Bedingt durch ihrer besonderen Gabe betrachten sie sich allen anderen Spezies überlegen und drücken ihre Verachtung in Feldzügen der verbrannten Erde aus. Alles Andersartige muss erobert werden und sterben...“
„Also humanoide Lebensformen“, ergänze Aya klug kombiniert.
„Genau. Und noch mehr Spezies - wie zum Beispiel intelligente Reptilien.
Die IV haben eine besondere Fähigkeit. Sie können mit Hilfe der Individual-Verformung andere Lebewesen geistig übernehmen. Die Gehirnstrukturen werden dabei umprogrammiert. Der Geist des Opfers wird dann anschließend mit dem Geist des IV getauscht und findet sich im Körper des IV wieder. Allerdings gelähmt. Bis zum erneuten Austausch des Geistes kann der Individual-Verformer auch auf die Erinnerung der übernommenen Person zurückgreifen. Es ist klar, dass bei dieser mentalen Vergewaltigung durch den fremdartigen Geist des IV der Verstand des Opfers irreversible Schäden davon trägt. Erfolgt der Rücktransfer, verfällt das Opfer in den Wahnsinn.
Bei einer Invasion besetzen die Individual-Verformer Schlüsselpersonen der herrschenden Elite und reißen so die Macht an sich. Wenn die Invasion als solches erkannt wird, bricht das Chaos aus – mit anschließendem Bürgerkrieg und umfassender Zerstörung. Oft werden die Machtpositionen in allen Bereichen jedoch unbemerkt nach und nach maßstabgetreu übernommen. Und viele Völker haben die Angewohnheit, oft bizarres Verhalten und schädliche Direktiven als Normalzustand in ihrer Gesellschaft zu akzeptieren. Sie gehorchen weiterhin den Autoritäten und führen ihr gewohntes Leben unter der Besetzung weiter fort.
Das Mutterschiff mit 666 insektoiden Individual-Verformer wird in knapp 30 Minuten an diesen Ort euren Weg kreuzen und in sechs Stunden Sol erreichen. Dann wird die Invasion beginnen und mit der Versklavung der Menschheit enden.“
„Was können wir tun?“
„WIR? Also ich kann gar nichts! Auch wenn es im Sinne von ES wäre, würde die Entität es mir doch sehr verübeln, wenn ich aktiv in seine Mächtigskeitsballung eingreife. Alle Handlungen ziehen auf den verschiedenen Ebenen des Seins, des Werden und des Vergehens, Konsequenzen nach sich.
Also was könnt IHR tun?
Ihr als Besatzung könnt nichts bewirken!
Beim Kontakt sind die Schutzschirme der IV für die Bordwaffen der NESBITT-BRECK zu stark. Und auch die Entfernung wäre für die Besatzung zu groß. Im Gegensatz zu den Individual-Verformern, deren Gabe die Entfernung überbrücken und die gesamte Mannschaft geistig vergewaltigen und übernehmen kann. Mit der Gewinnung des gesamten Wissens käme diese Spezies noch leichter an die Koordinaten von Terra. Der mentale Kampf wird je nach Persönlichkeit unterschiedlich andauern. Doch in der Regel ist das Zeitfenster sehr eng. Der Geistestausch zwischen Erstkontakt mit dem Opfer und seiner Übernahme beträgt ungefähr drei Minuten!
Die Zeit drängt.
Wenn also jemand etwas tun kann – dann DU!
Was glaubst du eigentlich, warum ich die ganze Zeit mit dir kommuniziere?
Weil du so ein süßes Kind bist?“
Frustriert nickte Aya. „Ja, wäre nett, nicht?! Also soll ich die Seelen der IVs verschlingen? Immerhin verspricht das satte Nahrung.“
Q lachte amüsant. „Kleines, du leidest an permanenter Selbstüberschätzung.
Nein, das wäre selbst für dich ein zu großer Brocken. Da würdest du dich nicht nur verschlucken, sondern glatt daran ersticken. Genauer gesagt: ebenfalls übernommen werden. Du könntest vielleicht bis zu einem dutzend Individual-Verformer absorbieren und deren Vitalenergie verschlingen. Doch letztendlich wird es ihnen gelingen, dich zu besetzten und dann wärest du eine furchtbare Waffe in der Hand des Feindes.“
„Also was dann?“, fragte das Mädchen ratlos.
„Ich werde es dir sagen. Höre gut zu ...“
* * *
Wow, was war das denn für ein Licht?
Ich schüttelte meine Benommenheit ab und sah mich in der Zentrale um. Bei allen anderen – auch bei Conrad – sah ich die gleiche angespannte Verwirrung.
„Wurmloch geschlossen! Nichts auf dem Schirm!“, rief Solo von der Ortung.
Die Afrikanerin hielt ihre Arme beschützend um die Lütte. Der Beschützerinstinkt. Wie niedlich! Nun flüsterten sie miteinander. Das Gespräch schien jedoch nicht erfreulich zu verlaufen. Die Miene der Schwarzhäutigen verdüsterte sich rapide. Abrupt richtete sie sich mit aufgerissenen Augen auf und wendete sich an unseren Kapitän.
„Kommandant! In rund 30 Minuten wird hier ein großes Raumschiff auftauchen.
Es handelt sich dabei um eine feindlich gesinnte insektoidische Spezies namens Individual-Verformer. Sie werden beim Weiterflug binnen sechs Stunden das Sol-System erreichen, die Menschheit entdecken und versklaven.“
Auweia! Was redet die denn für ein wirres Zeug. Was für´n Kraut hat die wohl geraucht? Paranoia?!
Deringhouse Gesicht wurde merklich blass und seine Schultern strafften sich vor Schock und Abwehr. Dann stieß er mit kontrollierter Stimme hervor: „Frau Chiana, woher wissen Sie das? Was können wir dagegen tun?“
„Vertrauen Sie mir, Kommandant“, erwiderte die Afrikanerin. „Die Botschaft kam mit den grellem Blitz. Das näher zu erläutern wäre zu kompliziert. Die Zeit reicht auch nicht dafür. Folgendes ist zu tun: Warnen Sie die Mannschaft und alle Passagiere! Eine geistige Invasion steht unmittelbar bevor. Wir müssen mit all unseren mentalen Kräften diese feindliche Geisteseindringung, welches die Vorstufe der Persönlichkeitsübernahme darstellt, verhindern. Wer dieses nicht vermag, ist unwiederbringlich verloren und stürzt in den Wahnsinn! Sollte es den IV gelingen, den Geist und damit im Anschluß den Körper zu erobern, steht der Feind inmitten unter uns im Schiff, wird dieses kapern und Informationen für die Invasion der Erde sammeln.
Aya wird sich um den Rest kümmern...“
Hä? Die Kleine? Sich um den „Rest“ kümmern? Was soll das? Wie soll das geschehen? Die spinnt ja! Komplett irre!
Ich blickte ratlos zu Conrad.
Sein Gesicht war für mich inzwischen ein offenes Buch. Seine Gedanken arbeiteten die verschiedenen Optionen durch.
„Also gut“, stieß er gepresst hervor. „Ich informiere die Mannschaft und die Passagiere. Und hoffe, Kommissarin Chiana, dass es stimmt, was man über Sie sagt: dass sie der beste `Mann´von Mercant sind.“

Wow - die hübsche Schwarzhäutige ist eine Kommissarin der Terranischen Abwehr Föderation?! Wer hätte das gedacht? Ich nicht! Damit hat sie einen vergleichbaren Rang wie bei uns der Kapitän und ist innerhalb der Organisationsstruktur direkt dem jeweiligen Koordinator unterstellt. So wie die Mutanten, die alle den Rang ZBV haben. Eine weitere Ausdifferenzierung gibt es bei denen nicht.

Die Spannung stieg in dem Maße wie sich die Stille im Raumschiff senkte.
Dann tauchte von einem Moment zum anderen das Schiff der insektoidischen Eroberer auf.
Solo drückte den Alarmknopf, und Sirenen heulten entnervend durch alle Sektionen. Terraner und Ferronen bereiteten sich gemeinsam auf den mentalen Kampf vor.
Das fremde Schiff hält Kurs direkt auf uns zu.
Kein Zweifel.
Kein Entkommen.
Konfrontation!
Himmel was war das! Auf der Stirn des jungen Mädchen öffnete sich auf einmal ein Drittes Auge, welches sich immer mehr weiterte und nun ein goldgelbes Licht ausstrahlte. War sie etwa eine der berühmt-berüchtigten Mutanten...?

Aya versenkte sich in einen Zustand tiefer Trance. Langsam zog sie ihren Phurbu aus dem Schaft an ihrem Gürtel. Dann, als die Holografie das feindlichen Schiff zeigte und die fremdartigen aggressiven Gedanken zu spüren waren, warf sie in einer fließenden Bewegung ihren Dolch direkt in diese Holografie hinein!
In ihrer Erinnerung hallte die eindringliche Belehrung von Q wieder: „Dein Phurbu ist der individuelle Speicher gesaugter psionischer Energie. Er trägt deine Signatur. Wo du ihn hinschleudern willst, wird er sein. Und dort, wo er ist, wirst auch du mental sein. Der Dolch ist weder Energie noch Materie – er frequentiert unablässig zwischen diesen beiden Zuständen auf fünf-dimensionalem Energieniveau, ohne jemals vollständig das Eine oder das Andere zu sein. Darum kann er alle energetische Barrieren durchdringen und materielle Hindernisse überwinden.
Das ist deine einzige Chance. Nutze diese!“
Sie war SRID PAI RYGYALMO!
Die Göttin des Lebens.
Die Göttin des Todes.
Ihre Gedanken fokussierten ihren Phurbu auf den Energiekonverter des feindlichen Raumschiffes. Dort materialisiert, gab Aya ein Quantum psionischer Materie frei.
Der Energiekonverter riss.
Zerriss das Triebwerk.
Zerriss den Schirm.
Zerriss das Schiff.
Ein gleissend glühende Explosion erstrahlte wie eine aufblühende Blume voller tödlicher Schönheit. Eine Mininova elementarer Zerstörung.
Die junge Sanjiyan Unkara hob ihre rechte Hand ausgestreckt und rief ihr Phurbu mental zurück, der direkt in ihrer Hand materialisierte. Unbeschädigt und schlicht wie ein einfaches Werkzeug – in Wahrheit ein machtvolles Artefakt!
Sie drehte sich zu ihrer Gefährtin und lächelte Padme stolz an: „Es ist vollbracht.“

Faszinierend. Noch während ich mit offenen Mund staunend die Lütte angaffte, durchdrang ein gellender Schrei die Zentrale.
Ich drehte mich um und sah entsetzt Mike Donover an. Sein Gesicht hatte sich verändert. Er war immer noch `Dono´. Gewiss. Aber seine Augen blickten starr und kalt wie ein Insekt. Er hatte dem geistigen Angriff der Individual-Verformer nicht standhalten können. Durch die Explosion des feindlichen Schiffes blieb der Feind geisterhaft halb hier und halb da im nicht-mehr-existierenden Raumer hängen. Unvollendet.
Mike war wahnsinnig geworden. Seine Augen blickten nur noch unstet irre.
Das kleine Mädchen ging leichtfüßig wie eine geschmeidige Raubkatze zu ihm hin und berührte ihn sanft. Der Schmerzensschrei riss abrupt ab. Wie ein vom Blitz getroffener Baum stürzte `Dono´krachend zu Boden. Ohne näher zu kommen wusste ich instinktiv: er war tot.
Die Schwarzhäutige wandte sich an Conrad. „Geben Sie bitte Nachricht an alle Stationen, dass wir“ - und dabei nickte sie kurz auf das Mädchen - „durch das Schiff gehen und uns den übernommenen Wahnsinnigen annehmen werden.“
Wir wussten jetzt, was das bedeutet.
Mein James Dean nickte blass, aber entschlossen.
Die Schadensmeldung trudelten ein.
Ein Offizier in der Zentrale – Donovan – war Opfer der IV geworden; dann noch sechs ferronische Passagiere und dreiundzwanzig Personen aus der Mannschaft, die nicht standhalten konnten.
Sie würden gleich alle durch die Hand der jungen Mutantin sterben...
In Wirklichkeit war sie die Beschützerin! Und angesichts der unheimlichen Macht brüllte in mir mein Drache und ich zitterte vor erbärmlicher Angst.

Nachdem die Situation `bereinigt´worden war, setzte die NES ihren Flug fort.

Aya schmiegte sich erneut an Padme und lies sich streichelnd verwöhnen.
Doch in ihrem Inneren – im tiefsten Grund ihres Herzens – war sie traurig.
Ihr Abschiedsgeschenk hatte sie hier an die Menschheit überreicht.
Im Wega-System wird sie ihren alten Namen – Aya Bön - ablegen.
Stolz will sie ihren wahren Namen tragen und als Tramp durch die Galaxis vagabundieren.
Sie, die Sanjiyan Unkara Srid Pai Rygyalmo.

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Damit endet die letzte Episode und der Zyklus "Verteidigung" ist vollendet!
Wie KNF so schön sagt: Die Skizzen werden jetzt erst einmal "pausieren" -
weil ich bereits schon im Vorlauf von NEO bin.
Das ist insofern ungünstig, weil es darüber zu widersprüchliche Überschneidungen kommen könnte,
die ich gerne vermeiden möchte.
Muss auch selber lesen, wohin der NEO-Zug fährt.
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Roi Danton
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Re: Skizzen zu NEO

Beitrag von Roi Danton »

Honor_Harrington hat geschrieben:Dank an Old Man für die Korrektur - alle Fehler gehören mir!
24. Skizze:
"Eine unerwartete Begegnung" / 2. Teil


`Funkelnder Stern´/ zwischen Sol und Wega
18. März 2037


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Damit endet die letzte Episode und der Zyklus "Verteidigung" ist vollendet!
Wie KNF so schön sagt: Die Skizzen werden jetzt erst einmal "pausieren" -
weil ich bereits schon im Vorlauf von NEO bin.
Das ist insofern ungünstig, weil es darüber zu widersprüchliche Überschneidungen kommen könnte,
die ich gerne vermeiden möchte.
Muss auch selber lesen, wohin der NEO-Zug fährt.

Toller Abschluss deiner Skizzen! Besonders dein Ayla-Abschnitt hat es mir angetan. Wir können nur hoffen, dass der Expokrat öfters die Skizzen zur Hand nimmt! :st:
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Re: Skizzen zu NEO

Beitrag von overhead »

@honor_harrington

Wow, was für ein Abschluß !!!!!!! :st:

Und Du bist Dir sicher, das Du nicht schreiben willst ? :devil:

Der TCE und der PROC reßen sich bestimmt um die Geschichte (schick sie doch einfach an Joe Kutzner vom TCE, die wird dann bestimmt im "Paradise-Magazin" des TCE abgedruckt).................. :st:

Und Fortsetzung folgt...........ist gewünscht !!!!!!!!!! :st:

Gruß overhead
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Re: Skizzen zu NEO

Beitrag von Honor_Harrington »

@Kurpfälzer
@Overhead
@Roi Danton
Danke für die Blumen. :wub:

@Roi Danton -
die drei Charaktere Aya, Padme und GOTT sind mir natürlich auch sehr ans Herz gewachsen.
Inzwischen sollte klar sein, dass auch männliche Autoren starke Frauentypen entwickeln können.
Aber das war in der PREA-Debatte auch nie das Problem der Autoren; vielmehr wurde dahingehend argumentiert, dass PREA eine 99,9 % männliche Leserschaft hat
und diese wollen sich als Helden identifierenz actionmäßig sehen und nicht über Probleme und Emotionen philosophieren.
Da ist sicherlich was dran. dennoch denke ich, dass hier auch mit einer Frauenrolle kokettiert wird, die der Wirklichkeit nicht stand hält.
Eine moderne Frau - zumal Anno 2036 - hat durchaus beides drauf...

Das Ende des Zyklus ist so auf den Punkt gebracht, dass Aya sich von den terranischen Kontext lösen kann.
Dieses bedeutet eine Anschlußfähigkeit in dreierlei Richtung:
a) sie düst im Sauseschritt durch den Kosmos und erlebt eigenständige Abenteuer; z.B. beim Andocken auf dem Gespinst KA-MATLON (wie es halt so der Zufall will).
b) sie düst irgendwo und kommt - dann wenn die Not am größten ist - wieder zurück.
c) sie findet keinen galaktischen Anschluß, da in Wega-system keine Langstreckenschiffe vorhanden sind. eine Sackgasse, die direkt wieder zu Terra zurückführt
Also da ist - entsprechend der NEO-Geschichte vieles möglich und so wurde die Möglichkeit der erzählerischen Flexibilität erhöht.
Beide anderen Figuren: GOTT und Padme sind da viel erdverbundener eingebunden. Möglicherweise ändert sich das jetzt bei GOTT mit den neuen Beibooten der TITAN, wenn die es schafft einigermaßen heil ins SOL-System anzukommen, ohne dabei gleich den Mars zu schroten.

@Overhead -
Ich möchte mich da noch nicht soooo zu äußern.
Es gibt im Hintergrund schon die eine oder andere Überlegung, die ich noch ausloten muss.
Das SOL-Magazin wäre eine Variante, TCE/PROC eine andere.
Ich überlege auch in der Richtung einen neuen Thread aufzumachen, die so ähnlich wie STELLARIS einen Rahmen darstellt für verschiedene FAN-Stories.
Jedoch widersprechen sich die Tendenzen und auch die damit verknüpften Konditionen.
Da muss ich mal selber eine weile noch sondieren und schaun.

Honor
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Re: Skizzen zu NEO

Beitrag von Slartibartfast »

Prima Geschichte, bin erfreut und bedanke mich! :clap:
Honor_Harrington
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Re: Skizzen zu NEO

Beitrag von Honor_Harrington »

@danke Slarti. :wub:

Da nun keine weitere Resonanzen erfolgen
und ich laut Vorschau #37 keinen - wesentlichen - Zeitsprung in der aktuellen NEO-Erzählung erkennen kann;
ich jedoch in meinen "Skizzen" bereits im Vorlauf bin,
werde ich erst einmal für eine Weile "pausieren",
bevor ich mit einen möglichen dritten Episoden-Zyklus fortfahre.

Darum: Slarti oder Elena-Gucky, diesen Thread bitte (vorläufig) schließen. -_-
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